Kitabı oku: «Genesis VI», sayfa 8
Woher sollte er auch wissen, dass die Wahrheit ganz woanders lag…?
Gilos hatte von Admiral Lobos nur einen einzigen Befehl erhalten. Obwohl sie nun schon seit sieben Jahren hier an den Wasserfällen des Mioli-Flusses gestrandet waren, war die alte Befehlskette aufrechterhalten worden, weil klar war, dass sie nur so vernünftig überleben konnten. Deshalb hatte er auch nicht gezögert, ihn auszuführen.
Und er tat es gut. Die Granate explodierte genau dort, wo sie auch sollte und sorgte jetzt ganz sicher für die erhoffte Verwirrung.
Deshalb ließ er die Waffe sinken und schaute relativ entspannt, aber sehr neugierig auf das Geschehen am Flugboot.
Denn von den zwölf Soldaten, die Jagd auf ihre neuen Freunde gemacht hatten, war kein einziger mehr aktiv am Geschehen dabei.
Lobos, das monströse Bärenwesen, er und die anderen hatten sich gut versteckt und im entscheidenden Moment eiskalt, schnell und effektiv zugeschlagen. Allein Leira hatte mit einem einzigen Prankenschlag gleich vier Soldaten ins Reich der Träume geschickt. Ohne dass auch nur ein einziger Schuss fiel, konnten sie die Truppe aus dem Flugboot überwältigen und ihnen die Waffen abnehmen. Gilos war sehr überrascht, wie gut sie alle noch miteinander harmonierten, doch war es für ihn ein Zeichen dafür, dass sie noch immer eine kampfstarke Truppe waren.
Dann sprach Commander Mavis und machte den Männern mit wenigen, emotionslosen, aber unheimlich deutlichen Worten ihre Situation klar. „Man sagte euch, wir wären Verräter. Das ist eine Lüge. Doch wir sind vogelfrei und haben daher nichts mehr zu verlieren. Also tut, was man euch sagt und ihr werdet leben. Tut es nicht und wir sind alle tot. Uns…!“ Er blickte in die Runde seiner Verbündeten und alle nickten. „…ist das einerlei!“
Von den Männern aus dem Boot widersprach niemand, niemand protestierte, niemand wollte den Helden spielen.
Also mussten sich sieben der zwölf Männer ihrer Kleidung entledigen und wurden dann gefesselt. Sie lagen jetzt hilflos neben Gilos und wurden von Leira mit finsterer Miene bewacht, was sie dermaßen einschüchterte, dass sie nicht wagten, sich auch nur zu bewegen. Ihre Kleidung zogen Lobos und die anderen an. Er, Gilos, sollte zurückbleiben und mit dem Granatwerfer im richtigen Moment Panik erzeugen, denn selbstverständlich wären sie alle irgendwann so nah am Flugboot gewesen, dass sie ihre Finte nicht mehr länger hätten aufrechterhalten können.
Dieser Zeitpunkt war vor wenigen Augenblicken gewesen.
In der jetzt herrschenden Verwirrung konnten sie schließlich ihr eigentliches Ziel verfolgen: Die Übernahme des Flugboots. Und Gilos hatte quasi einen Logenplatz zum Zuschauen.
Der Qualm war dick und undurchdringlich und Mavis liebte ihn.
In dem Moment, da die Granate detoniert war und ihre Energie in alle Richtungen freigesetzt hatte, änderte sich das Bild vor dem Flugboot dramatisch.
Gezielte Schläge setzten die verbliebenen Soldaten außer Gefecht und sie sackten zu Boden. Vilo, der den Ohnmächtigen gespielt hatte, war blitzschnell auf den Beinen und rannte, ebenso wie alle anderen, geduckt, aber so schnell es ging, seitlich an der Qualmwolke entlang zur Laderampe. Wenige Augenblicke später hatten sie das Innere des Schiffes erreicht.
Mavis erkannte etwa zehn bis fünfzehn Personen dort, doch alle konzentrierten sich mehr auf die Explosion, als auf die anstürmenden Männer. Offensichtlich hatten sie sie noch nicht als Bedrohung registriert. Das verhalf ihnen zu einigen, wenigen Sekunden, die sie aber effektiv nutzten. Beinahe gleichzeitig konnten fünf weitere Männer ausgeschaltet werden. Erst dann schienen die anderen zu bemerken, dass auch die vermeintlichen Geiseln frei herumliefen. Doch bevor für sie an Gegenwehr überhaupt zu denken war, waren weitere vier von ihnen ausgeschaltet. Die restlichen fünf Männer suchten sofort den Kampf und lieferten ehrenvolle Gegenwehr, doch Mavis war sicher, dass sie am Ende den Kürzeren ziehen würden.
