Kitabı oku: «Beutewelt VII: Weltenbrand», sayfa 2

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Derweil versuchen unsere tapferen Soldaten mit aller Kraft, dem Ansturm des Bösen stand zu halten. Sie setzen ihr Leben in blutigen Schlachten an unzähligen Orten ein, um unser geliebtes Volk vor dem Untergang zu bewahren. Die atomare Zerstörung Berlins durch unsere Feinde, die Kinder des Teufels, hat mir wieder einmal vor Augen geführt, dass diese geborenen Verbrecher nur mit rücksichtsloser Entschlossenheit und den gleichen brutalen Mitteln aufgehalten werden können. Ihr Hass auf jedes Volk, das lediglich seine Freiheit beansprucht, kennt keine Grenzen. Ihnen ist jede Teufelei recht, um die Menschheit für immer in eine Hölle aus Zerfall und ewiger Sklaverei zu treiben.

Ich bin in diesen Stunden bei euch, meine russischen Brüder und Schwestern. Ich fühle mit euch und weiß, was viele von euch zu erdulden haben. Ich denke an jeden unserer tapferen Soldaten an der Front, an jede russische Frau und jedes russische Kind, das versucht, den Klauen der Völkermörder zu entkommen.

Ich selbst kämpfe nunmehr seit vielen Jahren gegen die Logenbrüder, diese internationale Verbrecherorganisation aus Kriegstreibern und Menschenschindern. Ich selbst kenne das furchtbare Leid, all die Entbehrungen, die der Kampf gegen unsere Feinde beinhaltet. Doch sie sollen wissen, dass sie unseren Willen nicht brechen können. Selbst wenn sie ihre grausamen Sklavenhorden auf unser Volk hetzen oder Millionen unschuldige Menschen mit Atombomben ermorden.

Meine geliebten Brüder und Schwestern, geliebtes russisches Volk, es gibt nun kein Zurück mehr in diesem Krieg, der das Schicksal der Menschheit wie kein zweiter bestimmen wird. Ich habe immer an unseren Sieg geglaubt und ich habe auch jetzt keinen Zweifel daran, dass wir die Krake, die die Welt zu erwürgen droht, am Ende doch erschlagen werden. Dafür müssen wir jedoch alle wie eine unzerbrechliche Mauer hinter unseren kämpfenden Truppen stehen. Dafür müssen wir aber unsere Herzen mit dem unzerstörbaren Glauben an den Sieg …“

Julia schaltete den Fernseher aus und verließ das Wohnzimmer. Sie ging ins Kinderzimmer, wo sie der kleine Friedrich mit nachdenklichem Blick erwartete.

„Hast du dir wieder Onkel Artur im Fernsehen angesehen, Mama?“, fragte der Junge. Er sah zu seiner Mutter auf.

„Ja, der ist ständig im Fernsehen. Allerdings muss ich ihn auch nicht den ganzen Tag hören oder sehen“, antwortete Julia genervt.

„Papa ist Arturs bester Soldat, oder?“

„Keine Ahnung, Friedrich! Ich wünschte, er wäre überhaupt kein Soldat.“

„In der Grundschule hat uns Herr Kalita einmal gesagt, dass Papa uns alle vor den bösen Leuten gerettet hat. Stimmt das?“

Julia stöhnte auf, sie strich Friedrich über den Kopf. „Kann schon sein. Papa rettet immer alle vor irgendwelchen bösen Leuten …“

„Und jetzt haben die bösen Leute die Stadt zerstört, aus der Papa kommt, oder?“

„Mit solchen Dingen solltest du dich gar nicht beschäftigen, Friedrich. Lies doch noch ein Buch oder male ein Bild“, murmelte Julia. Sie ging zum Fenster.

„Aber die Leute in der Stadt, aus der Papa kommt, hat er nicht retten können, oder?“, bohrte der Junge nach.

Die Tochter des Außenministers drehte sich wieder um und sah ihren Sohn mit traurigen Augen an. Für einen Moment fehlten ihr die Worte, doch dann sagte sie: „Es reicht jetzt, Friedrich! Ich will nichts mehr davon hören, verstanden?“

General Kohlhaas hatte seinen Truppen befohlen, sich wieder von Eilenburg abzuwenden, da der Widerstand der GCF zu groß war und der Feind weitere Verstärkungen erhalten hatte. Jetzt galt es, Riesa zu halten, wo sie die Bevölkerung zuvor mit lautem Jubelgeschrei begrüßt hatte. Tausende von Warägern hatten sich inzwischen rund um die Stadt eingegraben und versuchten, den vorrückenden Feind aufzuhalten. Bisher war es lediglich die Vorhut der noch kommenden Hauptstreitmacht der GCF, doch diese war schon groß genug.

