Kitabı oku: «Internal Investigations», sayfa 11
(2) Unternehmensinterne Untersuchungen als Teil der Compliance
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Wie festgestellt, trifft den Vorstand einer AG die Pflicht, für eine ausreichende Compliance-Organisation im Unternehmen zu sorgen. Da die genannten gesetzlichen Vorschriften jedoch keine konkreten Compliance-Maßnahmen vorschreiben, stellt sich die weitere Frage, ob die allgemeine Compliance-Pflicht auch eine konkrete Pflicht zur Durchführung von unternehmensinternen Untersuchungen begründet. Dies ist auch davon abhängig, wie man den aus dem amerikanischen Rechtsraum übernommenen Begriff der „Compliance“ definiert. In der Literatur hat sich bislang keine einheitliche Definition dieses Begriffs durchgesetzt.
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Fasst man unter Compliance recht eng nur alle organisatorischen Maßnahmen zur Verhinderung von Gesetzes- und sonstigen Normverstößen, also Prävention durch Organisation und Koordination,[52] so kann das nachträgliche Einschreiten als Reaktion auf Verstöße nur i.S.e. Warnung zur Vermeidung weiterer Verstöße zur Compliance gezählt werden.[53] Ein breiteres Begriffsverständnis ist indes sachdienlicher. Unter Compliance ist ganz allgemein das Handeln in Übereinstimmung mit dem Gesetz bzw. mit den jeweils anwendbaren Regeln und die Sicherstellung dessen durch das Unternehmen, zu verstehen.[54] Nach diesem Verständnis gliedert sich Compliance in fünf Funktionen. Die Schutzfunktion, die Beratungs- und Informationsfunktion, die Qualitätssicherungs- und Innovationsfunktion, die Überwachungsfunktion sowie die Marketingfunktion.[55] Selbst im Lichte dieses gegliederten Definitionsansatzes ist bislang nicht abschließend geklärt, ob überhaupt und falls ja, welcher dieser Funktionen unternehmensinterne Untersuchungen zugeordnet werden können. Man kann unternehmensinterne Untersuchungen als Teil der Schutzfunktion betrachten. Denn durch die Untersuchungen wird das Unternehmen erst in die Lage versetzt, eine Kooperation mit Behörden auf Augenhöhe zu führen und so größeren Schaden für das Unternehmen abzuwenden und durch eine abschreckende Wirkung weitere Verstöße zu verhindern.[56] Es ist auch schlüssig, unternehmensinterne Untersuchungen der Überwachungsfunktion zuzuordnen.[57] Dann muss man unter Überwachung, gerade auch die Aufnahme von Ermittlungen bei einem Verdacht auf Compliance-Verstöße, verstehen.[58] Auch Aspekte der Reputationssicherung und der Marketing-Funktion werden durch unternehmensinterne Untersuchungen teilweise erfüllt. Verfügt ein Unternehmen über eine funktionierende Compliance-Organisation, so werden Gesetzesverstöße vermieden, was die Reputation des Unternehmens stärkt. Kommt es zu Verstößen und werden diese vom Unternehmen aufgedeckt und aufgearbeitet, so kann dies die Reputation stärken und damit dem Marketing dienen,[59] jedenfalls sofern die Vorfälle an die Öffentlichkeit geraten.
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Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass unternehmensinterne Untersuchungen unter die verschiedenen Funktionen der Compliance subsumierbar und damit grds. Teil eines funktionellen Compliance-Systems sind. Damit resultiert aus der allgemeinen Compliance-Pflicht auch eine Pflicht des Vorstands zur Durchführung unternehmensinterner Untersuchungen. Da die Compliance als Teil der Leitungsaufgaben des Vorstands eine Pflicht ist, ist auch die Einleitung unternehmensinterner Untersuchungen als Teil der Compliance eine dem Vorstand obliegende Pflicht.
