Kitabı oku: «La San Felice Band 12», sayfa 6
Fünftes Capitel.
Die Nacht vom 13. bis 14. Juni
Die Nacht vom I3. Bis 14. Juni senkte sich düster auf den mit Leichen bedeckten Meeresstrand und auf die von Blut gerötheten Straßen der Stadt herab.
Dem Cardinal Ruffo war sein Plan gelungen, mit seiner Geschichte von den Stricken und der Erscheinung des heiligen Antonius hatte er im Herzen von Neapel den Bürgerkrieg entzündet.
Auf der Magdalenenbrücke und auf dem Strande von Portici und Resan hatte das Feuer aufgehört, in den Straßen von Neapel aber wurden um so eifriger Schüsse gewechselt.
Als die Patrioten sahen, daß man angefangen hatte ihre Parteigenossen in den Häusern niederzumetzeln, hatten sie beschlossen, einen Tod ohne Rache nicht in ihren Wohnungen zu erwarten.
Jeder hatte sich daher bewaffnet, sein Haus verlassen und sich der ersten Gruppe, der er begegnete, angeschlossen.
An jeder Straßenecke, wo eine Patrouille Patrioten und eine Bande Lazzaroni aufeinanderstießen, wechselte man Flintenschüsse.
Die Flintenschüsse, welche ihr Echo bis in das Castello Nuovo sandten, schienen wie eben so viele Gewissensbisse Salvato zu sagen, daß es, wenn eine Stadt einem zügellosen, grausamen Pöbel preisgegeben ist, etwas Besseres zu thun gibt, als seiner Geliebten zu sagen, daß man sie liebt.
Ueberdies lag es ihm schwer auf dem Herzen, zwei Stunden lang das Spielwerk von dreißig Lazzaroni gewesen zu sein, und sich für diesen Schimpf noch nicht gerächt zu haben.
Michele, der nach ihm fragen ließ, gab ihm einen Vorwand, das Zimmer zu verlassen.
Michele kam, um ihm zu melden, daß er die Barke abststoßen und Pagliucella an dem Steuerruder Platz nehmen gesehen habe.
»Weißt Du,« fragte Salvato, »wo Nicolino mit seinen Husaren bivouakirt?«
»An der Immacolatella,« antwortete Michele.
»Wo sind deine Leute?« fragte Salvato.
»Unten; ich habe ihnen zu essen und zu trinken geben lassen. Habe ich nicht recht daran gethan?«
»Im Gegentheih, die Leute haben verdient, daß man ihnen ein wenig Ruhe gönnt. Glaubst Du aber, daß sie geneigt seien, Dir abermals zu folgen?«
»Ich glaube, sie sind bereit mit mir in die Hölle hinab oder in den Mond hinaufzusteigen, aber unter der Bedingung daß Sie ihnen ein Wort der Ermuthigung sagen.«
»Darauf soll es mir nicht ankommen; gehen wir.«
Salvato und Michele traten in das niedrige Zimmer, wo die Lazzaroni aßen und tranken. Bei dem Anblicks ihres Anführers und des jungen Offiziers erhoben sie den Rufe »Es lebe Michele! es lebe der General Salvato!«
»Meine Kinder,« sagte Salvato zu ihnen, »wenn Ihr Alle beisammen, wäret, wie Viele würdet Ihr euer sein?«
»Sechs- bis siebenhundert wenigstens.«
»Wo sind eure Kameraden?«
»Ach, wer weiß das!« antworteten zwei andere Lazzaroni, die Unterlippe hängen lassend.
