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Kitabı oku: «Königin Margot», sayfa 21

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Heinrich sprach diese letzten Worte lachend und Margarethe dabei anschauend.

»Ja,« sagte sie, ohne in Bewegung zu gerathen, »denn dieser Herr de La Mole gehört am Ende dem Herzog meinem Bruder.«

»Gut, sucht ihn für uns zu gewinnen, Madame,« sagte Heinrich mit vollkommenem Ernste, »spart weder Geld noch Versprechungen. Ich stelle alle meine Schätze zu Eurer Verfügung.«

»Schön,« sprach Margarethe mit jenem Lächeln, das nur den Frauen von Boccaccio gehört, »wenn dies Euer Wunsch ist, so werde ich mein Möglichstes thun, denselben zu unterstützen.«

»Gut, und Ihr, von Mouy, kehrt zu dem Herzog zurück und laßt ihn nur kommen.«

V.
Margarita

Während des von uns berichteten Gespräches bezogen La Mole und Coconnas ihre Wache, La Mole ein wenig ärgerlich, Coconnas ein wenig unruhig.

La Mole hatte nämlich Zeit gehabt, zu überlegen und Coconnas hatte ihn dabei vortrefflich unterstützt.

»Was denkst Du von Allem dem, Freund?« fragte La Mole Coconnas.

»Ich denke,« antwortete der Piemontese, »daß hinter Allem dem eine Hofintrigue steckt.«

»Und vorkommenden Falls bist Du geneigt, eine Rolle bei dieser Intrigue zu spielen?«

»Mein Lieber,« antwortete Coconnas, »höre wohl, was ich Dir sagen will, und suche Nutzen daraus zu ziehen. In allen diesen prinzlichen Schleichwegen, in allen diesen königlichen Machinationen können und müssen wir nur als Schatten gelten; wo der König von Navarra ein Stück von seiner Feder und der Herzog von Alençon einen Flügel von seinem Mantel läßt, da werden wir unser Leben lassen. Verliere Deinen Kopf in der Liebe, mein Theurer, aber verliere ihn nicht in der Politik.«

Das war ein weiser Rath. Er wurde auch von La Mole mit der Traurigkeit eines Menschen angehört, welcher, zwischen die Vernunft und die Thorheit gestellt, fühlt, daß er der Thorheit folgt.

»Aber ich liebe die Königin, Annibal, ich liebe sie, und liebe sie unglücklicher oder glücklicher Weise mit meiner ganzen Seele. Es ist Narrheit, wirst du sagen, ich gebe es zu, ich bin ein Narr; aber Du, der Du ein Weiser bist, Coconnas, Du sollst nicht durch meine Thorheiten und mein Unglück leiden. Suche unsern Herrn auf und gefährde Dich nicht.«

Coconnas überlegte einen Augenblick und antwortete sodann, den Kopf erhebend:

»Mein Lieber, Alles, was Du da sagst, ist vollkommen richtig. Du bist verliebt, handelst als Verliebter. Ich bin ehrgeizig und denke, das Leben ist mehr werth, als das Lächeln einer Frau. Wenn ich mein Leben wage, so werde ich meine Bedingungen machen. Du, mein armer Medor, suche die Deinigen zu stellen.«

Und Coconnas reichte La Mole die Hand und entfernte sich, nachdem er zuvor mit seinem Freunde einen letzten Blick gewechselt hatte.

Er mochte seinen Posten ungefähr zehn Minuten verlassen haben, als sich die Thüre öffnete und Margarethe vorsichtig heraustrat, La Mole bei der Hand nahm und ihn, ohne ein Wort zu sagen, in die Tiefe ihres Gemaches zog, wonach sie die Thüren mit einer Sorgfalt schloß, welche die Wichtigkeit der Besprechung andeutete, die nun statthaben sollte.

Wieder im Zimmer, blieb sie stehen, setzte sich sodann in den ebenholzenen Stuhl, zog La Mole zu sich, schloß seine zwei Hände in die ihrigen und sagte:

»Nun, da wir allein sind, wollen wir ernsthaft sprechen, mein großer Freund.«

»Ernsthaft, Madame?« sagte La Mole.

