Kitabı oku: «Messalina», sayfa 6

Yazı tipi:

»Dein weißes Kleid hebt nicht genug deine Schönheit, Messalina. Es gibt für ein schönes Mädchen nichts Schmuckeres als das seidenfeine, durchsichtige Gewebe des koischen Purpurstoffes. Du wärest eine Göttin in solchem Gewände. In deinem weißen Gewande aber bist du nur ein Mädchen, und das – – ist gefährlich für dich. An die Göttin wagt man nur den Blick, an ein Mädchen aber alles.«

Ein kältender Schauer überrieselte Messalina, als sie die vor Lüsternheit flimmernden Augen des Kaisers mit irrem Glanze auf sich gerichtet sah. Alles an diesem Manne ekelte und entsetzte sie.

Sie raffte den Stoff der Stola enger um sich, als könne sie dadurch den Augen des Cäsars entrinnen. Dann suchte sie dem Gespräch eine andere Wendung zu geben, indem sie sagte:

»Du meintest, Herr, der Name Messalina – weil du es bist, der ihn mir aufdrängt – würde die Zeiten überdauern? Das klingt wie eine Weissagung.«

»Und du glaubst natürlich an Weissagungen,« stellte er fest.

»Allerdings – um so lieber, wenn sie Gutes verheißen,« gab sie mit einem leichten Lächeln zurück.

»Und man hat dir Gutes verheißen?«

Mit einem unbewußten Zug des Hochmuts um den Mund sah sie den Cäsar an.

»Nicht nur kürzlich erst, nein, auch heute wieder sagte man mir voraus, ich würde dereinst Kaiserin sein.«

Caligula fuhr so heftig vom Sitze auf, daß der Stuhl umstürzte.

»Kaiserin –?!« stieß er mit aufgerissenen Augen hervor.

»Ja, Kaiserin!« gab sie gelassen zurück.

»Kaiserin? Du?! Mit mir?!«

»Warum gerade mit dir, Cäsar?« meinte sie leichthin. »Werden nicht auch nach dir Kaiser kommen?«

Langsam hob er die Arme. Seine Hände öffneten sich und krallten sich wieder zu. Es war, als verspüre er den unwiderstehlichen Drang, diese Hände um den weißen Hals Messalinas zu klammern, weitere Worte zu ersticken, die ihn daran erinnerten, daß auch für ihn die Kaiserherrlichkeit einmal enden konnte.

»Also nicht mit mir?« zischte er. »Mit einem andern – der – nach mir kommen – wird!«

Eine Grimasse gewaltsamen Spottes verzerrte sein Gesicht zur Fratze, während er die Hände sinken lieh. Dann faßte er sich. Langsam, jedes Wort deutlich betonend, sagte er:

»Mir fehlt keineswegs das Verständnis für ein mutiges Wort zur rechten Zeit. Du, Messalina, wagst jedoch weit mehr, als ein Mensch meiner Art ertragen kann – wenn ich denn schon deiner Meinung nach nicht mehr bin als ein Mensch.«

Die Sklavin hatte den Stuhl aufgerichtet, in dem der Kaiser nun wieder Platz nahm.

Er kniff die Lider eng zusammen und betrachtete seinen Gast mit spitzem Blicke. Dann sprach er in ruhigem, sachlichem Tone weiter:

»Du hörtest beim Mahle, daß mir schon einmal die göttliche Macht gegeben war, eine Weissagung zur Lüge zu stempeln. Du sollst erfahren, was Cäsar Caligula vermag. Ich werde zum zweiten Male eine Weissagung zunichte machen. Du Kaiserin!« Er lachte. »Wir wollen sehen, wer mächtiger ist, der Gott, der dir diese Weissagung schenkte, oder ich! Ich könnte sie mit einem Worte vernichten und dich auf der Stelle erdrosseln lassen. Dann könntest du im Tartarus die Kaiserin spielen. Doch ich bin milde, wenn auch nicht viele es wissen. Ich werde deinem Vater befehlen, dich meinem Oheim Claudius zur Gattin zu geben.«

