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Kitabı oku: «Der Secretair der Marquise Du-Deffand», sayfa 10

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Drittes Kapitel

Der Cardinal wiederholte diesen Ausspruch der Herzogin, die ihn lobte, ihn ebenfalls wiederholte, ihn wiederholen ließ und zwar so oft, daß er sprichwörtlich ward, und daß man ihn noch nach Jahren citirte. Am folgenden Tage schrieb Herr Walpole an mich; er hatte davon gehört und wollte die Geschichte näher kennen lernen. Es kam mir sonderbar vor, darüber sprechen zu müssen. Ich glaubte nicht, daß es der Mühe werth sei. Seit jener Zeit hatte ich schon manches Andere gesagt, das besser war, und man dachte nicht mehr daran.

Man nennt das ein Wort zur rechten Zeit gesprochen.

Mein guter Stern hatte mich an einem jener Tage nach Sceaux geführt, die seit dem Tode des Königs selten geworden waren: Frau von Maine gab ein Fest, und dies war fast das letzte vor den Ereignissen, die sie treffen sollten. Ich habe stets angenommen, obgleich man es mir hartnäckig leugnete, daß dieses Fest eine Maske war, um die ernsten Sachen, die später zum Vorscheine kamen, zu verdecken. Die Prinzessin wollte an eine Wiederholung ihrer Vergnügungen glauben machen, um die ernsten Sachen, die später zum Vorscheine kamen, zu verdecken. Die Prinzessin wollte an eine Wiederholung ihrer Vergnügungen glauben machen, um die Aufmerksamkeit des Regenten abzulenken, der nicht gewohnt war, die Gewissen zu ergründen, und ohne Dubois vom Morgen bis zum Abend betrogen worden wäre,

Sie wiederholte also eine schon gegebene große Soiree, die ich indeß nicht kannte, wohlverstanden, da ich überhaupt Nichts kannte. Sie war also neu für mich. Ich habe nie die Dummheit begangen, meine Bewunderung und mein Vergnügen zu verbergen; die Lobeserhebungen stimmten mich heiter, und Niemand ward dadurch an die Provinz erinnert,

Fräulein Delaunay hatte das Stück oder vielmehr den Canevas zu diesem Feste zusammengestellt. Die Verse waren von Larnage, von meinem theuern Larnage! Ach, ich bedauerte ihn damals aus vollem Herzen. Mir schien, er war auf dem Wege zum Glücke und zur Macht.

Herr von Maine sprach nie mit ihm, aber die Herzogin rief ihn sehr oft und erkundigte sich, ob das Programm fortschreiten, ob Alles gut gehen und ob kein Aufenthalt entstehen würde. Mir schien, daß sie ihn öfter rief, als nöthig war, und ich erblickte darin ein Zeichen ihres Interesses.

Die Frau Herzogin von Maine – man muß sie wohl so nennen, weil sie es war, und weil ich noch oft von ihr sprechen werde – die Frau Herzogin von Maine war, man weiß es, die Enkelin des großen Condé, den die blinde Liebe Ludwig's XIV, zu seinen Bastarden zu einer Stellung erhob, die seiner Geburt so fern lag. Sie war nicht eben schön (ich spreche von ihrer Jugend, denn zu der Zeit, wo ich sie kennen lernte, zählte sie bereits zweiundvierzig Jahre), sie besaß Grazie, Phsiyognomie und einen stolzen, gebieterischen Zug um den Mund, der nur zu gut ihren Charakter verrieth. Sie war ungewöhnlich klein, und darüber ärgerte sie sich. Ihre ganze Familie war ebenso. Sie stellte sich, als ob sie darüber lachte, aber der Teufel lachte aus ihr.