Er selbst klinkte sich aus und rannte in Richtung Cockpit, um frühzeitig zu verhindern, dass man dort Wind von der Aktion bekam und womöglich einen verdammten Funkspruch absetzen konnte. Mit flinken Schritten durchquerte er das Schott, das ins Mittelschiff führte. Schnell, aber lautlos blickte er sich um, doch er konnte Niemanden sehen. Seine Hoffnung, dass das Boot nur mit kleiner Besatzung geflogen war, schien sich zu bewahrheiten. Somit rechnete er im Cockpit mit maximal vier weiteren Männern. Den Überraschungseffekt und konsequente Härte vorausgesetzt, sollte er sie überwältigen können.
In Gedanken focht er den Kampf dort auch schon aus und spürte plötzlich beim nächsten Schritt die Kälte von Stahl in seinem Nacken, begleitet von den Worten. „Keinen Schritt weiter!“
Es wäre ja auch zu schön gewesen, wenn alles glattgegangen wäre!
Mavis hob seine Hände an und ließ dabei seine Waffe fallen. Während er sich langsam umdrehte, zwang er sich zur Ruhe und Konzentration, denn natürlich war er nicht gewillt, sich wirklich aufhalten zu lassen.
Doch Yunok war nicht so dumm, wie Mavis hoffte. Während sich der Commander umdrehte, riss er seine Pistole in die Höhe. Er wollte Mavis mit dem Knauf gegen die Stirn schlagen, um ihn auszuschalten, zögerte jedoch solange damit, um ihm dabei in die Augen sehen zu können. Für einen winzigen Moment war er dann überrascht, weil ihm klar wurde, dass er sich einen Verräter anders vorgestellt hatte, als den Mann, den er jetzt vor sich hatte. Plötzlich war hinter ihm ein knarrendes Geräusch zu hören. Augenblicklich zeigte sich in Mavis Blick Überraschung, gefolgt von einem lockeren „Hey!“, gerichtet an Jemanden schräg hinter Yunok. Das irritierte den Lieutenant. Er stoppte seinen Schlag und sein Kopf zuckte unwillkürlich nach hinten.
Dieser winzige Moment der Unachtsamkeit reichte Mavis jedoch vollkommen aus. Seine Hände zuckten nach unten, die linke ergriff die Waffe des Lieutenants und sorgte dafür, dass er nicht feuern konnte, die rechte umfasste den Unterarm Yunoks. Gleichzeitig drückte Mavis seinen Arm nach außen weg. In dem Moment, da der Lieutenant erkannte, was geschah und sein Kopf zurückzuckte, machte Mavis einen halben Schritt nach vorn und hämmerte seine Stirn wuchtig gegen die Stirn seines Gegners. Yunok hatte das Gefühl, sein Kopf würde explodieren. Bevor er jedoch aufschreien konnte, spürte er, wie ihm das Knie seines Gegners in einem hammerharten Schlag in den Bauch jegliche Luft nahm. Sein Oberkörper wollte vornüber klappen, doch Mavis hatte zu diesem Zeitpunkt bereits seinen rechten Arm waagerecht gegen Yunoks Brust gedrückt und nagelte ihn wie ein Wrestler rücklings zu Boden. Der Lieutenant schlug mit großer Wucht auf den Rücken und den Hinterkopf und stöhnte nochmals auf, während es schwarz vor seinen Augen wurde. Dennoch zuckte sein Oberkörper reflexartig ein letztes Mal in die Höhe. Mavis war jedoch sofort bei ihm und schickte ihn mit zwei blitzschnellen, ultraharten Faustschlägen endgültig ins Reich der Träume.
„Bin ich froh, dass ich nicht dein Feind bin!“ Das war Vilo, der jetzt ebenfalls im Gang erschien.
Mavis brummte nur kurz freudlos. „Ist hinten alles klar?“
Vilo nickte. „Wir können das Cockpit stürmen!“
Jetzt nickte Mavis, doch bevor er sich umdrehte, meinte er noch. „Wer sagt dir eigentlich, dass ich dein Freund bin?“ Er blickte sein Gegenüber ausdruckslos an, dann aber musste er kurz grinsen, bevor er sich auf den Weg ins Cockpit machte.
