Kitabı oku: «Das Naturwiesland der Schweiz und Mitteleuropas», sayfa 2
Teil A
Ökologische und futterbauliche Grundlagen
Naturwiesen sind ein faszinierendes Zusammenspiel von Kultur und Natur, von Nutzung und Biodiversität. Naturfutterbau ist die einzige landwirtschaftliche Produktion, die fast ausschliesslich Pflanzen der einheimischen Flora nutzt. Ebenfalls im Gegensatz zu allen anderen landwirtschaftlichen Kulturen ist ihre Produktivität nicht durch einzelne Arten, sondern immer durch eine Gemeinschaft zahlreicher verschiedener Pflanzenarten gewährleistet. Das komplexe Zusammenwirken der Vielfalt an Pflanzen-, Tier-, und Mikrooganismenarten zu verstehen und langfristig produktiv zu nutzen, ist eine ebenso anspruchsvolle wie interessante Herausforderung. Im Gegensatz zu anderen landwirtschaftlichen Produktionssystemen wie Ackerbau, Gemüse- oder Obstbau, die auf Monokulturen aufbauen, sind die Möglichkeiten manipulativer Eingriffe, beispielsweise durch Pestizide oder Ansaaten, im Wiesland begrenzt und wirken meist nicht nachhaltig. Teil A vermittelt einen Überblick über die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Standort, Nutzung und Pflanzenbestand im Wiesland und den daraus resultierenden Steuerungsmöglichkeiten.
Abb. 1. Wiesenlandschaft im Zürcher Oberland (CH), geprägt von einem vielfältigen, vergleichsweise noch kleinräumigen Futterbau.
1 Einführung
1.1 Entstehung, Ziele und Bedeutung des heutigen Naturfutterbaus
In den letzten Jahren des zu Ende gehenden 19. Jahrhunderts umreissen STEBLER und SCHRÖTER (1892) erstmals und mit grosser Klarheit zentrale Fragestellungen, die bis heute Landwirtschaft, Naturschutz und Wissenschaft in Bezug auf das Wiesland der Schweiz und in anderen Ländern mit gemässigtem Klima beschäftigen:
«Wir wollen versuchen, die verschiedenen Arten der Wiesen unseres Landes nach der botanischen Zusammensetzung ihres Rasens zu charakterisieren und nachzuweisen, unter welchen Bedingungen jede Wiesenart auftritt, und welchen landwirtschaftlichen Wert sie besitzt. Als freilich noch fernab liegendes Endziel solcher Untersuchungen schwebt uns das vor: für jede natürliche und künstliche Kombination der Bedingungen (Boden, Feuchtigkeit, Höhenlage, Klima, Kultur) die entsprechende, mit Notwendigkeit sich einstellende Wiesenform angeben, oder umgekehrt, aus der vorhandenen Wiesennarbe den Grad der Kultur, den quantitativen und qualitativen Ertrag und die natürlichen Bedingungen ablesen zu können, – endlich noch: für eine gegebene Kombination natürlicher und wirtschaftlicher Faktoren die geeignetste und ertragreichste Wiesenform aufzuweisen.»
Nicht verändert hat sich auch die herausragende Bedeutung des Futterbaus und des Wieslandes für die Schweizer Landwirtschaft und Landschaft. Bis heute sind die Wiesen das Rückgrat der Primärproduktion und ebenso der Biodiversität und der Landschaft (Abb. 1 und Exkurs 1). Wiesland macht drei Viertel der landwirtschaftlich genutzten Fläche der Schweiz aus und gut ein Drittel der Landesfläche (Abb. 2). Die Schweiz ist ein Grasland wie nur wenige andere Länder; sowohl die Erträge wie die Artenzahlen unserer Naturwiesen erreichen im weltweiten Vergleich Spitzenwerte.
