Kitabı oku: «Die Elfen der Dämmerung: 3 dicke Fantasy Sagas auf 1500 Seiten», sayfa 8

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Kein einziger der Fremden war beritten.

Es handelte sich auch nicht um Menschen.

Maziroc wusste nicht, womit er es tatsächlich zu tun hatte, zu fremdartig war das, was er sah. Der Anblick schockierte ihn mehr als alles andere, was er jemals zuvor gesehen hatte. Fasziniert, entsetzt und angeekelt gleichermaßen starrte er auf das unglaubliche Bild, das sich ihm bot. Dämonen aus den tiefsten Schründen der Hölle, hallte es erneut in ihm wider. Er wusste nicht, ob es eine Hölle wirklich gab, wie die Priester und Prediger fast aller Religionen sie in verschiedener Form verkündeten, aber wenn, dann mussten die Kreaturen, mit denen er es hier zu tun hatte, zweifelsohne von dort stammen. Die Ungeheuer besaßen nicht einmal eine einheitliche Gestalt, sondern schienen jedes einander an grauenerregender Hässlichkeit noch übertreffen zu wollen.

Viele von ihnen besaßen Merkmale von ins Gigantische vergrößerten Tieren, hauptsächlich Insekten, ohne dabei jedoch einer bekannten Tierart tatsächlich zu gleichen. Es gab namenlose Scheußlichkeiten mit tellergroßen Facettenaugen, einige mit furchteinflößenden vorstehenden Vogelschnäbeln und solche mit viel zu vielen Beinen und Armen. Einige besaßen lange krebsartige Scheren, die stark genug schienen, einen Menschen mühelos in zwei Teile zerschneiden zu können, wieder andere hatten Köpfe die nur aus einem riesigen Maul voller dolchartiger Reißzähne zu bestehen schienen. Ein Teil der Kreaturen kroch auf dürren, aber ungeheuer kraftvollen Gliedmaßen über den Boden, andere gingen aufrecht. Einige waren mit dichtem, zottigem Fell bedeckt, andere mit insektenhaften Außenskeletten aus Chitin und Horn gepanzert. Ihre Vielfalt schien unerschöpflich, und es handelte sich um tausende der Ungeheuer. Gerade diese blasphemische Vielfalt machte ihren Anblick besonders grauenerregend.

Mental waren sie nicht zu spüren, wie es bei solchen Monstern auch kaum anders zu erwarten war. Es konnte sich einfach nicht um intelligente Wesen handeln. Anderseits aber verhielten sie sich auch nicht wie Tiere. Der Überfall auf den Hof, das Fortschaffen der Leichen, ihre Art, sich selbst verborgen zu halten, bis die Falle zuschnappte - all das waren sichere Anzeichen für ein geplantes Vorgehen, das wiederum Intelligenz erforderte. Und obwohl keines der Wesen individuell geistig zu spüren war, fühlte Maziroc dennoch eine mentale Kraft, die jedoch nur äußerst vage war und nicht von den einzelnen Wesen, sondern von ihrer Gesamtheit auszugehen schien, auch wenn dies eigentlich völlig unmöglich war.

Inzwischen war er wirklich froh, dass er in der herrschenden Dunkelheit kaum etwas genau erkennen konnte und manche Abscheulichkeit wohl nur eine Ausgeburt seiner eigenen Fantasie war. Es war auch so schlimm genug, und schließlich musste er den Blick abwenden, weil er fürchtete, den Verstand zu verlieren, wenn er noch länger auf die vor dem Hof durcheinander wuselnden Kreaturen starrte. Die Schwärze der Nacht schien zu einer Mauer zu werden, die sich um ihn herum zusammenzog und ihm den Atem zu nehmen drohte, und aus der Dunkelheit krochen die Gespenster der Furcht und begannen ihn mit unhörbaren Stimmen zu verhöhnen. Nur handelte es sich hier um reale Gespenster, die einen realen Körper besaßen, auch wenn sie jeder Form von bekanntem Leben Hohn zu sprechen schienen.

Eines allerdings stand fest: Dies waren keine Wesen, die in irgendeinem der bekannten Länder Arcanas beheimatet waren. Wenn sie nicht wirklich geradewegs aus der Hölle stammten, dann höchstens von einem der unbekannten, mythischen Kontinente, die jenseits des endlosen Ozeans liegen sollten.