Wieder lachte er, kreischend, und fuhr fort:

»Wenn jemals ein Mensch keine Aussicht hatte, den Cäsarensessel Roms zu besteigen, so ist es der gute Claudius. Du siehst, wer dir weissagte, du würdest Kaiserin sein, der betrog dich.« Er sah sie lange stumm an. Dann fügte er hinzu: »Es sei denn, Messalina, du würdest Kaiserin durch mich!«

»Niemals!« schrie sie außer sich. »Dann lieber den Claudius!«

Der Kaiser verfärbte sich vor Wut.

»Und wenn ich dir versichere, daß du mir gehören wirst, auch wenn du später das Weib des Claudius wirst?!«

»Ich werde sterben, ehe du mich berührst.«

»Ah, Selbstmord! Altrömische Tugend!« spottete Caligula. Er rückte den Stuhl näher und legte die heißen Hände auf Messalinas Knie, die er mit klammernden Fingern umspannte.

»Schöne Messalina, wer wie du einen Kaisertraum träumt – wer wie du geschaffen ist, so hoch zu steigen, nicht nur durch Schönheit, sondern auch durch Klugheit und Verstand – wer noch das größte Geheimnis der Wonnen des Lebens zu lernen hat – der greift nicht zur pulsöffnenden Lanzette. Du bist zu jung, um nicht leben zu wollen. Ich werde der Lehrmeister sein, der dir zeigt, was Leben ist!«

Er ließ ihre Knie los und tastete höher hinauf auf dem glatten Stoffe des Gewandes. Sie saß in Erstarrung, entkräftet von dem Widerwillen vor der Berührung dieses unheimlichen Menschen, betäubt von dem allmählichen Begreifen der Gefahr, in der sie schwebte. Eine Gefahr, deren Schrecken sie instinktiv nur ahnte, in der Lebensunkenntnis, in der die jungen Mädchen aus den vornehmen Häusern Roms bis zu ihrer frühen Verehelichung künstlich erhalten wurden.

Sie versuchte, sich von den frech zugreifenden Händen des Kaisers zu befreien. Doch das kurze Ringen entblößte nur ihre rechte Schulter.

Der Anblick der marmornen Halbkugel nahm den Cäsar gefangen. Er starrte auf die schneeige Haut und hielt inne in seiner Zudringlichkeit. Weit beugte er den Kopf vor und murmelte undeutliche Worte. Der überstarke Reiz seiner Sinne rettete für den Augenblick Messalina aus der Gefahr. Er legte eine Hand auf die blutdurchpulste Rundung des enthüllten Fleisches und sah regungslos, als lausche er auf die Ströme, die durch die Berührung mit dieser glatten, kühlen Stelle des jugendlichen Körpers auf ihn überfluteten. So verharrte er lange, bis er mit fast vorsichtigen Fingern auch die linke Schulter Messalinas vom Gewande befreite.

Sie duldete mit geschlossenen Augen, ohne Widerstand und ohne Möglichkeit der Bewegung, weil Caligula jetzt fest zupackte und sie in das Halbrund der Lehne zurückdrängte. Sie duldete jedoch auch, weil trotz allen Widerwillens gegen den Mann und seine Gewalttat eine Erschlaffung in ihrem Blute rieselte, die sie lähmte und willenlos machte.

Da zerrissen Worte des Kaisers den hypnotischen Bann. Diese Worte siedeten auf aus dem Sadismus des Kaisers, aus der krankhaften Mischung seines Gefühls, die seine Sinnlichkeit stets mit der Grausamkeit des mordlüstigen Wahnsinns tränkte.

»Die Schönheit deines Halses ist ein Wunder,« sagte er ganz klar, bewußt und kritisch. »Er baut sich auf wie aus Alabaster geschliffen. Er verheißt, wie deine Schultern, viel Körperschönheit.«

Ganz sacht betastete er in fast scheuer Berührung die Haut, ihre Kühle prüfend.