Der Naturfutterbau nimmt im landwirtschaftlichen Produktionssystem nicht nur hinsichtlich der Flächenausdehnung in der Schweiz und in anderen Berg- und Hügelregionen mit gemässigtem Klima eine Sonderstellung ein:
– Der Naturfutterbau ist der einzige bedeutsame landwirtschaftliche Produktionszweig der gemässigten Zonen, welcher ausschliesslich oder zumindest zum allergrössten Teil auf der natürlichen Artenvielfalt basiert und diese nutzt. Alle anderen landwirtschaftlichen Produktionszweige wie Ackerbau, Gemüsebau oder Obstbau nutzen demgegenüber gezielt eingeführte beziehungsweise angebaute Zuchtsorten.
– Damit trägt der Naturfutterbau durch die Nutzung selber, sofern sie standortangepasst und differenziert erfolgt, massgeblich zur Erhaltung und Förderung der natürlichen Biodiversität bei.
– In Mitteleuropa kommt dem Naturfutterbau aufgrund der hohen Flächenanteile und des hohen Anteils an Arten, die fast oder ganz ausschliesslich im landwirtschaftlich genutzten Wiesland vorkommen, wohl die wichtigste Rolle überhaupt für die Erhaltung der Biodiversität zu – und damit auch eine besonders hohe Verantwortung.
– Im Naturfutterbau gewährleistet immer eine Gemeinschaft zahlreicher Pflanzenarten die Ertragsbildung, während der übrige landwirtschaftliche Pflanzenbau auf Monokulturen oder Wenig-Arten-Gemischen basiert. Dies erfordert in verschiedener Hinsicht grundlegend unterschiedliche Strategien und Methoden.
Abb. 2. Anteil des Wieslandes (hellgrau hinterlegt) in Bezug auf die Flächennutzung der Schweiz. Naturwiesen und Weiden bedecken knapp 60 Prozent der Landwirtschaftlichen Nutzfläche LN (bei welcher die Alpweiden nicht eingerechnet werden) beziehungsweise knapp drei Viertel der landwirtschaftlich genutzten Fläche der Schweiz (d. h. inkl. Alpweiden). Gesamtfläche der Schweiz: 4128 498 ha, davon Landwirtschaftliche Nutzfläche 1051 183 ha (2014). Quelle: BLW 2015c/BFS. Zur zeitlichen Entwicklung der Flächenanteile siehe Kapitel 6.9.5.
– Ebenfalls im Gegensatz zu praktisch allen anderen landwirtschaftlichen Kulturen kommt der Naturfutterbau bei sachgemässer Praxis ohne Pestizide und ohne weitere zugeführte Hilfsstoffe aus.
– Und schliesslich haben die Naturwiesen eine wichtige, das Ökosystem stabilisierende Wirkung, beispielsweise als Erosionsschutz oder als potenziell massgebliche CO2-Senke.
Mit diesen besonderen Eigenschaften hat der Naturfutterbau eine Zwischenstellung inne zwischen natürlichen und anthropogenen Ökosystemen und ist, bei nachhaltiger Praxis, ein Paradebeispiel für die Multifunktionalität, das heisst den Mehrfachnutzen eines landwirtschaftlichen Anbausystems.
Die multifunktionale Sonderstellung zwischen Natur und Kultur bringt viele Chancen für Praxis, Beratung und Forschung aber auch besondere Herausforderungen:
– Naturfutterbau ist komplex. Denn nicht allein für eine einzelne Art oder Sorte müssen möglichst gute Wuchsbedingungen geschaffen werden, sondern für ein Gefüge zahlreicher Arten – und dies nicht nur über eine Saison wie im Ackerbau, sondern langfristig über viele Jahre. Forschungsfragen ebenso wie Korrekturmöglichkeiten nach dem Prinzip «eine Ursache – eine Massnahme» und entsprechende einfach anwendbare Rezepte und Korrekturmöglichkeiten sind die Ausnahme.
