Kitabı oku: «Die beiden Dianen», sayfa 8
XI.
Friede oder Krieg?
Am siebenten Juli fand eine Sitzung des königlichen Rathes statt, und der Staatsrath war vollzählig. Um Heinrich II. und die Prinzen seines Hauses saßen an diesem Tag Anne von Montmorency, der Cardinal von Lothringen und sein Bruder Carl von Guise, Erzbischof von Rheims, der Kanzler Olivier von Lenville, der Präsident Bertrand, der Graf von Aumale, Sedan, Humières und Saint-André mit seinem Sohn.
Der Vicomte d’Ermès stand in seiner Eigenschaft als Kapitän der Leibwachen mit bloßem Schwert bei der Thüre.
Das ganze Interesse dieser Sitzung lag wie gewöhnlich in dem Spiel der einander feindlichen ehrgeizigen Bestrebungen der Häuser Montmorency und Lothringen, welche an diesem Tag im Rath durch den Connetable selbst und den Cardinal vertreten wurden.
»Sire,« sprach der Cardinal von Lothringen, »die Gefahr ist dringend, der Feind steht vor unseren Thoren. Ein furchtbares Heer organisiert sich in Flandern und morgen kann Philipp unser Gebiet überfallen und Marie von England Euch den Krieg erklären. Sire, Ihr braucht hier einen unerschrockenen, jungen, kräftigen General, der kühn zu handeln vermag und dessen Namen allein schon ein Gegenstand des Schreckens für den Spanier ist und ihn an neue Niederlagen erinnert.«
»Wie der Name Eures Bruders des Herrn von Guise zum Beispiel,« sagte Montmorency ironisch.
»In der That, wie der Name meines Bruders,« erwiderte muthig der Cardinal, »wie der Name des Siegers von Metz, von Renty und von Valenza. Ja, Sire, es ist nothwendig, den Herzog von Guise rasch aus Italien zurückzurufen, wo ihm die Mittel fehlen, wo er die Belagerung von Civitella aufzuheben genöthigt gewesen ist, und wo seine Gegenwart und die seines Heeres, welche gegen die Invasion nützlich wären, für die Eroberung unnütz werden.«
Der König wandte sich nachlässig gegen Herrn von Montmorency um, als wollte er sagen: Die Reihe ist an Euch.
»Sire,« sprach der Connetable, »es sei, ruft das Heer zurück, da diese pomphafte Eroberung Italiens, wie ich es vorhergesagt habe, auf eine so lächerliche Weise endigt. Doch wozu bedürft Ihr des Generals? – Erwägt die letzten Nachrichten vom Norden: die Grenze der Niederlande ist ruhig: Philipp II. zittert und Marie von England schweigt. Ihr könnt noch einen Waffenstillstand schließen, Sire, oder die Bedingungen des Friedens dictiren. Es ist nicht ein abenteuerlicher Feldherr, was Ihr braucht, sondern ein erfahrener weiser Minister, den das Ungestüm des Alters nicht verblendet, für den der Krieg nicht der Einsatz eines unersättlichen Ehrgeizes ist, und der mit Ehre und Würde für Frankreich den Grund zu einem dauerhaften Frieden legen kann.«
»Wie Ihr selbst zum Beispiel, Herr Connetable,« unterbrach ihn voll Bitterkeit der Cardinal von Lothringen.
»Wie ich selbst,« versetzte mit stolzem Tone Anne von Montmorency, »und ich rathe dem König offen, sich nicht mit den Wechselfällen eines Krieges zu beschäftigen, den man nur machen wird, wenn er es will und wann er es will. Die inneren Angelegenheiten, der Zustand der Finanzen, die Interessen der Religion nehmen noch viel dringender unsere Sorge in Anspruch, und ein kluger Verwalter ist heute hundertmal mehr werth, als der unternehmendste General.«
»Und er hat hundertmal mehr Anspruch auf die Gunst Seiner Majestät, nicht wahr?« sagte mit scharfem Tone der Cardinal von Lothringen.
