Kitabı oku: «Genesis VI», sayfa 6

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Und all das nur zu einem Zweck und verbunden mit einer Hoffnung: Das Narrix den Funkverkehr abhören und ihnen dabei zuhören würde!

Und deshalb drückte Mavis jetzt die Ruftaste.

*

„Jorik an Marivar!“ Seine Stimme klang immer noch furchtbar rau und krächzend. Er musste auch kurz husten, nachdem er die Worte gesprochen hatte. Dabei schaute er zu Narrix auf, doch der Captain verzog keine Miene. „Marivar, kannst du mich hören?“ fügte er deshalb hinzu und hatte in diesem Moment nur eine Hoffnung: Dass sie nicht antworten würde!

*

Mavis hatte das erste Wort des ersten Satzes quasi schon auf der Zunge und öffnete gerade den Mund, um es herauszulassen, als er Joriks krächzende Stimme hörte. Sofort schreckte er zusammen, riss total überrascht die Augenbrauen in die Höhe und seine Augen weit auf. Instinktiv zuckte sein Finger von der Ruftaste und sein Oberkörper in die Höhe. Vollkommen perplex schaute er die anderen an, in deren Gesichter er nicht minder große Überraschung erkennen konnte, die ihn gerade selbst einnahm.

*

Nachdem ihr Schmerz vergangen war und ihre Tränen getrocknet, verspürte Marivar Hunger und Durst. Da sie am gestrigen Tage weder die Zeit noch den Nerv gehabt hatte, ihre Umgebung genauer unter die Lupe zu nehmen, beschloss sie, dies jetzt nachzuholen. Der Weg durch den Raum auf die andere Seite gestaltete sich jedoch aufgrund des Unrats aller Art, der auf dem Boden aufgetürmt war, alles andere als leicht und so wirkte sie fast wie Jemand, der durch hohen Schnee stakte. Ihr Kopf war in diesem Moment irgendwie leer, sie konzentrierte sich auf den nächsten Schritt, ihre Augen suchten nach Ausweichmöglichkeiten, um besser voran zu kommen und gleichzeitig nach Gegenständen, die für sie nützlich sein könnten. Und ihr Magen rief nach etwas Essbarem, ihr Körper nach Flüssigkeit.

Die Stimme aus dem Kommunikator hörte sie daher erst gar nicht. Erst als Jorik krächzend hustete, wurde sie aufmerksam und erstarrte im nächsten Moment quasi zur Salzsäule.

Was zum Teufel war denn das? Ihr Kopf zuckte umher und sie suchte nach der Quelle der Geräusche, denn richtige Worte hatte sie nicht verstanden.

Einen Augenblick später sprach Jorik dann aber zum zweiten Mal und nur einen winzigen Lidschlag später entglitten Marivar förmlich alle Gesichtszüge. Natürlich erkannte sie seine Stimme, erschrak beinahe bei ihrem Klang, erzitterte ob der Tatsache, dass sie ihn hörte. Wieder zuckte ihr Kopf umher auf der Suche nach der Quelle seiner Worte. In ihrer aufkommenden Hektik hätte sie dann fast den Kommunikator auf der Fensterbank vor dem Bullauge übersehen. Ihr Blick trieb schon dran vorbei, dann aber realisierte sie seine Existenz und ihr Kopf zuckte zurück.

Eigentlich hätte sie sich jetzt darüber wundern können, dass das Gerät überhaupt noch funktionierte. Schließlich hatte es ein ausgiebiges Bad im Meer genommen. Marivar hatte das Gerät mehr aus einer Laune heraus auf ein altes Handtuch auf die Fensterbank gelegt, als in der Hoffnung, es noch retten zu können.

Jetzt wusste sie, dass es nur ein Wink des Schicksals gewesen sein konnte, der sie dazu veranlasst hatte.

Und schon im nächsten Moment flog sie förmlich stöhnend und schnaufend über den Unrat hinweg zum Bullauge.

*

„Marivar, bitte melde dich!“

Während Jorik hoffte, dass seine Partnerin nicht reagierte, durchzuckte Mavis soeben ein merkwürdiger Gedanke. Doch wusste er schon einen Augenblick später, dass er gar nicht so abwegig war. Doch noch bevor er eine Entscheidung hatte treffen können, hatte der Zeigefinger seiner rechten Hand sich quasi schon selbstständig gemacht und drückte den Rufknopf.

Während er sah, dass ihn Melia irritiert anschaute, erkannte er, dass er Recht hatte und sein Blick verdunkelte sich zu einer nachdenklichen Miene.

