Kitabı oku: «Unternehmenssanierung, eBook», sayfa 31
8. Fallstudie[49]
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Ausgangslage: ein mittelständisch geprägtes Unternehmen der Mode-Industrie mit ca. 250 Mio. EUR Umsatz, einer eigenen Marke und einem Mix aus eigenen Läden, einer Listung in den großen internationalen Kaufhaus-Ketten, einem Franchise-System und einigen Direkt-Importeuren, für Länder, in denen keine eigenen Läden gehalten wurden, sah sich mit einer langanhaltenden Situation sinkender Umsätze und einem über mehrere Jahre negativen Ergebnis konfrontiert. Der Markt in dem relevanten Segment stagnierte über Jahre, wesentliche Wachstums-Impulse gingen nur von dem Ostasiatischen Raum, dem Nahen Osten und Russland in der Größenordnung von 2 %–3 % aus. In diesen Ländern war das Unternehmen seit Jahren allerdings unterrepräsentiert, unter anderem weil mehrfach Strategie-Wechsel vollzogen wurden und deshalb die ursprüngliche Expansion mit eigenen Läden auf Franchise-Nehmer und dann wieder auf eigene Läden umgestellt wurde. Die Marke war im hochpreisigen Premium-Segment positioniert, die Ist-Kunden hauptsächlich Konsumentinnen im mittleren bis höheren Alter, mit hohem verfügbaren Einkommen und einer hohen Ausgabebereitschaft, sogenannte „Silver-Ager“.
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Verschiedene Generationen von Managern hatten bereits versucht, das Unternehmen wieder auf einen nachhaltigen Wachstumskurs zu führen und dabei insbesondere die Marke neu positioniert und sowohl von der Preisgestaltung als auch im Produktdesign und der Markenkommunikation neu aufgestellt.
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Durch ein insgesamt jüngeres und „peppigeres“ Auftreten sollten junge Käuferschichten angesprochen werden, durch neu definierte Preisuntergrenzen, neue, jüngere Konsumentinnen mit niedrigerer Ausgabebereitschaft adressiert werden. Zusätzlich wurden in den Konsumenten-Hochburgen New York, Paris, London und Berlin „Pop-up“ Stores eröffnet, um dort für die jungen, urbanen Konsumentinnen in einem modernen Shopping-Umfeld präsent zu sein. Im Rahmen einer digitalen Channel-Strategie wurden mit weltbekannten Stars aus der Musikszene die Produkte des Unternehmens beworben.
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Trotz dieser mehrere Millionen-Euro teuren Kampagne, hörten die Umsätze nicht auf zu sinken und die Ergebnisverschlechterung dynamisierte sich weiter, so dass der Aufsichtsrat des Unternehmens schließlich beschloss, einen Restrukturierungsberater einzusetzen.
