Sadece LitRes`te okuyun

Kitap dosya olarak indirilemez ancak uygulamamız üzerinden veya online olarak web sitemizden okunabilir.

Kitabı oku: «Memoiren einer Favorite», sayfa 20

Yazı tipi:

Siebentes Capitel

Einige Zeit vor seiner letzten Reise nach London hatte Sir William zwei seiner eifrigsten Tischgäste verloren. Der eine war im Alter von achtunddreißig Jahren gestorben. Es war dies der berühmte Gaëtano Filangieri, gegen dessen Gattin ich mir großes Unrecht vorzuwerfen habe.

Der andere, ein Greis von achtzig Jahren, war der berühmte Abbé Galiani, welcher für den geistreichsten Mann von Neapel galt. Diesen Ruf verdankte er vielleicht dem Umstand, daß er lange in Frankreich gewohnt hatte.

Da diese beiden gestorben waren, ohne daß ich sie gekannt, so brauche ich mich nicht weiter mit ihnen zu beschäftigen.

Zur Zahl unserer fleißigsten Besucher gehörten der Arzt Cotugno und sein Kollege, der Chevalier Gatti, zwei der merkwürdigsten Persönlichkeiten von Neapel.

Abgesehen davon, daß der Doktor Cotugno einen hohen Rang in der medizinischen Wissenschaft bekleidete, so war er auch, wie mir Sir William mitteilte, einer der ersten Kenner der griechischen, lateinischen und italienischen Klassiker. Ich habe niemals begreifen können, wie ihm bei seiner ausgebreiteten Praxis, seinem Dienst in den Hospitälern und den Konsultationen, die er in seiner Wohnung erteilte, noch Zeit zu der Lektüre blieb, aus welcher er seine unermeßliche Gelehrsamkeit schöpfte. Von den Patienten, die zu ihm kamen, nahm er nie etwas, seine Besuche dagegen ließ er sich unabänderlich mit drei Piastern bezahlen und verdiente auf diese Weise dreitausend Pfund Sterling jährlich.

Einige Zeit vor unserer Ankunft in Neapel hatte er den Vicomte von Eriza, spanischen Gesandten, wegen eines Schlaganfalls behandelt, durch welchen dieser Diplomat den Gebrauch des rechten Armes verloren.

Nach Verlauf von anderthalb Monaten und nach fünfzig Besuchen hatte Cotugno ihn vollständig wiederhergestellt.

Der spanische Gesandte schickte ihm tausend Dukaten.

Cotugno antwortete ihm:

»Eure Exzellenz haben sich geirrt, wenn Sie mir tausend Dukaten für fünfzig Besuche schicken. Mein festes Prinzip ist, für meine Besuche nicht mehr als drei Piaster zu nehmen, selbst wenn ich sie dem König gemacht hätte. Fünfzig Besuche zu drei Piaster betragen hundertundfünfzig Piaster. Indem ich die Ehre habe, Ihnen den Überschuß zurückzusenden, zeichne ich usw. usw.

Cotugno.«

Nicht so war es mit dem Doktor Gatti, der ebenso habsüchtig als Cotugno uneigennützig war. Er war einer der eifrigsten Verbreiter der Blatterimpfung und hatte in Paris damit ungeheure Summen verdient.

Sir William war aus zwei Gründen der bevorzugte Freund dieses Doktor Gatti erstens wegen unserer Tafel, die er gut fand, und zweitens wegen unserer Equipagen, über die er nach Gutdünken verfügte. Ganz im Gegensatz zu Cotugno, welcher sich viel mit der armen Volksklasse beschäftigte, erklärte Doktor Gatti laut, daß er sich nicht einmal herablassen würde, Leute zweiten Ranges in Behandlung zu nehmen.

Überhaupt schien er sich fest vorgenommen zu haben, Cotugnos Antipod zu sein, denn er nahm nie ein wissenschaftliches Werk zur Hand, sondern las nur Flugschriften und Zeitungen. Anstatt wie sein berühmter Kollege seine Unabhängigkeit bei den Großen zu wahren, war er diesen gegenüber der kriechendste Schmarotzer.