Zuerst brachten die Truppen des Weltverbundes ihre Artillerie in Stellung; dann begannen sie sofort damit, Riesa zu beschießen. Neben gewöhnlichen Geschossen wurden die Waräger auch mit einem Hagel aus Giftgasgranaten eingedeckt, um sie aus ihren Stellungen zu treiben. Das mörderische Trommelfeuer dauerte mehrere Stunden und kostete vielen Soldaten das Leben.

Schließlich folgte ein feindlicher Panzer- und Infanterieangriff. Frank und seine Waräger empfingen die vorrückenden GCF-Verbände mit einem wütenden Sperrfeuer, während sich die mit Plasmawerfern ausgerüsteten Männer ausschließlich den Panzern widmeten. Dieser erste Angriff dauerte bis tief in die Nacht hinein, doch es gelang den Verteidigern, Riesa unter großen Verlusten zu halten. Irgendwann zogen sich die GCF-Soldaten wieder zurück, um am nächsten Tag zur Mittagsstunde einen weiteren Sturmangriff zu starten.

So ging es eine ganze Woche lang. Bald waren große Teile der Stadt von der feindlichen Artillerie in Stücke geschossen worden und noch immer prasselten Schauer aus Giftgasgranaten vom Himmel herab, die unter den Warägern und der Zivilbevölkerung furchtbare Opfer forderten.

Schließlich befahl Frank einen Ausfall und schickte einige motorisierte Trupps los, um die feindlichen Geschütze zu zerstören. Die kühne Aktion gelang, wobei erneut viele Elitesoldaten des Nationenbundes den Tod fanden. Wenig später traf die von Frank angeforderte Verstärkung in Form einiger Volksarmeeverbände ein und die Stellungen konnten verstärkt werden.

Doch der Gegner hatte sich inzwischen geschickt um die Stadt herum positioniert und ebenfalls weiteren Nachschub erhalten. Die Sturmangriffe, Ausfälle und Häuserkämpfe rund um Riesa gingen ohne Pause weiter, wobei keine Seite die Oberhand gewinnen konnte. Nach einer weiteren Woche voller erbitterter Feuergefechte, versammelten sich die GCF-Soldaten schließlich zur großen, alles entscheidenden Attacke.

Grabenkämpfe

Diesmal waren es Tausende. Ganze Schwärme feindlicher Soldaten rückten im Morgengrauen in Richtung Riesa vor; im Schutz der Panzer versuchten sie, näher an die Stellungen der Volksarmisten und Waräger heranzukommen. Um Frank herum war ein ohrenbetäubendes Getöse ausgebrochen. Schwere Maschinengewehre ratterten ununterbrochen und glühende Plasmabälle rasten den gegnerischen Panzern entgegen.

General Kohlhaas brüllte pausenlos in sein Funkgerät und bemühte sich, das Abwehrfeuer seiner Männer so gut es ging zu koordinieren. Diese Dinge waren den Warägern bereits in der Grundausbildung bis zum Exzess eingepaukt worden. Mittlerweile beherrschten sie sie perfekt.

„Plasmawerfer schießen auf die Panzer in W-5! Sperrfeuer auf das Gebiet zwischen Wald und Landstraße! Planquadrat W-9!“, schrie Kohlhaas so laut er konnte.

Die schweren Maschinengewehre der Waräger schossen einen vorstürmenden Trupp GCF-Soldaten in einigen hundert Metern Entfernung zusammen, während konzentriertes Plasmafeuer fünf feindliche Panzer zerstörte.

„Passt auf V-6 auf! Da kommt eine ganze Horde!“, warnte Frank seine Soldaten. Nur Sekunden später wurde das Abwehrfeuer auf ein anderes Ziel umgeleitet.

Zahlreiche GCF-Soldaten brachen daraufhin schreiend zusammen, doch aus dem Hintergrund kamen bereits die nächsten feindlichen Trupps. Irgendwann waren es so viele, dass die wie wild feuernden Volksarmisten und Waräger immer mehr Probleme hatten, den Feind niederzuhalten.

„Granatenwerfer bereithalten!“, brüllte Frank nervös, während die feindliche Infanterie näher kam.

