Kitabı oku: «Tore zur Freiheit», sayfa 2
Frühe Kindheit
Meine Eltern waren noch sehr jung, als ich in ihr Leben trat, und man kann nicht behaupten, dass ich eine unbeschwerte Kindheit hatte. Meine Mutter war Alkoholikerin, eine sogenannte Quartalstrinkerin, die sich seit ihrem vierzehnten Lebensjahr immer wieder aus dem realen Leben in den Alkohol flüchtete. Häufig saß meine Oma stundenlang am Fenster, um auf ihren Mann, ihre Tochter und ihren Sohn zu warten. Mein Halbonkel war der Grund dafür, dass meine Mutter alkoholabhängig wurde. Jahre des Missbrauchs durch ihn und seine Freunde hatten sie beinahe zerstört; ein normales Leben war nicht mehr möglich.
Angefangen hatte der Missbrauch bereits mit elf Jahren, als ein ›Freund‹ der Familie sie erstmals vergewaltigte. Ich weiß noch, dass ich mir Kinderbilder meiner Mutter ansah, speziell ihr Konfirmationsfoto, und dabei dachte: »Wie traurig sie doch ausschaut!«
Mein Opa, ein warmherziger, kluger und sensibler Mann, entdeckte meine Oma beim Spaziergang, als sie damit beschäftigt war, den Garten umzugraben und alle anderen im Haus feierten. »Schön blöd sind Sie!«, sprach er meine Oma an. »Da drinnen wird gefeiert, und Sie sind mit Umgraben beschäftigt!« Er brachte damit zum Ausdruck, was allen Angehörigen der weiblichen Ahnenreihe meiner Großmutter zu eigen war, und das galt auch für mich: Arbeit bekam im Leben absolute Priorität.
Als ich dreizehn Jahre alt war, sprach meine Mutter erstmalig über ihre traurige Vergangenheit. Anlass war ein Übergriff auf mich selbst, den ich glücklicherweise verhindern konnte. Ein Polizist hatte sich, während ich schlief, an mich herangemacht. Eine Freundin der Familie, die aufgrund eines stationären Aufenthalts meiner Mutter im Krankenhaus auf meine jüngere Schwester und mich aufpasste, brachte ihn mit ins Haus. Als ich spürte, dass mich etwas am Körper berührte und ich deshalb aus dem Schlaf gerissen wurde, um sogleich in ein fremdes Gesicht zu blicken, schrie ich im Schock nach Leibeskräften aus und schlug den Mann damit in die Flucht.
Meine Mutter spürte im Krankenhaus, dass etwas vorgefallen sein musste, und nachdem ich widerwillig aussprach, was geschehen war, packte sie kurzerhand ihre Sachen und eilte vorzeitig nach Hause. Dort angekommen, erzählte sie mir ihre deprimierende Geschichte, die mich erschütterte und mir die Tränen in die Augen trieb.
Nach einer langen Pause, in der ich ihr voller Mitgefühl den Arm streichelte, fragte ich sie: »Warum hast du Oma nichts davon gesagt?«
»Oh, das habe ich versucht. Aber sie hat mir nicht geglaubt, und bevor ich zu Ende reden konnte, hat sie mich als Spinnerin abgetan. Kurz darauf schickte sie mich zu Verwandten an die Ostsee. ›Zwangsausweisung‹! Ich habe nie wieder versucht, mit ihr darüber zu reden.« Meine Oma und meine Mutter hatten deshalb ihr Leben lang ein schwieriges Verhältnis.
Ich denke, dass ich in meiner medialen Tätigkeit deshalb auch immer wieder vielen Frauen begegne, die das gleiche Schicksal wie meine Mutter teilen, weil ich durch diese Erfahrungen sensitive Antennen für das Erkennen von Missbrauch und Alkoholismus entwickelt habe. Und natürlich, weil ich am eigenen Leib erlebt habe, was dies für den Betreffenden selbst sowie für seine Angehörigen bedeutet.
Mein Vater hatte eine gleichermaßen schwierige Kindheit. Bereits als Baby wurde er zur Adoption freigegeben. Er kam in eine Pflegefamilie, die bereits drei Kinder aufgenommen hatte. Seinen Pflegeeltern ging es vor allem um das Geld, welches sie für die Aufnahme und Betreuung der Kinder erhielten. Es gab für alle vier Kinder weder Liebe oder Zärtlichkeit, noch Mitgefühl oder Verständnis.
Mit diesen Kindheitserfahrungen lernten sich meine Eltern kennen und beschlossen, gemeinsam alles besser zu machen. Sie mieteten ein Haus in Calw, wünschten sich eine große Familie und wollten ihre eigenen Kinder mit Liebe großziehen. Zwei Menschen, denen die Flügel gestutzt worden waren und die versuchten, gemeinsam wieder ganz zu werden und fliegen zu lernen. Weder Vater noch Mutter schafften es, sich von ihrer Vergangenheit zu lösen, und Alkoholkonsum spielte bei beiden eine große Rolle. Trotzdem waren sie bemüht, eine normale Familie zu sein und uns Liebe zu schenken.
Meine eigenen Kindheitserinnerungen sind spärlich, sie liegen im undurchsichtigen Nebel der Vergangenheit. Das Wenige, das ich in mir bewusst gespeichert habe, waren Umstände und Situationen, die später beim Erkennen und Verstehen meines Wesens eine maßgebliche Rolle spielten. Ich weiß zum Beispiel noch sehr genau, wie ich mit zwei Jahren das Gitter des Kinderbetts meiner Schwester, die als Neugeborene friedlich in ihrem Bettchen schlummerte, festhielt. »Endlich bist du da!«, dachte ich, und betrachtete sie mit Entzücken. Stundenlang hätte ich sie so anschauen können. Lange, bevor sie in dieses Leben geboren wurde, freute ich mich schon über ihre Ankunft. Maya sagte ihr einmal, sie habe eine engelsgleiche Seele. Das muss ich bereits als Kind gespürt haben. Irgendwie wusste ich, dass jetzt mehr Licht gekommen war und somit auch für mich Unterstützung. Obwohl so viele Geschehnisse ausgeblendet sind, gibt es doch diese schöne Erinnerung an die Ankunft meiner Schwester ‒ ein Stern in dunkler Nacht!
Eigentlich hätte ich auf sie eifersüchtig sein müssen, war sie doch das bevorzugte Kind meiner Mutter. Ich selbst fühlte mich als Kind an der Seite meiner Mutter unsicher, ja sogar ängstlich. Der Grund hierfür sollte sich später, als ich bereits in die spirituelle Welt eingetaucht war, zeigen.
Wir lebten in einer winzigen Wohnung in einer einfachen Gegend. Graue, eintönige Gebäude reihten sich aneinander, es gab einen steinigen Innenhof und kaum Grün. Der Kindergarten war nur einen Sprung entfernt, die Schule ebenso. Als Kind empfand ich die Dimensionen natürlich anders. In der Küche stand eine winzige Sitzbadewanne aus Zink, was ich damals schon als ulkig empfand, und meine Schwester und ich teilten uns ein Zimmer. Die Wohnung selbst war gruselig, überall gab es Geister von Verstorbenen, und niemals wollte oder konnte ich ohne Licht einschlafen. Hier begann mein Sehen und Hören.
Jahre später, als ich bereits erwachsen war, erzählte mir mein Vater, dass ich mit zwei oder drei Jahren meine Eltern warnte, sich nicht ins Wohnzimmer zu begeben. »Ihr könnt da nicht rein! Seht ihr nicht, dass schon alles voll ist? Viel zu viele Leute!« Ich sprach schon sehr früh, noch bevor ich gehen lernte. Natürlich glaubten mir meine Eltern nicht. Sie dachten, das Kind hätte einfach eine rege Phantasie.