Er behauptete, die zwei glücklichsten Nationen der Welt seien die neapolitanische und die spanische, weil König Ferdinand und König Carl der Dritte so leidenschaftliche Freunde der Jagd wären, daß sie nicht Zeit hätten, sich mit ihren Untertanen zu beschäftigen, und weil jedes Volk, dessen Monarch sich nicht um dasselbe bekümmere, auf dem besten Wege zum vollkommenen Glück sei.

In dieser letzteren Beziehung glaube ich, daß Sir William sich ein wenig der Meinung des Doktor Gatti zuneigte, denn er verdankte die Gunst, in welcher er bei Ferdinand stand, ausschließlich seiner Leidenschaft für die Jagd und seiner Geschicklichkeit bei Ausübung derselben.

Am Morgen nach seiner Ankunft schrieb der König ihm eigenhändig:

»Kommen Sie schnell, mein lieber Hamilton, um mit mir in Caserta auf die Jagd zu gehen. Ich habe seit Ihrer Abreise nicht einen einzigen guten Tag gehabt. Sie hatten mir mein Glück, mitgenommen; ich hoffe, daß Sie es auch wieder zurückgebracht haben.

Ihr wohlgeneigter

Ferdinand B.«

Der dritte vertraute Freund unseres Hauses außer dem diplomatischen Korps war der Marquis del Basto, welcher in gerader Linie von dem abstammte, welchem Franz der Erste seinen Degen übergeben, welchen er dem Connetable von Bourbon nicht einhändigen wollte.

Der Marquis del Basto stammte aus dem Hause Avalos, einem der bedeutendsten Italiens. Er hatte hunderttausend Dukaten oder fünfhunderttausend Francs jährliche Rente. Ein solches Vermögen, das in England sehr häufig vorkommt, ist in Italien etwas sehr Seltenes. Der Degen Franz des Ersten wird, wie man versichert, noch jetzt in dem Schatz des Hauses Avalos aufbewahrt.

Sir William empfing auch häufig den Herzog von Termoli, der aus einer genuesischen Familie stammte, welche schon seit langer Zeit sich in Neapel niedergelassen hatte.

Der Herzog von Termoli war Oberstallmeister des Königs und Sohn des Herzogs von San Nicandro. Dieser letztere Titel war aber weit entfernt, von ihm beansprucht zu werden. In der Tat hatte der Herzog von Nicandro, welcher, die einen behaupteten infolge von Intrigen, die andern durch Geld, zum Gouverneur des Königs ernannt worden, den König so schlecht erzogen, daß dieser oft in seinen Anwandlungen von Zorn über sich selbst, wenn er sich so unwissend fand, zu dem Herzog von Termoli sagte:

»Dein Vater ist Schuld an meinem Unglück und an dem meiner Untertanen. Ich bin aber zu gerecht, um es dich entgelten zu lassen, daß dein Vater einen Esel aus mir gemacht hat.«

Allerdings hörte ich mehr als einmal selbst Ferdinand die Erziehung beklagen, die er genossen, und dem Herzog die Unwissenheit Schuld geben, die den König in dieser Beziehung nur wenig über den ersten besten Lazzarone stellte.

Übrigens sagte die Königin, welche sich der Unwissenheit ihres Gemahls schämte, dieselbe aber auch zugleich benutzte, um ihn von den Geschäften fernzuhalten und alles in ihren Händen zu konzentrieren, mir oft, nicht der Herzog von San Nicandro sei es, den man für diese verfehlte Erziehungsweise verantwortlich zu machen habe, sondern vielmehr der Minister Tanucci, welcher den Herzog von San Nicandro eben wegen seiner bekannten Unfähigkeit gewählt und ihm empfohlen, den jungen Prinzen in der Unwissenheit zu erhalten, damit er später als König unfähig sein möchte, irgendeinen Teil der Administration des Königreichs zu überwachen, und damit er dieselbe gänzlich den Händen seines Ministers überließe.