Einige Minuten später schlugen Granaten zwischen den Gegnern ein, Dutzende von ihnen zerfetzend. Dem Granatenwerferbeschuss folgte ein weiterer Kugelhagel aus Pika Sturmgewehren und schweren Stand-MGs.

„Wartet kurz! Lasst sie näher herankommen!“, befahl Kohlhaas.

Die GCF-Soldaten schossen indes selbst mit allem, was sie hatten, zurück. Es gelang ihnen, einige Stellungen der Volksarmisten zu erreichen und diese in einem brutalen Hauen, Schießen und Stechen einzunehmen. Brüllend stürmten sie weiter vorwärts, um mitten in das perfekt koordinierte Abwehrfeuer der Warägergarde hinein zu rennen.

„Warten!“, brüllte Frank in sein Funkgerät und konnte aufgrund des Lärms kaum noch sein eigenes Wort verstehen.

Bald hatte der größte Teil der GCF-Soldaten die Schützengräben der Waräger schon fast erreicht und es hagelte Handgranaten. Dann griffen die Feinde auf breiter Front an; sie wollten die Stellungen der Rus im Sturm erobern.

„Jetzt!“, gellte Kohlhaas.

Zwischen einigen Häuserruinen wurden mehrere Transportpanzer sichtbar. Die schwarzgrauen Fahrzeuge rasten los, umfuhren die Masse der gegnerischen Infanterie an der Flanke und donnerten mit ununterbrochen hämmernden Maschinenkanonen auf die GCF-Soldaten zu. Dann spuckten sie auf einen Schlag mehrere Trupps Warägergardisten in schweren Ferroplastinrüstungen aus.

„Gegenangriff!“, ordnete Frank an.

Seine Männer sprangen aus den Gräben und stürmten wild um sich schießend auf die durch den unerwarteten Flankenangriff in Unordnung geratenen Feinde zu. Innerhalb von Minuten war die Verwirrung in den Reihen der Gegner so groß, dass viele der feindlichen Soldaten die Nerven verloren und sich zur Flucht wandten. Die motorisierten Verbände der Warägergarde und die ungestüm gewordene Infanterie setzten ihnen nach und massakrierten so viele, wie sie erwischen konnten.

Ein feindlicher Panzervorstoß konnte wenig später noch einmal vom Abwehrfeuer der Plasmawaffen zurückgeschlagen werden. Dennoch dauerte die Schlacht noch mehrere Stunden, was nichts daran änderte, dass der feindliche Großangriff auf Riesa am Ende fehlgeschlagen war.

Auch die anderen Stadtteile hatten erfolgreich verteidigt werden können, wenn auch unter großen Verlusten. Nun jedoch waren die Rus am Zug und unternahmen in der folgenden Nacht selbst eine Gegenoffensive. Nach weiteren heftigen Kämpfen musste sich die GCF schließlich einige Kilometer nach Westen zurückziehen, um erst einmal auf Verstärkung zu warten.

General Kohlhaas und seine Männer jubelten. Doch die Freude über diesen im Grunde unbedeutenden Sieg währte nicht lange, denn das Oberkommando gab den Befehl, so schnell wie möglich nach Leipzig vorzurücken. Dort bahnte sich ein Volksaufstand an.

Der Anführer der Freiheitsbewegung lief aufgeregt durch sein grell erleuchtetes Büro im untersten Geschoss des Atombunkers. Diesmal war nur Außenminister Wilden bei ihm. Der Deutsche hörte den endlosen Vorträgen des russischen Staatsoberhauptes bereits seit Stunden zu. Was er ansonsten selbst gerne in aller Ausgiebigkeit praktizierte, nämlich seinen Mitmenschen die Welt zu erklären, übernahm heute Artur Tschistokjow.

„Bevor sich unsere Feinde der Menschheit offen als Tyrannen gezeigt haben, vertraten sie zum Schein die genau gegenteiligen Thesen, um die Völker der Erde zu verwirren. Sie waren immer die Ersten, die nach „Freiheit“, „Gleichheit“, „Demokratie“ und so weiter geschrieen haben. Und während sie ihre Heucheleien hinausposaunten, haben sie sich neben dem Finanzwesen vor allem auch die Medien unter den Nagel gerissen. Wie töricht und naiv waren unsere Vorfahren, dass sie so etwas zuließen.