Denn eigentlich hätte das Drücken des Rufknopfes Joriks Worte unterbrechen müssen, er war jedoch noch immer deutlich zu hören.

*

Mit jeder Sekunde befiel Marivar immer größere Angst, sie könne zu spät kommen. Sie wurde daher immer hektischer, stöhnte lauter und schriller, Schweiß rann ihr über die Stirn. Dann sammelte sie all ihre Kräfte für einen finalen Sprung und schließlich hatte sie das Bullauge erreicht.

Gerade in diesem Moment sagte Jorik noch einmal: „Bitte Kommen, Marivar!“

Joriks Hoffnung wuchs. Er schaute zu Narrix, der ihn jedoch noch immer ausdruckslos ansah. „Es hat keinen Sinn. Sie hört mich nicht…oder das Gerät ist kaputt!“

Narrix lachte heiser auf. „Das könnte dir so passen, was?“ Sein Blick verdunkelte sich. „Du wirst das schön weiter versuchen! Oder soll ich deine Freundin wieder holen lassen?“

„Nein!“ Jorik erschrak bei diesem Gedanken. „Nein!“ Er hob beschwichtigend die rechte Hand und atmete kraftlos aus. „Ich versuche es weiter!“ Narrix brummte zufrieden und er wandte sich wieder dem Mikrofon zu.

Für einen kleinen Moment starrte Marivar stocksteif auf den Kommunikator, als wäre er ein Gespenst und die Worte Joriks eine Einbildung. Doch dann griff sie beherzt zu, hielt sich das Gerät vor den Mund und drückte die Sprachtaste. „Ja…!“ Ihre Stimme klang belegt und rau. Sie räusperte sich unwillkürlich. „Ja, hier ist Marivar!“

Jorik hätte beinahe aufgeschrien, als er ihre Stimme hörte. Doch nur für einen winzigen Moment aus Freude, dann hatten ihn Angst und Verzweiflung bereits gepackt. Großer Gott, warum hast du das zugelassen? Er hätte heulen können.

„Na also!“ Narrix grinste zufrieden. „Das ging ja doch schneller als ich erwartet hätte!“ Er ließ seine Arme sinken und schaute Jorik erwartungsvoll an. Als dieser aber nicht reagierte, fügte er hinzu. „Was ist? Worauf wartest du? Sag Hallo zu deinem Liebchen!“

Jorik spielte für einen Augenblick mit dem Gedanken, alles auf eine Karte zu setzen, aufzuspringen und Narrix zu attackieren. Doch er war sich nur zu bewusst, in welch beschissener körperlichen Verfassung er war. Selbst im Vollbesitz seiner Kräfte hätte er sehr viel Glück gebraucht, um den Captain zu überwältigen. Überraschungseffekt hin oder her. Nein, es hatte keinen Sinn und er nicht die geringste Chance.

Vollkommene Hoffnungslosigkeit war in seinem Gesicht zu sehen, als er antwortete: „Hallo Marivar!“

„Jorik?“ Marivars Stimme klang unsicher. „Bist du es wirklich?“

„Ja!“ Er schaute hinauf zu Narrix, der ihm andeutete schön weiter zu machen. „Ich bin es!“ Jedes Wort tat Jorik weh, trieb ihn immer weiter an den Rand der Verzweiflung.

„Oh, dem Himmel sei Dank!“ rief Marivar sichtlich erfreut. „Dann habt ihr euch befreien können!?“

Joriks Herz durchzuckte ein tiefer Schmerz, denn er wusste, dass er der Frau, die er über alles liebte, gestehen musste, dass er nicht in Freiheit war, sondern noch immer gefangen und sein Ruf an sie nur den Zweck hatte, ihr klar zu machen, dass Esha und andere sterben würden, wenn sie sich nicht in Narrix Hände begab. Und Jorik wusste, dass sie nicht zögern würde, genau das zu tun und er sie somit dem sicheren Tod hier auslieferte.

Doch die Alternative wäre der grausame Tod Eshas und der anderen gewesen – und sein eigener.

Wenn er sie jetzt hierherlockte, hatten sie zumindest aber noch etwas Zeit gewonnen – und obwohl er nicht wusste, wofür das gut sein sollte, schien es ihm die letzte Hoffnung zu sein, die es noch gab.

Doch gerade, da er ihr antworten wollte, hörte er plötzlich Mavis Stimme aus dem Äther und schon im nächsten Moment sollte sich alles ändern.

*

„Was ist mit dem Ding?“ hatte Mavis den Mann am Terminal gefragt, nachdem er die Ruftaste wieder losgelassen hatte.

