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Kitabı oku: «Der Graf von Monte Christo», sayfa 10

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Zwölftes Kapitel.
Vater und Sohn

Herr Noirtier, denn dieser war wirklich eingetretene folgte mit den Augen dem Bedienten, bis er die Thüre zugemacht hatte; dann, ohne Zweifel befürchtend. er könnte im Vorzimmer horchen, öffnete er noch einmal hinter ihm, diese Vorsicht war nicht überflüssig, und die Geschwindigkeit, mit der sich Meister Germain zurückzog, bewies, daß er von der Sünde nicht frei war, welche unsere Urältern in das Verderben stürzte. Herr Noirtier nahm sich hierauf selbst die Mühe, die Thüre des Vorzimmers zu schließen, schloß auch die des Schlafzimmers, kam dann zurück und reichte Villefort die Hand, der alle seine Bewegungen mit einem Erstaunen verfolgt hatte, von welchem er sich noch nicht erholen konnte.

»Ei! weißt Du wohl. mein lieber Gérard, sagte er, den jungen Mann mit einem Lächeln anschauend dessen Ausdruck schwer zu erklären war, »weißt Du, daß Du nicht aussiehst. als wärest Du entzückt. mich zu sehen?«

»Doch. mein Vater.« sprach Villefort. »aber ich gestehe, ich war so weit entfernt, Ihren Besuch zu erwarten, daß er mich einigermaßen betäubte.«

»Mein lieber Freund,« sprach Noirtier sich setzend, »Es scheint mir, ich könnte Dir dasselbe sagen. Wie? Du kündigst mir Deine Verlobung in Marseille auf den 28. Februar an, und bist am 3. März in Paris.«

»Wenn ich hier bin, mein Vater,« erwiderte Gérard, sich Herrn Noirtier nähernd. »so beklagen Sie sich nicht darüber, denn ich bin Ihretwegen hierher gekommen, und diese Reise rettet Sie vielleicht.«

»Ah. Wirklich!« sprach Herr Noirtier. sich nachlässig in dem Lehnstuhle ausstreckend, in den er sich gesetzt hatte, »wirklich! Erzählen Sie mir das doch ein wenig, mein Herr Beamter . . . es muß seltsam sein!«

»Mein Vater, Sie haben von einem gewissen bonapartistischen Clubb sprechen hören, welcher in der Rue Saint-Jacques gehalten wird?«

»Nro, 53, Ja. ich bin Vicepräsident desselben.«

»Mein Vater, Ihre.Kaltblütigkeit macht mich schaudern.«

»Was willst Du, mein Lieber? wenn man von den Montagnards3 geächtet worden ist, wenn man Paris in einem Heuwagen verlassen hat und in den Heiden von Bordeaux von den Spürhunden von Robespierre umstellt wurde, gewöhnt man sich an allerlei Dinge. Fahre fort. Was ist in dem Clubb der Rue Saint-Jacques vorgefallen?«

»Es fiel vor, daß man den General Quesnel kommen ließ, und daß der General Quesnel. welcher um neun Uhr Abends sein Haus verließ, am zweiten Tage nachher in der Seine gefunden wurde.«

»Und wer hat Dir diese schöne Geschichte erzählt?«

»Der.König selbst.«

»Nun wohl, im Austausch für Deine Geschichte will ich Die eine Neuigkeit mitteilen.«

»Mein Vater, ich glaube bereits zu wissen, was Sie mir mitteilen wollen.«

»Ab! Du weißt die Landung Seiner Majestät des Kaisers?«

»Stille, mein Vater, ich bitte, einmal für Sie, und dann für mich. Ja, ich wußte diese Neuigkeit und sogar vor Ihnen; denn seit drei Tagen jage ich mit Postpferden von Marseille nach Paris, wütend, nicht den Gedanken, der mir das Hirn zermartert, zweihundert Meilen vorausschleudern zu können.«

»Seit drei Tagen! bist Du ein Narr? Vor drei Tagen war der Kaiser noch nicht gelandet.«

»Gleichviel, ich kannte seinen Plan.«

»Woher?««

»Durch einen Brief, der von der Insel Elba an Sie gerichtet war.«

»An mich?«

»An Sie, ich habe ihn im Portefeuille des Boten erwischt. Wenn dieser Brief in die Hände eines Andern gefallen wäre, dürften Sie jetzt vielleicht bereits erschossen sein.«

Der Vater von Villefort brach in ein Gelächter aus und erwiderte:

»Es scheint, die Restauration hat von dem.Kaiserreiche die Art und Weise gelernt, wie man die Angelegenheiten schnell abmacht. Erschossen, mein Lieber! wie rasch Du zu Werke gehst! Und dieser Brief; wo ist er? Ich kenne Dich zu genau, um zu befürchten, Du habest ihn liegen lassen.«