Nach außen hin redeten die Logenbrüder von einer angeblich „freien Presse“, doch kontrollierten sie die Macht der Medien im Hintergrund mit aller Entschlossenheit. Es kam der Tag, da waren die großen Zeitungen und Fernsehsender allesamt in ihrer Gewalt.

Die alten Staaten gaben die Medien, als wichtigste Instrumente der Massenbeeinflussung, in ihrer Dummheit aus den Händen. Schließlich gehörten sie irgendwann ihren Feinden, dienten ihren Plänen, säten Zweitracht unter den Völkern und manipulierten die Massen so, wie es die Logenbrüder für nötig erachteten.

Wir aber sind von Anfang an ehrlich gewesen! In den von uns beherrschten Gebieten dient jede Zeitung und jeder Fernseh- oder Radiosender unserem Kampf! Sie sind Eigentum unseres Staates, predigen nur und ohne Ausnahme unsere Weltanschauung! Wir haben sie dem Feind aus den Klauen gerissen, der sie als Werkzeuge der Geistesvergiftung für seine Zwecke missbraucht hat. Nun gehören sie uns und sind unsere Waffen in diesem Glaubensweltkrieg.

Alle unsere Medien haben nur ein Ziel, auch wenn sie von der Art und Weise, wie sie es tun, manchmal unterschiedlich vorgehen: Sie impfen das geistige Gegengift in den Kopf unseres Volkes! Nie wieder werden wir sie aus den Händen geben! Sie sind die Artillerie des gesprochenen und geschriebenen Wortes, die an vorderster Front mithilft, den Weltfeind zu vernichten!“

Wilden schmunzelte, denn diese Dinge wusste er selbst nur zu gut. „Alles andere wäre dumm und hätte uns schon längst das Genick gebrochen.“

Artur Tschistokjow wechselte ins Deutsche und erwiderte: „Daran es gibt keine Zweifel, mein Freund. Eine andere Form von Widerstand, als wie wir ihn machen, ist einfach gar nicht möglich, verstehst du? Dafür der Feind ist viel zu gefährlich und hat zu großen Macht. Wir mussten eine Bewegung machen, die aufgebaut ist wie ein Armee.“

„Heute wirkst du jedenfalls etwas entspannter als in den letzten Tagen, Artur. Das freut mich“, bemerkte Wilden.

Der blonde Russe versuchte zu lächeln. Er nickte, um sich dann auf den Stuhl hinter seinem Schreibtisch zu setzen.

„Den ganzen Tag ich mache nichts anderes als nur auf die Karte der Welt schauen. Kämpfen hier und überall. Es ist eine Qual für meine Nerven“, gestand Tschistokjow.

„Es ist für uns alle ein Graus!“, antwortete der grauhaarige Deutsche und stieß einen leisen Seufzer aus.

„Graus? Was ist das?“, wunderte sich Tschistokjow.

„So etwas wie „Qual“. Es ist schrecklich“, erklärte Wilden schmunzelnd.

Der Anführer der Rus sank hinter dem Schreibtisch zusammen und sagte für einen Moment nichts. Schließlich nahm er eine Flasche Limonade in die Hand und füllte sein Glas.

„Ich will eigentlich seit Jahren wieder anfangen, mein Deutsch zu verbessern, aber mir fehlt einfach die Zeit. Ich lese kaum noch ein Buch und gönne mir überhaupt nichts mehr. Ich habe einfach für nichts mehr Zeit – und schon gar nicht für eine Frau oder gar eine Familie. Es ist ein trostloses Leben“, murmelte Tschistokjow auf Russisch, Wilden traurig ansehend.

„Die großen Werke der Weltliteratur können wir erst wieder genießen, wenn dieser Krieg vorbei ist. Vorher werden wir kaum eine Stunde Zeit für etwas Schönes haben“, meinte der Außenminister.

„Dieser Krieg! Wann wird er enden, Thorsten? Mir kommt es jetzt schon so vor, als würden wir ihn seit tausend Jahren führen. Ich kenne nur noch Wut, Hass und Rache. Hier unten mutiere ich zu einer tragischen Gestalt, zu einem Gespenst in den dunklen Gängen dieses verfluchten Atombunkers. Manchmal sehe ich mich im Spiegel an und frage mich, was aus Artur Tschistokjow, dem ehemals guten Menschen, inzwischen geworden ist.“

„Wir werden das schon überstehen“, versuchte Wilden seinen Gefährten zu beruhigen.

