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Kitabı oku: «Die Dame von Monsoreau», sayfa 20

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Fünftes Kapitel
Der verwaiste Greis

Frau von Saint-Luc hatte sich nicht getäuscht, zwei Stunden nachher war man vor dem Schlosse Méridor.

Seit den letzten zwischen den Reisenden ausgetauschten und von uns wiederholten Worten fragte sich Bussy, ob er nicht seinen guten Freunden, die sich ihm geoffenbart hatten, das Abenteuer erzählen sollte, das Diana von Méridor entfernt hielt. Doch einmal auf dem Wege der Mitteilungen, musste Bussy nicht nur enthüllen, was alle Welt bald erfahren würde, sondern auch, was er allein wusste und Niemand entdecken wollte. Er wich daher vor einem Geständnis, zurück, das natürlich zu viele Fragen und Erläuterungen herbeiführte.

Auch wollte er in Méridor als ein völlig unbekannter Mann erscheinen. Er wollte Herrn von Méridor ohne irgend eine Vorbereitung sehen und von Herrn von Monsoreau und dem Herzog von Anjou sprechen hören; er wollte sich endlich überzeugen, nicht dass die Erzählung von Diana aufrichtig, er hatte diesen Engel der Reinheit nicht einen Augenblick im Verdachte der Lüge, sondern dass man sie selbst in keinem Punkte getäuscht, und dass die Erzählung; die er mit so mächtigem Interesse gehört, eine getreue Auslegung der Ereignisse gewesen sei.

Bussy bewahrte, wie man sieht, zwei Gefühle, welche den erhabenen Mann in seiner herrschenden Sphäre, selbst unter den Verirrungen der Liebe, aufrecht halten: diese zwei Gefühle waren die Vorsicht in Beziehung auf Fremde und die tiefe Achtung vor der Person, die man liebt.

Durch die Macht, welche Bussy über sich behalten hatte, trotz ihres weiblichen Scharfsinns getäuscht, blieb Frau von Saint-Luc auch überzeugt, der junge Mann habe zum ersten Male den Namen von Diana gehört, und da dieser Name in ihm weder eine Erinnerung, noch eine Hoffnung erwecke, so erwarte er in Méridor ein den neuen Gästen gegenüber sehr linkisches und sehr verlegenes Provinzmädchen zu treffen.

Sie hoffte daher, sich an seiner Überraschung weiden zu können.

Eines setzte sie indessen in Erstaunen: dass Diana, nachdem der Wächter in sein Horn geblasen, um einen Besuch zu verkündigen, nicht auf die Zugbrücke lief, während es ein Signal war, auf welches Diana immer herbeieilte.

Doch an der Stelle von Diana sah man aus der Halle des Schlosses einen gebückten, auf einen Stock gestützten Greis hervortreten. Er trug einen grünen, mit Fuchspelz verbrämten Sammetoberrock und an seinem Gürtel glänzte ein silbernes Pfeifchen neben einem Bunde Schlüssel.

Der Abendwind hob auf seiner Stirne seine langen schneeweißen Locken.

Er kam über die Zugbrücke, gefolgt von zwei großen Hunden von deutscher Abstammung, welche langsam und mit gleichen Schritten, mit gesenkten Köpfen und keiner dem andern um eine Linie voran tretend hinter, ihm marschierten. Als der Greis an die Brustwehr trat, fragte er mit schwacher Stimme:

»Wer ist da, und wer erweist einem armen Greise die Ehre, ihn zu besuchen?«

»Ich, ich, Seigneur Augustin,« erwiderte die lustige Stimme der jungen Frau.

Denn Jeanne von Cossé nannte den Greis so, um ihn von seinem jüngeren Bruder zu unterscheiden, der Guillaume geheißen hatte und drei Jahre vorher gestorben war.

Doch statt mit dem freudigen Ausrufe zu antworten, den Jeanne aus seinem Munde zu hören hoffte, erhob der Baron langsam das Haupt, heftete auf die Reisenden blicklose Augen, und entgegnete:

»Ihr? ich sehe nicht. Wer? Ihr …«

»Oh! mein Gott,« rief Jeanne, »erkennt Ihr mich denn nicht? Ah! es ist wahr, meine Verkleidung …«

»Entschuldigt mich,« sprach der Greis, »doch ich sehe beinahe nicht mehr. Die Augen der Greise sind nicht gemacht, um zu weinen, und wenn sie zu viel weinen, so brennen sie die Tränen.«

»Ah! lieber Baron,« sagte die junge Frau, »ich sehe in der Tat, dass Euer Gesicht abnimmt, denn Ihr hättet mich sonst selbst unter meinen Männerkleidern erkannt. Ich muss Euch also meinen Namen nennen.«

»Ja, gewiss, »erwiderte der Greis, »denn ich sage Euch, dass ich Euch kaum sehe.«

»Nun, ich will Euch auf die Spur helfen, lieber Seigneur Augustin; ich bin Frau von Saint-Luc.«

»Saint-Luc … ich kenne Euch nicht.«

»Mein Mädchennamen aber,« sprach die heitere junge Frau, »mein Mädchennamen ist Jeanne von Cossé-Brissac.«

»Ah! mein Gott!« rief der Greis, während er die Schranke mit seinen zitternden Händen zu öffnen suchte, »ah! mein Gott!«

Jeanne, welche diese seltsame, von dem, was sie erwartete, so verschiedene Aufnahme nicht begriff und dem Alter des Greises, so wie der Abnahme seiner Sinne zuschrieb, sprang, als sie sich endlich erkannt sah, vom Pferde und warf sich, ihrer frühen Gewohnheit gemäß, in seine Arme; doch während sie ihn umarmte, fühlte sie, dass seine Wangen feucht waren: er weinte.

»Das ist Freude,« dachte sie. »Ah! das Herz bleibt immer jung.«

»Kommt,« sagte der Greis, nachdem er Jeanne auf die Stirne geküsst hatte.

Und als hätte er ihre zwei Gefährten gar nicht bemerkt, ging der Greis wieder mit seinem langsamen, abgemessenen Schritte nach dem Schlosse zu, stets in derselben Entfernung von seinen zwei Hunden gefolgt, welche sich nur die Zeit genommen hatten, die Fremden kurz zu beschauen und zu beriechen.

Das Schloss bot einen seltsam traurigen Anblick; alle Läden waren geschlossen und man hätte es für ein ungeheures Grab halten können. Die Diener, welche hin und her gingen, waren schwarz gekleidet. Saint-Luc richtete einen Blick an seine Frau, um sie zu fragen, ob sie so das Schloss zu finden erwartet hätte.

Jeanne begriff, und da es sie selbst drängte, von ihrem Erstaunen befreit zu werden, so sagte sie:

»Und Diana … sollte sie sich unglücklicher Weise nicht hier befinden?«

Der Greis blieb wie vom Donner gerührt stehen und schaute die junge Frau mit einem Ausdrucke an, der beinahe dem Schrecken glich.

»Diana!« sagte er.

Und bei diesem Namen den Kopf auf jeder Seite ihres Herrn erhebend, stöhnten die zwei Hunde kläglich.

Bussy konnte sich eines Schauders nicht erwehren. Jeanne schaute Saint-Luc an, und Saint-Luc blieb stehen, denn er wusste nicht, ob er weiter gehen oder auf der Stelle umkehren sollte.

»Diana!« wiederholte der Greis, als hätte er diese ganze Zeit gebraucht, um die Frage, die man an ihn gemacht, zu verstehen. »Ihr wisst also nicht?«

Und seine bereits schwache und zitternde Stimme erlosch gänzlich in einem Schluchzen, das sich aus der tiefsten Tiefe seines Herzens los wand.

»Was denn? was ist denn geschehen?« rief Jeanne, voll Schrecken die Hände faltend.

»Diana ist tot!« antwortete der Greis, seine Arme mit einer verzweiflungsvollen Gebärde zum Himmel emporstreckend, während ihm ein Strom von Tränen entstürzte.

Und er sank auf die ersten Stufen der Freitreppe, zu der man gelangt war.

»Todt!« rief Jeanne bleich wie ein Gespenst.

»Todt!« stammelte Bussy. »Er hat auch ihn glauben lassen, sie wäre tot. Ach! armer Greis, wie wirst Du mich eines Tages lieben.«

»Tod! Todt!« wiederholte der Baron, »sie haben sie mir getötet.«

»Ah! mein lieber Herr,« sagte Jeanne, die nach dem Schlage, den sie erhalten, das einzige Mittel, welches das schwache Herz der Frauen zu brechen verhindert, die Tränen gefunden hatte.

Und sie fing an zu schluchzen und übergoss mit Zähren das Antlitz des Greises, dessen Hals ihre Arme umschlangen.

Der alte Herr erhob sich wankend und sprach:

»Gleichviel, wenn das Haus auch verödet und leer ist, so ist es darum doch nicht minder gastfreundlich; tretet ein.«

Jeanne nahm den Greis beim Arme, durchschritt mit ihm den Säulengang, den ehemaligen Saal der Wachen, aus dem ein Speisesaal geworden war, und trat mit ihm in das Empfangsgemach.

Ein Diener, dessen verstörtes Gesicht und gerötete Augen seine zärtliche Anhänglichkeit an seinen Herrn bezeichneten, ging, die Türen öffnend, voran; Saint-Luc und Bussy folgten.

Sobald man im Empfangsgemache war, setzte sich oder sank vielmehr der Greis in seinen großen Lehnstuhl von geschnitztem Holz.

Der Diener stieß ein Fenster auf, um Luft zu machen, und zog sich in einen Winkel zurück, ohne das Zimmer zu verlassen.

Jeanne wagte es nicht, das Stillschweigen zu unterbrechen. Sie zitterte, die Wunden des Greises durch Fragen wieder zu öffnen, und dennoch konnte sie sich, wie alle junge glückliche Personen, nicht entschließen, das Unglück, das man ihr ankündigte, als eine Wirklichkeit zu betrachten. Es gibt ein Alter, wo man den Abgrund des Todes nicht ermessen kann, weil man nicht an den Tod glaubt.

Der Baron kam ihrem Wunsche entgegen und sprach:

»Ihr habt mir gesagt, Ihr wäret verheirathet, liebe Jeanne; jener Herr ist also Euer Gemahl?«

Und er bezeichnete Bussy.

»Nein, Seigneur Augustin; dieser ist Herr von Saint-Luc.«

Herr von Saint-Luc verbeugte sich tiefer noch vor dem unglücklichen Vater, als vor dem Greise. Der Baron grüßte ihn väterlich und strengte sich sogar an, zu lächeln; dann mit den blicklosen Augen sich gegen Bussy wendend, fuhr er fort:

»Und dieser Herr ist Euer Bruder, der Bruder Eures Gemahls, ein Verwandter von Euch?«

»Nein, lieber Baron, es ist nicht unser Verwandter, sondern unser Freund, Herr Louis von Clermont, Graf von Bussy d'Amboise, Edelmann des Herrn Herzogs von Anjou.«

Bei diesen Worten erhob sich der Greis wie von einer Feder bewegt, schleuderte einen furchtbaren Blick auf Bussy und fiel dann wieder, wie erschöpft durch diese stumme Herausforderung, einen Seufzer ausstoßend zurück.

»Was bedeutet das?« fragte Jeanne.

»Kennt Euch der Baron, Herr von Bussy?« fragte Saint-Luc.

»Es ist das erste Mal, dass ich die Ehre habe, den Herrn Baron von Méridor zu sehen,« antwortete mit ruhigem Tone Bussy, der allein die Wirkung begriff, den der Name des Herrn Herzogs von Anjou auf den Greis hervorgebracht hatte.

»Ah! Ihr seid Edelmann des Herrn Herzogs von Anjou,« sagte der Baron, »Ihr seid Edelmann dieses Ungeheuers, dieses Teufels, und Ihr wagt es, dies zu gestehen, und habt die Keckheit, Euch bei mir zu zeigen?«

»Ist er verrückt?« fragte ganz leise Saint-Luc seine Frau, den Baron mit erstaunten Augen anschauend.

»Der Schmerz wird eine Störung in seinem Geiste hervorgebracht haben.«

Herr von Méridor hatte seine letzten Worte, welche Jeanne zweifeln ließen, ob er sich des vollen Besitzes seiner Vernunft erfreue, mit einem Blicke begleitet, der noch viel drohender war, als der erste; doch stets unempfindlich, hielt Bussy diesen Blick in einer Stellung tiefer Ehrfurcht aus und antwortete nicht.

»Ja, von diesem Ungeheuer,« fuhr Herr von Méridor fort, dessen Kopf immer mehr in Verwirrung zu geraten schien, »von diesem Mörder, der mir meine Tochter umgebracht hat!«

»Armer Herr!« murmelte Bussy.

»Aber was sagt Ihr denn da?« fragte Jeanne.

»Ihr wisst es also nicht, Ihr, die Ihr mich mit bestürzten Augen anschaut,« rief Herr von Méridor, die Hände von Jeanne und die von Saint-Luc ergreifend und in den seinen vereinigend, »der Herzog von Anjou hat meine Diana umgebracht; der Herzog von Anjou hat mir mein Kind, meine Tochter getötet.«

Der Greis sprach diese Worte mit einem solchen Ausdrucke des Schmerzes, dass die Thränen selbst Bussy in die Augen traten.

»Edler Herr,« sagte die junge Frau, »wäre dies auch der Fall, und ich begreife nicht, wie es möglich ist, so könnt Ihr doch dieses furchtbaren Unglücks Herrn von Bussy nicht beschuldigen, Herrn von Bussy, den redlichsten, den hochherzigsten Edelmann der Erde. Seht doch, mein lieber Vater, Herr von Bussy weiß nichts von dem, was Ihr sagt; Herr von Bussy weint wie wir und mit Euch. Wäre er wohl hier erschienen, wenn er den Empfang hätte vermuten können, den Ihr ihm bereitet! Ah! teurer Seigneur Augustin, im Namen Eurer viel geliebten Tochter Diana, sagt uns, wie die Katastrophe gekommen ist.«

»Ihr wusstet es also nicht?« sprach der Greis, sich an Bussy wendend.

Bussy verbeugte sich, ohne zu antworten.

»Mein Gott! nein, kein Mensch wusste etwas von diesem Ereignis,« sagte Jeanne.

»Meine Diana ist gestorben, und ihre beste Freundin wusste nichts von ihrem Tode! Oh! es ist wahr, ich habe Niemand geschrieben, mit Niemand davon gesprochen; es kam mir vor, die Welt könnte nicht mehr leben, sobald Diana nicht mehr lebte; es war mir, als müsste das ganze Weltall Trauer um sie tragen.«

»Sprecht, sprecht, das wird Euch erleichtern!« rief Jeanne.

»Wohl!« sagte der Baron schluchzend, »dieser heillose Prinz, diese Schande des französischen Adels, sah meine Diana, fand sie schön, ließ sie entführen und nach dem Schlosse Beaugé bringen, um sie zu entehren, wie er es mit der Tochter eines Leibeigenen gemacht haben würde. Doch Diana, meine heilige und edle Diana, wählte den Tod. Sie stürzte sich aus einem Fenster in den See, und man fand nichts mehr, als ihren auf der Oberfläche des Wassers schwimmenden Schleier.«

Der Greis konnte seine Worte nur unter Tränen und Schluchzen hervorbringen, was diese Szene zu einem der traurigsten Schauspiele gestaltete, welche Bussy bis dahin gesehen hatte, – Bussy, der Mann des Krieges, gewohnt, Blut zu vergießen und Blut vergießen zu sehen.

Jeanne schaute, beinahe ohnmächtig, den Grafen mit einer Art von Schrecken an.

»Oh! Graf!« rief Saint-Luc, »nicht wahr, das ist abscheulich? Graf, Ihr müsst diesen schändlichen Prinzen verlassen; Graf, ein edles Herz, wie das Eurige, kann nicht der Freund eines Räubers und Mörders bleiben.«

Ein wenig gestärkt durch diesen Ausruf, erwartete der Greis die Antwort von Bussy, um seine Meinung über ihn festzustellen; die mitfühlenden Werte von Saint-Luc trösteten ihn. Bei mächtigen moralischen Krisen sind die körperlichen Schwächen groß, und es ist keine der geringsten Versüßungen für den Schmerz des durch einen Lieblingshund gebissenen Kindes, diesen Hund, von dem es gebissen worden ist, schlagen zu sehen.

Doch statt auf die Rede von Saint-Luc zu antworten, machte Bussy einen Schritt gegen Herrn von Méridor und sprach:

»Mein Herr Baron, wollt Ihr mir die Ehre einer Unterredung unter vier Augen bewilligen?«

»Hört Herrn von Bussy, teurer Herr!« sagte Jeanne, »Ihr werdet sehen, dass er gut ist und Dienste zu leisten weiß.«

»Redet, mein Herr,« sagte der Baron zitternd, denn er ahnte etwas Seltsames aus dem Blicke des jungen Mannes.

Bussy wandte sich an Saint-Luc und seine Frau und sprach, Beide mit einem Auge voll Adel und Freundschaft anschauend:

»Ihr erlaubt?«

Die zwei jungen Leute verließen den Saal, auf einander gestützt und doppelt selig durch ihr Glück bei diesem ungeheuren Unglück.

Als sich die Türe wieder hinter ihnen geschlossen hatte, näherte sich Bussy dem Baron und sagte mit einer tiefen Verbeugung:

»Mein Herr, Ihr habt in meiner Gegenwart einen Prinzen, dem ich diene, angeklagt, und zwar mit einer Heftigkeit angeklagt, welche mich nötigt, eine Erklärung von Euch zu fordern.«

Der Greis machte eine Bewegung.

»Oh! täuscht Euch nicht in dem völlig ehrfurchtsvollen Sinne meiner Worte; ich spreche mit der größten Sympathie zu Euch, und sage Euch mit dem lebhaftesten Verlangen, Euren Kummer zu mildern: Herr Baron, erzählt mir in allen ihren einzelnen Umständen die schmerzliche Katastrophe, der Ihr so eben gegen Herrn von Saint-Luc und seine Frau erwähntet. Ist Alles wirklich geschehen, wie Ihr glaubt, und ist Alles ganz und gar verloren?«

»Mein Herr, ich hatte einen Augenblick Hoffnung. Ein edler, rechtschaffener Mann, Herr von Monsoreau, liebte meine arme Tochter und interessierte sich für sie.«

»Herr von Monsoreau! lasst hören, wie hat er sich in dieser ganzen Sache benommen?«

»Oh! sein Benehmen war edel und würdig, denn Diana hatte seine Hand ausgeschlagen. Er war es aber, der mich zuerst von den schändlichen Plänen des Herzogs benachrichtigte. Er war es, der mir das Mittel angab, sie scheitern zu machen; er verlangte nur Eines, um meine Tochter zu retten, und auch das bewies den ganzen Adel und die ganze Rechtschaffenheit seiner Seele; er verlangte, dass ich sie ihm, wenn es ihm gelänge, sie den Händen des Herzogs zu entreißen, zur Ehe geben sollte, damit er, jung, tatkräftig und unternehmend, sie gegen einen mächtigen Prinzen verteidigen könnte, was ihrem Vater unmöglich wäre.

»Ich gab mit Freuden meine Einwilligung; aber ach! es war unnötig; er kam zu spät und fand meine arme Diana nur durch den Tod von der Schande errettet.«

»Und seit diesem unseligen Augenblick,« fragte Bussy, »seit diesem Augenblick hat Herr von Monsoreau keine Nachricht von sich gegeben?«

»Es ist erst ein Monat, seitdem diese Ereignisse vorgefallen sind, und der arme Mann wird es nicht gewagt haben, vor mir zu erscheinen, nachdem sein edles Unternehmen gescheitert ist.«

Bussy neigte das Haupt; Alles war ihm klar.

Er begriff nun, wie es Herrn von Monsoreau gelungen war, dieses Mädchen, das er liebte, dem Prinzen zu entführen, und wie er aus Furcht, der Prinz könnte entdecken, Diana wäre seine Frau geworden, dem Gerüchte von ihrem Tode selbst bei dem armen Vater hatte Glauben verschaffen lassen.

»Nun, mein Herr?« sprach der Greis, als er sah, dass Träumerei des jungen Mannes Stirne beugte, und dass er seine Augen, welche wiederholt bei seiner Erzählung gefunkelt hatten, auf den Boden heftete.

»Mein Herr Baron,« antwortete Bussy, »ich bin von Monseigneur dem Herzog von Anjou beauftragt, Euch nach Paris zu bringen, wo Euch Seine Hoheit zu sprechen wünscht.«

»Mich sprechen!« rief der Baron, »ich soll nach dem Tode meiner Tochter diesem Menschen gegenüber stehen! Was kann mir der Mörder zu sagen haben?«

»Wer weiß? er will sich vielleicht rechtfertigen!«

»Und wenn er sich auch rechtfertigte,« rief der Greis, »ach! meine Tochter wird darum nicht minder verloren sein. Nein, Herr von Bussy, nein, ich gehe nicht nach Paris; ich würde mich dadurch überdies zu weit von dem Orte entfernen, wo mein armes Kind in seinem kalten Leichentuche von Schilfrohr ruht.«

»Herr Baron,« sagte Bussy mit fester Stimme, »erlaubt mir, Euch dringend um Willfahrung zu bitten; es ist meine Pflicht, Euch nach Paris zu führen, und ich bin ausdrücklich deshalb hierher gekommen.«

»Wohl! ich werde nach Paris gehen,« rief der Greis zitternd vor Zorn, »doch wehe denen, die mein Unglück herbeigeführt haben. Der König wird mich hören, und wenn er mich nicht hört, so werde ich an alle Edelleute Frankreichs einen Ruf ergehen lassen. Auch gut,« murmelte er ganz leise, »ich vergaß in meinem Schmerz, dass ich eine Waffe in meinen Händen habe, von der ich bis jetzt keinen Gebrauch machte. Herr Baron von Bussy, ich werde Euch begleiten.«

»Und ich, Herr Baron,« versetzte Bussy, ihn bei der Hand ergreifend, »ich empfehle Euch die Geduld, die Ruhe und die Würde, welche einem christlichen Edelmanne geziemen. Gott hat für erhabene Seelen eine unendliche Barmherzigkeit, und Ihr wisst nicht, was Euch von ihm vorbehalten ist. Ich bitte Euch auch, mich in Erwartung des Tages, wo diese Barmherzigkeit an das Licht treten wird, nicht unter Eure Feinde zu zählen, denn Ihr wisst nicht, was ich für Euch zu tun im Begriffe bin. Morgen, mein Herr Baron, werden wir uns, wenn es Euch gefällig ist, mit Tagesanbruch auf den Weg begeben.«

»Ich willige ein,« antwortete der alte Herr, unwillkürlich bewegt durch den sanften Ton, mit dem Bussy diese Worte sprach, »doch mittlerweile seid Ihr, Freund oder Feind, mein Gast, und ich muss Euch in Euer Zimmer führen.«

Und der Baron nahm vom Tische einen silbernen Leuchter mit drei Armen, und stieg mit schwerem Tritte, gefolgt von Bussy d'Amboise, die Ehrentreppe hinauf.

Die Hunde wollten ihn begleiten, er hielt sie durch ein Zeichen zurück; zwei von seinen Dienern gingen mit andern Lichtern hinter Bussy.

Als der Graf auf die Schwelle des für ihn bestimmten Zimmers gelangte, fragte er, was aus Herrn von Saint-Luc und seiner Frau geworden wäre.

»Mein alter Germain wird für sie gesorgt haben,« antwortete der Greis. »Schlaft wohl, Herr Graf!«

Sechstes Kapitel
Wie sich Remy der Haudouin, in Abwesenheit von Bussy, in dem Hause der Rue Saint-Antoine ein Verständnis verschafft hatte

Herr und Frau von Saint-Luc konnten sich von ihrem Erstaunen nicht erholen. Bussy im Geheimnisse mit Herrn von Méridor; Bussy im Begriff, mit dem Greise nach Paris abzureisen; Bussy endlich, wie es schien, die Leitung der Angelegenheiten übernehmend, von denen sie Anfangs glauben mussten, sie wären ihm völlig fremd und unbekannt, Bussy war für die beiden jungen Leute ein unerklärliches Rätsel.

Was den Baron betrifft, so hatte auf diesen die magische Gewalt des Titels: Königliche Hoheit, ihre gewöhnliche Wirkung hervorgebracht; ein Edelmann zur Zeit von Heinrich III. war noch nicht so weit, dass er über Titel und Wappen lachte.

Königliche Hoheit bedeutete für Herrn von Méridor wie für jeden Andern, den König ausgenommen, unwiderstehliche Macht, das heißt Blitz und Donner.

Am Morgen nahm der Baron Abschied von seinen Gästen, die er in seinem Schlosse einquartierte; doch die Schwierigkeit der Lage begreifend, gelobten sich Saint-Luc und seine Frau, Méridor, sobald es tunlich wäre, zu verlassen, um sich auf die benachbarten Besitzungen von Brissac zu begeben, wenn man der Einwilligung des ängstlichen Marschalls versichert wäre.

Bussy bedurfte nur einer Sekunde, um sein sonderbares Benehmen zu rechtfertigen. Herr des Geheimnisses, das er besaß und Jedermann entdecken konnte, glich Bussy einem von den bei den Orientalen so beliebten Zauberern, welche mit dem ersten Schlage ihres Stabes Thränen aus allen Augen quellen machen und mit dem zweiten alle Pupillen erweitern und jeden Mund durch ein freudiges Lächeln schlitzen.

Diese Sekunde, von der wir sagten, sie genüge, um so große Veränderungen zu bewerkstelligen, wurde von ihm dazu angewendet, dass er einige Sylben in das Ohr fallen ließ, das ihm die reizende Frau von Saint-Luc gierig darbot.

Als diese paar Sylben gesprochen waren, blühte ihr Gesicht auf; ihre so reine Stirne färbte sich mit einer köstlichen Röte; man sah ihre kleinen, weißen, wie Perlmutter glänzenden Zähne unter den Korallen ihrer Lippen erscheinen, und als sie ihr Gatte erstaunt anschaute, um zu fragen, legte sie einen Finger auf den Mund, entfloh mit Sprüngen und warf Bussy einen Kuss des Dankes zu.

Der Greis hatte nichts von dieser ausdrucksvollen Pantomime gesehen; das Auge auf das Haus seiner Ahnen geheftet, liebkoste er maschinenmäßig seine zwei Hunde, welche ihn zu verlassen sich nicht entschließen konnten; er gab seinen unter seinem Abschied und unter seinem Worte gebeugten Dienern mit bewegter Stimme einige Befehle.

Dann bestieg er mit großer Mühe und nur mit Hilfe seines Stallmeisters einen alten Schecken, den er besonders liebte, denn er war in den letzten Bürgerkriegen sein Schlachtroß gewesen, grüßte mit einer Gebärde das Schloss Méridor und entfernte sich, ohne ein Wort zu sprechen.

Das Auge glänzend, erwiderte Bussy ein Lächeln von Jeanne und wandte sich häufig um, um seinen Freunden Lebewohl zu sagen. Als Jeanne ihn verließ, sprach sie zu ihm:

»Was für ein seltsamer Mann seid Ihr, Herr Graf; ich hatte Euch verheißen, das Glück erwarte Euch in Méridor, und Ihr seid es im Gegenteil, der das entflohene Glück nach Méridor zurückbringt!«

Von Méridor nach Paris ist es weit; besonders weit für einen alten Baron, dessen Körper von Degenstichen und Musketenschüssen durchlöchert ist, die er in den heftigen Kriegen erhalten hatte, wo die Wunden noch im Verhältnis zu den Kriegern standen. Diese Entfernung bildete auch einen langen Weg für den würdigen Schecken, Jarnac genannt, der bei diesem Namen sein unter der Mähne gebeugtes Haupt erhob und ein noch stolzes Auge umherlaufen ließ.

Sobald man auf dem Marsch war, legte sich Bussy auf Studien: diese Studien bestanden darin, dass er durch seine Sorgfalt und kindliche Aufmerksamkeit das Herz des Greises, dessen Hass er sich Anfangs zugezogen hatte, zu gewinnen trachtete, und dies gelang ihm ohne Zweifel, denn am Morgen des sechsten Tages, als man in Paris ankam, sagte der Baron von Méridor zu seinem Gefährten folgende Worte, welche klar die in seinem Geiste durch die Reise hervorgebrachte Veränderung bezeichneten:

»Es ist sonderbar, Graf, ich bin hier meinem Unglück näher, als je, und dennoch fühle ich mich minder unruhig, als ich es bei der Abreise war.«

»Noch zwei Stunden, Seigneur Méridor, und Ihr werdet mich so beurteilen, wie ich von Euch beurteilt werden will,« sagte Bussy.

Die Reisenden ritten durch den Faubourg Saint-Marcel in die Stadt Paris, durch diesen ewigen Eingang, dessen Bevorzugung sich zu jener Zeit begreift, weil dieses furchtbare Quartier, eines der hässlichsten von Paris, damals in Folge seiner zahlreichen Kirchen, seiner Tausende von pittoresken Häusern und seiner kleinen Brücken über Kloaken parisisch erschien.

»Wohin gehen wir?« fragte, der Baron, »nach dem Louvre ohne Zweifel?«

»Ich muss Euch zuerst nach meinem Hotel führen, edler Herr,« antwortete Bussy, »Ihr sollt Euch einige Minuten erfrischen und dann in den Stand setzen, die Person, zu welcher ich Euch führen werde, wie es sich geziemt, zu sehen.«

Der Baron ließ sich geduldig lenken; Bussy führte ihn geraden Wegs nach seinem Hotel in der Rue de Grenelle-Saint-Honoré.

Die Leute des Grafen erwarteten ihn nicht oder erwarteten ihn gleichsam nicht mehr: bei Nacht durch eine kleine Türe, zu der er allein den Schlüssel besaß, nach Hause zurückkehrend, hatte er selbst sein Pferd gesattelt und war abgereist, ohne irgend Jemand zu sehen, als Remy den Haudouin. Man begreift also, dass sein plötzliches Verschwinden, die Gefahren, welche er in der vorhergehenden Woche gelaufen war, was sich durch seine Wunde verraten hatte, seine abenteuerlichen Gewohnheiten endlich, in denen keine Lektion eine Veränderung bewerkstelligte, viele Leute auf den Glauben brachten, er wäre in eine ihm von seinen Feinden auf seinem Wege gestellte Falle geraten; solange seinem Mute günstig, wäre das Glück endlich einmal gegen seine Verwegenheit gewesen, und Bussy wäre einem Degenstiche oder einem Büchsenschusse unterlegen.

So geschah es, dass die besten Freunde und treusten Diener von Bussy bereits neuntägige Gebete für seine Rückkehr an das Sonnenlicht anordneten, eine Rückkehr, die ihnen eben so unwahrscheinlich vorkam, als die von Pyrithous, während Andere, positivere Menschen, nur auf seinen Leichnam rechneten und die ängstlichen Nachforschungen nach diesem in den Gossen, in den verdächtigen Kellern, in den Steinbrüchen des Weichbildes, in dem Bette der Bièvre und in den Gräben der Bastille anstellten.

Eine einzige Person antwortete, wenn man sie um Nachricht über Bussy bat:

»Der Herr Graf befindet sich wohl.«

Wollte man aber das Verhör weiter treiben, so blieb die Auskunft, die sie geben konnte, insofern sie nicht mehr wusste, hierbei stehen.

Diese Person, welche wegen ihrer beruhigenden, aber wenig umständlichen Antwort viel Anschnauzen und böse Komplimente zu erdulden hatte, war Meister Remy der Haudouin, der vom Morgen bis zum Abend im kurzen Trab umherlief, seine Stunden mit seltsamen Betrachtungen verlor, von Zeit zu Zeit, bei Tag oder bei Nacht, aus dem Hotel verschwand, sodann mit ungewöhnlichem Appetit zurückkehrte, und jedes Mal, wenn er kam, durch seine Heiterkeit etwas Heiterkeit in das Herz dieses Hauses brachte.

Nach einer von diesen Geheimnisvollen Abwesenheiten kehrte der Haudouin in dem Augenblick in das Hotel zurück, wo der Ehrenhof von Freudengeschrei erscholl, wo eilfertige Diener sich auf den Zügel des Rosses von Bussy warfen und sich stritten, wer sein Stallmeister sein sollte, denn statt abzusteigen, blieb der Graf zu Pferde.

»Ihr freut Euch, dass Ihr mich lebendig seht,… ich danke Euch,« sagte Bussy. »Ihr fragt mich, ob ich es wirklich sei, oder ob Ihr meinen Schatten erblickt. Ich bin es, schaut mich an, berührt mich, doch macht geschwinde. Gut, nun helft diesem würdigen Edelmann vom Pferde steigen, und merkt wohl, dass ich ihn mehr achte und verehre, als wenn er ein Prinz wäre.«

Bussy hatte Recht, dass er den Greis so hervorhob, denn man schenkte ihm Anfangs nicht die geringste Aufmerksamkeit, und die Diener des Hauses waren, nach seinen bescheidenen, durchaus nicht modischen Kleidern und nach seinem Schecken urteilend, dessen Wert diese Leute, gewohnt mit Bussy's Pferden zu manœuvriren, rasch zu schätzen wussten, sie waren, sagen wir, versucht, den alten Herrn für einen ehemaligen Stallmeister zu halten, der sich nach irgend einer Provinz zurückgezogen, und nun von ihrem Herrn aus der Verbannung wie aus einer anderen Welt zurückgebracht würde.

Als aber diese Worte gesprochen waren, drängten sie sich sogleich um den Baron. Der Haudouin betrachtete die ganze Szene heimlich lachend, wie er dies zu tun pflegte, und es bedurfte des vollen Ernstes von Bussy, um dieses Lachen zum Abzug, von dem lustigen Gesicht des jungen Doktors zu zwingen.

»Rasch ein Zimmer für Monseigneur,« rief Bussy.

»Welches?« fragten sogleich fünf bis sechs eilfertige Stimmen.

»Das beste, das meinige.«

Und er reichte dem Greise den Arm, um ihn die Treppe hinauf zu führen, und suchte ihn mit noch größerer Ehre zu empfangen, als ihm zu Teil geworden war.

Herr von Méridor gab sich dieser gewinnenden Höflichkeit ohne Widerstand und beinahe ohne Willen hin, wie man sich am Abhange gewisser Träume gehen lässt, die uns in jene phantastischen Länder, das Reich der Einbildungskraft und der Nacht, führen.

Man brachte dem Baron den goldenen Becher des Grafen und Bussy wollte ihm selbst den Wein der Gastfreundschaft einschenken.

»Ich danke, ich danke, mein Herr!« sagte der Baron, »doch werden wir nicht bald dahin gehen, wohin wir gehen sollen?«

»Ja, Seigneur Augustin, bald, seid unbesorgt, und es wird nicht allein ein Glück für Euch, sondern auch für mich sein.»

»Was sagt Ihr und warum sprecht Ihr beinahe beständig eine Sprache, die ich nicht verstehe?«

»Ich sage, Seigneur Augustin, dass ich mit Euch von einer für große Seelen barmherzigen Vorsehung gesprochen habe, und dass wir uns dem Augenblick nähern, wo ich in Eurem Namen diese Barmherzigkeit anrufen werde.«

Der Baron betrachtete Bussy mit erstaunter Miene, doch Bussy machte ihm mit der Hand ein ehrfurchtsvolles Zeichen, welches sagen wollte: »Ich komme sogleich zurück,« und verließ ihn mit lächelnden Lippen.

Der Haudouin stand, wie er es erwartete, an der Türe Schildwache; Bussy nahm den jungen Mann am Arm und führte ihn in ein Kabinett.

»Nun, lieber Hippokrates,« fragte er, »wie weit sind wir?«

»Wo?«

»In der Rue Saint-Antoine, bei Gott!«

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06 aralık 2019
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