Kitabı oku: «Der Page des Herzogs von Savoyen», sayfa 36
XII.
Die Todten wissen Alles
Den Brief der Prinzessin begleitete eine Summe von dreimal hunderttausend Thalern. Der Marschall von Bourdillon nemlich, welcher der Oberbefehlshaber der Franzosen in Piemont war, wollte nicht abziehen, bevor seine Leute bezahlt waren. Dazu sandte Margarethe das Geld, die Franzosen wurden bezahlt und es blieb nur eine Besatzung in den durch den Vertrag bestimmten fünf Städten.
Scianca-Ferro kehrte nach Paris zu der Prinzessin zurück, welche ihren Einzug in dem Herzogthum erst dann halten sollte, wenn Alles daselbst geordnet seyn würde. Das war nun freilich schwer, denn die französische Partei rührte sich und die Waldenser rührten sich; es kam zu Kämpfen und der Streit dauerte fast ein Jahr.
Der 17. November kam noch einmal heran und Früh an diesem Tage war Emanuel wieder in Oleggio.
Leona erwartete ihn mit verschleiertem Gesicht.
Sobald er abgestiegen war, schlug er ihr den Schleier zurück, aber bei dem Anblicke des abgezehrten Gesichts strömten ihm die Thränen aus den Augen.
Sie machten einen Spaziergang wie im vorigen Jahre und zwar zu der Stelle, wo sonst Emanuel Leona gefunden.
Die Capelle, die Emanuel da zu errichten gelobt hatte, war vollendet.
Er kniete vor dem Bilde der heiligen Mutter Gottes nieder und betete andächtig.
Nachdem er gebetet hatte, fragte Leona:
»Traf Alles ein, was ich im vorigen Jahre sagte?»
»Ja. Scianca-Ferro war angekommen, wartete auf mich und brachte mir einen Brief.«
»Du glaubst also?«
»Ich glaube.»
»So wirst Du auch thun, was ich sage. Höre mich an. Ich habe meine Mutter wieder gesehen.«
Der Herzog erbebte und fragte:
»Was sagte sie Dir?»
»Damit Du nicht wieder zweifelst, beginne ich diesmal mit dem Beweis: ehe Du hierher kamst, hast Du an die Herzogin Margarethe geschrieben und sie aufgefordert, zu Dir zu kommen, da Alles im Lande ruhig sey.«
»Das habe ich gethan,« antwortete Emanuel verwundert.
»Du schriebst, Du würdest sie in Nizza erwarten, wohin sie zu Schiffe von Marseille kommen möge.«
»Das weißt Du!?«
»Du setztest hinzu, von Nizza würdest Du sie nach Genua an der Küste hin über San Remo und Albonga geleiten.«
»Mein Gott!« flüsterte Emanuel.
»Hatte ich Dir nicht gesagt, Emanuel,« sagte Leona lächelnd, »daß ich in der Nacht meine Mutter gesehen? Die Todten wissen Alles. Nun, höre mich an, lieber Emanuel. Meine Mutter sagte mir: »Morgen wirst Du den Herzog wiedersehen; fordere ihn auf, in der Nacht mit der Herzogin über Tenda und Coni zu reisen und einen leeren Tragsessel folgen zu lassen unter Bedeckung von Scianca-Ferro und hundert gut Bewaffneten.«
Emanuel sah Leona fragend an.
»Es handelt sich um das Wohl Savoyens, sagte meine Mutter,« fuhr Leona fort. »Schwöre mir meinem Rath zu folgen, schwört mir so zu thun, wie meine Mutter sagte.«
Der Herzog zögerte; sein Verstand als Mann, sein Stolz als Soldat sträubten sich.
»Emanuel,« fiel da Leona ein; »es ist vielleicht meine letzte Bitte an Dich.«
Da streckte er die Hand aus und schwur…
Die Herzogin Margarethe kam am 15. Jänner an und landete in Villefranche. Emanuel blieb mit ihr vier Monate in Nizza.