Es gab noch eine weitere Möglichkeit, obwohl sie so abstoßend war, dass er sich am liebsten geweigert hätte, sie auch nur genauer ins Auge zu fassen. Immer wieder hatten vereinzelte Magier versucht, auch die tiefsten Geheimnisse des Lebens zu enträtseln und selbst welches zu schaffen. Solche Experimente waren vom Orden stets entschieden verurteilt worden, doch immerhin gab es genügend Magier, die diesem nicht angehörten und zum Teil sogar seinen Zielen bewusst entgegen arbeiteten. Möglich, dass einer von ihnen durch Versuche mit Trögen oder andere Schöpfungsexperimente Erfolg gehabt hatte. Allerdings konnte sich Maziroc nicht vorstellen, dass irgendjemand vorgehabt haben könnte, tatsächlich solche Monster zu erschaffen, und ihm dies auch noch in so ungeheurer Zahl gelungen war.

Selbst als er den Blick abgewandt hatte, gelang es Maziroc nicht, das schreckliche Bild zu verdrängen. Gelegentlich stießen einige der Ungeheuer schrille Schreie aus, die so hoch waren, dass sie gerade noch an der Grenze zum Hörbaren lagen. Darüber hinaus war die Luft von einer beständigen Art von Rascheln und Flüstern erfüllt: dem Geräusch aneinanderschabender Hornschuppen, dem Klacken zuschnappender Scheren und andere leiser Laute mehr, über deren Ursprung Maziroc lieber gar nicht erst weiter nachdachte.

Mit einem Mal erschien es ihm gar nicht mehr so unvorstellbar, dass ein Heer aus solchen Monstern der Hof innerhalb so kurzer Zeit erobert und den Großteil aller Spuren beseitigt haben könnte. Wahrscheinlich würden auch sie den Ungeheuern kaum länger als ein paar Minuten Widerstand leisten können, sobald diese sich erst einmal zu einem Angriff entschlossen. Noch aber hielten sie sich aus ihm unbekannten Gründen zurück.

Auch Eibon und Charalon überwanden nun ihre Erstarrung.

"Was ... was ist das?", krächzte der Elbenkönig. In seiner Stimme klangen Fassungslosigkeit und eine beginnende Hysterie mit. Hilflos starrte er Charalon an.

"Ich weiß es nicht", murmelte der Magier. Auch seine Stimme klang brüchig und verriet, dass er nicht minder erschüttert war.

"Das, werte Herren, sind Damonen", ertönte in diesem Moment eine unbekannte Stimme hinter ihnen. "Und wenn Ihr bislang noch keine Bekanntschaft mit Ihnen gemacht habt, so wird sich das nun sehr bald ändern. Sie haben bereits damit begonnen, auch diese Welt zu erobern, wie sie es schon mit so vielen anderen zuvor getan haben."




Im Schneesturm


Sowohl mit den Streitäxten der Zwerge und sogar mit Mazirocs magischen Kräften hatte es sich als unmöglich erwiesen, in dem gefrorenen Boden ein Grab auszuheben, um die gefallenen Gardesoldaten und die toten Hornmänner zu begraben. Um die Leichen trotzdem nicht einfach zum Fraß für Raubtiere herumliegen zu lassen, hatten sie sie in den hintersten Winkel der Höhle gebracht, die ihnen allen um ein Haar zum Verhängnis geworden wäre, und hatten sie notdürftig mit Geröll und Steinen bedeckt, ehe sie ihre Reise fortgesetzt hatten.

Der Schneesturm dauerte noch mehrere Stunden an, nachdem sie die Höhle bereits verlassen hatten; schwere, nasse Flocken, die ihnen vom Wind entgegengepeitscht wurden und das Vorankommen zu einer Qual machten. Miranya hatte sich ein Tuch vor das Gesicht gebunden, das nur ihre Augen freiließ, dennoch schienen Wind und Kälte wie mit spitzen Zähnen in ihre Haut zu beißen. Bei jedem Atemzug brannte die eisige Luft in ihrer Kehle, und ihre Augen tränten so stark, dass sie selbst auf den paar Metern, die die Sicht nur betrug, alles lediglich stark verschwommen wahrnahm.

Immerhin brauchten sie wenigstens nicht zu Fuß zu gehen. Sie hatten die Pferde der Hornmänner genau dort entdeckt, wo Scruul behauptet hatte, und es waren mehr als genug Tiere für sie alle, einschließlich der Zwerge. Wie diese ohne Reittiere so schnell hergekommen waren, darüber nachzudenken hatte Miranya längst aufgegeben. Zwar vermutete sie, dass Maziroc die Erklärung dafür kannte, doch als sie ihn danach gefragt hatte, war er einer direkten Antwort ausgewichen, und sie hatte eingesehen, dass sie von ihm nichts erfahren würde. Offenbar handelte es sich um ein Geheimnis, auf dessen Wahrung die Zwerge viel Wert legten, sodass auch er dies respektierte.

Mittlerweile dachte Miranya kaum noch daran, es war ihr auch völlig gleichgültig. Es kam ihr vor, als würde die Kälte nicht nur durch ihre Kleidung kriechen und ihrem Körper immer mehr an Wärme entziehen, sondern als würde sie sich auch wie ein betäubender Schleier über ihren Geist legen und ihre Gedanken regelrecht einfrieren lassen. Sie wusste kaum noch, wer sie war, woher sie stammte, wie sie hierher gekommen war und wo sie hin wollte. Cavillon, der Hexenturm, in dem sie aufgewachsen war, Therion, der Luyan Dhor, Sharolan - zwar spukten die Namen noch durch ihren Kopf, doch es waren bloße Begriffe ohne Inhalt, mit denen sie nichts verband. Vielleicht existierten diese Orte in Wirklichkeit ja nicht einmal.

Nicht zum ersten Mal fragte Miranya sich mittlerweile, ob es überhaupt noch eine Welt außerhalb dieser eisigen weißen Ödnis gab, oder ihre vermeintlichen Erinnerungen nicht in Wahrheit nur Traumfetzen waren, ob sie jemals etwas anderes getan hatte als zu frieren, sich mühsam im Sattel eines Pferde zu halten und in irgendwelchen kalten Höhlen auf dem Boden zu schlafen.

Wenn ihr Zeitgefühl sie nicht völlig im Stich gelassen hatte, waren sie ziemlich früh am Morgen aufgebrochen, doch nach drei Tagen, die sie bei künstlichem Licht in der Höhle eingesperrt gewesen waren, ohne dass es draußen auch nur einmal hell geworden war, fiel es ihr schwer, das zu schätzen. Irgendwie quälte sie sich zusammen mit den anderen immer weiter vorwärts, ohne auch nur die geringste Orientierung zu haben, wo sie sich befand und in welche Richtung sie ritt.

Alles in Miranya schrie nach einer Rast. Sie wollte sich einfach aus dem Sattel gleiten lassen und wenigstens ein paar Sekunden ausruhen, doch sie wusste, dass sie dann augenblicklich die Augen schließen und einschlafen würde, und es wäre ein Schlaf, aus dem es kein Erwachen mehr gäbe, weil sie unweigerlich binnen weniger Minuten erfrieren würde. Selbst das war ihr egal, doch irgendwo tief in ihrem Inneren gab es einen Teil von ihr, der immer noch am Leben hing und sie daran hinderte, der dunklen Verlockung ihrer Schwäche nachzugeben.

Nach Stunden schließlich - Miranyas unsicherem Zeitgefühl zufolge musste es inzwischen Mittag sein - ließ das Unwetter merklich nach. Der Sturm flaute ab, und das Schneegestöber wurde weniger dicht, bis es bald darauf ganz aufhörte. Eine weitere halbe Stunde später riss vereinzelt sogar die dichte Wolkendecke auf und ließ einige wenige Sonnenstrahlen durch. Es war tatsächlich Mittag. Zum ersten Mal seit Tagen konnten sie nicht nur sehen, was sich in einem Umkreis von kaum einem halben Dutzend Schritte um sie herum befand, sondern hatten freie Sicht auf ihre gesamte Umgebung.

Viel allerdings gab es nicht zu entdecken. Eine dichte Schneedecke hatte sich über das Land gelegt und alles unter sich begraben, es in eine weiße Wüstenlandschaft verwandelt, so weit man nur blicken konnte. Lediglich einige ebenfalls bis in die letzte Astspitze dick mit Schnee bedeckte Bäume ragten wie bizarre Skulpturen daraus empor.

Dennoch schien es Miranya, als wäre eine schwere Last von ihr genommen worden. Es war nicht nur die Erleichterung, dem schmerzhaften eisigen Biss des Sturms nicht mehr länger ausgeliefert zu sein, obwohl auch dies einen Teil dazu beitrug. Wichtiger aber war es, nach drei Tagen Dunkelheit und Eingesperrtsein endlich wieder helles Tageslicht zu sehen und die schier endlose Weite um sich herum zu haben. Miranya hatte das Gefühl, als würde ihre Seele regelrecht aufatmen. Selbst ihre Gedanken begannen wieder schneller zu fließen, als hätten sie den Panzer aus Eis, der sie bislang umfangen hatte, gesprengt.

An den Gesichtern der anderen, auch der Zwerge, konnte sie ablesen, dass es ihnen ebenso erging. Vielleicht waren gerade die Zwerge sogar am meisten erleichtert. Sie waren das feuchtwarme Klima der Todessümpfe gewohnt und mussten unter der Kälte hier ganz besonders leiden. Miranya konnte nicht anders, immer wieder glitt ihr Blick zu ihnen hinüber. Selbst nach den Stunden, die sie nun schon zusammen mit ihnen unterwegs war, stellten sie immer noch eine Besonderheit für sie dar. Sie benahmen sich ganz normal, lachten, scherzten, froren und fluchten über die Kälte. Abgesehen von ihrer geringeren Körpergröße, die beim Reiten allerdings ohnehin nicht so auffiel, benahmen sie sich also absolut menschlich, sodass sie sich fast gewaltsam ins Bewusstsein rufen musste, dass sie es hier wirklich und wahrhaftig mit Zwergen zu tun hatte, dem vielleicht geheimnisumwittertsten Volk Arcanas. Dies war eine einmalige Gelegenheit, mehr über sie herauszufinden, aber sie brachte es nicht fertig, auch nur eine einzige Frage an sie zu richten. Teils mochte es an ihrer Erschöpfung liegen, zum Teil aber auch daran, dass es so unendlich viele Fragen gab, dass sie nicht einmal wusste, welche sie zuerst stellen sollte. Sie wusste, wenn sie erst einmal anfing, würde sie gar nicht mehr aufhören können.

Alles in allem hatte Miranya das Gefühl, als ob es beträchtlich wärmer geworden wäre, doch war dies wohl nur Einbildung, weil die Kälte ohne den heftigen Wind nicht mehr ganz so schmerzhaft spürbar war. Aber obwohl sie sich nun nicht mehr gegen den Sturm stemmen mussten und immerhin sehen konnten, wohin sie ritten, kamen sie dennoch nicht viel schneller als zuvor voran. Die Decke aus Pulverschnee sah trügerisch glatt aus, doch sie verdeckte alles, was sich darunter verbarg: Felsen und Buckel und handbreite Spalten im Erdreich, das Geäst erfrorener Büsche und zahlreiche andere Hindernisse, die ihre Pferde mehr als einmal zum Straucheln brachten.

Im Schutz einer großen Felsgruppe, hinter der sich nur wenig Schnee angesammelt hatte, legten sie am frühen Nachmittag schließlich eine kurze Rast ein. Erschöpft ließ Miranya sich aus dem Sattel gleiten und setzte sich mit dem Rücken gegen einen der Felsen. Beinahe augenblicklich fielen ihr die Augen zu, doch als sie gerade einzuschlafen drohte, spürte sie eine Berührung an der Schulter. Als sie aufsah, entdeckte sie Maziroc, der neben sie getreten war. Er hielt eine Decke in der Hand.

"Darf ich?", fragte er und deutete auf den Platz neben ihr.

"Sicher." Das Sprechen fiel Miranya schwerer, als sie erwartet hatte. Selbst ihr Mund, ihre Zunge und ihre Stimmbänder schienen schon eingefroren zu sein. Mühsam raffte sie sich auf und rutschte ein Stück zur Seite, damit der Magier genug Platz hatte.

"Auch wenn du müde bist, solltest du besser nicht einschlafen", sagte er, kaum dass er sich gesetzt hatte, und reichte ihr die Decke. "Aber falls es doch passiert, solltest du zumindest die hier nehmen."

Miranya zwang sich zu einem Lächeln, doch sie spürte, dass es zu einer Grimasse verunglückte. "Ich bin so dick angezogen, wie es nur irgendwie geht, und trotzdem friere ich schon die ganze Zeit. Selbst wenn ich einschlafen sollte, werde ich wohl kaum während dieser Rast erfrieren."

"Das wohl nicht, aber wenn du voll angezogen schläfst, selbst wenn es nur ein paar Minuten sind, und dich anschließend so wieder aufs Pferd setzt, wirst du umso mehr frieren. Zieh deinen Mantel aus und wickle dich in die Decke, das ist in jedem Fall besser."

"Also gut." Schwerfällig schälte Miranya sich aus ihrem Pelzmantel, was sich als recht mühsam erwies, da der Mantel Feuchtigkeit aufgesogen hatte, die längst gefroren war und ihn fast bretthart machte. Es knisterte, als das Eis auf den Fellhaaren zersplitterte. Als sie ihn schließlich abgestreift hatte, fühlte sich Miranya der Kälte für einen Moment fast schutzlos ausgeliefert, obwohl sie auch darunter noch einen etwas dünneren Mantel und mehrere dicke Untergewänder trug. Rasch schlüpfte sie unter die Decke.

"Danke", murmelte sie zähneklappernd. Obwohl sie längst erwachsen war, verhielt sich Maziroc wie ein Ersatzvater ihr gegenüber, und vermutlich empfand er auch so für sie. Schon seit sie aus Cavillon aufgebrochen waren, kümmerte er sich mit rührender Fürsorge um sie. Soweit sie wusste, hatte er niemals Kinder gehabt, und offenbar betrachtete er aus Gründen, die sie nicht kannte, ausgerechnet sie vorübergehend als eine Art Pflegetochter. Dabei brachte er das seltene Kunststück fertig, sie trotzdem nicht wie ein Kind zu behandeln. "Glaubst du, dass wir es noch über den Luyan Dhor schaffen?", fragte sie.

Maziroc zögerte mit der Antwort. Schließlich jedoch schüttelte er den Kopf. "Nein", erwiderte er. "Selbst wenn es kein weiteres Unwetter gibt, behindert uns der Schnee, der bis jetzt gefallen ist, so sehr, dass wir noch mindestens zwei Wochen bis nach Therion brauchen. Und selbst wenn die Pässe über den Luyan Dhor jetzt noch frei sein sollten, sind sie bis dahin mit Sicherheit eingeschneit."

"Und dann ist es wirklich unmöglich, sie zu passieren? Ich meine, ich spreche nicht von schwierig oder gefährlich, sondern von absolut unmöglich."

"Ich fürchte, so ist es", erklärte der Magier. "Schon unter normalen Bedingungen sind sie nicht leicht zu bezwingen, aber es bei Schnee und Eis zu versuchen, käme einem Selbstmord gleich."

"Aber dann haben wir doch keine Chance mehr! Unsere Mission ist bereits gescheitert, und wir können ebenso gut gleich umkehren. Wenn es wirklich einen neuen großen Krieg geben wird, können wir uns anderenorts bestimmt nützlicher machen, als wenn wir uns völlig sinnlos weiter durch Skant quälen und nur Gefahr laufen, einer weiteren Patrouille der Hornmänner in die Hände zu fallen."

"Wenigstens diese Gefahr dürfte recht gering sein", brummte Maziroc. "Bei diesem Wetter ist für sie kaum lohnende Beute zu erwarten, also werden die Hornmänner wahrscheinlich gemütlich in ihren Clansburgen sitzen und auf den Beginn des Frühjahres warten."

"Aber unsere Mission ..."

"Dieser Punkt bereitet auch mir weitaus mehr Kopfzerbrechen", gab Maziroc zu. "Im Grunde haben wir wirklich so gut wie keine Chance mehr, aber meine Aufgabe ist zu wichtig, als dass wir einfach aufgeben dürfen. Sobald sich eine günstige Gelegenheit ergibt, werde ich noch einmal allein mit Barkon sprechen. In seiner Hand liegt es, mich schneller an unser Ziel zu bringen, als du es dir auch nur vorstellen kannst."

Miranya entging nicht, dass er nur von sich sprach, und sie begriff sofort, was er damit andeutete. "Du meinst diese geheimnisvollen Wege, von denen Barkon gesprochen hat, nicht wahr? Auf denen er und seine Begleiter so schnell hergekommen sind. Was hat es damit auf sich? Ist es so geheim, dass du es mir nicht sagen darfst?"

"Das ist es", bestätigte Maziroc."Du ahnst nicht, was es für die Zwerge bedeutet hat, uns gegenüber auch nur anzudeuten, dass ihnen diese Möglichkeiten nach wie vor - oder vielleicht auch wieder - zur Verfügung stehen. Selbst ich habe es bislang nicht gewusst. Du hast erlebt, mit welcher Ehrfurcht sie mich behandelt haben, dennoch bin ich sicher, dass Barkon mich ohne zu zögern töten würde, wenn ich dieses Geheimnis verriete."

Erschrocken zuckte Miranya zusammen. Sie schwiegen einige Sekunden, und sie spürte, wie ihr erneut die Augen zuzufallen begannen.

"Falls es dir gelingt, Barkon zu überzeugen", nahm sie das Gespräch wieder auf, um sich von ihrer Erschöpfung abzulenken, "dann bedeutet das wohl auch, dass du uns verlassen wirst, nicht wahr? Wenn diese Möglichkeiten, schneller als der Blitz zu reisen, so geheim sind, werden die Zwerge Scruul, mich und den Soldaten nicht auf diesem Weg mitnehmen."

"Nein, das werden sie wohl nicht. Aber ich werde darauf bestehen, dass sie bei euch bleiben und euch an einen sicheren Ort bringen. Ich hoffe, sie begleiten euch sogar bis nach Therion."

"Darum geht es mir nicht. Ich ... ich hätte nur zu gerne diese geheimnisvolle Zitadelle gesehen, den fremdartigen Ort, an dem dieser Kenran'Del seit tausend Jahren ruhen soll." Sie seufzte. "Aber das wird mir wohl nicht vergönnt sein, wie es nun aussieht."

Für einen Moment zeigte sich ein fast zorniger Ausdruck im Gesicht des Magiers.

"Bei dieser Mission geht es um Wichtigeres als Neugier und Sensationslust", stieß er mit barscher Stimme hervor. "Ist dir das immer noch nicht klar geworden? Arcana könnte untergehen und jedes Leben, wie wir es kennen, könnte vernichtet oder versklavt werden. Selbst ich weiß nicht, wer dieser Kenran'Del wirklich ist und woher er stammt, aber er wird der wichtigste Verbündete sein, den wir in dem bevorstehenden Krieg gewinnen können. Deshalb muss ich zu der Zitadelle und ihn aus seinem magischen Schlaf erwecken, nicht damit du deine Neugier stillen und ein paar fremdartige Wunder bestaunen kannst."

Mit vor Schrecken weit aufgerissenen Augen starrte Miranya ihn an. Sie war völlig fassungslos über seinen Zornausbruch, wusste nicht, was sie Schlimmes gesagt hatte, um ihn so zu provozieren. Nach ein paar Sekunden konnte sie Mazirocs beinahe flammenden Blick nicht mehr ertragen und senkte hastig den Kopf. Tränen stiegen ihr in die Augen, doch sie kämpfte dagegen an.

"Es tut mir leid", sagte Maziroc mit einer Stimme, die verriet, wie bestürzt er selbst darüber war, dass er sie so grob angefahren hatte. Er hob den linken Arm, als wollte er ihn ihr um die Schultern legen, ließ ihn dann aber wieder sinken. "Das ... das wollte ich nicht. Auch meine Nerven sind ziemlich angegriffen. Aber du kannst schließlich nichts dafür, dass es nicht so läuft, wie ich erhofft habe. Deine Neugier ist nur zu verständlich, jedem anderen würde es an deiner Stelle ebenso ergehen."

"Nein, du hast völlig recht", entgegnete Miranya kühl. "Es geht hier um Wichtigeres als meine Neugier. Ich sollte endlich erwachsen werden. Schließlich bin ich eben nicht jeder andere sondern eine Vingala. So sollte ich mich auch benehmen, statt mich wie ein dummes kleines Mädchen aufzuführen."

Ihr war bewusst, dass gerade diese Reaktion kindisch war, doch sie konnte nicht anders. Mazirocs Verhalten hatte ihr gezeigt, dass er sie nicht wirklich ernst nahm. Bis gerade hatte er es vermieden, sie wie ein Kind zu behandeln, aber offenbar war es genau das, was er in ihr sah. Sie wusste, dass ihre Worte ihn schmerzen mussten, aber schließlich hatte auch er ihr zuvor wehgetan, und wider besseres Wissen war sie von dem absurden Verlangen erfüllt, es ihm mit gleicher Münze heimzuzahlen.

Nach kurzem Zögern stand sie auf, streifte die Decke ab und gab sie ihm zurück. Stattdessen schlüpfte sie wieder in ihren Mantel. "Ich werde mal nach meinem Pferd sehen", sagte sie, obwohl die Zwerge sich längst um alle Tiere gekümmert und sie versorgt hatten. Mit so hastigen Schritten, dass es genau wie die Flucht aussehen musste, die es in Wahrheit auch war, eilte Miranya davon.

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Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
1592 s. 5 illüstrasyon
ISBN:
9783956179129
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