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Kitabı oku: «Der Secretair der Marquise Du-Deffand», sayfa 11

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Sechstes Kapitel

Diese Unterhaltung war für mich ungemein anlockend, Alles, was man mir sagte, glaubte ich zuversichtlich. Als Fräulein Delaunay mir vorschlug, noch eine gewisse Gräfin, eine Madame Düpuis und einen gewissen Abbé Lecamus zu sehen, die Zaubereien und wunderbare Eröffnungen machen sollten, war ich unendlich erfreut, und willigte rasch ein. Dies erregte in Sceaux eine große Freude, man bediente sich meiner wie eine spanische Wand. Da der Herzog von Orleans mich schätzte, so war ich nicht verdächtig, und ich konnte mich bei dieser Gelegenheit überzeugen, daß man nichts Strafbares that, denn man drang in mich, zu bleiben und allen diesen Scenen beizuwohnen. Dies war sehr gut ausgesonnen, und da ich in meinem Alter wenig Erfahrung hatte, ging ich willig in die Falle. – Sie werden mit der Delaunay zu Mittag essen, fügte Frau von Maine hinzu; denn sie empfängt und bewirthet diese berühmten Personen. Ich selbst werde bei dem Nachtische verkleidet und unbekannt erscheinen. Wenn sie mich erkennen, lasse ich sie auf der Stelle davonjagen. Der Herr Herzog von Maine ist kein Freund von solchen Kunden, sie sind gut für den Herrn Herzog von Orleans, der an den Teufel glaubt, um nur an etwas zu glauben, Sie, die Sie frei und unabhängig sind, werden sich amüsiren.

Den ganzen Vormittag verbrachte ich damit, die geistreiche und unterhaltende Prinzessin anzuhören. Sie sprach von ihrem Fliegenorden und äußerte dabei ihr Bedauern, daß sie jetzt nicht mehr jene schönen Ceremonien, wie früher, habe, um mich als Ritterin aufnehmen zu lassen.

– Aber unser Kummer geht vorüber, und wir werden wieder damit beginnen. Dann, hoffe ich, werden Sie Sceaux in seinem ersten Glanze sehen. Wenn ich meinen Prozeß gewinne, fügte sie hinzu, so werden wir reicher sein, als je; Herr von Maine wird dann keine Sorgen wegen des Vermögens und der Zukunft seiner Kinder mehr haben, und wir amüsiren uns in aller Ruhe.

Obgleich Fräulein Delaunay den Titel der Kammerfrau Ihrer Hoheit führte, so war sie in der That doch etwas mehr. Sie hatte keine andere häusliche Obliegenheiten, als stets zugegen zu sein. Zuweilen aber gebrauchte man sie als Secretair, als Vertraute. Nie zog sie ihrer Herrin die Strümpfe und Schuhe an, nie steckte sie ihr eine Nadel ein. Deshalb sagte auch Frau von Maine:

– Man hält die Delaunay für meine Kammerfrau; aber mein Geist ist ein ergebener Diener des ihrigen.

Dies war nicht wahr, Frau von Maine beherrschte Alles.

Die Stunde kam, unsere Toilette war gemacht, und man benachrichtigte mich, daß wir in ein Haus von Sceaux zum Mittagsessen gehen würden, zu einer Art von Edelmann, einem Gelehrten, der mit unumstößlichen Argumenten zur Besiegung der Feinde des Hauses Maine ausgerüstet sei.

– In dieser Comödie wird eine verhungerte Gräfin mitspielen, von der ich Ihnen schon gesagt habe; sie hat mit großer Mühe den Edelmann überredet, daß er mir ein Mittagsessen giebt, damit ich ihn anhöre. Er wohnt in der Stadt Sceaux, ist sehr reich, aber geizig; er langweilt mich mit seinen Büchern bis zum Sterben. Ich hoffe indeß, dem Magier Smerdis und der Semiramis auszuweichen. Klagen Sie mich an, wenn Sie wollen; aber ich wollte eine Genossin haben. Was langweilt, wenn man allein ist, amüsirt, wenn man sich in Gesellschaft befindet. Sind Sie nicht meiner Ansicht?

Ich war damit einverstanden und folgte meiner Führerin, sehr geneigt, mich auf diese Art und Weise zu amüsiren; dessenungeachtet aber hatte ich keine Ahnung von dem, was ich sehen sollte.