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Die Pflicht zur Durchführung unternehmensinterner Untersuchungen beruht also auf zwei Säulen. Zum einen kann die Pflicht zur Durchführung von unternehmensinternen Untersuchungen direkt aus einer Gesamtschau der Normen §§ 76 Abs. 1, 93 Abs. 1 S. 1 AktG, 130 InsO hergeleitet werden, zum anderen resultiert die Pflicht zur Durchführung von unternehmensinternen Untersuchungen aus der allgemeinen Verpflichtung zur Einrichtung eines Compliance-Systems.[60]
ee) Recht zur Delegation auf untere Ebenen
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Adressat der oben genannten Regelungen ist der Vorstand. Allerdings wird der Vorstand in der Praxis die in Rede stehenden Sachverhalte nicht selbst im Detail aufarbeiten, Interviews mit den Verdächtigen oder Zeugen führen oder sämtliche Unterlagen sichten. Vielmehr ist eine Delegation der Aufgaben an untere Ebenen der Normalfall. Der Vorstand darf und wird die Untersuchung daher der Compliance-, Revisions- oder Rechtsabteilung zur Aufklärung solcher Verstöße übertragen oder externe Berater mit der Durchführung beauftragen.
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Eine Übertragung der Aufgaben bedeutet hingegen keine Entlastung des Vorstands von seiner Überwachungspflicht. Die Pflicht des Vorstands verändert lediglich ihren Inhalt und wandelt sich in eine Pflicht zur ordnungsgemäßen Auswahl, Einweisung und Kontrolle der handelnden Personen.[61]
ff) Gesamtvorstand oder einzelnes Vorstandsmitglied
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Die Geschäftsführung obliegt grds. dem gesamten Vorstand (sog. Gesamtverantwortung), § 77 Abs. 1 S. 1 AktG. Allerdings ist es üblich, einzelnen Vorstandsmitgliedern im Rahmen der Ressortverantwortung separate Aufgaben zu überantworten. So kann einem einzelnen Vorstandsmitglied im Rahmen der Personalverantwortung auch die potentielle Entscheidung über die Einleitung unternehmensinterner Untersuchungen übertragen werden.[62]
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Die Übertragung bestimmter Aufgaben auf einzelne Vorstandsmitglieder entlastet die anderen Vorstandsmitglieder jedoch nicht in Gänze von ihrer Verantwortung für die anderen Bereiche. Ihnen verbleibt eine Restverantwortung in Form einer Überwachungspflicht der anderen Ressorts.[63] Die Intensität dieser Überwachungspflichten ist in hohem Maße einzelfallabhängig.[64] Sofern jedoch ein Anhaltspunkt für einen Sorgfaltsverstoß vorliegt, muss bestehenden Hinweisen nachgegangen werden.[65] Der BGH hat entschieden,[66] dass jedenfalls dann eine Generalverantwortung und Allzuständigkeit vorliegt, wenn das Unternehmen im Ganzen betroffen ist, also insbesondere in Ausnahme- und Krisensituationen.[67] Jedenfalls bei einem begründeten Verdacht auf schwerwiegende Rechtsverletzungen, wird man von einer Ausnahme- und Krisensituation für die Gesellschaft ausgehen können. Insbesondere in Fällen, in denen ein besonderes Haftungsrisiko für die Gesellschaft droht, wird eine Gesamtverantwortung aller Vorstandsmitglieder anzunehmen sein. Dies bedeutet, dass auch „ressortfremde“ Vorstandsmitglieder bei einem Verdacht auf schwerwiegende Rechtsverletzungen verpflichtet sind, Aufklärungs- und Abhilfemaßnahmen einzuleiten.
b) Der Aufsichtsrat
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Der Aufsichtsrat ist das Überwachungsorgan der Gesellschaft. Dem Aufsichtsrat obliegt jedoch nicht die Überwachung der Gesellschaft insgesamt, sondern nach § 111 Abs. 1 AktG ausschließlich die Überwachung der Geschäftsführung. Der Aufsichtsrat muss also unternehmensinterne Untersuchungen jedenfalls bei dem Verdacht auf Verstöße durch den Vorstand oder einzelne Vorstandsmitglieder einleiten.
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Schwieriger gestaltet sich die Herleitung eines solchen Rechts bei Verstößen durch Mitarbeiter unterhalb des Vorstands. Die Überwachung dieser Mitarbeiter gehört nicht zu den Aufgaben des Aufsichtsrats, so dass die Einleitung von Untersuchungen in der Gesellschaft einer besonderen Begründung bedarf. Das Gesetz gibt dem Aufsichtsrat verschiedene Instrumente zur Überwachung an die Hand, wie z.B. die Sonderberichtspflicht nach § 90 Abs. 1 S. 3 AktG, das Einsichts- und Prüfungsrecht nach § 111 Abs. 2 AktG oder die Einräumung eines Zustimmungsvorbehalts bzgl. bestimmter Entscheidungen des Vorstands gem. § 111 Abs. 4 S. 2 AktG.
aa) § 111 Abs. 1 AktG: Überwachung der Geschäftsführung
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Nach § 111 Abs. 1 AktG ist es oberste Pflicht des Aufsichtsrats, die Geschäftsführung zu überwachen.
(1) Was wird überwacht?
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Nach § 111 Abs. 1 AktG ist die Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung zu überwachen.[68] Innerhalb der Geschäftsführungsmaßnahmen sind insbesondere die Leitungsmaßnahmen der Geschäftsführung zu überwachen.[69] Hat der Aufsichtsrat also den Verdacht, dass der Vorstand im Rahmen der Geschäftsführung gegen Gesetze oder unternehmensinterne Richtlinien verstößt, so hat er hiergegen einzuschreiten. Überwacht wird auch das Risikomanagement des Vorstands nach § 91 Abs. 2 AktG.[70] Da es Teil der Leitungsaufgabe des Vorstands ist, bei Unregelmäßigkeiten Untersuchungen und Nachforschungen einzuleiten, obliegt dem Aufsichtsrat die Überwachung darüber, ob der Vorstand diese Aufgabe erfüllt und seiner Pflicht zur Sachverhaltsermittlung nachkommt
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Der Aufsichtsrat hat im Rahmen der Untersuchungen die primäre Verantwortung und den eigenverantwortlichen Ermessensspielraum des Vorstands zu respektieren.[71] Allerdings besteht für ihn eine Überwachungsverantwortung, die abhängig vom Risikopotential begleitender, unterstützender oder gestaltender Natur sein sollte.[72]
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Bei Verdachtsfällen mit geringen Gefahren für die Lage der Gesellschaft reicht es in der Regel zu prüfen, ob Verdachtsfälle ordnungsgemäß ermittelt und aufgeklärt, festgestellte Verstöße angemessen sanktioniert und entdeckte Aufklärungsdefizite beseitigt wurden.[73]
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Besteht bei einem Verdachtsfall eine erhebliche Gefahr für die Lage der Gesellschaft, muss der Aufsichtsrat den Vorstand aktiv unterstützen, indem er alle im Rahmen der Untersuchung getroffenen Führungsentscheidungen einer konkreten Verlaufs- und Ergebniskontrolle unterzieht.[74]
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Im Falle einer schwerwiegenden Gefahr, wie z.B. dem Verdacht systematischer Korruption oder Wettbewerbsverstöße, muss der gesamte Aufsichtsrat gem. § 90 Abs. 1 Nr. 1 und 4 AktG über den Sachverhalt informiert werden. Im Anschluss daran sollte der Aufsichtsrat gestaltend tätig werden, indem er nicht nur seine Kontroll- sondern darüber hinaus auch eine Beratungsfunktion ausübt.[75]
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Haben nur einzelne Vorstandsmitglieder Verstöße gegen Gesetze oder interne Richtlinien begangen, bzw. wird dies zumindest vermutet, so besteht prinzipiell eine doppelte Zuständigkeit. Zum einen ist der Aufsichtsrat als Überwachungsorgan des Vorstands zum Einschreiten verpflichtet, zum anderen besteht eine horizontale Pflicht der Vorstandsmitglieder zur gegenseitigen Leistungskontrolle.[76] Hiervon zu unterscheiden ist der Fall, dass vermutet wird, dass durch Mitarbeiter gegen Gesetze oder Richtlinien verstoßen wird, der Vorstand hiergegen nicht vorgeht und der Aufsichtsrat sich daher zum Einschreiten berufen fühlt.
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Aufgrund der strukturellen Unterschiede zwischen den beiden genannten Formen der Überwachung können diese nach einer Auffassung in der Literatur parallel nebeneinander bestehen.[77] Nach anderer Auffassung wird hingegen eine vorrangige Aufklärungspflicht der restlichen Vorstandsmitglieder angenommen. Der Aufsichtsrat könne sich auf die Überwachung des Gesamtvorstands beschränken, solange die Aufklärung innerhalb des Vorstands funktioniere.[78] Sofern der Aufsichtsrat dagegen Anlass sehe, das Handeln eines einzelnen Vorstandsmitglieds näherer Prüfung zu unterziehen, so habe er seine Fragen und Beanstandungen primär an den Gesamtvorstand zu adressieren.[79] Erst wenn dieses Vorgehen zu keiner Beseitigung der gerügten Mängel führe, müsse sich der Aufsichtsrat an das einzelne Vorstandsmitglied wenden.[80]
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Die letztgenannte Auffassung erscheint vorzugswürdig. Da die Leitungsverantwortung der Gesellschaft beim Vorstand liegt und sich – wie dargestellt – auf den Gesamtvorstand erstreckt, ist es nur folgerichtig, dem Vorstand eine vorrangige Aufklärungspflicht zuzusprechen. Hat der Aufsichtsrat hingegen Bedenken, dass der Vorstand seiner Aufklärungspflicht nicht oder nicht ausreichend nachkommt, muss er zum Handeln verpflichtet sein. Insbesondere muss der Aufsichtsrat überprüfen, ob die vom Vorstand unternommenen Maßnahmen angemessen und ausreichend sind. Ist dies nicht der Fall, ist der Aufsichtsrat zum Einschreiten verpflichtet.
(2) Anwendbarkeit der Business Judgement Rule, § 116 S. 1 i.V.m. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG
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Nach § 116 S. 1 AktG gilt für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder sinngemäß § 93 AktG, mit Ausnahme des Abs. 2 S. 3. Bei Wahrnehmung seiner Kompetenzen unterliegt der Aufsichtsrat folglich dem gleichen Sorgfaltsmaßstab wie der Vorstand. So wie der Vorstand die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters walten lassen muss, schulden Aufsichtsratsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Beraters bei der Überwachung und Beratung der Geschäftsführung.[81] Auch die Business Judgement Rule aus § 93 Abs. 1 S. 2 AktG kann dem Aufsichtsrat nach § 116 S. 1 i.V.m. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG zugutekommen. Dies gilt allerdings auch nur im Rahmen einer unternehmerischen Entscheidung des Aufsichtsrats. Bei der vergangenheitsbezogenen Überwachung wird der unternehmerische Charakter, anders als bei präventiven Maßnahmen des Aufsichtsrats, allerdings grundsätzlich verneint.[82] Für die Einleitung von unternehmensinternen Untersuchungen findet die Business Judgement Rule daher wie beim Vorstand schon aus diesem Grund keine Anwendung. Bei hinreichenden Anhaltspunkten für Pflichtverletzungen des Vorstandes ist der Aufsichtsrat somit zur Aufklärung verpflichtet, ohne dass ihm hinsichtlich des „Ob“ ein Ermessenspielraum zukommt.
bb) Instrumente zur Überwachung des Vorstands
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Dem Aufsichtsrat steht im Hinblick auf die Aufklärung von vermuteten Verstößen kein Initiativ- oder gar Weisungsrecht gegenüber dem Vorstand zu.[83] Der Aufsichtsrat kann dem Vorstand also nicht explizit vorschreiben, dass er Untersuchungen gegen einzelne Vorstandsmitglieder oder gar Mitarbeiter der AG durchzuführen hat. Das Gesetz gibt dem Aufsichtsrat jedoch eine Reihe von anderen Handlungsinstrumenten an die Hand, um im Falle des Verdachts auf Verstöße einzuschreiten und Informationen hierüber zu sammeln. Namentlich sind dies, die aus den §§ 90 und 111 Abs. 2 AktG resultierenden Berichtsanforderungs-, Einsichts- und Prüfungsrechte. Hierbei handelt es sich um sog. Pflichtrechte. Das bedeutet, dass der Aufsichtsrat von seinen Rechten Gebrauch machen muss, sofern Anhaltspunkte für Gesetzesverstöße durch Vorstandsmitglieder bestehen.[84] Bzgl. der Auswahl der im Einzelfall anzuwendenden Mittel zur Aufklärung von Verstößen (das „Wie“) ist dem Aufsichtsrat ebenso wie dem Vorstand jedoch ein Ermessen zuzubilligen. Hierbei handelt es sich nämlich um ein klassisches Anwendungsgebiet der Business Judgement Rule.