»Wäre es Tag, Messalina, und du säßest gegen die Sonne, so würde an beiden Seiten deines Halses ein rötlicher Schimmer leuchten, wie, wenn man die Hand gegen das Licht hält, zwischen den Fingern das Blut farbig pulst. Es muß schön sein, diesen Hals zu küssen. Aber es gibt noch etwas Schöneres!«

Er maß zwischen Daumen und Zeigefinger die Kehle.

»Von da bis da – ein rascher Schnitt – die Wunde klafft wie ein purpurner Mund. – Und wie deinem Munde heiße Worte der Liebe entströmen können, wenn du nur willst, so würde der Wunde heißes Blut entströmen.«

Er betrachtete seine gespreizten Finger und wischte sie an seinem Gewände ab, als müsse er sie von Blut reinigen. Dann sagte er nach einem Aufseufzen:

»Es müßte eine vernichtende Lust sein, Messalina, dir den Hals abzuschneiden. Ich könnte jetzt einen Sklaven rufen, es zu tun ... Aber lassen wir's ... Ich würde ihn vielleicht beneiden.«

Voller Grauen und Entsetzen hatte Messalina diese Reden über sich ergehen lassen. Worte, die fast ohne Ausdruck, eintönig wie das Tröpfeln von Blut, über des Kaisers Lippen fielen.

In Gedanken verloren, sah er da. Sein brennendes Begehren schien er vergessen zu haben.

Messalina nahm alle Kraft des Willens zusammen, die Angst vor diesem Manne zu bezwingen. Wenn sie jetzt flüchtete? Aber wer half ihr, aus dem Gemache zu entkommen? Die Griechin? Die stand noch immer mit geneigtem Haupte an dem Vorhang, leblos und in sich zurückgezogen, als wäre ihr die Gabe verliehen, mit dem Körper zugegen, mit Sinnen und Seele fern zu sein, bis man ihrer benötigte. Und der taubstumme Wächter draußen? Vielleicht war seine Pflicht nur, kein weibliches Wesen von der Türe fort, doch ungehindert die von dannen zu lassen, die einmal des Kaisers Gemach betreten hatten. Leise erhob sich Messalina – da rief das Rascheln des Gewandes den Imperator in die Gegenwart zurück.

»Du kannst den Raum nicht verlassen, Messalina,« bedeutete er, den Blick vollkommen ruhig erhebend. »Der Prätorianer draußen – er ist mein Liebling und der getreueste aller Germanen – läßt dich nicht hinaus ohne meinen ausdrücklichen Befehl. Behalte Platz, ich will mit dir sprechen.«

Er zog sie an den Händen in den Sessel zurück und hob sogleich an:

»Man erzählt sich, dieser Abalanda – er ist mein Gast in Rom, und ich habe deinen Vater geehrt, indem ich den nordischen Sendling eurem Hause zuwies – man erzählt, Abalanda bewerbe sich um deine Gunst. Gefällt er dir?«

Messalina glaubte schon, die Zusammenkunft mit dem Kaiser gleite in weniger gefährliche Bahnen. Da sie nun wußte, daß ihr jede Möglichkeit zur Flucht abgeschnitten war, entschloß sie sich, dem Gespräche standzuhalten. Vielleicht gelang es ihr, den Kaiser zu ermüden, daß er sie selbst freigab, überdrüssig ihrer Gesellschaft. Sie straffte sich, lehnte sich in den Sessel zurück und zwang sich mit aller Macht, vollkommen furchtlos zu erscheinen.