„Das Einzige, was mir noch Freude bereitet, sind die kleinen Gespräche, die wir beide führen. Mit dir kann ich offen sprechen, die anderen verstehen mich doch gar nicht. Jetzt, wo Peter tot ist, habe ich nur noch dich zum reden. Millionen Menschen befolgen meine Befehle, schauen zu mir auf, vergöttern und umgarnen mich – und doch bin ich immer allein“, sagte Tschistokjow.

„Es werden schon noch schönere Zeiten kommen“, antwortete Wilden nur, denn etwas Besseres fiel ihm in diesem Moment nicht ein.

Inzwischen befanden sich Frank und seine Waräger an einer anderen Front, diesmal kurz vor der sächsischen Stadt Leipzig. Es war wie immer: Vorrücken, eingraben, warten und am Ende angreifen.

Müde hockte Kohlhaas in einer Ecke seines Unterstandes, mit dem Rücken an einer großen Munitionskiste gelehnt. Er hatte die Augen geschlossen, versuchte an nichts zu denken. In einigen Tagen, vielleicht schon morgen, würden sie Leipzig angreifen. Erneut kämpfen, töten, fallen. Es war eine ermüdende Endlosschleife und Frank wurde bewusst, dass er Situationen wie diese schon unzählige Mal erlebt hatte. Die Stunden vor dem Beginn einer Offensive waren immer die schlimmsten.

Plötzlich schob jemand die feldgraue Plane, die den Eingang des Unterstandes verdeckte, langsam zur Seite und kam in die halbdunkle Höhle hinein. Es war ein Offizier der Warägergarde.

„Herr General, verzeihen Sie die Störung, aber ich sollte Sie doch immer auf dem Laufenden halten, was der Junge macht“, sagte der Russe.

„Wovon sprechen Sie?“, brummte Frank.

„Von Pjotr Balkov!“, antwortete der Offizier kleinlaut.

Kohlhaas stand auf und ging einige Schritte auf ihn zu. „Balkov? Was ist mit ihm?“

„Sie haben mich einmal gebeten, dass ich Sie immer informieren soll, was er macht, Herr General.“

„Was macht er denn? Ich habe seit Wochen nichts mehr von ihm gehört. An welcher Front ist er denn jetzt?“, bohrte Frank nach. Langsam wurde er ungeduldig.

„An keiner Front … ich meine …“

„Drücken Sie sich klar aus!“, murrte Frank.

„Der Junge ist leider verstoben. Es ist inzwischen offiziell. Er ist beim Atombombenabwurf auf Berlin getötet worden“, erklärte der Russe und überreichte Frank eine endlos erscheinende Liste mit Namen von Gefallenen.

Frank zuckte zusammen, er nahm den dicken Stapel Papiere entgegen.

„Es ist auf Seite 278. Ich habe seinen Namen rot markiert, wie Sie sehen können, Herr General. Es sind alle Verluste der Waräger Sturmdivisionen im Frontabschnitt 14 bis 19 vermerkt worden und …“

Kohlhaas herrschte ihn an, den Mund zu halten. Kurz darauf fand er die rot markierte Stelle am unteren Ende der besagten Seite.

„Die Verluste der Volksarmee sind allerdings von einer anderen Dienststelle bearbeitet worden, aufgrund der …“, erklärte der Offizier.

„Halten Sie den Mund!“, schrie ihn Frank an. „Verschwinden Sie! Sofort!“

„Es tut mir sehr Leid, Herr General!“

„Raus!“

Kaum hatte der Waräger den Unterstand wieder verlassen, da schleuderte Frank den Stapel Papiere wie eine Giftspinne von sich und trat gegen einen Plastikstuhl.

„Zur Hölle mit dieser ganzen Scheiße!“, flüsterte er und hielt sich den Kopf.

Es dauerte nur noch Sekunden, dann konnte Frank seine Tränen nicht mehr zurückhalten. Leise weinend setzte er sich in eine dunkle Ecke. Jetzt wusste er es endlich. Auch der sympathische, junge Pjotr, dessen Leben Frank im russischen Bürgerkrieg gerettet hatte, war von diesem Krieg verschlungen worden.

In diesem Moment wurde dem General wieder einmal klar, dass Gott, wenn er denn überhaupt existierte, niemanden beschützte oder liebte. Er hatte die Menschen wohl schon lange verlassen und den Blick von seiner Schöpfung abgewandt. Vielleicht schaute er aber auch zu, als zynischer Voyeur, der die kleinen Kreaturen, die er geschaffen hatte, mit kaltem Blick beim Sterben betrachtete.