»Ich habe ihn verbrannt; damit kein Bruchstück von demselben zurückbleibe, denn dieser Brief war Ihre Verurteilung.«

»Und der Verlust Deiner Zukunft,« erwiderte Noirtier kalt; ja, ich begreife dies; aber ich habe nichts zu befürchten, da Du mich beschützest.«

»Ich thue noch mehr, als dies, ich rette Sie.«

»Ah! Teufel, das wird immer dramatischer; erkläre Dich doch.«

»Mein Vater, ich komme auf den Clubb der Rue Saint-Jacques zurück.«

»Es scheint; dieser Clubb liegt den Herren von der Polizei sehr am Herzen. Warum suchten sie nicht besser? sie hätten ihn gefunden.«

»Sie haben ihn nicht gefunden, sind ihm aber auf der Spur.«

»Das ist das geheiligte Wort, ich weiß es. Wenn die Polizei einen Fehler gemacht hat, sagt sie, sie sei der Sache auf der Spur, und die Regierung wartet ruhig den Tag ab, wo sie erscheint und mit gesenktem Ohre meldet, sie habe die Spur verloren.«

»Ja, doch man hat einen Leichnam gefunden; der General ist getötet worden, und in allen Ländern der Welt nennt man das einen Mord.«

»Einen Mord sagst Du? Nichts beweist, daß der General das Opfer eines Mordes geworden ist. Man findet täglich Leute in der Seine, die sich aus Verzweiflung hineingestürzt haben oder ertrunken sind, weil sie nicht schwimmen konnten.«

»Mein Vater, Sie wissen sehr wohl, daß sich der General nicht aus Verzweiflung ertränkt hat, und daß man sich um diese Jahreszeit nicht in der Seine badet. Nein, nein, täuschen Sie sich nicht, dieser Tod ist mit Recht als Mord bezeichnet worden.«

»Und wer bat ihn so bezeichnet?«

»Der König selbst.«

»Der König! Ich glaubte, er besitze hinreichend Philosophie, um zu verstehen, daß es in der Politik keinen Mord gibt. In der Politik, mein Lieber, das weißt Du so gut wie ich, gibt es keine Menschen, sondern Ideen, keine Gefühle, sondern Interessen. Man tötet nicht einen Menschen, sondern man beseitigt ganz einfach ein Hinderniß. Willst Du wissen, wie sich die Sache verhält? Nun, ich werde es Dir sagen. Man glaubte auf den General Quesnel zählen zu können; man hatte ihn uns von der Insel Elba aus empfohlen; einer von uns geht zu ihm, ladet ihn ein, sich in die Rue Saint-Jacques zu einer Versammlung zu begeben, wo er Freunde finden werde. Er kommt dahin, und man entwickelt ihm den ganzen Plan, die Abreise von der Insel Elba, die beabsichtigte Landung. Nachdem er Alles gehört, Alles begriffen hat und nichts mehr ihm mitzuteilen übrig bleibt, erklärt er, er sei ein Royalist. Da schauten sich Alle an; man läßt ihn einen Eid leisten, er leistet ihn, aber auf eine so unangenehme Weise, daß auf diese Art schwören, Gott versuchen heißt. Dessen ungeachtet ließ man den General frei, vollkommen frei weggehen. Er ist nicht nach Hause zurückgekehrt. Was willst Du, mein Lieber? Quesnel ist von uns weggegangen, er wird sich auf dem Wege verirrt haben, das ist das Ganze. Ein Mord! in der Tat, das setzt mich in Erstaunen, Villefort, Du, der Substitut des Staatsanwaltes, willst eine Anklage auf so elende Beweise bauen! Ist es mir je eingefallen, wenn Du Dein Royalistenhandwerk treibst und einem von meinen Freunden den.Kopf abschneiden lässest, Dir zu sagen: Mein Sohn, Du hast einen Mord begangen! Nein, ich sage Dir: Sie haben siegreich gekämpft, mein Herr, morgen die Wiedervergeltung.«

»Aber, mein Vater, seien Sie auf Ihrer Hut, die Wiedervergeltung wird furchtbar sein, wenn wir sie nehmen.«

»Ich verstehe Dich nicht.«

»Sie zählen auf die Rückkehr des Usurpators?«

»Allerdings.«

»Sie tauschen sich, mein Vater, er wird nicht sechs Meilen im Innern von Frankreich machen, ohne verfolgt, umstellt, wie ein wildes Tier eingefangen zu werden.«