»Abalanda?« nahm sie die Frage des Kaisers auf. »Er gefällt mir, wie ein stattlicher Mann wohl jedem Mädchen gefällt.«

»Aber mit dem Gefallen muß doch ein Gefühl verbunden sein,« behauptete Caligula. »Ich hätte dich also richtiger fragen müssen: was fühlst du für ihn?«

»Nicht mehr als die Ehrerbietung, die man einem kaiserlichen Gaste schuldet,« antwortete sie. »Vielleicht auch ein wenig Freundschaft, da er höflich und aufmerksam ist, auch seine Neigung verbirgt, um mir nicht lästig zu werden.«

»Er wirbt also nicht offen um dich,« nickte Caligula vor sich hin. »Nun ja, das darf man von diesem Arkadier wohl auch kaum erwarten.«

»Arkadier?« fragte Messalina erstaunt. »Warum nennst du ihn so, da er doch kein Südländer ist?«

»Weil aus Arkadien die größten Esel und die einfältigsten Menschen kommen,« erklärte der Kaiser und lachte und freute sich, als habe er einen trefflichen Witz gemacht.

»Aber nicht das allein. Man muß, dem langen Barte nach, deinen Freund auch für einen sittenstrengen Mann halten, der den Liebesgenuß verschmäht. Als ich – ihn seines Vaters wegen auszuzeichnen – ihm erlaubte, gleich einem Römer die Toga zu tragen, konnte ich ihn nur mit Mühe überreden, sich das Haupthaar scheren zu lassen. Langhaarige Bartträger aber sind immer Sittenbolde und Schulmeister.«

»Und Glatzköpfe?!« fragte Messalina keck.

»Meinst du damit mich?« rief der Kaiser heftig und betupfte seinen kahlen Schädel.

Da ward dem Mädchen angst vor seinen zornigen Augen. Sie log verwegen. »Nein, Herr. Du bist nicht sittenlos. Das weiß ich und ganz Rom. Du liebst die Kaiserin, deine Gemahlin.«

Leicht, wie jeder Irre, von einem Gedanken abgelenkt, erwiderte er lebhaft:

»Oh, Cäsonia über alles! Es gibt kein Weib, das mich so liebevoll verstünde wie Cäsonia. Ich will dir erzählen, was mich mit ihr zusammenführte.«

Er erhob sich und befahl der Sklavin, den Stuhl beiseitezustellen.

»Ich spreche freier, wenn ich auf- und abschreiten kann,« erklärte er, zu Messalina gewandt.

Die Griechin erwachte für einen Augenblick aus ihrer Statuenhaftigkeit und räumte den kleinen Sessel fort. Dann nahm sie ihren Platz am Vorhang wieder ein. Und ihr Antlitz versteinte von neuem.

Der Kaiser ging eine Weile schweigend umher, als überdenke er seine Worte.

Endlich begann er:

»Die Menschen beneiden mich um den Glanz meiner Stellung, um die Macht in meinen Händen, um den Reichtum. Hinter dem Glanze verbirgt sich die Dunkelheit eines seelischen Leides, das ich keinem offenbaren kann. Hinter der Macht verborgen ist erbärmliche Machtlosigkeit. Denn wenn ich allem gebieten kann, so kann ich doch nie meinem Schlaf gebieten, daß er mich erquicke. Hinter dem Reichtum also lauert die Armut eines Menschen, der an dem Köstlichsten, der kraftspendenden Ruhe und Erholung, darbt. Reichtum überhaupt – er ist nur gut, um vertan zu werden. Hat es Zweck, Reichtum zu mehren? Auf Erden bleibt vom irdischen an mir nichts als eine Urne voll Asche. Was soll mir in dem engen Gehäuse der Reichtum!«

Messalina war erschüttert von diesem Bekenntnis eines Menschen, dem alle Welt nachsagte, seine Gedanken seien nichts als Prassen, Verschwenden und Blut.

»Wie traurig ist dein Leben, Cäsar, wenn dein Glück so brüchig ist!« sagte sie ernst.

