Kitabı oku: «Römische Tagebücher», sayfa 6

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Nach dem Anschluß Österreichs im März 1938 nahm das Berliner Auswärtige Amt die einzig richtige Stellung durch die mir vom Vatikanbotschafter von Bergen übermittelte Erklärung ein, „daß die Anima trotz ihres nationaldeutschen Charakters eine rein kirchliche Stiftung werden soll, ohne Einmengung politischer oder diplomatischer Stellen“ — diese Auffassung entsprach meiner wiederholt geäußerten Stellungnahme in dieser delikaten Frage, die durch den Untergang der Habsburgermonarchie wie ein Bleigewicht über dieser altehrwürdigen Stiftung lastete.

26) a) das Grundbuch von Rom

b) „königlich-österreichisches Hospiz“

c) „kaiserlich-königliche Besitzungen“

27) Güter feindlicher Ausländer

27a) ausgenommen

28) „Über die Rechte der Niederländer“ (im Originalmanuskript steht „Neerlandesi“, gemeint ist wohl „Niederländer“ = Neederlandesi)

29) „Buch der Anima-Häuser“

*) Vgl. meine Bücher „Die deutsche Kulturarbeit in Italien“, Münster 1934, Verlag Aschendorff, mit genauen geschichtlichen Beilagen und Literaturverzeichnis, ferner „Die österreichische Vatikanbotschaft 1806—1918“, München 1952.

*) Buchdruckerei Tyrolia, Bozen, 1924.

30) „Seelsorge für die deutschen Katholiken in Italien“

31) „Protektor der Katholiken deutscher Nation in Italien“

*) Vgl. seinen Brief vom 31. Oktober 1909; der gesamte diesbezügliche Briefwechsel befindet sich im Archiv der Anima.

32) „Protektorat über die Seelsorge“

*) Manches, aber nicht das Wesentliche, dürfte durch das Dekret der päpstlichen Konsistorialkongregation (1951) über die Auswandererseelsorge überholt sein, jedoch kann man die nach Italien sich begebenden Deutschen nicht als Auswanderer im strengen Sinne des Rechtes bezeichnen.

33) „Einen deutschen Seelsorger in Rom gibt es nicht“

*) Vgl. das bedeutende Werk „Mission de France“.

34) Titel der Missionen oder Tischtitel (der kirchenrechtliche Ausdruck „titulus“ ist der Nachweis der Existenzgrundlage, die nach kirchlicher Vorschrift für jeden Kleriker gesichert sein muß)