Der hatte ihn zunächst fragend angeschaut, doch als Mavis ihn auf den Umstand, dass sie Jorik und Marivar hören konnten, obwohl er die Ruftaste gedrückt hatte, aufmerksam gemacht hatte, zog er überrascht die Augenbrauen in die Höhe. „Ich weiß nicht…!“ sagte er. „Aber ich denke, die ganze Apparatur hat wohl doch Schaden genommen!“

Mavis sah ihn zunächst mit ernster Miene an, dann aber schob er seinen Unterkiefer nach vorn und nickte dabei. „Das ist gut!“ meinte er und ein sanftes Lächeln huschte über seinen Lippen. „Das ist sogar sehr gut!“ Während ihn der Mann irritiert anschaute, wandte sich Mavis an die anderen. „Ihr müsst jetzt still sein!“ Er blickte sehr ernst. „Richtig still!“

„Warum?“ fragte Vilo jedoch sofort. „Was zum Teufel hast du vor?“

„Ja, wie wäre es…!“ stimmte Cosco zu. „…wenn sie das mal erklären würden!?“

„Keine Zeit!“ erwiderte Mavis. „Ihr müsst mir jetzt einfach vertrauen!“ Er schaute nochmals in die Runde. „Okay?“ Er wartete, bis alle nickten. „Dann los!“ Er drehte sich zurück zum Terminal. Gerade war wieder Joriks Stimme zu hören. Sie war schwach und zittrig. „Hör mir bitte zu, Marivar, es ist nicht so, wie du denkst. Ich…!“

Nein, ihr alle hört jetzt mir zu, rief Mavis im Stillen, dann drückte er den Rufknopf, holte tief Luft und sagte: „Marivar, hallo Marivar? Bitte kommen! Marivar, bitte kommen!“ In den Augenwinkeln sah er, wie Vilo mit finsterer Miene zum Sprung auf ihn ansetzte und auch andere ganz und gar nicht einverstanden mit dem waren, was er gerade tat, doch er riss sofort mit mahnendem Blick seinen linken Arm in die Höhe, streckte seinen Zeigefinger nach oben und schüttelte den Kopf. Daraufhin erstarrten alle in ihren Bewegungen und blieben stumm. „Bitte kommen Marivar!“ fuhr er fort. „Hörst du uns, Marivar? Bist du da? Hallo Marivar. Bitte kommen! Kommen bitte!“ Dann erst nahm er den Finger vom Rufknopf.

„Was zum…?“ Narrix war bass erstaunt und starrte auf das Funkgerät, als hätte es sich eben in eine vollautomatische Waschmaschine verwandelt. „…Teufel?“

Auch Jorik war sehr überrascht. Das war eindeutig Mavis Stimme, die er da gehört hatte. Er lebte also noch! Freude durchzuckte ihn, einen Augenblick lang. Dann war ihm klar, was gleich passieren würde und Panik stieg in ihm auf, denn er wusste, dass er das nicht zulassen durfte.

„Bist du irre, Mann?“ brüllte Vilo sofort und war einen Wimpernschlag später direkt neben ihm.

„Was zur Hölle tun sie da?“ zischte auch Tibak.

„Ich denke, ich weiß es!“ sagte Melia unvermittelt und alle sahen sie an. Die junge Frau schaute zu Mavis. „Du hoffst, dass der Feind mithört!?“

Mavis konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als er nickte. „Stimmt!“ Er blickte zu Vilo. „Oder glaubst du etwa, dass Jorik und die anderen frei sind?“

Sein Freund schien zu überlegen, dann schüttelte er den Kopf. „Nein, wohl kaum!“ Er verzog die Mundwinkel.

„Eben!“ Mavis schaute auch die anderen an. „Also haltet eure Klappen und lasst mich was versuchen, verdammt!“ Er brummte missmutig und wandte sich wieder dem Kommunikator zu.

Marivar war überrascht und ganz sicher total verwirrt, dass sie im ersten Moment überhaupt nicht wusste, was sie tun sollte.

Da war noch immer die Freude darüber, eine Verbindung zu Jorik zu haben, von dem sie hoffte, dass er und die anderen sich befreit haben konnten, obwohl seine letzten Worte nicht wirklich danach klangen. Und urplötzlich hörte sie Mavis Stimme, der förmlich durch den Äther flötete, als wäre alles easy und in Butter. Zur ersten Überraschung gesellte sich ebenfalls Freude, denn das hieß ja wohl, dass auch er und die, die bei ihm waren, wohlauf waren.

Sollte sich alles einfach so in Wohlgefallen auflösen? Plötzlich wurde sie unsicher. Konnte es denn so viel Glück wohl geben?