Caligula blieb einen Augenblick stehen. »Mein Leben?« versetzte er in einem Hohn, der weit mehr Verzweiflung als Bitterkeit war. »Ich schlinge vom Leben, als wäre ich Saturnus, der seine eigenen Kinder verschlang. Denn ich will nicht vom Leben verschlungen werden. Ich will das Leben fressen, bis ich satt bin. So satt, daß nichts vom Leben mich mehr reizt.«

Er nahm seinen Rundgang wieder auf und fuhr fort:

»Für mich ist das Leben ein Weib, das man umarmt, solange es sich hingibt. Je häufiger man umarmt. desto stärker wächst die Fähigkeit zum Umarmen. Anders beim Essen. Da wird man um so satter, je mehr man ißt. Aber in der Liebe wächst der Hunger mit dem Genusse. Und hier eben ist Cäsonia der zu allen Zeiten gedeckte Tisch.«

»Sie liebt dich also!« bemerkte Messalina in ein Verstummen des Kaisers hinein, da sie meinte, irgendetwas sagen zu müssen.

»Nein!« entgegnete er hart. »Es ist umgekehrt: ich liebe sie!«

Messalina war von diesem Geständnis sehr beruhigt. Dann hatte sie offenbar die vermeintliche Gefahr überschätzt. Und so flocht sie ein: »Es gibt demnach doch ein Glück in deinem Leben, Cäsar.«

»Glück nennst du das?« widersprach er, heiser auflachend. »Ich habe Stunden, in denen ich vergeblich grüble, was ich mit Cäsonia beginnen soll, um ihr das Geständnis abzupressen, warum ich sie so sehr liebe. Denn ich weiß es nicht. Aber sie muß es wissen. Mir ist es unerklärlich. Und wäre ich sicher, daß man die Antwort aus ihrem Herzen lesen könnte, ich würde noch in dieser Stunde dem Arzt befehlen, sie zu öffnen, ihr das Herz herauszuschneiden und es zu durchforschen, jede Fiber, jede Falte, bis es das Geheimnis meiner unverständlichen Liebe preisgäbe!«

»Ein fürchterlicher Gedanke,« murmelte Messalina entsetzt.

»Doch – ich wollte dir erzählen, wie ich mit Cäsonia zusammenkam,« erinnerte sich Caligula, wieder auf- und abschreitend. »Die Nächte des vollen Mondes hatten früher einen sonderbaren Einfluß auf mich,« begann er wieder. »Ich war dann unruhig und von einem Verlangen gepeinigt, das von nichts, von keinem Weibe gestillt werden konnte. Meine Sehnsucht ging nicht nach Irdischem, nicht nach Staubgeborenem. Sie reichte höher, bis zum Monde selbst! Und ich wußte dann Luna zu zwingen, daß sie das Lager mit mir teilte. Ich gab mich ihr hin, fühlte, wie der bleiche Schein ihres Körpers mich umschmiegte, das blasse Licht ihrer Glieder meine Sehnsucht kühlte, wenn alle Rundheit ihrer Gestalt auf meinen Kissen leuchtete. Und wie mich jetzt manchmal ein seltsames Begehren treibt, mich auf einem Haufen von Goldstücken zu wälzen, so wälzte ich mich in Mondnächten auf dem Silber der Luna.« Er machte erschöpft eine Pause. Dann fuhr er flüsternd fort:

»Da kam eine Nacht, in der die volle Luna meine Geliebte hätte sein sollen – aber Wolken bedeckten den Himmel. Mein Lager blieb dunkel. Ich schrie durch die Gänge, mir Mondlicht zu schaffen, wütend über meine armselige Machtlosigkeit, dem verfinsterten Himmel zu gebieten. Niemand wußte Rat. Nur Callistus verstand mich. Er führte mir Cäsonia zu. Und sie gab mir alles, was die in jener Nacht ungetreue Luna mir versagt hatte. Seitdem ersetzt Cäsonia mir die wankelmütige, launenhaft schwindende und wiederkehrende Luna. Cäsonia ist immer da, immer treu und bleibt stets die kühlende, spendende Luna. Ja, sie ist sogar so treu, daß ich sie bisweilen an einen meiner Freunde verschenken muß, um Eifersucht in mir zu erzeugen, die mir den unwandelbaren, sicheren Besitz Cäsonias wieder begehrenswert macht.«