Diese Zeit benutzte er, um den Bau einiger Galeeren zu betreiben. Ein calabresischer Corsar, Occhiati, der Muselmann geworden, war öfters in Corsika und an den Küsten Toscana’s gelandet, man wollte sogar ein verdächtiges Schiff bei Genua gesehen haben.
Endlich, im Anfang des März sollte die Abreise erfolgen.
Am 15. März früh verließ man Nizza, der Herzog zu Pferd, die Herzogin im Tragsessel. Fünfzig Bewaffnete zogen diesem voraus, fünfzig andere folgten.
In der ersten Nacht blieb man in San Remo.
In Oneglia hielt man am nächsten Lage zum Frühstück an, aber die Herzogin wollte nicht aussteigen, so daß der Herzog selbst ihr Brot, Wein und Obst an den Tragsessel brachte.
Der Herzog aß ohne seine Rüstung abzulegen; nur das Visir an seinem Helme schlug er auf.
Mittags brach man wieder auf.
Etwas über Porto Maurisio verengte sich die Straße zwischen zwei Bergen; man sieht das Meer nicht mehr und befindet sich in einer von Felsen umstarrten engen Schlucht, die zu einem Hinterhalte ganz geeignet ist.
Der Herzog sandte fünfundzwanzig Mann voraus in übergroßer Vorsicht, denn was war in dieser Zeit des Friedens zu fürchten? Die fünfundzwanzig Mann wurden nicht belästigt und der Zug gelangte in die Schlucht; in dem Augenblicke aber, als der Herzog, der sich immer bei dem Tragsessel hielt, auch hineinritt, fielen mehre Schüsse, die besonders auf ihn und den Tragsessel gerichtet waren. Das Pferd des Herzogs wurde verwundet, ein Pferd an dem Tragsessel stürzte todt nieder, wildes Geschrei erhob sich und man sah sich durch einen Haufen Leute in maurischer Tracht angefallen. Es war ein Hinterhalt der Seeräuber.
Einer der Feinde, der auf einem herrlichen Pferde ritt und ein türkisches Panzerhemd trug, stürzte gerade auf den Herzog und rief:
»Diesmal entgehst Du mir nicht, Herzog Emanuel!«
»Du mir auch nicht,« antwortete der Herzog, der sich in den Steigbügeln aufrichtete, sein Schwert schwang und rief:
»Thut euer Bestes, ich werde Euch ein Beispiel geben.«
Der Kampf wurde allgemein, wir beschäftigen uns aber nur mit den Führern. Emanuel hatte einen seiner würdigen Gegner gefunden, der überdies aus Haß wohl kämpfte, wie man an dem Ungestüm der Hiebe ersah, die er austheilte. Die Pferde stürzten, die Gegner setzten den Kampf zu Fuße fort und endlich warf der Seeräuber plötzlich die Streitaxt weg, die er geführt hatte, umfaßte den Herzog mit beiden Armen und sagte:
»Endlich habe ich Dich, Herzog Emanuel, und nun sterben wir zusammen!«
Mit einer Kraft, als wolle er eine Eiche entwurzeln hob er Emanuel empor, aber ein schreckliches Lachen antwortete ihm.
»Ich habe Dich wohl erkannt, Bastard von Waldeck,« sagte der Gegner, indem er sein Visir aufschlug; »ich bin nicht der Herzog und Du wirst nicht die Ehre haben von seiner Hand zu sterben.«
»Scianca-Ferro!« rief der Bastard. »Fluch über Dich und deinen Herzog!«
Er bückte sich dabei, um seine Streitaxt wieder zu nehmen und den Kampf fortzusetzen, da es ihm nicht möglich gewesen, Scianca-Ferro in seinen Armen festzuhalten, bei dem Bücken aber, so schnell es geschah, fiel die Streitaxt Scianca-Ferro’s zerschmetternd ihm auf den Kopf.
