Kitabı oku: «Das Naturwiesland der Schweiz und Mitteleuropas», sayfa 7
3.3.2 Kräuter
Im Vergleich zu Gräsern und Leguminosen weisen die meisten Kräuter einen geringeren Nährwert auf und der Anteil an Stängeln und anderen von Raufutterverzehrern schlecht verwertbaren Teilen ist in der Regel grösser. Zudem neigen die Blätter vieler Kräuter bei der Heubereitung zum Zerbröckeln, so dass sie teilweise auf dem Feld liegen bleiben. Der heutige Futterbau schenkt aus diesen Gründen den Kräutern im Wiesland fast nur noch negative Aufmerksamkeiten (Exkurs 6).
Entsprechend wird meist nur die Reduktion der Kräuter im Futterbau thematisiert. Dabei stehen zwei Kategorien von Kräutern im Fokus. Die erste betrifft die «Verdränger», also Krautpflanzenarten, welche überhandnehmen können und so futterbaulich wertvolle Gräser und Leguminosen verdrängen oder auch als Lückenfüller geschwächte Bestände kennzeichnen. Bekannte Beispiele sind Blacke, Wiesenkerbel, Hahnenfuss, Wiesenlabkraut, kriechende Ehrenpreisarten oder Waldstorchenschnabel. Diese Arten können bei falscher Nutzung, bei Bodenverdichtung oder bei übermässigem Einsatz von Gülle zur Dominanz gelangen und den Futterwert von Wiesen stark reduzieren oder in Extremfällen Wiesen futterbaulich unbrauchbar machen. Die «Güllezeiger» unter den Kräutern sind meist Tiefwurzler, welche Nährstoffe aus tieferen Schichten als die Gräser aufnehmen können. Bei starkem Einsatz von Gülle sickert diese (zu) tief ein und gibt diesen Arten einen Wachstumsvorteil. – In extensiv genutzten Wiesen haben in den letzten Jahren das Einjährige Berufskraut (siehe Kap. 6.3.3) und der Klappertopf (Kap. 7.5.7) stark zugenommen und verursachen zunehmend Probleme.
Die zweite Kategorie betrifft Giftpflanzen, die bei kleineren oder grösseren Massenanteilen bei Raufutterverzehrern gesundheitliche Probleme verursachen können. Diese Kategorie besteht nur aus wenigen und zudem fast ausschliesslich auf das extensive Spektrum der Wiesentypen beschränkten Arten. Dazu zählen die Herbstzeitlose, das Wasser-Greiskraut oder der Klappertopf. In Weiden kommen weitere Arten wie das Jakobs-Kreuzkraut dazu.
Vor allem in höheren Lagen können giftige Arten, zum Beispiel Germer, Eisenhut oder Gelber Enzian, stark überhand nehmen. In Weiden sind Giftpflanzen aber für die Weidetiere kein Problem, da sie verschmäht und stehen gelassen werden. Dadurch breiten sie sich jedoch beim Ausbleiben entsprechender Weidepflege immer mehr aus und können dann unter der ersten Kategorie durch Verdrängung wertvoller Futterpflanzen den Futterwert und den Ertrag einer Weide beträchtlich reduzieren (Abb. 8).
Die Giftkräuter dürften in ihrer negativen Wirkung und ihrem Gefahrenpotenzial in den letzten Jahren stark überbetont und überschätzt worden sein. Dies gilt beispielsweise für die Kreuzkrautarten, den Klappertopf oder die Herbstzeitlose (z. B. BOSSHARD et al. 2003). Befragungen von Landwirten zeigten, dass diese Arten selbst im Heu bei höheren Anteilen kaum je Probleme verursachen (BOSSHARD, unveröffentlicht), was aber nicht heisst, dass es in Einzelfällen nicht zu Krankheitserscheinungen oder Abgängen kommen kann, wie verschiedentlich dokumentiert worden ist.