Frau von Maine hatte viel Geist, und zwar Geist von allen Arten: mitunter von der besten, öfter aber noch von der gemeinsten Art; sie bediente sich dessen je nach ihren Launen. Viele behaupteten, daß sie verrückt war – sie war es nicht, sie war nur eine außerordentliche Person. Sie wollte Alles wissen, Alles in ihren Bereich ziehen; sie setzte sich nach der Reihe auf alle Throne, sie wollte überall Königin sein, und ihr Hof von Sceaux war souverainer, als der des Königs, Bei ihrem unangemessenen Ehrgeize und der Sucht, sich in Alles zu mischen, war sie nicht gut, aber sie war auch nicht schlecht; sie hat nie ohne Noth schlecht gehandelt, nie, weil es ihr Vergnügen machte. Sie dachte z. B. nicht daran, wenn sie dabei etwas gewinnen konnte. Gegen den Herzog von Orleans hegte sie den schönsten Haß, der sich denken laßt; sie wollte mir das Versprechen abnehmen, daß ich nie mehr in das Palais-Royal gehen sollte. Glücklicherweise erinnerte Herr von Sainte-Aulaire daran, daß mein Mann meines Kredites bedürfe, und daß wir unser Glück machen müßten.

– So gehen Sie denn, da es geschehen muß, antwortete die Prinzessin; aber ich hoffe, daß Sie nicht lange dorthin gehen werden.

Ich habe später begriffen, was sie damit sagen wollte.

Die Nacht brach an.

Man begann das Fest Mit der Illumination der Gästen und Wasserparthien. Ein wirklich magischer Anblick bot sich uns dar. Das Souper ward auf einen Rasenplatze servirt. Die Verkleidung begann damit, daß uns Faunen und Hamadryaden bedienten. Ich benahm mich dabei wie die Andern. Ich konnte die Augen nicht aufschlagen, ohne denen Larnage's zu begegnen, der mich anstarrte, als ob er mich verschlingen wollte. Er schien über mein Benehmen erstaunt zu sein, und wagte Nichts, als zu staunen. Es wäre mir lieb gewesen, ich bekenne es, wenn er ein wenig kühner geworden wäre. Ich ermuthigte ihn durch meine kleinen unschuldigen und naiven Mittel. Bei Tische saß er fern von mir. Nach dem Souper begannen die Lustbarkeiten, die erst mit dem Morgen endigten, um den Titel einer »weißen oder großen Nacht« zu rechtfertigen, den man dieser Art von Feisten gegeben hatte.

Ich sann auf einen Staatsstreich, und dieser bestand darin, Larnage während der Comödie und der Ausführung des Tanzes neben mir zu haben. Er war so schüchtern, so furchtsam, daß ich ihn anreden mußte. Ich ging geraden Wegs auf ihn zu. Er erröthete.

– Ach, Madame, warum das? Wollen Sie, daß ich mich zu Ihnen setze, damit mein Unglück sich verdoppele?

– Ist es denn ein Unglück, neben mir zu sitzen und mit mir zu sprechen?

– Es ist ein Glück, Madame, es ist der heißeste Wunsch meines Herzens, es ist mein ehrgeizigster Traum, aber leider!…

– Nun, leider?

– Sie gehören einem Andern an, Sie haben mich vergessen, verlassen, Sie sind für mich verloren, und ich darf mir nicht einmal einen Gedanken erlauben, aus Furcht, Sie zu beleidigen.

Für den Bastard eines Fürsten, für den Secretair eines großen Herrn war diese Aeußerung des armen Larnage sehr einfältig. Es ist wahr, der Fürst und der große Herr waren zwei fromme Personen, aber was lag daran? Er war ja kaum dreiundzwanzig Jahre alt, und mehr brauchte es nicht.

Er begriff mich endlich, setzte sich zu mir, und legte seine Freude und sein Wohlbehagen an den Tag. Die Andern hatten nur Sinn für das Schauspiel, aber Larnage, obgleich er der Dichter war, beschäftigte sich nur mit mir; ich hingegen beschäftigte mich zunächst mit dem Schauspiele, und dann mit ihm, und um gerecht zu sein, mit demselben Vergnügen und derselben Lebhaftigkeit.

Wir sahen zuerst den »guten Geschmack, der sich nach Sceaux geflüchtet und unter den Schutz der Frau von Maine begeben hatte,« Er führte die Grazien, die tanzend eine Toilette vorbereiteten, während ihr Gefolge zu einer sanften Musik die Verse von Larnage sang.

Dieses erste Zwischenspiel ward mit einem großen Erfolge aufgeführt, man fand es allgemein köstlich. Ich machte meinem ehemaligen Lehrer ein Compliment – er ward vor Freude fast toll darüber.

In dem zweiten Zwischenspiele waren die Spiele personificirt; sie brachten die Spieltische mit Allem, was zu den verschiedenen Spielen erforderlich ist. Sie sangen und tanzten zu gleicher Zeit, und diese an die Prinzessin gerichteten Schmeicheleien wurden von ihr als eben so wahr wie verständig aufgenommen. Dies Alles ward von den besten Mitgliedern der Oper dargestellt.

Endlich ward das Theater mit Blumen und Kränzen geschmückt wie zu einer Tragödie; aber man wollte nicht etwa eine Tragödie aufführen, sondern ein Stück von Fräulein Delaunay, das sie mit Hilfe Larnage's gefertigt hatte. Mein Gott, was für erschreckliche Verse hatten Beide gemacht! Die Prinzessin selbst spielte eine Rolle, und Jeder spielte die seinige recht hübsch. Der Hof von Sceaux war auf das Theater verpflanzt, und sprach gereimte Prosa statt der gewöhnlichen.

– Diese Verse sind rührend! sagte ich zu Larnage. Ich hatte den Kopf ein wenig verloren.

– Ich dachte an Sie, als ich sie machte! Antwortete er. Ach, Madame, werden Sie denn kein Mitleid mit mir haben, werde ich nie, wie sonst, eine schöne Sternennacht mit Ihnen verplaudern?

– Vielleicht, mein Herr! Antwortete ich, gereizt von dem Wunsche, etwas zu empfinden, was ich nicht kannte.

– Uns wann, wann?

Ich wollte diese Frage beantworten aber ein Zwischenfall den ich nicht vorausetzte, unterbrach mich.

Viertes Kapitel

Fräulein Delaunay berührte meine Achsel und sagte leise:

– Sie sprechen hier von Liebe, Frau Marquise, und denken nicht an Ihre Nachbarn.

Ich zitterte. Diese Worte riefen mich auf die Erde zurück, denn ich war Larnage auf den Flügeln, der Poesie gefolgt, ich weiß nicht, wohin. Erröthend stammelte ich einige Worte.

– O, erschrecken Sie nicht! fügte sie hinzu. Sie sind nicht die Einzige, die so spricht, auch wir Andern sprechen so!

Sie zeigte mir mit der Hand ihren Nachbar, den ich zweimal ansah, ehe ich sie verstand. Dieser Nachbar war der gute Abbé von Chaulieu, der damals älter als achtzig Jahre war. Sie sah meine Ueberaschung und antwortete:

– Sie glauben, daß ich scherze? Fragen Sie ihn

– Leider, sagte der Abbé, es ist nur zu wahr! Sie verschmäht meine letzte Liebe und meine letzten Verse.

– Wie, sind die Verse von Ihnen, Her Abbé? Und die Undankbare verschmäht sie?

–Ja, Madame, ja! Ich habe ihr gesagt:

 
Was danke ich Dir nicht? Denn ohne Dich
Vergingen die letzten Tage mir
In Langsamkeit und Ueberdruß,
Wozu Natur sie unbeugsam verdammt.
Nur Du belebst mit unbekannter Kraft
Das alte Werk, das Nichts mehr schafft.
Du gießest Feuer in mein erstarrtes Herz,
Und weckst die Liebe, meiner Jugend süßen Schmerz.
Nur Dir zu gefallen, von Dir geliebt zu sein,
Ist all' mein Hoffen, mein Wünschen allein.
Der Gedanke an Dich bewegt mir die Brust,
Schafft himmlisches Glück, schafft göttliche Lust!
Mein Glaube an Glück ist für immer dahin,
Bleibt schnöde Dein Herz, bleibt verschlossen Dein Sinn!
 

Ich besitze jetzt noch diese Verse, von der Hand des Abbé Chaulieu geschrieben. Es sind die letzten, die er gemacht hat. Trotz seiner achtzig Jahre besaß er noch viel Geist.

Der Abbé sprach diese Verse mit einer Gutmüthigkeit und mit einer Ueberzeugung, die mich entzückte. Fräulein Delaunay lachte darüber ohne Spott und Hohn, wie es sich für eine ehrbare und gute Person schickt.

– Ja, ich liebe Madame, fügte der Greis hinzu. Ich bewiese es gern durch mehr, als durch Worte. Es liegen tausend Pistolen zu ihrer Verfügung bereit, aber ich kann sie nicht zur Annahme derselben bewegen.

– Schon zum dritten Male muß ich es Ihnen abschlagen, Abbé. Aus Dankbarkeit für Ihren großmüthigen Antrag rathe ich Ihnen, nicht bei vielen Frauen so zu verfahren, denn Sie könnten eine finden, die Sie beim Worte hält.

– O, ich weiß, an wen ich mich wende! war die naive Antwort.

Wir brachen in Lachen aus; er begriff nicht warum, und fuhr ruhig fort:

– Sie könnte es auf ihren Putz verwenden; sehen Sie nur, Madame, wie sie gekleidet ist! Ich kann in dieser Beziehung Nichts bei ihr erreichen. Sie kränkt mich… sie hat so einfache Kleider, wie sie keine Person trägt…

– Abbé, ich finde, daß mich Alles schmückt, was mir fehlt.

Hierauf hatte er keine Antwort.

Der Abbé betete sie deshalb um so mehr an that sein Möglichstes, um ihr zu gefallen. Seine Carossen und sein Haus gehörten mehr dem Fräulein Delaunay als ihm. Er schickte jeden Morgen, um ihre Befehle in Empfang nehmen zu lassen. Sie jagte seine Leute fort, wenn sie ihr nicht mehr gefielen, oder zwang ihn, sie gegen seinen Willen zu behalten. Alles, was von ihr kam, machte ihn glücklich. Es war eine jener Leidenschaften des Alters, die in Monomanie ausarten.

Larnage und ich hätten es diesen Abend gern gesehen, wenn sie ihrer Liebe nachgehangen hätten, ohne uns zu stören. Ich wollte meinem Geliebten über einen sehr wichtigen Punkt Antwort geben, als sie uns unterbrachen. Er brannte vor Begierde, die Unterhaltung wieder aufzunehmen, und unsere Nachbarn erlaubten es nicht. Fräulein Delaunay hatte ihre Gründe. Ich war noch nicht ihre Freundin, und die feine Fliege machte aus mir ein Werkzeug.

– Sie werden doch zwei oder drei Tage in Seaux bleiben, nicht wahr, Madame? Es werden einige sonderbare Personen hier ankommen, mit denen wir uns zu amüsieren Willens sind. Lehnen Sie es nicht ab, die Frau Herzogin hat mir befohlen, Sie nicht fortzulassen.

Mir war Nichts lieber, als zu bleiben. Ich ließ mich der Form wegen ein wenig bitten, dann willigte ich ein. Larnage dankte mir dafür mit einem Blicke, der das Herz heftig klopfen machte. Dies war noch nicht alles, und Fräulein Delaunay wollte ihre Rolle zu Ende spielen.

– Frau von Maine beschäftigt sich in diesem Augenblicke mit einem Aufsatze, den sie in Prozeß-Angelegenheiten der legitimirten Prinzen gegen die Prinzen von Geburt verfassen lassen will. Sie besitzen Geist, und die Frau Herzogin würde sehr erfreut sein, Sie dabei zu Rathe ziehen zu können.

– Mich, mein Fräulein? rief ich, im höchsten Grade erschreckt. Ich weiß nicht einmal, daß dieser Prozeß existirt. Wie kann, ich mit Denen darüber sprechen, die ihn kennen? ^

– Es betrifft nicht gerade den Prozeß, man will die Ansicht gelehrter Leute! hören, und auch Sie werden Ihre Ansicht sagen. Einer derselben kommt morgen, oder vielmehr heute – er ist wirklich ein Gelehrter.

– Mein Fräulein, ich bin nicht gelehrt, entbinden Sie mich…

– Es wird Sie amüsiren.

Alles erschien mir so außerordentlich, daß ich nicht weiter in sie drang. Aber ein Umstand war nicht minder außerordentlich: Man kannte meine Beziehungen zu dem Palais-Royal, und doch bewarb man sich um mich. Gewöhnlich ward man deswegen allein schon ausgeschlossen. Ich kümmerte mich nicht um dieses Räthsel, und fragte weiter nicht, damit Man mich frei ließe. Fräulein Delaunay entführte wirklich ihren alten Tython, und ich blieb mit Larnage allein. Ein Frösteln durchlief meinen ganzen Körper. Wir schwiegen. Endlich begann eine so leise Stimme, daß ich sie kaum verstehen konnte:

– Wann, Madame, gehen wir, um, wie ernst in Dampierre, diese theuern, geliebten Sterne zu betrachten, die so sanft auf uns herniederblicken? Ach, lassen Sie mich vor Ungeduld nicht sterben, ich beschwöre Sie!

Der Himmel war wirtlich mit Sternen besäet. Die Lichter des Festes erloschen; die Gäste, des Vergnügens und des Spazierengehens müde, zogen sich in Gruppen zurück, nachdem sie in den herrlichen Schatten umhergeirrt waren.

Ich antwortete nicht, aber ich warf einen Blick nach dem Park hinüber.

Er verstand mich und ergriff meine Hand, Wie eine Automatin stand ich auf und folgte ihm.

Wir befanden uns unter den jungen Hagebuchen, deren ich noch nicht erwähnt habe. Ich weiß nicht, wie es kam, daß ich meine Hand in der seinigen ließ, daß wir uns gegenseitig ansahen, anstatt die Sterne zu betrachten, daß er bald seinen Arm um mich schlang und mich an sich drückte, ohne daß ich Widerstand leistete. Ich habe viel gesehen, viel empfunden und viel gefühlt in meinem Leben; aber ich erkläre, daß dieses keusche Umarmen, dieses reine Drücken in meiner Erinnerung nicht ihres Gleichen haben. Es war ein Moment wirklicher Seligkeit, ein Herzensdelirium, das die Philosophen verspotten werden, und das alle andern Delirien übersteigt.

Um einen solchen Moment noch einmal herbeizuführen, würde ich mein Leben noch einmal beginnen, trotz der Langweile, die damit verknüpft ist.

Wir waren die Letzten in dem Parke, und kehrten später in unsere Zimmer zurück, als die Andern. Keiner dachte an uns, Keiner sprach von uns in der kleinen Gesellschaft, wo die Leidenschaften sich concentrirten, indem sie sich verbargen. Frau von Maine gab sich ganz ihrem Ehrgeize, ihren Plänen hin; ihr Gemahl seinen unfruchtbaren Wünschen, die Andern vielleicht der Liebe, und wir waren frei, waren glücklich; aber, ich bezeuge es, dieses Glück kostete meinem Ruhme Nichts, und als ich Larnage beim Frühstück wieder antraf, eröthete ich, indem ich ihn ansah, nicht vor Scham, sondern vor Wonne.

Um diese äußerst glückliche Zeit der Regentschaft gab es nur wenig Frauen meines Alters, die diese Röthe noch kannten.