Man brachte uns in einer Carosse bis an die Thür des Edelmanns, der sich Despré nannte. Der Weg war ziemlich lang bis zu seinem Schlosse. Bei unsrem Anblicke setzte sich Alles in Bewegung. Die Mägde empfingen uns mit ihren Küchenschürzen, die makellos weiß, waren, wie Meubles, die man nicht oft benutzt.

– Man ist hier entweder sehr verschwenderisch, oder sehr geizig! flüsterte ich leise meiner Begleiterin zu. Diese Köchinnen sehen aus, als ob sie ein mageres Fricasse bereitet hätten.

– Wir werden sehen!

Herr Despré kam uns entgegen; seine Gäste begleiteten ihn. Wir waren wichtige Personen, denn man grüßte uns durch Verbeugen bis zur Erde.

Die Gräfin war außer sich vor Freude, als sie sah, daß der Zeitpunkt des Mittagsessens eintrat. Das Glück darüber machte sie zur Liebenswürdigkeit selbst; sie stellte unsere Stühle zurecht, und nannte uns die anwesenden Personen. Mit einem Worte, jede ihrer Bewegungen sagte:

– Wie danke ich Ihnen dafür, daß ich heute mehr als trockenes Brod essen werde!

Arme Frau! Wie hatte sie sich getäuscht! Sind die alten Magen wie die jungen Herzen? Lassen sie sich durch Chimären betrügen? Genügt der Rauch, um sie zufrieden zu stellen?

Es waren auch Leute aus der andern Welt zugegen: der Abbé Leramus und die Dame Düpuis, die angekündigte Pythia. Man setzte sich in einen Kreis, und obgleich es nicht kalt war, so rauchten doch einige Holzstücke in dem Kamine. Wir wußten, daß es aus Oekonomie geschah. Das große Zimmer des Erdgeschosses, in dem wir uns befanden, ward nie geöffnet; es war entsetzlich feucht, und ohne diesen Anschein von Feuer würde der Aufenthalt darin unerträglich gewesen sein. Bald sahen wir jedoch, daß das Feuer einen andern Zweck hatte.

Um die Delaunay und mich zu ehren, wies man jeder von uns einen Platz im Winkel des Kamins an; man trennte uns daher zu unserm großen Bedauern. Wir konnten nicht anders als durch die Blicke mit einander sprechen. Und dabei wurden wir noch überwacht, denn man sah uns stets an.

Die Frauen sprachen viel, die Männer lächelten gefällig. Wir glichen zwei Pagoden, und mich wandelte die Lust an, zu lachen.

– Mein Herr, begann endlich die Delaunay, wann wird uns Madame Düpuis ihre Wunder zeigen?

– Beim Dessert, Mademoiselle, das wir an einem eigens dazu vorbereiteten Orte einnehmen werden.

– Äh, rief ich, wahrscheinlich in einer Grotte oder in einer Rasenhütte des Gartens?

– Nein, Madame, es ist ein Ort, den der Blick der Profanen nicht erreicht, und wo die Wunder sich ohne Gefahr zeigen können.

Bei diesen Worten erhob sich Fräulein Delaunay rasch.

– Wie, mein Herr, wir werden die Wunder also nicht in Ihrem Hause sehen?

– In meinem Hause, Demoiselle, aber nicht hier!

– Ich erwarte eine meiner Freundinnen, eine sehr gelehrte Person, die sich gegen zwei Uhr einfinden wird, um die Wunder zu sehen. Wird sie uns finden?

– Sie wird uns finden, gewiß! Wir werden sie erwarten. Erst um elf Uhr bemächtigt sich der Gott der Zauberin; bis dahin bleibt sie stumm, wie Sie sie sehen.

– Wird sie nicht soupiren?

Despré antwortete mit einem Seufzer:

– Leider wird sie nur zu viel soupiren, Mademoiselle. Die Begeisterung bindet ihr zwar die Zunge, aber nicht die Kinnladen.

Die Düpuis saß wirklich wie ein Götzenbild da, sie bewegte sich nicht, sie sprach nicht.

Alle diese Mumien schwiegen nach dieser Erklärung, und die Unterredung stockte.