4. Das österreichische und das reichsdeutsche Konkordat

Wie der napoleonischen Herrschaft in Europa folgte auch der Zeit des Ersten Weltkrieges eine Periode der Konkordate, um der religiösen Verwirrung einen Damm kirchlicher Rechtsbestimmungen entgegenzubauen. Zweifellos war aber in beiden Epochen für die betreffenden Staatsregierungen auch der Gedanke maßgebend, gegenüber dem sich nach französischem Muster vordrängenden Zentralismus einer deutschen Reichsidee durch religiöse Verträge mit dem Vatikan die innen- und vor allem die außenpolitische Unabhängigkeit zu markieren. Die beiden Konkordate Bayerns (1817, 1924) können von solchen politischen Nebenabsichten des Staatspartikularismus kaum getrennt werden. Merkwürdigerweise hatten gerade diese ein ähnliches Schicksal, so klug die Inspiratoren (Consalvi — Pacca — Pacelli) auch in der Festlegung der einzelnen Artikel mit Zusatzprotokollen gewesen sind. Das erste bayerische, vom Gesandten Häffelin in Rom mühsam durchgebrachte Konkordat, wurde bald darauf in wesentlichen Bestimmungen durch ein königliches Dekret durchlöchert. Das deutsche Reichskonkordat, in dem alle vorausgehenden (Bayern, Preußen, Baden) unverändert weiterleben sollten, bröckelte langsam ab und bestand am Ende kaum aus mehr als aus finanziellen Staatsbeiträgen. Die spätere Entwicklung zeigte, daß sie wie das alte österreichische Konkordat vom Jahre 1858 zu gut waren. Ebensowenig aber wie das Reichskonkordat ein Werk Hitlers war, für den Vizekanzler von Papen unterschrieben hat, ebensosehr reichen die Anfangsgründe des österreichischen längst in die Zeit vor dem Dollfußregime zurück, dessen Ministerkabinett wohl den gesamten Entwurf überprüfte und in einzelnen nicht wesentlichen Teilen ergänzte, ohne aber daß dieses autoritäre Staatssystem der eigentliche Autor dieses Kirchenvertrages gewesen ist, wie die sozialistische Wiener Presse aus Unkenntnis der Tatsachen und aus Gegnerschaft gegen den ihrer „Demokratie“ widersprechenden „Klerofascismus“ später behauptet hat. Ausgangspunkt des österreichischen Konkordats war in erster Linie das Bedürfnis einer Neuordnung auf eherechtlichem Gebiet, da die vom Sozialisten Sever in Wien und Niederösterreich eingeführte Praxis, selbstherrlich vom Eheband zu lösen, nach katholischem Eherecht unmöglich war. Diese seine Vollmachten überschreitenden Dispensen erteilte er auf Grund eines aus der alten Habsburgermonarchie übernommenen Notparagraphen, der in erster Linie das Hindernis der Kultverschiedenheit (Ehe von Katholiken mit Nichtgetauften, meistens Juden) zum Gegenstand hatte. Nachdem Rom in katholischen Ländern nur selten solche Dispensen bis 1918 gewährte, traten dafür die staatlichen österreichischen Behörden bei Vorhandensein schwerwiegender Gründe ein. Sever aber machte, nachdem durch die Kriegsverhältnisse Zehntausende von Ostjuden nach Wien geflüchtet waren, wo sie das Wiener Bürgerrecht erhielten, einen zu weitgehenden Gebrauch von diesem Paragraphen, so daß seine Dispensen bald mehrere Zehntausende erreichten*). Ausgerechnet der deutschnational (großdeutsch) gesinnte Bundeskanzler und frühere Chef der Wiener Polizei, Schober, hatte unter seinen Bekannten einen ähnlichen Fall. Anläßlich einer Aussprache in der österreichischen Quirinalgesandtschaft unterrichtete ich ihn über die im italienischen Konkordat mittelbar, wenn man den Artikel 34 mit der Lupe liest und entsprechend kommentiert, vorgesehene fakultative Trauung vor Kirche oder Staatsbehörde je nach dem Gewissen der Brautleute. Damit konnte man zwar nicht Fälle der Vergangenheit ordnen, wohl aber für die Zukunft diesen sogenannten Severehen das Propagandistische nehmen, denn wer sich nicht in der Kirche als Katholik trauen lassen will, macht es vor dem Staate, nachdem beide Formen der Eheschließung bürgerliche Rechtsfolgen haben. Aus dieser unserer ersten Besprechung ergaben sich von selbst Gedanken und Pläne für eine Gesamtregelung der kirchlichen Fragen zunächst für die Katholiken als der Mehrheit der Bevölkerung und später staatlicherseits auch für eine solche der Protestanten, um den Grundsatz der Parität auch politisch zu unterstreichen, denn im alten Österreich war nach der einseitigen staatlichen Aufhebung des Konkordates vom Jahre 1858 ein Rechtsvakuum entstanden, das 1918 beim Zusammenbruch der Monarchie einfach übernommen worden war. Die Hauptarbeit für den ersten österreichischen Konkordatsentwurf, der sich an die Verträge von Bayern und Italien als ungefähres Vorbild anlehnte, begann ich 1930 mit einer rechtsvergleichenden Studie vorausgehender Konkordate, die ich dem Staatssekretariat überreichte, während in diesem der Minutant Silvani (nach 1945 erster Wiener Nuntius) und der auf praktischem Gebiet hervorragende Grazer Hochschulkirchenrechtslehrer Prälat Haring die zahlreichen immer mehr sich häufenden Einzelfragen, die in Artikel und Paragraphen festgelegt werden sollten, geschichtlich und rechtlich ergänzten und revidierten. Ein treuer Mitarbeiter