Ich fürchtete mich sehr in dieser Wohnung, und für meine Schwester und mich gab es nur einen sicheren Ort zwischen diesen Wänden, nämlich außerhalb davon! Wir richteten uns den Balkon her, mit Tüchern als Himmelsdecken, und bauten somit unseren sicheren ›Bunker‹ als Schutz vor den Geistern. Oft hörte ich in der Nacht klar ›die andere Seite‹, die immer wieder, wenn der Abend den Tag ablöste, meinen Namen rief, und jedes Mal erschrak ich aufs Neue bis ins Mark. Ich wusste innerlich, dass dies nicht die Stimmen des Lichts waren, die mich bedrängten und auch in meinen Träumen verfolgten.
Mit fünf Jahren wachte ich eines Tages, im Bett zwischen meinen Eltern liegend, auf. Ich wurde von einem fremden Wesen, das vor mir am Fußende des Bettes stand, geweckt. Der Mann, mit einem dunklen Umhang und einem merkwürdigen altmodischen, schwarzen Hut bekleidet, hielt seinen Blick durchdringend auf mich gerichtet. Ich erschrak zu Tode!
In meiner Panik war mein nächster Gedanke, meine Eltern zu wecken, doch gleichzeitig wusste ich, dass sie den Mann nicht sehen würden. Also zog ich die Bettdecke zum Schutz über mein Gesicht in der Hoffnung, er würde sich von alleine in Luft auflösen. Sehr langsam zog ich die Decke wieder herunter, gerade so weit, dass meine Augen frei lagen und ich erspähen konnte, ob der Mann noch da war.
Unglücklicherweise hatte er sich nicht in Luft aufgelöst. Da stand er immer noch, die dunklen Augen auf mich gerichtet. Er versuchte, mir etwas mitzuteilen, doch meine Angst war übergroß, und so nahm ich die Decke wieder zu Hilfe. Decke hoch, Decke runter … irgendwann muss ich vor Erschöpfung eingeschlafen sein. Erst heute, vierzig Jahre später, habe ich die Antwort darauf erhalten, wer dieser Mann war und dass ich mich vor ihm zumindest nicht hätte fürchten müssen.
Meine Kindheit erlebte ich als eine dunkle Zeit. Selbst der tägliche Aufenthalt im Ganztageskindergarten lässt keine schönen Erinnerungen aufkommen, im Gegenteil: Ich hasste es, dorthin zu müssen.
Eines Tages spielten wir im Hof des Kindergartens Cowboy und Indianer. Als Kind liebte ich Indianerfilme, und wenn mein Vater ankündigte: »Heute Abend gibt es im Fernsehen einen Cowboyfilm!«, war meine erste Frage: »Ist er auch mit Indianern?« Ohne sie interessierte mich der Film nämlich nicht im Geringsten. Wir spielten also Cowboy und Indianer.
Im Innenhof des Kindergartens gab es eine große Buche, sie muss schon viele Jahre alt gewesen sein. Natürlich war ich der Indianer! Eine Gruppe Kinder fing mich ein und fesselte mich an den Baum. Am Anfang war es ein Spiel, doch bald wurde bitterer Ernst daraus. Als Kind hat man nicht das Zeitgefühl wie ein Erwachsener, aber ich schätze, dass ich mindestens eine Stunde lang am Buchenstamm gefesselt war und schließlich in Panik ausbrach. Ich schrie und schrie, aber keiner kam, um mich zu erlösen.
Einige Leben zurück: Gefesselt an einen Pfahl auf einem Hügel schaue ich hinunter auf ein Dorf. Mit Tränen in den Augen erblicke ich ein grauenvolles Bild: Die Bewohner des indianischen Dorfes, das ich sehe, werden von weißen Männern regelrecht massakriert. Keiner kommt mit dem Leben davon. Mein Geist befindet sich unter hilflosen, schreienden Menschen.
Einige davon sind mir auch aus diesem Leben bekannt. Ich schaue nach rechts … ein junger Mann ist parallel zu mir an einen weiteren Pfahl gebunden. In tiefer Trauer um diesen Mann, der, wie mir mein inneres Wissen mitteilt, meine zweite Hälfte ist, sehe ich, wie ihm die Kehle durchgeschnitten wird. Danach bin ich an der Reihe. Ich sehe, wie mein Körper, in dessen Bauch ich ein Kind trage, aufgeschlitzt wird.
»Ich bin schuld an diesem Massaker!« Während dieses Gedankens fühle ich unendliche Traurigkeit über den Verlust und all das Leid und den Schmerz, den diese Menschen durchlebt haben.
Später erfuhr ich die Hintergründe zu meinen inneren Bildern und das erneute Miterleben: Meine Dualseele und ich hatten die Obhut über dieses indianische Volk. Die Weißen verlangten von uns, ihnen zu sagen, wo wir unser Gold versteckt hielten. Für uns war klar: Wenn wir es ihnen sagen, werden sie es sich nehmen und uns töten. Doch die andere Option brachte das gleiche Ergebnis.
Dieses Ereignis und die wiederkehrende Erinnerung daran, als Fünfjährige an einen Baum gefesselt gewesen zu sein, wurden in der nachfolgenden Zeit ein Nährboden für mein daraus resultierendes Denken und Fühlen. Das verbleibende Gefühl von Schuld spielte eine maßgebliche Rolle in meinem weiteren Leben. Meine damalige Inkarnation wirkte immer noch bis in diese Existenz, und so nahm ich ein großes Gefühl von Verantwortung, Angst, etwas Falsches zu tun, und das Gefühl von Hilflosigkeit mit in dieses Leben hinein. All das legte sich wie ein Schatten auf meine Seele und erwirkte die Begrenzungen, die ich später nur mühevoll durch Vergebung auflösen konnte.
Erst wenn der Mensch in der Lage ist, nicht nur anderen, sondern sich selbst zu vergeben, werden die Schatten von unserer Seele genommen, wie Maya es gerne ausdrückte. »Weißt du, eigentlich bin ich eine Fensterputzerin!« Ich höre ihr helles Lachen noch heute in meinem Ohr nachklingen. »Jaja, nichts anderes ... eine Fensterputzerin! Ich bin mit Putzen beschäftigt. Ich putze die Flecken, die auf den Seelen liegen weg, so dass das Licht durchbrechen kann!«
Funktioniert das bei jedem Menschen? Für diejenigen, die auf Seelenebene ihre Einwilligung geben, ja! Das bedeutet, dass ein Mensch auf innerer Ebene bereit sein muss für Vergebung. Dafür haben wir unseren freien Willen von Gott bekommen, um entscheiden zu können.
Wir können uns stets für die Liebe oder das Leid entscheiden; wir können wählen, ob wir am Elend festhalten wollen, oder unser Herz in Hingabe öffnen für den Frieden, der im richtigen Augenblick der Bereitschaft Heilung schenkt. Es ist keine Frage und liegt auf der Hand, was Gottes Hoffnung und Wunsch für uns bedeutet: Er liebt uns alle so sehr, dass er uns in Freude sehen möchte, und deshalb ist es so wichtig, dass wir auflösen, was wir an ›Unverdautem‹ aus vergangenen Zeiten mitgebracht haben.
Mein damaliges Indianer-Leben ist ein gutes Beispiel dafür, wie diese alten Schuldgefühle sogar für eine krankhafte Manifestation im Körper sorgen können.
Gottes liebende Licht
Als ich 25 Jahre alt war, nahm sich meine Mutter das Leben. Nach vielen Versuchen hatte sie es nun geschafft und ihr Ziel erreicht. Ich fühlte mich schuldig, nicht für sie da gewesen zu sein. Mein ganzes Leben lang fühlte ich mich für meine Mutter verantwortlich, und erst mit neunzehn Jahren hatte ich beschlossen, dass auch ich mein eigenes Leben haben müsste. Da ich praktisch der einzige Mensch war, der Kontakt mit ihr pflegte, verurteilte ich mich nach ihrem Tod selbst: »Du warst die Einzige, die noch für sie hätte da sein können, und du hast versagt!«
Diese Zeit, die Trauer und das Schuldgefühl, aber auch das viele Arbeiten, um über die Runden zu kommen, trugen dazu bei, dass ich schwer erkrankte. Ein halbes Jahr nach dem Freitod meiner Mutter durchzog ein heftiger Schmerz meinen Körper, so als würde jemand mit einem glühenden Messer meinen Unterleib malträtieren.
Ich suchte unterschiedliche Ärzte auf, aber keiner konnte etwas finden. So lebte ich mehrere Monate mit immer wiederkehrenden, heftigen Schmerzattacken, die letztlich zu einer Notoperation führten. An jenem Tag wusste ich allerdings intuitiv, dass ich meine Tasche fürs Krankenhaus richten müsste. Und als ich dann bei einem Freund zusammenbrach, stellte sich mein Pragmatismus als hilfreich heraus, hatte ich doch einige Vorbereitungen bereits getroffen. Nur sehr knapp war ich mit dem Leben davongekommen, denn wie sich herausstellte, hatte ich eine schwere Bauchfellentzündung, die sich vom Blinddarm bis zum Herzen erstreckte.
Im Krankenhaus hatte ich viel Zeit, über mein Leben nachzudenken. Ich wusste, ich hatte zu viel gearbeitet und der Trauer über den Verlust meiner Mutter keinen Raum gegeben. Jetzt hatte ich Muße, mir auszumalen, was ich alles in meinem Leben verändern wollte, sobald ich entlassen würde.
Doch daraus wurde nichts. Ich bekam noch im Krankenhaus zwei neue Erkrankungen. Nun war ich der Verzweiflung nah, hatte ich doch bereits so viel erkannt! Ich hatte verstanden, was ich falsch lebte und mir ganz fest vorgenommen, mein Leben zu ändern, und jetzt das! Warum musste ich so bestraft werden?
Während ich ganz in meinem Selbstmitleid und meiner Verzweiflung aufging, erteilte mir eine Freundin den Rat, ein Medium zu kontaktieren. Wir telefonierten miteinander.
»Du hast einen Freund, der nicht passt.« So auf die Art sprach die freundliche, aber bestimmt klingende Stimme zu mir. »Absorbiere diesen Mann, so als würde sein Spiegelbild verschwinden.« Tatsächlich wurde mir klar, dass wir nicht zueinander passten.
Ich war mit einem Mann verlobt gewesen, hatte die Verlobung aber bereits gelöst, als ich meinen einstigen Jugendfreund zufällig wiedertraf, und besaß keinen Glauben mehr an die Liebe. Ich dachte mir, die Liebe könne sich auch entwickeln und vielleicht sei dies der Weg, ihr zu begegnen. Auf diese Art hatte ich wenigstens die Sicherheit, einen treuen und liebevollen Menschen an meiner Seite zu haben. Und so ließ ich mich ‒ entgegen meinem guten Vorsatz, niemals etwas mit einem guten Freund anzufangen ‒ auf eine Beziehung ein. Ich war desillusioniert und enttäuscht von den Männern und tat zum ersten Mal etwas in meinem Leben, das ich bereute. Kein Wunder, dass das Medium das gespürt hatte.