Seit Tagen versuchte die GCF, die immer wütender und aufsässiger werdenden Bewohner von Leipzig im Zaum zu halten. Als diese von der herannahenden Volksarmee und den ihr folgenden deutschen Freiwilligenmilizen hörten, geriet die Situation endgültig außer Kontrolle. Bereits vor einer Woche war der oberste Stadtverwalter von Leipzig von einem Unbekannten vor dem Rathaus erschossen worden. Wenige Stunden später hatten mehrere Hundert mit Knüppeln, Äxten und Schusswaffen aller Art bewaffneten Männer Anstalten gemacht, das Gebäude zu besetzen. GCF-Soldaten und VVM-Männer hatten schließlich dazwischengeschossen und die Aufständischen in die Flucht geschlagen.

Nun, da die Bevölkerung Leipzigs wusste, dass die Volksarmee im Anmarsch war, versammelten sich Tausende von Menschen in der Innenstadt und protestierten zunächst friedlich gegen die Besatzungstruppen der Weltregierung. Doch das änderte sich innerhalb kürzester Zeit, denn die aus vielen Ländern nach Deutschland gebrachten GCF-Soldaten verloren angesichts der vorrückenden Truppen des Nationenbundes am Ende die Nerven und schossen erneut auf die Demonstranten.

Damit wurde ganz Leipzig ins Chaos gestürzt. Die ganze Nacht hindurch tobten Straßenschlachten und Unruhen in den Gassen. Schließlich gingen die Volksarmisten sofort zum Angriff über, um Leipzig so schnell wie möglich zu befreien.

„Wir müssen uns beeilen und die Stadt einnehmen, bevor weitere GCF-Truppen eintreffen!“, schärfte Frank seinen unter großem Zeitdruck vorrückenden Soldaten ein.

Diese griffen die feindlichen Verbände, die sich in Fuchshain und Großpösna verschanzt hatten, entschlossen an, nachdem die mobile Artillerie der Rus einige Straßenzüge mit heftigem Trommelfeuer eingeebnet hatte.

Die von Ludwig Orthmann angeführten deutschen Freiwilligenverbände hatten derweil Paunsdorf erreicht und befanden sich bereits in schweren Häuserkämpfen mit einigen VVM-Trupps.

Frank betrachtete den Bildschirm im Vorderteil seines Kommandopanzers. Ständig zeigten kleine Kameras, die an der Außenhülle des Tanks angebracht waren, neue Bilder und Eindrücke. Zudem wurden ununterbrochen Informationen und Außenaufnahmen von den anderen Transportpanzern, die überall Waräger an die Front brachten, übertragen.

Der General war bemüht, sich in diesem Chaos halbwegs zurechtzufinden und den Angriff so gut es ging zu koordinieren.

„Unsere Geschütze sollen die VVM-Stellungen in Holzhausen unter Feuer nehmen!“, befahl er und drehte sich zu einem Leutnant um.

„Wir sollten die VVMs generell gezielt mit unseren Panzern und Sturmtruppen angreifen. Die rennen schneller weg, wenn es ernst wird. So können wir die Abwehrfront des Feindes leichter aufreißen“, meinte der Russe. Frank nickte.

„Ja, eine gute Idee. Ich werde den Angriffsplan noch einmal modifizieren.“

Hunderte von grau uniformierten Volksarmisten und schwer gerüsteten Warägern rannten inzwischen gegen die gegnerischen Linien an und arbeiteten sich durch heftiges Sperrfeuer vor. Kohlhaas hatte derartige Sturmangriffe schon viele Mal erlebt, immer waren sie verlustreich und blutig. Doch es gab keine andere Möglichkeit, Leipzig einzunehmen. Außerdem musste es schnell gehen, bevor der Feind weitere Hilfe aus dem Hinterland bekam.

Schließlich dauerten die Gefechte bis zur Abenddämmerung und es gelang den Warägern, den Gegner zumindest aus Fuchshain zu vertreiben. Morgen würden sie versuchen, bis nach Großpösna vorzudringen, beschlossen Frank und die anderen Offiziere vor Ort. Wenn es überhaupt gelang, Leipzig im Sturm zu nehmen, dann nur unter großen Opfern, denn die GCF- und VVM-Soldaten hatten sich mittlerweile überall in gut geschützten Positionen verschanzt.