»Ist es unmöglich, eure Cameraden zusammenzubringen?«
»Unmöglich nicht, wohl aber schwierig.«
»Wenn ich Euch jedem zwei Carlini für jeden Mann gebe, den ihr herbeiholt, würdet Ihr die Sache immer noch für so schwierig halten?«
»Nein, das würde sie schon bedeutend fördern.«
»Nun, hier habt Ihr vor der Hand zwei Ducati der Mann; Ihr müßtet mir dafür jeder zehn Cameraden herbeischaffen, und seid also nun im Ganzen für dreihundert Mann im Voraus bezahlt.«
»Ah, das lassen wir uns gefallen, das nennen wir gut gesprochen! Auf Ihre Gesundheit General!«
Dann setzten sie wie mit einer einzigen Stimme hinzu:
»Befehlen Sie, General!«
»Höre wohl, was ich sagen werde, Michele, und laß das, was ich Dir gesagt haben werde, pünktlich ausführen.«
»Sie können unbesorgt sein, mein General. Ich werde keines Ihrer Worte verlieren.«
»Jeder deiner Leute, hob Salvato wieder an, möge so viel Cameraden zusammenbringen, als er kann, und sich dann zum Anführer der kleinen Schaar machen. Sammelt Euch dann in der Straße del Tendeno. Seid Ihr einmal dort so zählt Euch. Wenn Ihr vierhundert seid, so theilt Euch in vier Trupps; seid Ihr sechshundert, in sechs. In den Straßen von Neapel können Trupps von hundert Mann Allem widerstehen und wenn sie entschlossen sind, Alles besiegen. Wenn es auf dem Castello Capuana elf schlägt, so setzt Euch in Marsch, indem Ihr Alles, was Euch in den Weg kommt, in die Toledostraße hineintreibt und von Zeit zu Zeit Schüsse abfeuert, um anzudeuten, wo Ihr seid. Findet Ihr das sehr schwierig?«
»Nein, im Gegentheil sehr leicht. Müssen wir sogleich fort?«
»Noch nicht. Drei Freiwillige!«
Es traten augenblicklich drei Freiwillige vor.
»Warum drei Mann, da nur einer nöthig ist?«
»Weil von dreien zwei gefangengenommen oder getödtet werden können.«
»Das ist richtig,« sagten die Lazzaroni, welchen diese feste, bestimmte Sprache noch mehr Muth machte.
»Die Aufgabe, welche ich Euch Dreien stelle, besteht darin, daß Ihr auf irgend einem beliebigen Wege bis zu dem Kloster San Martino gelangt, wo sechs- bis siebenhundert Patrioten beisammen sind, welche Mejean sich geweigert in das Castell San Elmo aufzunehmen. Ihr werdet ihnen sagen, daß sie die zwölfte Stunde abwarten sollen.«
»Wir werden es ihnen sagen.«
»Bei den ersten Schüssen, die nach ihrem Ermessen von Euch abgefeuert werden, werden sie sich in Bewegung setzen, ohne auf Widerstand zu stoßen – denn auf dieser Seite sind die Lazzaroni nicht – und alle kleinen Nebengäßchen sperren, durch welche diejenigen, die unsere Cameraden vor sich hertreiben werden, zu entfliehen suchen könnten. Auf diese Weise zwischen zwei Feuer genommen, werden die Sanfedisten sich in die Toledostraße zusammengedrängt sehen. Das Uebrige ist meine Sache.«
»Sobald das Uebrige Ihre Sache ist, brauchen wir uns weiter nicht darum zu bekümmern.«
»Hast Du mich verstanden, Michele?«
»Das wollte ich meinen.«
»Habt auch Ihr Anderen mich richtig verstanden?«
»Vollkommen.«
»Nun gut, dann laßt uns handeln.«
Man öffnete das Thor, man ließ die Zugbrücken hinab, die drei Mann, welche beauftragt waren, sich nach dem Kloster San Martino in der Strada del Mala zu begeben, entfernten sich. Die Anderen zertheilten sich in zwei Trupps, von welchen der eine in die Strada Medina, der andere in die Strada del Porte hinein verschwand.
Was Salvato betraf, so machte er sich ganz allein auf den Weg nach der Immacolatella.
Ganz wie Michele ihm gesagt, bivouakirten Nicolino und seine Husaren zwischen der Immacolatella und dem kleinen Hafen, wo sich gegenwärtig das Zollamt befindet.
Bewacht war das Lager durch berittene Vedetten in der Richtung der Strada del Piliere, der Strada Nuova und der Strada Olivare.
Salvato gab sich den Schildwachen zu erkennen und gelangte bis zu Nicolino.