Und so tat ich wie geheißen. Sie führte mich in einen meditativen Zustand. »Atme! Stell dir vor, wie eine grüne, heilsame Decke um dich gespannt wird …« Ich bedankte mich bei der fremden Dame, die mir so selbstlos ihre Hilfe angeboten hatte, und führte die Meditation, die sie mir gab, fort.
So einfach? Einfach atmen? Na, ich hatte nichts zu verlieren. Und so atmete ich, ein und aus … ein und aus. Es war merkwürdig, denn alles geschah in der Natürlichkeit und Einfachheit des Moments. Ich wurde immer leichter, und mein Bewusstsein weit und offen. Mein Geist dehnte sich aus, bis ich eins war mit und in meinem Atem. Im Einklang mit meinem Atem fühlte ich mich wie in einem grenzenlosen Raum.
Und dort, in dieser Grenzenlosigkeit, erfuhr ich GOTT. Ich fühlte IHN ‒ in mir und außerhalb von mir. Meinen Körper spürte ich nicht mehr. Stattdessen war ich grenzenloser Geist. Mein Atem zog mich nach innen. Eine große Freude kam in mir auf, ich verspürte Leichtigkeit und tief in mir brannte das Wissen aus Gott, unserem Schöpfer: »Nichts kann dir geschehen. Du liegst in meiner Hand. Alles ist gut, wie es ist!« Ein tiefer, niemals zuvor erlebter Friede kehrte in mein Wesen ein. Gott war das intelligente, liebende Licht, das mich umgab und in mir strahlte!
Dies war der Beginn meiner bewussten spirituellen Reise. Am nächsten Tag hatte ich weitere Untersuchungen. Erstaunt stellten die Ärzte fest: Beide Krankheiten waren verschwunden ‒ von einem auf den nächsten Tag. Ich war geheilt. »So ist das also mit Wundern?«, dachte ich und fühlte mich unendlich erleichtert und dankbar. Bald durfte ich das Krankenhaus verlassen.
Damit ich mein Versprechen mir selbst gegenüber auch halten würde, brach ich mir kurz darauf beim Überqueren der Straße den Knöchel an.
So musste ich mehr ruhen als ich es mir zugestanden hätte, und nutzte die Zeit, um nachzuholen, was ich für mich selbst versäumt hatte: Ich löste meine Beziehung, gab mir Zeit, um die Trauer über den Verlust meiner Mutter zu verarbeiten, und suchte sogar einen Psychologen auf, den ich dann allerdings während der zweiten Sitzung ›therapierte‹. Somit beendete ich diese letzte Maßnahme. Aber mir wurde bescheinigt, normal zu sein, und das beruhigte mich sehr. Ich hatte es sozusagen schwarz auf weiß!
Einige Monate nach meiner Erkrankung bekam ich ein Jobangebot für ein Jahr in den Vereinigten Staaten. Vor meiner Abreise hatte ich einen Traum: Ein Bote überbringt mir mannshohe rote Rosen. Sie sind umwerfend. Daran ein Briefchen, in englischer Sprache an mich adressiert. Ich wachte lächelnd aus dem Traum auf, wissend, dass eine wunderbare Zeit für mich anbrechen würde.
Und so kam es. Ich verliebte mich in den Mann, der mir im Traum gezeigt worden war. Bereits zu Beginn unserer Beziehung fühlte ich eine tiefe Verbundenheit, die nicht rational zu erklären war.
»Willst du mich heiraten, Andrea?«, fragte mich mein Partner nach nur einigen Monaten. Geschockt von der Frage, denn ich stand einer Ehe immer misstrauisch gegenüber, antwortete ich mit einem einfachen: »Ja!«
Die Einwilligung, die auf natürliche Art und Weise und ohne Überlegung aus mir herauskam, verwunderte mich selbst. Die Fernbeziehung, die wir führten, als ich wieder nach Deutschland zurückkehrte, endete in einer bitteren Enttäuschung: Mein Freund erklärte mir nach fast fünf Jahren Beziehung nüchtern und schriftlich, dass er eine andere Frau heiraten würde.