Um ihre Fassung zu bewahren, ergriff die Delaunay die Zange und wollte dem Feuer, das dem Erlöschen nahe, Nahrung geben. Sie nahm einen schwarzen Gegenstand, den sie für ein angebranntes Stück Holz hielt, um ihn auf die Kohlen zu legen.

Ein allgemeiner Schrei ließ sich vernehmen. Ich erstickte fast, indem ich das Lachen unterdrückte.

– Barmherzigkeit! Das ist die Chocolaten-Kanne! Was machen Sie, Mademoiselle? Wir werden nun kein Souper haben! rief trostlos die Gräfin.

Ein Knistern in der Asche verrieth, daß Alles verzehrt war. Die ausgeschüttete Chocolate hatte das Feuer verlöscht – die Delaunay hatte alle unsere Hoffnungen vernichtet.

– Mein Herr, sagte sie mit großer Ruhe, wer hätte denken können, daß es nach dem Souper Chocolate giebt?

– Mademoiselle, ist es nicht die schöne Sitte des Hofes? Ich glaubte, die Leute vom Stande äßen Abends nicht, und wollte sie demgemäß bedienen.

– Ich bin nicht vom Stande, und deshalb esse ich! antwortete meine Begleiterin.

– Und ich bin vom Stande, fuhr die Gräfin fort; aber ich esse zweimal für einmal.

Obgleich das Souper in der Asche lag und das Feuer erloschen war, so schwieg doch die Prophetin, und die andern Gelehrten streckten trostlos die Hände danach aus.

So conspirirte man um jene Zeit.

Siebentes Kapitel

Nach dem Untergange der Chocolate gerieth die Unterhaltung wieder in's Stocken. Ich fand die Geschichte ein wenig ernsthaft, da mir das Lachen nicht erlaubt war.

Man kündigte das Souper an.

Der Saal, den wir nun betraten, war noch feuchter, da man kein Feuer darin angemacht hatte. Auf dem Tische stand ein Rostbraten, eine Omelette und ein Salat. Für vier Personen wäre diese Mahlzeit hinreichend gewesen, aber es waren fünfzehn anwesend. Ein ungenießbarer Wein war die Würze des Ganzen.

Ich lachte aus vollem Herzen darüber. Uns blieb Nichts, als die Hoffnung, daß sich die Zauberin bald zeigen werde. Die Mahlzeit dauerte nicht lange, da sich nur die Augen befriedigt hatten. Man schickte sich auf die Wunderdinge für den Abend an.

Frau von Maine, bürgerlich gekleidet, und von dem Cardinal begleitet, der das Costüm eines Gerichtsschreibers trug, erwartete uns in dem Vorzimmer. Sie war unter ihrem hohen Kopfputze nicht zu erkennen. Fräulein Delaunay, die ein schlechtes Auge hatte, erkannte sie nur an der Stimme. Die Herzogin gab mir ein freundschaftliches Zeichen, wir vereinigten uns zu vier und folgten unserm Wirthe, der mit dem Abbé Lecamus, der Gräfin und einem Abbé von Verac voranging, der aus dem andern Lager zurückgekommen war und im Verdachte des Spionirens stand. Wir hatten einen Weg angetreten, auf dem man sich den Hals brechen konnte.

Zunächst durchschritten wir ein Ballhaus, ein halbverfallenes Gebäude, dessen Decke über unsern Häuptern zusammenzustürzen drohte. Von dort aus gingen wir durch einen Raum, dessen durchsichtiger Fußboden Schwindel erregte; ich drängte mich an meine Begleiterin, die noch weniger wußte als ich, wohin man uns führte, und ihrer Herrin wegen besorgt war.

– Es war unklug, hierher zu gehen, flüsterte sie mir zu. Was könnte die Folge sein, wenn man die Herzogin erkennt?

– Warum denn, Mademoiselle? Sie thut ja nichts Böses. Sie vertheidigt das Gut ihrer Kinder, und deshalb kann man sie nicht tadeln, und wenn das dazu gewählte Mittel noch so außergewöhnlich ist.

Fräulein Delaunay schüttelte den Kopf; sie wußte wohl, daß man ihren Schritt mißbilligen würde. Wir sahen aus, als ob wir zu einem Hexensabbath gingen. Es war mit einem Worte ein schreckliches Abenteuer, wie Don Quixote sagt.