»Mein lieber Freund, der Kaiser befindet sich in diesem Augenblick auf dem Wege nach Grenoble; am 10. oder 12. ist er in Lyon, am 20. oder 25. in Paris.«

»Die Bevölkerung wird sich erheben . . . «

»Um ihm entgegenzugehen.«

»Er hat nur ein paar Mann bei sich, und man wird Heere gegen ihn schicken.«

»Die seine Escorte bei der Rückkehr in die Hauptstadt bilden werden. In der Tat, mein lieber Gérard, Du bist noch ein wahres Kind; Du glaubst Dich gut unterrichtet, weil Dir ein Telegraph drei Tage nach der Landung gesagt hat: »»Der Usurpator ist in Cannes mit ein paar Mann gelandet; man ist in seiner Verfolgung begriffen.«« Aber wo ist er? was tut er? man verfolgt ihn: das ist Alles, was Du weißt. Man wird ihn auf diese Art in Paris verfolgen, ohne ein.Körnchen Zündkraut zu verbrennen.«

»Grenoble und Lyon sind getreue Städte und werden ihm eine unübersteigbare Schranke entgegensetzen.«

»Grenoble wird ihm begeistert seine Thore öffnen, ganz Lyon wird ihm entgegengehen. Glaube mir, wir sind eben so gut unterrichtet, als Du, und unsre Polizei ist so viel wert, als die Eurige. Willst Du einen Beweis hierfür? Du wolltest mir Deine Reife verbergen und dennoch habe ich Deine Ankunft eine halbe Stunde. nachdem Du durch die Barriere gefahren, gewußt. Du hast Deine Adresse Niemand gegeben als dem Postillon, und ich kenne Deine Adresse, dafür bürgt, daß ich in dem Augenblick zu Dir komme, wo Du Dich zu Tische sehen willst. Laute also, und bestelle ein zweites Gedeck, und wir speisen mit einander zu Mittag.«

»In der Tat,« antwortete Villefort, und schaute dabei seinen Vater erstaunt an, »in der Tat, Sie scheinen mir sehr gut unterrichtet.«

»Ei! mein Gott, die Sache ist äußerst einfach. Ihr, die Ihr die Gewalt in den Händen haltet, habt nur die Mittel, die Euch:das Geld gibt; wir Andern, die wir sie erwarten, haben diejenigen, welche die Ergebenheit bietet.«

»Die Ergebenheit?« sprach Villefort lachend.

»Ja, die Ergebenheit; so nennt man mit ehrlichen Worten den Ehrgeiz, welcher hofft.«

Und der Vater von Villefort streckte selbst die Hand nach der.Klingelschnur aus, um den Bedienten zu rufen, welchen sein Sohn nicht rief.

Villefort hielt ihm den Arm zurück.

»Warten Sie, mein Vater,« sagte der junge Mann, »noch ein Wort.«

»Sprich!«

»So schlecht die royalistische Polizei auch sein mag, so weiß sie doch etwas Furchtbares.«

»Was?«

»Das Signalement des Mannes, der am Morgen des Tages, an welchem der General Quesnel verschwunden ist, bei diesem erschienen war.«

»Ah! sie weiß dies, die gute Polizei? Und wie ist das Signalement?«

»Gesichtsfarbe braun, Haare, Backenbart und Augen schwarz, Oberrock blau, bis an das Kinn zugeknöpft, Rosette des Offiziers der Ehrenlegion am Knopfloche, Hut mit breiter Krempe, Rohrstock.«

»Ah! Ah! das weiß sie,« sagte Noirtier, »und warum legte sie nicht Hand an diesen Menschen?«

»Weil sie ihn gestern oder vorgestern an der Ecke der Rue Coq-Héron aus dem Gesichte verloren hat.«

»Nun als ich Dir vorhin sagte, Deine Polizei wäre eine alberne? . . . «

»Ja, aber sie kann ihn jeden Augenblick finden.«

»Ganz richtig,« sprach Noirtier, sorglos um sich schauend, »wenn dieser Mann nicht davon in Kenntnis gesetzt ist; aber er ist es und,« fügte er lächelnd bei, »er wird Gesicht und Kleidung verändern.«

Bei diesen Worten stand er auf, legte Oberrock und Halsbinde ab, ging auf den Tisch zu, auf welchem alle Stücke aus der Toilette-Necessaire seines Sohnes ausgebreitet waren, seifte sich das Gesicht ein, nahm ein Rasirmesser und schnitt sich mit vollkommen fester Hand den gefährdenden Bart ab, welcher der Polizei ein so kostbares Document gab.

Villefort schaute ihn mit einem Schrecken an, dem es nicht ganz an einer Beimischung von Bewunderung gebrach.