„Blödmann!“ erwiderte Vilo mit einem säuerlichen Lächeln und Kopfschütteln. „Wenn das alles hier jemals vorbei ist, will ich einen Ringkampf. Zwölf Runden!“
Mavis blieb unvermittelt stehen, drehte sich um und grinste. „Und nur der Mama-Schrei beendet ihn!“
Vilo nickte sofort.
„Ist gebongt!“ Mavis hielt seinem Freund die Hand hin und der schlug ein.
„Geil! Einmal Fresse polieren für Vilo!“ flötete Mavis, während er sich umdrehte und weiterging.
Vilo konnte nur noch die Augen verdrehen und ihm grinsend folgen.
Wenige Augenblicke später hatten sie das Cockpit erreicht und mit einem kurzen Blick hinein die Situation dort erfasst. Es gab drei Männer: Der Copilot saß auf seinem Sitz, ein zweiter Mann stand neben ihm, hatte sich zu ihm herabgebeugt und redete leise mit ihm. Mavis und Vilo nahmen an, dass es der Pilot war. Die dritte Person stand keine zwei Meter von ihnen entfernt, hatte ihnen jedoch den Rücken zugedreht, weil sie einige Instrumente kontrollierte.
Das muss der Maschineningenieur sein. Mavis überlegte kurz, wie sie vorgehen sollten. Nach zwei Sekunden drehte er sich zu Vilo. „Der Copilot ist für dich, ich nehme die anderen beiden!“ flüsterte er und sein Freund nickte. Daraufhin packte Mavis die Waffe, die er Yunok abgenommen hatte fester und visierte damit den Piloten an. „Hey!“ rief er laut auf. Während sich der Maschinen-Ingenieur zu ihnen herumdrehte, stoppte der Pilot die Unterhaltung und schaute zu ihm herüber. In diesem Moment schleuderte Mavis die Waffe mit aller Kraft in seine Richtung, während Vilo an ihm vorbei ins Cockpit stürmte. Einen Lidschlag später krachte die Pistole mit einem hohlen Knall frontal gegen die Stirn des Piloten, er schrie auf und sackte dann bewusstlos zur Seite. Zu diesem Zeitpunkt war auch Mavis schon unterwegs und stürmte auf den Maschinen-Ingenieur zu, der ganz sicher nicht wusste, wie ihm geschah. Während er Mavis mit weit geöffneten Augen erstaunt ansah, hob der Commander seine rechte Hand, spreizte sie weit auseinander, klatschte sie frontal in das Gesicht seines Gegenübers und hämmerte so seinen Hinterkopf kurz, aber knallhart gegen die Konsole hinter ihm. Der Mann schrie erstickt auf, dann verlor auch er das Bewusstsein.
Vilos Weg war viel länger und der Copilot ließ sich nur einen kurzen Wimpernschlag von den Aktivitäten der Angreifer ablenken, dann schon zuckte seine Hand zum Funkgerät. Doch er hatte gerade erst den Knopf gedrückt, da stand sein Widersacher auch schon neben ihm und schnalzte mit der Zunge. Der Sergeant drehte sich unwillkürlich in Vilos Richtung und starrte ihn mit großen Augen an.
„Böser Junge!“ meinte der Commander aber nur und schaute sein Gegenüber finster an.
Der Copilot erschrak für einen winzigen Moment sichtbar, dann aber schien ihm klar zu sein, dass er eigentlich nur sprechen musste, um durch den geöffneten Funkkanal eine Warnung nach Kimuri absetzen zu können. Allerdings kam er gerade einmal dazu, seinen Mund zu öffnen und einen abgehakten Ton von sich zu geben, da krachte bereits Vilos Faust blitzschnell und sehr hart in einem Abwärtshaken gegen sein Jochbein und er ging augenblicklich bewusstlos zu Boden.
*
„Wir müssen hier raus!“ sagte Malawi leise und schaute die anderen mit großen, durchdringenden Augen an.
Kendig, Rimbo, Jorik und Idis, die ihr gegenübersaßen, starrten im ersten Moment überrascht und beinahe entsetzt zurück.
Doch dann nickte ihr Mann. „Sie hat Recht!“ Er blickte zu den anderen. „Wir müssen damit rechnen, dass es Narrix gelingt, Mavis und die anderen ebenfalls gefangen zu nehmen!“
„Und wenn er erst einmal alle von uns zusammen hat...!“ fügte Idis finster an.
„…steht unserer Hinrichtung wahrlich nichts mehr im Wege!“ endete Rimbo mit einem Nicken und einem verächtlichen Lacher.
„Wenn es uns aber gelingt, hier auszubrechen…!“ sagte Malawi.