»Seine Eminenz vollendet meinen Gedanken,« fuhr Montmorency kalt fort, »und da sie die Frage auf dieses Gebiet gebracht hat, nun wohl! so wage ich es, Seine Majestät zu bitten, den Beweis zu geben, daß ihr meine friedlichen Dienste gefallen.«
»Was ist das?« versetzte seufzend der König.
»Sire, ich beschwöre Eure Majestät, öffentlich die Ehre zu erklären, welche sie meinem Hause zu erweisen die Gnade hat, indem sie meinem Sohn die Hand von Frau von Angoulême bewilligt. Ich bedarf dieser officiellen Kundgebung und dieses feierlichen Versprechens, um fest auf meinem Pfade zu wandeln, ohne daß ich die Zweifel meiner Freunde und das Gekreisch meiner Feinde zu befürchten habe.«
Diese kühne Forderung wurde trotz der Gegenwart des Königs mit Bewegungen der Billigung oder der Mißbilligung, je nachdem die Räthe zu der einen oder der andern Partei gehörten, aufgenommen.
Gabriel erbleichte und bebte. Doch er faßte wieder etwas Muth, als er den Cardinal von Lothringen rasch erwidern hörte:
»Die Bulle des heiligen Vaters, welche die Ehe von Franz von Montmorency und von Jeanne von Fienne aufhebt, ist noch nicht angekommen, soviel ich weiß, und kann gar nicht ankommen.«
»Man kann sie entbehren,« sprach der Connetable, »ein Edict vermag die heimlichen Ehen nichtig zu erklären.«
»Doch ein Edict hat keine Rückwirkung,« antwortete der Cardinal.
»Man würde ihr eine geben, nicht wahr, Sire? Sprecht es laut aus, ich beschwöre Euch, um Denjenigen, welche mich angreifen, und mir selbst, Sire, ein sicheres Zeugniß der Billigung zu geben, die Ihr meinen Absichten gewähren wollt. Sagt, daß Euer königliches Wohlwollen diesem gerechten Edict sogar eine Rückwirkung verleihen würde.«
»Ohne Zweifel könnte man sie ihm verleihen,« erwiderte der König, dessen gleichgültige Schwäche dieser festen Sprache nachzugeben schien.
Um nicht zu fallen, war Gabriel genöthigt, sich auf sein Schwert zu stützen.
Der Blick des Connetable funkelte vor Freude. Die Partei des Friedens schien durch seine Unverschämtheit entschieden zu triumphieren.
Doch in diesem Augenblick erscholl ein Lärm von Trompeten im Hof, die Melodie, welche sie spielten, war eine fremde Melodie; die Mitglieder des Raths schauten sich erstaunt an. Der Huissier trat beinahe in demselben Augenblick ein und sprach, nachdem er sich tief verbeugt:
»Sir Edward Flaming, Herold von England, bittet um die Ehre, vor Seine Majestät gelassen zu werden.«
»Laßt den Herold von England eintreten,« erwiderte der König erstaunt, aber ruhig.
Heinrich machte ein Zeichen; der Dauphin und die Prinzen stellten sich um ihn, und um die Prinzen die übrigen Mitglieder des Rathes. Der Herold, den nur zwei Wappenträger begleiteten, wurde eingeführt. Er verbeugte sich vor dem König, der von dem Stuhle, auf dem er sitzen blieb, nur leicht den Kopf senkte.
Der Herold sprach sodann:
»Marie, Königin von England und von Frankreich, dem König Heinrich von Frankreich. Dafür, daß er Verbindung und Freundschaft mit den englischen Protestanten, den Feinden unserer Religion und unseres Staates, unterhalten, und daß er ihnen Schutz und Beistand gegen die gerechten, an ihnen ausgeübten, Verfolgungen angeboten und versprochen hat, erklären Wir, Marie von England, Heinrich von Frankreich den Krieg zu Wasser und zu Land. Und zum Zeichen dieser Aufforderung werfe ich, Edward Flaming, Herold von England, meinen Schlachthandschuh hier auf die Erde.«
Auf eine Gebärde des Königs hob der Vicomte d’Ermès den Handschuh von Sir Flaming auf. Heinrich sprach sodann einfach und kalt zu dem Herold:
»Ich danke!«
Hierauf machte er das prachtvolle Halsband los, das er trug, ließ es ihm durch Gabriel übergeben und fügte mit einem neuen Zeichen des Kopfes bei:
»Ihr könnt Euch nun entfernen.«
Der Herold verbeugte sich tief und ging hinaus. Einen Augenblick nachher hörte man abermals die englischen Trompeten erschallen und nun erst brach der König das Stillschweigen.
»Mein Vetter von Montmorency,« sagte er zum Connetable, »mir scheint, Ihr habt Euch ein wenig zu sehr beeilt, uns den Frieden und die gute Gesinnung der Königin Marie zu versprechen. Dieser angeblich den englischen Protestanten verliehene Schutz ist ein frommer Vorwand, der die Liebe unserer Schwester von England für ihren jungen Gemahl, Philipp II., verbirgt. Der Krieg mit den beiden Gatten, es sei! ein König von Frankreich fürchtet ihn nicht mit Europa, und wenn uns die Grenze der Niederlande ein wenig Zeit läßt, uns zu besinnen . . . Nun! was gibt es denn? Was ist denn wieder, Florimond?«
»Sire,« sprach der Huissier eintretend, »ein außerordentlicher Eilbote vom Herrn Gouverneur der Picardie mit dringenden Depechen.«
»Ich bitte, seht ein wenig nach, was es ist, Herr Cardinal von Lothringen,« sagte der König mit freundlichem Tone.
Der Cardinal kehrte mit den Depechen zurück, die er Heinrich übergab.
»Ah! ah! meine Herren,« sprach der König, nachdem er einen Blick darauf geworfen hatte. »Das sind ganz andere Nachrichten. Die Heere von Philipp II. versammeln sich in Givet, und Herr Gaspard von Coligny meldet uns, der Herzog von Savoyen stehe an ihrer Spitze. Ein würdiger Feind! Euer Neffe, Herr Connetable, meint, die spanischen Truppen werden Mézières und Rocroy angreifen, in der Absicht, Marienburg zu vereinzeln. Er verlangt in aller Eile Hilfe, um diese Plätze zu beschützen und gegen die ersten Angriffe Stand zu halten.«
Die ganze Versammlung gerieth in Bewegung und erhob sich halb.
»Herr von Montmorency,« sprach der König ruhig und lächelnd, »Ihr seid heute in Euren Weissagungen nicht glücklich. »Marie Von England schweigt,« sagtet Ihr, und wir haben ihre Trompeten erschallen hören. »Philipp II. hat Furcht, und die Niederlande sind ruhig,« fügtet Ihr bei. Der König von Spanien hat aber nicht mehr Furcht als wir, und Flandern rührt sich gehörig, wie mir scheint. Ich sehe, daß offenbar die klugen Verwalter den kühnen Generalen den Vortritt überlassen müssen.«
»Sire,« erwiderte Anne von Montmorency, »ich bin Connetable von Frankreich, und der Krieg kennt mich noch besser als der Frieden.«
»Das ist richtig, mein Vetter,« versetzte der König, »ich sehe auch mit Vergnügen, daß Ihr Euch an Bicoque und Marignan erinnert, und daß die kriegerischen Ideen wieder zu Euch zurückkehren. Zieht also Euer Schwert aus der Scheide, ich freue mich darüber. Ich wollte nichts Anderes mehr sagen, als daß wir nur daran denken dürfen, den Krieg zu machen, und ihn gut und glorreich zu machen. Herr Cardinal von Lothringen schreibt an Euren Bruder, Herrn von Guise, daß er auf der Stelle zurückkomme. Die inneren und Familienangelegenheiten muß man nothwendig vertagen, und was die Heirath von Frau von Angoulême betrifft, Herr von Montmorency, so werden wir wohl daran thun, glaube ich, die Dispense des Papstes abzuwarten.«
Der Connetable machte eine Grimasse, der Cardinal lächelte, Gabriel athmete.
»Auf, meine Herren,« fügte der König bei, der seine ganze Trägheit abgeschüttelt zu haben schien, »auf, wir müssen uns sammeln, um alles Ernstes so wichtige Dinge zu überlegen. Die Sitzung ist für diesen Morgen aufgehoben, doch heute Abend findet eine zweite statt. Diesen Abend also, und Gott beschütze Frankreich!«
»Es lebe der König!« riefen einstimmig die Mitglieder des Rathes.
Und man trennte sich.
XII.
Ein doppelter Schelm
Der Connetable verließ den König sorgenvoll. Meister Arnauld du Thill fand sich auf seinem Wege und rief ihm mit leiser Stimme.
Dies geschah in der großen Gallerie des Louvre.
»Was gibt es denn?« sagte der Connetable, »ah! Ihr seid es, Arnauld? Was wollt Ihr von mir? Ich bin heute nicht in der Laune, Euch anzuhören.«
»Ja, ich begreife,« versetzte Arnauld, »der gnädigste Herr ist ärgerlich über die Wendung, welche der Plan einer Heirath zwischen Madame Diana und Monseigneur Franz nimmt.«
»Woher weißt Du das, Bursche? Aber was liegt mir daran, daß man es weiß, der Wind ist auf Regen und für die Guise, das ist sicher.«
»Doch der Wind wird morgen auf schön Wetter und für die Montmorency sein,« sprach der Spion, »und wenn sich heute der König dieser Heirath widersetzt, so wäre der König morgen für dieselbe. Nein, das neue Hinderniß, das Euch den Weg versperrt, gnädigster Herr, ist wichtiger und kommt anderswoher.«
»Und woher kann ein Hindernis? kommen, das wichtiger wäre, als die Ungnade oder nur die Kälte des Königs?«
»Von Frau von Angoulême zum Beispiel,« antwortete Arnauld.
»Du hast etwas auf jener Seite gerochen, mein feiner Spürhund?« sprach der Connetable, indem er sich ihm offenbar begierig näherte.
»Was dachte denn der gnädigste Herr, wozu ich die abgelaufenen vierzehn Tage angewendet haben sollte.«
»Es ist wahr, man hat lange nicht mehr von Dir sprechen hören.«
»Weder unmittelbar noch mittelbar, gnädigster Herr,« versetzte Arnauld stolz, »Ihr macht mir zum Vorwurf, ich sei zu oft in den Meldungen der Runden der Nachtwachen und der Polizei aufgeführt, doch mir scheint, ich habe seit zwei Wochen vernünftig und geräuschlos gearbeitet.«
»Das ist abermals wahr« sprach der Connetable, »ich staunte, daß ich nicht in das Mittel treten mußte, um Dich Verlegenheiten zu entreißen, Schurke, der Du trinkst, wenn Du nicht spielst, und der Unzucht fröhnst, wenn Du Dich nicht schlägst.«
»Und der lärmende Held der letzten vierzehn Tage war nicht ich, sondern ein gewisser Stallmeister des neuen Kapitäns der Leibwachen, des Vicomte d’Ermès, ein Mensch Namens Martin-Guerre.«
»In der That, ich erinnere mich dessen, Martin-Guerre hat die Stelle von Arnauld du Thill auf der Meldung eingenommen, die ich jeden Abend durchsehen muß.«
»Wer zum Beispiel wurde eines Abends völlig betrunken von der Nachtwache aufgehoben?« fragte Arnauld.
»Martin-Guerre.«
»Wer hat in Folge eines Streites im Spiel, wegen Würfeln die man als falsch erkannt, dem schönsten Gendarmen des Königs von Frankreich einen Degenstich gegeben?«
»Ja, abermals Martin-Guerre.«
»Wer ist gestern ertappt worden, als er die Frau von Meister Gorju, dem Kleinschmied, zu verführen suchte?«
»Immer dieser Martin-Guerre!« sagte der Connetable, »ein ganz henkenswerther Bursche! Und sein Herr, der Vicomte d’Ermès, welchen zu überwachen ich Dich beauftragt habe, muß nicht mehr werth sein, als er, denn er unterstützt und vertheidigt ihn, und versichert, sein Stallmeister sei der sanfteste, geordnetste Mensch.«
»Das hattet Ihr zuweilen die Güte, für mich zu sagen, gnädigster Herr. Martin-Guerre glaubt, er sei vom Teufel besessen. Die Wahrheit ist, daß ich ihn besitze.«
»Wie? Was ist das? Du bist doch nicht etwa Satan?« rief sich ganz erschrocken bekreuzend, der Connetable, ein Mann so unwissend wie ein Karpfe und so abergläubisch wie ein Mönch.
Meister Arnauld antwortete nur durch ein höllisches Gelächter, und als er Montmorency hinreichend beängstigt sah, sagte er:
»Ei! nein, ich bin nicht der Teufel, gnädigster Herr. Um Euch dies zu beweisen und Euch zu beruhigen, bitte ich Euch um fünfzig Pistolen. Hätte ich, wenn ich der Teufel wäre, Geld nöthig, und würde ich mich selbst am Schweif ziehen?«
»Das ist richtig,« sprach der Connetable »und hier sind die fünfzig Pistolen.«
»Die ich dadurch wohl verdient habe, daß ich das Vertrauen des Vicomte d’Ermès zu gewinnen wußte; denn wenn ich nicht der Teufel bin, so bin ich doch ein wenig Zauberer, und ich brauche nur einen gewissen braunen Rock und gewisse gelbe Strumpfhosen anzuziehen, daß der Vicomte d’Ermès mit mir spricht wie mit einem alten Freund und einem erprobten Vertrauten.«
»Hm! dies Alles riecht nach dem Strick,« sprach der Connetable.
»Meister Nostradamus weissagte mir, als er mich nur in der Straße gehen sah, einzig und allein aus dem Anblick meiner Physiognomie, ich würde zwischen Himmel und Erde sterben. Ich füge mich also meinem Schicksal und widme es Euren Interessen, gnädigster Herr. Das Leben eines Gehenkten für sich zu haben, ist unschätzbar. Ein Mensch, der am Galgen zu sterben sicher ist, fürchtet nichts, nicht einmal den Galgen. Um anzufangen, habe ich mich zum Doppelgänger vom Stallmeister des Vicomte d’Ermès gemacht. Ich sagte Euch, daß ich Wunder vollbringe! Wißt Ihr nun, erratet Ihr nun, wer der genannte Vicomte ist?«
»Bei Gott! ein unbändiger Parteigänger der Guisen.«
»Etwas Besseres. Der geliebte Liebhaber von Frau von Castro.«
»Was sagst Du da, Schurke? Und woher weißt Du das?«
»Ich bin der Vertraute des Vicomte, wie ich Euch schon bemerkt habe. Ich bin es, der meistens seine Billets der Schönen überbringt, und ihre Antwort entgegennimmt. Ich stehe auf’s Beste mit der Zofe der Dame, welche Zofe nur darüber staunt, daß sie einen so ungleichen Liebhaber hat, einen Liebhaber, der an einem Tage unternehmend ist wie ein Page, und am andern Tage schüchtern wie eine Nonne. Der Vicomte d’Ermès und Frau von Castro sehen sich dreimal in der Woche bei der Königin, und schreiben sich jeden Tag. Ihr mögt mir jedoch glauben, wenn Ihr wollt, ihre Liebe ist rein. Bei meinem Wort! ich würde mich für sie interessieren, wenn ich mich nicht für mich interessierte. Sie lieben sich wie die Cherubim, und zwar seit ihrer Kindheit, wie es scheint. Ich öffne von Zeit zu Zeit ein wenig ihre Briefe, und sie rühren mich. Madame Diana ist eifersüchtig, rathet einmal auf wen, gnädigster Herr? Auf die Königin. Sie hat Unrecht, die Arme. Es ist möglich, daß die Königin an den Vicomte d’Ermès denkt . . .«
»Arnauld,« unterbrach ihn der Connetable, »Ihr seid ein Verleumder.«
»Euer Lächeln, Monseigneur, straft die üble Nachrede nicht Lügen,« entgegnete Arnauld. »Ich sagte also, es wäre möglich, daß die Königin an den Vicomte dachte, doch der Vicomte denke sicherlich nicht an die Königin. Ihre Liebe ist eine arkadische, vorwurfsfreie, eine Liebe die mich rührt, wie ein süßes Schäferspiel oder ein Ritterroman, was mich indessen, Gott sei mir gnädig! nicht abhält, diese armen Turteltauben für fünfzig Pistolen zu verraten! Doch gesteht, gnädigster Herr, daß ich gut begonnen und diese fünfzig Pistolen wohl verdient habe.«
»Es mag sein,« sprach der Connetable, »doch ich frage Dich noch einmal, wodurch bist Du so gut unterrichtet?«
»Ah! Verzeiht, das ist mein Geheimnis, Ihr könnt es erraten, wenn Ihr wollt, doch ich muß es Euch noch verschweigen. Uebrigens kann Euch nicht viel an meinen Mitteln liegen, für die ich allein verantwortlich bin, wenn Ihr nur Euren Zweck erreicht. Euer Zweck aber ist es, über die Handlungen und Pläne, die Euch schaden könnten, unterrichtet zu sein, und mir scheint, daß die Mittheilung von heute nicht ganz ohne Belang und Nutzen für Euch ist, gnädigster Herr.«
»Allerdings, Schurke, doch Du mußt fortwährend diesen verdammten Vicomte bespähen.«
»Ich werde fortfahren, Monseigneur, denn ich gehöre eben so sehr Euch, als dem Laster. Ihr gebt mir Pistolen, ich gebe Euch Worte, und wir sind Beide zufrieden. Oh! doch es kommt Jemand in diese Gallerie. Eine Frau. Teufel, ich nehme von Euch Abschied, Monseigneur.«
»Wer ist es denn?« fragte der Connetable, der ein kurzes Gesicht hatte.
»Ei! Frau von Castro selbst; sie geht ohne Zweifel zum König, und es ist wichtig, daß sie mich nicht bei Euch sieht, Monseigneur, obgleich sie mich in dieser Kleidung nicht kennt. Sie naht, ich entweiche.«
Er eilte in der That auf der einen Seite weg, während Frau Diana von der andern kam.
Der Connetable zögerte einen Augenblick, dann beschloß er, sich selbst der Wahrheit der Angaben von Arnauld zu versichern, und trat festen Schrittes auf Frau von Angoulême zu.
»Ihr begebt Euch in das Cabinet des Königs, Madame?« sagte er.
»In der That, Herr Connetable.«
»Ich befürchte, Ihr findet Seine Majestät nicht sehr geneigt, Euch zu hören, Madame,« sprach Montmorency, natürlich beunruhigt durch diesen Schritt, »und die ernsten Nachrichten, welche eingelaufen sind . . .«
»Machen gerade den Augenblick äußerst günstig für mich, mein Herr.«
»Und gegen mich, nicht wahr, Madame? Denn Ihr haßt mich furcbtbar.«
»Ach! Herr Connetable, ich hasse Niemand.«
»Hegt Ihr wirklich nur Liebe?« fragte Anne von Montmorency mit einem so ausdrucksvollen Ton daß Diana erröthete und die Augen niederschlug. »Und dieser Liebe wegen widersteht Ihr ohne Zweifel dem Verlangen des Königs und den Wünschen meines Sohnes?« fügte der Connetable bei.
Diana schwieg verlegen.
»Arnauld hat wahr gesprochen,« dachte der Connetable, »sie liebt den schönen Boten der Siege von Herrn von Guise.«
»Herr Connetable,« sagte endlich Diana, »meine Pflicht ist es, Seiner Majestät zu gehorchen, doch es ist zugleich auch mein Recht, meinen Vater anzuflehen.«
»Ihr beharrt also darauf, daß Ihr den König aufsuchen wollt?«
»Ich beharre darauf.«
»Nun wohl! ich begebe mich zu Frau von Valentinois, Madame.«
»Wie es Euch beliebt, mein Herr.«
Sie grüßten sich und verließen die Gallerie jedes durch die entgegengesetzte Seite, und in dem Augenblick, wo Diana beim König eintrat, trat der alte Montmorency bei der Favoritin ein.