„Mavis?“ sprach sie vorsichtig in das Mikro. „Mavis, bist du das?“

„Ja Süße, ich bin es!“ antwortete Mavis.

„Seid…!“ Sie zögerte. „Seid ihr wohlauf? Konntet ihr dem Angriff entgehen?“

Mavis verzog das Gesicht. „Nein, nicht wirklich!“ Er atmete kurz durch. „Aber wir sind mit einem blauen Auge davongekommen. Das Schiff ist hinüber, aber wir alle wohlauf!“

„Oh das ist ja wunderbar!“ Mavis konnte förmlich spüren, wie sie lächelte. „Wirklich!“ Aber er bemerkte auch noch eine gewisse Unsicherheit in ihrer Stimme.

Das musst du ändern! „Wie geht es dir?“

„Gut!“ Es schien, als sollte dies ihr einziger Kommentar sein, doch dann fügte sie hinzu. „Ich bin in Sicherheit!“

„Das ist prima!“ sagte Mavis schnell, bevor er riskierte, das Marivar preisgab, wo sie sich befand. „Und das soll auch so bleiben!“ Er hielt einen Augenblick inne, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. Jetzt kommt der schwierige Teil. „Hast du etwas von Jorik und den anderen gehört?“

„Ja!“ rief Marivar sofort. „Ja, habe ich!“ Ihre Erregung war förmlich zu spüren. „Gerade eben! Hast du ihn denn nicht gehört?“

„Nein!“ Mavis verzog wieder die Mundwinkel und schaute die anderen an, in deren Gesichtern er teilweise sehen konnte, dass ihnen sein Plan allmählich dämmerte. „Tut mir leid! Was sagt er denn?“

„Er…!“ Sie stoppte, weil ihr bewusst wurde, dass Jorik eigentlich noch so gut wie nichts gesagt hatte. „Er hat nach mir gerufen! Ich denke deshalb, dass sie entkommen konnten!“

Das war zu viel.

Jorik hielt es nicht mehr auf dem Sitz. Er musste etwas unternehmen. Mit einer schnellen Bewegung zuckte sein Oberkörper nach vorn, seine rechte Hand ergriff das Mikro, während der linke Zeigefinger den Rufknopf drückte. „Da…!“ Weiter kam er nicht, denn dann spürte er einen irrsinnig harten Schlag gegen seinen Kopf und die Welt um ihn herum flammte für einen Lidschlag grell auf, bevor alles in Finsternis versank.

Narrix hatte geahnt, dass Jorik etwas versuchen würde. Dennoch hatte er einen Augenblick zu lang gebraucht, um ihn zu stoppen. Der Schlag mit dem Pistolenknauf gegen seine Schläfe war dafür umso härter ausgefallen. Wie ein gefällter Baum sackte Jorik zur Seite, schlug zu Boden und blieb bewusstlos und mit einer Platzwunde an der Schläfe liegen.

„Jorik?“ Marivar schreckte auf, als sie seine Stimme hörte. Doch warum sprach er nicht weiter? Das hörte sich an wie abgehackt. War etwas passiert? „Jorik, was ist los?“ Doch sie bekam keine Antwort.

„Marivar?“ Das war Mavis. „Bist du noch da?“

„Was?“ Unruhe stieg in ihr auf. „Ja. Ja, ich bin noch dran!“

„Ist etwas passiert?“

„Was? Ja, natürlich! Hast du es denn nicht gehört?“

Achtung! „Gehört, was?“

„Jorik!“

„Jorik?“

„Ja, er wollte etwas sagen, aber…dann war er einfach wieder weg!“ Sorge schwang in ihrer Stimme mit.

„Nein, tut mir leid! Ich kann euch auch nicht gleichzeitig hören! Das geht rein technisch gar nicht!“ Es sei denn, man hat ein defektes Gerät! fügte er im Stillen hinzu. Er hielt wieder inne und Marivars Schweigen sagte ihm, wie hilflos sie sich gerade fühlen musste. „Hör zu, Marivar!“ Jetzt der Big Point! „Ich würde nicht darauf wetten, dass Jorik in Sicherheit ist. Ich denke eher, dass es…!“

„Was? Was denkst du ist es?“

„Eine Finte!“ Mavis Gesichtsausdruck wurde hart und traurig.

„Eine.!?“ Wieder war zu spüren, wie Verzweiflung allmählich von ihr Besitz ergriff. „Oh mein Gott!“ Sie schluchzte. „Jorik!“

„Marivar?“ Keine Antwort. „Marivar?“

Wieder ein Schluchzen. „Ja?“

„Hör mir zu, Marivar!“ Keine Reaktion. „Hörst du mir zu?“ Er musste fordernder sprechen, als er es eigentlich wollte. Die Vorstellung, in welch schlimmer Situation sich Jorik und die anderen befanden, hatte ihm längst einen Kloss in den Hals getrieben.