»Oder vertraulich, das geht Euch besser? Es kann ernste Dinge geben bei der Vertraulichkeit, und besonders bei der Vertraulichkeit einer Königin.«

»Reden wir also von diesen ernsthaften Dinge, aber unter der Bedingung, daß Eure Majestät sich nicht über die tollen Dinge ärgert, die ich ihr sagen werde.«

»Ich werde mich nur über Eines ärgern, La Mole, wenn Ihr mich Madame oder Majestät nennt; für Euch, mein Freund, bin ich nur Margarethe.«

»Ja, Margaretha, ja, Margarita,« sprach der junge Mann, die Königin mit dem Blicke verschlingend.

»So ist es gut,« sagte Margarethe, »Ihr seyd also eifersüchtig, mein schöner Herr?«

»Oh, um die Vernunft darüber zu verlieren.«

»Immer noch!«

»Um wahnsinnig zu werden, Margarethe.«

»Und auf wen seyd Ihr eifersüchtig?«

»Auf alle Welt.«

»Nun denn?«

»Auf den König zuerst.«

»Ich glaubte, nach dem, was Ihr gesehen und gehört habt, könntet Ihr von dieser Seite ruhig seyn.«

»Auf diesen Herrn von Mouy, den ich diesen Morgen zum ersten Male gesehen habe, und an diesem Abend in Eurem Vertrauen so weit vorgerückt finde.«

»Auf Herrn von Mouy?«

»Ja.«

»Und was veranlaßt Euern Argwohn in Beziehung auf Herrn von Mouy?«

»Hört… ich habe ihn an seinem Wuchse, an der Farbe seiner Haare, an einem natürlichen Gefühle des Hasses erkannt. Er ist es, der diesen Morgen bei Herrn von Alençon war.«

»Wohl, aber welche Beziehung hat dieß zu mir?«

»Das kann ich nicht wissen; aber jedenfalls, Madame, seyd offenherzig; in Ermangelung eines andern Gefühles hat eine Liebe, wie die meinige, wohl das Recht, Offenherzigkeit zu verlangen. Seht, ich werfe mich zu Euern Füßen, wenn das, was Ihr für mich empfunden habt, nur ein vorübergehendes Gefühl ist, so gebe ich Euch Euer Wort, Eure Versprechungen zurück. Ich gebe dem Herzog von Alençon seine Gnadenbezeugungen und meine Stelle als Edelmann in seinem Dienste zurück und lasse mich bei der Belagerung von La Rochelle tödten, wenn mich nicht die Liebe getödtet hat, ehe ich dahin zu gelangen vermag.«

Margarethe hörte lächelnd diese Worte voll Zauber und folgte mit den Augen dieser Action voll Anmuth. Dann ihr schönes, träumerisches Haupt auf seine brennende Hand legend, sagte sie:

»Ihr liebt mich?«

»Oh! Madame, mehr als mein Leben, mehr als mein Seelenheil, mehr als Alles. Aber Ihr, Ihr… Ihr liebt mich nicht.«

»Armer Narr,« murmelte sie.

»Ja, Madame,« rief La Mole immer noch auf seinen Knien, »ich sagte es, ich wäre es.«

»Die erste Angelegenheit Eures Lebens ist also Eure Liebe, theurer La Mole?«

»Es ist die Einzige, Madame.«

»Gut, es sey, ich werde aus allem Andern nur eine Beigabe dieser Liebe machen. Ihr liebt mich also, Ihr wollt bei mir bleiben?«

»Mein einziges Gebet zu Gott ist, daß er mich nie von Euch entferne.«

»Wohl, Ihr werdet mich nie verlassen, ich bedarf Eurer.«

»Wie? Ihr bedürft meiner? die Sonne bedarf des Glühwürmchens!«

»Werdet Ihr mir völlig ergeben seyn, wenn ich Euch sage, daß ich Euch liebe?«

»Ei, bin ich es denn nicht schon ganz und gar, Madame?«

»Ja, aber Gott vergebe mir, Ihr zweifelt noch.«

»Oh! ich habe unrecht, ich bin undankbar, oder vielmehr, wie ich Euch wiederholt sagte, ich bin ein Narr. Aber warum war Herr von Mouy diesen Abend bei Euch? Warum habe ich ihn diesen Morgen bei Herrn von Alençon gesehen? Warum dieser kirschrothe Mantel? diese weiße Feder, dieses Bestreben, meine Haltung nachzuahmen?«