»Diesmal,« sagte Scianca-Ferro, »diesmal, Bruder Emanuel, bist Du nicht da, um mich zu hindern, diese Viper zu zermalmen.«
Er nahm ein großes Felsstück am Wege, hob es hoch empor, warf es und zerschmetterte damit den Kopf des Ueberwundenen.
»Recht lieb,« setzte Scianca-Ferro hinzu, »ist mir bei deinem Tode, daß Du in der Rüstung eines Ungläubigen stirbst, also ewig verdammt bist wie ein Hund.«
Er eilte nun zu dem Tragsessel und zog die Vorhänge an demselben zurück.-
Die Piraten flohen nach allen Seiten hin.
Emanuel und die Herzogin Margarethe setzten unterdeß ihren Weg auf der Straße von Tenda nach Coni fort, wie es Leona verlangt hatte. In der letztern Stadt kamen sie ungefähr in der Zeit an, als zwischen San Remo und Albonga der Kampf stattfand.
Der Herzog war besorgt.
Er wußte noch nicht, warum Leona verlangt hatte, daß er den andern Weg einschlage. Gab es Gefahr auf dem erstern? Hatte sie den Scianca-Ferro betroffen? Woher kam es, daß Scianca-Ferro von dieser Abänderung des Weges wußte?
Das Abendessen war still. Die Herzogin war ermüdet und Emanuel beurlaubte sich bald von ihr. Es war ihm, als müsse ihm Jemand bald eine schlimme Nachricht bringen.
Er ließ einen Diener an dem Thore des Hauses und einen andern in seinem Vorzimmer wachen, damit man ihn sogleich wecken könne, wenn in der Nacht etwas geschah oder ihm zu melden sey.
Es schlug elf Uhr. Emanuel öffnete das Fenster, der Himmel war gestirnt, die Luft rein und still…
Nach einer halben Stunde schloß er das Fenster wieder und setzte sich an einen Tisch.
Da wurden allmälig seine Augenlider schwer; nur undeutlich hörte er die Mitternachtstunden schlagen und dann war es ihm als sehe er, wie durch eine Wolke hindurch, die Thür seines Zimmers sich öffnen und einen Schatten auf sich zukommen.
Der Schatten beugte sich über ihn und flüsterte seinen Namen.
In demselben Augenblicke fühlte er etwas Kaltes aus seiner Stirn, er fuhr auf und rief:
»Leona! Leona!«
Leona stand neben ihm, aber ohne Hauch auf den Lippen, ohne Leben in den Augen, einige Blutstropfen fielen aus einer Wunde in ihrer Brust.
»Leona! Leona!« wiederholte der Herzog und er breitete die Arme aus, aber der Schatten winkte und Emanuel ließ die Arme senken.
»Ich hatte Dir wohl gesagt, mein Emanuel,« sprach der Schatten leise und in lieblichem Tone, »daß ich im Tode Dir näher seyn würde als im Leben.«
»Warum hast Du mich verlassen, Leona?« jammerte der Herzog.
»Weil mein Auftrag auf Erden beendiget war, aber ehe ich in den Himmel zurückkehre, darf ich Dir sagen, daß der Wunsch deines Volkes erfüllt ist…«
»Welcher Wunsch!«
»Die Herzogin Margarethe ist guter Hoffnung und wird einen Sohn gebären.«
»Leona! Leona! wer sagt Dir das?«
»Die Todten wissen Alles,« antwortete Leona, und der Schatten schwand mehr und mehr und mit kaum vernehmlicher Stimme sagte derselbe noch:
»Auf Wiedersehen im Himmel, mein geliebter Herzog!«
So lange der Schatten bei ihm gewesen war, hatte der Herzog sich nicht rühren können; sobald derselbe verschwunden war, sprang er auf und eilte an die Thür.
Der Diener im Vorzimmer hatte Niemanden hinaufgehen, Niemanden herauskommen sehen.
»Leona! Leona! Werde ich Dich wiedersehen?« fragte Emanuel und es war ihm, als flüsterte ein kaum vernehmlicher Hauch:
»Ja.«
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Am andern Tage blieb der Herzog in Coni, denn er rechnete sicher darauf, Nachrichten zu erhalten.