Als der Bart abgeschnitten war, gab Noirtier seinen Haaren eine andere Form, nahm statt seiner schwarzen Halsbinde eine farbige Binde, welche sich auf der Oberfläche eines geöffneten.Koffers zeigte, zog statt seines blauen, zum Zuknöpfen gemachten, Rockes einen weit ausgeschnittenen Rock von Villefort von kastanienbrauner Farbe an, versuchte vor dem Spiegel den Hut mit aufgestülpter Krampe des jungen Mannes, schien mit der Art, wie er ihm stand, zufrieden, ließ das Rohr in dem Winkel des Kamins stehen, in den er es gestellt hatte, und schwang mit seiner nervigen Hand ein kleines Bambusstöckchen, mit welchem der zierliche Substitut seinem Gange die anmutige Ungezwungenheit verlieh, die er als eine von seinen Haupteigenschaften betrachtete.

»Nun!« sagte er, sich gegen seinen erstaunten Sohn umwendend; als diese Verwandlung bewerkstelligt war, »glaubst Du, die Polizei werde mich jetzt erkennen?«

»Nein, mein Vater,« stammelte Villefort. »ich hoffe es wenigstens.«

»Mein lieber Gérard,« fuhr Noirtier fort, »Deiner Klugheit überlasse ich es, alle diese Gegenstände, welche ich Deiner Obhut anvertraue, verschwinden zu machen.«

»Oh! seien Sie unbesorgt. mein Vater.«

»Ja, ja, und nun glaube ich. daß Du Recht hast, und daß ich Dir vielleicht das Leben zu verdanken haben dürfte; aber ich werde es Dir demnächst zurückgeben.«

Villefort schüttelte den Kopf.

»Du bist nicht davon überzeugt?«

»Ich hoffe, daß Sie sich täuschen.«

»Wirst Du den König wiedersehen?«

»Vielleicht.«

»Willst Du in seinen Augen für einen Propheten gelten?«

»Die Unglückspropheten sind bei Hofe sehr unwillkommen. mein Vater.«

»Ja, doch eines Tages läßt man ihnen Gerechtigkeit widerfahren. Denke Dir eine zweite Restauration, und Du wirft dann für einen großen Mann gelten.«

»Nun, was soll ich dem, König sagen?«

»Sage ihm Folgendes: »»Sire, man täuscht Sie in Beziehung auf die Stimmung von Frankreich, auf die Meinung der Städte, auf den Geist des Heeres. Derjenige, welchen sie in Paris den Währwolf von Corsica nennen, den man in Revers noch den Usurpator nennt, heißt in Lyon bereits Bonaparte und in Grenoble der Kaiser. Sie halten ihn für umstellt, verfolgt, auf der Flucht begriffen, er marschiert rasch wie der Adler, den er zurückbringt. Die Soldaten, welche Sie, vor Hunger sterbend, von der Anstrengung niedergebeugt, zum Desertieren bereit wähnen, vermehren sich wie die Schneeatome um den Ball, der vom Gebirge herabstürzt. Sire, reisen Sie, überlassen Sie Frankreich seinem wahren Herrn, demjenigen, welcher es nicht erkauft, sondern erobert hat. Reifen Sie, Sire, nicht als ob Sie Gefahr liefen, denn Ihr Gegner ist stark genug, um Ihnen Gnade angedeihen zu lassen, sondern weil es demütigend für einen Enkel des heiligen Ludwig wäre, wenn er sein Leben dem Manne von Arcole, von Meringo und Austerlitz verdanken müßte.«« Sage ihm dies, Gérard, oder vielmehr gehe und sage ihm nichts, Verbirg Deine Reise, rühme Dich dessen nicht, was Du tun wolltest, und in Paris getan hast. Nimm Postpferde: bist Du gefahren, daß die Räder rauchten, so verschlinge den Rauch, um zurückzukehren. Gehe bei Nacht nach Marseille hinein, dringe durch die Hinterpforte in Deine Wohnung und bleibe dort sehr sanft, sehr demütig, sehr geheim, und besonders sehr harmlos. Denn dies Mal, das schwöre ich Dir, werden wir als kräftige Männer, als Leute, die ihre Feinde kennen, handeln. Gehe mein Sohn, gehe, mein lieber Gérard, und mittelst dieses Gehorsams gegen die väterlichen Befehle, oder wenn Du willst, mittelst dieser Folgsamkeit gegen den Rath eines Freundes werden wir Dich auf Deinem Posten erhalten. Vielleicht,« fügte Noirtier lächelnd bei, vielleicht wird dies für Dich ein Mittel sein, mich zum zweiten Male zu retten, wenn der politische Wagbalken Euch eines Tages wieder emporhebt und mich hinabsinken läßt. Gott befohlen. mein lieber Gérard. bei Deiner nächsten Reise steige bei mir ab.

Und Noirtier entfernte sich nach diesen Worten mit der Ruhe, die ihn nicht einen Augenblick während der Dauer dieser so schwierigen Unterredung verlassen hatte.

Bleich und erschüttert lief Villefort an das Fenster; er öffnete halb den Vorhang, und sah ihn ruhig und unempfindlich mitten durch mehrere Menschen von verdächtigem Aussehen gehen, welche sich an den Straßenecken aufgestellt hatten und vielleicht bestimmt waren, den Mann mit dem schwarzen Backenbart, dem blauen Oberrock und dem breitkrempigen Hute zu verhaften.

Villefort blieb so schwer atmend stehen, bis sein Vater an der Bussy-Ecke verschwunden war. Dann lief er nach den von demselben zurückgelassenen Gegenständen, legte ganz unten in seinen Koffer die schwarze Halsbinde und den blauen Oberrock, drehte den Hut zusammen und steckte ihn in einen Schrank, zerbrach das Rohr in drei Stücke, die er in das Feuer warf, setzte eine Reisemütze auf, rief seinem Bedienten, untersagte ihm mit einem Blicke die taufend Fragen, die er an ihn zu richten Lust hatte, bezahlte seine Rechnung, sprang in seinen Wagen, der ihn angespannt erwartete, erfuhr in Lyon, daß Bonaparte seinen Einzug in Grenoble gehalten hatte, und erreichte Marseille mitten unter der Aufregung, welche die ganze Straße entlang herrschte, eine Beute aller Bangigkeiten und Befürchtungen, die das Herz des Mannes mit dem Emporstreben und den ersten Ehren in Bewegung setzten.

Dreizehntes Kapitel.
Die hundert Tage

Herr Noirtier war ein guter Prophet, und die Dinge nahmen, wie er es vorher gesagt hatte, einen raschen Gang. Jedermann kennt diese Rückkehr von der Insel Elba, eine seltsame, wunderbare Rückkehr, welche in der Vergangenheit kein Beispiel hatte und in der Zukunft wohl ohne Nachahmung bleiben wird.

Ludwig XVIII. versuchte es nur schwach, diesen harten Schlag zu parieren. Das geringe Vertrauen, das er zu den Menschen hatte, benahm ihm auch sein Vertrauen zu den Ereignissen. Das Königtum, oder vielmehr die Monarchie zitterte, kaum durch ihn wiederhergestellt, auf ihrer unsicheren Grundlage, und eine einzige Gebärde des Kaisers machte das ganze Gebäude eine gestaltlose Mischung von Vorurteilen und neuen Gedanken. einstürzen.

Villefort besaß also von seinem König nicht nur einen für den Augenblick unnützen, sondern sogar gefährlichen Dank, und er war so klug, das Offizierskreuz der Ehrenlegion Niemand zu zeigen, obgleich Herr von Blacas, dem Befehle des Königs gehorsam, ihm das Patent hatte sorgfältig ausfertigen lassen.

Napoleon hätte gewiss Villefort ohne den Schutz von Noirtier abgesetzt, der an dem Hofe der hundert Tage sowohl durch die Gefahren, denen er Trotz geboten, als durch die Dienste, die er geleistet hatte, allmächtig geworden war. Der Girondist von 93 und der Senator von 1806 beschützte, wie er es zugesagt, denjenigen, welcher ihn zuvor beschützt hatte.

Der Staatsanwalt allein wurde, der Lauigkeit im Bonapartismus verdächtig, abgesetzt.

Kaum war jedoch die kaiserliche Gewalt wiederhergestellt, das heißt, kaum bewohnte der Kaiser wieder die von Ludwig XVIII. kurz zuvor verlassenen Tuilerien und hatte seine zahlreichen und abweichenden Befehle aus dem kleinen Cabinet geschleudert, in welches wir unsere Leser mit Villefort einführten, und auf dessen Nußbaumtische er noch geöffnet und halbvoll die Tabacksdose von Ludwig XVIII. fand, als Marseille, trotz der Haltung seiner Beamten, fühlte, wie in seinem Innern die stets im Süden schlecht erloschenen Fackeln des Bürgerkrieges sich von Neuem zu entzünden drohten. Es fehlte nicht viel, und die Repressalien hätten die Katzenmusiken, mit denen man die in ihren Wohnungen eingeschlossenen Royalisten belagerte, und die öffentlichen Schmähungen überschritten, womit diejenigen verfolgt wurden, welche sich auf die Straße wagten.

Durch eine ganz natürliche Wendung der Dinge sah sich der würdige Reeder, den wir als der Volkspartei angehörend bezeichnet haben, in diesem Augenblick, wir sagen nicht allmächtig, denn Herr Morrel war ein kluger und etwas schüchterner Mann, wie alle diejenigen, welche langsam und durch Fleiß ihr Glück im Handel gemacht haben, sondern im Stande, wie sehr er auch von den eifrigen Bonapartisten überragt wurde, die ihn als einen Gemäßigten behandelten, im Stande, sagen wir, eine Reclamation hören zu lassen: diese Reclamation betraft wie sich leicht denken läßt, Dantes.

Villefort war, trotz des Sturzes seines Vorgesetzten, an seiner Stelle geblieben, , seine Verheiratung aber wurde, obwohl man sie als entschieden betrachtetet auf glücklichere Zeiten verschoben. Behielt der Kaiser den Thron, so bedurfte Gérard einer anderen Verbindung, und sein Vater übernahm es, sie für ihn zu finden; führte eine zweite Restauration Ludwig XVIII. nach Frankreich zurück, so verdoppelte sich der Einfluß von Herrn von Saint-Meran, wie der seinige, und die beabsichtigte Verbindung wurde wünschenswerter, als je.

Der Substitut des Staatsanwaltes war also für den Augenblick der erste Beamte von Marseille, als eines Morgens seine Thüre sich öffnete und man ihm Herrn Morrel ankündigte.

Ein Anderer wäre dem Reeder entgegengeeilt und hätte durch diese Eile seine Schwäche verraten; aber Villefort war ein erhabener Mann, der, wenn auch nicht die praktische Übung in allen Dingen, doch den Instinkt derselben besaß. Er ließ Herrn Morrel im Vorzimmer warten, wie er dies unter der Restauration getan hätte, obgleich Niemand bei ihm war. sondern nur aus dem einfachen Grunde, weil es herkömmlich ist, daß ein Substitut des Staatsanwaltes im Vorzimmer warten läßt; nach einer Viertelstunde, die er dazu anwandte, ein paar Zeitungen von verschiedener Farbe zu lesen. befahl er, den Reeder einzuführen.

Herr Morrel erwartete Villefort niedergeschlagen zu finden: er fand ihn, wie er ihn in sechs Wochen vorher gesehen hatte, das heißt. Ruhig, fest und voll jener kalten Höflichkeit, der unübersteigbarsten von allen Schranken, welche den erhabenen Menschen vom gewöhnlichen Menschen trennen.

Er war in das Cabinet von Villefort gekommen, überzeugt, der Beamte würde bei seinem Anblick zittern, und er war es im Gegenteil, der sich ganz schaudernd und bewegt der richterlichen Person gegenüber befand, die ihn den Ellbogen auf den Schreibtisch und das.Kinn auf die Hand gestützt erwartete.

Er blieb an der Thüre stille stehen. Villefort schaute ihn an, als ob er Mühe hätte, ihn wiederzuerkennen. Endlich nach einigen Sekunden des Stillschweigens und der Prüfung, während welcher Herr Morrel seinen Hut in den Händen hin und her drehte, sagte Villefort: Herr Morrel, wenn ich mich nicht täusche?«

»Ja. mein Herr, ich selbst.« antwortete der Reeder.

»Nähern Sie sich,« fuhr der Beamte fort, indem er mit der Hand ein Protectorszeichen machte, »und sagen Sie mir, welchem Umstande ich die Ehre Ihres Besuches zu verdanken habe?«

»Vermuthen Sie es nicht, mein Herr?« fragte Morrel.

»Nein, keines Wegs; dessen ungeachtet bin ich ganz geneigt, Ihnen gefällig zu sein, wenn es in meiner Macht liegt.«

»Die Sache hängt gänzlich von Ihnen ab, mein Herr.« sprach Morrel.

»Erklären Sie sich also.«

»Mein Herr,« sagte der Reeder, der immer mehr Sicherheit gewann, je länger er sprach, und überdieß durch die Gerechtigkeit seiner Sache und die Unzweideutigkeit seiner Stellung fest war. »Sie erinnern sich. daß ich einige Tage, ehe man die Landung Seiner Majestät des Kaisers erfuhr, zu Ihnen kam und Sie um Nachsicht für einen unglücklichen jungen Menschen, einen Seemann, Second an Bord meiner Brigg, bat; man hatte ihn angeklagt, er stehe in Verbindung mit der Insel Elba: eine solche Verbindung, welche damals ein Verbrechen war, ist gegenwärtig ein Titel auf Bevorzugung. Sie dienten zu jener Zeit Ludwig XVIII. und haben ihn nicht geschont; das war Ihre Pflicht.« Heute dienen Sie Napoleon, und Sie müssen ihn in Schutz nehmen; das ist abermals Ihre Pflicht. Ich komme also, um Sie zu fragen, was aus ihm geworden ist?«