Es lag hierin viel Wahres, dennoch aber durfte man der Königin nicht unbedingt glauben, wenn sie von dem alten toskanischen Minister sprach, den sie nicht leiden konnte, weil er Carl dem Dritten, dem er sein Glück verdankte, ergeben, den spanischen Einfluß repräsentierte, während sie als Tochter und Schwester eines Kaisers den österreichischen vertrat.

Man ging zu jener Zeit, indem man den Haß Karolinens gegen alles, was spanisch oder französisch war – einen Haß, der sich auch auf ihren Gatten und ihre Söhne erstreckte – und ihre Sympathie für das, was österreichisch war, übertrieb, sehr weit. Man behauptete sogar, sie habe ein antieheliches, antimütterliches und antinationales Komplott geschmiedet, um das Königreich beider Sizilien mit Österreich zu vereinigen, dem es infolge des Friedens von Utrecht angehört und dessen Händen es wieder durch die Eroberung Carl des Dritten im Jahre 1731 während des großen Krieges zwischen Frankreich und Österreich entrissen worden, und ich muß heute, wo die königliche Gunst und Freundschaft mich nicht mehr blenden, gestehen, daß die Königin in diesem Punkte Grund zu dergleichen Verleumdungen gab.

In der Tat habe ich niemals begreifen können, woher die Antipathie der Königin von Neapel gegen ihre Söhne kam, während sie dagegen große Schwäche für ihre Töchter zeigte.

Diese Antipathie gab sich unter dem Vorwand einer notwendigen Disziplin, bald um die Erziehung der jungen Prinzen zu regeln, bald um ihrem Charakter die nötige Richtung zu geben, durch wahrhaft grausame und dabei zwecklose Züchtigungen kund, und ihre Mutter flößte ihnen eine Furcht ein, welche etwas Übertriebenes hatte.

Niemals habe ich in ihrer Gegenwart diese armen kleinen Prinzen lächeln sehen, bei dem mindesten Geräusch zitterten sie, und so bald sie die Stimme der Königin hörten, flüchteten sie sich instinktartig in die Arme ihres Vaters.

Das älteste der königlichen Kinder starb in einem Alter von sieben oder acht Jahren gegen das Jahr 1778, infolge einer allmählichen Abzehrung, welche die Feinde der Königin der schlechten Behandlung beimaßen, deren Opfer der kleine Prinz gewesen. Als er wirklich krank ward, begann die Königin sich über die Ursachen und die Beschaffenheit seiner Krankheit mit den Ärzten zu besprechen, während ihr Gemahl, der nie einen Versuch machte, sich über seine Unwissenheit, die er offen eingestand, erheben zu wollen, sich damit begnügte, daß er weinte. Als der junge Prinz endlich starb, verdoppelten sich die Tränen des Königs, Maria Karoline aber wiederholte – so versicherte man – bloß die Worte jener spartanischen Mutter: »Als ich ihn zur Welt brachte, wußte ich, daß er einmal wieder sterben würde.«

Während meines Aufenthaltes am Hofe von Neapel war ich auch Zeuge des Todes des Prinzen Don Alberto. Derselbe starb sogar in meinen Armen und auf meinen Knien, denn er war von den jungen Prinzen der, welcher mir der liebste war. Ich werde diesen Todesfall zu seiner Zeit erzählen und will hier bloß sagen, daß derselbe, wie mir schien, eher den Haß der Königin gegen die Franzosen und Republikaner verdoppelte, als in ihrem Herzen die Liebe erweckte, welche die Mutter am Grabe ihrer Kinder blutige Tränen weinen läßt.