Um zwei Uhr kam in der That Scianca-Ferro.
»Leona ist todt?« fragte Emanuel sogleich.
»Gestern um Mitternacht.« antwortete Scianca-Ferro; »aber woher weißt Du?«
»Eine Wunde in der Brust?«
»Von einer Kugel, die für die Herzogin bestimmt war,« antwortete Scianca-Ferro.
»Und wer ist der Elende, der ein Weib morden wollte?«
»Der Bastard von Waldeck.«
»So möge er sich hüten, mir in die Hände zu fallen!«
»Ich hatte Dir geschworen, Emanuel, daß ich die Schlange zermalme, sobald sie mir wieder unter die Hand komme.«
»Nun?«
»Ich habe sie zermalmt.«
»So haben wir nur für Leona zu beten!« seufzte Emanuel.
»Uns steht es nicht zu, für die Engel zu beten!« antwortete Scianca-Ferro. »Die Engel beten für uns.«
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Am 12. Juni 1562, wie es Leona vorhergesagt hatte, wurde die Herzogin Margarethe glücklich von einem Sohne entbunden, welcher den Namen Carl Emanuel erhielt und später fünfzig Jahre regierte.
Drei Monate nach der Geburt des jungen Prinzen räumten die Franzosen, dem Vertrage von Cateau-Cambrésis entsprechend, die Städte, welche sie bis dahin in Piemont noch beseht gehalten hatten.
Epilog
An einem schönen Morgen, Anfangs September des Jahres 1580, d.h. etwa zwanzig Jahre nach den Ereignissen, die wir erzählt haben, warteten etwa zwanzig jener Herren, welche man die Ordinaires des Königs Heinrich III. nannte und die im Ganzen fünfundvierzig waren, im großen Hofe des Louvre auf die Zeit, in welcher der König sich zur Messe begab und sie mit sich nahm.
Die Lebensweise der Fünfundvierzig war nicht eben unterhaltend, denn im Louvre ging es damals fast wie in einem Kloster zu; sie hatten nichts zu thun, als zu fechten, Ball zu spielen, sich zu frisieren, neue Kragenformen zu erfinden, den Rosenkranz zu beten und sich zu geißeln, wenn der Böse trotzdem sie in Versuchung führen wollte.
Man wird sich deshalb nicht verwundern, daß einer der Fünfundvierzig, als er am Thore einen Alten mit nur einem Arme, nur einem Auge und nur einem Beine um Almosen bitten sah, denselben aufforderte herein zu kommen und zugleich seine Cameraden rief, die sich denn auch sofort neugierig um den Alten sammelten.
Der mochte etwa sechzig Jahre alt seyn, und außer daß er einen Arm, ein Bein und ein Auge verloren hatte, war sein Gesicht von Säbelhieben zerfetzt, seine Finger von Kugeln zerbrochen und der Schädel ihm an verschiedenen Stellen gestickt.
Die jungen Leute bestürmten ihn darum auch mit Fragen:
»Wie heißest Du? Wie alt bist Du? In welcher Schenke hast Du dein Auge verloren? In welchem Hinterhalte ließest Du den Arm? Auf welchem Schlachtfelde vergaßest Du dein Bein?«
»Es wird ihm doch nicht auch die Zunge fehlen?« fiel Einer ein.
»Nein, Gott sey Dank, edle Herren, die Zunge haben sie mir gelassen,« sagte der Alte, »und wenn Ihr wollt, so wird ein alter Capitain…«
»Du, Capitain? Gsch!« sagte einer der jungen Leute.
»So nannte mich wenigstens der Herzog Franz von Guise, dem ich Calais nehmen half; so nannte mich oft der Admiral Coligny, mit dem ich Saint-Quentin vertheidigte, und der Prinz von Condé, mit dem ich in Orléans einzog.«
»Du hast alle diese großen Feldherrn gesehen?«
»Ich habe sie gesehen und mit ihnen gesprochen wie sie mit mir… Ihr mögt recht tapfere, muthige junge Leute seyn, aber… die Zeit der Tapfern und Starken ist vorbei.«
»Und Du bist der Letzte,« sagte eine Stimme.