Zu fast allen unerwünschten Arten und ihren Bekämpfungsmöglichkeiten gibt es zahlreiche Literatur in Form von wissenschaftlichen Untersuchungen oder Merkblättern (z. B. Merkblätter 4 und 7 der Arbeitsgemeinschaft für den Futterbau AGFF, www.agff.ch/deutsch/online-shop/merkblaetter.html).
Exkurs 6
Mehr als nur Beigemüse: Kräuter der Wiesen als Medizin und Verkaufsargument für gesunde Milch
In Kunstwiesenmischungen sind zwar zahlreiche Gräser- und Leguminosenarten enthalten, aber kein einziger Vertreter der Kräuter. Kräuter gelten im heutigen Futterbau entweder als problematisch oder als wertlos. So gibt es auch für Naturwiesen in der Literatur keinen angestrebten Mindestanteil für Kräuter.
Sind Kräuter also nur für den Naturschutz und allenfalls die Imkerei von Interesse? Dass sie für die Honigtracht der Wiesen sorgen und den grössten Anteil an der Artenvielfalt im Wiesland haben ist unbestritten.
Der futterbauliche Wert dagegen ist heute weitgehend vergessen. Das war nicht immer so. Noch im 19. Jahrhundert wurden verschiedene Kräuter durch Saatgut gezielt eingebracht, beispielsweise der Pastinak (Pastinaca sativa). STEBLER und SCHRÖTER schrieben 1892: «Ein rein schädliches Unkraut, das vom Standpunkt des praktischen Landwirts gar keinen Nutzen hat, gibt es wohl kaum». KLAPP (1956) weist auf die Wirk- und Aromastoffe und die hohen Mineralstoffgehalte vieler Kräuter hin. Und SCHNEIDER (1954) kommt zum Schluss, dass das Futter der Fromentalwiesen dank der zahlreichen Kräuterarten «ein reichhaltig zusammengesetztes Futter liefert, das im Hinblick auf die Tierfütterung sehr hoch einzuschätzen ist.»
Während es unter den Gräsern und Leguminosen kaum Heilpflanzen und nur ausnahmsweise giftige Pflanzen gibt, gehören unzählige Kräuterarten der Wiesen zu den Heilpflanzen. THOMET et al. (1989) fanden unter den 345 festgestellten Pflanzenarten in artenreichen Wiesen 72 Heilpflanzenarten, das sind über 20 Prozent der vorkommenden Arten.
Viele Bauern sind aus eigener Erfahrung überzeugt, dass artenreiche Wiesen für ihre Tiere wertvolles «Medizinalheu» liefern und setzen dieses Futter entsprechend gezielt ein. «Aus (berg)bäuerlicher Sicht ist dieses Futter nicht nur im Krankheitsfall geeignet, sondern gilt als gesund schlechthin: «Wenn die Flachlandbauern dieses Heu nur den Rindern geben, so ist das der grösste Fehler, den sie machen können. Jeder Flachlandbauer macht heute ja fünf bis sechs Schnitte. Er schneidet das Gras mit drei bis vier Wochen ab. Dann haben sie so viel Eiweissgehalt und Energie, dass die Kuh das gar nicht mehr verschaffen kann. Dann gibt es einfach einen Knall. Eine solche Kuh ist mit drei bis vier Jahren hinüber, wenn sie dreimal gekalbert hat, ist sie durch. Deshalb gibt es nichts Besseres als Magerwiesenheu zu futtern, weil das viele Rohfasern hat.» (Zitat aus einem Interview mit einem Bergbauern, JURT 2003).
Bisher konnte eine Heilwirkung von Heu aus artenreichen Wiesen allerdings wissenschaftlich nie einwandfrei nachgewiesen werden (vgl. Schmid in THOMET et al. 1989). Viele Untersuchungen existieren aber zur Wirkung einzelner Wiesen-Heilpflanzenarten. In der Rindvieh- und Pferdefütterung werden heute zunehmend – teuer zu bezahlende – Heilpflanzenzusätze eingesetzt, die oft genau diejenigen Arten enthalten, welche in artenreichen Mager- und Fromentalwiesen in grossen Mengen – und kostenlos – vorhanden sind oder waren, zum Beispiel Salbei, Kümmel, Schafgarbe, Beinwell oder Frauenmantel.