„…steht er womöglich wieder genau da, wo er jetzt steht!“ Auch Jorik schien der Gedanke logisch.
„Also machen wir es, oder wie?“ Malawi blickte in die Runde und alle nickten zögerlich.
*
Mavis stand auf der hinteren Laderampe und schaute zum Ufer des Mioli auf das Buschwerk, in dem sie sich noch vor wenigen Minuten vor den anstürmenden Soldaten versteckt hatten.
Diese – jetzt jedoch gut verschnürte Gefangene – wurden gerade von Captain Tibak, Leira und Lobos Leuten in das Innere des Schiffes geschafft.
Vilo, Captain Cosco und Sergeant Dek befanden sich im Cockpit der Talura und bereiteten ihren Start vor.
Mavis wartete mit auf dem Rücken verschränkten Armen auf Admiral Lobos, der mit den anderen zum Fluss gegangen, bisher aber noch nicht zurückgekehrt war. Auch fehlte noch einer seiner Leute.
Doch Mavis blieb gelassen und den Umständen entsprechend entspannt. Lobos wusste, dass sie nicht mehr viel länger hier verweilen durften. Feindliche Fliegerstaffeln waren auf dem Weg zu ihnen, ebenso eine verdammte Anomalie. Nur ihr Start und ihre Flucht nach Westen würde ein weiteres Annähern verhindern.
Außerdem würde sicherlich schon bald eine Statusanfrage aus Kimuri hier eingehen und dann wollte Mavis sehr gern schon in der Luft sein.
Er atmete einmal tief durch und einen Augenblick später konnte er den Admiral tatsächlich aus dem Busch hervorkommen und auf das Schiff zulaufen sehen. Dass er allein war, registrierte er wohl, doch blieb er ruhig, bis der Admiral das Schiff erreicht hatte.
„Alles klar?“ fragte er dann.
Lobos nickte. „Ich habe Pilas zurück in die Höhlen geschickt, damit er den anderen berichten kann, dass wir zumindest unser erstes Etappenziel erfolgreich hinter uns gebracht haben. Außerdem sollten Vorkehrungen für die feindlichen Fliegerstaffeln oder gar die Anomalie getroffen werden – für den Fall, dass sie nicht abdrehen, wenn wir gleich von hier verschwinden!“
Mavis sah den Admiral einen Augenblick ausdruckslos an, dann nickte er. Lobos Anweisungen und Gedanken waren logisch und gut.
„Wie weit sind wir hier?“
„Fertig!“ erwiderte Mavis, ging mit Lobos gänzlich ins Innere des Schiffes und betätigte dort den Schließmechanismus für die Laderampe. Während sie in die Höhe fuhr, stellte er über Headset eine Verbindung zum Cockpit her. „Vilo?“
„Ja?“
„Wir sind soweit! Ihr könnt starten!“
Und noch bevor die Luke vollständig geschlossen war, spürte Mavis, wie die Triebwerke hochgefahren wurden und das Schiff vom Boden abhob.
*
„Das ist der Plan?“ Rimbo schaute mit gerunzelter Stirn in die Runde.
„Was fragst du denn so blöd?“ raunte seine Frau sofort zurück. „Du hast doch daran mitgearbeitet!“
Rimbo sah sie mit einem leichten Grinsen an, lachte heiser auf und schüttelte dabei den Kopf. „Wir werden alle sterben! Ihr wisst das?“
„Ach was!“ wehrte Kendig ab. „Wir hätten schon so oft tot sein müssen, wir werden auch das überstehen!“
„Sieh es doch mal so!“ meinte Malawi. „Totgeglaubte leben eben bekanntlich länger!“
„Also ich finde den Plan…!“ Alle wirbelten herum, denn das war Eshas Stimme gewesen. Sie klang schwach, rau und krächzend. Als sie sahen, dass sie wach war, waren alle sichtbar froh und auch Esha konnte sich ein müdes Lächeln nicht verkneifen. „…optimistisch!“ beendete sie ihren Satz. Irgendwie schien das die anderen eher zu betrüben, deshalb fügte sie an. „Aber Optimismus ist geil. Ich bin auf jeden Fall dabei!“
„Na also!“ Idis grinste breit und schaute Rimbo direkt an, der daraufhin zunächst zerknirscht zu sein schien, dann aber ebenfalls lächelte.
„Aber nur…!“ Esha drehte ihren Kopf so, dass sie Shamos ansehen konnte, der noch immer schräg hinter ihr saß und ihren Kopf streichelte. „…dass das klar ist!“ Sie sah ihm direkt in die Augen und ihr Blick wurde todernst. „Ich werde Narrix töten!“
IX
Kaleena saß auf einem kleineren Felsbrocken und schaute ihrem Sohn beim Spielen zu. Glücklicherweise hatte er einige andere Halbwüchsige aus der Höhle südlich von Porista gefunden, mit denen er sich jetzt beschäftigte, ohne dass Kaleena aktiv dabei sein musste.
Dadurch konnte sie ein wenig abschalten und spürte alsbald, dass sie müde wurde. Gleiches galt dann auch für Jovis, dessen Eifer mehr und mehr nachließ. Kaleena war sicher, dass es nicht mehr lange dauern und er zu ihr kommen würde, um zu schlafen.
Am anderen Ende der großen Höhle konnte sie auch Pater Matu und Chalek sehen. Die beiden saßen nebeneinander. Anfangs aßen und tranken sie ohne viele Worte, dann aber begann der Priester auf den Jungen einzureden. Der schüttelte anfangs den Kopf, schließlich nickte er. Daraufhin sprang Matu auf, schnappte sich einen von Lobos Leuten und zog ihn zu dem Jungen. Dort redete er jetzt mit ihm.
Plötzlich konnte Kaleena Bewegung am Eingang der Höhle ausmachen und schon einen Augenblick später kam der erste Offizier, sein Name war Aluvis, mit einem weiteren Mann herein. Aluvis hatte – logischerweise - vom Admiral das Kommando während seiner Abwesenheit hier erhalten. Den anderen Mann erkannte sie als einen von denen wieder, die zusammen mit Vilo und den anderen losgezogen waren.
Sofort verkrampfte sich ihr Magen und ihr Körper versteifte sich. Sie spürte Hitze aufsteigen und Angst.
Doch Aluvis kam direkt auf sie zu und lächelte dabei. „Keine Sorge!“ sagte er, da er offensichtlich ihre Gedanken gelesen hatte. „Es ist alles in Ordnung!“ Er nickte ihr aufmunternd zu. „Die Aktion ist geglückt. Sie konnten das Flugboot kapern und sind jetzt auf dem Weg nach Kimuri!“ Als er sah, wie sehr sich Kaleena entspannte, musste er nochmals lächeln. „Der Admiral hat Pilas…!“ Er deutete auf den Mann neben sich. „…zurückgeschickt, um uns das mitzuteilen! Außerdem…!“ Aluvis setzte sich ruckartig neben Kaleena und senkte seine Stimme. „…sind feindliche Jäger und…!“ Er rümpfte die Nase. „…eine Anomalie hierher unterwegs!“
„Verdammt!“ entfuhr es Kaleena. Sie erschrak leicht und schaute sich um, ob es jemand gehört hatte, doch das war offensichtlich nicht der Fall.
„Kein Problem!“ meinte Aluvis entspannt. „Es war klar, dass die Ankunft des Flugboots nicht unbemerkt bleiben würde. Noch dazu, weil vor nicht einmal drei Stunden schon einmal Bewegung hier war. Der Admiral, ihr Mann und die anderen gehen aber davon aus, dass sie alle abdrehen werden, sobald sie sehen, dass das Flugboot nach Westen verschwindet!“ Er sah Kaleena an und sie nickte. „Wir werden das weiter beobachten. Sollte es nicht so sein, ist das Tunnelsystem hier sehr weit verzweigt und wir werden uns einen sichereren Ort suchen! Aber bis dahin ist alles easy!“ Er lächelte zuversichtlich, erhob sich und verschwand wieder.
Kaleena atmete einmal tief durch. Der Schreck saß noch immer in ihren Knochen, die Ruhe kehrte erst langsam zurück und brachte noch deutlichere Erschöpfung mit sich.
„Wer war das, Mama?“ hörte sie plötzlich Jovis fragen.
Kaleena erschrak erneut leicht, doch dann lächelte sie ihren Sohn breit an. „Wer war was?“
„Ich kenne den einen Mann da! Er ist mit Papa, Onkel Mavis und Leira gegangen!“
Kaleena war erstaunt, dass Jovis sich das gemerkt hatte. „Da hast du Recht!“
„Stimmt etwas nicht?“ fragte ihr Sohn mit Sorge in der Stimme.