Villefort machte eine gewaltige Anstrengung gegen sich selbst und erwiderte:

»Der Name dieses jungen Mannes? haben Sie die Güte. mir seinen Namen zu sagen.«

»Edmond Dantes.«

Villefort hätte offenbar lieber in einem Zweikampfe gegen das Feuer seines Widersachers Stand gehalten, als diesen Namen so geradezu aussprechen hören; er veränderte jedoch keine Miene. »Auf diese Art.« sprach Villefort zu sich selbst, kann man mich nicht beschuldigen, ich habe aus der Verhaftung des jungen Mannes eine persönliche Frage gemacht.«

»Dantes?« wiederholte er. »Edmond Dantes* sagen Sie?«

»Ja, mein Herr.«

Villefort öffnete nun ein dickes Register, das in einem nahen Fache lag, ging hiernach an einen Tisch, von dem Tische zu einem Haufen von Actenfascikeln, und sagte, sich gegen den Reeder umwendend, mit einer äußerst unschuldigen Miene:.

Sind Sie Ihrer Sache ganz gewiss mein Herr?«

Wäre Morrel ein schlauerer und in dieser Sache besser unterrichteter Mann gewesen, so würde er es seltsam gefunden haben, daß sich der Substitut des Staatsanwaltes herbeiließ, ihm in einer Angelegenheit zu antworten, welche seinem Geschäftskreise gänzlich fremd war, und er müßte sich gefragt haben, warum ihn Villefort nicht an die Gefangenen-Register, an den Gefängnisgouverneur oder an den Präfecten des Departement verwies. Aber vergeblich bei Villefort Furcht suchend, sah Morrel, sobald gar keine Furcht vorhanden zu sein schien, hierin nur noch Höflichkeit: Villefort hatte es richtig getroffen.

»Nein, mein Herr, ich täusche mich nicht,« sprach Morrel; »überdies kenne ich den armen Jungen seit zehn Jahren, und seit vier Jahren ist er in meinem Dienste. Sie werden sich erinnern, daß ich vor sechs Wochen zu Ihnen gekommen bin und Sie um Milde gebeten habe, wie ich heute komme und Sie um Gerechtigkeit für den armen Jungen bitte. Sie empfingen mich damals ziemlich schlecht, und antworteten mir als ein unzufriedener Mann. Ah! die Royalisten waren zu jener Zeit sehr hart gegen die Bonapartisten!«

»Mein Heer,« antwortete Villefort, der mit seiner gewöhnlichen Behendigkeit und.Kaltblütigkeit zu einer geschickten Parade gelangte, »ich war damals Royalist, weil ich die Bourbonen nicht allein für die gesetzlichen Erben des Thrones, sondern auch für die Auserwählten der Nation hielt. Aber die wunderbare Rückkehr, deren Zeugen wir gewesen sind, hat mir bewiesen, daß ich mich täuschte. Das Genie Napoleons hat den Sieg davon getragen: der gesetzliche Monarch ist der geliebte Monarch.«

»Vortrefflich!« rief Morrel mit seiner plumpen Offenherzigkeit, »es freut mich unendlich. daß Sie so sprechen, und ich sehe darin ein gutes Vorzeichen für das Schicksal von Edmond.«

»Warten Sie doch,« versetzte Villefort, in einem neuen Register blätternd, »ich habe es. Es ist ein Seemann, nicht wahr, der eine Catalonierin heiratete? Ja, ja; oh, ich erinnere mich jetzt, die Sache war sehr ernster Natur.«

»Wie so?«

»Sie wissen, daß er, als er von mir wegging, in das Gefängnis des Justizpalastes geführt wurde.«

»Ja; und dann?«

»Und dann habe ich meinen Bericht nach Paris gemacht und die Papiere, die man bei ihm fand, abgeschickt. Es war meine Pflicht, und acht Tage nach seiner Verhaftung wurde der Gefangene weggeführt.«

»Weggeführt!« rief Morrel. »Aber was konnte man mit dem armen Jungen machen?«

»Oh! beruhigen Sie sich. Man wird ihn nach Fenestrelles, nach Pignerol oder auf die Sainte-Marguerite-Inseln transportiert haben, und an einem schönen Morgen werden Sie ihn zurückkehren und das Commando seines Schiffes übernehmen sehen.«

»Er mag kommen, wann er will, seine Stelle bleibt ihm vorbehalten. Doch warum ist er noch nicht zurückgekehrt? Es scheint mir, es hätte die erste Sorge der bonapartistischen Gerechtigkeit sein müssen, diejenigen in Freiheit zu setzen, welche die royalistischen Gerichte eingekerkert hatten.«

