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Kitabı oku: «Die Dame von Monsoreau», sayfa 21

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»Monseigneur, wir sind auf einem für Euch sehr interessanten Punkte. Nichts Neues hierbei.«

Bussy atmete.

»Der Gemahl ist also nicht zurückgekommen?« sagte er. »Doch wohl, aber ohne Erfolg; in dieser ganzen Geschichte steckt ein Vater, der die Entwickelung herbeiführen, ein Gott, der, an einem schönen Morgen in einer Maschine herabsteigen soll, wie es scheint, und so erwartet man den abwesenden Vater und den unbekannten Gott.«

»Gut; doch woher weißt Du alle diese Umstände?«

»Ihr begreift wohl,« erwiderte der Haudouin mit seiner guten, treuherzigen Heiterkeit, »Ihr begreift, dass Eure Entfernung für einen Augenblick meine Stellung bei Euch zu einer Sinecur gemacht hat, und ich wollte die Augenblicke, die Ihr mir ließet, zu Eurem Vorteil benutzen.«

»Sprich, was hast Du getan? Erzähle, mein lieber Remy, ich höre.«

»Sobald Ihr abgereist wart, brachte ich Geld, Bücher und einen Degen in ein kleines Zimmer, das ich gemietet hatte; dieses Zimmer gehört zu dem Hause, welches die Ecke der Rue Saint-Antoine und der Rue Sainte-Catherine bildet.«

»Gut!«

»Von dort konnte ich das Euch bekannte Haus von den Kellerlöchern bis zu den Kaminen überschauen.«

»Sehr gut!«

»Kaum in meinem Zimmer, fasste ich Posto an einem Fenster.«

»Vortrefflich!«

»Ja, aber es fand sich nichtsdestoweniger etwas Lästiges bei dieser Vortrefflichkeit.«

»Was?«

»Wenn ich sah, so wurde ich gesehen, und man sollte im Ganzen Verdacht gegen einen Menschen schöpfen, der beständig eine und dieselbe Perspektive betrachtete; man konnte mich wegen meiner Beharrlichkeit nach Verlauf von zwei bis drei Tagen für einen Dieb, für einen Verliebten, für einen Spion oder für einen Narren ansehen.«

»Ausgezeichnet geurteilt, mein lieber Haudouin. Doch was hast Du sodann getan?«

»Oh! ich habe sodann gesehen, dass ich meine Zuflucht zu den großen Mitteln nehmen müsste.«

»Nun?»

»Meiner Treue, ich habe mich verliebt.«

»Wie?« rief Bussy, der nicht begriff, in welcher Hinsicht ihm die Liebe von Remy nützen konnte.

»Es ist, wie ich Euch zu sagen die Ehre habe,« erwiderte mit ernsthafter Miene der junge Doktor, »verliebt, sehr verliebt, närrisch verliebt.«

»In wen?«

»In Gertrude.«

»In Gertrude, die Zofe von Frau von Monsoreau?«

»Mein Gott! ja, in Gertrude, die Zofe von Frau von Monsoreau. Was wollt ihr, Monseigneur, ich bin kein Edelmann, um mich in Gebieterinnen zu verlieben; ich bin ein armer kleiner Arzt, ohne eine andere Praxis, als einen Kunden, der mir hoffentlich nur in bedeutenden Zwischenräumen Arbeit geben wird, und ich muss wohl, wie wir in der Sorbonne sagten, meine Erfahrungen in anima vili machen.«

»Armer Remy, glaube mir, dass ich Deine Ergebenheit zu schätzen weiß.«

»Ei! Monseigneur,« erwiderte der Haudouin, »ich bin im Gegenteil nicht so sehr zu beklagen. Gertrude ist ein gutes Stück von einem Mädchen; sie hat zwei Zoll mehr als ich und würde mich, wenn sie mich am Rockkragen hielte, mit ausgestreckten Armen aufheben, was bei ihr von einer großen Entwickelung der Muskeln des Bizeps und des Deltoideus herrührt. Das flößt mir für sie alle Verehrung ein, die ihr schmeichelt; und da ich ihr immer nachgebe, so streiten wir uns nie; dann besitzt sie auch ein kostbares Talent.«