„Was? Doch!“ Sie lachte leise auf. „Es ist alles in Ordnung. Der Admiral hat ihn zurückgeschickt, damit er uns genau das sagt. Papa und die anderen sind jetzt auf dem Weg nach Kimuri, um Onkel Jorik, Tante Esha, Onkel Shamos und all unsere anderen Freunde zu retten!“
„Das ist gut!“ Plötzlich gähnte der Junge ausgiebig. „Ich denke, dass kriegen sie hin!“ Wieder gähnte er und rieb sich die Augen. „Ich bin müde!“ stellte er fest und schmiegte sich an seine Mutter.
„Dann lass uns einen ruhigen Schlafplatz suchen, okay?“
Jovis nickte träge. „Aber du musst mich tragen! Meine Füße bringen mich um!“
Kaleena musste grinsen. „Alles klar!“ Sie erhob sich. „Kein Problem!“ Sie schnappte sich ihren Sohn.
„Weckst du mich, wenn Papa zurück ist?“ fragte er schlaftrunken.
„Natürlich!“ Kaleena schloss ihn fest in ihre Arme und verließ die Höhle. Jovis war bereits eingeschlafen.
*
Marivar hatte sich wieder gefangen. Natürlich auch, weil sie es musste, weil alles andere eben überhaupt keinen Sinn machte.
Also zwang sie sich, etwas zu essen und zu trinken. Anfangs mit wenig Appetit, fühlte sie sich mit jedem Bissen doch etwas besser und am Ende spürte sie, wie ihre körperlichen, aber besonders ihre geistig-mentalen Kräfte zurückkehrten.
Und so überdachte sie ihre Situation noch einmal:
Sie war nach wie vor allein hier, doch wusste sie jetzt, im Gegensatz zu heute Morgen, dass alle ihre Freunde, allen voran natürlich ihr geliebter Jorik, noch lebten. Mavis glaubte sie seine Aussage auch, bei Jorik hatte sie allerdings ihre Zweifel, da sie nicht wusste, unter welchem Zwang er bei ihrem Kontakt stand. Ihr blieb jedoch nichts Anderes übrig, als es positiv zu sehen und so zwang sie sich dazu, es einfach zu glauben, dass alle noch am Leben waren.
Mavis, Vilo und die anderen wusste sie im Moment auf dem Weg nach Kimuri, um ihre Freunde aus den Fängen von Captain Narrix zu befreien. Eigentlich hatte sie keinen Grund, seine Worte anzuzweifeln, doch so sehr sie die Vorstellung auf Errettung auch erfreute, war ihr klar, dass sie sich an einen seidenen Hoffnungsfaden klammerte und alles auch ganz furchtbar schiefgehen konnte.
Doch alles, was ihr blieb, war hier zu warten und für ihre Freunde zu beten.
Blödsinn! Plötzlich hallte dieses eine Wort lautstark in ihren Körper nach und ließ sie leicht erzittern. Sitz hier nicht einfach nur rum, sondern tu etwas!
Marivar spürte, wie ihre Beine wackelig wurden und musste sich erst einmal wieder hinsetzen. Sie atmete mehrmals langsam und tief durch und überlegte dabei.
Hatte sie denn wirklich eine andere Wahl, als hier zu warten? Oder war da einfach nur der große Wunsch, etwas tun zu können, der Vater des Gedankens?
Nein! entschied sie. Das war es nicht!
Natürlich konnte sie diesen Ort wieder verlassen und zurück zum Lager gehen. Sie hatte diesen Weg umgekehrt schließlich schon einmal bewältigt.
Doch was sollte sie dort tun? Darauf wusste sie allerdings keine Antwort, schließlich konnte sie ihre Freunde und Jorik nicht gänzlich allein befreien. Und selbst, wenn sie vorgehabt hätte, Mavis und den anderen bei ihrer Aktion zu helfen, würde es ohne Funkkontakt wohl einfach nur sehr schwierig sein. Zumal sie in letzter Konsequenz wohl auch keine große Hilfe bei dieser Mission wäre, ganz abgesehen davon, dass sie nicht einmal eine Waffe besaß.
Also doch hierbleiben!
Schließlich war sie nicht zuletzt im Besitz der Formel, von der Shamos so sehr glaubte, dass sie den Untergang des Planeten verhindern konnte. Sie galt es doch zu schützen, damit sie nicht verloren ging oder gar zerstört wurde. Doch wenn Shamos und die anderen nicht gerettet werden konnten, wofür war die Formel dann noch nütze? Wer außer ihnen glaubte an diese alte Legende, wer außer Shamos wäre überhaupt in der Lage, die uralten Überlieferungen zu verstehen und letztlich anzuwenden?
