Kitabı oku: «Drachenreiter und Magier: 4 Fantasy Abenteuer», sayfa 6

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"Keine leichte Aufgabe. Kuldan ist die Hauptstadt des Landes Thark und Uz liegt weit unten im Süden - in Lukkare.

"Wenn du der mächtigste Mann dieser Welt werden willst, dann wirst du diese Mühen auf dich nehmen müssen!"

"Und wie kann ich den Ring von Kuldan und den Spiegel von Uz erkennen? Es gibt unzählige Ringe und ebenso viele Spiegel!"

"Der Namenlose wird dir zur Seite stehen und dich beraten!"

Langsam verschwand nun die Erscheinung an der Felswand. Die Verbindung zwischen den Welten schien abzureißen. Als das Gesicht des Schattenherrschers nicht mehr zu sehen war, wandte sich der Namenlose an die anderen und rief: "Wer will es jetzt noch wagen, die Existenz Taraks, des Schattenkönigs, zu leugnen? Tarak will nichts, als euch helfen. Durch ihn werdet ihr zu großer Macht gelangen. Ohne ihn werden die Remurier über euer Land herfallen und es zu einer Kolonie machen! Ich hoffe, ihr seht das ein!"

"Scheint als hätten wir uns geirrt!", knurrte Lorson und Norjan murmelte irgendetwas Unverständliches vor sich hin. Dann hob der alte Ritter den Kopf und wandte sich an seinen König.

"Es scheint, als hätte dieser Tarak tatsächlich die Macht, unsere Probleme zu lösen!"

Kryll nickte.

"Ja, wir werden einen Krieg mit Remur nicht mehr zu fürchten haben..."

"Kehren wir nach Arkull zurück!", forderte der Namenlose.

Und Kryll schloss sich dem an.

"Ja, kehren wir zurück und machen wir uns auf den Weg ins ferne Kuldan!"

"Es wird nicht leicht sein,die Remurier lange genug hinzuhalten", gab Norjan zu bedenken.

Kryll lachte.

"Auch ohne Hilfe aus dem Schattenland kann Pragan dem Ansturm der Remurier eine Weile lang standhalten", meinte er dann selbstsicher.

Sie bestiegen einer nach dem anderen die Pferde.

"Dennoch tun wir gut daran, uns damit zu beeilen, den Ring und den Spiegel zu finden!", erklärte der Namenlose.

"Wir werden es schaffen!", sagte Kryll zuversichtlich. "Ich bin mir dessen ganz sicher!"

Norjan sah seinen König verwundert an.

Wo ist seine alte Unsicherheit und Unentschlossenheit?, fragte er sich im Stillen.

Kryll hatte andere Gedanken im Kopf.

Vor seinem geistigen Auge sah er prächtige, hochgerüstete Schlachtreihen in seinem Namen in den Krieg ziehen. Tarak, der Herr des Schattenlandes, wollte ihn zum mächtigsten Mann dieser Welt machen!

Der junge König spürte einen unheimlichen Hunger in sich aufsteigen. Es war der Anfang einer unersättlichen Gier nach unbegrenzter Macht.

Und insgeheim ahnte er, dass er diesen Hunger nie würde stillen können...




Zweites Buch: DER RING VON KULDAN


"Der, der sich magischer Kräfte bedient, um Herrschaft und Macht zu erlangen, begibt sich in die Gefahr, die Herrschaft über sich selbst zu verlieren. Er glaubt lange Zeit, er sei der Herr über die dämonischen Wesen, die er zu beschwören vermag und bemerkt nicht, wie er ihr Sklave wird."

(Aus einem Vortrag des Yulariz aus Kroz Dor vor einer Gruppe von Gelehrten in Ilkyn)




1. DIE PROPHEZEIUNG


Die Sonne ging auf und der Wind pfiff eisig über die Klippen von Arkull. Die GEEDRA war ein gewaltiges Schiff. Kryll stand am Bug und blickte auf das Meer hinaus.

Hinter ihm stand Norjan.

Die Segel blähten sich auf und gaben dem Schiff bald eine beträchtliche Geschwindigkeit.

"Mein König, Ihr wisst, dass es ein riskantes Unternehmen ist, den Ring von Kuldan zu erobern", erklärte der alte Ritter. "Wir wissen noch nicht einmal genau, worum es sich bei diesem Ring handelt!"