»Welches, mein armer Remy?«

»Sie erzählt vortrefflich.«

»In der Tat?«

»Ja, und durch sie erfahre ich Alles, was in dem Hause ihrer, Gebieterin vorgeht … wie? was sagt Ihr? Ich dachte, es wäre nicht unangenehm, ein Verständnis im Hause zu haben.«

»Mein lieber Haudouin, Du bist ein guter Genius, den mir der Zufall oder vielmehr die Vorsehung auf meinen Weg geführt hat; Du stehst also mit Gertrude in einem Verhältnis …«

»Puella me diligit,« antwortete der Haudouin, sich mit einer geheuchelten Fadheit auf den Füßen wiegend.

»Und Du wirst im Hause empfangen?«

»Gestern Abend, das heißt um Mitternacht, hatte ich dort meinen ersten Zutritt auf den Fußspitzen durch die Türe mit dem Gitter, die Ihr so wohl kennt.«

»Und wie bist Du zu diesem Glücke gekommen?«

»Auf einem ganz natürlichen Wege.«

»Sprich!«

»Am zweiten Tage nach Eurer Abreise, am Tage nach meiner Einquartierung in dem kleinen Zimmer wartete ich an der Türe, bis die Dame meiner zukünftigen Gedanken herauskäme, um Einkäufe zu machen, ein Geschäft, das sie, ich muss es gestehen, jeden Morgen von acht bis neun Uhr treibt. Um acht Uhr und zehn Minuten sah ich sie erscheinen; sogleich verließ ich meinen Beobachtungsposten und stellte mich ihr in den Weg.«

»Und sie erkannte Dich?«

»So gut, dass sie einen Schrei ausstieß und entfloh.«

»Nun?«

»Ich eilte ihr nach und holte sie nur mit großer Mühe ein, denn sie läuft sehr stark; doch Ihr begreift, die Röcke, das hindert immer ein wenig.«

›Jesus!‹ sagte sie.

›Heilige Jungfrau!‹ rief ich.

»Das gab ihr einen guten Begriff von mir, ein Anderer, der minder fromm gewesen wäre, als ich hätte gerufen: ›Alle Wetter, oder alle Teufel!‹

›Der Arzt!‹ sagte sie.

›Die reizende Haushälterin!‹ erwiderte ich.

»Sie lächelte, doch rasch sich besinnend, sagte sie: ›Ihr täuscht Euch, mein Herr, ich kenne Euch nicht.‹

›Aber ich kenne Euch,‹ entgegnete ich, ›denn seit drei Tagen lebe ich nicht mehr, bin ich nicht mehr, bete ich Euch an; so, dass ich nicht mehr in der Rue Beautreillis wohne, sondern in der Rue Saint-Antoine an der Ecke der Rue Sainte-Catherine, und dass ich mein Quartier nur verändert habe, um Euch aus- und eingehen zu sehen; bedürft Ihr meiner noch, um schöne Edelleute zu verbinden, so müsst Ihr mich nun nicht mehr in meiner alten Wohnung suchen, sondern in meiner neuen.‹

›»Stille!‹ sagte sie.

›Oh! Ihr seht wohl,‹ erwiderte ich.

»Und so machte sich unsere Bekanntschaft oder knüpfte sie sich wieder an.«

»Zu dieser Stunde bist Du also?«

»So glücklich, als ein Liebender sein kann; … bei Gertrude, wohl verstanden, Alles ist beziehungsweise; doch ich bin mehr als glücklich, ich stehe auf dem Gipfel der Seligkeit, weil ich das erreicht habe, was ich in Eurem Interesse erreichen wollte.«

»Aber, sie wird vielleicht vermuten?«

»Nichts; ich sprach nicht einmal von Euch mit ihr. Kennt der arme Remy der Haudouin vornehme Edelleute, wie den Seigneur von Bussy? Nein, ich fragte sie nur mit gleichgültigem Tone: ›Und bei Eurem jungen Herrn geht es besser?‹

›Bei welchem jungen Herrn?‹

›Bei dem Kavalier, den ich bei Euch behandelt habe.‹

›Das ist nicht mein junger Herr,‹ antwortete sie.

›Ah! da er in dem Bette Eurer Gebieterin lag, so glaubte ich …‹

›Oh! mein Gott, nein, der arme junge Mann,‹ entgegnete sie seufzend, ›er ging uns nichts an, durchaus nichts; wir haben ihn sogar seitdem nur ein Mal gesehen.‹

›Dann wisst Ihr also nicht einmal seinen Namen?‹ fragte ich.

›Oh! doch wohl!‹

›»Ihr konntet ihn wissen und wieder vergessen haben.‹

›Das ist ein Name, den man nicht vergisst.‹

›Wie heißt er denn?‹

›Habt Ihr zuweilen von Herrn von Bussy sprechen hören?‹

›Bei Gott!‹ antwortete ich, ›Bussy, der brave Bussy.‹

›Wohl, der ist es.‹

›Doch die Dame?‹

›»Meine Gebieterin ist verheiratet, mein Herr.‹

›Man ist verheiratet, man ist treu, und denkt dennoch zuweilen an einen hübschen jungen Mann, den man gesehen hat … und wenn auch nur einen Augenblick, besonders wenn dieser hübsche junge Mann verwundet, interessant war, und in unserem Bette lag.‹

›Um offenherzig zu sein…‹ antwortete Gertrude, ›ich sage auch nicht, meine Gebieterin denke nicht an ihn.‹

Eine lebhafte Röte übergoss die Stirne von Bussy.

›Wir sprechen sogar von ihm, so oft wir allein sind,‹ fuhr Gertrude fort.

»Vortreffliches Mädchen!« rief der Graf.

›Und was sagt Ihr zu ihm?‹ fragte ich.

›Ich erzähle von seinen Heldentaten, was nicht schwer ist, insofern man in Paris nur von den Degenstichen spricht, die er austeilt und empfängt. Ich teilte ihr, immer meiner Gebieterin, sogar ein kleines Lied mit, das ihr in der Mode ist.‹

›Ah! Ich kenne es,‹ erwiderte ich, ›nicht wahr?

 
Un beau chercheur de noise,
C'est le seigneur d'Amboise,
Tendre et fidele aussi
C'est Monseigneur Bussy!‹11
 

›Ganz richtig!‹ rief Gertrude. ›Und meine Gebieterin singt nichts anderes mehr.‹

Bussy drückte dem jungen Manne die Hand; ein unbeschreiblicher Schauer des Glücks durchlief seine Adern.

»Das ist Alles?« sagte er. »Oh! Der Mensch ist so unersättlich in seinen Wünschen.«

»Alles Monseigneur … Ah! Ich werde später mehr wissen, doch der Teufel! Man erfährt nicht alles an einem Tage …oder einer Nacht.«

Siebentes Kapitel
Der Vater und die Tochter

Der Bericht von Remy machte Bussy sehr glücklich; er erfuhr daraus wirklich zwei Dinge: einmal, dass Herr von Monsoreau immer noch gehasst wurde, und dann, dass er, Bussy, bereits mehr geliebt war.

Auch erquickte die Freundschaft des jungen Mannes für ihn sein Herz. In allen Gefühlen, welche vom Himmel kommen, liegt eine Ausdehnung, ein Aufblühen unseres ganzen Wesens, das unsere Fähigkeiten zu verdoppeln scheint. Man fühlt sich glücklich, weil man sich gut fühlt.

Bussy begriff, dass nun keine Zeit mehr zu verlieren war, und dass jeder Schmerzensschauer, der das Herz des Greises zusammenschnürte, gleichsam als ein Frevel betrachtet werden musste: es ist ein solcher Umsturz der Gesetze der Natur in einem Vater, der seine Tochter beweint, dass derjenige, welcher den Vater mit einem einzigen Worte zu trösten vermag, den Fluch aller Väter verdient, wenn er ihn nicht tröstet.

Als Herr von Méridor in den Hof hinabging, fand er ein frisches Pferd, das Bussy für ihn bereit halten ließ. Ein anderes Pferd erwartete Bussy. Beide stiegen auf und entfernten sich in Begleitung von Remy.

Sie gelangten in die Rue Saint-Antoine, nicht ohne ein großes Erstaunen auf Seiten von Herrn von Méridor, der seit zwanzig Jahren nicht mehr nach Paris bekommen war und bei dem Geräusch der Pferde, bei dem Geschrei der Lackeien und dem viel häufigeren Vorüberfahren der Kutschen, Paris seit der Regierung von Heinrich II. sehr verändert fand.

Doch trotz dieses Erstaunens, das beinahe an Bewunderung grenzte, verharrte der Baron nichtsdestoweniger in einer Traurigkeit, welche immer mehr zunahm, je mehr er sich dem unbekannten Ziele seiner Reise näherte. Welchen Empfang würde ihm der Herzog bereiten, und welche neue Schmerzen sollten aus dieser Zusammenkunft entspringen!

Dann fragte er sich von Zeit zu Zeit, Bussy voll Erstaunen anschauend, durch welche seltsame Hingebung er bestimmt worden sei, beinahe blindlings diesem Edelmann eines Prinzen zu folgen, der an seinem ganzen Unglück schuldig war. Hätte es nicht seiner Würde mehr entsprochen, dem Herzog von Anjou Trotz zu bieten und, statt Bussy an jeden Ort zu begleiten, an welchen ihn dieser nach seinem Belieben führen würde, geraden Weges in den Louvre zu gehen und sich dem König zu Füßen zuwerfen? Was konnte ihm der Prinz sagen? Worin konnte er ihn trösten? Gehörte er nicht zu denjenigen, welche goldene Worte wie einen augenblicklichen Balsam auf die Wunde legen, die sie geschlagen haben, während die Wunde, sobald man wieder aus ihrer Gegenwart entfernt ist, nur heftiger und schmerzlicher blutet, als zuvor?

So erreichte man die Rue Saint-Paul. Bussy hatte wie ein gewandter Feldherr Remy voran geschickt, mit dem Befehle, die Straße zu Rekognoszieren und die Mittel und Wege, durch die man in die Festung gelangen konnte, vorzubereiten.

Remy wandte sich an Gertrude und kam bald zu seinem Herrn mit der Meldung zurück, kein Männerhut, kein Schwert versperrte den Gang, die Treppe und die in das Zimmer von Frau von Monsoreau führende Hausflur.

Alle Beratungen fanden begreiflicher Weise mit leiser Stimme zwischen Bussy und dem Haudouin statt.

Während dieser Zeit schaute der Baron verwundert umher.

»Wie« sagte er, »hier wohnt der Herzog von Anjou?«

Und ein Gefühl des Trotzes, der Herausforderung begann sich bei dem geringen Aussehen des Hauses in ihm zu regen.

»Nicht gerade, mein Herr,« antwortete lächelnd Bussy, »doch wenn es nicht seine Wohnung ist, so ist es wenigstens die einer Dame, welche er geliebt hat.«

Eine Wolke zog über die Stirne des alten Edelmanns hin.

»Mein Herr,« sagte er, sein Pferd anhaltend, »wir Leute aus der Provinz sind nicht geeignet für dergleichen Manieren; die leichten Sitten von Paris erschrecken uns dergestalt, dass wir Euren Geheimnissen gegenüber nicht zu leben wissen. Ist dem Herrn Herzog von Anjou daran gelegen, den Baron von Méridor zu sehen, so muss er ihn in seinem Palaste empfangen und nicht in dem Hause von einer seiner Geliebtinnen. Und dann,« fügte der Greis mit einem tiefen Seufzer bei, »warum führt Ihr, der Ihr ein ehrlicher Mann zu sein scheint, mich zu einer von diesen Frauen? Etwa um mir begreiflich zu machen, dass meine arme Diana noch leben würde, wenn sie, wie die Gebieterin dieser Wohnung, die Schande dem Tode vorgezogen hätte?«

»Stille! stille! Herr Baron,« sagte Bussy mit jenem redlichen Lächeln, das sein stärkstes Überzeugungsmittel dem Greise gegenüber gewesen war, »stellt nicht zum Voraus falsche Vermutungen aus. Bei meinem adeligen Ehrenworte, es handelt sich durchaus nicht um das, was Ihr denkt. Die Dame, welche Ihr sehen werdet, ist vollkommen tugendhaft und jeder Achtung würdig.«

»Aber wer ist sie denn?«

»Es ist die Frau eines Edelmanns, den Ihr kennt.«

»In der Tat? Doch warum sagt Ihr denn, der Prinz habe sie geliebt?«

»Weil ich stets die Wahrheit sage, mein Herr Baron; tretet ein und Ihr werdet selbst urteilen, wenn Ihr das, was ich Euch versprochen habe, in Erfüllung gehen seht.«

»Nehmt Euch in Acht, ich beweinte mein geliebtes Kind, und Ihr sagtet mir: ›Tröstet Euch, Herr, die Barmherzigkeit Gottes ist groß,‹ mir einen Trost in meinen Leiden versprechen, hieß beinahe mir ein Wunder versprechen.«

»Tretet ein, mein Herr,« wiederholte Bussy mit dem Lächeln, das beinahe immer den alten Edelmann verführte.

Der Baron stieg ab.

Gertrude war auf die Schwelle gelaufen und schaute mit bestürztem Auge den Haudouin, Bussy und den Greis an, denn sie konnte nicht erraten, durch welche Fügung der Vorsehung viele diese Männer sich vereinigt fanden.

»Meldet Frau von Monsoreau, Herr von Bussy sei zurückgekommen und wünsche sie sogleich zu sprechen,« sagte der junge Graf. »Doch bei Eurer Seele!« fügte er ganz leise bei, »erwähnt mit keinem Worte der Person, die mich begleitet.«

»Frau von Monsoreau!« versetzte der Greis voll Erstaunen, »Frau von Monsoreau!«

»Vorwärts, Herr Baron,« sprach Bussy, den Seigneur Augustin mit sich in den Gang ziehend.

Während nun der Greis mit wankenden Schritten die Treppe hinaufstieg, hörte man die Stimme von Diana mit einem sonderbaren Zittern antworten:

»Herr von Bussy! sagst Du, Gertrude, Herr von Bussy? Lass ihn eintreten.«

»Diese Stimme,« rief der Baron plötzlich mitten auf der Treppe stille flehend, »diese Stimme! O mein Gott! mein Gott!«

»Geht immer zu, Herr Baron,« sagte Bussy.

Doch in demselben Augenblick und während der Baron sich ganz zitternd an dem Treppengeländer hielt und umherschaute, erglänzte mitten unter einem goldenen Sonnenstrahl Diana, schöner als je, himmlisch lächelnd, obgleich sie ihren Vater zu sehen nicht erwartete.

Bei diesem Anblick, den er für eine magische Erscheinung hielt, gab der Greis einen furchtbaren Schrei von sich und bot, die Arme ausgestreckt, das Auge starr, ein so vollkommenes Bild des Schreckens und des Wahnsinns, dass Diana, im Begriff sich an seinen Hals zu stürzen, ebenfalls im höchsten Maße erschrocken anhielt.

Die Hand ausstreckend traf der Greis in ihrem Bereiche die Schulter von Bussy und stützte sich darauf.

»Diana lebt!« murmelte der Baron von Méridor,

»Diana! meine Diana, von der man mir gesagt hatte, sie wäre tot … o mein Gott!«

Und dieser kräftige Streiter, dieser gewaltige Kämpfer in den auswärtigen und in den bürgerlichen Kriegen, die ihn beständig verschont hatten, diese alte Eiche, welche der Blitzstrahl des Todes von Diana aufrecht ließ, dieser Athlet, der so mächtig gegen den Schmerz gerungen hatte, wich gebrochen, vernichtet durch die Freude, mit wankenden Knien zurück, und wäre ohne Bussy bei dem Anblick des geliebten Bildes, das vor seinen Augen, in verworrene Atome geteilt, wirbelte, die Treppe hinabgestürzt.

»Mein Gott! Herr von Bussy,« rief Diana eilig die paar Stufen hinabsteigend, welche sie von dem Greise trennten, »was hat denn mein Vater?«

Und erschrocken über die plötzliche Blässe und die seltsame Wirkung, hervorgebracht durch ein Zusammentreffen, das sie für zuvor angekündigt halten musste, fragte die junge Frau noch mehr mit den Augen, als mit der Stimme.

»Der Herr Baron von Méridor hielt Euch für tot und beweinte Euch, Madame, wie ein solcher Vater eine solche Tochter beweinen muss.«

»Wie, und Niemand benahm ihm die Täuschung?« rief Diana.

»Niemand.«

»Oh! nein, nein, Niemand!« rief der Greis aus seiner augenblicklichen Vernichtung hervorgehend.

»Niemand, nicht einmal Herr von Bussy.«

»Undankbarer!« sagte der Graf mit einem Tone sanften Vorwurfes.

»Oh! ja,« erwiderte der Greis, »ja, Ihr habt Recht, dieser Augenblick bezahlt mich für alle meine Schmerzen. O meine Diana! meine geliebte Diana,« fuhr er fort, mit einer Hand seine Tochter an seine Lippen ziehend und die andere Bussy reichend.

Doch plötzlich den Kopf zurückwerfend, als ob eine schmerzliche Erinnerung oder eine neue Furcht sich seines Herzens bemächtigt hätte, trotz der Rüstung der Freude, wenn man sich so ausdrücken darf, die ihn nun umhüllte, sprach der Greis:

»Aber, was sagtet Ihr mir, Herr von Bussy … Ich sollte Frau von Monsoreau sehen? wo ist sie?«

»Ach! mein Vater,« murmelte Diana.

Bussy raffte alle seine Kräfte zusammen und antwortete:

»Ihr habt sie vor Euch und der Graf von Monsoreau ist Euer Schwiegersohn.«

»Wie?« stammelte der Greis, »Herr von Monsoreau ist mein Schwiegersohn, und die ganze Welt, Du, er selbst, Alles ließ mich in Unwissenheit?«

»Ich zitterte, Euch zu schreiben, mein Vater, aus Furcht, der Brief könnte in die Hände des Prinzen fallen. Überdies glaubte ich, Ihr wüsstet Alles.«

»Doch in welcher Absicht,« sagte der Greis, »warum alle diese seltsamen Geheimnisse?«

»Oh! ja, mein Vater, denkt doch nach,« rief Diana, »warum ließ Euch Herr von Monsoreau glauben, ich wäre todt? Warum ließ er Euch in Unwissenheit darüber, dass er mein Gatte geworden?«

Der Baron bebte, als befürchtete er, seinen Blick in die Tiefe dieser Finsternis zu tauchen, und befragte schüchtern die funkelnden Augen seiner Tochter und die verständige Schwermut von Bussy.

Während dieser ganzen Zeit hatte man Schritt für Schritt den Salon erreicht.

»Herr von Monsoreau, mein Schwiegersohn,« stammelte fortwährend der Baron von Méridor, wie vernichtet.

»Das darf Euch nicht in Erstaunen setzen,« entgegnete Diana mit dem Tone sanften Vorwurfes, »habt Ihr mir nicht befohlen, ihn zu heiraten, mein Vater?«

»Ja, wenn er Dich retten würde.«

»Nun, er hat mich gerettet,« sprach mit dumpfer Stimme Diana, auf einen neben ihrem Betpult stehenden Stuhl sinkend.

»Er hat mich gerettet, wenn nicht vom Unglück, doch wenigstens von der Schande.«

»Warum ließ er mich denn an Deinen Tod glauben, mich, der ich so bitterlich weinte?« wiederholte der Greis.

»Warum ließ er mich vor Verzweiflung sterben, während mir ein einziges Wort das Leben zurückgeben konnte?«

»Oh! darunter steckt noch eine Falle,« rief Diana. »Mein Vater, Ihr werdet mich nicht mehr verlassen. Herr von Bussy, nicht wahr, Ihr werdet uns beschützen?«

»Ach! Madame,« erwiderte der junge Mann sich verbeugend, »es kommt mir nicht mehr zu, in Eure Familiengeheimnisse einzudringen. Als ich das seltsame Benehmen und die Machinationen Eures Gemahls sah, musste ich Euch einen Verteidiger suchen, den Ihr zugestehen könntet. Diesen Verteidiger habe ich in Méridor gesucht. Ihr seid bei Eurem Vater, ich ziehe mich zurück.«

»Er hat Recht,« sprach traurig der Greis. »Herr von Monsoreau hat den Zorn des Herzogs von Anjou gefürchtet und Herr von Bussy fürchtet ihn ebenfalls.«

Diana warf dem jungen Mann einen von ihren Blicken zu, und dieser Blick bedeutete:

»Ihr, den man den braven Bussy nennt, habt Ihr Furcht vor dem Herrn Herzog von Anjou, wie Herr von Monsoreau Furcht haben könnte?«

Bussy begriff den Blick von Diana, lächelte und sagte:

»Herr Baron, verzeiht mir die seltsame Frage, die ich Euch zu machen bitte, und Ihr, Madame, entschuldigt mich in Betracht meiner Absicht, Euch einen Dienst zu leisten.«

Beide warteten, sich gegenseitig anschauend.

»Mein Herr Baron,« sprach Bussy, »ich bitte Euch, fragt Frau von Monsoreau …«

Und er legte einen besonderen Nachdruck auf diese Worte, welche die junge Frau erbleichen machten. Bussy bemerkte die Pein, die er Diana bereitet hatte, und fuhr fort:

»Fragt Eure Tochter, ob sie glücklich sei durch die Ehe, die Ihr derselben befahlt und zu der sie einwilligte.«

Diana faltete die Hände und stieß einen Seufzer aus. Dies war die einzige Antwort, welche sie Bussy zu geben vermochte. Allerdings wäre keine andere so bestimmt gewesen.

Die Augen des alten Barons füllten sich mit Tränen, denn er fing an einzusehen, dass seine vielleicht zu voreilige Freundschaft für Herrn von Monsoreau einen großen Anteil an dem Unglück seiner Tochter hatte.

»Ist es nun wahr,« sprach Bussy, »ist es wahr, mein Herr, dass Ihr, ohne durch irgend eine List oder irgend eine Gewalt dazu gezwungen zu werden, die Hand Eurer Tochter Herrn von Monsoreau gegeben habt?«

»Ja, wenn er sie retten würde.«

»Und er hat sie wirklich gerettet. Dann brauche ich Euch nicht zu fragen, mein Herr, ob es Eure Absicht ist, Euer Wort als verbindlich und verpfändet zu betrachten?«

»Es ist ein Gesetz für Alle und besonders für die Edelleute, Ihr müsst das besser als irgend Jemand wissen, mein Herr, das, was man versprochen hat, zu halten. Herr von Monsoreau hat nach Eurem eigenen Geständnis meiner Tochter das Leben gerettet, meine Tochter gehört folglich Herrn von Monsoreau.«

»Ah! warum bin ich nicht gestorben?« murmelte die junge Frau.

»Madame,« sprach Bussy, »Ihr seht, dass ich Recht hatte, wenn ich Euch sagte, ich hätte nichts mehr hier zu tun. Der Herr Baron gibt Euch Herrn von Monsoreau und Ihr habt ihm selbst versprochen, ihm Euch zu geben, wenn Ihr Euren Vater unversehrt wiedersehen würdet.«

»Oh! zerreißt mir nicht das Herz, Herr von Bussy!« rief Frau von Monsoreau, sich dem Grafen nähernd, »mein Vater weiß nicht, dass ich vor diesem Manne Angst habe; mein Vater weiß nicht, dass ich ihn hasse; mein Vater erblickt hartnäckig in ihm einen Retter, und ich sage hartnäckig, durch meine Instinkte erleuchtet: dieser Mann ist mein Henker.«

»Diana! Diana!« sprach der Baron, »er hat Dich gerettet.«

»Ja,« rief Bussy, über die Grenzen fortgerissen, in denen ihn seine Klugheit und sein Zartgefühl bis jetzt gehalten hatten, »ja, doch wenn die Gefahr minder groß war, als Ihr glaubtet, wenn die Gefahr scheinbar war, wenn … was weiß ich? Hört, Baron, es waltet hier noch ein Geheimnis ob, das ich aufzuklären habe und aufklären werde. Doch ich beteure Euch, hätte ich das Glück gehabt, mich an der Stelle von Herrn von Monsoreau zu befinden, so würde ich Eure unschuldige schöne Tochter ebenfalls vor der Schande gerettet haben, und, bei dem Gotte, der mich hört! ich hätte sie diesen Dienst nicht bezahlen lassen.«

»Er liebte sie,« sprach Meridor, der selbst fühlte, was Alles Gehässiges in dem Benehmen von Herrn von Monsoreau lag, »und der Liebe muss man verzeihen.«

»Und ich!« rief Bussy, »bin ich etwa …«

Doch erschrocken über die Worte, welche unwillkürlich seinem Herzen entströmen wollten, hielt Bussy inne, und ein aus seinen Augen springender Blitz vollendete den auf seinen Lippen unterbrochenen Satz.

Diana verstand ihn darum nicht minder, und vielleicht noch besser, als wenn er vollständig gewesen wäre.

»Nun!« sagte sie errötend, »nicht wahr, Ihr habt mich begriffen? Nun! mein Freund, mein Bruder, Ihr habt diese beiden Titel gefordert und ich gebe sie Euch; nun! mein Freund, nun! mein Bruder, vermögt Ihr etwas für mich?«

»Aber der Herzog von Anjou! der Herzog von Anjou!« murmelte der Greis, der beständig den Blitz, der ihn bedrohte, in dem Zorne der königlichen Hoheit zucken sah.

»Ich gehöre nicht zu denjenigen, welche vor dem Zorn der Fürsten bange haben,« antwortete der junge Mann, »und täusche ich mich nicht sehr, so brauchen wir diesen Zorn nicht zu fürchten. Wenn Ihr wollt, Herr von Méridor, so werde, ich Euch so sehr mit dem Prinzen befreunden, dass er Euch gegen Herrn von Monsoreau beschützt, von welchem, glaubt mir, die wahre Gefahr, die unbekannte, aber gewisse, die unsichtbare, aber vielleicht unvermeidliche Gefahr kommt.«

»Doch wenn der Herzog erfährt, dass Diana lebt, ist Alles verloren,« versetzte der Greis.

»Gut,« rief Bussy, »ich sehe wohl, dass Ihr, was ich Euch auch sagen mag, Herrn von Monsoreau vor mir und mehr als mir glaubt. Sprechen wir nicht mehr davon; weist mein Anerbieten zurück, Herr Baron; weist die allmächtige Unterstützung zurück, die ich Euch zu Hilfe rufen wollte. Werft Euch in die Arme des Mannes, der Euer Vertrauen so schön gerechtfertigt hat. Ich sagte es Euch: ich habe meine Aufgabe erfüllt, und ich habe nichts mehr hier zu tun. Gott befohlen, Seigneur Augustin, Gott befohlen, Madame; Ihr seht mich nicht mehr, ich entferne mich, lebt wohl!«

»Oh!« rief Diana, den jungen Mann beim Arm fassend, »habt Ihr mich ein einziges Mal schwanken sehen? Habt Ihr mich auf ihn zurückkommen sehen? Nein. Ich flehe Euch auf den Knien an, Herr von Bussy, verlasst mich nicht.«

Bussy drückte die schönen Hände von Diana, und sein ganzer Zorn sank, wie der Schnee auf dem Kamme der Gebirge sinkt, wenn ihn das warme Lächeln der Maisonne schmilzt.

»Ist es so, dann gut!« sagte Bussy, »ja, Madame, ich nehme die heilige Sendung an, die Ihr mir anvertraut, und vor Ablauf von drei Tagen, denn ich brauche Zeit, um den Prinzen zu erreichen, der sich, wie ich höre, mit dem König auf einer Pilgerfahrt nach Chartres befindet, vor drei Tagen werdet Ihr Neues sehen, oder ich will meinen Namen Bussy verlieren.«

Und sich Diana mit einer Trunkenheit nähernd, welche sowohl seinen Blick als seinen Hauch in Flammen setzte, fügte er mit leiser Stimme bei:

»Wir sind gegen den Monsoreau verbunden; erinnert Euch, dass nicht er Euren Vater zu Euch zurückgeführt hat, und seid nicht treulos.«

Und zum letzten Male dem Baron die Hand drückend, eilte er aus dem Zimmer.

11.Ein schöner Händelsucher ist Bussy d'Amboise: doch zärtlich auch und treu ist Monseigneur Bussy.

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