»Unglücklicher,« sprach Margarethe, »Unglücklicher, der sich eifersüchtig nennt und nicht errathen hat! Wißt Ihr, La Mole, daß der Herzog von Alençon Euch mit seinem eigenen Schwerte tödten würde, wenn er wüßte, daß Ihr heute Abend hier seyd, mir zu Füßen liegt, und ich, statt Euch fortzujagen, Euch sage: »Bleibt hier, so wie Ihr seyd, La Mole, denn ich liebe Euch, mein schöner Edelmann! hört Ihr, ich liebe Euch! Nun wohl, ja, ich wiederhole es: er würde Euch tödten!«

»Großer Gott!« rief La Mole, sich zurückbiegend und Margarethe voll Schrecken anschauend, »wäre es möglich!«

»Alles ist möglich, Freund, in unserer Zeit und bei diesem Hofe. Nun ein Wort: Nicht meinetwegen kam Herr von Mouy, in Euren Mantel gekleidet, das Gesicht unter Eurem Hute verborgen, in den Louvre. Es geschah wegen Herrn von Alençon. Aber ich, die ich nicht davon in Kenntniß gesetzt war, hielt ihn für Euch, führte ihn hierher im Glauben, Ihr wäret es, und sprach mit ihm, ebenfalls im Glauben, ich spräche mit Euch. Er hat unser Geheimniß in seinen Händen, La Mole, man muß ihn also schonen.«

»Ich will ihn lieber tödten,« versetzte La Mole, »das ist kürzer und sicherer.«

»Und mir, mein braver Edelmann,« sagte die Königin, »ist es lieber, daß er lebt und daß er Alles erfahre; denn sein Leben ist uns nicht nur nöthig, sondern nützlich. Hört und erwäget wohl Eure Worte, ehe Ihr sprecht: liebt Ihr mich hinreichend, La Mole, um Euch zu freuen, wenn ich wirklich Königin, d. h. Gebieterin eines wahren Königreichs, würde?«

»Ach, Madame,« rief La Mole, »ich liebe Euch genugsam, um zu wünschen, was Ihr wünscht, und wäre dieser Wunsch auch das Unglück meines ganzen Lebens.«

»Nun wohl, wollt Ihr mich in der Verwirklichung dieses Wunsches, der Euch noch glücklicher machen wird, unterstützen?«

»Oh, ich werde Euch verlieren!« rief La Mole, sein Haupt in seinen Händen verbergend.

»Nein, im Gegentheil, statt der Erste meiner Diener zu seyn, werdet Ihr der Erste meiner Unterthanen. Das ist der ganze Unterschied.«

»Oh, kein Interesse, keinen Ehrgeiz, Madame, befleckt nicht selbst das Gefühl, das ich für Euch hege… Ergebenheit, nichts als Ergebenheit.«

»Edle Natur,« sprach Margarethe, »nun ja, ich nehme sie an, Deine Ergebenheit, und werde sie zu lohnen wissen.«

Und sie reichte ihm ihre beiden Hände, welche La Mole in den seinigen drückte.

»Nun?« sagte sie.

»Nun ja,« antwortete La Mole, »ja, Margarethe, ich fange an, den unbestimmten Plan zu begreifen, von welchem man unter uns Hugenotten schon vor der Sanct-Bartholomäusnacht sprach. Zu Ausführung dieses Planes war ich, wie so viele andere Würdigere, nach Paris gerufen worden. Nach diesem wirklichen Königreiche Navarra, das ein nur in der Einbildung bestehendes ersetzen sollte, strebt Ihr. Und dazu treibt Euch König Heinrich an. Von Mouy conspirirt mit Euch, nicht wahr? Aber was hat der Herzog von Alençon mit dieser Angelegenheit zu thun? Wo ist ein Thron für ihn in Allem dem? Ich sehe es nicht. Ist der Herzog von Alençon nun hinreichend Euer… Freund, um Euch bei Allem dem zu unterstützen, und zwar, ohne etwas Anderes im Austausche dafür zu verlangen, als die Gefahr, die er läuft?«

»Der Herzog, Freund, conspirirt für seine eigene Rechnung. Lassen wir ihn sich verirren, sein Leben bürgt uns für das unsere.«

»Aber ich, der ich ihm gehöre, darf ich ihn verrathen?«

»Ihn verrathen? und worin werdet Ihr ihn verrathen? Hat er nicht Euch verrathen, indem er Herrn von Mouy Euern Mantel und Euern Hut gab, als ein Mittel, bis zu ihm zu dringen? Ihr gehört ihm, sagt Ihr? Gehörtet Ihr nicht mir, mein Edelmann, ehe Ihr ihm gehörtet? und hat er Euch einen Beweis von Freundschaft gegeben, der größer wäre, als der Beweis von Liebe, den Ihr von mir besitzt?«

La Mole erhob sich bleich und wie vom Blitz getroffen.

»Oh,« murmelte er, »Coconnas sagte es mir wohl! Die Intrigue hüllt mich in ihre Falte, sie wird mich ersticken.«

»Nun?« fragte Margarethe.

»Nun,« sprach La Mole, »so hört meine Antwort. Man behauptet, und ich habe es am andern Ende von Frankreich sagen hören, wo Euer so erhabener Name, der allgemeine Ruf Eurer hohen Schönheit wie ein schwankendes Verlangen nach dem Unbekannten mein Herz berührten, man behauptet: Ihr habet zuweilen geliebt und Eure Liebe sey stets den Gegenständen derselben unheilbringend gewesen, so daß der Tod, ohne Zweifel aus Eifersucht, sie beinahe immer Euch entrissen habe. Unterbrecht mich nicht, oh Margarita, denn man fügt bei: Ihr habet in goldenen Kapseln die Herzen dieser treuen Freunde15 bewahrt, und Ihr gönnet zuweilen diesen traurigen Ueberresten eine schwermüthige Erinnerung, einen frommen Blick. Ihr seufzt, meine Königin, Eure Augen verschleiern sich, es ist wahr. Wohl, macht aus mir den geliebtesten und glücklichsten von Euren Günstlingen. Bei Andern habt Ihr das Herz durchbohrt, und Ihr bewahrt dieses Herz. Bei mir macht Ihr mehr, Ihr gebt meinen Kopf Preis. Wohl, Margarethe, schwört mir vor dem Bilde dieses Gottes, der mein Leben gerade hier gerettet hat, schwört mir, daß Ihr, wenn ich für Euch sterbe, wie es mir ein unbestimmtes Vorurtheil andeutet, um Eure Blicke zuweilen darauf weilen zu lassen, diesen Kopf behaltet, den der Henker von meinem Leibe getrennt haben wird. Schwört mir, Margarethe, und das Versprechen einer solchen Belohnung von meiner Königin wird mich stumm, im Falle der Noth zum Verräther und feig machen, das heißt, ganz ergeben, wie es der von Euch bevorzugte, wie es Euer Genosse sein muß.«

»Oh traurige Thorheit,« sprach Margarethe, »oh unseliger Gedanke!

»Schwört …«

»Worauf soll ich schwören?«

»Auf dieses silberne Kästchen, welches von einem Kreuze überragt wird.«

»Nun wohl, wenn, was Gott verhüten möge, Deine düstere Ahnungen sich verwirklichen, mein schöner Edelmann, auf dieses Kreuz schwöre ich Dir, Du sollst bei mir seyn, lebendig oder todt, so lange ich selbst lebe. Und wenn ich Dich aus der Gefahr nicht retten kann, in die ich Dich, ich weiß es wohl, für mich allein stürze, so gebe ich wenigstens Deiner armen Seele den Trost, welchen Du verlangst und den Du so gut verdient haben wirst.«

»Noch ein Wort, Margarethe. Ich kann nun sterben, ich bin über meinen Tod beruhigt; ich kann aber auch leben, wir können siegen. Der König von Navarra kann wirklich König werden, Ihr könnt Königin seyn. Dann wird Euch der König entführen. Das unter Euch ausgesprochene Gelübde der Trennung wird eines Tags gebrochen werden und die unsere zur Folge haben. Margarethe, theure, vielgeliebte Margarethe, mit einem Worte habt Ihr mich über meinen Tod beruhigt, beruhigt mich nun auch mit einem über mein Leben.«

»Oh, fürchte nichts!« rief Margarethe, die Hand abermals nach dem Kreuze über dem Kästchen ausstreckend. »Wenn ich reise, folgst du mir, und wenn der König sich weigert, Dich mitzunehmen, dann bin ich es, welche nicht reist.«

»Aber Ihr werdet es nicht wagen, zu widerstehen?«

»Mein vielgeliebter Hyacinth,« sprach Margarethe, »Du kennst Heinrich nicht. Heinrich denkt in diesem Augenblicke nur an Eines, daran, König zu werden.

Und diesem Verlangen würde er im gegenwärtigen Augenblicke Alles opfern, was er besitzt und eben darum noch viel mehr, was er nicht besitzt. Gott befohlen!«

Von diesem Abend an war La Mole kein gewöhnlicher Günstling mehr und er konnte den Kopf hoch tragen, dem, lebendig oder todt, eine so süße Zukunft vorbehalten war.

Zuweilen aber neigte sich seine gewichtige Stirne gegen die Erde, seine Wange erbleichte und herbes Nachsinnen zog seine Furchen zwischen den Augenbrauen des einst so heitern, jetzt so glücklichen jungen Mannes.

VI.
Die Hand Gottes

Heinrich sagte zu Frau von Sauves, als er sie verließ:

»Legt Euch zu Bette, Charlotte. Stellt Euch, als wäret Ihr ernstlich krank, und empfangt morgen unter keinem Vorwand irgend einen Menschen.«

Charlotte gehorchte, ohne sich Rechenschaft darüber zu geben, was den König zu diesem Geheiß bewegen dürfte. Sie fing an, sich an seine Exzentrizitäten, wie man in unsern Tagen sagen würde, und an seine Phantasien zu gewöhnen, wie man damals sagte.

Ueberdieß wußte sie, daß Heinrich in seinem Herzen Geheimnisse verschloß, die er Niemand mittheilte, daß in seinem Geiste Pläne verwahrt waren, die er sogar in seinen Träumen zu enthüllen sich fürchtete, und sie gehorchte somit allen seinen Willensausbrüchen überzeugt, daß auch seine seltsamsten Gedanken ein bestimmtes Ziel hatten.

An demselben Abend beklagte sie sich daher gegen Dariole über große Schwere des Kopfes, begleitet von Schwindel. Das waren die Symptome, welche Heinrich ihr vorzuschützen empfohlen hatte.

Am anderen Tage gab sie sich den Anschein, als wollte sie aufstehen, aber kaum hatte sie einen Fuß auf den Boden gesetzt, als sie sich über allgemeine Schwäche beklagte und wieder zu Bette ging.

Diese Unpäßlichkeit, welche Heinrich dem Herzoge von Alençon mitgetheilt hatte, war die erste Neuigkeit, die man Catharina überbrachte, als sie mit ruhiger Miene fragte, warum die Sauves nicht wie gewöhnlich bei ihrem Lever erscheine.

»Krank«, antwortete die gerade anwesende Herzogin von Lothringen.

»Krank,« wiederholte Catharina, ohne daß eine Muskel ihre Theilnahme an der Antwort verrieth. »Eine Müdigkeit der Trägen.«

»Nein, Madame,« versetzte die Prinzessin. »Sie beklagt sich über ein heftiges Kopfweh und über eine Schwäche, die sie zu gehen verhindert.«

Catharina antwortete nicht, sondern wandte sich, ohne Zweifel um ihre Freude zu verbergen, nach einem Fenster; als sie Heinrich erblickte, der nach seiner Unterredung mit Herrn von Mouy durch den Hof schritt, erhob sie sich, um ihn schärfer zu betrachten, und angetrieben durch das Gewissen, das, obgleich unsichtbar, beständig im Grunde selbst der gegen das Verbrechen am meisten abgehärteten Herzen arbeitet, fragte sie ihren Kapitän der Garde:

»Sollte man nicht glauben, mein Sohn Heinrich sey diesen Morgen bleicher, als gewöhnlich?«

Es verhielt sich nicht so; Heinrich war sehr unruhig im Geiste, aber sehr gesund am Körper.

Allmählich zogen sich die Personen zurück, welche gewöhnlich dem Lever der Königin beiwohnten. Drei bis vier Vertrautere blieben. Catharina entließ sie ungeduldig und sagte, sie wolle allein bleiben.

Als sich der letzte Höfling entfernt hatte, schloß Catharina die Thüre hinter ihm, ging an einen Schrank, der in einer von den Füllungen ihres Zimmers verborgen war, schob die Thüre in einen Falz des Täfelwerks zurück und zog ein Buch heraus, dessen zerknitterte Blätter einen häufigen Gebrauch andeuteten. Sie legte das Buch auf einen Tisch, öffnete es, stützte ihren Ellenbogen aus die Tafel und den Kopf auf ihre Hand.

»So ist es,« murmelte sie lesend, »Kopfweh, allgemeine Schwäche, Augenschmerzen, Anschwellung des Gaumens. Man hat bis jetzt nur von Kopfweh und Schwäche gesprochen… die andern Symptome werden nicht lange auf sich warten lassen.«

Sie fuhr fort:

»Dann ergreift die Entzündung den Schlund, dehnt sich auf den Magen aus, umzieht das Herz wie mit einem feurigen Kreise und zerreißt das Hirn wie mit einem Donnerschlage.«

Sie überlas diese Stelle noch einmal ganz leise und fuhr dann fort:

»Für das Fieber sechs Stunden, für die Entzündung zwölf Stunden, für den Brand zwölf Stunden, für den Todeskampf sechs Stunden, im Ganzen sechsunddreißig Stunden.

»Setzen wir nun, der Proceß des allmählichen Einziehens daure etwas länger, als dieß bei einem gewöhnlichen Einflößen der Fall ist, so bekommen wir statt sechsunddreißig vierzig, vielleicht achtundvierzig, ja, achtundvierzig Stunden müssen hinreichen. Doch er, Heinrich, wie kann er noch so aufrecht einherschreiten? Weil er ein Mann, weil er von kräftiger Körperbeschaffenheit ist, weil er vielleicht, nachdem er sie geküßt, getrunken, und sich nach dem Trinken die Lippen abgetrocknet hat.«

Catharina erwartete ungeduldig die Stunde des Mittagsmahles. Heinrich speiste jeden Tag an der königlichen Tafel. Er kam, beklagte sich ebenfalls über stechenden Schmerz im Gehirn, aß nichts und zog sich sogleich nach dem Mahle unter dem Vorgeben zurück, er habe einen Theil der Nacht gewacht, und fühle ein dringendes Bedürfniß zu schlafen.

Catharina hörte, wie sich der wankende Tritt von Heinrich entfernte, und gab Befehl, ihm zu folgen.

Man meldete ihr, der König von Navarra habe seinen Weg nach dem Zimmer von Frau von Sauves genommen.

»Heinrich,« sagte sie zu sich selbst, »wird bei ihr das Werk eines Todes vollenden, den ein unglücklicher Zufall vielleicht unvollständig gelassen hat.«

Der König von Navarra war wirklich zu Frau von Sauves gegangen, aber nur um ihr zu sagen, sie solle ihre Rolle fortspielen.

Am andern Tage verließ Heinrich sein Zimmer den ganzen Morgen nicht, und er erschien auch nicht bei der Tafel des Königs. Bei Frau von Sauves, sagte man, gehe es immer schlimmer, und das Gerücht von der Krankheit von Heinrich lief, von Catharina selbst verbreitet, wie eine von jenen Ahnungen umher, die in die Luft übergehen, ohne daß sich Jemand die Ursache derselben zu erklären weiß.

Catharina beglückwünschte sich; von dem Tage zuvor bis zum Morgen hatte sie Ambroise Paré entfernt, um einem ihrer Lieblingskammerdiener, der in Saint-Germain krank lag, Hilfe zu leisten. Nothwendigerweise mußte man also einen ihr ergebenen Menschen zu Frau von Sauves und zu Heinrich rufen, und dieser Mensch würde nur sagen, was sie wollte. Sollte jedoch wider Erwarten ein anderer Arzt in die Sache verwickelt werden, sollte die Erklärung, es habe Giftmischerei stattgefunden, diesen Hof erschrecken, wo bereits so viele ähnliche Erklärungen erschollen waren, so zählte sie sehr auf den Lärmen, den die Eifersucht von Margaretha in Beziehung auf die Liebschaft ihres Gemahls veranlaßt hatte. Man erinnert sich, daß die Königin auf gut Glück viel von dieser Eifersucht, welche sich unter verschiedenen Umständen kund gegeben, gesprochen und unter Anderem, bei der Pilgerschaft nach dem Weißdorne, zu ihrer Tochter in Gegenwart von mehreren Personen gesagt hatte:

»Du bist also sehr eifersüchtig, Margarethe?«

Sie erwartete nun mit gefaßtem Gesichte den Augenblick, wo die Thüre sich öffnen und irgend ein Diener, bleich und erschrocken eintretend, ausrufen würde:

»Majestät, der König von Navarra stirbt und Frau von Sauves ist gestorben!«

Es schlug vier Uhr Nachmittags. Catharina befand sich in der Volière, wo sie Zwiebacke für einige seltene Vögel, die sie mit eigener Hand fütterte, zerkrümelte. Obgleich ihr Gesicht, wie immer, ruhig und beinahe finster war, so schlug doch ihr Herz bei jedem Geräusch auf das Heftigste.

Plötzlich öffnete sich die Thüre.

»Madame,« sprach der Kapitän der Garden, »der König von Navarra ist…«

»Krank!« unterbrach ihn lebhaft Catharina.

»Nein, Madame, Gott sey Dank! Seine Majestät scheint sich ausgezeichnet wohl zu befinden.«

»Aber was sagt Ihr dann?«

»Daß der König von Navarra hier ist.«

»Was will er von mir?«

»Er bringt Eurer Majestät einen Affen von der seltensten Art.«

In diesem Augenblick trat Heinrich ein, einen Korb in der Hand haltend und einen Ouistiti16 streichelnd, der in dem Körbchen lag.

Heinrich lächelte bei seinem Eintritt und schien ganz nur auf das kleine Thierchen aufmerksam, das er brachte. Aber so sehr er auch damit beschäftigt zu seyn schien, so verlor er darum doch nicht den ersten Blick, der ihm in schwierigen Umständen genügte.

Catharina war sehr blaß, und diese Blässe wuchs, je mehr sie in den Wangen des jungen Mannes, der sich ihr näherte, das frische Roth der Gesundheit kreisen sah.

Die Königin Mutter war betäubt bei diesem Schlage. Sie nahm maschinenmäßig das Geschenk, bebte, machte ihm ein Compliment über sein gutes Aussehen und fügte bei:

»Ich bin um so mehr erfreut, Euch in so guter Gesundheit bei mir zu sehen, mein Sohn, als ich vernahm, Ihr wäret krank, und als ich, wenn ich mich recht erinnere, Euch selbst in meiner Gegenwart über Unpäßlichkeit klagen hörte. Aber ich begreife nun,« fügte sie bei, indem sie zu lächeln suchte, »es war nur ein Vorwand, um Euch frei zu machen.«

»Ich war in der That sehr krank, Madame,« antwortete Heinrich, »aber ein in unsern Gebirgen einheimisches specifisches Mittel, das mir von meiner Mutter zugekommen ist, hat diese Unpäßlichkeit völlig geheilt.«

»Ah, Ihr werdet mir dieses Recept mittheilen, nicht wahr, Heinrich?« sprach Catharina, dießmal wirklich lächelnd, aber mit einer Ironie, die sie nicht zu verbergen vermochte.

»Irgend ein Gegengift,« murmelte sie, »wir werden darauf bedacht seyn, oder vielmehr, nein. Als er Frau von Sauves krank sah, wird er mißtraut haben. In der That, man muß glauben, daß die Hand Gottes über diesem Manne ausgebreitet ist.«

Catharina erwartete ungeduldig die Nacht. Frau von Sauves erschien nicht. Beim Spiele fragte sie nach ihr. Man antwortete, sie leide immer mehr. Catharina war den ganzen Abend unruhig, und man fragte sich ängstlich, welche Gedanken das gewöhnlich so unbewegliche Gesicht erregen könnten.

Alle Anwesenden zogen sich zurück. Catharina ließ sich von ihren Frauen auskleiden und ging zu Bette. Als sich Jedermann im Louvre niedergelegt hatte, erhob sie sich wieder, zog ein langes schwarzes Nachtkleid an, nahm eine Lampe, wählte unter ihren Schlüsseln denjenigen, welcher die Thüre von Frau von Sauves öffnete und stieg zu ihrer Ehrendame hinauf.

Hatte Heinrich diesen Besuch vorhergesehen, war er bei sich beschäftigt hielt er sich irgendwo verborgen? … die junge Frau befand sich ganz allein.

Catharina öffnete vorsichtig die Thüre, schritt durch das Vorzimmer, trat in den Salon, stellte ihre Lampe auf einen Schrank, denn es brannte eine Nachtlampe in der Nähe der Kranken, und schlüpfte wie ein Schatten in das Schlafzimmer.