Der einzige Sohn, welchen die Königin zu lieben schien, war der Prinz von Salerno, der, ich glaube, im Jahre 1790 geboren war und den die Königin an ihr Herz gedrückt hielt, während der Prinz Alberto in meinen Armen starb. Diesem Prinzen von Salerno hätte sie alle übrigen geopfert, gleichwohl aber obschon ich eine solche Ruchlosigkeit niemals glauben werde sagt man, daß sie im Jahre 1812, wo der Prinz in Palermo sich zu der englischen Partei und den englischen Ideen hinzuneigen schien, ihm nach dem Leben trachtete, indem sie ihn durch eine Tasse Schokolade zu vergiften suchte. Dem Gerücht nach ward der Prinz von der ihm drohenden Gefahr durch seinen Kammerdiener Carlomagno Viglio gerettet. Wahrscheinlich war dies auch der Grund der sonst unerklärlichen Gunst in welcher dieser Mann bei seinem Herrn stand und die ihn mächtiger machte als irgendein Mitglied seiner Familie, als irgendeinen Günstling, als irgendeinen Minister.

Das öffentliche Gerücht behauptete demgemäß, daß Karoline ihren Bruder Joseph den Zweiten ihren Kindern vorzöge und die Interessen der österreichischen Monarchie über die Interessen des Königtums der beiden Sizilien stellte.

Übrigens werde ich das, was ich gesehen, mit derselben Aufrichtigkeit erzählen, womit ich das erzählt habe, was mir selbst begegnet ist. Der Leser wird dann aus den Tatsachen die Schlußfolgerungen ziehen, die ihm angemessen erscheinen.

Achtes Capitel

Sir William Hamiltons Haus war im Augenblicke unserer Ankunft in Neapel nicht darauf vorbereitet, eine Frau zu empfangen. Es war das ausschließlich der Geologie, der Numismatik und der Bildhauerkunst gewidmete Museum eines Gelehrten und eines Altertumforschers. Man mußte erst mitten in der Vergangenheit und der toten Natur einen Platz für die Gegenwart und die lebende Natur schaffen.

Ich muß Sir William die Gerechtigkeit widerfahren lassen, zu sagen, daß er mir zu keinem seiner Schätze den Zutritt verwehrte. Ich wählte demgemäß in der umfangreichen ersten Etage des von der englischen Gesandtschaft bewohnten Hotels drei Zimmer, um meine Privatwohnung hier einzurichten, ohne daß er der Lava des Vesuvs, den Medaillen der Cäsaren und den Bruchstücken von Apollo und Venus gestattet hätte, Einspruch dagegen zu tun.

Übrigens ist, wie ich gestehen muß, meine angeborene Koketterie so groß, daß ich selbst allen diesen Altertümern mit Einschluß unserer alten Gelehrten den Hof machen wollte. Nach Verlauf von einem Monat hätte ich ohne Katalog die vierundzwanzig oder fünfundzwanzig Sorten Lava bezeichnen, einen von Cäsar selbst von einem unter Hadrian geschlagenen Cäsar unterscheiden und nach einem einzelnen Bruchstück eine ganze Statue rekonstruieren können.

Sir William war außer sich vor Freude, als er mich mit solcher Leichtigkeit auf seine Geschmacksrichtungen eingehen und mich in seine Lebensweise als Archäolog und Altertumsforscher finden sah.

Daran gewöhnt, bei Lord Greenville, einem der fashionabelsten Kavaliere Englands, die Honneurs zu machen, hatte ich nichts zu lernen, um Sir Williams Salon auf gleichen Fuß mit den elegantesten Salons von Neapel zu stellen, denn dieses stand in dieser Beziehung weit hinter London zurück.

Nun hielt ich es, um den Enthusiasmus meiner Bewunderer noch höher zu steigern, für geraten, meine mimischen Talente geltend zu machen. Da die meisten unserer Gäste Italiener waren, so hielt ich es nicht für rätlich ihnen Szenen aus Shakespeare vorzuführen. Ihr schwächlicher Magen hätte diese solide Nahrung nicht zu ertragen vermocht.

Ich begnügte mich daher mit plastischen Attitüden und führte, indem ich an einem und demselben Abend den jüdischen Mantel gegen das griechische Peplum, den türkischen Turban gegen das asiatische Diadem vertauschte, ihnen Judith, Aspasia, Roxelane und Helena vor. Auch riskierte ich den ersten Pas jenes Shawltanzes, der später nicht bloß in Neapel, sondern auch in Paris, London, in Wien und in Petersburg einen so wunderbaren Erfolg hatte.

Bald war in der Hauptstadt des Königreichs beider Sizilien von nichts weiter die Rede als von der Wunderdame, welche Sir William Hamilton aus London mitgebracht. Alle ausgezeichneten Männer von Neapel, selbst einige Frauen, baten um die Ehre, in der englischen Gesandtschaft empfangen zu werden.

Zu meiner großen Demütigung und zu Sir Williams großem Erstaunen aber sahen wir keine Gesamteinladung vom Hofe an uns ergehen. Sir William war immer noch der Jagd- und Fischfanggenosse des Königs. Nur selten begleitete er ihn auf dem einen oder dem andern dieser Ausflüge, ohne ihm von mir zu erzählen und mein Lob zu preisen. Der König wünschte ihm Glück, eine so schöne, so ausgezeichnete und so kenntnisreiche Frau zu besitzen, dabei aber blieb die königliche Courtoisie stehen.

Ebenso wußte ich, daß man mehrmals der Königin Maria Karolina von mir gesprochen. Stets aber hatte sie dann die Konversation fallen lassen, oder dieselbe auch mit auffallender Affektation vermieden.

Man gab mir den Rat, der Königin einmal wie zufällig in den Weg zu kommen.

Die Sache war leicht. Die Königin promenierte oft mit den jungen Prinzessinnen, ihren Töchtern, in den Gärten von Caserta, zu welchen der Zutritt, ohne öffentlich zu sein, Leuten vom Stand und zuweilen selbst durch die Protektion untergeordneter Offizianten, Leuten aus dem Volk offen stand, welche eine Bitte anzubringen hatten.

Ich bat Lord Hamilton, bei der ersten Gelegenheit, wo er sich nach Caserta begäbe, mich mitzunehmen, weil ich die Gärten zu sehen wünschte, die man mir als sehr schön geschildert.

Wahrscheinlich ahnte Sir William die Hauptursache meines Verlangens, und da die Art Verachtung, welche man mir bewies, ihn mehr schmerzte als mich, so war es ihm selbst nicht unlieb, wenn eine angenehme oder unangenehme Tatsache Anlaß zu einer Erklärung gäbe.

Eines Tages, als er dem König aus dem Kabinett von Saint-James eingetroffene Depeschen mitzuteilen hatte, machten wir uns demgemäß auf den Weg nach Caserta. Sir William hatte hier ein Zimmer, wo er ausruhen konnte, so lange es ihm beliebte, und wo er von den Leuten des Königs bedient ward.

Vor seiner Reise nach England hatte er von dieser Vergünstigung oft Gebrauch gemacht, seit meiner Ankunft in Neapel aber hatte er, obschon er häufig in Caserta gewesen, dort noch niemals übernachtet.

Als Sir William seine Depeschen mitgeteilt, ward er vom König eingeladen, auf dem Schlosse zu bleiben, um ihn den nächstfolgenden Tag auf einer großen Jagdpartie zu begleiten. Sir William schützte meine Anwesenheit in Caserta vor, der König aber antwortete ihm:

»Nun, haben Sie hier nicht Ihre Wohnung? Wenn Lady Hamilton etwas bedarf, so möge sie nur befehlen. Meine Diener werden ihr gehorchen, als ob sie die ihrigen wären.«

Damit war alles gesagt.

Da dieser Aufenthalt in Caserta mit meinen Projekten übereinstimmte, so nahm Sir William in seinem und meinem Namen die Einladung an und fragte den König bloß, ob er etwas dagegen habe, daß ich in dem Garten spazieren ginge.

Der König zuckte die Achseln, was bedeutete, daß die Frage überflüssig sei. Sir William kam wieder zu mir und erzählte mir alles, was geschehen.

Bei dem Diner trug der Lakai, indem er gewisse Weine auf den Tisch setzte, Sorge zu sagen:

»Aus dem Keller des Königs.«

Beim Braten und indem er uns einen prachtvollen Fasan vorsetzte, bemerkte der Lakai ebenfalls:

»Von der Jagd des Königs.«

Es war augenscheinlich, daß Sir William der Gegenstand ganz besonderer Aufmerksamkeiten von Seiten des Königs war. Ebenso augenscheinlich aber war, daß diese Aufmerksamkeiten sich nicht bis auf mich erstreckten.

Am Abend ward Sir William zum Kartenspiel beim König eingeladen. Da aber in dieser Einladung nicht von mir die Rede war, so blieb er unter irgendeinem Vorwand weg und ließ sich entschuldigen. Man tat als sei man mit dieser Entschuldigung zufrieden.

Am nächstfolgenden Morgen bei Tagesanbruch ward im Namen des Königs an Sir Williams Tür gepocht. Seine Majestät brach stets sehr zeitig auf und liebte, wie sein Ahnherr Ludwig der Vierzehnte, nicht zu warten.

Sir William fühlte sich durch diese Art und Weise, auf welche man seine Vermählung wie nicht geschehen betrachtete, tief gekränkt. Er sagte zu mir, wenn mein Plan, der Königin zu begegnen, gelänge, und ich mich dann zu beklagen haben glaubte, so solle ihn dann nichts mehr in Neapel zurückhalten, weder der Umstand, daß er seit zwanzig Jahren hier eingewohnt sei, noch seine Liebe zu Altertümern, noch das Klima, welches für seine Gesundheit sehr zuträglich sei. Er wollte dann den König Georg um seine Zurückberufung oder um seine Versetzung an irgendeinen andern, von mir selbst zu bezeichnenden Hof bitten.

Ich machte eine sehr einfache Toilette. Ich versuchte keinen meiner Vorzüge geltend zu machen. Einer auf ihre Schönheit eifersüchtigen Königin darf man nicht dadurch den Hof machen wollen, daß man selbst allzu schön erscheint. Mein Stolz hatte mir schon mehr als einmal zugeflüstert, daß die Königin, weil sie nicht mehr in der Blüte der Jugend stand, meine Nähe wahrscheinlich fürchtete.

Die Fenster von Lord Hamiltons Wohnung gingen auf die Gärten. Von diesen Fenstern aus konnte man die Königin hereinkommen sehen. Ich wußte, daß sie nach dem Frühstücke von zehn bis elf Uhr mit den jungen Prinzessinnen hier einen Spaziergang machte.

Ein Viertel auf elf sah ich sie auch wirklich erscheinen, begleitet von dreien ihrer Töchter, der Prinzessin Maria Theresia, siebzehn Jahre alt, welche das nächste Jahr Erzherzogin und zwei Jahre später Kaiserin von Österreich werden sollte, von der Prinzessin Marie Louise, sechzehn Jahre alt, die ein wenig später Großherzogin von Toskana ward, und der Prinzessin Marie Amalie, die erst sechs Jahre zählte.

Außer diesen drei Prinzessinnen waren noch da: die Prinzessin Maria Christina, neun Jahre alt, welche Königin von Sardinien ward; die Prinzessin Marie Antoinette, fünfthalb Jahre alt, welche Prinzessin von Asturien ward; die Prinzessin Marie Clotilde, zwei Jahre alt, welche im Jahre 1792 sterben sollte, und Marie Henriette, die noch in der Wiege lag und ihre Schwester nur um einige Monate überlebte.

Der Augenblick war da, wo ich meinen Plan in Ausführung bringen mußte. Die Königin und die Prinzessinnen gingen ein Stück in den Garten hinein; die zwei größeren gingen neben ihrer Mutter her, und die jüngere, Maria Amalie, sprang voran, pflückte Blumen und versuchte Schmetterlinge zu fangen.