„Ja!“ Sie schniefte durch die Nase. „Ich höre!“

„Wir kommen zu dir! Hörst du? Ich, Vilo, Kaleena, Captain Cosco und all die anderen kommen zu dir. Wir haben zwar kein Flugboot mehr, aber wir werden das schon irgendwie schaffen. Wir werden den Mioli-Fluss nutzen und seinem Lauf bis an die Küste folgen. Von dort werden wir einen Weg finden, nach Kimuri überzusetzen. Und dann werden wir dich holen und Jorik und all unsere Freunde aus den Fängen dieses…!“ Du hörst mit! Ich weiß, dass du mithörst! „…Psychopathen befreien!“

Einen Moment war Ruhe im Äther. „Ja!“ Marivars Stimme klang schwach und wenig zuversichtlich. „Tut das!“ Wieder ein Schluchzen. „Aber tut es schnell, bitte!“

„Wir machen uns sofort auf den Weg!“

„Und wie werde ich wissen, dass ihr da seid?“

„Oh, keine Sorge! Wir finden dich! Mein Wort darauf!“ Er nickte mit einem aufmunternden Lächeln, als könne Marivar ihn sehen. „Mavis Ende!“ Und damit kappte er die Verbindung.

*

Im Schiffswrack vor der Küste Kimuris ließ Marivar ihre Hand vom Kommunikator sinken. Blicklos schaute sie aus dem Bullauge auf die aufgewühlte See, über der gerade ein weiterer Gewittersturm niederging. Ihr Gesicht zeigte eine Mischung aus Hoffnungslosigkeit, Trauer, Mutlosigkeit und Überforderung.

Als sie erwacht war, war alles einfach nur schrecklich gewesen. Joriks und dann auch Mavis Meldung über Funk hatten in ihr die Hoffnung aufkeimen lassen, dass sich alles zum Guten wenden könnte. Doch jetzt war von alldem nichts mehr geblieben, sondern hatte sich wieder ins Gegenteil umgekehrt.

Sie wusste nicht, was sie jetzt tun sollte, was sie überhaupt tun konnte. Sie war allein, überfordert und am Ende ihrer Kräfte, physisch, mehr aber noch psychisch.

Tränen rannen aus ihren Augen und über ihre Wangen. Sie versuchte, sie noch zu unterdrücken, doch war da keine Spur mehr von Kraft, die sie in sich spürte. Im nächsten Moment musste sie schluchzen.

Nichts hatte sich geändert. Sie war noch immer allein und so unglaublich hilflos, dass es einfach nur schrecklich wehtat.

*

Narrix richtete sich mit einem tiefen Atemzug auf und ein immer breiter werdendes Lächeln erschien auf seinen Lippen. Das Schicksal hatte gesprochen.

Diejenigen, die er noch vor einer Stunde verloren geglaubt hatte, waren zu ihm zurückgekehrt. Und wussten nicht, dass er es wusste.

Jetzt hatte er wieder alle Trümpfe in der Hand. Marivar hierher zu locken war plötzlich nicht mehr so wichtig, denn ihm bot sich die Chance, die einzufangen, die ihm getrotzt und eines seiner Schiffe zerstört hatten.

Ja, er wusste, wie er sie finden konnte – und sie wussten nicht, dass er es wusste.

„Sergeant!“ rief er und einer seiner Männer sprang herbei.

„Ja, Sir?“

„Benachrichtigen sie Lieutenant Yunok. Er soll eines der Flugboote startklar machen!“ Er sah den Sergeanten direkt an und wieder musste er grinsen. „Ich habe einen interessanten Auftrag für ihn!“

*

„Und?“ fragte Mavis mit großen Augen.

„Und, was?“ fragte Tibak zurück.

„Wie war ich? Hättet ihr es mir abgekauft?“

„Na ja!“ meinte Vilo und verzog die Mundwinkel. „Wie man es nimmt. Als Laiendarsteller gerade noch erträglich, aber reich wirst du mit dieser Gabe sicher nicht werden!“ Er wollte gerade breit grinsen, als Melia vor die Gruppe trat.