»Keine vermessene Anschuldigung. mein lieber Herr,« erwiderte Villefort; »man muß in allen Dingen auf gesetzlichem Wege verfahren. Der Einkerkerungsbefehl war von oben gekommen, der Freilassungsbefehl muß auch von oben kommen. Napoleon aber ist erst seit vierzehn Tagen zurückgekehrt, und die Begnadigungsbriefe können kaum ausgefertigt sein.«

»Gibt es denn kein Mittel,« fragte Morrel, »um die Förmlichkeiten zu beschleunigen, jetzt, da wir triumphiren? Ich habe verschiedene Freunde und einigen Einfluß; ich vermag die Aufhebung des Spruches zu erlangen.«

»Es fand kein Spruch statt.«

»Aber es muß doch eine Gefangenen-Liste geben.«

»Bei politischen Dingen gibt es keine Gefangenen-Listen. Die Regierungen haben oft ein Interesse, einen Menschen verschwinden zu lassen, ohne daß eine Spur von seinem Vorhandensein übrig bleibt.«

»Dies war unter den Bourbonen so, doch jetzt . . . «

»Das ist zu allen Zeiten so, Herr Morrel, Die Regierungen folgen sich und gleichen sich. Die unter Ludwig XIV. in Thätigkeit gesetzte Strafmaschine ist noch heutigen Tages beinahe bis auf die Bastille im Gang. Der Kaiser war stets strenger in Beziehung auf die Vorschriften seiner Gefängnisse, als es der große König selbst gewesen ist, und die Zahl der Eingekerkerten, von denen die Register keine Spur bewahren, ist unberechenbar.«

So viel Wohlwollen würde auch von einer Gewißheit abgebracht haben, und Morrel hegte nicht den geringsten Verdacht mehr.

»Aber, Herr von Villefort,« sagte er, »welchen Rath würden Sie mir zum Behuf der Beschleunigung der Rückkehr des armen Dantes eben?«

»Einen einzigen, mein Herr: machen Sie eine Bittschrift an den Justizminister.«

»Oh! mein Herr, wir wissen, was die Bittschriften bedeuten. Der Minister empfängt zweihundert täglich und liest keine vier.«

»Ja,« erwiderte Villefort, »aber er wird eine von mir abgeschickte, von mir mit Randglossen versehene, und unmittelbar durch mich adressierte lesen.«

»Und Sie wollen es übernehmen, diese Bittschrift an ihre Stelle gelangen zu lassen?«

»Mit dem größten Vergnügen. Dantes konnte damals schuldig sein, heute ist er unschuldig, und es ist meine Pflicht, demjenigen die Freiheit wiederzugeben, welchen ich in das Gefängnis zu setzen verpflichtet war.«

Villefort kam auf diese Art der Gefahr einer nicht sehr wahrscheinlichen, aber doch möglichen Untersuchung zuvor, die ihn zu Grunde gerichtet haben müßte.«

»Doch wie schreibt man an den Minister?«

»Setzen Sie sich hierher, Herr Morrel,« sprach Villefort, dem Reeder seinen Platz abtretend, »ich will Ihnen dictiren.«

»Sie wollten diese Güte haben?«

»Allerdings, Verlieren wir keine Zeit, wir haben bereits zu viel verloren.«

»Ja, mein Herr, wir müssen bedenken, daß dieser junge Mann wartet, leidet, und vielleicht verzweifelt.«

Villefort bebte bei dem Gedanken an den in der Stille und Finsternis ihn verfluchenden Gefangenen; aber er war zu weit gegangen, um zurückweichen zu können: Dantes sollte in dem Räderwerke seines Ehrgeizes zermalmt werden.

»Ich warte, mein Herr,« sprach Herr Morrel, in dem Fauteuil von Herrn von Villefort sitzend und eine Feder in der Hand.

Villefort dictirte nun eine Bittschrift, in welcher er in einer vortrefflichen Absicht, woran sich gar nicht zweifeln ließ, den Patriotismus von Dantes und die von ihm der bonapartistischen Sache geleisteten Dienste übertrieb. In dieser Bittschrift war Dantes einer der thätigsten Agenten für die Rückkehr von Napoleon geworden; wenn der Minister dieses Papier in die Hände bekam, mußte er ihm notwendig sogleich Gerechtigkeit widerfahren lassen, war diese Gerechtigkeit nicht bereits eingetreten.

3.Montagnard, ein Mitglied der Partei der Montagne bei dem Convente.

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10 aralık 2019
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1870 s. 17 illüstrasyon
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