Nachdem 1999 in der Schweiz Antibiotika als Futtermittelzusätze verboten wurden, kamen einige der genannten Heilpflanzenarten als Einzelkomponenten zur Leistungsförderung in der Schweinemast zu neuen Ehren. Eine Übersicht über die Einsatzmöglichkeiten und die Wirkstoffgruppen der verschiedenen Pflanzenarten gibt die Webseite www.landwirtschaftskammer.de/landwirtschaft/tierproduktion/schweinehaltung/fuetterung/pflanzliche-futterzusaetze.htm, ein Beispiel für den Einsatz in der Rinderfütterung s. www.lgc-sa.ch/images/Artikel_SchweizerBauer_Nutral_Produkte.pdf.
Unbestritten ist auch, dass die Kräuter erhöhte Gehalte an Mineralstoffen und Spurenelementen aufweisen und so die Zufütterung entsprechender Futterzusätze unnötig machen oder vermindern können. Seit kurzem wird die Wirkung verschiedener Kräuter und Legum i nosen auf die Milch- und Fleischqualität breiter diskutiert. So erhöhen tanninhaltige Arten wie Esparsette oder Hornklee – beides zugleich Indikatorarten für artenreiche, extensiv bis wenig intensiv genutzte Wiesen gemäss QII – gemäss laufenden Untersuchungen der Forschungsanstalt Agroscope den Anteil an Linolensäure in der Kuhmilch und im Schaffleisch deutlich. Linolensäure gehört zu den langkettigen, ungesättigten Omega-3-Fettsäuren. Diese gelten als besonders gesund, und ihr Gehalt stellt damit ein Qualitätskriterium für Milch und Fleisch dar. Zugleich vermindern die Tannine den Methanausstoss der Widerkäuer, wirken antiparasitär und verbessern die Verdauung (www.legumeplus.eu).
Milch ist also nicht gleich Milch. Milch aus naturnaher Produktion beziehungsweise aus artenreichen Wiesen könnte damit in Zukunft mit einem Mehrwert verkauft werden. Während genau dies dem erfolgreichen «Heumilch»-Label in Österreich gelungen ist, steht ein Erfolg beim ähnlichen Projekt «Wiesenmilch» in der Schweiz noch aus. Immerhin wirbt der Schweizer Bauernverband – ansonsten alles andere als ein Verfechter artenreicher Wiesen – in seiner Plakatkampagne 2015 erstmals mit der Artenvielfalt von Wiesen beziehungsweise der besonderen Geschmacksnote von Alpenkräutern für Schweizer Milch. So könnte der Konsument in Zukunft mit seinem Kaufverhalten über die Wertschätzung und den Erhalt artenreicher Wiesen mitentscheiden.
Im Gegensatz zur futterbaulichen Sichtweise haben Kräuter aus der Perspektive von Naturschutz und Ästhetik einen zentralen Stellenwert im Wiesenökosystem. In allen artenreicheren Wiesentypen machen Kräuter meist mehr als drei Viertel der Pflanzenarten aus, und auch die seltenen Arten finden sich fast ausschliesslich in der Gruppe der Kräuter. Das Blütenangebot der Kräuter wiederum ist für viele Insektenarten Nahrungsbasis. Ein angemessener Anteil an Kräutern ist besonders in ökologischen Ausgleichsflächen deshalb ein wichtiges Qualitätskriterium. 70 Prozent der 46 beziehungsweise 82 Prozent der 34 (Qualitätsschlüssel QII für tiefere Lagen mit geringeren Anforderungen beziehungsweise entsprechender Schlüssel für höhere Lagen) Arten(gruppen), welche als Indikatoren für Öko-Qualität beziehungsweise seit 2014 Qualitätsstufe II zählen und von denen mindestens 6 vorkommen müssen, sind denn auch Kräuter, der Rest Gräser und Leguminosen (Weisungen Öko-Qualitätsverordnung beziehungsweise ab 2014 BFF-Qualitätsstufe II, www.blw.admin.ch).