In einem großen Fauteuil ausgestreckt, schlief Dariole neben dem Bette ihrer Gebieterin.

Dieses Bett war durch Vorhänge ganz geschlossen.

Der Athem der jungen Frau war so leicht, daß Catharina einen Augenblick dachte, sie athme gar nicht mehr.

Endlich hörte sie ein leichtes Schnaufen und mit boshafter Freude hob sie den Vorhang, um sich selbst von der Wirkung des furchtbaren Giftes zu überzeugen. Im Voraus bebend bei dem von ihr erwarteten Anblicke der Leichenblässe oder des verzehrenden Purpurs eines tödtlichen Fiebers; aber statt dessen fand sie die schöne junge Frau, wie sie, die Augen sanft mit ihren weißen Lidern geschlossen, den Mund rosig und halb geöffnet, die zarte Wange auf einem ihrer anmuthig gerundeten Arme ruhend, während sich der andere frisch und blendend auf dem rothen Damast ausstreckte, der ihr als Decke diente, ruhig und beinahe lachend schlief. Denn ohne Zweifel ließ ein bezaubernder Traum auf ihren Lippen das Lächeln und auf ihrer Wange das Colorit eines unstörbaren Wohlbehagens erblühen.

Catharina konnte sich eines Schreis des Erstaunens nicht erwehren, der Dariole für einen Augenblick erweckte.

Die Königin Mutter warf sich hinter die Bettvorhänge.

Dariole öffnete die Augen, aber vom Schlafe gefesselt, ließ sie, ohne in ihrem betäubten Geiste nach der Ursache des Erwachens zu forschen, ihre schweren Augenlider wieder herabfallen und entschlummerte abermals.

Catharina trat nun aus dem Vorhange hervor, und sah, ihren Blick andern Punkten des Zimmers zuwendend, auf einem Tische eine Flasche spanischen Wein, Früchte, Confect und zwei Gläser. Heinrich mußte bei Frau von Sauves zu Nacht gespeist haben, welche sich offenbar so wohl befand als er.

Catharina ging auf ihre Toilette zu, und ergriff die kleine, zum dritten Theile leere, silberne Kapsel. Es war dieselbe, welche sie Charlotte hatte zustellen lassen, oder dieser wenigstens völlig ähnlich. Sie nahm ein Theilchen von der Größe einer Perle aus der Spitze einer goldenen Nadel davon mit, kehrte in ihre Wohnung zurück und bot es dem kleinen Affen, den ihr Heinrich geschenkt hatte. Durch den aromatischen Geruch angezogen. verschlang es das Thier gierig, legte sich rund in sein Körbchen und entschlief wieder. Catharina wartete eine Viertelstunde.

»Mit der Hälfte von dem, was der Affe gefressen hat,« sagte Catharina, ist mein Hund Brunot ganz aufgeschwollen gestorben. Man hat meinen Plan vereitelt. Etwa René? René! Das ist unmöglich. Heinrich also: o, unseliges Geschick! es ist klar, da er regieren soll, kann er nicht sterben.«

»Aber vielleicht ist nur das Gift ohnmächtig, wir wollen es mit dem Eisen versuchen und dann sehen.«

Und Catharina legte sich nieder und drehte in ihrem Geiste einen neuen Gedanken hin und her, der ohne Zweifel am andern Tage völlig gereist war; denn am andern Tage rief sie ihrem Kapitän der Garden, übergab ihm einen Brief, mit dem Befehle denselben an seine Adresse zu tragen und ihn nur in die eigenen Hände desjenigen zu übergeben, an welchen er gerichtet war.

Er war an den Sire Louviers von Maurevel, Kapitän der Petardirer des Königs, Rue de la Cerisaie beim Arsenal adressirt.

15.Sie trug einen großen Wulst, welcher rings umher Täschchen hatte. In jedes derselben steckte sie eine Kapsel, in welcher das Herz von einem ihrer hingeschiedenen Liebhaber enthalten war; denn sie war sorgfältig darauf bedacht, wenn sie starben, ihr Herz einbalsamiren zu lassen. Dieser Wulst hing jeden Abend an einem Haken, der hinter dem Kopfbrette ihres Bettes verschlossen wurde. Tallement des Réaux, Historiettes de Marguerite de Valois.
16.Pinseläffchen

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04 aralık 2019
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