Er war ermattet von seiner aufgeregten Schilderung und sah ermüdet um sich. Die Griechin löste sich abermals aus ihrer Erstarrung und schob ihm den Sitz entgegen. Er scheuchte sie mit einem Fußtritt auf ihren Platz zurück. Auch den Stuhl schleuderte er mit einem Tritte zur Seite.

Messalina erhob sich, aufgeschreckt von seiner Gewalttätigkeit.

»Man wird uns beim Mahle vermissen,« sagte sie mit bebender Stimme. »Laß uns das Gespräch beenden, Cäsar.«

Er spielte mit merkwürdig unruhigen Fingern an seinen Lippen, als er Messalina mit nachdenklicher Miene musterte.

»Es wäre eine Überraschung für die Gaffer, brächte ich dich in den Saal zurück, ohne daß deine geröteten Ohren Zeugnis ablegten für die Art unserer Zwiesprache,« grinste er. »Und – beenden – ? warum beenden? Das Ende ist anders nach meiner Gewohnheit. Ich denke dir Kurzweil zu bieten, die du bei deinem braven Gatten Claudius noch oft vermissen wirst.«

»Claudius?« Messalina runzelte die Stirn. »Es kann doch nicht dein Ernst sein –«

Er schnitt ihr mit einer schroffen Bewegung das Wort ab:

»Ich pflege in Dingen meines Willens nicht zu scherzen, mein Kind. Ich wünsche diese Ehe! Wenn du mich nicht verstehst – dein Vater wird besser begreifen, was eine Weigerung für die Deinen, dich selbst und Claudius bedeuten könnte.«

Er lachte hell auf. »Im übrigen, der Tropf Claudius wird die Ehre zu schätzen wissen, einen Apfel zu verspeisen, den ich, die Gottheit Caligula, angebissen habe.«

Sie trat dicht zu ihm hin. Die Fäuste geballt, rang sie vergeblich nach Worten, ihrer Empörung Luft zu machen. Weit größer als Messalina, gelang es dem Cäsar leicht, ihre Arme zu packen und sie festzuhalten.

»Du bist sehr töricht, dich mir im Zorn zu zeigen,« flüsterte er. »Die flammende Röte deines Gesichtes – nun kriecht sie über den Hals hinab und noch tiefer – schade, daß du kein durchsichtiges Kleid trägst – diese Blutwelle und deine Schönheit des Zorns bringen dich in Gefahr. Du selbst wirst dir gefährlich, weil mir begehrenswerter.«

Messalina bot alle Kraft auf, sich von dem Griffe zu befreien, mit dem der Kaiser ihre Handgelenke umspannt hielt. Er ließ sie eine Weile sich drehen und wenden, winden und reihen. Er beobachtete das Spiel ihrer vor Wut und Haß bebenden Nüstern, lauschte dem Keuchen ihres Atems, prüfte mit verschlingenden Blicken die jäh bewegten Hüften und gewahrte, wie bei diesem Ringen das Gewand sich mehr und mehr löste und die Schultern freigab. Endlich stand Messalina still und suchte in tiefen, raschen Atemzügen neue Kraft zu schöpfen.

»Gib mich frei, Cäsar!« schrie sie ihn gebieterisch an.

Er schüttelte stumm den Kopf.

Wieder sog sie tief Luft ein. In stummer Raserei starrte sie in das Gesicht Caligulas, das noch abstoßender wurde durch die Flecken auf der abbröckelnden Schicht des Goldpuders. Sie wollte um Erbarmen flehen. Doch sie war zu stolz. Auch wußte sie, daß die irre Seele dieses Menschen keiner Gnade fähig war. Sie sah nach seiner Kehle. Wenn es gelänge, sich dort festzubeißen. Dann muhte er sie loslassen. Aber er hielt die Schweratmende mit gestreckten Armen von sich ab, als ahne er diese Gefahr.