Dieser lag auf dem Lastrico, mit dem Kopf auf dem Sattel seines Pferdes. Neben ihm stand ein Krug und ein Glas Wasser.
Dies war das Bett und das Souper dieses Sybariten, welchem ein Jahr vorher ein Rosenblatt in seinem Bett das Einschlafen unmöglich gemacht hätte, und welcher seinen Hund auf silbernem Geschirr fütterte.
Salvato weckte ihn.
Nicolino fragte, ziemlich schlecht gelaunt, was man von ihm wolle.
Salvato nannte sich.
»Ah, lieber Freund,« sagte Nicolino, »nur Sie können es wagen, mich aus einem so lieblichen Traume zu wecken. Denken Sie sich, ich träumte, ich wäre der schöne Schäfer Paris, ich hätte die Aepfel soeben ausgetheilt und tränke Nectar und äße Ambrosia mit der Göttin Venus, welche der Marquise von San Clemente so ähnlich sah wie ein Wassertropfen dem andern. Wenn Sie mir vielleicht Nachrichten über dieselbe mittheilen können, so thun Sie es.«
»Leider kann ich dies nicht. Warum glauben Sie, daß ich Mittheilungen über die Marquise machen könne?«
»Warum nicht? Sie hatten ja an dem Tage, wo man Sie ermorden wollte, auch einen Brief von ihr in der Tasche.«
»Nur keinen unzeitigen Scherz, lieber Freund. Es gilt jetzt von ernsten Dingen zu sprechen.«
»Ich bin so ernst wie der heilige Januarius. Was wollen Sie mehr?«
»Nichts. Können Sie mir ein Pferd und einen Säbel geben?«
»Ein Pferd? mein Diener muß mit meinem Pferde und einem Handpferd am Meeresstrande sein. Was einen Säbel betrifft, so habe ich drei oder vier Leute, die so schwer verwundet sind, daß man ihnen, ohne ein Unrecht an ihnen zu begehen, wohl die Säbel abnehmen kann. Was die Pistolen betrifft, so finden Sie deren in den Holftern und zwar fertig geladen. Sie wissen, daß ich Ihr Pistolenlieferant bin. Machen Sie davon einen eben so lustigen Gebrauch wie von den anderen und ich werde dann nichts Besseres wünschen.«
»Nun gut, lieber Freund, dann werde ich eines Ihrer Pferde besteigen, den Säbel eines Ihrer Leute umgürten, die Hälfte Ihrer Husaren nehmen und durch die Strada Foria hinausreiten, während Sie über den Largo del Castello rücken. Sind wir dann an beiden Enden der Toledostraße und schlägt es Mitternacht, so greifen wir jeder von unserer Seite an. An Arbeit wird es uns nicht fehlen.«
»Ich verstehe Sie nicht recht, aber das thut weiter nichts. Was Sie arrangieren, ist allemal gut arrangiert. Ich werde, ohne weiter zu fragen, darauf lossäbeln.«
Nicolino ließ die beiden Pferde bringen. Salvato ergriff den Säbel eines Verwundeten, die beiden jungen Leute schwangen sich in den Sattel und rückten verabredetermaßen jeder mit einer Hälfte der Husaren gegen die Toledostraße vor, der eine durch die Strada Foria, der andere über den Largo del Castello.
Und nun während die beiden Freunde sich bemühen, die sanfedistischen Lazzaroni nicht blos zwischen zwei Feuer, sondern auch zwischen zwei Eisen zu nehmen, wollen wir die Magdalenenbrücke überschreiten und in ein kleines zwischen der Brücke und den Granili gelegenen Haus von ziemlich malerischem Aussehen treten.
Dieses Haus, welches man heute noch als das zeigt, welches während der Belagerung von dem Cardinal Ruffo bewohnt ward, war oder vielmehr – denn es existirt heute noch in vollkommen wohl erhaltenem Zustande – ist das, wo er sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte.
Hier war er nur einen Büchsenschuß weit von den republikanischen Vorposten entfernt, aber er hatte einen Theil der sanfedistischen Armee ganz in seiner Nähe auf der Magdalenenbrücke und auf dem Largo del Ponte.