Nein, wenn ihre Freunde und Jorik sterben würden, dann würde auch die uralte Legende sterben, dann gäbe es niemanden mehr, der diesen Planeten vielleicht noch retten konnte, dann würden alle Lebewesen – auch die widerwärtigen Invasoren - auf Santara sterben, weil der Planet selbst sterben würde. Und dann würde auch sie – Marivar – sterben. Doch dann wollte sie nicht erst in einigen Monaten oder auch nur Wochen zusammen mit dem Planeten untergehen, dann wollte sie schon jetzt, möglichst gemeinsam mit ihren Freunden und an der Seite des Mannes sterben, den sie so sehr liebte.
Doch was würde geschehen? Würden Mavis und die anderen ihre Freunde aus der Gewalt des Captains befreien können oder nicht?
Marivar wusste es nicht und deshalb gab es doch nur einen einzigen logischen Entschluss, was sie jetzt tun konnte.
Und einen Emotionalen…
Sie wählte Letzteren!
*
Im ersten Moment hatte Narrix – natürlich – mit dem Gedanken gespielt, die Mission zur Ergreifung der restlichen Verräter selbst zu leiten, doch er entschied sich anders. Schließlich war er hier der Boss und brauchte sich als solcher nicht mehr die Finger schmutzig zu machen – es sei denn, er hatte Spaß daran, wie etwa bei der Folter der drei Frauen, die bereits in seinem Gewahrsam waren.
Außerdem hatte er mit Lieutenant Yunok einen absolut fähigen Vertreter.
Nachdem er die Talura am Kai verabschiedet hatte, war er zurück in die Kommandozentrale gegangen, um den Weg des Schiffes und den Verlauf der Mission zu verfolgen.
Währenddessen war einer der Funkoffiziere zu ihm getreten und hatte ihm mitgeteilt, dass es ihm möglich gewesen war, das Signal von Marivars Kommunikator während ihres Gesprächs zu orten.
Narrix nahm diese Information relativ emotionslos zur Kenntnis und wandte sich wieder den wichtigeren Dingen zu. Wenig später hatte die Talura ihr Ziel erreicht, ihre Opfer waren gesichtet worden. Dann wurde es für alle Anwesenden für die nächsten Minuten natürlich sehr spannend, doch Yunoks Angriff verlief schnell, konsequent und effektiv. Die Verräter mussten sich bereits nach geringer Gegenwehr ergeben. Narrix erkannte zufrieden, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte.
Während die Talura wieder landete, um ihre Gefangenen an Bord zu nehmen, schwelgte er bereits in den wundervollen Vorstellungen, die beiden abtrünnigen Commanders zu foltern.
Dabei kam ihm der Gedanke, dass es vielleicht doch gut wäre, auch die andere Schlampe aus ihrem Versteck hier auf Kimuri herauszuholen. Vielleicht war sie ja eine ähnlich widerspenstige Katze, wie die anderen drei. Bei dem Gedanken, noch eine vierte Frau in seiner Gewalt zu haben, bei dem ihm das Blut in Wallung geriet, wenn er seine perfiden Spielchen mit ihr trieb, erregte ihn augenblicklich und lenkte ihn vollkommen von den Geschehnissen rund um die Talura ab.
Kurzerhand ließ er sich Marivars Position auf ein handliches Radargerät übertragen und gab dem Befehl, Sergeant Zivko und zwei weitere Männer am hinteren Ausgang des Lagers antreten zu lassen.
Dann warf er einen letzten Blick auf den Kommandoschirm, erkannte, dass sich die Talura auf dem Rückweg befand, empfand Freude und Genugtuung dabei und verließ die Zentrale in Richtung hinterer Ausgang. Während er durch die Gänge marschierte, betrachtete er den kleinen Radarschirm. So wie es aussah, hatte sich Marivar zum Hafen geflüchtet, scheinbar sogar auf eines der dort liegenden, halb gesunkenen Schiffe. Clever, dachte Narrix, aber nicht ausreichend! Er grinste.
Dann hatte er den Ausgang erreicht. Sergeant Zivko und zwei seiner Männer standen bereits parat.
„Sergeant!“ Er nickte Zivko zu und dieser salutierte. „Ich habe eine Spezialaufgabe für sie und ihre Männer!“ Er hielt das Radargerät in die Höhe. „Das ist die Position der letzten noch freien Verräterin! So wie es aussieht, hat sie am Hafen, womöglich sogar auf einem der Schiffswracks dort Zuflucht gefunden!“ Er schaute Zivko direkt an. „Finden sie sie und bringen sie sie hierher!“
„Jawohl Sir!“ Zivko salutierte wieder.