war auch bei diesen Vorarbeiten der kirchenpolitisch gewandte, langjährige Wiener Generalvikar, Weihbischof Kamprath, der für eine Reihe von Artikeln wertvollste Hinweise vermitteln konnte. Besonders galt dies der merkwürdigen Rechtslage nach der Angliederung des Burgenlandes an Österreich, denn im ersteren bestand das ungarische Eherecht weiter und damit die Möglichkeit, auf Umwegen in den übrigen Teilen Österreichs langsam die Unauflöslichkeit einer katholischen Ehe zu Falle zu bringen*). Die Schwierigkeiten betrafen ferner die in Österreich seit 1874 eingeführte und zur Gewohnheit gewordene Gemeinschaftsschule, die bei der überwiegenden katholischen Bevölkerungsmehrheit aber nicht jene Bedeutung haben konnte wie in der konfessionell gemischten Diaspora Deutschlands. Aber wie immer, hier standen sich Kirchenrecht (can. 1374) und eine gegenteilige, schon aus Finanzgründen nicht rasch zu ändernde Lage Österreichs radikal gegenüber, um so mehr als im Falle einer Änderung Protestanten, Juden und Konfessionslose (die Sozialisten hatten dafür die Organisation „Freie Schule“ geschaffen) dasselbe Recht für sich gefordert hätten. So wurde der augenblickliche Zustand der österreichischen Gemeinschaftsschule im Artikel 6 des Konkordats (letzter Absatz) als gegeben festgestellt und die konfessionelle Schule als ein in Zukunft zu erreichendes Programm der Katholiken bezeichnet. Es war eine Kompromißlösung nach dem Grundsatz: „Quieta non movere35).“ Hinsichtlich der Form des Eheabschlusses wurde die Rechtsgültigkeit der kirchlichen Ehen vereinbart (wie es bereits in der Monarchie der Fall war), ohne die Frage der Zivilehen zu berühren, die wie in Italien nunmehr als fakultiv vom Staate in Anspruch genommen werden konnten. Die Rechtsfrage des Religionsfonds (der in Österreich wegen der schlechten Verwaltung angeblich immer „passiv“ war), die alten Rechte des erzbischöflichen Stuhles von Salzburg gegenüber drei Suffraganbistümern (Graz, Klagenfurt, Brixen), ebenso die Neuordnung der Satzungen der Anima in der Form eines Kodizils wurden ausgeschaltet. Eine Neuheit war im österreichischen Konkordat ein Artikel über die Pressefreiheit für katholische Zeitungen und Zeitschriften. Letzterer hatte eine bewußte Spitze gegen den NS in Deutschland, in dessen Programm besonders eine solche Bestimmung nicht hineinpaßte. Viele Artikel des österreichischen Konkordates waren nichts anderes als Kodifikationen von Gesetzen und Bestimmungen (staatliche Ergänzungen des Unterhaltes der Weltgeistlichen), die bereits vor Dollfuß teilweise sogar mit Zustimmung der sozialistischen Arbeiterpartei (Kongrua) im Parlament genehmigt worden waren. Manche überflüssige kleinliche staatskirchenbürokratische Bestimmungen mußten über Weisung des Wiener Kultusministeriums eingeschaltet werden, während Kardinalstaatssekretär Pacelli mit Recht in einem solchen Staatsvertrag nur große Linien wünschte. Das österreichische Konkordat als ein Kompromißwerk setzte aber wie jenes von Italien auf eherechtlichem Gebiet, um nicht neuerliche Schwierigkeiten zu verursachen, eine allmähliche Angleichung des österreichischen staatlichen Eherechtes mit dem kirchlichen voraus; aber genauso wie in Italien zeigte es sich bald, daß der Wunsch der Vater des Gedankens war, denn nach der Ratifizierung erfolgte eine staatliche Erläuterung, die hinsichtlich der von Katholiken geschlossenen Mischehen eine andere Praxis voraussetzte. Versuche einer Neuumschreibung des betreffenden Konkordatsartikels sind im Wirbel der folgenden politischen Umwälzungen Österreichs untergegangen. Man kann nicht leugnen, daß die an der Abfassung dieses Vertrages beteiligten Staatsbeamten mit großer Gewissenhaftigkeit in Wien und später in Rom ihre schwierige Aufgabe erfüllt haben. Daß dieses Konkordat, zu dessen Unterfertigung Dollfuß und Schuschnigg nach Rom gefahren sind, auch der Fertigung eines unabhängigen Österreichs dienen sollte, hätten die damals ausgeschalteten oder in Opposition stehenden Sozialisten objektiv anerkennen müssen, selbst wenn sie der augenblicklichen nichtdemokratischen Staatsform grundsätzlich ablehnend gegenüberstanden. Als die Ratifizierung im Sommer 1934 sich wegen einiger Schwierigkeiten hinausschob, sagte mir der damalige Substitut im Staatssekretariat, Josef Pizzardo: „Warum geht es nicht schneller voran? Nehmen Sie sich doch in Österreich ein Beispiel an Deutschland, wo rasche Arbeit geleistet wurde!“ In der Tat hatte der Reichstag in Berlin das deutsche Konkordat gebilligt, bevor noch allen Mitgliedern der genaue Text mit dem Kodizil zur Kenntnis gebracht oder überhaupt eine vorausgehende Stellungnahme ermöglicht wurde — der Unterschied zwischen zwei diktatorischen Staatsformen (!). Österreichisches und deutsches Konkordat haben inhaltlich und in ihren Fernwirkungen auf die Gegenwart manche Ähnlichkeit, obwohl sie in wesentlichen und grundsätzlichen Fragen verschieden geartet sind, das erstere ist wirklichkeitsnäher als das letztere.

Ursprungsmäßig geht das deutsche Reichskonkordat vom 20. Juli 1933*) auf einen Entwurf des Professors Delbrück zurück, des früheren Direktors des Deutschen Archäologischen Instituts in Rom, der als Fachmann des Auswärtigen Amtes in Berlin in Zusammenarbeit mit Politikern verschiedener Richtungen (die Anhänger des NS und Kommunisten waren damals dagegen) die großen Richtlinien festgelegt hatte.

Mehrere Bestimmungen der Weimarer Verfassung, die übrigens mit den Stimmen der Sozialisten gebilligt worden waren (Recht der Eltern oder Erziehungsberechtigten hinsichtlich des Religionsunterrichtes, Möglichkeit beziehungsweise Pflicht des Staates zur Errichtung von privaten oder konfessionellen Schulen bei gewissen Voraussetzungen), erleichterten die Ausarbeitung eines solchen Entwurfes, der sich wesentlich auf demokratische Staatsführung stützen konnte. So war auch das daraus hervorgegangene deutsche Reichskonkordat kein Produkt des NS, es lag vielmehr auf der Linie der Weimarer Verfassung, die ein Minimum religiöser Rechte für alle Konfessionen sicherstellte. Die innenpolitische Lage Deutschlands nach dem Jahre 1918 hatte, kirchenpolitisch betrachtet, manche Ähnlichkeit mit jener nach dem Wiener Kongreß. Eine die Reichsidee tragende Autorität fehlte, seitdem Kaiser Franz, der ständigen Intrigen der deutschen Kleinstaaten, besonders ihrer Herrscher, überdrüssig, die Reichskrone niedergelegt hatte. Der große nationale Gedanke war ausgeschaltet. Die einzelnen Königreiche und Fürstentümer erinnerten sich wieder ihrer früheren separatistischen Machtstellung im Deutschen Reich und suchten dieselbe irgendwie gegen die Zentralisierungsbestrebungen Berlins beziehungsweise Preußens zurückzugewinnen. Metternich spielte mehrere Jahre mit dem Gedanken eines Reichskonkordates, die beiden damals maßgebenden Kardinalstaatssekretäre Consalvi und Pacca waren geteilter Auffassung. Schließlich siegte über die Reichsidee, deren Träger Preußen war, der Separatismus der Länder, und es begann die Zeit ihrer Konkordate nach dem altbewährten politischen Grundsatz „Divide et impera36)“. Die Weimarer Verfassung, die eine spätere Regelung wichtiger Gebiete (Schule, Ehe) in Aussicht stellte, aber noch mehr die politischen Gegensätze, wie nicht zuletzt der Parteienkampf und der Mangel einer autoritären obersten Stelle im Reich, führten deshalb genau wie 1815 zum gleichen Ergebnis, nämlich zum Abschluß von Länderkonkordaten (Bayern 1924, Preußen 1929, Baden 1932).

Daß bald nach der Machtergreifung im Reiche durch den NS der Entwurf Delbrücks herausgeholt wurde, war zunächst nichts Überraschendes, da der NS in seinem ersten Stadium trotz der Giftzähne seines Programms (Art. 2 g, 3) ein erträgliches Verhältnis mit der Kirche nur wünschen konnte, schon um seinen Hauptgegner, die Zentrumspartei, zu erledigen. Mit großen Hoffnungen wurde gerade dieser Kirchenvertrag, der für viele ganz unerwartet kam, von national-konservativen Kreisen begrüßt*). So schrieb Erzbischof Gröber (Freiburg), der als Vertreter des deutschen Episkopates an den Verhandlungen in Rom teilnahm, im Buch „Handbuch der religiösen Gegenwartsfragen“ (Herder-Verlag 1937): „Kirchenpolitisch bewies der Abschluß des Konkordates, daß zwei ihrem Wesen nach totalitäre Gewalten dennoch (!) eine Einigung finden können, wenn die Gebiete sich sondern und Überschneidungen der Zuständigkeit auf freundschaftliche Art zu Gemeinsamkeiten oder Parallelen werden. Was die Bewertung des Konkordates betrifft, so war es, außen- und innenpolitisch betrachtet, die erste weittragende internationale Abmachung des neuen Reiches, was für Partei und Staat als ein moralischer Erfolg im Gegensatz zu den bisherigen vergeblichen Bemühungen des Weimarer Systems gebucht wurde und eine freudige Hinordnung des bekenntnistreuen Katholiken zum nationalsozialistischen Staate zur Folge haben konnte.“ Diese Worte finden eine Ergänzung in den folgenden eines Jesuiten: „Die Verhandlungen (in Rom) hatten einen um so rascheren Erfolg, als auf Grund des Ermächtigungsgesetzes kein Parlament (!) zu hören war, was die Konkordatsverhandlungen in Bayern, Preußen und Baden erschwert hatte. Die Konkordatsverhandlungen im Sommer 1933 waren nicht so sehr das Ergebnis eines Kräftespiels, als vielmehr die juristische Formulierung uralter (!) philosophischer Lehrsätze über das wahre Verhältnis der Kirche und Staat“ (Ivo Zeiger S. J.).

Das Urteil unter den deutschen Katholiken über diesen Staatsvertrag, in gewisser Hinsicht ein Deus ex machina, war nicht eindeutig klar*). Den hoffnungsvollen Erwartungen standen Zweifel und Mißtrauen gegenüber. Manche bezeichneten das Reichskonkordat geradezu als die erste geistig-moralische Kapitulation vor dem NS, der nunmehr mit der Gloriole eines Förderers der Religion in die Arena des weltöffentlichen Urteils gehen konnte. Ein vom rein Politischen her geführter Kampf von Katholiken gegen den NS wurde damit im vorhinein fast unmöglich gemacht. Schon das liturgische, jeden Sonntag nach dem Gottesdienst für das Dritte Reich in der Kirche von den Gläubigen zu sprechende Gebet war ein psychologisches Hindernis. Zu weit gehend war aber die vom früheren Schriftleiter des Zentrumsblattes „Hildesheimer Zeitung“, Wilhelm Karl Gerst (Frankfurt, 1949), geäußerte Auffassung, daß dieses deutsche Konkordat „ein Dolchstoß gegen die kompromißlosen politischen Gegner des NS innerhalb des Katholizismus“ gewesen sei und diesen das Rückgrat gebrochen habe, daß die Weltöffentlichkeit über den wahren Charakter des NS getäuscht und zum Schluß jene Katholiken, die sich dem NS zugewandt hatten, 1945 zu Angeklagten vor den Spruchkammern gemacht wurden, daß ferner dieses Konkordat ein Sieg gewesen sei gegen den Kampf zwischen der integralen Haltung der Trierer (unter Pius X.), geführt von Bischof Korum, und der demokratischen Haltung der Mönchen-Gladbacher, mit anderen Worten der Frage einer Zusammenarbeit der katholischen Arbeitervereine mit ihren protestantischen Kollegen in christlich-konfessionellen Gewerkschaften und darüber hinaus mit den sozialistischen Arbeitern; ferner ginge es letzten Endes um die Frage, ob katholische Laien in ihren politischen Entscheidungen kirchlichen Vorschriften unterworfen sind oder nicht. Zweifellos wurde ein klarer, ehrlich und offen geführter „politischer“ Kampf der Katholiken gegen das Totalitätssystem durch das Konkordat erschwert, aber Rom wollte nach den Erfahrungen mit dem Faschismus (Lateranvertrag und italienisches Konkordat) für alle Fälle retten, was zu retten war, ungeachtet der unsicheren Verhältnisse in Deutschland und ohne Rücksicht auf die augenblickliche Staatsform, die seit Leo XIII. für den Vatikan keine Rolle spielt, wenn die Interessen der Kirche gesichert sind. Die Opfer waren später nach der Niederlage des Dritten Reiches jene Katholiken, die geglaubt hatten, daß man mit den NS zusammenarbeiten könne — sie wurden vor alliierte Gerichte und deutsche Spruchkammern geschleppt, als „Nazi“ bezeichnet und oft jahrelang wie Verbrecher und Aussätzige überall ausgeschaltet, obwohl sie nur dort logisch weiterdachten und arbeiteten, wo der Vatikan begonnen hatte — und doch wußte niemand, was nach 1934 im NS-Programm vor sich gehen sollte. Wurden die Giftzähne wirklich ausgezogen, oder war es nur Taktik der emporstrebenden Partei, um das Zentrum in einer vornehmen Art abzuwürgen, wie es Mussolini mit der italienischen katholischen Volkspartei gemacht hatte? Oder war das Reichskonkordat ein Blankowechsel seitens des Vatikans, um für spätere Auseinandersetzungen eine Rechtsgrundlage für Kämpfe oder Kompromißlösungen in Händen zu haben? Der Zweifel breitester Kreise innerhalb der deutschen Katholiken war mehr als berechtigt. Sie empfanden alles als Lähmung des politisch-demokratischen Kampfes, nachdem auch beim Sonntagsgottesdienst ein Gebet für das Reich vorgeschrieben war. Als ich im Herbst 1934 von Trier, wo ich im Hindenburg-gymnasium in der Görres-Gesellschaft einen Vortrag gehalten hatte über „Rom, Christentum und deutsches Volk“, der mit gedämpftem Beifall wegen der nationalen Note aufgenommen worden war, bei Papst Pius XI. Audienz hatte, ersuchte er mich, ihm meine Eindrücke über das neue Deutschland zu schildern. Da ich wußte, daß er seiner hohen Würde und Verantwortung bewußt, stark Autokrat war und gegenteilige Meinungen nicht liebte, bat ich zuerst um die Erlaubnis, offen zu sprechen „sicut Episcopum decet37)“. Bald jedoch mußte ich bemerken, daß die von mir aus Deutschland mitgebrachten Stimmungseindrücke besonders über das Reichskonkordat ihn zu heftigem Widerspruch reizten. Er richtete sich von seinem goldgepreßten Lederstuhl auf mit den Worten, die ich nie vergessen konnte: „Was? Wir haben das Konkordat nicht verlangt. Es wurde uns aufgezwungen. Denken Sie doch, bevor der Text noch fertiggestellt war, wollte man in Berlin bereits den Reichsrat zur Beschlußfassung darüber einberufen“ — im Vorzimmer warteten auf ihre Privataudienz Vizekanzler von Papen und der Freiburger Erzbischof Gröber! In der Tat, das österreichische Konkordat war unter ganz anderen Verhältnissen abgeschlossen worden. Es hatte nichts von der Gefahr des Politischen in sich, war wirklichkeitsnäher. Nichts in seinen Artikeln war gefordert, das nicht auch ein moderner Sozialist und Gegner des NS mit wenigen Änderungen oder Einschränkungen zugestehen konnte. Daß Hitlers engere Berater die Absicht hatten, diesen Kirchenvertrag, der über das NS-Schulprogramm (interkonfessionelle, also Gemeinschaftsschule mit Religionsunterricht) hinausging, sozusagen auch als moralische Visitenkarte für die Weltöffentlichkeit, die vom ganzen politischen Umsturz in Deutschland überrascht war, zu benützen, ferner um die zentralistische Reichsidee zu fördern und die einzige ihm wirklich gefährliche politische Partei, das konfessionell gebundene Zentrum, zu liquidieren; in ähnlicher Weise, wie sein Vorbild Mussolini es mit der katholischen Volkspartei Don Sturzos machte, „nachdem die kirchlichen Belange vertragsmäßig gesichert seien“, ist naheliegend, doch kann diese Begleiterscheinung das Urteil über Inhalt und Bedeutung dieses Vertrages, der übrigens nicht mit Hitler, sondern mit dem als frei vom ganzen deutschen Volke gewählten Staatsoberhaupt abgeschlossen wurde, in keiner Weise ändern oder trüben. Es ist abwegig, wenn der ehemalige preußische Finanzminister Dr. Höpker-Aschoff erklärt, das Reichskonkordat sei von einer „Verbrecherbande“ in der Absicht geschlossen worden, es nicht zu halten, — also (!) heute rechtsunwirksam.