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Die eingehende Ist-Analyse brachte folgende Ergebnisse in Bezug auf die Strategie und die strategische Positionierung des Unternehmens:
- | Das Sortiment war über die letzten Jahre nahezu explodiert; es wurden immer neue Teile hinzugefügt, ohne aber wenig, bzw. nicht erfolgreiche Sortimentsbestandteile aus der Kollektion zu nehmen; sowohl in der Breite als auch der Tiefe der Kollektion hatte sich das Unternehmen eine erhebliche Komplexität zugelegt |
- | Dazu gehörte auch das beständige Ausweiten der Kollektion in Ergänzungssegmente und angrenzende Sortimente; in diese Sortimentsergänzungen wurde im Laufe der Jahre mehrere Millionen Euro investiert aber gleichzeitig beständige Verluste geschrieben |
- | Fast 80 % der Kollektion wurde weltweit einheitlich vertrieben, aber die regionalen Besonderheiten in Bezug auf Größen – in Asien einerseits, aber auch in USA und im Nahen Osten andererseits – wurden nicht berücksichtigt, so dass die Passform für Konsumentinnen in diesen Ländern unzureichend war |
- | Eine gezielte Marktforschung in Bezug auf die Kundenpräferenzen und die Kaufbereitschaft ergab, dass durch den mehrfachen Wechsel der Strategie und die Orientierung hin zu jüngeren Konsumentinnen die traditionellen Ziel-Kundinnen massiv verunsichert waren, ohne dass neue Konsumentenschichten erschlossen werden konnten; letztendlich wussten die Ziel-Kundinnen nicht mehr, wofür die Marke stand |
- | Das für mehrere Millionen Euro eingegangene Engagement mit einem Testimonial der Musikszene verpuffte nahezu vollständig, da das Testimonial nur wenig Markenbekanntheit bei der angestammten Zielgruppe der „Silver Ager“ hatte. |
- | Eine zusätzliche, fokussierte Marktstudie zur Preiselastizität ergab, dass im Kernmarkt Europa kaum Potential für eine Preissenkung bestand; die geringen Zuwächse an Kaufbereitschaft wurden durch die Preisreduzierung überkompensiert, so dass bei Preissenkung in Summe ein Umsatzverlust übrig blieb; im Gegensatz dazu konnten Preiserhöhungen durchaus Umsatzsteigerungen erzielen, weil relativ wenige Konsumentinnen bei höheren Preisen abspringen würden |
- | Wesentliche Trends im sportiven und Casual-Umfeld hatte die Marke verpasst |
- | Die Retail-Performance des Unternehmens wies große Unterschiede auf; die Franchise- Läden entsprachen vielfach nicht dem angestrebten Markenimage, die eigenen Läden verzeichneten im Schnitt einen wesentlich höheren Quadratmeter-Umsatz als alle anderen Flächen; zusätzlich zeigte sich, dass die hohen Preis-Nachlässe gegenüber den Warenhaus-Unternehmen dieses Segment insgesamt stark in negative Ergebnisse drehte. |
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Diese Analyse hatte zur Folge, dass ein radikaler Strategie-Schwenk vollzogen wurde. Dabei wurden folgende Elemente adressiert:
- | Die Marke wurde wieder konsequent auf die Zielgruppe der Silver-Ager ausgerichtet, mit einer eindeutigen und klaren Kommunikation, Marken-Kampagnen, die diese Zielgruppe ansprachen und einer deutlich verringerten Kollektion; |
- | die Preise in Westeuropa wurden im Zuge dieses Schrittes sukzessive um 5 %-10 % erhöht; |
- | um auch die jüngeren Konsumentinnen zu adressieren, wurde eine Zweitmarke gelauncht, die in ihrer Kommunikation und Ausstrahlung jung und frisch aufgesetzt war; |
- | diese Zweitmarke wurde nur über das Internet vertrieben, zusätzlich wurde ein Pop-Up Store Format geschaffen, das abwechselnd in ausgewählten Großstädten eingesetzt wurde; |
- | um die Regionen Ost-Asien, Naher Osten und Russland besser abdecken zu können, wurden spezielle Kollektionen geschaffen, die über zusätzliche Ausstattungsmerkmale verfügten und Größen-angepasst waren; |
- | für Westeuropa und die USA wurde eine auf die aktuellen sportlichen Trends abgestimmte Kollektion entworfen und im Premium-Segment preislich angesiedelt; |
- | der Vertrieb wurde umgestaltet: die Franchiseverträge wurden gekündigt und durch eigene Läden ersetzt; das Segment Warenhäuser wurde vor dem Hintergrund der insgesamt schwächer werdenden Relevanz eingestellt und damit weitere Verluste vermieden; für Ost-Asien, Russland und den Nahen Osten wurde eine Wachstums-Strategie erarbeitet, die die Neueröffnung von 20 Läden pro Jahr vorsah; |
- | das Sortiment wurde um ca. 35 % reduziert; verlustträchtige Kollektionsteile aus dem Sortiment genommen, Bereiche, wie z.B. Swimwear eingestellt. |
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Mit Hilfe dieser strategischen Neuausrichtung und umfangreicher operativer Restrukturierungsmaßnahmen konnte das Unternehmen innerhalb von 2 Jahren den Turnaround erzielen und insbesondere auch wieder stärker als der Markt wachsen. Über die Jahre 2016–2019 konnten so kontinuierlich Wachstumsraten von ca. 3 %–4 % bei weiterhin weitgehend stagnierenden Märkten erzielt werden.
9. Zusammenfassung
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Die Überprüfung der Strategie sollte ein wesentlicher Bestandteil jeder Restrukturierung sein. Die Erfahrung zeigt letztendlich, dass nahezu alle wirklich nachhaltig erfolgreichen Restrukturierungen auf schlüssigen und zukunftsfähigen Unternehmensstrategien, bzw. Portfoliostrategien aufgebaut werden. In jedem Fall ist weder das Argument des Zeitdrucks noch etwaiger Kosten ein hinreichender Grund, darauf zu verzichten, durch die Überprüfung der Strategie und eine mögliche strategische Neuausrichtung sämtliche Ursachen einer Unternehmenskrise nachhaltig abzustellen. Es bietet sich dabei an, im Rahmen des Grobkonzeptes für eine Restrukturierung die Strategie des Unternehmens zu validieren und dann im Rahmen des Detailkonzeptes, die strategischen Maßnahmen weiter auszuarbeiten oder zu detaillieren. Eine besondere Relevanz in der Restrukturierung hat dabei die Portfolio-Strategie. Durch die geeignete Segmentierung des Unternehmensportfolios nach Marktattraktivität und nach Performance-Kennzahlen, sowie nach Ziel-Größen für die Performance-Kennzahlen lassen sich strategische Entscheidungen für das Unternehmensportfolio ableiten. Diese sind insbesondere der Verkauf, bzw. Zukauf, die Abwicklung und die Performance-Verbesserung. Im Rahmen des typischen Strategie-Prozesses werden üblicherweise zunächst mit Hilfe von Markt- und Wettbewerbsanalysen sowie der Analyse der Ist-Situation und der Kernkompetenzen des Unternehmens, strategische Optionen erarbeitet. Diese werden durch eine mehrfache Iteration auf wenige, konkrete und bewertete Handlungsoptionen reduziert und letztendlich die präferierte Option durch die Gremien verabschiedet. Die so festgelegte Gesamt-Strategie stellt eine Konkretisierung der Vision und Mission des Unternehmens im konkreten Markt- und Wettbewerbsumfeld dar. Teil-Strategien, wie z.B. die bereits erwähnte Portfolio-Strategie oder aber Strategien für einzelne Funktionen dienen dann dazu, die Gesamt-Strategie zu ergänzen und weiter herunterzubrechen.
5. Kapitel Finanzielle und bilanzielle Restrukturierung
I. Eigenkapitalmaßnahmen
1. Rechtlicher und wirtschaftlicher Maßstab
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Die Finanzierungsmaßnahmen, Eigenkapital- wie auch Fremdkapitalmaßnahmen, sind im Idealfall Bestandteil eines umfassenden Sanierungskonzeptes, das grundsätzlich auch leistungswirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen umfasst. Das Sanierungskonzept wird bestimmt durch das jeweilige Krisenstadium und gibt die im Hinblick auf das Leitbild des sanierten Unternehmens, das das Bild eines rendite- und wettbewerbsfähigen Unternehmens zeichnet, zu ergreifenden Sanierungsmaßnahmen vor.
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Mit dem Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen[1] (StaRUG), das der Bundestag am 17.12.2020 verabschiedet hat, wurde nunmehr die am 26.6.2019 im Amtsblatt der EU veröffentlichte Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz vom 20.6.2019 umgesetzt.[2] Damit besteht nunmehr ein präventiver Restrukturierungsrahmen zur Sanierung von Unternehmen ab Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit. Krisenunternehmen erhalten die Möglichkeit, außerhalb des Insolvenzverfahrens Sanierungsmaßnahmen unter schützenden Bedingungen in einheitlicher Weise mit den Beteiligten abzustimmen und umzusetzen, ohne dass es zwingend der Herstellung eines Konsenses unter allen Betroffenen bedarf oder einzelne Beteiligte das Vorhaben blockieren können. Das Gesetz ist am 1.1.2021 in Kraft getreten.[3]
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Die dringendsten Restrukturierungsmaßnahmen haben oftmals das Ziel, zunächst die drohende Insolvenz des Krisenunternehmens abzuwenden. Da der deutsche Gesetzgeber neben der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) und der drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO), auch – anders als eine Reihe von europäischen Mitgliedstaaten – die Überschuldung (§ 19 InsO) als Insolvenzgrund festgelegt hat, müssen die zu ergreifenden Sanierungsmaßnahmen diesen rechtlichen Kriterien genügen. Demnach sind zunächst also Finanzierungsmaßnahmen gefragt, von denen bestenfalls liquiditäts– wie auch eigenkapitalerhöhende Effekte ausgehen. Im Anschluss an die Finanzierungsmaßnahmen oder parallel dazu folgen in der Regel Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsmaßnahmen sowie bei Bedarf eine strategische Neuausrichtung des Krisenunternehmens. Die zu ergreifenden Finanzierungsmaßnahmen müssen also die Zahlungsfähigkeit des zu sanierenden Unternehmens sicherstellen, bis zu dem Zeitpunkt, wo dieses wieder aus eigener Kraft nachhaltige positive Cashflows erwirtschaftet. Neben Fremdkapitalmaßnahmen, die grundsätzlich eine liquiditätsfördernde Wirkung aber keinen eigenkapitalerhöhenden Effekt haben, sind auch Eigenkapitalmaßnahmen in Betracht zu ziehen, die allerdings nicht in jedem Fall eine liquiditätsfördernde Wirkung haben.
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Eine Beurteilung der Finanzierungsmaßnahmen wäre unvollständig, wenn nicht zugleich auch die zum Teil nicht unwesentlichen steuerrechtlichen Folgen der einzelnen Maßnahmen berücksichtigt werden. Im Folgenden werden deshalb in den Grundzügen auch jeweils die steuerlichen Folgen einzelner Maßnahmen skizziert. Zu weitergehenden Ausführungen zu den steuerlichen Folgen wird auf den Abschnitt „Steuern in der Sanierung und Insolvenz“ verwiesen (vgl. 12. Kap. Rn. 361 ff.).
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Nachfolgend wird eine Auswahl von Eigenkapitalmaßnahmen vorgestellt. Im Einzelnen die Kapitalerhöhung gegen Einlagen als Universalmaßnahme, die Kapitalherabsetzung in Verbindung mit einer nachfolgenden Barkapitalerhöhung inkl. eines kurzen Fallbeispiels, der Debt-Equity-Swap als spezielle Form der Sachkapitalerhöhung, bei der Verbindlichkeiten in Eigenkapital umgewandelt werden, sowie die Gründung einer stillen Beteiligung, bei der typisch oder atypisch stille Gesellschafter Einlagen in das Vermögen des Krisenunternehmens leisten.
2. Kapitalerhöhung
2.1 Ordentliche Kapitalerhöhung
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Die Kapitalerhöhung gegen Einlagen ist die Universalmaßnahme bei Sanierungen. Auf der Passivseite der Bilanz wird die Kapitalstruktur verbessert und auf der Aktivseite fließen frische liquide Mittel oder Sachmittel zu. Durch eine ordentliche Kapitalerhöhung können eine drohende Unterbilanz oder Überschuldung und im Fall der Einbringung neuer Barmittel zudem eine Illiquidität des zu sanierenden Unternehmens vermieden werden. Durch eine Kapitalerhöhung kann zudem die Bonität des Krisenunternehmens möglicherweise auch soweit verbessert werden, dass Kreditinstitute oder andere Gläubiger weitere Fremdmittel gewähren. In Krisensituationen ist vor allem die Verlustausgleichsfunktion des Eigenkapitals bedeutend.[4] Das Eigenkapital dient als Puffer, der die Verluste des Krisenunternehmens auffängt. Je umfangreicher das bilanzielle Eigenkapital erhöht wird, desto höhere Verluste können ausgeglichen werden, und desto mehr Zeit gewinnt die Unternehmensleitung, um die Unternehmenskrise durch ergänzende leistungswirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen überwinden zu können. Die Relevanz einer hohen Eigenkapitalbasis für die Bestandsfestigkeit von Unternehmen wird durch empirische Untersuchungen belegt (vgl. 2. Kap. Determinanten einer Unternehmenskrise). Die Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen hat zudem eine unmittelbar positive Liquiditätswirkung für das Krisenunternehmen.
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Bei der AG regeln die §§ 182 ff. AktG die Kapitalerhöhung gegen Einlagen. Zur Erhöhung des Grundkapitals ist ein satzungsändernder Beschluss der Hauptversammlung erforderlich (§ 179 AktG), der bei dem Handelsregister anzumelden und einzutragen ist (§ 184 AktG). Die Kapitalerhöhung wird durch Ausgabe neuer Aktien ausgeführt, die von den Aktionären zu zeichnen sind (§ 185 AktG). Jedem (Alt-) Aktionär steht ausdrücklich ein Bezugsrecht zu (§ 186 AktG), nach dem diesem ein verhältniswahrender Anteil der neuen Aktien zugeteilt werden muss. Das Bezugsrecht kann ganz oder teilweise nur in dem Beschluss über die Kapitalerhöhung ausgeschlossen werden und Bedarf einer Mehrheit von mindestens 75 % des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals (§ 186 Abs. 3 AktG). Der Vorstand der AG hat dazu der Hauptversammlung eine sachliche Begründung der Notwendigkeit des Bezugsrechtsausschlusses vorzulegen (§ 186 Abs. 4 AktG).
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Die Sonderformen der Kapitalerhöhung bei der AG, d.h. die bedingte Kapitalerhöhung (§§ 192 ff. AktG), die Kapitalerhöhung durch genehmigtes Kapital (§§ 202 AktG) sowie die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§§ 207 ff. AktG) sind in Krisensituationen nur eingeschränkt zielführend oder nicht zulässig. So ist etwa die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nicht zulässig, soweit in der zugrunde gelegten Bilanz ein Verlust oder ein Verlustvortrag ausgewiesen ist (§ 208 Abs. 2 AktG).
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Bei der GmbH regeln die §§ 55 ff. GmbHG die Kapitalerhöhung gegen Einlagen. Zur Erhöhung des Stammkapitals ist ein satzungsändernder Beschluss der Gesellschafter erforderlich (§ 53 GmbHG), der bei dem Handelsregister anzumelden und einzutragen ist (§ 57 GmbHG). Die Einlageverpflichtung entsteht nicht bereits durch den Gesellschafterbeschluss, sondern erst durch Abschluss einer formgerechten Übernahmeerklärung des jeweiligen Übernehmers der neuen Geschäftsanteile (§ 55 Abs. 1 GmbHG). Die Einlageverpflichtung ist für den Übernehmer auch dann bindend, wenn die geplante Sanierung nach dem Kapitalerhöhungsbeschluss und nach Abschluss der Übernahmeerklärung scheitert.[5] Grundsätzlich sind die Gesellschafter der GmbH zur verhältniswahrenden Übernahme neuer Geschäftsanteile berechtigt, obgleich ein gesetzliches Bezugsrecht im GmbHG nicht verankert ist.[6] Das Bezugsrecht kann aber aus sachlichen Gründen ausgeschlossen sein, wenn etwa die Beteiligung eines neuen Investors zur Sanierung der Krisengesellschaft geplant ist und diese Beteiligung nur unter Ausschluss des Bezugsrechts der Altgesellschafter realisiert werden kann. Eine Verpflichtung zur verhältniswahrenden Übernahme neuer Geschäftsanteile besteht grundsätzlich nicht, auch nicht aus der Treuepflicht der Gesellschafter gegenüber ihrer Gesellschaft.[7]
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Eine in der Sanierungspraxis zu beobachtende Form der Sachkapitalerhöhung ist der Debt-Equity-Swap, bei dem Forderungen gegen das Krisenunternehmen im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung in haftendes Eigenkapital umgewandelt werden (vgl. dazu Rn. 29 ff.). Bei der Sachkapitalerhöhung handelt es sich anders als bei der Barkapitalerhöhung um eine reine bilanzsanierende Maßnahme ohne unmittelbare Liquiditätswirkung, durch die lediglich das bilanzielle Eigenkapital gestärkt wird.
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Die Erhöhung des Nennkapitals ist auf Ebene der Gesellschaft steuerrechtlich erfolgsneutral und führt bei den Gesellschaftern in Höhe der übernommenen Einlagen, ggf. zuzüglich Agio, zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung.
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Steuerrechtlich ist ferner zu beachten, dass eine Kapitalerhöhung der Übertragung des gezeichneten Kapitals gleichgestellt ist, soweit sie zu einer Veränderung der Beteiligungsquoten führt. Damit ist insbesondere in Sanierungsfällen, in denen sich Neugesellschafter engagieren, die neu gefasste Regelung des § 8c KStG zur Eindämmung des Erwerbs und zur missbräuchlichen Nutzung von Verlustmänteln zu beachten. Nach § 8c Abs. 1 S. 1 KStG i.d.F. des Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (vormals Jahressteuergesetz 2018)[8] liegt ein sog. schädlicher Beteiligungserwerb vor, wenn innerhalb einer Fünfjahresfrist mittelbar oder unmittelbar die Mehrheit von gezeichnetem Kapital, Mitgliedschaftsrechten, Beteiligungsrechten oder Stimmrechten an einer Körperschaft an einen Erwerber übertragen werden. Einbezogen sind auch vergleichbare Sachverhalte, etwa die Umwandlung auf eine Verlustgesellschaft oder der Erwerb eigener Anteile oder eine Kapitalherabsetzung, wenn sich dadurch jeweils die Beteiligungsquoten ändern.[9] Erwerber können natürliche und juristische Personen sowie Mitunternehmerschaften[10] sein. Bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften wird die erworbene Beteiligung den Gesellschaftern gem. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anteilig zugerechnet.[11] Anteile von dem Erwerber nahestehenden Personen und die Anteile von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen sind zusammenzuzählen.[12] Rechtsfolge eines schädlichen Beteiligungserwerbs ist, dass bis zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs nicht ausgeglichene oder abgezogene negative Einkünfte, sog. nicht genutzte Verluste, vollständig untergehen. Neben den körperschaftsteuerlichen Verlustvorträgen sind auch gewerbesteuerliche Verlustvorträge betroffen (§ 8c Abs. 1 S. 1 KStG, § 10a S. 10 GewStG). Von der Verlustverrechnungsbeschränkung der Mantelkaufvorschrift sind Beteiligungserwerbe zu Sanierungszwecken gem. § 8c Abs. 1a KStG (Sanierungsklausel) ausgenommen. In der Vergangenheit entstandene Verluste bleiben der Gesellschaft erhalten. Unabhängig von der Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG bestehen zwei weitere Ausnahmen von der Verlustabzugsbeschränkung, deren Tatbestände gleichzeitig mit den Tatbestandsvoraussetzungen der Sanierungsklausel vorliegen können. Nach der sog. Konzernklausel des § 8c Abs. 1 S. 4 KStG liegt grundsätzlich kein schädlicher Beteiligungserwerb bei rein konzerninternen Beteiligungserwerben vor. Eine weitere Ausnahme wird durch die sog. Stille-Reserven-Klausel des § 8c Abs.1 S. 5–8 KStG geregelt, wonach nicht genutzte Verluste erhalten bleiben, soweit diesen zum Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs inländische stille Reserven gegenüberstehen. Die Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG sieht vor, dass ein Beteiligungserwerb unbeachtlich ist, sofern dieser zur Sanierung des Geschäftsbetriebs der Gesellschaft erfolgt. Der Erwerb erfolgt zum Zwecke der Sanierung, wenn er zum Zeitpunkt der drohenden oder eingetretenen Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung stattfindet und die Sanierung darauf gerichtet ist, die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu verhindern oder zu beseitigen und zugleich die wesentlichen Betriebsstrukturen zu erhalten. Die Sanierung müsste also darauf ausgerichtet sein, die Liquidität sowie auch das Eigenkapital zu erhöhen. Ob die einzelnen Sanierungsmaßnahmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht insgesamt geeignet sind, eine drohende Insolvenz abzuwenden, lässt sich häufig nur durch ein schlüssiges Sanierungskonzept auf Basis einer integrierten Ergebnis-, Bilanz- und Finanzplanung beurteilen. Die objektive Beweislast für die Voraussetzungen zur Anwendung der Sanierungsklausel trägt die zu sanierende Körperschaft.[13] Die Erhaltung der Betriebsstrukturen ist in § 8c Abs. 1a S. 3 KStG beispielhaft geregelt und knüpft z.B. an die Erhaltung von Arbeitsplätzen, an die Lohnsumme oder die Zuführung von Betriebsvermögen durch Einlagen oder Erlass von Verbindlichkeiten durch den Erwerber an.
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Die EU-Kommission hat durch Beschluss vom 26.1.2011 entschieden, dass die Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG a.F. eine mit dem Binnenmarkt nicht zu vereinbarende rechtswidrige Beihilferegelung i.S.d. Art 107 Abs. 1 AEUV darstellt, durch die selektiv Unternehmen begünstigt werden.[14] Infolgedessen wurde § 3a Abs. 1a KStG a.F. durch § 34 Abs. 7c S. 3 und 4 KStG a.F. ausgesetzt. Der EuGH hat den Beschluss der EU-Kommission indes durch vier Urteile vom 28.6.2018 für nichtig erklärt.[15] Nach dem EuGH sei die Sanierungsklausel unionsrechtlich unschädlich, weil diese als eine Rückausnahme zur Ausnahmeregelung des Verlustuntergangs nach § 8c Abs. 1 KStG anzusehen sei und damit der eigentlich gebotene Verlustvortrag gewährleistet wird.[16] Bereits zuvor urteilte das BVerfG mit Beschluss vom 29.3.2017, dass der in der Vorfassung des § 8c Abs. 1 KStG vorgesehene quotale Wegfall des Verlustvortrags, sofern innerhalb von fünf Jahren mehr als 25 % und bis zu 50 % der Anteile übertragen werden, mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) unvereinbar sei. Der Gesetzgeber müsse daher bis zum 31.12.2018 rückwirkend für die Zeit vom 1.1.2008 bis zum 31.12.2015 eine Neureglung verabschieden. Andernfalls würde die Nichtigkeit der Vorschrift rückwirkend ab dem 1.1.2008 eintreten. Aufgrund dessen wurde § 8c KStG, wie oben unter Rn. 10 ausgeführt, neu gefasst. Anzuwenden sind diese Änderungen jeweils für Anteilsübertragungen nach dem 31.12.2007 für alle noch nicht bestandskräftigen Fälle und auch über den vom BVerfG genannten 31.12.2015 hinaus.[17] Altfälle, bei denen die Verluste anteilig gekürzt worden sind, können von der Neufassung des § 8c KStG profitieren, sofern die Voraussetzungen für eine Sanierung i.S.d. § 8c Abs. 1a KStG vorliegen und die bisherigen Veranlagungen noch nicht bestandskräftig geworden sind.