»Befiehl dem Prätorianer, daß er mich tötet!« stieß sie hervor.

»Bringe Wildurod herein,« gebot der Cäsar über die Schulter fort der Sklavin.

Sekunden später stand der riesenhafte Wächter in seiner erstarrenden Wappnung stumm neben der bildnisstummen Griechin.

Messalina kämpfte mit den Tränen und rief dem Mädchen zu: »Bist denn nicht auch du ein Weib? So hilf mir doch!«

»Sieh zu, ob sie dir hilft,« höhnte Caligula und ließ urplötzlich die Verzweifelte los.

Kaum fühlte Messalina sich frei, da wich sie bis zur Wand zurück. Sie rieb die schmerzenden Handgelenke und suchte das Gewand höher zum Halse emporzusehen. Doch das heftige Atmen, in dem ihre Schultern stürmten, verdrängte immer wieder den Stoff.

So standen die vier Menschen schweigend und lauernd stumm in dem Gemache. Die Stille blieb abgrundtief, als der Atem Messalinas ruhiger geworden war. Nur wenn der Prätorianer sich bewegte, klirrten die Erzplatten seiner Rüstung leise, als ob hinter den Wänden ein Rieseln von Metall sich ergieße.

»Nun ...?« warf Caligula endlich in das gespannte Schweigen. »Wähle: den Tod oder das Leben.«

»Den Tod!« sprach Messalina, ohne mit den Lidern zu zucken.

»Gut. Ich sehe immer gerne einen Menschen sterben, zumal einen jungen und schönen,« sagte der Kaiser ruhig und trat zur Seite.

Messalina löste sich von der Wand und ging auf den teutonischen Riesen zu. Die Griechin verließ den Raum. Sie dachte über das Sterben eines Menschen anders als ihr Herr.

Wildurod starrte dem jungen, stolz aufgerichteten Geschöpfe entgegen, das furchtlos auf ihn zuschritt. Er warf einen fragenden Blick auf den Imperator. Der regte verneinend das Haupt.

Doch im Angesicht des Todes, der in der grimmigen Gestalt des Prätorianers vor ihr stand, stürzte auf Messalina der aufquellende, heiße Wunsch nach dem Leben. Nur ein Wimpernzucken lang überdachte sie einen Plan. Fliehen, listig fliehen!! Sie ließ sich durch die Reglosigkeit des Teutonen täuschen. Es mußte gelingen, an dem schwerfälligen Riesen und dem leichten Seidenvorhang vorbeizuschlüpfen.

Mit einem wilden, aufsprühendem Schrei, mit dem sie sich selbst Mut zu machen suchte, sprang sie nach dem Ausgange. – Und fand sich von der Bärenkraft des Soldaten umklammert. In höchster Todesnot wehrte sie sich gegen das Sterben, umklammerte den rechten Arm des Wächters, ihn zu verhindern, das kurze Schwert zu ziehen. Kaum reichte die Kraft des Hünen, das verzweifelt mit körperlicher Gewandtheit um ihr Leben kämpfende Weib zu bändigen.

Unter den eisernen, zugreifenden Tatzen Wildurods ging der dünne Stoff des Festgewandes in Fetzen. Als Messalinas Kräfte versagten, hing sie bis zu den Hüften entblößt in den Armen des Wächters.

Der Riese hob die leichte Gestalt hoch empor und trug sie auf ein Lager, vorbei an dem brutal lächelnden Kaiser. Dann verließ der Taubstumme das Gemach.

Hinter ihm fiel der Vorhang nieder, als senke er sich abschließend über die Jugend Valeria Messalinas.

₺73,03

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Hacim:
550 s.
ISBN:
9783754181485
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre