Kitabı oku: «Die Elfen der Dämmerung: 3 dicke Fantasy Sagas auf 1500 Seiten», sayfa 21

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"Ich verstehe nicht, wovon du sprichst", murmelte Charalon.

"Wir Elben glauben, dass unsere Seelen nach dem Tode eine Wanderschaft an einen anderen Ort antreten, einen Ort, wo wir geläutert werden, und von wo aus wir dann, wenn unsere Seele vollkommen rein sind, zu den Göttern emporsteigen, um unseren Platz an ihrer Seite einzunehmen."

Maziroc runzelte die Stirn. Er hatte gehofft, dass Eibon ihnen eine wichtige Enthüllung machen würde, ihnen ein Geheimnis verraten, dass ihnen womöglich eine konkrete Waffe gegen die Damonen in die Hand geben würde. Stattdessen jedoch schien der Geist des Elbenkönigs vom herannahenden Tod bereits so vernebelt zu sein, dass er nur über den religiösen Glauben seines Volkes philosophierte, was das weitere Schicksal einer Seele nach dem Tode betraf. Es mochte für einen Sterbenden wie ihn wichtig sein, doch für die bevorstehende Schlacht, in der über ihr aller Überleben entschieden werden würde, war es ohne Bedeutung. Dennoch schwieg Maziroc aus Ehrfurcht vor dem Elbenkönig.

"Dieser Ort, von dem aus unsere Seelen nach ihrer Läuterung zu den Göttern aufsteigen, heißt Dämmerschmiede", sprach Eibon weiter. "Es ist ein Ort großer Macht und Magie, guter wie verderblicher. Wir Elben können ihn nur nach unserem Tod erreichen, aber es gibt auch einen anderen Weg dorthin. Einen Weg, der nur hier von Cavillon aus beschritten werden kann, und nur von denen, die die gleiche Magie beherrschen wie jenes längst vergangene Volk, das die Ordensburg einst errichtete. Wir Elben waren nie seine Erben, das seid ihr Menschenmagier, doch wie ich schon sagte, haben wir euch einst einen Teil dieses Erbes vorenthalten, weil es für unser Volk heilig war. Ich hoffe, ihr habt Verständnis dafür und urteilt deshalb nicht zu streng über uns."

Erneut wurde er von einem heftigen Hustenanfall geschüttelt. Ein dünner Blutfaden rann aus seinem Mund. Maziroc wischte ihn mit einem sauberen Tuch fort.

Als Eibon sich wieder einigermaßen erholt hatte, drückte er auf eine bestimmte Rune im Deckel der Schatulle. Das Kästchen sprang auf. Auf einem Bett aus schwarzem Samt lag darin ein runder, kunstvoll geschliffener Kristall, etwa so groß wie eine Kinderfaust, der von innen heraus in einem düsteren Violett gloste.

"Dies ist der Seelenstein", erklärte Eibon. "Wir haben ihn so genannt, weil er das Tor zu dem Ort öffnet, an den unsere Seelen nach unserem Tod gehen. Das Tor zu der regenbogenfarbenen Brücke, die zu der Dämmerschmiede führt."

Wieder musste er husten, und fast wäre die Schatulle seinen Händen entglitten, wenn Charalon nicht rasch zugepackt und sie aufgefangen hätte.

"Nimm sie", sagte Eibon, als der Hustenanfall vorbei war. "Nach dem Fall Ai'Liths wird unser Volk nie wieder das sein, was es einst war. Die Zahl der Elben schrumpft schon seit Jahrhunderten, und unsere Macht ist seit Langem im Schwinden begriffen. Unsere Zeit ist fast abgelaufen, wir sind ein dem Untergang geweihtes Volk, und der Verlust der Hohen Festung wird dies noch beschleunigen. Es wird Zeit, Euch auch diesen Teil ... eures Erbes zu geben. Öffnet das Tor zur Dämmerschmiede und ... nutzt ihre Macht, um die Damonen zu besiegen und Arcana ... zu retten, aber seid vorsichtig. Denkt stets daran, dass ... diese Magie Gutes bewirken, aber auch ... Verderben heraufbeschwören kann ... vor allem, wenn sie ... für kriegerische Zwecke ... eingesetzt wird. Ich überlasse euch ... die Entscheidung, ob ihr ... von dieser Macht ... Gebrauch macht, doch setzt sie stets ... verantwortungsvoll ein. Bei euch beiden ... weiß ich den Seelenstein in ... den besten Händen, die ich mir ... nur wünschen kann ... meine Freunde."

Zuletzt hatte Eibon immer leiser und stockender gesprochen. Es schien Maziroc, als könnte er zusehen, wie das Leben mit jedem Atemzug aus dem Körper des Elbenkönigs wich. Er wünschte, er könnte zupacken und es festhalten, doch im Angesicht des Todes war jede noch so starke Magie machtlos.

Noch ein letztes Mal bäumte Eibon sich von einem Hustenanfall gebeutelt auf, dann sank er zurück und blieb reglos liegen.

Eibon Bel Churio, der König der Elben, war tot.




Nachtschatten


Mehr als zwei Stunden saß Miranya noch mit Kenran'Del in ihrem Zimmer zusammen, nachdem sie seine Wunde versorgt hatte, trank Wein und unterhielt sich mit ihm. Er erwies sich als ein angenehmer Gesprächspartner, der amüsant zu plaudern verstand, doch darin erschöpfte sich ihre Unterhaltung auch weitgehend. Als Maziroc sich schließlich wieder zu ihnen gesellte, kam es Miranya ein wenig vor, als hätte sie lediglich Nachhilfeunterricht in Diplomatie erhalten. Geradezu meisterhaft beherrschte Kenran'Del die Fähigkeit, mit vielen Worten so gut wie nichts zu sagen - aber das immerhin auf sehr unterhaltsame Art.

Er war kaum einer Frage von ihr direkt ausgewichen. Solange diese nicht gerade seine Herkunft betrafen, über die er sich eisern ausschwieg, hatte er auf fast jede Frage geantwortet, aber dennoch hatte Miranya nach den zwei Stunden nicht das Gefühl, etwas nennenswert Neues erfahren zu haben, auch wenn sie alle erhaltenen Informationen zusammenzählte.

So hatte Kenran'Del zugegeben, über besondere Hilfsmittel zu verfügen, von denen manche in ihrer Wirkung mit Skiils vergleichbar waren, dich jedoch auf einer völlig anderen Form der Magie beruhen sollten. Als sie ihn beispielsweise auf das Flammenschwert angesprochen hatte, hatte er zugegeben, dass einige dieser magischen Hilfsmittel auch von einem magisch völlig unbegabten Menschen benutzt werden könnten, wie dem Handwerker, der sich an der Mühle für ihn ausgegeben hatte. Dies widersprach allem bekannten Wissen über Magie, doch alle ergänzenden Fragen, mit denen sie versucht hatte, mehr darüber in Erfahrung zu bringen, hatte er nur so oberflächlich und unverbindlich beantwortet, dass er ihr dabei praktisch keinerlei verwertbaren Informationen geliefert hatte.

Ähnlich war es ihr bei fast allen anderen Themen ebenfalls ergangen, doch richtig war ihr dies erst bewusst geworden, als sie nach dem Gespräch allein und in Ruhe über alles nachdachte. Auch das verwunderte sie. Sie war allgemein wegen ihres scharfen Verstands geschätzt, und es entsprach gar nicht ihrer Art, sich so einfach etwas vormachen zu lassen. Kenran'Del aber hatte sie wie gebannt gelauscht, ohne dabei auch nur zu merken, dass er die ganze Zeit um den heißen Brei herumredete und kaum brauchbare Informationen preisgab.

Er selbst hingegen hatte seinerseits kaum genug erfahren können. Maziroc hatte ihm während der Reise nach Therion offenbar bereits einiges Wissen über die bedeutsamsten Entwicklungen und Geschehnisse der vergangenen tausend Jahre vermittelt, doch Kenran'Dels Wissensdurst schien schier unerschöpflich zu sein. Sobald er eine ihrer Fragen wortreich und inhaltsleer umschifft hatte, stellte er ihr im Gegenzug direkt mehrere Fragen. Dabei schienen ihn weniger die großen politischen Ereignisse zu interessieren, als vielmehr die zahllosen kleinen Veränderungen im Alltag: Wissen, das man inzwischen gewonnen hatte, philosophische Konzepte, technische Neuentwicklungen und neue Fähigkeiten, die die Magie bot.

"Politik ist bedeutungslos", hatte er behauptet. "Reiche steigen auf und versinken wieder in der Bedeutungslosigkeit, und auch Menschen kommen und gehen, sieht man mal von Maziroc und Charalon ab, aber das ist ein besonderer Fall. In der gesamten Entwicklung einer Zivilisation sind einzelne Menschen bedeutungslos, nur ihre Leistungen zählen und haben Bestand."

"Eine sehr pragmatische Sicht der Dinge", hatte Miranya eingewandt.

"Aber die einzige, die für mich zählt. Was bedeutet es schon, wenn der Tyrann von Aslan seine Nachbarländer vor dreihundert Jahren überfallen hat, und diese das Joch erst Jahrzehnte später wieder abschütteln konnten? Heute hat das keine Bedeutung mehr. Aber denkt nur daran, wie sehr beispielsweise die Entwicklung der Bronze oder des Stahls nahezu alles verändert haben, auch wenn die Namen derer, denen Arcana diese Leistungen verdankt, im Gegensatz zu denen von Tyrannen weitgehend vergessen sind. Ähnlich dürfte es sich mit den großen, dreimastigen Segelschiffe verhalten, die vor Kurzem entwickelt wurden, wie du erzählt hast. Durch sie wird die Schifffahrt einen neuen Aufschwung erleben, und die Entwicklung dieser ganzen Zivilisation wird weiter vorangetrieben."

Diese Denkweise war bei ihm ständig zu spüren. Er hatte bestritten, ein Gesandter der Götter zu sein, und sich stattdessen als eine Art Beobachter bezeichnet, einen Wanderer durch Raum und Zeit. Dies war eine der wenigen Bemerkungen, die er über seine Herkunft und seine Identität gemacht hatte, doch erklärte sie seine Einstellung zum Teil.

Wenn sie jetzt tausend Jahre lang schlafen und dann wieder aufwachen würde, wären auch für sie die Namen und Kriege irgendwelcher bereits toter Herrscher völlig bedeutungslos. Hätte jedoch jemand beispielsweise endlich etwas entwickelt, um die lästigen, mit den monatlichen Blutungen bei Frauen einhergehenden Beschwerden zu lindern oder gar zu beseitigen, dann würde sie das außerordentlich brennend interessieren.

Wahrscheinlich hätte sie noch den ganzen Rest der Nacht mit Kenran'Del zusammengesessen und sich unterhalten, wenn nicht Maziroc nach einiger Zeit zu ihnen ins Zimmer gekommen wäre, um ihnen mitzuteilen, dass er sich zur Ruhe legen würde und, dass sie am nächsten Tag bereits früh aufbrechen würden, um Ravenhorst möglichst bald zu erreichen.

Wenige Minuten später verabschiedete sich Kenran'Del und ging in sein eigenes Zimmer hinüber, und erst jetzt, als sie allein war und in Ruhe über alles nachdachte, wurde Miranya richtig bewusst, wie wenig er während des Gesprächs von sich preisgegeben hatte. Dennoch bedauerte sie die Plauderei mit ihm nicht, sie ärgerte sich höchstens über sich selbst, dass sie keine präziseren Fragen gestellt und entschiedener nachgehakt hatte. Aber schließlich würde sie dazu in den nächsten Tagen ja noch genügend Gelegenheit haben.

Miranya zog sich aus und begab sich ebenfalls ins Bett, doch obwohl es bereits spät war, fand sie lange keinen Schlaf. Dafür war zu viel an diesem Tag passiert, weit mehr als nur die Begegnung mit Kenran'Del. Bis vor wenigen Stunden noch hatte sie sich in der Gewalt Scruuls und der anderen Caer-Sharuun befunden und kaum noch Hoffnung besessen, den Abend zu überleben. Immer wieder schrak sie zusammen, wenn sie ein paar Minuten lang die Augen geschlossen hatte, weil sie einen kurzen Moment lang glaubte, dass sie sich noch immer in Gefangenschaft befände. Erst wenn sie sich umgeblickt und sich im durch das Fenster hereinfallenden Mondlicht vergewissert hatte, dass sie sicher in ihrem Bett im Gasthaus lag, konnte sie sich entspannt wieder zurücksinken lassen. Wahrscheinlich würde sie auch noch einige Zeit an den psychischen Folgen dieser Entführung leiden.

Sie bedauerte, dass es zumindest vorläufig keine Möglichkeit gab, Scruul seiner gerechten Strafe dafür zuzuführen. Sie wusste nicht, wo er sich befand, und in einer großen Stadt wie Therion wäre es ein langwieriges Unterfangen, sich auf die Suche nach ihm zu begeben. Zeit, die sich nicht hatte. Aus dem gleichen Grund hatte es auch keinen Sinn, sich an die Stadtwache oder gar den Statthalter zu wenden. Sie wusste nicht einmal, ob sich Scruul überhaupt noch in Therion aufhielt, aber selbst wenn man ihn finden und festnehmen sollte, wäre sie nicht mehr in der Stadt, um ihn zu identifizieren und vor einem Gericht als Zeugin gegen ihn auszusagen, sodass man gezwungen wäre, ihn schon bald wieder freizulassen. Ebenso verhielt es sich mit dem Rattengesichtigen, von dem sie noch nicht einmal den Namen kannte.

Miranya verdrängte diese Gedanken nach Kräften. Sie wollte erst gar nicht länger über Scruul nachdenken. Später, wenn es gelang, die Gefahr durch die Damonen zu bannen, und das Verlangen nach Gerechtigkeit dann immer noch so stark in ihr war, konnte sie versuchen, ihn irgendwo aufzustöbern. Jetzt aber musste sie versuchen, die Erinnerungen an ihn aus ihrem Kopf zu verbannen.

Die meiste Zeit jedoch wanderten ihre Gedanken ohnehin zu Kenran'Del. Mittlerweile sah sie in ihm längst schon nicht mehr eine mysteriöse Legendengestalt. Sicher, er war immer noch von zahllosen Rätseln umgeben, aber dennoch betrachtete sie ihn inzwischen in erster Linie als einen mehr oder weniger normalen Mann, ungeachtet seiner ungeklärten Herkunft, seines Wissens und seiner mächtigen magischen Kräfte. Durch seine humorvolle, offene Art hatte er ihr fast alle Scheu genommen, die sie anfangs vor ihm verspürt hatte. Selbst seine mentale Stille war ihr gegen Ende des Gesprächs kaum noch bewusst geworden, dabei war gerade sie es, die ihn noch am meisten von allen anderen Menschen unterschied, die sie kannte.

Miranya verspürte ein angenehmes Kribbeln, das ihr in dieser Form bislang unbekannt war, als sie daran dachte, dass sie ihn bereits am nächsten Morgen wiedersehen und vermutlich die ganzen nächsten Wochen in seiner Begleitung verbringen würde. Noch während sie sich selbst über dieses ungewohnte Gefühl wunderte, schlief sie schließlich ein.




Verbranntes Land


Aufgeregte Stimmen schallten Maziroc aus dem Beratungszimmer entgegen, als er die Tür öffnete und eintrat. Außer Charalon befanden sich dort rund zwei Dutzend der bedeutendsten Magier und sieben Vingala, darunter auch Shalana und führten bereits eine lebhafte Debatte.

"Niemals werde ich dem zustimmen", erklärte die Sprecherin der Vingala gerade. "Es ist viel zu gefährlich. Wir werden alle untergehen, wenn wir uns darauf einlassen."

"Das werden wir auch, wenn wir nichts tun", entgegnete Skollus, ein Magier, der einige Jahre jünger als Maziroc war, jedoch ebenfalls über äußerst starke Kräfte verfügte und mit seinen teilweise radikalen Ansichten in den letzten Jahren immer mehr an Einfluss und Bedeutung innerhalb des Ordens gewonnen hatte. "Du verkennst die Situation. Wir werden Cavillon niemals mit herkömmlichen Mitteln gegen die Damonen halten können, wenn nicht einmal die Hohe Festung ihrem Ansturm standhalten konnte."

Maziroc nahm auf einem freien Stuhl neben Charalon Platz. "Wie sieht es aus?", erkundigte er sich gedämpft.

"Zwiespältig, wie nicht anders zu erwarten", antwortete Charalon ebenso leise. "Wie du hören kannst, verteidigt Skollus auch im Namen seiner Anhänger leidenschaftlich einen Versuch, während Shalana stellvertretend für alle Vingala strikt dagegen ist. Viele andere sind noch unentschlossen, aber ich fürchte, die meisten werden sich auf Skollus' Seite schlagen. Was er mit Worten nicht vollbringt, das wird der Anblick der riesigen Damonenheere bewirken, wenn sie in ein paar Stunden vor unseren Mauern aufziehen."

"Diese Damonen sind durch ein Tor aus einer anderen Welt in unsere herübergekommen und haben bereits grenzenloses Leid verbreitet", ereiferte sich Shalana. "Und ihr wollt tatsächlich noch ein weiteres Tor in eine andere Welt öffnen, durch das womöglich noch größere Schrecken zu uns gelangen können?"

Sie erhielt gemurmelte Zustimmung.

"Manchmal geht es nicht anders, dann muss man Feuer mit Feuer bekämpfen", erwiderte Skollus. "Wir allein sind einfach nicht stark genug, die Damonen aufzuhalten. Es ist unsere einzige Chance."

Auch seine Anhänger murmelten ihre Zustimmung.

Es wunderte Maziroc nicht, dass Skollus diesen Standpunkt einnahm. Er vertrat schon seit Langem am eifrigsten die Ansicht, dass die Magier den normalen Menschen in jeder Hinsicht weit überlegen wären und diese Macht ausnutzen sollten, sich zu ihren Herrschern aufzuschwingen, statt ihnen zu dienen. Von den Machtmitteln, die die geheimnisvolle Dämmerschmiede ihnen bieten könnte, erhoffte er sich vermutlich nicht nur einen Sieg über die Damonen, sondern auch eine noch größere Überlegenheit der Magier und damit auch eine Stärkung seiner Position.

"Du kannst es stoppen, wenn du es willst", sagte Maziroc leise. "Du bist das Oberhaupt des Ordens. Wenn du erklärst, dass du gegen einen solchen Versuch bist, werden sich die meisten dir anschließen."

"Werden sie das?", fragte Charalon. "Wenn Cavillon unterzugehen droht, fürchte ich, dass man auch mir den Gehorsam verweigern würde. Und ich weiß nicht einmal, ob ich wirklich dagegen bin. Viel haben wir im Grunde nicht mehr zu verlieren. Vielleicht stellt ein Versuch wirklich unsere einzige Hoffnung auf Rettung dar. Und wie sieht es mit dir aus?"

"Ich weiß ebenfalls nicht, welche Entscheidung die richtige ist", antwortete Maziroc zögernd. Gut zwei Stunden waren seit dem Tod des Elbenkönigs mittlerweile verstrichen, und er hatte den größten Teil dieser Zeit damit verbracht, den Seelenstein zu erforschen, soweit ihm dies möglich war. Aus diesem Grund war er auch erst so spät zu der Beratung erschienen. "Was Eibon gesagt hat, scheint zu stimmen. Offenbar ist der Kristall wirklich eine Art Schlüssel. Ihm wohnt eine ungeheuer starke Kraft inne, die das Gefüge von Raum und Zeit direkt berührt. Es scheint seine einzige Funktion zu sein. Ich glaube, ich könnte das Tor sogar allein öffnen, doch wäre eine Verbindung mit dir und einigen anderen Magier bestimmt sicherer."

Charalon seufzte. Einige Minuten lang saß in Gedanken versunken da, ohne dass er etwas von der lebhaften Diskussion um sich herum mitzubekommen schien, dann stand er plötzlich und ruckartig auf.

"Genug", sagte er mit lauter Stimme und breitete in einer herrischen Geste die Arme aus. Sofort kehrte Stille ein. "Ich denke, alle Argumente wurden zur Sprache gebracht, und ich habe über alle sorgsam nachgedacht. Da ich den Untergang Ai'Liths selbst miterlebt habe, weiß ich wohl besser als jeder andere hier, welch eine immense Gefahr von den Damonen droht. Anderseits bin ich mir jedoch der Risiken, die das Öffnen eines weiteren Tores zu einer anderen Welt und die Heraufbeschwörung möglicherweise noch schrecklicherer Mächte darstellt, ebenfalls sehr wohl bewusst. Aus diesem Grund schlage ich folgenden Kompromiss vor: Solange es uns irgend möglich ist, werden wir versuchen, Cavillon mit den uns gegenwärtigen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verteidigen. Sollte sich jedoch abzeichnen, dass diese nicht ausreichen, werden wir als letztes Mittel den Seelenstein einsetzen, in der Hoffnung, dass er uns die Rettung bringen möge."

Sowohl Shalana wie auch Skollus protestierten gegen diesen Kompromiss, doch die überwiegende Mehrzahl der anwesenden Magier nickte beifällig. Damit war die Entscheidung gefallen.

*


Unmittelbar nach der Besprechung war Maziroc in sein Zimmer zurückgekehrt und hatte sich hingelegt. Er vermutete, dass er kaum noch Schlaf finden würde, wenn der Angriff der Damonen erst einmal begann, doch auch jetzt war er zu aufgeregt, sodass er sich mittels Selbsthypnose in eine leichte Trance versetzte.

Er wurde von dem donnernden Krachen geweckt, mit dem die Katapulte abgefeuert wurden, sprang mit einem Satz aus dem Bett und eilte ans Fenster. Der Anblick, der sich ihm bot, war entsetzlich. Schon während er auf dem Drachen über das Heer der Damonen hinweggeflogen war, hatte er sich an den Zug der Wanderameisen erinnert gefühlt, den er vor vielen Jahren einmal beobachtet hatte, doch jetzt, aus viel größerer Nähe betrachtet, war das Bild noch ungleich schrecklicher. Im letzten Schein der untergehenden Sonne wälzten sich die Ungeheuer wie eine finstere Flutwelle über die Hügel, strömten auf die freie Ebene vor der Ordensburg und färbten sie schwarz mit ihren Leibern.

Dazwischen blitzte es nun immer wieder grell auf. Die weitreichenden Katapulte auf den Türmen und Wehrmauern hatten als erste das Feuer eröffnet. Sie schleuderten nicht einfach nur Steine, sondern vor allem kleine Tongefäße, die mit einer Mischung aus Phosphor, Schwefel und einigen anderen streng geheimen Substanzen gefüllt waren. Beim Aufprall zerplatzten die Gefäße und verspritzten ihren Inhalt, der sich beim Kontakt mit der Luft selbst entzündete, in einem Umkreis von mehreren Metern. Das Feuer, das dabei entstand, brannte zwar nur wenige Sekunden lang, doch war es ungeheuer heiß und ließ sich durch nichts löschen.

Die Bedienungsmannschaften an den Katapulten brauchten nicht einmal besonders zu zielen, zu groß war das Ziel, das sich ihnen bot, sodass jeder Schuss ein Treffer wurde. Allerdings achteten sie darauf, dass sie nur auf die Damonen schossen, die über die Hügel geströmt kamen, nicht auf die, die die freie Ebene bereits erreicht hatten. Zu Tausenden fielen die Angreifer dem magischen Feuer schon in den ersten Minuten zum Opfer, bereits lange bevor sie die Verteidigungsanlagen erreichten, doch angesichts ihres Riesenheeres stellten die überall grell aufflammenden Feuersäulen kaum mehr als Nadelstiche dar. Der Vormarsch der Ungeheuer wurde dadurch noch nicht einmal nennenswert verzögert.

Schließlich, als die vordersten Damonen die Gräben und Wälle fast erreicht hatten, schoss ein einzelnes Katapult seine Brandgeschosse mitten auf das freie Feld. Wieder erhob sich eine Stichflamme, doch diesmal verlosch sie nicht nach wenigen Sekunden wieder, sondern griff um sich und breitete sich rasend schnell immer weiter aus, bis das Feuer fast die gesamte Ebene erfüllte. Ein von Schmerz und grenzenloser Wut erfülltes Kreischen drang von den verbrennenden Damonen bis zu Maziroc herauf, ein ungeheuer schriller Laut, der nicht die entfernteste Ähnlichkeit mit einem menschlichen Schrei besaß.

Es schien, als hätte die Erde selbst Feuer gefangen, und in gewisser Hinsicht war dies auch so, wie Maziroc wusste. Aus einer nahe gelegenen Petroleumquelle hatte Bayron in den letzten Tagen tausende Fässer der brennbaren Flüssigkeit herbeischaffen und in der gesamten Ebene den Boden damit tränken lassen, bis er fast zum Morast geworden war. Auf seinen Befehl hin war das Petroleum nun in Brand geschossen worden. Soweit Maziroc blicken konnte, erstreckte sich das Flammenmeer, ein brennendes Fanal, das die hereinbrechende Nacht taghell erleuchtete. Zehntausende, vielleicht sogar mehr als hunderttausend Damonen waren bereits auf die Ebene vorgedrungen, die für sie alle nun zur Todesfalle geworden war.

Maziroc wandte sich wieder vom Fenster ab und kleidete sich an. Diesmal genügte ihm nicht allein sein grünes Magiergewand, sondern er zog zur Sicherheit auch ein Kettenhemd an, ehe er seine Kammer verließ und sich in Richtung des Hauptturms wandte. Er ließ sich Zeit dabei. Das Feuer würde stundenlang brennen, und entsprechend lange würde die Gluthölle die Damonen zumindest von einem weiteren Angriff zu Lande abhalten. Auch wenn sie die brennende Ebene umgehen wollten, würde das erhebliche Zeit in Anspruch nehmen.

Zusammen mit den Opfern, die der Beschuss mit den Katapulten sie bereits gekostet hatte, hatte das Feuer den Ungeheuern selbst angesichts der Größe ihres Heeres empfindliche Verluste zugefügt, noch bevor der eigentliche Kampf überhaupt begonnen hatte. Dennoch machte Maziroc sich nichts vor. Es war ein Trick, der sich nicht wiederholen ließ, und selbst wenn es ihnen gelungen war, hundert- oder gar zweihunderttausend Ungeheuer auf einen Schlag zu töten und bei der nächsten Angriffswelle noch einmal zehntausende von ihnen den Katapulten zum Opfer fielen, so hatten sie es immer noch mit einer viel hundertfachen Überzahl an Angreifern zu tun.

Immerhin aber hatten sie Zeit gewonnen, und diese war für sie gegenwärtig vielleicht das Wichtigste. Maziroc glaubte nicht daran, dass sie noch rechtzeitig Unterstützung aus Ravenhorst bekommen würden, aber er war auch noch nicht bereit, die Hoffnung auf Hilfe gänzlich aufzugeben.

Vor allem aber verschaffte jede gewonnene Stunde den gut vierhundert Elbenkriegern, die mit Eibon nach Cavillon gekommen waren - der klägliche Rest des einst so stolzen und schlagkräftigen Heeres aus Ai'Lith -, Gelegenheit, sich von dem Gewaltritt zu erholen. Sobald die Damonen erst einmal bis dicht vor die Mauern vorgedrungen waren, würden die Elben mit ihren Bögen ein wichtiges Kernstück der Verteidigung bilden. Ihr Hass auf die Ungeheuer, denen nicht nur ihre Heimat und zahlreiche ihrer Brüder und Freunde zum Opfer gefallen waren, sondern nun auch noch ihr König, musste schier grenzenlos sein. Sie brannten auf Rache, und Maziroc war überzeugt, dass jeder von ihnen bis zum letzten Atemzug kämpfen würde. Aus der Hohen Festung waren sie auf Eibons Befehl hin geflohen, um sich hier zu einer neuen Schlacht zu stellen, doch wenn auch Cavillon fiel, gab es keinen weiteren Ort mehr, wohin sie noch fliehen konnten. Abgesehen vielleicht von Ravenhorst, wohin sie jedoch niemals gehen und wo man sie vermutlich auch gar nicht erst aufnehmen würde, wäre jede andere Stadt dem sicheren Untergang geweiht.

In einem großen, runden Raum fast in der Spitze des Hauptturms im Zentrum von Cavillon, hatten Charalon, Bayron und einige andere hohe Offiziere ihre Befehlszentrale errichtet. Von hier aus leiteten sie sämtliche Verteidigungsmaßnahmen. Das Zimmer besaß zahlreiche Fenster in alle Richtungen, sodass sich von hier aus die gesamte Ordensburg und das umliegende Land beobachten ließen. Gleichzeitig waren die Fenster jedoch auch ziemlich klein, zu klein, als dass sich Flugdamonen hindurchzwängen und die Verteidigung ihres Kopfes berauben könnten. Boten eilten in dem Raum ein und aus, um Befehle zu den einzelnen Stellungen zu übermitteln und von dort zu berichten.

Charalon und Bayron standen über einen großen Tisch gebeugt, auf dem eine detaillierte Karte Cavillons und des umliegenden Landes ausgebreitet lag. Zahlreiche farbige Metallstifte, die den Standort der verschiedenen Soldateneinheiten symbolisierten, steckten darin.

Die beiden Männer unterbrachen ihr Gespräch, als Maziroc zu ihnen trat.

"Euer Plan hat funktioniert, Ihr habt den Damonen einen wahrhaft feurigen Empfang bereitet", wandte sich Maziroc an Bayron.

"Ein Anfangserfolg, weil sie die Falle nicht erkannt haben und wir sie deshalb überraschen konnten", antwortete der General nüchtern. "Alles Weitere wird nun bedeutend schwieriger."

"Ich habe gerade vorgeschlagen, die momentane Verwirrung der Ungeheuer auszunutzen", erklärte Charalon. Er fuhr mit dem Finger über die Karte. "Wenn wir die gepanzerten Kavalleriebataillone, die Kaiser Croman zu unser Unterstützung gesandt hat, ausschicken, können sie sich den Damonen in einem Bogen von der Seite her nähern, eine Bresche in ihre Flanke schlagen und den so abgeschnittenen Teil ihres Heeres direkt in die Flammenhölle treiben. Es würde Tausende der Ungeheuer das Leben kosten."

"Und uns womöglich unsere Reiterei", entgegnete Bayron. "Die Gefahr, dass sie zwischen den beiden Heeresflügeln aufgerieben würde, ist zu groß. Außerdem bezweifle ich, dass sie überhaupt so weit kommen würde. Es ist gut möglich, dass die Damonen bereits dabei sind, die brennende Ebene zu umgehen, um uns von Norden her anzugreifen." Zur Verdeutlichung zeichnete auch er mit dem Finger einen Bogen auf der Karte.

"Dann könnten die Reiter ihnen den Weg versperren und sie zurückschlagen", wandte Charalon ein.

Bayron schüttelte den Kopf. "Es wäre ein Kampf irgendwo im Niemandsland, wo wir ihn nicht einmal beobachten, geschweige denn von hier aus beeinflussen könnten. Ein unkalkulierbares Risiko und zudem unnötig. Wir dürfen uns nicht in Scharmützel auf freiem Feld verstricken lassen, sondern müssen unsere Kräfte hier bündeln. Vor allem aber werden wir die Reiterei noch dringend brauchen. Wenn der Kampf um die Mauern beginnt, muss sie Ausfälle reiten, um die Damonen von besonders bedrängten Stellen zurückzutreiben und so für Entlastung zu sorgen."

"Nun, Ihr habt das Oberkommando über unsere Truppen und versteht tausendmal mehr von Strategie als ich", sagte Charalon. "Wenn Ihr es für taktisch besser haltet, die Reiter erst noch zurückzuhalten, dann ist diese Entscheidung sicherlich richtig."

"Auch ich bin nicht allwissend. Ich kann mich wie jeder andere täuschen und Fehler machen", erwiderte Bayron lächelnd. "Aber in diesem Fall halte ich das Risiko eines solchen Ausfalls im Vergleich selbst zu dem größtmöglichen zu erwartenden Erfolg für zu hoch."

Maziroc hielt sich aus dem Gespräch heraus. Charalon war intelligent und ein äußerst starker Magier, doch wie er gerade selbst zugegeben hatte, war er kein Stratege, und obwohl Charalon sein bester Freund war, sah Maziroc die Verteidigung Cavillons in dieser bedrohlichen Situation lieber in den Händen eines militärisch ausgebildeten Fachmannes. Er ging zu den Fenstern hinüber, um einen Blick ins Freie zu werfen, doch als er sich noch auf halbem Weg dorthin befand, fuhr einer der Männer, die dort Ausschau hielten, plötzlich herum.

"Sie greifen uns aus der Luft an!", stieß er aufgeregt hervor.

Mit wenigen Schritten überwand Maziroc die restliche Distanz, und auch Charalon und Bayron verstummten und eilten an seine Seite. Deutlich hoben sich die geflügelten Damonen als dunkle Punkte gegen die gewaltige Feuersbrunst ab, die die Nacht fast taghell erleuchtete. Es waren nicht allzu viele, hundert, vielleicht hundertfünfzig. Blitzartig stießen sie herab, griffen die Männer auf den Innenhöfen und dort, wo die Wehrgänge nicht überdacht worden waren, an.

Doch auch die Verteidiger waren auf der Hut. Einen Pfeil nach dem anderen schickten die Männer der durch Kaiser Cromans Bogenschützen verstärkten Garde und vor allem die etwa einhundert Elbenkrieger, die sich bereits ausgeruht genug gefühlt hatten, um wieder an den Kampfhandlungen teilzunehmen, ihnen entgegen. Auch die Soldaten, die in den Innenhöfen und auf den Treppen angegriffen wurden, zogen ihre Waffen, hackten und stachen mit ihren Schwertern nach den Damonen. Der Kampf dauerte nur wenige Minuten, dann war auch das letzte der Ungeheuer tot. Aber auch auf Seiten der Verteidiger hatte es Verluste gegeben, wie Boten kurz darauf meldeten. Elf Männer waren tot, acht weitere schwer verletzt.

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
1592 s. 5 illüstrasyon
ISBN:
9783956179129
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