„Unsinn!“ Sie drehte sich zu Mavis herum und wartete, bis er sie ansah. „Du warst…!“ Sie lächelte, doch es war nur ein bedingt fröhliches Lächeln, und schüttelte leicht den Kopf. „…absolut großartig!“

Mavis lachte auf, seine Anspannung löste sich. In seinem Überschwang, verbunden mit der Tatsache, dass es Melia war, die ihn gelobt hatte, trat er zu ihr, schlang seine Arme um sie und küsste sie, herzhaft und leidenschaftlich auf den Mund. Im ersten Moment war sie sichtlich überrascht, dann aber stöhnte sie leise und genoss es – ganze zwei Sekunden lang, dann schob sie ihn sanft von sich. Mavis registrierte das aber kaum, da er sich selbst gerade von ihr lösen wollte. „Geil!“ Er lachte nochmals auf. „Dann brauchen wir jetzt wohl einen Plan, was?“ Und während ihm die anderen zustimmten, löste sich Melia unbemerkt gänzlich von ihm und verließ die Kommandobrücke. In ihrem Gesicht war ein trauriges Lächeln zu sehen und ihre Augen schimmerten feucht. Einzig Leira schaute ihr nach und sie spürte, dass mit der jungen Frau etwas nicht stimmte.

VII

„Kommen sie mit oder wollen sie hier weiter die Stellung halten?“ hatte Mavis den Admiral gefragt, nachdem sie wieder zurück in den Höhlen neben der Kamarulu waren. Lobos hatte ihn zunächst unschlüssig angeschaut, doch Mavis grinste nur kurz und sagte. „Na kommen sie mal ruhig mit! Ein bisschen Abwechslung wird ihnen guttun. Und außerdem sind wir ihnen ja auch noch unsere Geschichte schuldig!“

Ihre Geschichte?“

„Ja!“ Vilo neben ihnen lachte heiser auf. „Wir waren hier nicht gerade auf einer beschaulichen Fahrt durchs Land, als uns das Flugboot unterm Arsch wegexplodiert ist!“

„Das weiß ich doch!“ raunte Lobos gereizt.

Vilo nickte. „Aber den Grund, warum wir nach Kimuri wollten und warum unsere Freunde dort gefangen gehalten werden, den kennen sie noch nicht!“

„Hm!“ brummte der Admiral. „Ist der denn wirklich wichtig?“

„Oh ja!“ rief Mavis und lachte ebenfalls auf. „Und wie!“

Lobos brummte nochmals mit verzogenen Mundwinkeln, dann nickte er. „Aber nicht, weil ich neugierig bin!“

Mavis schaute Vilo mit hochgezogenen Augenbrauen und einem Lächeln an, dann zuckte er in den Schultern. „Sondern?“ Er blickte den Admiral an.

„Weil mir bei dem Gedanken, dass ein Angehöriger unserer Truppen seine Macht missbraucht und förmlich Amok läuft, echt die Galle hochkommt!“

Damit schien Mavis zufrieden, denn er nickte nur und ging dann davon. Der Grund war, dass er Melia ausgemacht hatte. Sie bog gerade um eine Ecke und war rund zehn Meter von ihm entfernt. Sie ging langsam, irgendwie geduckt und hatte ihren Kopf gesenkt, als würde sie nachdenken. Mavis verspürte keinen sehnlicheren Wunsch, als ihr zu folgen. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr und er musste wissen, was es war, bevor sie zu ihrer Mission zur Befreiung ihrer Freunde aufbrachen.

Doch er hatte kaum mehr als zwei Schritte getan, als sich ihm Pater Matu in den Weg stellte. „Auf ein Wort!?“ sagte der Geistliche.

Mavis wusste, er durfte seine eigenen Belange nicht über die der Sache stellen. Dazu hatten sie bisher schon viel zu viel investiert und davon hing auch einfach viel zu viel ab. Also nickte er widerwillig.

Matu zog ihn an den Rand des Stollens. Während er sprach, schaute Mavis dennoch immer wieder in die Richtung, in die Melia verschwunden war. „Wenn sie sich auf den Weg machen, um die anderen zu retten, würde ich gern mit dem Jungen…!“ Der Pater nickte an Mavis vorbei und erst jetzt fiel ihm auf, dass Chalek neben ihnen stand. Als der Junge Mavis ansah, lächelte er und nickte. „...hierbleiben und weiter versuchen zu verstehen, was es mit ihm und all dem überhaupt auf sich hat!“

Mavis hörte ihm nicht hundertprozentig zu, doch verstand er die Beweggründe des Priesters und fand sie logisch und gut. Entsprechend nickte er. „Ja! Tun sie, was nötig ist, um aus Shamos Worten am Ende Taten folgen zu lassen!“

Matu war zufrieden. „Das werde ich!“

„Passen sie gut auf den Jungen auf!“ sagte Mavis. „Er ist wahrscheinlich das kostbarste Gut, das wir noch haben!“

„Ich weiß!“

„Und haben sie...!“ Mavis Blick wurde ein wenig traurig. „...bitte auch ein Auge auf Melia!“

„Sie kommt nicht mit ihnen?“ Matu war erstaunt.

„Sie würde wohl bestimmt wollen, aber…!“ Mavis atmete einmal tief durch. „Der Junge wird nicht hierbleiben wollen, wenn sie mit mir geht!“ Er drehte sich zu Chalek und sah ihn mit großen Augen an. „Oder?“

Der Junge lächelte und schüttelte den Kopf.

„Dachte ich es mir doch!“ Mavis nickte mit verzogenen Mundwinkeln und drehte sich zurück zu Matu. „Also nutzen sie ihre Zeit, bis wir zurück sind!“

Es schien zwar so, als wäre er ein wenig traurig darüber, dass Melia jetzt nicht mit ihm kommen würde, doch das stimmte nicht. Eigentlich war er sogar froh darüber, denn er wollte sie nicht schon wieder in einer gefährlichen Situation sehen. Bei sich haben: Ja, am liebsten jetzt und für alle Zeiten. Aber nicht schon wieder in Gefahr. Sie brauchte vielleicht, vielleicht sogar ganz sicher, Ruhe, um alles, was in den letzten beiden Tagen geschehen war, zu verarbeiten. Diese Ruhe wollte er ihr gönnen und ihre Rettungsaktion bot dafür genau den richtigen Anlass. Allerdings hieß das nicht, dass er gehen würde, ohne mit ihr zu reden. Er wollte es, er musste es und deshalb würde er jetzt zu ihr gehen, komme, was da wolle.

„Mavis!“ Er hatte dieses Mal nicht einmal einen halben Schritt machen können, als Vilo neben ihm erschien.

„Was?“ raunte er.

„Du musst mitkommen!“

Er schaute seinen Freund mit finsterer Miene an. „Ich habe jetzt aber keine Zeit!“

„Was?“ Vilo zog die Augenbrauen zusammen. „Was soll das heißen? Wir müssen los, verdammt!“

„Jetzt schon?“

Vilo nickte. „Wir holen uns was aus Lobos Waffenfundus und dann müssen wir raus aus den Höhlen, rauf in die Ebene und Richtung Westen marschieren!“

„Ja, schon gut!“ Mavis nickte säuerlich. „Ich brauche…!“ Er wog mit einem gequälten Gesichtsausdruck den Kopf hin und her. „…zehn Minuten!“

Doch Vilo schüttelte den Kopf. „Wenn Narrix deine Story gefressen hat, ist womöglich schon jetzt ein Flugboot zu uns unterwegs. Und dann dauert es keine halbe Stunde, bis es hier ist!“ Vilo hatte die Augenbrauen hochgezogen und schaute Mavis direkt an. „Je näher wir dann noch den Wasserfällen und der Kamarulu sind, desto größer ist das Risiko, dass man sie entdeckt!“ Er schürzte die Lippen. „Und das willst du wohl nicht, oder?“

Mavis wusste, dass sein Freund Recht hatte, doch schmerzte die Konsequenz daraus sehr. Und so nickte er auch nur zögerlich und widerwillig. „Ich komme ja schon!“ Seine Stimme klang kraftlos.

Vilo nickte zufrieden, doch als er sich herumdrehte und einige Schritte mit Mavis in Richtung Lobos ging, der bereits ungeduldig auf sie wartete, verdunkelte sich sein Gesicht und er blickte immer wieder verstohlen zu Kaleena, die mit Leira und Jovis zusammenstand und an der sie in wenigen Augenblicken vorbeikommen würden. Seine Frau blickte ihn auch schon mit großen Augen und irgendwie erwartungsvoll an. Das versetzte ihm einen Stich in den Magen, denn ihm stand noch eine heikle Angelegenheit bevor, da er wieder versuchen würde, Kaleena davon zu überzeugen, nicht mitzukommen.

Leira hatte sie darauf aufmerksam gemacht und Kaleena hatte sich selbst eingestehen müssen, dass sie keinen Gedanken darauf verschwendet hatte. Das verursachte bei ihr ein schlechtes Gewissen. Doch sie konnte dem Bärenwesen nur Recht geben. Sie brauchte Melia nur anzusehen – und sei es nur aus der Entfernung von einigen Metern – und sie wusste, dass in der Tat mit ihr etwas nicht stimmte. Und das konnte nur wieder mit Mavis zusammenhängen.