Wir kamen endlich in eine Art Dachkammer, wo uns eine dem Orte entsprechende Gesellschaft erwartete. Ich habe später ähnliche Verzückungen gesehen, von denen ich am geeigneten Orte reden werde; für diesmal aber war ich nicht daran gewöhnt, und ich sah wirklich mit erschreckten Blicken um mich.

– Aber wo sind wir, Mademoiselle? Diese Leute wollen uns doch nicht erwürgen?

– Wir sind bei einer Hexe, Alle diese Leute haben den Herzog und seine Manöver gekannt; sie wissen viel Dinge, die für Ihre Hoheit von Wichtigkeit sind. Madame Düpuis, die oft inspirirt ist, wird uns seine Geheimnisse offenbaren.

– Wie, alle diese Phantome sind Ihrer Hoheit wichtig und können ihr nützen?

– Diese da nicht, sie sind Zuschauer wie wir; aber die Zauberin und ihre Freunde, die Sie sehen werden. Frau von Maine ist eine Kranke, die sich mit ihren Aerzten nicht begnügt, sie zieht auch noch Leute von Erfahrung zu Rathe.

Ich glaubte Alles, ich war der Wahrheit sehr fern. Man stellte uns die Wände entlang. Dann zündete man zwei rauchende Lampen an, die nur dazu dienten, die Finsterniß noch schrecklicher zu machen. Nun trat ein tiefes Schweigen ein. Die Düpuis erschien in der Mitte des Kreises, setzte sich auf einen krummbeinigen Schemel, machte tausend Drohungen und Verzerrungen, und öffnete den Mund – aber sie brachte keine Sylbe hervor,

– Ah, sagte meine Begleiterin, sie hat nicht getrunken, und darum wird sie nicht reden! Man hat uns zur Strafe hierhergeführt.

Nun begann die Zauberin die Augen zu verdrehen, inarticulirte Töne auszustoßen und jämmerlich zu wimmern. Dann ließ sie den Kopf hängen und schlief ein, oder sah aus, als ob sie schliefe. Die Delaunay ließ mich nicht aus den Augen, und suchte meine Aufmerksamkeit auf ihre Weise zu fesseln. Während dieser Zeit konnte ich Frau von Maine nicht beobachten, die fröhlich mit den falschen Wichten conspirirte, die theils von Spanien geschickt, theils Diener ihres Hauses waren; sie bereiteten den Schlag vor, der später fallen und ihr Nachrichten bringen sollte. Man rechnete darauf, daß ich, das einfältige Ding, erforderlichenfalls wiedererzählen sollte, was ich gesehen hatte; ich war dazu bestimmt, durch mein ernstes und uninteressirtes Zeugniß die Anklagen völlig zu entkräften.

Plötzlich erhob sich die Sybille, als ob sie eine Feuer emporgeschnellt hätte; in einem Augenblicke stand sie aufrecht.

– Ich sehe! Ich sehe! Ich sehe! rief sie.

– Vortrefflich! antwortete meine Nachbarin.

Wir Alle richteten unsere Blicke in die Luft, um das zu suchen, was sie sah. Wir entdeckten Nichts, als ein elendes Holzgerüst, das mit gebrannten Ziegeln bedeckt war.

– Ich sehe eine Reihe von Prinzen und Königen, ich sehe wiederhergestellte Schriften, ich sehe einen großen Gesetzgeber, ich sehe den Sohn eines mächtigen Monarchen, großmüthig wie sein Vater!

– Ach, flüsterte mir die Delaunay zu, das ist der Herzog von Maine, der sich mit dem Herrn Herzoge verständigt und ihm seine Fehler verzeiht.

Ich öffnete weit die Augen, aber ich sah Nichts. Ich begriff Nichts von Allem, hatte aber auch keine Lust, zu lachen; ich war übler Laune, denn ich fühlte, daß ich nicht an meinem Platze war, daß in der ganzen Angelegenheit etwas Dunkeles lag, Demoiselle Delaunay beobachtete mich, sie fürchtete, daß ich Argwohn schöpfen möchte, und darum begann sie zu scherzen. Ich hörte nur halb, was sie sagte. Ich suchte das Räthsel zu lösen, aber es gelang nur nicht,

– Mademoiselle, unterbrach ich sie, diese Frau ist weder berauscht, noch begeistert, sie treibt einfach ein Spiel.

– Alle diese Frauen machen es so; es ist ihr Beruf; sie würden außerdem keine dummen Seelen finden, die ihnen glauben.

– Aber ist denn Frau von Maine so leichtgläubig? Warum hat sie uns hierher geschickt?

– Ich habe es Ihnen schon gesagt: sie will diesen Prozeß gewinnen; sie selbst macht einen Aufsatz und sucht Beweise, Man hat ihr die Versicherung gegeben, daß diese Frau in ihrer Begeisterung von dem Herzoge redet, Nun ist die Neugierde wach geworden, und sie wünscht die Frau zu sehen. Das ist Alles. Sie glaubt Ihnen ein Vergnügen zu verschaffen, und hat Sie mit sich genommen. Wenn Sie Ihre Hoheit näher kennen lernen, werden Sie sich nicht darüber wundern.

Diese Erklärung war sehr natürlich und ich schenkte ihr Glauben. Fräulein Delaunay ließ nun die Funken ihres Geistes verführerisch sprühendes machte mir Vergnügen, sie zu hören. Die Düpuis beschäftigte mich nicht mehr. Frau von Maine trat uns gleich darauf näher; sie berührte meine Schulter, um mich am Aufstehen zu hindern.

– Sie vergessen, wo wir sind, sagte sie. Man darf mich nicht erkennen. Man hat uns zu einem Schauspiele geführt, das für Narren gut ist. Delaunay, wenn diese Marionetten wiederkommen sollten, empfangen Sie sie nicht. Wahrhaftig, da der Herr Regent sich mit Magie befaßt, sollte sich alle Welt damit befassen. Gehen wir, wenn es Ihnen beliebt.

Wir folgten ihr. Sie schien sich gelangweilt zu haben. Dennoch entschied sie sich zu der Conspiration, die man später die Conspiration des Cellamare nannte, und der Gesandte selbst war eine jener schmutzigen, in Lumpen gehüllten Gestalten, die mir so sehr mißfallen hatten.

Aus diesem Grunde habe ich mich, ohne es zu ahnen, an jenem großen Abenteuer betheiligt, und so kam es, daß ich eine Conspiration entschuldigte, von der ich keine Ahnung hatte.

Wir kamen nach Sceaux zurück, wo wir ein Souper einnahmen.

Am folgenden Morgen früh weckte mich ein Courier der Frau von Parabère. Er brachte mir einen Brief, der folgende Zeilen enthielt:

»Sie sind noch nicht meine Freundin, aber Sie sind gut; ich wende mich mit vollem Vertrauen an Sie. Reisen Sie sogleich ab, zögern Sie nicht einen Augenblick, und kommen Sie in meine Wohnung, ich bedarf Ihrer. Es handelt sich um Leben und Tod. Lassen Sie nicht auf sich warten. In meiner ganzen Umgebung befindet sich keine Frau, von der ich fordern könnte, was ich von Ihnen erwarte. Wenn Sie meiner Bitte nicht genügen, bin ich verloren.«

Achtes Kapitel

Ich beeilte mich, diesen Brief der Delaunay zu bringen und sie zu bitten, mich bei der Frau Herzogin von Maine zu entschuldigen und bei ihr darum nachzusuchen, daß ich nach Paris zurückkehren dürfe. Ich glaubte ihr Mißfallen zu erregen, aber wie war ich überrascht, als ich erfuhr, daß sie gern einwilligte, daß sie mich vor meiner Abreise nur noch einmal sehen wolle, und daß eine Carosse zu meiner Verfügung stehe, wenn mir dies angenehm sei. Ihre letzten Worte bei meinem Abschiede waren:

– Es freuet mich, Madame, daß Sie Ihren Freunden getreu sind; ich hoffe, Sie so zu finden, wie ich es wünsche, wenn ich zu der Zahl Ihrer Freunde gehören werde.

Nun reiste ich schnell ab. Denselben Abend kam ich in Paris an und fuhr direct vor die Wohnung der Frau von Parabère. Da man meine Carosse erwartet hatte, ließ man die Thüren öffnen. Eine Vertraute der Frau von Parabère kam hastig die Treppe herab mir entgegen.

– Ach, Madame, die Frau Marquise wird glücklich sein, Sie zu sehen.

– Ist sie zu Hause?

– Ja, Madame, sie ist zu Hause, wenigstens für Sie. Die arme Dame trägt großes Verlangen nach ihren Freundinnen.