Doch in den frühen Morgenstunden des folgenden Tages ereignete sich etwas, womit niemand gerechnet hatte. In der tiefen Dunkelheit griffen mehrere Hundert Leipziger, die sich mit allem Möglichen bewaffnet hatten, die GCF-Soldaten und ihre Helfer von den VVM plötzlich von hinten an. Offenbar hatten die Aufständischen zuvor mit Ludwig Orthmann Kontakt aufgenommen und sich mit ihm abgesprochen.

Zunächst überfielen sie nur einige Stellungen, die mit unachtsamen VVM-Milizionären bemannt worden waren, und töteten die Männer im Schlaf. Dann rückten sie jedoch weiter durch die dunklen Gassen vor und attackierten in einer selbstmörderischen Aktion die überraschten Soldaten der Weltregierung. Laut brüllend fielen sie über die verwirrten Feinde mit Knüppeln, Äxten und Gewehren her, mit einer solchen Kühnheit angreifend, dass sie den GCF-Soldaten ernsthafte Probleme bereiteten.

Die Aufständischen schleuderten Handgranaten in die Gräben und Unterkünfte der oft noch schlafenden Feinde und metzelten jeden nieder, der sich nicht schnell genug verteidigen konnte. Und es wurden immer mehr. Zunächst waren es nur einige hundert Männer gewesen, doch als die Sonne aufging, waren es plötzlich Tausende.

Den vor der Stadt liegenden Volksarmisten blieb das in den Straßen Leipzigs ausgebrochene Chaos nicht verborgen und Frank befahl einen sofortigen Großangriff mit allen verfügbaren Truppen.

Innerhalb weniger Stunden schafften es die Volksarmisten und Waräger, bis in die Leipziger Innenstadt vorzudringen. Hier hatten die Aufständischen bereits sämtliche Feinde getötet oder in die Flucht geschlagen.

Zugleich strömten Zehntausende von Menschen auf die Straßen und gegen Abend brach ein regelrechter Volksaufstand aus. Während die restlichen GCF-Soldaten in stundenlangen Häuserkämpfen bis in den Westen Leipzigs zurückgedrängt werden konnten, wandte sich die Wut der Leipziger nun gegen jeden Diener der Weltregierung, der noch nicht geflohen war. Der Volksaufstand und die Straßenkämpfe im Leipziger Westen tobten weitere zwei Tage, dann hatten die GCF-Soldaten und ihre Helfer von den VVM die Stadt endgültig geräumt.

Etwa 500 Mitglieder der internationalen Logenorganisation hatten sich heute an einem geheimen Ort irgendwo im Gebiet des ehemaligen US-Bundesstaates Iowa getroffen, um wichtige Dinge zu besprechen und vor allem die Befehle des obersten Rates persönlich zu empfangen. Aus Sicherheitsgründen hatte man das Treffen, welches eigentlich in New York hatte stattfinden sollen, in diese unscheinbare, ländliche Region verlegt. Zahlreiche Logenbrüder aus England, Deutschland, Frankreich, dem Nahen Osten und vielen anderen Regionen der Welt waren nach Nordamerika gekommen, was für nicht wenige von ihnen nervenaufreibend und mühsam gewesen war.

Mittlerweile war das Lachen, das zu Beginn dieses Krieges noch auf vielen Gesichtern zu sehen gewesen war, aus denselben verschwunden, denn langsam wurde den Logenbrüdern klar, dass auch sie nicht unverwundbar waren. Vor allem die Zerstörung Londons saß den Mitgliedern der weltweiten Bruderschaft noch immer in den Knochen. Außerdem fürchteten sie, dass Tschistokjow oder Matsumoto eines Tages auch die anderen Zentren ihrer Macht vernichten könnten. Dass vor allem der Nationenbund der Rus ebenfalls zu allem bereit war, hatte Tschistokjow mittlerweile unter Beweis gestellt. Der eine oder andere Anwesende war aus Angst vor den ADR-Trupps bereits in den Verwaltungssektor „Amerika-Nord“ geflohen.

Doch der Rat der Weisen rief die untergeordneten Brüder immer wieder zur Ordnung, er duldete keine Feigheit vor dem Feind. So war es in den letzten Wochen bereits dazu gekommen, dass die GSA in den eigenen Reihen einige Exempel an pflichtvergessenen oder fahnenflüchtigen Mitgliedern der Organisation statuiert hatte.