(1) § 90 Abs. 1 S. 3, Abs. 3 S. 2 AktG: Sonderberichtspflicht des Vorstands
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Eine Überwachung des Vorstands ist nur dann sinnvoll möglich, wenn der Aufsichtsrat Informationen über die Tätigkeit des Vorstands einholen kann. Nach § 90 Abs. 1 S. 3 AktG obliegt dem Vorstand neben den in § 90 Abs. 1 S. 1 AktG aufgezählten Fällen auch „aus sonstigen wichtigen Anlässen“ die Pflicht, dem Aufsichtsratsvorsitzenden zu berichten. Hierunter fallen z.B. Prozesse, bei denen wichtige Geschäftsinteressen auf dem Spiel stehen, oder ernsthafte Störungen in der Zusammenarbeit des Vorstands.[85] Nach § 90 Abs. 3 S. 2 AktG kann weiterhin jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied den Vorstand um einen Bericht über die Angelegenheiten der Gesellschaft auffordern. Allerdings darf nur ein Bericht vom Vorstand an den Aufsichtsrat im Ganzen verlangt werden. Das Berichtsanforderungsrecht ist häufig jedoch nicht ausreichend, um den Aufsichtsrat mit den benötigten Informationen über eventuelle Verstöße des Vorstands zu versorgen. Insbesondere kann es problematisch sein, dass der Vorstand im Einzelfall Informationsschuldner bzgl. seiner eigenen Verstöße ist und daher häufig keine vollumfängliche Auskunft von ihm zu erwarten ist. Daher handelt es sich bei § 90 Abs. 1 S. 3 AktG um ein recht schwaches Recht, das durch die Einsicht- und Prüfungsrechte nach § 111 Abs. 2 AktG unterstützt wird.
(2) § 111 Abs. 2 AktG: Einsichts- und Prüfungsrechte
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Ein wichtiges Recht des Aufsichtsrats ist das Einsichts- und Prüfungsrecht nach § 111 Abs. 2 AktG.[86] Es baut auf der Berichtspflicht des Vorstands aus § 90 AktG auf und soll dem Aufsichtsrat eine umfassende Informationsgrundlage verschaffen. Hiernach ist der Aufsichtsrat berechtigt, die Bücher und Schriften der Gesellschaft sowie deren Vermögensgegenstände – aus konkretem Anlass[87] – einzusehen und zu prüfen. So kann sich der Aufsichtsrat auf eigene Initiative Informationen über den Vorstand und die Ordnungsgemäßheit der Vorstandstätigkeit beschaffen.[88]
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Der Begriff „Bücher und Schriften“ ist beispielhaft zu verstehen.[89] Es sind insbesondere auch die Einsicht in elektronische Informationssysteme sowie die Besichtigung von Geschäftsräumen und Betrieben erfasst.[90] Das Einsichts- und Prüfungsrecht gibt dem Aufsichtsrat auch das Recht, den Vorstand zu dem Gegenstand laufender Untersuchungen zu befragen bzw. um Stellungnahme zu bitten.[91] Allerdings bezieht sich das Einsichtsrecht nur auf die Bücher, Schriften und Vermögenswerte der Gesellschaft und nicht allgemein auf Vorgänge in der Gesellschaft.[92] Diesbezüglich ist der Vorstand allerdings verpflichtet, Fragen, die im Zusammenhang mit dem Thema der Einsicht und Prüfung stehen, entweder selbst zu beantworten oder durch sachkundige Angestellte beantworten zu lassen.[93] Der Aufsichtsrat ist auch befugt, Mitarbeiter im Zusammenhang mit den eingesehenen Dokumenten bzw. besichtigten Produktionsstätten zu befragen, aber nur, sofern ein enger Zusammenhang zur Besichtigung besteht.[94]
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Wie der Aufsichtsrat konkret sein Prüfungsrecht ausübt, liegt in dessen Ermessen, § 116 S. 1 AktG i.V.m. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG. [95] Der Aufsichtsrat kann also – im Rahmen einer Abwägung – entscheiden, welche Unterlagen er anfordert, welche Räumlichkeiten er besichtigt und wen er zu dem Gegenstand der Prüfung befragt.
