Kitabı oku: «La San Felice Band 13», sayfa 4
Nelson biß sich auf die Lippe.
Emma Lyonna verhielt sich stumm und unbeweglich nie eine Marmorbildsäule. Sie hatte ihren Federfächer fallen lassen und glich auf den Ellbogen gestützt einer Nachahmung des farnesischen Hermaphroditen.
Der Cardinal warf einen Blick auf sie und es ihm als sähe er hinter dieser unbeweglichen Maske das zornige Antlitz der Königin.
»Ich erwarte eine Antwort von Mylord,« fuhr der Cardinal in kaltem Tone fort. »Eine Frage ist keine Antwort.«
»Ich werde diese Antwort an Mylords Stelle geben,« entgegnete Sie William. »Souveräne unterhandeln nicht mit ihren rebellischen Unterthanen.«
»Es ist möglich,« entgegnete Ruffo, »daß die Souveräne nicht mit ihren rebellischen Unterthanen unterhandeln; sobald aber einmal die rebellischen Unterthanen mit ihren Souveränen unterhandelt haben, so ist es Pflicht der letzteren, die aus diesen Verhandlungen hervorgegangenen Verträge zu respektieren.«
»Diese Maxime,« antwortete der englische Admiral ist vielleicht die des Herrn Cardinal Ruffo, sicherlich aber nicht die der Königin Caroline, und wenn der Herr Cardinal trotz unserer Versicherung zweifelt, so können Sie ihm die Fetzen des von der Königin zerrissenen Tractats zeigen, welche Lady Hamilton vom Fußboden des Schlafzimmers Ihrer Majestät aufgelesen und mit an Bord des »Donnerers« gebracht hat. Welche Instruktionen der Herr Cardinal als Generalvicar empfangen hat., weiß ich nicht, was jedoch mich betrifft,« fuhr er mit dem Finger auf den zerrissenen Tractat zeigend fort, »so ist dies hier die, welche ich als Admiral und Commandant der Flotte erhalten habe.«
Lord Hamilton gab mit dem Kopfe ein fast unbemerkbares Zeichen der Zustimmung und der Cardinal schien mehr als je überzeugt zu sein, daß sie bei dieser Conferenz ihre königliche Freundin repräsentiere.
Da er übrigens sah, daß Nelson dem Gesandten Recht gab, da er ferner begriff, daß es sich in dem vorliegenden Falle darum handelte, nicht blos mit Hamilton, der nur das Echo seiner Gattin war, sondern auch mit diesem Marmormund , der im Auftrage der Königin den Tod brachte und eben so wie der Todstumm war, in einen Kampf einzutreten, so erhob er sich, näherte sich dem Tisch, an welchem Hamilton saß, glättete eines der zusammengeknitteten Stücke des von Carolinens fieberhaften Händen zerrissenen Tractats und erkannte um so mehr, daß dies wirklich ein Fragment dieses Tractats war, als sein Siegel, und seine Unterschrift sich darauf befand.
»Was haben Sie hierauf zu antworten, Herr Cardinal?« fragte der englische Gesandte mit spöttischem Lächeln.
»Ich antworte darauf,« sagte der Cardinal, »daß ich, wenn ich König wäre, lieber mit eigenen Händen einen Königsmantel zerreißen würde als einen Tractat, der in meinem Namen von dem Manne unterzeichnet worden, welcher mir soeben mein Königreich wieder erobert hat.«
Und mit diesen Worten ließ er mit verächtlicher Geberde das Stück Papier, welches er in der Hand hielt, wieder auf den Tisch fallen.
»Mag dem sein, wie ihm wolle,« hob der Gesandte ungeduldig wieder an, »so betrachten Sie doch hoffentlich den Tractat als zerrissen, nicht blos materiell, sondern auch moralisch.«
»Unmoralisch, wollen Sie sagen.«
Nelson, welcher sah daß die Discussion sich in die Länge zog und der den Sinn der Worte nur nach den Physiognomien der Sprechenden beurtheilen konnte, erhob sich seinerseits und sagte zu Sie William gewendet,
»Es kann nichts nützen, noch länger hin- und herzustreiten. Wenn wir uns auf Sophismen und Haarspaltereien schlagen sollen, so wird der Cardinal allerdings den Sieg über den Admiral davontragen. Begnügen Sie sich daher, mein lieber Hamilton, den Herrn Cardinal zu fragen, ob er hartnäckig dabei bleibt, den Tractat aufrecht zu erhalten, oder nicht.«
»Sie William übersetzte dem Cardinal Nelson’s Frage ins Französische. Ruffo hatte dieselben ohnehin schon so ziemlich verstanden, die Wichtigkeit der Frage aber war eine so bedeutende, daß er nicht eher antworten wollte, als bis er sie gründlich verstanden.
Da Sir William besonders die letzten Worte mit Nachdruck betonte, so antwortete der Cardinal sich verneigend:
»Da die Repräsentanten der alliierten Mächte bei dem Tractate, den Sie, meine Herren zerreißen wollen, ebenfalls betheiligt sind, so kann ich nur für mich selbst antworten, und diese Antwort habe ich den Herren Capitänen Truebridge und Ball bereits gegeben.«
»Und diese Antwort lautet?« fragte Sie William.
»Ich habe,« fuhr der Cardinal fort, »meine Unterschrift und gleichzeitig mit dieser auch meine Ehre verpfändet. So lange es in meiner Macht steht, werde ich weder der einen noch der andern einen Makel zufügen lassen. Was die ehrenwerthen Capitäne betrifft, welche den Tractat gleichzeitig mit mir unterzeichnet haben, so werde sich Ihnen Mylord Nelsons Absichten mittheilen und sie werden dann sehen, was sie zu thun haben. Da indessen in solchen Dingen ein nicht richtig überliefertes Wort sehr leicht den Sinn eines ganzen Redesatzes ändern kann, so würde ich Mylord Nelson verbunden sein, wenn er mir sein Ultimatum schriftlich geben wollte.«
Ruffo’s Wunsch ward dem Admiral übermittelt.
»In welcher Sprache wünscht Seine Eminenz, daß dieses Ultimatum geschrieben sei?« fragte Nelson.
»In englischer,« antwortete der Cardinal. »Ich lese das Englische und der Capitän Bailly ist ein Irländer, Übrigens liegt mir auch daran, ein so wichtiges Document vollständig von der Hand des Admirals geschrieben zu besitzen.«
Nelson gab durch eine Kopfbewegung zu verstehen, daß er kein Hinderniß sähe, welches ihn abhielte, den Wünschen des Cardinals zu genügen, und mit jener rückwärtsliegenden Schrift, welche Leuten, die mit der linken Hand schreiben, eigen zu sein pflegt, schrieb er die, folgenden Zeilen, in Bezug auf welche wir bedauern, daß wie sie während unseres Aufenthalts in Neapel nicht autographieren ließen, weil sie uns damals im Original vorlagen:
»Der Großadmiral Lord Nelson ist mit der britischen Flotte in die Bai von Neapel eingelaufen und hat hier gefunden, daß mit den Rebellen ein Tractat abgeschlossen worden, ist, der seiner Ansicht nach nicht eher zur Ausführung gelangen kann, als bis er von den sicilischen Majestäten ratificirt worden ist.
»H. Nelson.«
Der Gesandte nahm diese Erklärung aus den Händen des englischen Admirals und schickte sich an sie dem Cardinal vorzulesen. Dieser aber gab zu verstehen, daß dies nicht nöthig sei, nahm die Erklärung seinerseits aus den Händen des Gesandten, las sie, verneigte sich, als er gelesen, und sagte:
»Mylord, ich habe Sie nun blos noch um eine letzte Gefälligkeit zu bitten, nämlich mich ans Land setzen zu lassen.«
»Haben Sie die Güte, auf’s Deck zu gehen, Eminenz,« antwortete der Admiral, »und dieselben Männer, welche Sie hergebracht, werden die Ehre haben Sie wieder zurückzubefördern.«
Gleichzeitig deutete Nelson mit einer Handbewegung auf die Treppe.
Ruffo stieg die wenigen Stufen, die er vor sich hatte, hinauf und sah sich auf dem Deck.
Nelson blieb auf der ersten Stufe der Ehrentreppe stehen, bis der Cardinal in das Boot gestiegen war. Dann wechselten sie eine kalte Verbeugung.
Das Boot stieß von dem Schiffe ab und entfernte sich. Die Kanonen aber, welche dem herkömmlichen Ceremoniell zufolge den Abgang des Bootes durch dieselbe Anzahl von Schüssen hätten salutieren sollen, wie die Ankunft, blieben diesmal stumm.
Der Admiral folgte dem Cardinal eine Zeitlang mit den Augen; es dauerte jedoch nicht lange, so legte sich eine kleine Hand auf seine Schulter, während ein Hauch in sein Ohr murmelte:
»Mein lieber Horatio!«
»Ah, Sie sind es, Mylady!« sagte Nelson zusammenzuckend.
»Ja; der Mann, den wir haben benachrichtigen lassen, ist da.«
»Was für ein Mann?« fragte Nelson.
»Der Capitän Scipio Lamarra.«
»Und wo ist er?«
»Man hat ihn bei Sir William eintreten lassen.«
»Bringt er Nachrichten von Caracciolo?« fragte Nelson lebhaft.
»Das weiß ich nicht, es ist jedoch wahrscheinlich. Nur hat er es für klug gehalten, sich zu verbergen, um nicht von dem Cardinal erkannt zu werden, dessen Ordonnanzofficier er ist.«
»Gehen wir sofort zu ihm, Apropos, sind Sie mit mir zufrieden, Mylady?«
»Sie haben sich bewunderungswürdig gehalten und ich bete Sie an.«
Auf diese Versicherung hin machte Nelson sich in freudiger Stimmung auf den Weg nach Sir Williams Zimmer.
Sechstes Capitel.
Der Cardinal thut, was er kann, um die Patrioten zu retten, und die Patrioten thun, was sie können, um sich ins Verderben zu stürzen
Da wir nicht verfehlen können, bald zu erfahren, was zwischen dem Admiral Nelson und dem Capitän Scipio Lamarra gesprochen ward, so wollen wir dem Cardinal folgen, welcher, wie er selbst zu Nelson gesagt, mit dem festen Entschluß, den Tractat in jeder Beziehung aufrecht zu erhalten, ans Land zurückkehrte.
Demzufolge berief er sobald er in sein Haus an der Magdalenenbrücke zurückgekehrt war, den Minister Micheroux, den Commandanten Bailly und den Commandanten Achmet zu sich.
Er erzählte diesen, wie der Capitän Foote unterwegs dem Admiral begegnet sei und wie dieser von Palermo an Bord des »Donnerers« Sir William Hamilton und Emma Lyonna zurückgeführt, welche letztere statt aller Antwort der Königin den von dieser zerrissenen Tractat mitgebracht habe.
Hierauf berichtete er seine Unterredung mit Nelson, Sir William und Lady Hamilton und fragte die drei Herren, ob sie den schimpflichen Muth haben würden, in die Verletzung eines Tractats zu willigen, welchen sie als bevollmächtigte Gesandte ihrer Souveräne mit abschließen geholfen.
Die drei Repräsentanten , der des Königs von Sicilien, der Puls des Ersten und der des Sultans Selim, gaben bei dieser Frage alle drei gleiche Entrüstung zu erkennen.
Der Cardinal rief nun sofort seinen Secretär Sacchinelli und dictirte demselben in seinem Namen und in dem der drei anderen Unterzeichner der Capitulation den nachstehenden Protest.
Branchen wir erst zu sagen, daß dieses Aktenstück wie alle übrigen in diesem Buche veröffentlichen ein Theil der geheimen Correspondenz ist, welche wir in den Schubfächern des Königs Ferdinand des Zweiter gefunden?
Der Protest, mit welchem wir keine andere Veränderung vornehmen, als daß wir ihn übersetzen lautete:
»Der Capitulationsvertrag der Castelle von Neapel ist nützlich, nothwendig und ehrenwerth für die Waffen des Königs beider Sicilien und seiner erhabenen Verbündeten, des Königs von Großbritanien, des Kaisers aller Reussen und des Sultans der hohen ottomanischen Pforte, weil ohne fernerweites Blutvergießen durch diesen Tractat der mörderische Bruderkrieg beendet worden ist, welcher sich zwischen den Unterthanen Seiner sicilischen Majestät entsponnen, und weil dieser Tractat die Vertreibung des gemeinsamen Feindes zum Zweck hat.
»Da übrigens dieser Tractat zwischen den Commandanten der Castelle und den Repräsentanten der genannten Mächte feierlich abgeschlossen worden, so hieße es ein verabscheuungswürdiges Attentat gegen die öffentliche Treue begehen, wenn dieser Tractat verletzt oder auch nur nicht genau befolgt werden sollte. Indem daher die Repräsentanten der genannten-Mächte Lord Nelson bitten, den Tractat anzuerkennen, erklären sich zugleich, daß sie unwiderruflich entschlossen sind, ihn von Punkt zu Punkt auszuführen, und machen Jeden , der sich dieser Ausführung widersetzen wird, für seine Verletzung vor Gott und Menschen verantwortlich.
Ruffo unterzeichnete diesen Protest und die drei Andern thaten nach ihm dasselbe.
Micheroux, welcher mit Grund Repressalien gegen die Geißeln fürchtete und unter diese Geißeln einen Verwandten, den Marschall Micheroux, hatte, fand sich übrigens veranlaßt diesen Protest selbst an Bord des »Donnerers« zu überbringen.
Alles war aber vergebens.
Nelson wollte weder mündlich nach schriftlich irgend etwas in Ferdinands Namen bestätigen.
In der That wußte er selbst nicht, was die definitiven Absichten des Königs waren, denn dieser hatte, wie wir gesehen, um den ersten Zornesausbrüchen der Königin aus dem Wege zu gehen, seinen Wagen anspannen lassen und sich nach Ficuzza geflüchtet.
Für Ruffo dagegen war die Sache klar und die Briefe, die er von dem König und der Königin erhalten, hatten ihm den Weg angedeutet, welchen er zu befolgen gedachte.
Hätte er übrigens in dieser Beziehung noch den mindesten Zweifel gehegt, so wäre derselbe durch die stumme aber unbeugsame Emma Lyonna, diese mit Bewachung des Geheimnisses der Königin beauftragte Sphinx, zerstreut worden.
Der Morgen des 25. Juni verging mit fortwährendem Gehen und Kommen vom »Donnerer« nach dem Hauptquartier und von dem Hauptquartier nach dem »Donnerer«.
Truebridge und Ball von Seiten Nelsons und Micheroux von Seiten des Cardinals, waren die umsonst sich bemühenden Führer dieser langen Conferenz, denn Nelson und Hamilton, welche beide von einem und demselben Geist beseelt waren, zeigten sich in Bezug auf den Bruch das Tractats und die Wiederaufnahme der Feindseligkeiten immer hartnäckiger, während der Cardinal immer fester darauf bestand, daß die Capitulation respektiert werde.
Endlich kam der Cardinal, der um keinen Preis mit zu den Verletzern des Tractats gezählt werden wollte, zu dem Entschluß, ein eigenhändiges Billet an den General Massa, Commandanten des Castell Nuovo, zu schreiben.
Dieses lautete:
»Obschon die Repräsentanten der alliirten Mächte den zwischen uns wegen Uebergabe der Castelle unterzeichneten Tractat für heilig und unverletzt halten, so weigert nichtsdestoweniger der Contreadmiral Nelson, Commandant der englischen Flotte, sich denselben anzuerkennen. Da nun aber den in den Castellen befindlichen Patrioten das Recht zusteht, den Artikel 5 zu ihren Gunsten geltend zu machen und, wie die Patrioten von San Martino, die beinahe alle zu Lands abgereist sind, gethan, diesen Rettungsweg ebenfalls einzuschlagen, so mache sich Ihnen diese Eröffnung und gebe Ihnen diesen Rath, indem ich hinzufüge; daß die Engländer welche den Golf beherrschen, keinen Posten und keine Truppen haben, welche die Garnisonen der Castelle abhalten könnte, sich zu Lande zurückzuziehen.
»Cardinal Ruffo.«
Auf diese Weise hoffte der Cardinal die Republikaner zu retten. Zum Unglück aber hielten diese in ihrer Verblendung ihn für ihren grausamen Feind. Sie glaubten daher, hinter seinem Vorschlag stecke irgend ein Fallstrick, und nach einer Berathung, während welcher Salvato vergeblich darauf bestand, daß Ruffo’s Vorschlag angenommen werde, beschloß man mit überwiegender Majorität, ihn abzulehnen und Massa antwortete im Namen aller Patrioten durch folgenden Brief:
»Freiheit! Gleichheit!
»Der General Massa, Commandant der Artillerie und des Castello Nuovo
»26. Juni 1799.
»Wir haben Ihrem Briefe die Auslegung gegeben, welche derselbe verdient. Fest in unserer Pflicht werden wir gewissenhaft die Artikel des vereinbarten Tractats beobachten, überzeugt, daß allen bei der Redaction und der Unterzeichnung dieses Tractates Betheiligten dieselbe Pflicht obliege. Uebrigens werden wir uns, was auch kommen möge, weder überraschen noch einschüchtern lassen, und wenn man uns durch Gewalt dazu zwingt, die feindliche Haltung, welche wir freiwillig aufgegeben, wieder aufzunehmen wissen. Da übrigens unsere Capitulation von dem Commandanten des Castells San Elmo dictirt worden, so bitten wir um eine Escorte für den Boten, den wir abschicken werden, um mit dem französischen Commandanten über Ihre Eröffnung zu conferiren, nach welcher Conferenz wir eine bestimmte Antwort geben werden.
»Massa.«
Der Cardinal, welcher außer sich war, seine Absichten so falsch gedeutet zu sehen, schickte sofort die verlangte Escorte und beauftragte den Anführer derselben, der kein Anderer war, als Cesare, den Patrioten auf seine Ehre zu versichern, daß sie in ihr Verderben rennten, wenn sie den Rath, den er ihnen gegeben nicht befolgten.
Salvato ward gewählt, um sich mit Mejean über das zu besprechen, was unter diesen ernsten Umständen das Beste zu thun sei.
Es war dies das dritte Mal, daß Salvato und Mejean sich einander gegenüber sahen.
Salvato hatte ihn seit dem Tage nicht wieder gesehen, wo Mejean ihm gegenüber offen sich erboten den Neapolitanern seinen Schutz für fünfhunderttausend Francs zu verkaufen – ein Vorschlag, der, wie man sich erinnert, von Salvato auf die freigebigste Weise unterstützt worden, und welchen das Directorium aus falschem Ehrgeiz abgelehnt.
Mejean schien bei allen Conferenzen, welche wegen Unterzeichnung des Tractates stattgehabt, die schimpfliche Zurückweisung, die er erfahren, vergessen zu haben. Er hatte jeden Artikel ausführlich mit diskutiert und die Patrioten erkannten an, daß sie namentlich in Folge seiner Geduld und Ausdauer so glücklich gewesen waren, Bedingungen zu erlangen, welche selbst die sanguinischsten Optimisten unter ihnen weit entfernt gewesen waren zu hoffen.
Dieser ihnen so freundlich geleistete Beistand – wenigstens hatten sie keinerlei Grund, etwas Anderes zu vermuthen – hatte dem Oberst Mejean das Vertrauen der Patrioten wieder zugewendet.
Uebrigens lag es auch in ihrem eigenen Interesse sich nicht mit ihm zu veruneinigen. Wenn er Partei sie nahm, so konnte er sie retten; nahm er dagegen Partei gegen sie, so konnte er sie vernichten.
Als Mejean hörte, daß man Salvato zu ihm geschickt habe, ließ er alle Uebrigen hinausgehen. Er wollte nicht, daß irgend Jemand nahe genug bliebe, um die Anspielungen hören zu können, welche Salvato vielleicht auf die Bedingungen machte, unter welchen er, Mejean, seinen Schutz angeboten.
Er begrüßte den jungen Officier mit der freundlichsten Artigkeit und fragte ihn, welchem glücklichen Umstande er die Ehre seines Besuches zu verdanken habe.
Salvato antwortete ihm, indem er ihm das Billet des Cardinals überreichte und ihn im Namen der Patrioten bat, ihnen einen Rath zu geben, der von ihnen sicherlich befolgt werden würde.
Der Oberst las das Billet des Cardinals wiederholt und mit der größten Aufmerksamkeit. Dann ergriff er eine Feder und schrieb unter die Unterschrift jenen bedeutsamen sehr bekannten lateinischen Vers:
»Timeo Danaos et dona ferentes.«
Was bedeutet:
»Ich fürchte die Griechen, selbst wenn sie Geschenke bringen.«
Salvato las diese von dem Oberst Mejean geschriebenen lateinischen fünf Worte.