Ich dachte daran, daß sie In Ungnade gefallen sein könne; aber nach dem Verhältnisse zwischen der Marquise und dem Regenten konnte ich nicht daran glauben. Unter mancherlei Vermuthungen stieg ich die Treppe hinan. Frau von Parabère kam mir in großer Verwirrung entgegen; sie warf sich weinend in meine Arme, ohne sich um die Diener zu kümmern, die uns ansahen. Dann zog sie mich in ihr Zimmer.

– Was giebt es denn, Madame? fragte ich. Worin kann ich Ihnen nützlich sein? Sie haben mich gerufen, und ich bin gekommen…

– O, Dank, Dank! Lassen Sie mich nur ein wenig zur Besinnung kommen, dann werde ich Ihnen Alles sagen. Ach, und ich bin unschuldig daran!

Es war wirklich eine große Veränderung mit ihr vorgegangen. Ich hätte nie geglaubt, daß sie die Sacht so nehmen würde.

Nachdem sie stärkende Tropfen genommen und Salze eingeathmet, war sie anscheinend gestärkt. Dann begann sie:

– Sie erinnern sich des Grafen Horn?

– Vollkommen, Madame. Ich hatte die Ehre, ihn vor einigen Tagen noch bei Ihnen zu sehen.

– Nun, Madame, er ist verhaftet.

– Verhaftet! Warum?

– Er ist eines Mordes angeklagt, ja eines Mordes! Jenes abscheuliche System des Hasses, das Alle wahnsinnig macht, will ihn verderben.

– Hat er denn diesen Mord begangen?

– Nein, er hat ihn nicht begangen, er ist unschuldig. Sie haben ihn gesehen, und können noch daran zweifeln?

– Wenn er unschuldig ist, so muß ihm Gerechtigkeit werden.

– Ihm wird keine Gerechtigkeit werden, Madame; denn zum ersten Male in seinem Leben hat der Regent einen Willen. Er haßt ihn!

– Warum haßt er ihn?

– Weil ich ihn liebe.

Hierauf hatte ich keine Antwort, und dies war wohl natürlich.

– Vor drei Tagen kam der Graf von Horn zu mir, und blieb eine ziemlich lange Zeit. In einer Anwandlung von Exaltation warf er sich vor meinen Füßen nieder – da trat der Regent ein. Er ward roth vor Zorn und zeigte dem jungen Manne die Thür, indem er rief:

– Gehen Sie hinaus, mein Herr!

– Unsere Ahnen würden gesagt haben: Gehen wir! antwortete der Graf von Horn, indem er ihn stolz ansah.

Nun folgte eine Scene, die fast den ganzen Tag spielte. Ich habe den Fürsten gemißhandelt, ich habe ihm Wahrheiten gesagt, die er nie vergessen wird. Wüthend ging er fort, und ich habe ihn nicht wiedergesehen.

Bis dahin begriff ich nicht viel von der Sache,

Sie fuhr fort:

– Gestern Morgen kündigt man mir einen Gefreiten der französischen Garde an, der mir selbst einen Brief zu übergeben wünsche. Hier ist der Brief!

Ich las:

»Schöne und angebetete Marquise!,,Meine einzige Hoffnung beruht auf Ihnen; ich bin verloren, wenn Sie mir nickt zu Hilfe kommen. In Folge jener schrecklichen Scene bei Ihnen hat mich ein Unglücklicher fortgeschleppt und mich eines Mordes schuldig gemacht.«

– Aber, Madame, fügte ich hinzu, Sie sehen ja, daß er bekennt.

– O, es ist kein Mord; lesen Sie nur weiter!

»Ich habe einen Menschen getödtet, der mich beleidigt hatte; einen Menschen ohne Vertheidigung. Er war ein Elender, ein Dieb, gegen den ich mich nur schützte. Bewirken Sie meine Entlassung aus dem Gefängnisse, sonst kann ich Sie nicht sehen, und ich muß Sie sehen, da es zu meinem Leben nothwendig ist.«

– Nun, fragte ich, was haben Sie gethan?