– Der sich entwickelnde Pflanzenbestand von Naturwiesen variiert von Standort zu Standort und je nach Nutzungsweise, in Abhängigkeit von den lokal vorhandenen Arten und vom Lokalklima in hohem Masse. Aus dieser Vielzahl von einwirkenden Faktoren ergibt sich eine – überschaubare – Anzahl verschiedener Wiesentypen mit unzähligen Mischformen. Resultate oder Erfahrungen, die an einem Ort gewonnen worden sind, lassen sich deshalb nur beschränkt auf andere Standorte oder anders genutzte Pflanzenbestände übertragen. Auch dies macht den Naturfutterbau für Forschung und Praxis anspruchsvoll. Empfehlungen und richtiges Handeln sind oft nur auf der Basis langjähriger Erfahrungen oder ausgedehnter Versuche unter verschiedenen Bedingungen möglich.
Die Futterbauforschung in der Schweiz hat sich mit diesen Besonderheiten intensiver und ganzheitlicher als in vielen anderen Ländern auseinandergesetzt (Exkurs 1). Vor allem unter dem Einfluss angelsächsischer Forschung wurde in vielen Ländern der Naturfutterbau grundsätzlich in Frage gestellt bezeihungsweise nur noch unter dem Aspekt des Kunstfutterbaus weiter vertieft. Kunstfutterbau ist quasi die ackerbauliche Form des Futterbaus und erfordert einen viel höheren Grad an Interventionen und stofflichen Inputs. Beim Kunstfutterbau wird die bestehende Vegetation eliminiert, um Reinsaaten oder Wenig-Arten-Gemische mit Zuchtsorten zu etablieren. Diese sollen für ein oder wenige Jahre einen möglichst hohen Ertrag bringen, um dann wieder einer Neuansaat Platz zu machen.
In der Schweiz, aber auch in Österreich und in den höher gelegenen Regionen im übrigen Mitteleuropa, ist der Naturfutterbau aus topographischen und klimatischen Gründen bis heute die vorherrschende Futterbaumethode geblieben. Sein Ziel ist eine nachhaltige, produktive Nutzung des bestehenden, natürlichen Pflanzenbestandes.
In der Schweiz haben praxisorientierte Forscher wie Walter Dietl von der Forschungsanstalt Zürich-Reckenholz dem Futterbau bis weit über die Landesgrenze hinaus wichtige Impulse verliehen. Sie haben eine differenzierte, an der landwirtschaftlichen Praxis orientierte Methodik geschaffen, mit welcher Naturwiesen typisiert und futterbaulich hinsichtlich Ertrag, Ertragsfähigkeit und Nutzungsweise beurteilt und gegebenfalls verbessert werden können. Dieser Ansatz wurde in unzähligen Forschungsprojekten, vor allem aber in praxisorientierten Kartierungen, in Alpplanungen, bei Landumlegungen oder bei Betriebsberatungen angewandt und weiterentwickelt. In Deutschland und Österreich waren und sind insbesondere die Forschungsanstalten Aulendorf und Gumpenstein führend und haben mit vielen zukunftsweisenden Versuchen zum Verständnis des Produktionssystems Naturwiesland beigetragen.
Allerdings hat sich in der Wissenschaft das Interesse am Naturfutterbau in den letzten zwei Jahrzehnten in der Schweiz und in den umliegenden Ländern verschoben in Richtung einer vermehrt auf Einzelarten und damit auf Methoden des Kunstfutterbaus fokussierten Forschung und Praxis. Auch in der Beratung stehen heute «ackerbauliche» Methoden zur Steuerung der Bestandesentwicklung im Vordergrund. Statt mittels Nutzungs- und Pflegemassnahmen auf der Basis der vorhandenen Arten den Bestand in die gewünschte Richtung zu lenken, werden Bewirtschaftungsfehler immer häufiger mit Übersaaten von Handelssaatgut, mithilfe von Wiesenumbruch und Neuansaaten, durch Herbizide zur Bekämpfung unerwünschter Arten oder zur Erneuerung des ganzen Bestandes zu korrigieren versucht. Diese Entwicklung bedeutet für die Landwirte oft höhere Kosten, weil sie damit das Potenzial der – kostenlosen – Ökosystem-Dienstleistungen der Naturwiesen übergehen und durch mehr oder weniger teure technische Eingriffe ersetzen.
Ausserdem bringt dieser Wandel auch weitreichende ökologische Nachteile mit sich. So ist meist ein erhöhter Ressourcenverbrauch die Folge (Pflugeinsatz, Saatgutkosten, Pestizideinsatz usw.). Vor allem aber wird die vorhandene genetische Vielfalt auf Artenwie auf Ökotypenniveau durch die Neu- und Übersaaten zurückgedrängt. Naturwiesen, in welchen standörtlich über Jahrzehnte oder Jahrhunderte angepasste Ökotypen wichtiger Futterpflanzen nicht durch Einsaaten mit Zuchtsorten «eingekreuzt» worden sind, werden immer seltener. Die vielfältige Genetik der Futterpflanzen mit den spezifischen Eigenschaften der Ökotypen wie Trockenheitsresistenz oder Anpassung an Höhenlagen geht damit zunehmend verloren. Die entsprechende Genetik steht dann auch der Züchtung nicht mehr als Ausgangsmaterial zur Verfügung (Exkurs 1). Aus diesem Grunde wurden vom Bundesamt für Landwirtschaft in den letzten Jahren im Rahmen des Nationalen Aktionsprogramms Pflanzengenetische Ressourcen (NAP-PGREL) Projekte lanciert zur gezielten Erhaltung von Naturwiesen, die solche «ursprünglichen» Ökotypen noch aufweisen (WEYERMANN 2007; BOSSHARD et al. 2009).
Angesichts der zentralen Bedeutung für die mitteleuropäische Landwirtschaft und im Besonderen für die Schweiz muss in Zukunft dem Naturfutterbau als eigenem Produktionszweig in Forschung, Ausbildung und Beratung wieder mehr Beachtung geschenkt werden. Dazu soll das vorliegende Buch einen Beitrag leisten.
Exkurs 1
Naturfutterbau: Hindernis für die Industrialisierung der Landwirtschaft
Welchem Druck der Naturfutterbau im Zuge der Industrialisierung der Landwirtschaft vor allem im angelsächsisch geprägten Ausland ausgesetzt war, und welchen verhältnismässig moderaten Weg die Schweiz bisher eingeschlagen hat, zeigt folgendes Zitat eindrücklich. Es stammt aus der Rede des emeritierten, langjährigen Futterbauprofessors der ETH Zürich, Joseph Nösberger, welche er 2009 zum 75-jährigen Jubiläum der schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für den Futterbau AGFF hielt.
«In Europa begann Ende der fünfziger, anfangs der sechziger Jahre ein sehr starker Trend zur Maximierung der Erträge der Naturwiesen und Kunstwiesen. Jede technische Möglichkeit sollte hierfür ausgenützt werden. Der Handel bot neue Herbizide an, die es ermöglichten die Kräuter und Leguminosen in den Naturwiesen zurückzudrängen oder lieber noch zu eliminieren. Gleichzeitig stieg das Angebot an billigen Stickstoffdüngern. Damit waren zwei wichtige Voraussetzungen für eine kurzfristige Maximierung der Erträge gegeben.
Das Motto lautete: «Make of the grass a crop». Ich erinnere mich noch gut an eine Exkursion während einer Europäischen Futterbautagung in Chur. William Davies, der damalige Direktor eines englischen Forschungsinstitutes für Futterbau beurteilte die relativ artenreichen Wiesen als völlig verunkrautet und empfahl den Einsatz von Herbiziden und hohen Stickstoffgaben. Viele Forschungs- und Beratungsinstitutionen in Europa für Futterbau liessen sich von diesem technokratischen, kurzfristig ausgerichteten Zeitgeist anstecken. Der damalige Präsident der AGFF, Prof. Rudolf Koblet, hatte grösste Bedenken gegenüber diesem Ansatz. Er sagte damals, die Empfehlungen von Davies seien für unser Gebiet nicht vertretbar, wir kennen die Bedeutung der meisten Kräuter in den Naturwiesen nur ungenügend, sie sind eine Komponente der standortsangepassten Pflanzengemeinschaften und schliesslich haben auch sie ein Existenzrecht. – Eine mutige und klare Analyse, die sich nicht dem Zeitgeist anpasste.
Koblet und die AGFF haben ein grosses Verdienst daran, dass bei uns die Naturwiesen nicht entkrautet wurden. Koblet muss es mit Genugtuung erfreut haben, dass ein gutes Jahrzehnt später eine Gruppe aus einem Züchtungsinstitut in Wales in den Naturwiesen des Zürcher Oberlandes und der Leventina Ökotypen von Gräsern für ihr Zuchtprogramm sammelten. Mit der angestrebten Maximierung der Erträge hat man die Naturwiesen … geopfert.»
1.2 Wiesen, Weiden, Wiesland und Co: Zur Klärung wichtiger Begriffe
1.2.1 Nutzungstypen: Matten, Mähweiden, Weiden
Die Nutzung von Wiesland erfolgt durch Mahd oder Beweidung – oder beides abwechslungsweise. Die daraus resultierenden drei Grundkategorien des Wieslandes sind die Mähwiesen (auch Matten genannt), die Weiden (auch Dauerweiden genannt) und die Mähweiden, bei denen abwechslungsweise gemäht und beweidet wird. Daneben existieren verschiedene weitere Begriffe mit synonymer Bedeutung (Abb. 2). Verwirrlich kann sich dabei auswirken, dass Mähwiesen häufig auch kurzerhand als Wiesen bezeichnet werden – so spricht man oft von «Wiesen und Weiden». Als Überbegriff eignet sich «Wiese» deshalb eigentlich nicht. Heute werden stattdessen als Sammelbegriffe für die «ausdauernden Pflanzengemeinschaften, die vorwiegend aus Gräsern und anderen krautigen Arten zusammengesetzt sind» (DIETL und LEHMANN 2004) – also alle Wiesen, Weiden und Mähweiden zusammen – die Begriffe «Grünland», «Grasland» und «Wiesland» synonym verwendet. Weder Grünland noch Grasland sind allerdings begrifflich korrekt – denn auch ein Wald ist grün, und in vielen Wiesen hat es deutlich mehr als nur Gräser, manchmal sogar überhaupt keine Gräser, abgesehen davon, dass auch im Wald Gräser vorkommen. Aufgrund dieser Überlegungen erscheint «Wiesland» als der am besten geeignete übergeordnete Begriff und wird entsprechend auch in diesem Buch verwendet.
In Abgrenzung des Wieslandes zum Wald auf der einen Seite und zur Ackernutzung auf der anderen Seite gibt es vielfältige Übergänge oder Mischformen und entsprechende weitere Begriffe; die wichtigsten sind in Abbildung 3 und 4 zusammengestellt.
1.2.2 Nutzungsintensität und Ökoflächen/Biodiversitätsförderflächen
Neben der Nutzungsform ist für die Praxis auch die Intensität der Wiesennutzung ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal. Als extensiv genutzt gelten alle Wiesen und Weiden, auf welche nicht aktiv Dünger eingebracht wird – das heisst abgesehen beispielsweise von den Ausscheidungen von Weidetieren oder vom Stickstoffeintrag aus der Luft. Die Anzahl Nutzungen ist dabei nicht definiert. Als wenig intensiv genutzt gelten Wiesen, denen jährlich oder alle paar Jahre etwas Mist und teilweise auch wenig Gülle verabreicht wird. Mittelintensiv bis sehr intensiv genutzte Wiesen werden jährlich ein- bis mehrmals mit höheren Hof- und/oder Kunstdüngergaben versehen und mindestens 3 mal jährlich genutzt.
Extensiv und wenig intensiv genutzte Wiesen können in der Schweiz als sogenannte Ökoflächen – ab 2014 neu als Biodiversitätsförderflächen BFF bezeichnet – angemeldet werden und erhalten dadurch zusätzliche Direktzahlungen (DZV 2014). Neben einem Düngungsverbot (extensiv genutzte Wiesen, extensiv genutzte Weiden) beziehungsweise einer eingeschränkten Düngung (wenig intensiv genutzte Wiesen) gilt zudem generell bei den Wiesen ein frühester erster Schnittzeitpunkt. Darüber hinaus gibt es viele Sonderregelungen, beispielsweise im Rahmen von Vernetzungsprojekten.