Fünftes Kapitel

Habe ich vielleicht schon zu viel von der Frau Herzogin von Maine gesprochen? Wahrhaftig, ich weiß es nicht; ich erinnere mich dessen nicht. Ich habe dieses kleine Mädchen darum befragt; es hat mir geantwortet, daß ich noch viel von der Prinzessin zu erzählen hätte. Aber dieses kleine Wesen besitzt so viel Arglist, daß es mich vielleicht veranlassen will zu faseln, damit man meine achtzig Jahre merke.

Ich will nicht, daß Madame faselt, aber ich möchte, daß sie über diese Herzogin von Maine, über die man so verschieden urtheilt, sich noch weiter auslasse. Sollte sie etwas in ihren Memoiren verschweigen, so ist dies nicht meine Schuld; doch, man beruhige sich, ich werde

über ihre Erinnerungen wachen, daß sie Nichts übergeht.

(Anmerkung des Secretairs.)

Die Herzogin von Maine war, obwohl man es von ihr sagte, nicht eben galant. Es ist gewiß, daß sie ihre Liebhaber hatte, vielleicht zwei oder drei. War dies bei den andern Prinzessinnen nicht eben so? Und vorzüglich bei denen, die nach ihr kamen? Man bedenke nur ihre drei Nichten von Condé: Fräulein von Sern, Fräulein von Charolais und Fräulein von Clermont! Ich schwöre es, daß ich von ihren Heldenthaten nicht reden werde, nicht einmal von denen, deren man sie beschuldigt und wovon Beweise vorliegen, ich liebe das Ausschwatzen nicht, und es würde mit schlecht anstehen, sie zu tadeln.

Man muß es eingestehen, daß die Herzogin von Maine den Cardinal von Polignac am meisten liebte. Er war der Gegenstand ihrer letzten Neigungen, und diese sind bei uns Frauen die stärksten, sie vergrößern sich mit unserm Bedauern; jeder entfliehende Tag nimmt eine Illusion mit sich und vermehrt die Kraft der Gefühle. Man verehrt das, dessen Verlust bevorsteht, man legt den letzten Blumen den größten Glanz, den schönsten Duft bei und sieht ihre Blätter mit einer unbeschreiblichen Melancholie abfallen. Ich habe dies Alles empfunden, und wahrlich, ich weiß nicht warum, denn seit langer Zeit schon habe ich die Nichtigkeit der Neigungen dieser Welt kennen gelernt. Aber man muß doch an etwas hangen.

'Einige Schulfüchse und Sudler sind sogar soweit gegangen, daß sie der Herzogin von Maine eine blutschänderische Liebe zu ihrem Bruder, dem Herzoge von Bourbon, beigelegt haben. Diese Leute kennen weder sie noch ihn! Frau von Maine hat nie einen Blick auf einen geistlichen Mann werfen können; sie hat stets das Materielle verachtet, sie hat die Delicatesse bis zum Aeußersten getrieben – Und der Herzog! Großer Gott, man frage nur seine Frau! Sie konnte ihn nicht leiden, und sie hatte Grund dazu. Beide verbrachten ihr Leben damit, sich zu streiten und anzuklagen, und wahrlich, sie hatten Recht dazu. Die Herzogin brauste mit dem ganzen Geiste der Mortemart's auf, und der Herzog mit dem Geiste der Ausschweifung. Bei einem Streite sagte sie ihm einst:

– Mein Herr, Sie mögen immerhin schreien, ich kann Prinzen von Geblüt ohne Sie machen, aber ich traue es Ihnen nicht zu, daß Sie es ohne mich vermögen.

Sie hat mehr gethan, als diese Worte zu sprechen, sie hat es durch die That bewiesen.

Kehren wir zur Frau von Maine zurück.

Am Morgen nach dieser großen Nacht stand sie sehr spät auf. Auch wir. Fräulein von Delaunay holte mich aus meinem Zimmer, um mich zur Toilette der Prinzessin zu führen. Sie hatte ihre Absicht dabei. Frau von Maine empfing mich mit dem wohlwollendsten Lächeln; sie bot mir einen Stuhl und fragte mich, ob es mir in Sceaux gefalle und ob ich oft wiederkommen wolle?

Mit Begeisterung antwortete ich ihr, daß es mir hier außerordentlich gefalle, und daß ich stets wiederkommen würde, wenn man mir die Ehre erzeigte, mich zu empfangen.

– Kennen Sie den kleinen Larnage? fragte sie hastig, indem sie ein Corset anlegte.

Ich fuhr erstaunt zusammen und stand auf, um ihr eine Verbeugung zu machen, ohne zu wissen, was ich that.

Sie lächelte und wiederholte die Frage.

– Ja, Madame, antwortete ich nun, ich habe ihn bei der Frau Herzogin von Luynes gesehen.

– Kennen Sie seine Mutter?

– Ja, Madame,

– Und was sagt man, wer sein Vater sei?

– Ich weiß es nicht, Madame.

– Ah, Sie wissen es nicht! Aber man giebt ihm einen Vater, den ich sehr gut kenne. Er leugnete es, als ob mir dies viel Kummer machte. Ich bin nicht die Frau, die sich um solche Kleinigkeiten grämt.

Fräulein Delaunay unterbrach diese Unterhaltung, indem sie meldete, daß man nach ihr gefragt habe, und daß wahrscheinlich der erwartete Gelehrte angekommen sei,

– Entfernen Sie sich nicht, antwortete die Herzogin; man lasse ihn eintreten, ich will ihn empfangen. Bleiben Sie, Madame, vielleicht macht es Ihnen Vergnügen. Diese Gelehrten sind mitunter sehr drollig. Es handelt sich um einen Aufsatz gegen meinen Herrn Vetter. Delaunay, nennen Sie mich nicht.

– Man führte den Gelehrten ein. Mein Gott, was war das für ein Geschöpf! Was für ein Convolut von Latein und Großsprecherei. Er trug große Strümpfe, Schuhe mit Schnallen, einen zerrissenen Rock und einen Hut nach Art der Küchenjungen. Die ganze Erscheinung war zwar nicht elend, aber widerwärtig. Der Gelehrte brüstete sich damit, wie Diogenes mit seiner Tonne.

Unser Mann besah sich das vergoldete Getäfel, die Toilette und die Menge Leute, die dabei Dienste leisteten. Man merkte ihm an, daß er stolz von der Höhe seiner Größe herabblickte. Er näherte sich der Frau von Maine, grüßte sie auf seine Weise, und schien mehr mit den hebräischen Gebräuchen als mit den unsrigen vertraut zu sein.

– Mademoiselle, sagte er, sie konnten sich, behufs Lösung der Frage, die Sie beschäftigt, an keinen Bessern wenden; die Frau Herzogin von Maine hat bewiesen, daß sie stets mit Scharfsinn ihre Wahl trifft.

– Sie sind sehr gütig, mein Herr!

Er hielt sie für Fräulein Delaunay, oder er stellte sich, als ob er sie dafür hielte. Der größern Bequemlichkeit wegen ließ man ihn dabei.

– Mein Herr, was halten Sie von dem Herrn Herzoge und von den Gründen, die er gelten macht?

– Mademoiselle, Semiramis hat den Fall vorgesehen und ihre Gesetze sind sehr genau. Bei Hofe können solche Dinge nicht geschehen.

– Aber, mein Herr, am Hofe der Semiramis gab es keine legitimirten Prinzen.

– Das ist ein arger Irrthum, ein sehr arger Irrthum, Mademoiselle! Semiramis hatte mehre Bastarde.

Wir Alle machten eine Bewegung.

Frau von Maine behielt ihre Fassung.

– Ja, Mademoiselle, sie hatte mehre, und Ninus ebenfalls. Der Ehebruch war zu Babylon in der Mode. Und nun bedenken Sie den Nimrod! Die Prinzen seines Blutes empörten sich über die großen Wohlthaten, mit denen er die Kinder seiner Liebschaften überhäufte. Sie unternahmen es selbst, sie auszuplündern. Wissen Sie, was Nimrod that, Mademoiselle, wissen Sie es?

– Nein, mein Herr!

– Er ließ den Aufwieglern die Ohren, selbst die Nasen abschneiden. Gewiß, Mademoiselle, ich kann es Ihnen versichern. Und wenn der Herr Regent gerecht ist, so wird er dasselbe Mittel anwenden, um dem Dinge sobald als möglich ein Ende zu machen.

Wir lachten dem guten Manne laut in das Gesicht. Der Gedanke, den Herzog ohne Nase zu sehen, war überaus komisch.

Frau von Maine blieb ernst; sie antwortete mit würdiger Miene:

– Mein Herr, das Mittel wird um so besser sein, da ich nicht weiß, was von dem Gesichte des Herrn Herzogs noch bleibt, wenn man ihm die Nase genommen hat.

– Zu Zeiten der Chaldäer, mein Fräulein, würde man einen solchen Mißbrauch nicht geduldet haben.

– Wie, die Nase des Herrn Herzogs?

– Nein; ich meine die Reclamationen gegen die Willensmeinungen des seligen Königs,

Gegen eine Revolte waren sie unbarmherzig. Ich habe gelesen, daß Smerdis, nicht Smerdis der Magier, sondern ein anderer Smerdis – daß Smerdis auf einem Auge blind geworden, weil er im Gefängnisse so viel geweint hatte.

– Mit einem Auge?

– Er war verurtheilt, jeden Tag nackten Fußes zu dem Grabe seines Onkels zu gehen, dessen Willen er ungehorsam gewesen. Und er ging dorthin, Mademoiselle.

– Dieses Verfahren wäre auch bei uns anzuwenden. Man könnte den Herzog von Orleans und alle Prinzen jeden Morgen zu Fuß nach Saint-Denis schicken; ich würde darum anhalten, diese Prozession sehen zu können. Dabei ließe sich beobachten, ob die Familie Ludwigs XIV. sich mit denselben Gesetzen regieren ließe, wie die Kinder Nimrod's, oder ob wir einige Neuerungen müßten eintreten lassen.

– Ah, Mademoiselle, was sind die modernen Gesetze gegen die erhabenen des Alterthums! Welche Muster finden wir in der wunderbaren Vergangenheit, von der wir nur eine blasse Copie sind!

Nun erhob er sich, und begann eine Abhandlung über die Alten, die ein wahres Convolut von Lateinisch und Griechisch war. Die Prinzessin machte ihr dadurch ein Ende, daß sie den Gelehrten fragte, ob er nicht in die Sorbonne eintreten wolle.

– Ich würde sie gern dorthin schicken, mein Herr, fügte sie hinzu, um Ihnen für das Vergnügen zu danken, das Sie mir heute gemacht haben. Aber unglücklicher weise hängt dies nicht von mir ab. Die Stunde meines Dienstes hat geschlagen – leben Sie wohl!

Dieser Mann, der Bourdin der Aeltere hieß – ich erinnere mich seines Namens – richtete sich hoch empor; er fühlte sich verletzt, daß man Nichts anderes von ihm gewollt, als ihn nur anhören.

– Ich gehe, Mademoiselle, sagte er; aber wenn Sie mich sollten noch einmal rufen lassen, so zählen Sie nicht auf mich, ich werde nicht kommen.

Er verließ ohne Umstände das Zimmer.

Dies ist das wahre Bild der Gelehrten jenes Jahrhunderts. Molière hat es nicht in Abrede gestellt, er hat ein Meisterstück daraus gemacht.

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06 aralık 2019
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