Wieder verlassen
Wenige Tage nach diesem Ereignis fand ein Seminar des Heilers Armin Mattich in Speyer statt, zu dem ich mich bereits viele Monate im Voraus angemeldet hatte. Den blauen, sehr schlicht und einfach gehaltenen Flyer hierzu hatte ich auf einer Messe entdeckt. Mein Gefühl sagte mir, fast einem Auftrag gleich, dass ich genau dorthin müsste. Nun stand ich da, abserviert von meinem Freund und durcheinander im Kopf. Ich fragte mich, warum mir das wieder passierte: Ein Mann, der mich angeblich liebte, wollte plötzlich eine andere heiraten.
Mit achtzehn Jahren war mir dies bereits schon einmal widerfahren, als ich mich in einen Italiener verliebte. Auch er wurde mir im Traum angekündigt. Wir schmiedeten Pläne, gemeinsam in Sizilien zu leben. Während des Militärdienstes, zu dem er, wie er es mir erklärte, berufen worden war, verlobte er sich mit einer Sizilianerin. Das Szenario wiederholte sich offenbar in mehreren unterschiedlichen Konstellationen meines Lebens. Ich verstand nicht, wie es zusammenging, dass mich ein Mann angeblich liebte, aber es gleichzeitig nicht fertig brachte, zu mir zu stehen.
Warum das so war, klärte sich zwei Jahre später während einer Sitzung durch Maya auf: »Ach, Kind, wir hatten eine wunderbare gemeinsame Zeit im Kloster …« Maya sprach aus der Zeit von Teresa von Avila¹. Sie hatte schon früher erwähnt, dass ich mit einigen Frauen, die Maya auch bekannt waren, bei Teresa im Kloster gewesen war. Ich konnte mir das gut vorstellen, da ich mit Anfang zwanzig ein Déjà-vu erlebte, das aufgrund von Shirley MacLaines Buch über den Jakobsweg die Erinnerung aus meiner Seele aufsteigen ließ. Damals war ich den Tränen nahe, denn all die Orte und auch Shirleys Beschreibungen vom inneren Pfad schienen mir nur allzu vertraut.
»Du bist jung in das Kloster eingetreten«, fuhr Maya fort. »Aber du warst einem Mann versprochen, einem Geschäftsmann, der dich zur Frau nehmen wollte. Dennoch wolltest du unbedingt ins Kloster, und so hast du mit ihm eine Vereinbarung getroffen. Du sagtest: ›Ich bleibe fünf Jahre. Nach dieser Zeit werde ich dich heiraten.‹« Maya fuhr lachend fort: »Du bist geblieben bis zu deinem Lebensende! Naja, wir hatten viel Spaß in diesem Kloster ...«
Nun wurde mir einiges klar. Zu Maya gewandt fragte ich: »Das ist der Partner gewesen, der eine andere heiratete, nicht wahr?«
»Ja, Kind. Er konnte dir das nicht verzeihen. Fünf Jahre hat er darauf gewartet, dass du dein Versprechen einlöst und aus dem Kloster austrittst, um seine Frau zu werden. Naja, du hast dir dein Leben einfach anders vorgestellt!«
Nun spürte ich, warum diese merkwürdige Beziehung sein musste und warum ich damals ohne Nachzudenken sofort in eine Heirat eingewilligt hatte. Ich wollte mein Karma ausgleichen. Für ihn war es ein Test, ob ich dieses Mal mein Versprechen halten würde, und das spürte meine Seele. »Er wollte es mir heimzahlen!«, brach es aus mir heraus.
Maya nickte.
Da wurde mir sehr deutlich, dass ich die Zeit ›fristen‹ musste, die er damals erfolglos auf mich wartete. Fast fünf Jahre! So erkannte ich früh die Lektionen von Karma und Ausgleich im Leben.