»Oberst,« sagte er zu ihm , »ich bin geradezu entgegengesetzter Meinung und dies ist mir um so mehr erlaubt, als ich allein mit Domenico Cirillo den Antrag unterstützt habe, Ihre fünfhundert Mann in unsern Dienst zu nehmen und jeden mit tausend Francs zu bezahlen.«
»Blos mit fünfhundert Francs, General,« antwortete Mejean, denn ich wollte mich ja verbindlich machen, noch fünfhundert Mann Franzosen von Capua kommen zu lassen. Sie sehen, daß dieselben Ihnen nicht ohne Nutzen gewesen wären.«
»Davon war ich in der That so fest überzeugt, daß ich mich erbot, die fünfhunderttausend Francs aus meinen eigenen Mitteln zu zahlen.«
»Ah, dann sind Sie also Millionär, mein lieber General?«
»Ja, unglücklicherweise aber besteht mein Vermögen in Grundstücken. Man hätte mittlerweile auf dieses Pfand eine freiwillige oder erzwungene Anleihe machen und zur Wiederbezahlung derselben das Ende des Krieges abwarten müssen.«
»Warum ?« fragte Mejean in spöttischem Tone; »verkaufte Rom das Feld, auf welchem Hannibal sich gelagert, nicht um ein Drittel unter seinem Werth?«
»Sie vergessen, daß wir Neapolitaner aus der Zeit Ferdinands, aber keine Römer aus der Zeit des Fabius sind.«
»Dann sind Sie wohl Herr Ihrer Meiereien, Ihrer Waldungen, Ihrer Weinberge, Ihrer Heerden geblieben?«
»Leider ja.«
»O fortunatus nimium sua si bona norit agricola!« fuhr der Oberst in spöttischem Tone fort.
»Dennoch aber, Herr Oberst, bin ich an baarem Gelde immer noch reich genug, um Sie fragen zu können, welche Summe Sie für jede Person verlangen würden, welche, weil sie Nelson mißtraut, zu Ihnen kommen und sie um eine Gastfreundschaft bitten würde, für welche Sie sich mit Ihrer Ehre verbürgten.«
»Zwanzigtausend Francs; ist das zu viel, General?«
»Für zwei also vierzigtausend Francs, nicht wahr?«
»Wenn Sie finden, daß dies zu viel ist, so steht Ihnen frei, etwas herunterzuhandeln.«
»Nein, die beiden Personen, für welche ich dieses Geschäft mit Ihnen abschließe – denn nicht wahr, es ist ein Geschäft?«
»Ja, es ist eine Art synallagmatischer Contract, wie wir Geschäftsleute uns ausdrücken, denn ich muß Ihnen sagen, General, daß ich ein ganz vortrefflicher Geschäftsmann bin.«
Dies habe ich wohl bemerkt, Oberst,« sagte Salvato lachend.
»Es ist also, wie ich soeben die Ehre hatte, Ihnen zu sagen, eine Art synallagmatischer Contract, bei welchem der, welcher ihn ausführt, dem Andern eine Gefälligkeit erzeigt, wobei aber der Mangel an Ausführung den Contract selbst aufhebt.«
»So verstehe ich’s auch.«
»Nun dann finden Sie es auch wohl nicht zu theuer?«
»Nein , besonders da die beiden Personen , von welchen ich spreche, ihr Leben um diesen Preis erkaufen können.«
»Wohlan, mein lieber General, wenn Ihre beiden Personen kommen wollen, so sollen sie willkommen sein.«
»Sind sie einmal hier, so werden sie um vierundzwanzig Stunden Zeit bitten, um die Zahlung zu realisieren.«
»Ich-werde ihnen achtundvierzig bewilligen. Sie sehen daß ich nicht mißtrauisch bin.«
»Nun gut, dann ist,der Handel geschlossen, Oberst.«
»Auf Wiedersehen, General.«
Salvato begab sich, abermals von seiner Escorte begleitet, wieder hinunter nach dem Castello Nuovo. Er zeigte Mejean’s »Timeo Danaos« dem General Massa und dem Rathe, der sich versammelt hatte, um über diese wichtige Angelegenheit zu entscheiden.
Da Mejeans Meinung die der Majorität war, so fand keine Discussion statt; nur verlangte Salvato Cesare zu begleiten und Ruffo selbst Massa’s Antwort zu überbringen, um die Situation mit eigenen Augen zu beurtheilen.
Dies ward ihm sofort bewilligt und die beiden jungen Männer, welche, wenn sie einander vierzehn Tage früher auf dem Schlachtfelde begegnet wären, sich gegenseitig in Stücke gehauen hätten, ritten jetzt friedlich neben einander den Quai entlang und regelten jeder den Schritt seines Pferdes nach dem seines Begleiters.