Seine Vorposten reichten bis an die Via della Gabela.
Diese Vorposten bestanden aus Calabresen.
Die Calabresen aber waren wüthend.
In dem großen Kampfe, den sie an diesem Tage bestanden und dessen Hauptepisode die Explosion des Fortes von Vigliana gewesen, waren die Calabresen allerdings nicht besiegt worden, aber sie betrachteten sich auch nicht als Sieger. Die Sieger waren die, welche einen heldenmüthigen Tod gestorben waren, die Besiegten waren die, welche viermal zum Angriff zurückgekehrt waren, ohne das Fort nehmen zu können welche, um eine Bresche zu machen, der Russen und ihrer Kanonen bedarft hatten.
Deshalb und weil sie kaum hundertundfünfzig Schritte weit das Fort del Carmine vor sich hatten, complottirten sie leise, sich desselben zu bemächtigen, ohne erst die Autorisation ihrer Anführer dazu zu verlangen. Dieser Vorschlag war mit einem solchen Enthusiasmus aufgenommen worden, daß die mit ihnen campirenden Türken verlangt hatten diese Expedition mitzumachen.
Dieses Anerbieten war angenommen worden und man hatte sich folgendermaßen in die Rollen getheilt.
Die Calabresen sollten sich nach und nach aller Häuser bemächtigen, welche die Via della Gabela von der Straße trennten, die sieh längs des Fortes del Carmine hinzog.
Da die oberen Stockwerke des letzten Hauses auf das Fort gingen, so beherrschten sie die Mauern desselben und sahen folglich die Vertheidiger ungedeckt. So wie diese Vertheidiger sich der Mauer näherten, sollten sie niedergeschossen werden und mittlerweile sollten die Türken, den Säbel zwischen den Zähnen, einer dem andern auf die Schultern klettern und so die Mauer ersteigen.
Kaum war dieser Plan festgestellt, so begannen die Angreifer ihn in Ausführung zu bringen.
Der Tag war ein heißer und anstrengender gewesen, und die Vertheidiger der Stadt, welche glaubten, die Soldaten des Cardinals seien eben so müde als sie selbst, hofften auf eine ruhige Nacht.
Die, welche die dem Fort am nächsten gelegenen Häuser besetzt hielten, das heißt die, welche die republikanischen Vorposten bildeten, wurden im Schlafe überrumpelt und niedergemacht, so daß binnen weniger als einer Viertelstunde etwa fünfzig Mann unter den besten Schützen ausgewählte Calabresen sich in der zweiten und dritten Etage und auf dem platten Dache des Hauses vor Fiumicello, das heißt kaum dreißig Schritte von dem Fort del Carmine, festgesetzt hatten.
Gleich bei dem ersten Geschrei und gleich als die ersten Thüren eingeschlagen worden, hatten die Schildwachen des Fortes »Alarm!« gerufen und die Patrioten waren auf die Plattform der Citadelle geeilt, weil sie sich hinter ihren Mauern gedeckt glaubten. Plötzlich brach ein Feuer von oben herab auf sie los und sie wurden mit einem Eisenhagel überschüttet.
Mittlerweile waren die Türken mit wenigen Sprüngen an den Fuß der Mauern gelangt und hatten die Ersteigung derselben begonnen. Die Belagerten konnten sich dieser Ersteigung nicht widersetzen, ohne sich eine Blöße zu geben, und jeder, der dies that, war sofort ein Kind des Todes.
Ein solcher Kampf konnte nicht lange dauern. Die Patrioten, welche noch auf der mit Leichen besäten Plattform der kleinen Festung standen, gewahrten eine auf den Platz del Mercato gehende Hinterthür, gewannen durch die Strada della Conciana einerseits und den Quai andererseits die Strada San Giovanni und zerstreuten sich in der Stadt.
Der Cardinal hatte bei dem Getöse des von den Calabresen auf die Vertheidiger des Fortes eröffneten furchtbaren Musketenfeuers an einen Angriff der Republikaner geglaubt, Generalmarsch schlagen lassen und hielt sich auf jedes Ereigniß gefaßt.
Zugleich hatte er Boten ausgesendet, um sich erkundigen zu lassen, was die Ursache dieses Getöses sei, als aufeinmal Türken und Calabresen ganz berauscht von ihrem Siege selbst kamen, um ihm zu melden, daß sie Meister des Fortes waren.
Dies war eine große Neuigkeit. Der Cardinal konnte nun weder von der Marinella noch von dem Altmarkte her angegriffen werden, und da Frau Pacifico, nachdem er seine Fahne den ganzen Tag über herumgetragen und die Stadt in Flammen gesetzt, soeben zurückkam, so schickte der Cardinal ihn zur Belohnung für seine guten Dienste mit seinen zwölf Capuzinern in das Fort, um dort die Leitung der Artillerie zu übernehmen.
Kaum hatte der Cardinal diesen Befehl ertheilt, so meldete man ihm, daß man soeben eine Barke genommen, welche, von dem Castell Nuovo herkommend, nach dem Granatello zu steuern geschienen.
Der, welcher der Patron der Barke zu sein schien, war ein Ueberbringer des Billets, dessen man sich bemächtigt hatte.
Der Cardinal kehrte in sein Quartier zurück und ließ sich den Patron der genommenen Barke vorführen.
Bei dem ersten Worte aber, welches der Cardinal an ihn richtete, antwortete er durch eine Parole, welche der Familie Ruffo und ihren Dienstleuten eigenthümlich und unter schwierigen Umständen eine Art sicheres Geleite war: »La Malaga è siempre Malaga.«
Durch dieses Paßwort hatte schon der ehemalige Koch Corcia sich zu erkennen gegeben, als man ihn im Lager der Russen vor den Cardinal geführt.
In der That hatte der Patron der Barke, anstatt das Weite zu suchen, was ihm doch sehr leicht gewesen wäre, sich dem Strande genähert, so daß er bemerkt werden mußte.
Dann hatte er, anstatt die Richtung nach dem Granatello, welches er sehr wohl vor seinen Verfolgern hatte erreichen können, zu nehmen, in die hohe See hinaussteuern lassen, so daß es der ihn verfolgenden Barke leicht gewesen war ihn einzuholen, denn letztere war mit sechs Ruderern bemannt.
Was den Brief, den er bei sich trug, betraf, so wäre, wenn es nicht im Interesse des Cardinals gelegen hätte, nichts leichter gewesen, als diesen Brief zu zerreißen oder mit einer Bleikugel beschwert die ihn bis auf den Boden des Meeres hinabgezerrt hätte, ins Wasser zu werfen.
Im Gegentheile aber hatte er den Brief bei sich behalten und auf die erste Aufforderung, die deshalb an ihn ergangen, dem sanfedistischen Officier zugestellt.
Dieser sanfedistische Officier war jener Scipio Lamarra, welcher dem Cardinal die Fahne der Königin überbracht hatte. Der Cardinal ließ ihn kommen und bestätigte Alles, was der Patron gesagt, der übrigens schon durch die Parole gedeckt ward, die er von der Schwester des Cardinals selbst, das heißt von der Fürstin von Campana, hatte.
Diese Parole hatte er auch allen denjenigen seiner Cameraden mitgetheilt, auf welche er rechnen zu können glaubte, und welche wie er die Patrioten spielten, bis es Zeit sein würde, die Maske abzuwerfen.
Nur meldete er dem Cardinal, daß ohne Zweifel aus Mißtrauen gegen ihn der Oberst Michele, der ihn nach dem Granatello geschickt, der Barke einen ihm ergebenen Mann beigegeben habe, der kein Anderer sei als sein Lieutenant Pagliucella.
In dem Augenblick aber, wo die Barke von ihren Verfolgern angerufen worden war, ob nun in Folge eines Unfalls oder aus List, um sich nicht gefangennehmen zu lassen, Pagliucella in das Meer gestürzt oder selbst hineingesprungen und nicht wieder zum Vorschein gekommen.