„Ich will eine schnelle, konsequente und effektive Ausführung sehen!“ Er blickte auch die beiden anderen Männer an, die ebenfalls entschlossen schienen. Daraufhin drückte er Zivko das Radargerät in die Hand. „Abmarsch!“ Er nickte dem Sergeanten ein letztes Mal zu, dann verließ er den Eingang, ohne sich nochmals umzublicken.
*
Kaleena hatte einen von Lobos Männern gefragt, ob und wo es so etwas wie Schlafräume gab. Der junge Offizier war sehr freundlich und deutete ihr den Weg.
Sie musste eine Abzweigung nach links nehmen, dann eine nach rechts. Am Ende des anschließenden langen Ganges gab es eine Höhle, die als Schlafsaal genutzt wurde.
Während Jovis auf ihren Armen weiterhin tief und fest schlief, durchschritt sie den Gang. Etwa auf halber Höhe zum Schlafsaal kam sie an einer weiteren Höhle auf der rechten Seite vorbei. Sie war nicht sonderlich groß und hatte eine Gewölbedecke. Im fahlen Licht von einigen Leuchtkristallen und fluoreszierenden Farnen konnte sie diverse Tische und Bänke ausmachen. Im ersten Moment war sie sicher, dass der Raum leer war, doch dann erkannte sie eine Gestalt auf einer Bank im hinteren Bereich. Obwohl sie ihr den Rücken zugekehrt hatte, wusste sie sofort, dass es Melia war.
Prima, dann muss ich sie im Anschluss nicht suchen, dachte Kaleena. Allerdings würde ihre Sache dadurch nicht gerade leichter werden, denn die eingesunkene Haltung und der gesenkte Kopf ihrer Freundin zeigten ihr deutlich, dass Melia tief in Gedanken ein Problem wälzte. Doch Kaleena erinnerte sich an ihren Entschluss, ihr bei der Lösung behilflich zu sein.
Entsprechend begab sie sich in den Schlafsaal, wo sie tatsächlich mindestens drei Dutzend Betten vorfand. Der Eingang war mit Decken verhüllt, im Inneren war es angenehm dunkel. Kaleena konnte einige Körper in den Betten erkennen, dazu noch rund zehn Frauen, die an der rechten Seite auf einigen Bänken und an einigen Tischen saßen und sich leise unterhielten.
Kaleena nickte ihnen freundlich zu, suchte sich eine freie Schlafstätte und legte Jovis hinein. Der Junge brummte kurz und sagte ein paar unverständliche Worte, dann drehte er sich auf die Seite, rollte sich ein und schlief einfach weiter. Kaleena betrachtete ihn mit einem sanften Lächeln, gab ihm noch einen Kuss auf die Stirn und erhob sich.
Sie ging zu den Frauen und sagte leise. „Würden sie bitte auf meinen Sohn aufpassen, solange ich weg bin? Es wird auch nicht lange dauern!“ Das wusste sie zwar nicht, hoffte es aber.
Eine ältere Frau lächelte zurück und nickte. „Natürlich! Gehen sie nur!“
Kaleena erkannte sie als eine der Frauen aus der Höhle südlich von Porista und war zufrieden. „Danke!“ erwiderte sie, erhob sich und verließ den Saal wieder.
Wenige Augenblicke später stand sie erneut vor dem Eingang in die andere Höhle. Sofort erkannte sie, dass Melia nach wie vor am selben Platz saß, aber auch, dass ihr Körper noch immer zusammengesunken und ihr Kopf gesenkt war.
Kaleena spürte einen leichten Kloss im Hals und aufkommende Nervosität, denn bei ihrem Anblick wollte sie ihr mehr denn je helfen, doch wurde ihr auch klar, dass sie nicht wirklich wusste, wie sie damit anfangen sollte.
Nichtdestotrotz atmete sie einmal tief durch, betrat den Raum und ging langsam zu ihrer Freundin, während sie sich zur Ruhe mahnte. Als sie gut einen Meter schräg hinter sie gelangt war, stoppte sie ab und wartete. Doch Melia zeigte keinerlei Reaktion. Kaleena wusste nicht, ob sie sie tatsächlich nicht gehört hatte oder einfach nicht auf sie reagieren wollte, woraufhin sie wieder etwas nervös wurde. Doch sie schalt sich sofort einen Narren. Wenn Melia ein Problem hatte, dann war es ihre Aufgabe als Freundin, ihr dabei zur Seite zu stehen und zu helfen.
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