Ich habe nach genauen Studien der kirchenrechtlichen Vereinbarungen dieses Reichskonkordates und mit ständigen Vergleichen zum österreichischen Vertrag denselben immer in einem NS-Staat als eine Unmöglichkeit empfunden. Niemals wäre im kaiserlichen Deutschland, noch weniger in der Weimarer Republik die Einführung einer konfessionellen Schule im gesamten Reich möglich gewesen, da der sozialistische und liberale Teil sich entschieden widersetzt hätten.

Lange konnte auch ich mich nicht vom Eindruck befreien, daß der im rheinischen Separatistenkampf gegen die Reichsidee kompromittierte, geistig hochbefähigte Ludwig Kaas, der letzte Vorsitzende der Zentrumspartei, dieses Konkordat in Rom auch befürwortete, um jenes System zu stürzen, das er am 30. Jänner 1933 durch das Ermächtigungsgesetz emporgebracht hatte und dem er in einem Glückwunschtelegramm, das auch im „Osservatore Romano“ veröffentlicht wurde, des Himmels Segen wünschen konnte. Entweder war das Programm des NS in seinen kulturellen Forderungen den vatikanischen Kreisen unbekannt (was ich nicht annehmen möchte), oder sie kannten es. In beiden Fällen muß man sagen, daß dieses Konkordat das moralische Ansehen des NS im Urteil des Auslandes legitimierte und festigte. Die Schulfrage war aber längst vor dem NS in Deutschland in einer heillosen Verwirrung. Nicht der nationalvaterländische Gedanke, der die konfessionellen tief bedauernswerten Gegensätze Deutschlands, von deren politischer Auswirkung Italien keine Ahnung hat, überbrücken wollte, um endlich ein einiges deutsches Reich und ein seiner nationalen Einheit bewußtes Volk zu schaffen, sondern individualistische, selbstsüchtige, konfessionelle und provinziale Erziehungsmethoden und Ziele verlegten den Weg zu einer modernen Gemeinschaftsschule wie in Österreich. So ist es auch zu keiner einheitlichen, nationalen politischkulturellen Linie gekommen, was den Feinden eines starken Deutschland nur erwünscht sein mußte. Man kann nicht leugnen, daß das Reichskonkordat von 1934 die weltanschaulichen Gegensätze im Reiche vergrößerte und nicht einigend wirkte. Ich bin überzeugt, daß Hitler die einzelnen Bestimmungen nie gelesen oder überdacht hat. So schmiedete man die besten Waffen, um die nationale Bewegung in ständiger Unruhe zu erhalten, da der sozialistische Flügel des NS niemals der Einführung der konfessionellen Schule in allen Teilen des Reiches zustimmen konnte (Hessen, Sachsen, Thüringen usw.).

Das deutsche Reichskonkordat wurde deshalb automatisch zur Kampfwaffe und sozusagen rechtlichen Grundlage gegen die Totalitätsansprüche der linksradikalen Richtung innerhalb des NS, der sich mit diesem Kirchenvertrag genau wie der Faschismus das eigene Grab geschaufelt hat. Niemals wäre auch das päpstliche Weltrundschreiben vom März 1937 „Mit brennender Sorge“, in dem die Kirche gegen den Kirchenkampf des NS Frontstellung bezog, so wirksam geworden, auch in Kreisen des deutschen Protestantismus, der Papst Pius XI. in mehreren Schreiben dafür dankte, wenn der Vatikan nicht diesen Rechtsvertrag in Händen gehabt hätte.

Die beiden Konkordate miteinander verglichen, ergibt, daß jenes für Österreich zweifellos realpolitischer war als das reichsdeutsche. Ersteres war organisch gewachsen, letzteres lebte in der Gedankenwelt der Weimarer Zeit, also gerade jener politischen Welt, die der NS seit 1920 heftig in Versammlungen, Zeitungen und Schriften als unvereinbar mit „deutscher Ehre“ bekämpfte. Inhaltlich entsprach das deutsche Reichskonkordat in der Hauptfrage (Schule, religiöse Erziehung) den demokratischen Grundsätzen der Weimarer Verfassung, nach welcher das bereits vor 1918 in Bayern, Westfalen, Rheinland bestehende konfessionelle Schulsystem auf das gesamte deutsche Staatsgebiet theoretisch ausgedehnt werden konnte, weil die Durchführung von der freien Willensentscheidung der Eltern abhängig gemacht und so eine „demokratische“ Überzeugung bekundet werden sollte. Die Schwierigkeiten betrafen gerade dieses Gebiet, da der NS programmäßig ebenso wie die kommunistische Partei ein Staatsschulmonopol mit einer Gemeinschaftsschule (nach dem Beispiel Österreichs) anstrebte, um den konfessionellen Spalt zwischen Norden, Süden und Rheinland im Interesse nationaler Einheit in der Jugend durch eine weitgehende Toleranz zu überwinden. In letzter Schau war dieser Kampf ein solcher um Demokratie, Partikularismus, staatliche nationale Erziehungsdiktatur und die Reichsidee. So schuf das Reichskonkordat tatsächlich — solange der NS bestand — mit der Einführung der konfessionellen Schule in ganz Deutschland Schwierigkeiten, denn dieser Programmpunkt des Zentrums und gemäßigten deutschen Sozialismus widersprach bereits dem ältesten NS-Programm des Iglauer Parteitages 1913, das in München 1920 übernommen wurde: „Neugestaltung des Schulwesens im Sinne der Einheitsschule und Erziehung der deutschen Jugend im völkischen Geiste.“