»Nicht der letzte von Jenen, wohl aber der letzte einer Gesellschaft von Tapferen. Wir waren zehn Abenteurer, mit denen ein Capitän Alles versuchen und wagen konnte, aber der Tod hat Einen nach dem Andern geholt.«
»Wie hießen sie?«
»Aus ihren Abenteuern ließe sich ein Gedicht machen, aber der, welcher es schreiben könnte, der arme Fracasso, ist leider an einer Zusammenziehung der Kehle gestorben.«
»Wie hießen sie? Wie hießen sie?«
»Dominico Ferrante, der zuerst ging. Als er eines Abends mit zwei Cameraden am Thurme von Nesle hinging, erbot er sich einem florentinischen Künstler, Benvenuto Cellini, einen Sack Geld tragen zu helfen, den dieser von dem Schatzmeister des Königs Franz l. erhalten hatte. Benvenuto glaubte aber in dem Anerbieten keine Gefälligkeit, sondern Habsucht zu sehen, griff nach seinem Degen und nagelte den armen Ferrante an die Mauer.
»Das hat man davon, wenn man gar zu gefällig ist,« sagte einer der Zuhörer.
»Der Zweite war Vittorio Albeni Fracasso, ein großer Dichter, der aber nur im Mondscheine arbeiten konnte. Eines Abends suchte er einen Reim in der Gegend von Saint-Quentin, gerieth in einen Hinterhalt, den man dem Herzoge Emanuel Philibert gelegt hatte, vergaß die Leute zu fragen, warum sie da wären und befand sich, als Emanuel erschien, mitten im Gedränge. Er that sein Möglichstes, um hinweg zu kommen, aber ein Schlag mit einer Streitaxt streckte, ihn nieder. Der Hinterhalt scheiterte; der betäubte Fracasso blieb liegen, und da man nicht wußte, wie er daher gekommen war, legte man ihm ohne Weiteres einen Strick um den Hals und hing ihn am nächsten Baume auf. In demselben Augenblicke kam er zu sich und wollte erklären, wie er daher gekommen, aber da zog sich der Strick zu, Fracasso konnte nicht mehr sprechen und viele Leute werden geglaubt haben, er sey mit Recht gehangen worden.«
»Fünf Pater und fünf Ave für den unglücklichen Fracasso!« sagte eine Stimme.
»Der Dritte,« fuhr der alte Bettler fort, »war ein würdiger Deutscher, Franz Scharfenstein. Er fiel auf der Bresche bei der Belagerung von Saint-Quentin. Gott sey seiner Seele gnädig wie der seines Oheims Heinrich Scharfenstein, der sich um seinen Neffen um den Verstand weinte!«
»Das dürfte ihm nicht leicht ein Onkel nachthun,« hieß es unter den Umstehenden.
»Der Fünfte,« fuhr der Erzähler fort, »war ein guter Katholik: Cyrillus Nepomuk Lactantius. Er ist seines Seelenheils gewiß, denn nachdem er vierundzwanzig Jahre für unsere heilige Kirche gekämpft, starb er als Märtyrer.«
»Als Märtyrer? Ei, das erzähle.«
»Es ist sehr einfach. Er diente damals unter dem berühmten Capitain des Adrets, der damals katholisch war. Man hatte einige Hugenotten am Tage vor dem Fronleichnamsfeste gefangen und wußte nicht, welche Strafe man ihnen angedeihen lassen sollte. Lactantius schlug vor, ihnen die Haut abzuziehen und dieselbe als Tapete zu verwenden. Dem Baron des Adrets gefiel der Vorschlag und er wurde ausgeführt; gerade ein Jahr darauf aber, als der Baron protestantisch geworden war, gerieth Lactantius in die Gefangenschaft desselben. Der Baron erinnerte sich des Rathes, den er gegeben hatte und ließ ihm auch die Haut abziehen.«
»Der Sechste war ein hübscher Stutzer aus unserer guten Stadt Paris; jung, galant, immer hinter den Mädchen her.«
»Still!« fiel einer der Zuhörer ein. »Hier spricht man nicht von Mädchen.«
»Er hieß Victor Felix Yvonnet. Eines Tages oder vielmehr in einer Nacht, als er bei einer seiner Geliebten war, spielte ihm der heimtückische Ehemann derselben einen schlimmen Streich. Er hob die Thür aus den Angeln und lehnte sie so an. Früh um drei Uhr verabschiedete sich Yvonnet von der Geliebten, ging an die Thür, die eine schwere Eichenholzthür war, faßte die Klinke und zog; da drehte die Thür sich nicht in den Angeln, sondern fiel schwer auf den armen Yvonnet. Am Morgen fand man ihn todt darunter.«
»Dies Mittel sollte man allen Männern mittheilen, die ungetreue Frauen haben.«
»Der Siebente hieß Martin Pilletrousse, der durch ein Mißverständniß um sein Leben kam. Herr von Montluc kam in eine kleine Stadt, auf die er zürnte, wenigstens auf den Rath. Er hörte, daß den andern Tag zwölf Hugenotten gerichtet werden sollten, ging also in das Gefängniß und fragte: »wer ist Hugenott?« Pilletrousse nun, der Montluc als heftigsten Hugenotten gekannt hatte und nicht wußte, daß er den Glauben gewechselt, befand sich, ich weiß nicht wegen welcher Erbärmlichkeit, in dem Gefängnisse und glaubte, Montluc wolle alle Hugenotten frei lassen; er meldete sich… Nun war es aber nicht so; sie sollten gehangen werden. Als der arme Pilletrousse den Irrthum sah, protestirte er laut, aber es half ihm nichts, man blieb bei seiner ersten Erklärung und so wurde er richtig gehängt. Am andern Tage, als die Hugenotten hingerichtet werden sollten, staunte der Rath gar sehr; sie hingen alle bereits.«
»Requiescant in Pace!«
»Der Achte hieß Chrysostomus Procop und war aus der Normandie…«
»Der König!« rief eine Stimme.
»Geh bei Seite, Alter!« sagten die jungen Herren zu dem Bettler, »laß Dich vor dem König nicht sehen.«
Der König erschien allerdings und sagte zu den Fünfundvierzig, die sich aufgestellt hatten und hinter sich den Alten verbargen:
»Ihr habt oft gehört wie königlich ich in Piemont von dem Herzoge Emanuel Philibert empfangen worden bin. Ich empfange eben die Nachricht von seinem Tode, der am 30. August 1580 in Turin erfolgt ist… Er gehörte zu meinen Freunden, und ich werde acht Tage um ihn trauern, in diesen acht Tagen höre ich die Messe um seinetwillen. Wer meinem Beispiele folgt, wird mich erfreuen.«
Der König setzte seinen Weg fort und die Fünfundvierzig folgten ihm.
Als sie aus der Messe kamen, sahen sie sich nach dem alten Bettler um, aber er war verschwunden, und wie ihn vermißte man Mancherlei, eine goldene Kette, u.s.w. Man erkundigte sich bei der Schildwache nach dem lahmen Bettler und die Wache berichtete, das Stelzbein habe ihm gesagt, wenn die Herren nach ihm fragten, so möge er nur melden, er habe nicht warten können, um weiter zu erzählen, Procop und ein Anderer, Maldent, wären gelehrte Männer geworden, er selbst, der Letzte, heiße Cäsar Hannibal Malemort.
Das ist die letzte Nachricht, welche von den Abenteurern zu uns gelangt ist.
Merkwürdig ist gewiß dabei, daß der, welcher zuerst hätte den Tod finden müssen, alle seine Cameraden überlebte.