Wiesen und Weiden, die ein Minimum an bestimmten Indikatorpflanzenarten aufweisen, zählen zu den Ökoflächen mit Öko-Qualität, ab 2014 zu den BFF Qualitätsstufe II (BFF QII). Aus einer Liste mit rund 40 Pflanzenarten(gruppen) müssen jeweils mindestens sechs in definierten Flächenausschnitten vorhanden sein. Es wird unterschieden zwischen Wiesen und Streuwiesen in den unteren Lagen (in den meisten Kantonen bis 1000 m ü. M.), Wiesen und Streuwiesen in den höheren Lagen, Weiden in der Landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN) und Weiden im Sömmerungsgebiet (BLW 2015a).
Je nach Lage, Umfeld und zusätzlichen Nutzungsbedingungen werden als BFF angemeldete Wieslandflächen in der LN zudem mit einem Vernetzungsbeitrag unterstützt (BLW 2015b).
Eine Übersicht über die aktuellen, bundesweiten Regelungen gibt die Webseite www.blw.admin.ch/themen/00006/01711/index.html?lang=de. Die kantonalen Spezifitäten sind jeweils auf den Webseiten der kantonalen Landwirtschafts- und Naturschutzämter aufgeschaltet.
Abb. 3. Begriffliche Übersicht über die wichtigsten Landnutzungs- und Vegetationsformen Mitteleuropas in Abhängigkeit von der Nutzungsintensität und Nutzungsform. U=Ungenutzte Ökosysteme, Uw=Urwiesen (sowie Fels-, Auen-, Gewässerbiotope), HS=Hors-Sol-Kulturen.
Abb. 4. Übersicht über die Hauptnutzungstypen im Wiesland und ihre Bezeichnung. Die Begriffe ohne Klammern werden in diesem Buch verwendet. In Klammern sind Synonyme aufgeführt, wobei die mit ° markierten Begriffe leicht unterschiedliche Nutzungsformen bezeichnen. * Oft auch Mischformen mit Mähnutzung.
1.2.3 Naturfutterbau und Kunstfutterbau, Naturwiesen und Kunstwiesen
Naturfutterbau bezeichnet die landwirtschaftliche Nutzung und Pflege von Naturwiesen für die Fütterung von Raufutterverzehrern zur Erzeugung von Milch und Fleisch. Im Gegensatz zu Kunstwiesen werden Naturwiesen nicht umgebrochen oder – bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts für viele Fettwiesen üblich – nach einem Umbruch durch die bodenbürtige Samenbank, manchmal unter Ergänzung von «Heublumen» aus dem eigenen Heustock, wieder begrünt (Feldgras- oder Egartwirtschaft, vgl. z.B. MARSCHALL 1943). Die Ertragsfähigkeit von Naturwiesen gründet damit auf autochthonen Pflanzenarten undökotypen, also auf Pflanzen, die in der Region natürlicherweise vorkommen und die sich gegebenenfalls über Jahrhunderte an die vorherrschenden Bedingungen der Bewirtschaftung anpassen konnten. Ziel des Naturfutterbaus ist es, eine nachhaltige, effiziente und wirtschaftliche Nutzung auf der Basis des bestehenden, natürlichen Pflanzenbestandes sicherzustellen.
Kunstfutterbau und sein Resultat, die Kunstwiesen, stellen quasi die ackerbauliche Form des Futterbaus dar. Sie basieren auf gezielten Ansaaten züchterisch bearbeiteter Wieslandarten, die über ein bis mehrere Jahre gemäht oder beweidet und dann wieder umgebrochen werden, z.B. im Rahmen einer Fruchtfolge.
Die Anwendung von Übersaaten zur Verbesserung von Naturwiesenbeständen ist als eine Zwischenform zwischen Kunst- und Naturfutterbau einzuordnen.