Damals, vor sieben Jahren, waren sie und Melia sehr gute Freundinnen gewesen. Mit Ausbruch des Krieges hatten sie sich aus den Augen verloren und eigentlich nur durch einen echten Zufall vor zwei Tagen wiedergefunden. Obwohl Melia offensichtlich ihr Gedächtnis verloren hatte und sich schwertat, sich an ihre Vergangenheit und somit an Kaleena und all die anderen zu erinnern, gelang es Kaleena, diese Lücke sehr schnell wieder zu füllen. Und es dauerte nur wenige Stunden und sie empfand wieder die gleiche Liebe zu Melia, wie schon vor Jahren. Weil sie erkannte, welch wundervoller Mensch diese junge Frau damals und auch jetzt noch immer war, betrachtete sie sie auch weiterhin als sehr gute Freundin.

Das größte Problem hatte Melia mit Mavis, ihrer Vergangenheit mit ihm, ihren Erinnerungen an ihn und seinem veränderten Aussehen durch den schlimmen Unfall in Kos Korros. Allerdings schien dieses Problem allmählich gelöst zu sein.

Jetzt aber, beim traurigen, nachdenklichen Anblick ihrer Freundin, wurde ihr bewusst, dass dem wohl doch noch nicht so war.

Und Kaleena musste sich eingestehen, dass sie nur dann von wahrer Freundschaft zu ihr reden konnte, wenn sie sich jetzt um sie kümmerte – auch wenn das bedeutete, nicht mit Vilo und den anderen nach Kimuri zu gehen.

Sie teilte Leira ihren Entschluss mit und sagte ihr, dass sie dafür gehen konnte. Vilo und die anderen würden sich bestimmt freuen, das monströse Wesen bei sich zu haben. Leira konnte ihnen speziell im ersten Teil ihres Vorhabens sicherlich gute Dienste leisten.

Ihre Freundin fand den Gedanken auch gut und willigte sofort ein.

Um Jovis brauchte sich Kaleena keine Sorgen zu machen, der würde hier genügend interessante Dinge finden, mit denen er sich beschäftigen konnte. Sie würde also ausreichend Zeit haben, sich um Melia zu kümmern.

Kaum hatte sie ihren Entschluss nochmals für sich bekräftigt, da sah sie, wie Vilo mit finsterer, aber auch unsicherer Miene auf sie zukam.

„Ähm Schatz?“ Vilo trat vor sie und wartete, bis sie ihn mit großen Augen ansah. „Kann ich dich mal sprechen?“

Kaleena ahnte bereits, was er wollte und musste innerlich grinsen. „Was gibt es?“ fragte sie aber in forschem Ton und mit ernster Miene.

„Ich…ähm…!“ Er atmete einmal mit säuerlichem Blick durch. „Ich möchte, dass du hier bei Jovis bleibst!“ Er schaute sie wenig hoffnungsvoll an, sofort bereit, ihren herben Protest zu vernehmen.

Kaleena atmete hörbar ein, doch dann sagte sie. „Okay!“ und lächelte ihn an.

Vilo war sofort bass erstaunt. „Okay? Einfach so?“

„Ja, einfach so!“ Sie verzog die Mundwinkel. „Und jetzt mach verdammt nochmal keine große Sache daraus und geh schon!“ Sie beugte sich vor und küsste ihn kurz, aber leidenschaftlich. „Bringt uns unsere Freunde zurück!“ Ihr Blick wurde plötzlich ein wenig traurig und schmerzvoll.

Vilo verstand. Es war allemal ein schwieriges und gefährliches Manöver. Dies konnte wieder einmal der letzte gemeinsame Moment sein, den sie hatten. Und deshalb beugte jetzt er sich vor und küsste Kaleena nochmals kurz und leidenschaftlich. „Das werden wir!“ Er lächelte aufmunternd, aber müde. Dann ging er zu Jovis und forderte ihn auf, auf seine Mutter und Leira aufzupassen.

Doch das Bärenwesen stieß einige Laute aus und Vilo war sichtlich erstaunt. „Echt?“ Er drehte sich zu Kaleena, die jedoch lächelnd nickte. Vilo schob den Unterkiefer vor und nickte jetzt ebenfalls. „Prima!“ Er klopfte Leira gegen die Schulter. „Willkommen im Team!“

Leira grinste kurz, dann folgte sie Vilo.

Kaleena sah ihnen mit einem wehmütigen Lächeln, verbunden mit all ihren guten Wünschen und Hoffnungen, hinterher. Dann aber riss sich förmlich zusammen und wandte sich an Jovis. „Na mein Schatz, was hältst du davon, wenn wir uns hier mal ein bisschen umsehen, was?“ Sie lächelte breit und tätschelte ihm über den Kopf.

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