– Mein Gott, ich habe gewartet! Da ich wegen der stattgehabten Scene nicht wagen konnte, mich direkt an den Regenten zu wenden, habe ich die Antwort auf einen Brief abgewartet, den ich an Dubois geschrieben. Damals hielt ich die Sache nicht für so ernst, ich glaubte, die Gefangenschaft würde nur sehr kurz sein. Die Criminalkammer hat Rücksichten zu nehmen, bevor sie sich in diese Angelegenheiten mischt. Nach meiner Ansicht gehörte ein fremder souveräner Prinz vor das Forum des Hofes. Die Antwort Dubois' nahm mir diesen Irrthum. Die Sache war ernst, es handelte sich um einen Mord, und anstatt den Grafen zu entlassen, macht man ihm den Proceß. Bestürzt eilte ich zu dem Regenten; er ließ mich nicht vor. Ich schrieb an ihn – er antwortete mir nicht. Ich wandte Alles an – Nichts hatte einen Erfolg. Nun sah ich die Gefahr, ich fühlte das Bedürfniß nach einer Freundin, ich dachte an Sie, und schrieb an Sie. Sie sind gekommen, und ich bin überzeugt, daß Sie mir beistehen.

– Was kann ich thun?

– Wir gehen zusammen zu dem Regenten; Sie wird er empfangen.

– Er kennt mich ja kaum.

– Er kennt Sie genug, um Sie schön zu finden, und dies genügt.

– Haben Sie schon versucht, heute zu ihm zu gelangen?

– Er ist diesen Morgen schon nach Saint-Cloud gegangen, und noch nicht wieder zurückgekehrt. Sobald er eintrifft, erhalte ich Nachricht. Sie werden mit mir gehen, nicht wahr?

Wenn Herr Walpole mich beschuldigt, daß ich romantisch gesinnt sei, so hat er, was meine Jugend anbetrifft, nicht ganz unrecht, denn seit langer Zeit schon bin ich davon geheilt, und es ist von dieser romantischen Gesinnung keine Spur geblieben. In jener Zeit aber war ich es, und daß ich mich in eine solche Angelegenheit mischen konnte, machte mich glücklich. Ich gab der Marquise die Versicherung, daß ich sie nicht verlassen würde. Sie antwortete mir, daß man mir ein Zimmer vorbereiten solle. Ich versuchte es, ihr Trost und Hoffnung zu geben; sie aber schüttelte den Kopf und antwortete:

– Sie wissen noch nicht Alles!

– Er wird nicht sterben, wir retten ihn!

Wir retten ihn nicht, er wird sterben; ich weiß es!

– Martern Sie sich nicht mit solchen Chimären, Madame!

– Es sind keine Chimären, es ist die Wirklichkeit. Alle Diejenigen, die mich liebten, und denen ich erlaubt habe, mich zu lieben, sind eines gewaltsamen Todes gestorben. Ich bringe nur Unglück.

Ich gab meinen Unglauben zu erkennen.

– Wollen Sie das Verzeichniß und den Beweis? Hören Sie mich an:

Der Abbé von Montmorency ward an meiner Thür ermordet.

Der Vicomte von Jonsac stürzte sich aus dem Fenster.

Die beiden Brüter von Secheval wurden meinetwegen im Duelle gethötet.

Der Chevalier von Breteuil fiel meinetwegen in einem Duelle.

Der junge von Blesne, erster Page von Madame, ward in einem Fiacre ermordet, während er bei einem Balle in der Oper vor der Thür auf mich wartete.

Der Abbé von Gisors vergiftete sich.

Herr von Gernay ward verrückt und erdrosselte sich mit seinen eigenen Haaren.

Der Chevalier von Vieuville, mein Cousin, sprengte sich mit seinem Schiffe in die Luft.

Sie sehen, die Liste ist lang, und die Namen, die sie enthält, sind berühmt Auch der Graf von Horn wird einen Platz darauf erhalten. Aber auch der Tag Philipp's von Orleans wird kommen, so steht es da oben geschrieben!

Noch schwebt mir der Gesichisausdruck der Marquise vor, mit dem sie diese Worte sprach. Noch sehe ich diesen Schrecken, diese Ueberzeugung, die sich so tief in ihren Zügen ausprägten. Ich hatte Furcht, wie sie; aber ich versuchte ihr zu antworten und diese Bilder zu verscheuchen. Da trat eine Kammerfrau ein und meldete:

– Der Herr Regent ist zurückgekehrt; er erwartet die Frau Marquise.

Türler ve etiketler

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06 aralık 2019
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