Abschließend kann man sagen, daß Rom, soviel Menschliches und allzu Menschliches von allen Seiten in diese Verhandlungen hineingetragen wurde, beiden Konkordaten ein Grundgesetz verteidigt und gerettet hat: die Freiheit der religiösen, weltanschaulichen Erziehung nach Wunsch der Eltern und die Freiheit der Eheschließung nach dem Gewissen der einzelnen Menschen; Staaten und Parteien sind nur Vorübergehendes, ob sie christliche, nationale oder soziale Farben tragen. Selbst Nationen sind etwas Vergängliches. Bleibend ist nur die Sendung von Kirche und Religion und in erster Linie das Gewissen des einzelnen Menschen, nach dem sie einmal in der Ewigkeit zur letzten Rechenschaft gezogen werden.

Wundersam still ist es im Renaissancehöfchen der Anima. Wenn man in diese Weltabgeschiedenheit eintritt, lebt eine andere Zeit wieder auf. Versunkene Jahrhunderte beginnen von deutscher Vergangenheit zu sprechen, von Herrschern, die einst die römische Krone trugen und ungeachtet ihrer politischen Kämpfe mit den Päpsten die Kirche als Ausdruck der Religiosität liebten und verteidigten. Drei Reichsadler grüßen noch aus dem 15. Jahrhundert.

Im traumhaften, kühlen Abendfrieden plätschert nur das Wasser, das aus einer Brunnenröhre in den antiken Römersarkophag rieselt. Anima — hier ist ein Stück Deutschland. Deutscher Geist in Rom. Möge es immer so bleiben! Das ist mein Abendgebet.

*) Der oberste Wiener Verfassungsgerichtshof überwies die schwierige Frage der Kompetenz mit einem salomonischen Urteil vom Juli 1930 in das Parlament als dem gesetzgebenden Organ Österreichs.

*) Vgl. österreichische Verordnung vom 29. Mai 1922. (In Italien war eine etwas ähnliche Lage im Verhältnis der Miniaturrepublik San Marino zum allgemeinen Ehegesetz.)

35) „Nicht anrühren, was ruhig ist!“

*) Georg Schreiber, „Zwischen Demokratie und Diktatur, Persönliche Erinnerungen an die Politik und Kultur des Reiches“, Münster, 1950.

36) „Teile und (so) herrsche!“

*) Im Nürnberger Prozeß hatte dieses Reichskonkordat merkwürdige Kommentare, vgl. von der Lippe, „Nürnberger Tagebuchnotizen“, Frankfurt, 1951, 323/5.

*) Wie ein Anachronismus erschienen die scharfen Verurteilungen des NS seitens der Bischöfe 1923—1930 (vgl. das Buch des Jesuiten Jakob Nötges, NS und Katholizismus, Gilde-Verlag, Köln 1931). Die Losung für kompromißlosen Kampf gegen den NS hatte 1932 die Abhandlung des katholischen Geistlichen Seitz gegeben im Klerusblatt von Bayern (22. Juni 1932, Nr. 25, „Hitler und Kirche“). Sie folgte der Pastoralanweisung der Bischöfe Bayerns vom 12. Februar 1931, die eine unbedingte Ablehnung des kulturpolitischen Programms des NS enthielt. Das Reichskonkordat 1933 mußte notwendigerweise diese Stellungnahme als überholt betrachten. Die harte Linie des Widerstandes wurde später, als die ersten Schwierigkeiten sich zeigten, von den beiden Jesuitenschülern, den Bischöfen (Ehrenfried) von Würzburg und Eichstätt-Berlin (Preysing) geführt. Von ersterem wurde folgende Äußerung nach Rom berichtet: „Wir müssen den Krieg verlieren, sonst werden wir diese NS-Canaille nicht mehr los.“ In ähnlicher Weise betete sogar der protestantische Pfarrer Dietrich Bonhoffer, (im Original Bonhoefer) fanatischer Anhänger der bekennenden Kirche, vor einer internationalen (!) Kirchentagung in Genf um die Niederlage Deutschlands. Seine später veröffentlichten Briefe und Aufzeichnungen in der Haft (Lager Flossenbürg) in der Schrift „Widerstand und Erhebung“ (Chr.-Kaiser-Verlag, München 1952) geben das Bild eines ideologischen Helfers der Feinde der deutschen Nation. Dagegen war der dritte Jesuitenschüler, Erzbischof Gröber (Freiburg), mit dem Berliner Nuntius Orsenigo ein Gegner kompromißlosen Kampfes und für Zugeständnisse bereit.

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