Kryll wandte sich nicht um.

"Der Namenlose begleitet uns. Er wird uns zu helfen wissen!" Die Stimme des Königs klang ruhig und gelassen.

"Mein König, ich will auf etwas anderes hinaus!"

"Sprecht nur, Freund Norjan!"

"Vielleicht wäre es besser, wenn Ihr diese Reise nicht mitmachen würdet!"

"Und wie kommt Ihr auf diesen Gedanken?"

"Ihr setzt Euch einer unnötigen Gefahr aus!"

Aber Kryll lachte nur.

"Ich habe keine Angst!"

Kryll blickte zurück. Die Zinnen von Burg Arkull verschwanden am Horizont.

Dann fiel des Königs Blick auf die zusammengekauerte Gestalt des Namenlosen. Er hatte sich gegen den Mast gelehnt und harrte dort schweigend und fast bewegungslos aus.

Kryll fragte sich, ob der Namenlose von seinem Äußeren her ein typischer Bewohner des Schattenlandes war.

Aber dann sagte er sich, dass das ziemlich unerheblich war.

Es kam schließlich einzig und allein auf die Wirkungskraft jener Heerscharen an, die Tarak ihm zu schicken versprochen hatte.

Die Gischt spritzte wild gegen die Planken des Schiffes.

Kryll genoss das Gefühl, auf einem praganischen Langschiff zu stehen und durch die Wellen zu schneiden. In der Ferne war noch so etwas wie eine Ahnung der praganischen Küste zu sehen. Wild und rau ragten die Felsen in die Luft, so dass man sie bereits aus meilenweiter Entfernung ausmachen konnte.

Nicht dieses öde Land ist die Heimat der Praganier, sondern die Langschiffe, ging es dem König durch den Kopf.

"Na, wie gefällt Euch die GEEDRA, mein König?", fragte der Kapitän, der sich neben Kryll gestellt hatte. Sein Name war Lathor, und er war kein Praganier. Seine Heimat war Drakanien im tiefen Süden. Mochte der Teufel wissen, was ihn in den Norden verschlagen hatte. Jedenfalls stand er schon seit Jahren im Dienste des Lord von Arkull.

"Die GEEDRA ist ein Schiff nach meinem Geschmack, Lathor", bekannte Kryll. Sein Gesicht hatte einen zufriedenen Ausdruck.

"Wir sind nicht viele, aber es ist eine schlagkräftige Truppe, und ich bin sicher, dass es uns gelingen wird, den Ring von Kuldan zu erobern!", meinte Lathor zuversichtlich.

Der Kapitän schickte einen kurzen Blick zu dem Namenlosen hinüber und wandte sich dann wieder an Kryll. "Euer namenloser Freund gefällt mir nicht, mein König", raunte er.

Kryll winkte ab. "Keine Sorge, er ist in Ordnung."

"Trotzdem! Ich traue ihm nicht!"

Kryll legte dem Kapitän die Hand auf die Schulter.

"Wenn Ihr Euch schon nicht dazu durchringen könnt, ihm zu vertrauen, dann lasst ihn Euer Misstrauen wenigstens nicht spüren. Von ihm hängt wesentlich das Gelingen unseres Unternehmens ab! Ohne ihn sind wir nichts..."

Der Kapitän nickte leicht.

Ich werde aber dennoch die Augen offenhalten, dachte Lathor stumm bei sich.

*


Kryll kam es so vor, als fliege das Schiff geradezu über die Wellen.

Die Stunden vergingen.

Sie segelten an der praganischen Stadt Thorcor vorbei. Am Abend sahen sie dann in der Ferne Alark, den südlichsten Hafen Pragans.

Aber für einen Kapitän wie Lathor war die Nacht kein Hindernis. Kryll bewunderte den Drakanier dafür, wie er ein Schiff wie die GEEDRA so sicher und souverän zu führen vermochte.

Sicherheit, Souveränität...

Das was ich an Lathor bewundere, ist dasselbe, was mir fehlt, wurde es dem jungen König klar.

*


Der Namenlose stand einfach da und schaute auf das Meer.

Er hatte während der ganzen Fahrt noch kein Wort gesprochen. Jetzt trat Kryll zu ihm.

"Ich möchte mehr über den Ring von Kuldan wissen", forderte der König. "Was hat es mit diesem Artefakt auf sich?"

Der Namenlose sprach, ohne sich dabei umzuwenden.

"Dem, der diesen Ring trägt, gibt er Kraft - magische Kraft. Aber nicht jeder kann ihn tragen."

"Das klingt seltsam", meinte Kryll.

Jetzt erst wandte der Namenlose sich zu ihm um.

"Du bist derjenige, der den Ring tragen muss! Du kannst es!" Kryll zuckte mit den Schultern.

"Warum ich?"

"Du bist dafür bestimmt!"

"Was ist mit dir, Namenloser? Warum hast du kein Verlangen danach, selbst den Ring zu tragen, wenn wir ihn erobert haben?"

"Ich kann es nicht."

"Warum nicht?"

"Kein Wesen aus dem Schattenland ist fähig, diesen Ring zu tragen."

Kryll atmete tief durch.

Sein Gegenüber schien zu dieser Sache nicht mehr sagen zu wollen.

Vielleicht wäre es gut, mehr über den Namenlosen zu erfahren, kam es Kryll in den Sinn.

"Erzähle mir vom Schattenland!", forderte der König jetzt.

Der Namenlose wandte sich wieder von Kryll ab und starrte hinaus auf das dunkle Meer.

Nach einer kurzen Pause begann er zu sprechen.

"Im Schattenland herrscht ewige Dämmerung. Es gibt dort einen See, der so schwarz wie die Finsternis selbst ist. Die Bewohner des Schattenlandes nennen ihn das Schattenauge. Genau in der Mitte dieses Sees gibt es eine Insel, auf der Tarak sein Schloss errichtet hat!"

Der Namenlose wandte den Kopf zur Seite. Die Finsternis unter seiner Kapuze erschien Kryll blicklos.

"Wir werden aus dieser Welt eine zweite Schattenwelt machen! Du und ich! Wir werden es schaffen, dessen bin ich mir sicher, denn wir haben Tarak auf unserer Seite, den Herrn des Schattenlandes!"

Ungezügelter, wilder Fanatismus war aus diesen Worten herauszuhören.

Kryll hob die Augenbrauen.

"Ein Land der ewigen Dämmerung mag für die Wesen des Schattenlandes gut sein. Aber für Menschen...?"

Der Namenlose schwieg daraufhin eine ganzer Weile lang, bis er schließlich vor sich hin murmelte: "Ich vertraue auf Tarak."

"Ich ebenfalls." Krylls Bekenntnis war wenig überzeugend.

Auf einmal spürte Kryll, dass jemand hinter ihm war. Blitzartig wirbelte er herum und blickte dann in das Gesicht von Norjan.

"Was gibt es?"

"Mein König, Ihr solltet Euch auch ein wenig schlafen legen. Morgen ist ein anstrengender Tag."

Aber Kryll schüttelte den Kopf.

"Ich noch nicht schlafen Norjan. Ich würde keine Ruhe finden..."

"Müdigkeit und Trägheit können schlimmere Feinde sein, als eine ganze Horde von Remuriern."

Als Norjan dem Blick des Königs begegnete, dachte der alte Ritter: Kryll hat an Sicherheit gewonnen!

Norjan zuckte mit den Schultern. "Nun, wie Ihr meint, mein König. Ich werde mich jedenfalls aufs Ohr legen."

Mit diesen Worten ging Norjan davon.

"Mir ist aufgefallen, dass du dir von diesem einfachen Ritter eine Menge sagen lässt, Kryll", stellte der Namenlose fest.

"Norjan ist für mich mehr, als nur irgendein Ritter."

"Tarak hätte so etwas nie von einem Untergebenen geduldet!"

Die Stimme des Namenlosen klang absolut kalt und gefühllos.

Der König bedachte den Mann aus dem Schattenland mit einem nachdenklichen Blick. Wenn er glaubt, dass ich bereits ein Sklave dieses Tarak bin, dann irrt er sich aber gewaltig, durchzuckte es es Kryll.

Er hatte einen Entschluss gefasst.

Er wollte den Herrn des Schattenlandes betrügen!

*


Die See bot bei Nacht einen düsteren, fast unheimlichen Anblick. Der Mond leuchtete fahl auf das unruhige Wasser herab und tauchte alles in sein bleiches Licht.

Vom Horizont her sah Kryll etwas durch die Luft herannahen.

Etwas Flatternders, Helles... Etwas Weißes!

Ein Vogel!

Doch je näher dieser Vogel herankam, desto deutlicher wurde es Kryll, dass dies kein gewöhnliches Tier seiner Art sein konnte.

Der Vogel war von riesiger Gestalt und war ganz und gar weiß. Er strahlte in einem merkwürdigen, übernatürlichen Licht, dass sich deutlich vom Licht des bleichen Mondes unterschied.

"Seht dort!", hörte Kryll einen der Seeleute rufen.

Die Männer der GEEDRA blickten wie gebannt in Richtung dieses seltsamen Geschöpfes.

"Dieser Vogel ist gefährlich", zischte die Stimme des Namenlosen an Krylls Ohr. Den düsteren Mann aus dem Schattenland hatte mit einem Mal eine kaum erklärliche Unruhe gepackt. Kryll glaubte sogar so etwas wie Furcht aus seinen Worten heraushören zu können.

"Ha!", machte der König. "Wir haben uns vorgenommen, den Ring von Kuldan zu erobern - da werden wir doch keine Angst vor solch einer fliegenden Kreatur bekommen!"

Mit den Augenwinkeln sah Kryll flüchtig, wie Norjan sich wieder von seiner Schlafstatt erhoben hatte. Nachdenklich betrachtete der alte Ritter den weißen Vogel, der mit ruhigen, würdevollen Flügelschlägen auf die GEEDRA zusteuerte.

"Gebt mir Pfeil und Bogen!", krächzte der Namenlose. "Schnell! Worauf wartet ihr?"

Niemand rührte sich, keiner sagte ein Wort.

"Na los!", forderte der Namenlose grimmig.

"Soll ich ihm einen Bogen geben?", fragte Lathor, der Kapitän, unsicher an den König gewandt.

Aber Kryll schüttelte energisch den Kopf.

"Nein!"

"Dieses Wesen ist gefährlich!", rief der Namenlose nochmals.

"Nein, der Vogel stellt keine Gefahr dar!" Der König wandte seinen Blick an die Männer, die noch immer wie gebannt waren.

Der Vogel kreiste jetzt direkt über der GEEDRA.

Er ist so groß wie ein erwachsener Mann, durchfuhr es Kryll. Und auch der König war fasziniert von diesem geheimnisvoll leuchtenden Wesen.

"Lasst mich den Vogel töten!", kreischte Namenlose fast außer sich. Aber der König hörte ihm kaum zu. Er blickte wie die anderen Männer gebannt auf den Vogel...

"König Kryll!", rief ihm der Vogel dann mit mit sanfter Stimme zu.

Einen Moment lang war Kryll wie erstarrt.

Aber es war kein Zweifel möglich. Dieses rätselhafte Wesen hatte ihn angesprochen.

"Wer bist du?", rief Kryll zurück.

Norjan stürzte herbei und packte ihn bei den Schultern.

"Mit wem redet Ihr, mein König?", fragte er besorgt.

Kryll sah den alten Ritter erstaunt an.

Hatte er den Ruf des Vogel nicht gehört?

"Kryll!", kam es erneut von oben an das Ohr das Königs. Kryll blickte hinauf zu dem weiß leuchtenden Vogel hinauf. "Kehrt um, Kryll von Arkull! Dient nicht länger dem König der Schatten oder Ihr werdet großes Unglück über die Welt bringen! Rührt den Ring von Kuldan nicht an und kehrt zurück nach Arkull!"

Kryll schüttelte stumm den Kopf und löste sich aus der Umklammerung, in der Norjan ihn noch immer hielt.

"Nein!", schrie Kryll. "Ich kann nicht zurück!"

"Ihr werdet Eure Entscheidung bereuen, Kryll", prophezeite der weiße Vogel mit schrecklicher Endgültigkeit.

*


In diesem Moment vernahm Kryll ein hässliches, pfeifendes Geräusch, das ihn abrupt aus einem Zustand herausriss, der einer Art Trance nahekam.

Es war ein Pfeil! Es folgte verzweifeltes Flügelschlagen, ein Kreischen und wenig später platschte es, als der tote Körper des Vogels ins Meer stürzte.

Kryll wirbelte herum und sah den Namenlosen, in dessen dünnen, feingliedrigen Fingern sich ein Bogen befand. Kalter Grimm stieg in Kryll auf.

"Wer hat ihm den Bogen gegeben?", flüsterte er.

Schweigen.

Niemand wagte es, einen Ton von sich zu geben und die düstere, unheilschwangere Stille zu durchbrechen.

"Ich frage noch einmal: Wer von euch hat ihm den Bogen gegeben?"

"Mein König...", begann einer der Seeleute zu stottern.

"Rede schon, Olkyr!", wurde der Mann von Kryll angeherrscht.

"Der Namenlose...", stieß Olkyr hervor. "Er hat mir meinen Bogen aus den Händen gerissen!"

Der König nickte und atmete deutlich hörbar aus.

"Schon gut", murmelte er und wandte sich an den Namenlosen.

"Warum hast du das getan?", rief er dem Düsteren entsetzt entgegen. Die Hände des Namenlosen hielten den Bogen fest umklammert.

"Der Vogel war gefährlich", behauptete er zum wiederholten Male, ohne es weiter zu erklären.

Krylls Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen.

"Was an ihm war gefährlich?"

Der Namenlose schwieg.

Kryll sah nichts weiter, als das Dunkel unter seiner Kapuze. Dann spürte der König, wie Norjan ihm eine Hand auf die Schulter legte.

"Warum regt Ihr Euch über den Tod eines gewöhnlichen Vogels so auf, mein König?", fragte der alte Ritter.

Kein anderer in den Reihen des Königs von Pragan hätte sich ein solches Verhalten erlauben können.

Der weiße Vogel hat nur zu mir gesprochen, drang es in Krylls Bewusstsein. Die Männer hatten davon nichts mitbekommen. Zweifellos mussten sie ihren König in diesem Moment für verrückt halten...

In Krylls Innerem hallte die Warnung des weißen Vogels dutzendfach wider. 'Ihr werdet großes Unglück über die Welt bringen!' hatte ihm der Vogel vorausgesagt. Wie ein spitzer Pfeil hatten sich diese Worte in Krylls Seele gebohrt. Kalte Schauder liefen ihm über den Rücken.

"Ihr seht müde aus, mein König", stellte Norjan fest.

Kryll nickte stumm. Er fühlte sich tatsächlich sehr müde.

"Legt Euch jetzt schlafen, mein König", sagte Norjan sanft.

"Ja", echote der König.

Man bereitete ihm einen Schlafplatz nahe am Mast. Die Schiffe Pragans hatten keinerlei Luxus, sondern waren ganz auf ihren praktischen Zweck hin ausgerichtet. So fehlten beispielsweise jegliche Aufbauten, wie sie für die Schiffe des Südens so kennzeichnend waren. Alles geschah an Deck und selbst ein König hatte keine andere Wahl, als im Freien zu schlafen.

Der weiße Vogel - er ließ den König der Praganier auch die Nacht über nicht los und verfolgte ihn bis in seine dumpfen Träume hinein.

Aber Kryll war wild entschlossen, sich durch nichts und niemanden von seinem Weg abbringen zu lassen.




2. DAS MONSTRUM AUS DER TIEFE


Die helle Sonne war es, die Kryll weckte. Er sprang von seinem Lager auf und wandte sich an den Kapitän, der längst wieder in gewohnter Manier seine Befehl bellte.

"Wo befinden wir uns jetzt?", erkundigte sich der König. Lathor, der Kapitän, deutete zum Horizont. Eine graue Silhouette war dort zu erkennen. Von der Ausdehnung her konnte es eigentlich nur Festland sein.

"Dort ist schon die Küste von Thark, mein König."

"Wie lange werden wir bis dorthin noch brauchen?", erkundigte sich Kryll.

Lathors Gesicht wurde ernst.

"Auf der Route von Arkull nach Alark blies uns der Wind in den Rücken und wir kamen unverhältnismäßig schnell vorwärts. Aber jetzt... Der Wind kommt annähernd von vorn und wir werden gegen ihn kreuzen müssen. Das kostet Zeit. Vielleicht erleben wir unterwegs auch eine Flaute."

"Wenn erst Taraks Schiffe die Meere dieser Welt befahren, werden wir nicht mehr vom Wind abhängig sein", schaltete sich der Namenlose in die Unterhaltung ein.

"Mir ist die GEEDRA lieber, als eines dieser Dämonenschiffe aus dem Schattenland", sagte Lathor bissig. Kryll zuckte nur mit den Schultern.

"Gegenüber Taraks Schiffen sind Schiffe wie die GEEDRA nicht mehr als armselige Nussschalen", behauptete der Namenlose hochnäsig.

Lathor machte eine ärgerliche Geste.

"Wer bist du schon, Namenloser, dass du so zu reden wagst?"

Der Namenlose wandte den Kopf.

Seine Stimme klang eiskalt.

"Ich würde dir raten, einen Diener Taraks nicht zu beleidigen, wenn du nicht seine Rache herausfordern willst!"

Drohend standen sich die beiden gegenüber.

"Lasst Euren Streit ruhen! Ihr gefährdet nur unsere Sache damit!", stellte Kryll fest.

Einen Moment lang hing alles in der Schwebe. Keiner der beiden rührte sich.

"Der König hat recht", sagte schließlich Lathor. Seine Haltung entspannte sich etwas, aber man sah ihm die Mühe an, die er dabei hatte, sich selbst unter Kontrolle zu halten.

Der Namenlose nickte leicht.

"Das ist eine vernünftige Einstellung", sagte er.

Kryll atmete auf.

Der Namenlose ging zum Bug der GEEDRA und stellte sich dort auf. Er blickte hinaus auf das Meer.

"An Eurer Stelle würde ich den Namenlosen genau im Auge behalten, mein König", raunte der Kapitän.

Kryll wandte den Kopf.

"War es nötig, ihn zu provozieren?"

Lathor fluchte leise vor sich hin. Einige unartikulierte Laute gingen ihm über die Lippen. Dann ging er und wandte sich wieder seinen Pflichten als Kapitän zu.

Kryll konnte Lathor mit seinem Misstrauen gut verstehen. Auch ihm war der Mann aus dem Schattenland unheimlich, aber er sagte nichts. Er brauchte den Namenlosen einstweilen noch...

*


Auf Grund des ungünstigen Windes kam die GEEDRA nur verhältnismäßig langsam vorwärts. Lathor, der Kapitän gab sich zwar alle Mühe, aber ein Wunder konnte auch er nicht bewirken.

So leicht wie der Wind glitt das Schiff über die Wellen, aber die GEEDRA musste wieder und wieder kreuzen, um ihrem Ziel ein Stück näher zu kommen.

Eine unheilschwangere Stimmung lastete schwer auf dem Schiff und seiner Besatzung. Eine angespannte Atmosphäre herrschte an Bord, obwohl es dafür eigentlich keinen wirklich greifbaren Grund gab.

Als der Vogel aufgetaucht war, hat sich alles verändert, schoss es Kryll auf einmal durch den Kopf. Vielleicht hatte der Namenlose recht und dieses geheimnisvolle Wesen bedeutete tatsächlich eine Gefahr.

In Gedanken hörte Kryll wieder und wieder Warnung des weißen Vogels. Der König von Pragan sollte umkehren, wenn er nicht großes Unglück über die Welt bringen wollte...

Nur ich selbst habe die Stimme des weißen Vogels gehört, vergegenwärtigte sich der König. Wahrscheinlich war sie nichts weiter, als die Manifestation meiner Zweifel und meiner Unsicherheit...

Und doch...

Er hatte jedes einzelne Wort ganz deutlich gehört. Einen Moment lang dachte Kryll an Magie, aber wenn etwas damit zu tun hatte, dann verhielt es sich ganz offensichtlich so, dass diese Magie gegen den Namenlosen und die überlegene Macht, die hinter ihm stand, nichts auszurichten vermochte.

Nein, Kryll hatte sich längst entschieden.

Er würde seinen Weg zu Ende gehen und nichts und niemand würde ihn davon abbringen können!

Er wollte nach Kuldan, um sich den Ring zu holen.

Der Ring bedeutete Macht...

Und es gab nichts, wonach es Kryll im Augenblick mehr verlangte. Der Ring bedeutete Macht und der Ring und der Spiegel zusammen bedeuteten noch mehr Macht. Er würde mehr davon bekommen, als er sich überhaupt vorstellen konnte.

Lange genug habe ich auf dem Thron von Pragan gesessen, ohne wirkliche Macht zu besitzen, durchfuhr es ihn. Aber das würde bald ein Ende haben, wenn er erst einmal den Ring und den Spiegel in seine Gewalt gebracht und ein Tor zum Schattenland errichtet hatte.

Aber Kryll wusste auch, dass er vorsichtig sein musste,

Er durfte Tarak und seinem Diener, dem Namenlosen, nicht blind vertrauen.

Es war dem jungen König klar, dass ihn Tarak nur als Werkzeug ansah, dass er fallenlassen konnte, wenn er es nicht mehr brauchte.

Aber Kryll hatte nicht die Absicht, nur ein Werkzeug zu sein.

Er würde sich etwas einfallen lassen, um Tarak hereinzulegen.

Macht kann trügerisch sein, überlegte er, während er hinaus auf das Meer blickte, auf dessen Oberfläche die Sonne glitzerte.

Das Problem ist, dass man oft nicht weiß, über wie viel Macht man wirklich verfügt, ging es ihm durch den Kopf. Und einen Moment lang fragte er sich, ob nicht auch er seine Möglichkeiten maßlos überschätzte.

*


Der Wind wurde heftiger.

Dunkle Wolken zogen am Himmel auf.

Die Wellen wurden spürbar höher und das Schiff schaukelte bald stark.

"Hoffentlich gibt es keinen Sturm!", meinte Kraynar, der Steuermann der GEEDRA.

Mit eisernem Griff hielt er sicher das Ruder. Kryll bemerkte, wie Kapitän Lathor besorgt seinen Blick zum Himmel hob.

"Es sieht nicht gut aus", raunte er.

Der Steuermann nickte kaum merklich.

Kryll war es so, als flüsterte der Wind ihm etwas zu. Der Wind flüsterte und der König hörte die Stimme, mit der der weiße Vogel zu ihm gesprochen hatte.

"Kehrt um, König Kryll! Kehrt um!", schien der aufbrausende Wind ihm zuzurufen.

Krylls Züge verhärteten sich unwillkürlich.

"Ich werde nicht umkehren", murmelte er vor sich hin. Der Wind hatte indessen aufgehört zu flüstern.

Regen setzte ein.

Dicke Tropfen platschten auf die GEEDRA und ließen die Planken nach kurzer Zeit rutschig werden.

Kryll schlang sich seinen warmen Umhang enger um die Schultern und marschierte mit langen Schritten zum Heck.

"Es wird ein ausgewachsener Sturm", meinte Kryll an seine Männer gewandt.

Er hatte das im Gefühl.

"Solange wir nur vom Regen heimgesucht werden, kann man noch nichts sagen", erklärte Olkyr, der jetzt zusammen mit Kraynar das Ruder hielt.

Lathor, der Kapitän wandte einen kurzen Blick gen Himmel zu den aufgetürmten Wolken.

"Es wird nicht dabei bleiben", prophezeite er.

"Ich schlage vor, zur Vorsicht die Segel zu reffen", schlug Kraynar, der Steuermann vor.

Aber Kryll schüttelte energisch den Kopf.

"Nein, das kommt nicht in Frage!"

"Es wäre aber ratsam, mein König!", rief Kraynar.

"Wir würden zu viel Zeit verlieren", erwiderte Kryll kühl.

"Das Schiff könnte kentern!"

"Ich sage, die Segel werden nicht gerefft!" Krylls Stimme klang jetzt eisig und hart. Olkyr und Kraynar wechselten einen etwas verwunderten Blick und schwiegen dann.

Lathors düstere Vorhersagen schienen sich zu erfüllen, als ein heftiger Windstoß die GEEDRA packte und sie für einige Augenblicke in eine Schräglage versetzte.

Die Männer wurden durcheinandergewirbelt, während Kraynar und Olkyr verzweifelt das Ruder zu halten versuchten.

"Wir müssen die Segel reffen!", rief Lathor, der drakanische Kapitän beschwörend. "Wir haben keine andere Wahl!"

Kryll verzog das Gesicht zu einer grimmigen Maske.

"Wir müssen gar nichts!", war seine knappe Antwort, die das Getöse von Wind und Wellen schon fast verschluckte.

*


Die riesenhaften Wellen schaukelten die GEEDRA hin und her.

Der Sturm wird uns wertvolle Zeit kosten, durchfuhr es Kryll nicht ohne Grimm.

Der König konnte es kaum erwarten, in Kuldan anzukommen und den Ring an sich zu bringen.

Der Wind zerrte an seinem Umhang.

Das Schiff rang verzweifelt und ächzend mit Wind und Wellen.

"Dort! Seht!", war plötzlich Norjans Stimme zu hören. Der alte Ritter deutete mit der flachen Hand auf die See hinaus. Ein amorpher, glutäugiger Schuppenkopf ragte aus dem Wasser heraus.

"Ein Locori!", entfuhr es Olkyr. Seine Züge verrieten Angst.

Die Locori waren riesenhafte, echsenartige Monstren, deren Lebensraum die Tiefe der nördlichen Meere war. Immer wieder kam es vor, dass Schiffe angegriffen und die Tiefe hinabgerissen werden...

"Diese Ungeheuer haben uns gerade noch gefehlt!", zischte Lathor.

Die Männer des praganischen Langschiffes waren für ein paar Augenblicke wie erstarrt, während das Monstrum sich auf die GEEDRA zubewegte. Lathor wandte sich mit bleichem Gesicht an Kraynar.

"Wir müssen schneller werden!", rief er.

Aus der Stimme des Kapitäns sprachen nackte Furcht und ein hohes Maß an Verzweiflung.

"Das wird nichts nützen! Dieses Biest ist auf jeden Fall schneller als die GEDDRA", stellte Kraynar sachlich fest.

Indessen war der Locori wieder untergetaucht.

Wenn es ihm einfiel, direkt unter dem Bauch der GEEDRA wieder hervorzukommen, konnte das schon das Ende bedeuten...

"Wir müssen den Kampf aufnehmen!", rief Kryll entschlossen. er wandte sich an seine Männer. "Macht die Harpunen bereit! Wenn der Locori das nächste Mal auftaucht, werden wir ihn töten!"

Die Männer gehorchten wortlos und stellten sich mit ihren Harpunen an der Reling auf.

Einige quälend lange Augenblicke hindurch geschah überhaupt nichts. Dann endlich tauchte das Monstrum - dicht bei der GEEDRA - wieder auf.

"Jetzt!", gellte die Stimme des Königs und ein gutes Dutzend Harpunen wurde dem Locori entgegen geschickt.

Der schuppige Körper bäumte sich verzweifelt auf, als der Hagel von Harpunen auf ihm abregnete. Lathor hatte angeordnet, dass die Seile, mit denen die Harpunen normalerweise mit dem Schiff verbunden waren, gekappt wurden, um zu verhindern, dass der Locori das ganze Schiff mit sich riss.

Das markerschütternde Brüllen des Locori ließ Kryll zusammenfahren. An dem riesenhaften Körper wirkten die Harpunen nur wie kleine Nadeln.

"Es ist ein Riese von einem Locori!", staunte Kraynar. In seiner Stimme klang in diesem Moment sogar so etwas wie Ehrfurcht mit.

Kryll musste sich an der Reling festhalten. Das Schiff schwankte zu stark, als dass man noch hätte freihändig auf den glitschigen Planken hätte stehen können.

Indessen türmte der Wind die Wellen jetzt zu meterhohen Gebirgen auf.

"Der Locori ist noch am Leben!", rief der Kapitän lauthals. Kryll sah, wie das Ungeheuer mit seinen riesenhaften Pranken versuchte, die Harpunen mit ihren furchtbaren Widerhaken zu entfernen.

Das Wasser um ihn herum verfärbte sich rot. Seine reptilienartigen Facettenaugen glänzten fiebrig und kalt.

"Es bleibt uns keine andere Wahl! Wir müssen die Segel reffen!", rief Lathor nun, als er sah, wie der Sturm mit der GEEDRA spielte.

"Die Segel bleiben wie sie sind!", hörte man Krylls Stimme.

Die GEEDRA hatte unterdessen etwas Abstand

"Ich hoffe, er verfolgt uns nicht!", meinte Norjan. "Sonst sind wir verloren! Wir haben nur noch wenige Harpunen!"

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22 aralık 2023
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642 s. 21 illüstrasyon
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9783956178993
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