Der Vorsitzende des obersten Rates, wie auch sein Stellvertreter, der Weltpräsident, fuhren inzwischen eine harte Linie gegen alle, die ihre Befehle missachteten. Nur so könne die Disziplin aufrecht erhalten werden, meinten sie.

„Meine lieben Brüder!

Als oberster Weiser und Kopf unseres Bundes werde ich euch die Entscheidungen des Rates überbringen. Zunächst einmal gilt es aber, noch einmal einige grundliegende Dinge klar zu stellen. Es hat in den letzten Wochen ein paar Vorfälle in unseren Reihen gegeben, die mich sehr verärgert und auch besorgt haben. Einige wenige Mitglieder unserer Vereinigung haben tatsächlich die Frechheit besessen, den Rat der 13 zu bitten, mit Tschistokjow und Matsumoto ernsthafte Friedensgespräche zu beginnen. Vermutlich haben sie das aus Angst, dass sie morgen von ein paar ADR-Männern aus ihren schönen Villen geschleift werden und mit einem Genickschuss im Straßengraben enden könnten, getan. Der Rat hat allerdings reagiert und diesen elenden Feiglingen die wohlverdiente Quittung für derartige Unverschämtheiten überreicht. Was die ADR kann, das kann die GSA nämlich schon lange, und so haben wir diesen Verrätern demonstriert, dass sie nicht auf die ADR zu warten brauchen, um einen Genickschuss zu bekommen!“, donnerte der Vorsitzende des Rates.

„Dies soll allen Mitgliedern unserer Organisation eine Lehre sein. Feigheit und Verrat werden bestraft – gnadenlos! Bei zukünftigen Anfragen dieser Art wird der Rat nicht anders reagieren!“

Ein verhaltenes Klatschen ertönte. Einige der anwesenden Brüder starrten den obersten Weisen mit angstvollen Blicken an.

„Jetzt komme ich zu den Entscheidungen des Rates, die in ihrer Ausrichtung nach wie vor klar und unmissverständlich sind. Wir werden die Atombombenangriffe gegen den Nationenbund und Japan unbeirrt fortsetzen, denn wir haben das größere Arsenal an Kernwaffen. Unser nächstes Etappenziel ist die Zerschlagung des russisch-japanischen Bündnisses, wobei Matsumoto der Schwachpunkt dieser Allianz ist. Wenn wir sein dicht besiedeltes Land mit Nuklearwaffen angreifen, dann werden wir sehen, ob der edle Samurai noch weiter sein Schwert gegen uns schwingen wird.

Wenn er vor zehn oder zwanzig Millionen Toten und riesigen Ruinenlandschaften steht, dann werden wir herausfinden, ob er noch die Nerven hat, weiterzukämpfen. Da er sein Volk ja so sehr liebt und immer nur das Beste für Japan will, werden wir ihm jetzt einen Vernichtungsschlag präsentieren, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat.“

Wieder ertönte Applaus, diesmal wirkte er jedoch lauter und zuversichtlicher. Die meisten der Anwesenden schienen sich sicher zu sein, dass der nächste Atombombenangriff Japan in die Knie zwingen würde.

„Und auch wenn Tschistokjow und Matsumoto dann noch immer nicht zermürbt sein sollten, haben wir noch eine Vielzahl weiter Atombomben für sie. Notfalls lassen wir von ihren Landschaften und Städten nur noch verbrannte Erde übrig“, rief der Vorsitzende des hohen Rates mit geballter Faust.

Die geheime Versammlung dauerte noch mehrere Stunden und am Ende war die Vorgehensweise unzweideutig festgelegt worden. Jetzt sollte es die Japaner treffen. In einer Weise, wie es sich Matsumoto in seinen kühnsten Alpträumen nicht vorstellen konnte.

Die Befreiung Leipzigs und der dort ausgebrochene Volksaufstand wurde von Tschistokjows Propaganda bis zum Exzess ausgeschlachtet.

„Deutschland erhebt sich gegen die Logenbrüder!“, titelten die großen Zeitungen des Nationenbundes und auch in Deutschland selbst wurde die Bevölkerung nun wesentlich kämpferischer und rebellischer.

„Das hatte ich unseren Landsleuten gar nicht mehr zugetraut. Offenbar sind doch noch ein paar darunter, die keine Feiglinge sind“, meinte Ludwig Orthmann und lächelte Frank zu.

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22 aralık 2023
Hacim:
377 s. 12 illüstrasyon
ISBN:
9783957448385
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