Dies schien dem Cardinal ein Nebenumstand von geringer Bedeutung zu sein, und er verlangte daher vor allen Dingen den Brief, dessen Ueberbringer der Patron war.
Scipio Lamarra überreichte ihm den Brief.
Der Cardinal entsiegelte ihn. Er enthielt die folgenden Dispositionen:
»Der General Bassetti an den General Schipani in Granatello.
»Die Geschicke der Republik verlangen, daß wir einen entscheidenden Schlag versuchen, und in einem einzigen Kampfe die auf der Magdalenenbrücke zusammengedrängte Banditenmasse vernichten. Demzufolge werden Sie morgen auf das Signal, welches Ihnen durch drei auf dem Castello Nuovo abgefeuerte Kanonenschüsse gegeben werden wird, sich mit Ihrer Armee auf Neapel dirigieren. In Portici angelangt, werden Sie diese Position forciren und Alles, was sich Ihnen entgegenstellt über die Klinge springen lassen. Dann werden die Patrioten von Martino gleichzeitig mit denen des Castello del Carmine des Gastello Nuovo und des Castello d’Uovo einen Ausfall machen. Während wir den Feind von drei verschiedenen Seiten und von vorn angreifen, werden Sie ihm in den Rücken fallen und ihn vernichten. Unsere ganze Hoffnung beruht auf Ihnen.
»Bassetti.«
»Wohlan,« fragte der Patron der Barke, als er sah, daß der Cardinal den Brief zum zweiten Male mit noch größerer Aufmerksamkeit las, als zum ersten Male, »ist die Malaga immer noch die Malaga, Eminenz?«
»Ja, Freund,« antwortete der Cardinal, »und ich werde es Dir beweisen.«
Dann wendete er sich gegen den Marquis Malaspina und sagte:
»Marquis, lassen Sie diesem Mann fünfzig Ducaten und ein gutes Souper geben. Die Nachrichten, die er uns bringt, sind es werth.«
Malaspina erfüllte den Theil des Befehls, welchen der Cardinal ihm gegeben, insoweit er ihn betraf, das heißt er zahlte dem Patron fünfzig Dukaten aus.
Was dagegen den zweiten Theil, nämlich das Souper, betraf, so überließ er ihn der Sorge Carlo Cuccaro’s des Kammerdieners des Cardinals.
Kaum war Malaspina wieder eingetreten, so ließ der Cardinal an Cesare, der in Portici war, schreiben, daß er Schipanis Armee nicht aus den Augen verlieren solle.
Indem er zugleich alle am Tage vorher getroffenen Dispositionen bestätigte, schickte er ihm eine Verstärkung von zwei- bis dreihundert Calabresen und hundert Russen, und befahl gleichzeitig tausend Mann von der großen Masse sich so unbemerkt wie möglich nach den Abhängen des Vesuvs von Reniso bis nach Torre de Annonciata zu schleichen.
Diese Leute waren bestimmt, die Armee Schipani’s hinter kleinen Wäldchen und den Lava- und Felsblöcken, womit der nördliche Abhang des Vesuvs bedeckt ist, hervor niederzuschießen.
Cesare seinerseits befahl, als er die Depesche erhielt, dem Commandanten der Truppe von Portici sich zu stellen, als wiche er vor Schipani zurück, um ihn auf diese Weise in die Stadt zu locken. Hatte er ihn einmal in dieser drei Meilen langen Straße, welche von der Favorita nach Neapel führt, so sollte er ihm auf den Flanken den Rückzug abschneiden, während die Insurgenten von Sorento, Castellamare und Cava ihn von hinten angreifen und zermalmen sollten.
Alle diese Maßregeln waren für den Fall getroffen, daß die Depesche in doppelten Exemplaren abgesendet würde und Schipani, nachdem er das Duplicat richtig erhalten, das ihm aufgetragene Manöver ausführte.
Der Cardinal traf keine überflüssige Vorsichtsmaßregel. Die Depesche war nicht doppelt ausgefertigt worden, aber sie sollte es werden, und Schipani zu seinem Unglück das Duplicat richtig erhalten.