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Das Einsichts- und Prüfungsrecht ist Organrecht des Aufsichtsrats und setzt daher einen Beschluss des Gesamtorgans voraus.[96] Auch eine Beauftragung einzelner Aufsichtsratsmitglieder durch Beschluss nach § 108 Abs. 1 AktG ist möglich, § 111 Abs. 2 S. 2 Fall 1 AktG. Statt einzelne Mitglieder zu beauftragen, kann der Aufsichtsrat einen Prüfungsausschuss einsetzen,[97] allerdings ist diese Übertragung auf bestimmte Überprüfungsaspekte beschränkt. Der Prüfungsauftrag muss inhaltlich genau umrissen sein.[98] Bei Beauftragung einzelner Aufsichtsratsmitglieder wird das Prüfungs- und Einsichtsrecht im konkreten Fall vollumfänglich auf die betreffenden Personen übertragen.[99] Dem Aufsichtsrat als Ganzem steht dieses Recht dann nicht mehr zu. Hat der Aufsichtsrat einen ständigen Prüfungsausschuss eingerichtet, so ist auch dieser dazu berechtigt, im Einzelfall die Befugnisse aus § 111 Abs. 2 S. 2 AktG an einzelne Aufsichtsratsmitglieder zu übertragen.[100] Der Aufsichtsrat kann zudem externe Sachverständige, wie Wirtschaftsprüfer, Unternehmensberater oder Rechtsanwälte, mit der Ausführung „bestimmter Aufgaben“ beauftragen, § 111 Abs. 2 S. 2 Fall 2 AktG. Diese Auswahl erfolgt durch den Prüfungsausschuss, wenn dieser vom Aufsichtsrat hierzu per Beschluss ermächtigt wurde, nicht jedoch durch einzelne Aufsichtsratsmitglieder.[101] Jedoch wird nicht das Einsichts- und Prüfungsrecht selbst übertragen, dieses bleibt beim Aufsichtsrat, sodass die Sachverständigen über keine originären Rechte verfügen.[102] Die Sachverständigen verfügen nur über die abgeleiteten Rechte, die sich aus dem konkret erteilten Auftrag ergeben, also vom Aufsichtsrat ausdrücklich eingeräumt wurden.[103] Die Reichweite des Auftrags muss daher eindeutig erkennbar und klar festgelegt sein.[104]
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Zu beachten ist, dass sich der Informationsanspruch des Aufsichtsrats jedoch in erster Linie an den Vorstand richtet. Dieser bleibt Informationsschuldner. Der Aufsichtsrat darf also nicht versuchen, sich im Alleingang die benötigten Informationen zu beschaffen, sondern muss den Vorstand um die Beschaffung und Überlassung der gewünschten Informationen bitten.[105] Hierin kann zwar die Gefahr gesehen werden, dass der Vorstand die zu übermittelnden Informationen verfälscht oder unliebsame Informationen filtert.[106] Dies ist aber praktisch unvermeidbar und hinzunehmen. Der Vorstand muss aus den vorhandenen Dokumenten und Informationen, die für den Aufsichtsrat relevanten und angeforderten Unterlagen heraussuchen. Der Aufsichtsrat wäre hierzu regelmäßig wohl gar nicht oder nur mit erheblich höherem Aufwand in der Lage.[107]
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Vom Einsichts- und Prüfungsrecht sind auch Unterlagen und Vermögensgegenstände der Gesellschaft erfasst, die sich auf verbundene Unternehmen beziehen, hingegen nicht, die bei verbundenen Unternehmen befindlichen Unterlagen und Vermögensgegenstände.[108] [109]
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Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die dem Aufsichtsrat zustehenden Aufsichts-, Einsichts- und Prüfungsrechte dem Aufsichtsrat die Möglichkeit geben, den Vorstand bei der Leitung der AG zu kontrollieren. Allerdings geben sie dem Aufsichtsrat keine Befugnisse, unternehmensinterne Untersuchungen selbst durchzuführen oder anzuordnen. Aufgrund der fehlenden direkten Einfluss- und Zugriffsmöglichkeit des Aufsichtsrats auf die Vorgänge in der Gesellschaft ist eine eigene, unternehmensinterne Untersuchung durch den Aufsichtsrat in der Praxis kaum realisierbar. Eine Abstimmung mit dem Vorstand im Einzelfall ist daher unumgänglich.