Ich nahm ein Buch in die Hand, und ging in den Garten hinunter. Ich tat, als ob ich läse. Dies gestattete mir zu sehen, ohne daß es so aussah.

Ich machte einen Umweg, so daß ich der königlichen Familie erst am andern Ende des Gartens begegnete. Ich wollte, daß die Königin glaubte, nur der Zufall habe mich ihr in den Weg geführt. Dann, indem ich diese Begegnung zugleich wünschte und fürchtete, verlangte ich nichts mehr, als einige Augenblicke zu haben, um mich darauf vorzubereiten.

Ich betrat die Allee, welche mich unfehlbar mit der Königin zusammenführen mußte. Ich hatte die Augen auf mein Buch geheftet, aber es wäre mir unmöglich gewesen, auch nur den Titel dieses Buches zu nennen. Ich sah die Buchstaben, ohne daß dieselben meinen Gedanken einen Sinn darboten. Meine Gedanken waren anderwärts.

Mein Herz schlug mit seltsamer Heftigkeit.

Plötzlich an der Ecke einer Allee sah ich, kaum fünfundzwanzig bis dreißig Schritte, die Königin vor mir. Die kleine Prinzessin Amalie, welche ihrer Mutter immer noch voransprang war nur noch zehn Schritte von mir entfernt.

Ich tat, als bemerkte ich nichts, als wäre ich in meine Lektüre versunken. Ich hatte allemal noch Zeit, die Augen aufzuheben und eine ehrerbietige Überraschung zu heucheln. Man weiß, wie gut ich alle Gefühle auszudrücken und die zartesten Nuancen dieser Gefühle durch Mienen und Gebärden zu erkennen zu geben verstand.

Ein Vorfall bewog mich jedoch, die Augen eher von meinem Buche aufzuheben, als ich eigentlich wollte.

Die kleine Prinzessin Amalie kam auf mich zugesprungen, nahm eine Blume aus ihrem Strauß und bot mir dieselbe.

Dies war eine gute Vorbedeutung.

Ich richtete den Kopf empor. Ich schien jetzt erst das königliche Kind ebenso wie seine Schwestern und die Königin zu sehen, und indem ich eine tiefe Verbeugung machte, schickte ich mich an, die mir dargebotene Blume anzunehmen.

In diesem Augenblicke aber rief die Königin, wie selbst durch meine Nähe überrascht, in lautem Tone zweimal »Amalie! Amalie!«

Die Kleine, welche in der Stimme ihrer Mutter jenen gebieterischen Ton erkannte, den sie so gut dareinzulegen wußte, drehte sich erschrocken um, lief mit ihrem unversehrten Blumenstrauß auf die Königin zu und ehe ich mich von meiner Überraschung erholt, hatte Maria Karoline ihre Tochter bei der Hand genommen, sie in eine Seitenallee hineingestoßen und war dann selbst mit den beiden großen Prinzessinnen eingebogen, indem sie auf diese Weise tat, als ob sie mir den Weg freilassen wollte.

Ich empfing den Stoß mitten ins Herz. Tränen traten mir in die Augen. Ich kehrte sofort auf mein Zimmer zurück, gab Befehl, den Wagen anzuspannen und reiste nach Neapel ab, indem ich an Sir William die Worte zurückließ:

»Machen Sie sich keine Sorgen wegen meiner Gesundheit, dieselbe hat mit meiner Abreise nichts zu schaffen. Ich habe geglaubt, Caserta verlassen zu müssen. Wenn ich Ihnen erzählen werde, was geschehen ist, so werden Sie, hoffe ich, meine Handlungsweise billigen.

Ihre Emma.«

Zwei Stunden später war ich wieder in Neapel im Gesandtschaftshotel, und nachdem ich die Pferde wechseln gelassen, schickte ich den Wagen nach Caseita für Sir William zurück.

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Litres'teki yayın tarihi:
30 kasım 2019
Hacim:
970 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin PDF
Ortalama puan 5, 1 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 3,8, 4 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin PDF
Ortalama puan 5, 1 oylamaya göre