3.3.3 Leguminosen
Leguminosen fixieren Stickstoff aus der Luft und spielen daher eine besondere Rolle im Wiesland. In leguminosenreichen Wiesen und Weiden können bis über 300 kg N pro Hektare und Jahr fixiert werden (Kap. 2.2.2), was eine Volldüngung mit Stickstoff ersetzt, insbesondere auf ausreichend mit Phosphor versorgten Böden. Die Eigenschaft der Stickstofffixierung ist besonders auf Biobetrieben mit Ackerbau, wo Stickstoff im Hofdünger ein rares Gut ist, hoch willkommen und wird gezielt bei der gesamtbetrieblichen Kulturplanung genutzt. Mit einer geeigneten Bestandesführung können die jeweils standortgemässen Leguminosenarten auch in Naturwiesen gezielt gefördert werden (s. Kap. 4.2).

Abb. 27. Leguminosen fixieren Stickstoff und sind zugleich eine der wertvollsten Futterpflanzen für zahlreiche Tagfalterarten des Wieslandes. Im Bild ein Himmelblauer Bläuling auf einer Hornkleeblüte.
Ein Überhandnehmen von Leguminosen in unerwünschtem Ausmass ist selten. Bei starkem Aufkommen können sie Gräser verdrängen und damit die Nährstoffzusammensetzung des Futters einseitig beeinflussen und den Wasen instabil machen. Der Leguminosenanteil sollte aus futterbaulicher Sicht einen Drittel nicht überschreiten (DIETL und LEHMANN 2006). Im Frühling und Herbst kann ein hoher Leguminosenanteil bei Kühen zu tödlichen Blähungen führen (Pansenblähung). Jedes Jahr sind davon zahlreiche Tiere betroffen.
Bei Neuansaaten artenreicher Wiesen kann bodenbürtiger, also nicht angesäter Weissklee mit seinen rasch wachsenden Ausläufern zur Problempflanze werden – die einzige wirklich kritische Art ist der Weissklee, kann er doch schon nach kurzer Zeit dichte Teppiche bilden, die mit bestandeslenkenden Massnahmen nicht zu verhindern sind und die den Grossteil der angesäten Wiesenblumen zum Verschwinden bringen können (BOSSHARD 1999).
Leguminosen haben eine hohe Bedeutung für viele Insekten, vor allem für Tagfalter. Das Vorkommen zahlreicher Bläulingsarten hängt direkt vom Vorkommen einzelner Leguminosenarten ab (z. B. der Zwergbläuling vom Wundklee, der Esparsetten-Bläuling von der Esparsette, und mehrere Bläulingsarten vom Hornklee, Abb. 27).
Noch ausgeprägter als bei den Gräsern ist der Anteil an Leguminosenarten an der Gesamt-Pflanzenartenzahl in artenreichen Wiesen relativ klein. Nur selten weisen Naturwieslandflächen mehr als 4 bis 6 Leguminosenarten auf.
4 Einfluss der Bewirtschaftung auf Pflanzenbestand, Futterertrag, Futterqualität und Wirtschaftlichkeit
4.1 Wirkung von Intensivierung und Extensivierung auf den Pflanzenbestand
Als Intensivierung wird im Futterbau die Steigerung der Düngung bei gleichzeitiger Erhöhung der Nutzungsfrequenz bezeichnet. Diese beiden Massnahmen zielen in der Regel darauf ab, die Erträge an verdaulichem Eiweiss und Energie zu steigern. Sie erfolgen üblicherweise parallel und bedingen sich gegenseitig, haben aber ökologisch sehr unterschiedliche Wirkungen auf den Wiesenbestand.
Eine Steigerung der Düngung kommt grundsätzlich zunächst allen Pflanzen zugute, die in einer Wiese wachsen: Die Düngung ermöglicht generell, bei praktisch allen Pflanzenarten, ein stärkeres Wachstum. Nur wenige Düngestoffe und nur in relativ hohen Konzentrationen beziehungsweise bei ungünstiger Ausbringungstechnik wirken auf Pflanzen toxisch, wobei es grosse Unterschiede zwischen den verschiedenen Wiesenpflanzenarten gibt. Düngung führt also, entgegen einer weit verbreiteten Meinung, meist nicht direkt zum Verschwinden einzelner Arten (vgl. physiologisches Optimum, Kap. 2.5). Das zeigt sich auch darin, dass selbst ausgesprochene Hungerkünstler wie Edelweiss in Gärten mit einem sehr hohen Nährstoffniveau bestens gedeihen, sofern die Konkurrenz durch Jäten ferngehalten wird.
Durch zunehmende Düngung und die parallel dazu zunehmende Nutzungsfrequenz kann der Ertrag einer Wiese auf einem guten Standort bis auf ein Mehrfaches gesteigert werden gegenüber dem Zustand ohne gezielte Düngung (Abb. 12). Dies allerdings nur dann, wenn intensiv nutzbare Pflanzenarten vorhanden sind. Noch stärker als der Ertrag an Trockensubstanz verändern sich die verschiedenen Inhaltskomponenten des Futters. Bei geeigneter Nutzungsfrequenz und Bestandesführung (Kap.4.2) nehmen die für die Milch- und Fleischproduktion ausschlaggebenden Anteile an Energie und Eiweiss im Wiesenfutter sogar überproportional zu (Abb. 39).
Ab einem bestimmten Düngungsniveau wachsen die Pflanzen so rasch und so dicht, dass eine neue Art von Konkurrenz ins Spiel kommt, die bei geringem Düngungsniveau kaum eine Rolle spielt: Die Lichtkonkurrenz. Diese Grenze ist in Wiesen bei etwa 30 dt stehender Trockensubstanz pro Hektare (TS/ha) erreicht. Ab dieser Biomasse beträgt der Blattflächenindex, das heisst die senkrecht projiziert übereinanderliegenden Blätter, rund 1,5, ist also 1,5 mal so gross wie die darunter liegende Bodenoberfläche (LARCHERS 2001; DIERSCHKE und BRIEMLE 2002).
Pflanzenarten, welche zusätzliche Nährstoffe besser in zusätzliches Wachstum umsetzen können als andere, sind nun im Vorteil. Ausschlaggebend ist dabei vor allem das Höhenwachstum in Verbindung mit der Lage der Blätter. Wiesenpflanzen, die rasch in die Höhe wachsen und die ihre Assimilationsorgane in den oberen Bereich schieben können, sind an solche Bedingungen besser angepasst. Sie können mit ihren Blättern dem Licht entgegenwachsen und gleichzeitig den anderen Arten zunehmend das Licht entziehen. Die Morphologie einer Pflanze ist also neben der Wuchsgeschwindigkeit und gegebenenfalls dem Lichtbedarf ausschlaggebend, um beurteilen und verstehen zu können, ob eine Pflanzenart bei zunehmender Düngung überhand nehmen wird oder nicht (BOSSHARD 1999).
Unter Abwesenheit von Lichtkonkurrenz sind den Wuchsformen dagegen praktisch keine Grenzen gesetzt. Winzige Rosettenpflanzen können neben weit über meterhohen Gräsern koexistieren. Unter anderem deshalb sind magere Wiesen deutlich artenreicher als Intensivwiesen (Kap. 2.4.2).
Mit zunehmender Düngung und den veränderten Lichtverhältnissen geht in der Regel auch eine Erhöhung der Nutzungsfrequenz einher. Denn das Ziel der Düngung besteht ja darin, mehr Biomasse zu produzieren, welche in entsprechend kürzeren Abständen geerntet werden muss. Eine häufige Nutzungsfrequenz gibt Arten einen Konkurrenzvorteil, die entweder ihre Assimilationsorgane grossenteils nahe am Boden haben – beispielsweise Rasengräser – oder die aus Wurzelreserven rasch wieder ausschlagen können. Dazu gehören viele Pflanzen mit Pfahlwurzeln wie Blacke, Löwenzahn oder Kerbel. Wird viel oder übermässig Gülle verabreicht, können die oberflächlich wurzelnden Rasengräser sie nur teilweise nutzen, weil ein Teil in tiefere Bodenschichten sickert. Dort kommt sie den Pfahlwurzlern zu gute. Häufiger geschnittene Güllewiesen weisen deshalb oft futterbaulich minderwertige krautige Bestände mit einem hohen Anteil an zum Beispiel Kerbel, Löwenzahn oder Schlangenknöterich auf (Abb. 8). Einige Pflanzen kommen an sich mit dem hohen Nährstoffangebot und der häufigen Nutzungsfrequenz gut zurecht, können aber während der kurzen Aufwuchsphasen nicht absamen. Wenn sich die betreffende Art vor allem über Samen vermehrt (und nicht beispielsweise über Ausläufer oder Brutknöllchen), dann ist ihr ebenfalls keine längerfristige Etablierung im Wiesenbestand möglich. Angaben zur Schnittverträglichkeit der meisten Wiesenpflanzenarten Mitteleuropas geben DIERSCHKE und BRIEMLE (2002).
Bedeutsam für das Verständnis der Ertragsbildung ist weiterhin die Tatsache, dass eine erhöhte Nutzungsfrequenz die beschriebene «morphologische Wirkung» der Düngung in begrenzter Form abmildern kann. Dies gilt insbesondere für die Beweidung. Denn jede Nutzung bringt wieder Licht in den Bestand und verleiht allen Pflanzenarten «gleich lange Spiesse»: hochgewachsene werden ebenso zurückgestutzt wie kleinwüchsigere. Die Beweidung wirkt dabei nicht so radikal wie die Mahd, weil immer einzelne Exemplare stehen bleiben oder nur halb abgefressen werden und so teilweise absamen können. Indem eine erhöhte Nutzungsfrequenz also die Lichtkonkurrenz mindert, schafft sie die Möglichkeit, dass sich mehr Arten halten können als bei geringer Nutzungshäufigkeit. Gleichzeitig erhöht sie aber auch die beschriebene mechanische Schädigung der Arten, so dass die Wirkung auf die Artenzusammensetzung stark vom Zeitpunkt, der Nutzungsart (Weide, Heu- oder Silagenutzung) und den vorkommenden Arten abhängt.
Aufschlussreich für das Verständnis von Wiesenpflanzen-Lebensgemeinschaften sind Wiesenbestände, bei denen die Nutzungsfrequenz und das Düngungsniveau divergieren. Am einen Ende der Skala liegen Brachflächen. Zwar fällt bei Brachflächen die schädigende Wirkung der Mahd oder Beweidung auf die Pflanzen weg. Doch weil die sich entwickelnde Biomasse nicht abgeführt wird, tritt selbst unter relativ mageren Bedingungen im Laufe der Jahre oder bereits ab dem ersten Jahr Lichtmangel ein und einzelne Arten verschwinden (Kap. 2.4.5).
Auf der anderen Seite der Skala stehen die Kulturrasen oder die Kurzrasenweiden. Sie werden alle 1 bis 3 Wochen gemäht oder beweidet und erlauben selbst bei hohem Düngungsniveau kleinwüchsigen, in ertragreichen Futterwiesen sonst nicht konkurrenzfähigen Arten wie dem Gänseblümchen, dem Breitwegerich oder dem persischen Ehrenpreis eine dauerhaftes, lokal sogar dominantes Vorkommen.
Mit der Kenntnis dieser Wirkungsmechanismen lässt sich die Zusammensetzung einer Wiese ebenso wie die Einflüsse der wichtigsten Bewirtschaftungsfaktoren verstehen und Massnahmen zur Bestandeslenkung in jedem einzelnen Fall ursächlich ableiten.
4.2 Steuerung des Pflanzenbestandes durch die Bewirtschaftung
Die in Abbildung 6 zusammengestellten 20 wichtigsten Kulturfaktoren, welche die Wieslandentwicklung beeinflussen, sind zugleich die wichtigsten Massnahmen, mit welchen der Pflanzenbestand im Rahmen seiner Formbarkeit in eine bestimmte, gewünschte Richtung gelenkt werden kann. Jedem einzelnen Faktor kann jedoch je nach Standort und Pflanzenbestand jeweils eine unterschiedliche, ja gegenteilige Wirkung zukommen. Darüber hinaus bestehen zahlreiche Interaktionen zwischen den einzelnen Faktoren.
Dies macht deutlich, wie komplex und anspruchsvoll die Bestandessteuerung und damit ein nachhaltiger, produktiver Futterbau in der Praxis sind. Ein «Rezeptbuch» für nachhaltigen Wiesenbau mit einfachen Wenn-Dann-Regeln gibt es nicht. Neben dem nötigen theoretischen Wissen sind langjährige Erfahrung, vielfältige Anschauung mit genauer Beobachtung – wenn möglich auf der Basis genauer Buchführung (z.B. Wiesenkalender) – und meist auch das Lernen aus Irrtümern unumgänglich. Besonders fruchtbar ist dieser Lernprozess im überbetrieblichen Austausch, zum Beispiel im Rahmen von Beratungsringen oder Arbeitskreisen (Kap. 10).
Die Bewirtschaftung, also die «Kulturfaktoren» im Ökosystem Wiese, umfassen einerseits Nutzungs- und andererseits Pflegeeingriffe (Abb. 6). Im Ackerbau haben alle Massnahmen mit Ausnahme der Ernte Pflegecharakter, und nach der Ernte beginnt ein neuer Zyklus, der vom vorhergehenden kaum beeinflusst wird. Beim Naturfutterbau dagegen stellt jeder Nutzungseingriff in der Regel zugleich einen Pflegeeingriff dar, der zudem oft eine langfristige Wirkung haben kann. Das Ziel einer ökonomischen und nachhaltigen Wieslandnutzung ist es, die «Pflege» so weit als möglich durch eine angepasste Nutzung realisieren zu können, so dass keine separaten Pflegeeingriffe mehr nötig sind.
In Dauerweiden lässt sich selbst die Nutzung noch ganz oder teilweise delegieren, nämlich an die Raufutterverzehrer, die ihr Futter selber holen und so neben einer sehr kostengünstigen «Selbstversorgung» zugleich ihre Nahrungsgrundlage kostenlos pflegen. Weidesysteme, insbesondere Vollweidesysteme gehören zu den effizientesten, ressourcenschonendsten und kostengünstigsten Nutzungssystemen der Landwirtschaft (z. B. THOMET et al. 2002; GAZZARIN et al. 2011).
Je besser die Nutzung an Standort und Pflanzenbestand angepasst ist, desto eher lässt sich das ökonomisch und ökologisch attraktive Prinzip der «Nutzung als Pflege» realisieren. Je nach Ertragspotenzial und Lage einer Wiese kann deshalb im einen Fall eine extensive, im anderen Fall eine intensivere Nutzung ökonomische und ökologische Vorteile bringen. Die gleichzeitig betriebs- und standortsbezogen differenzierte Optimierung des Futterbaus führt zur Praxis der abgestuften Nutzungsintensität (Kap. 9.3).
So wie es empfindlichere Tiere oder Rassen gibt, die höhere Ansprüche an das Futter stellen oder empfindlicher auf Einseitigkeiten reagieren als andere, so gibt es auch Pflanzenbestände, die besonders anspruchsvoll sind. Interessanterweise sind die beiden Extreme im Nutzungsspektrum, nämlich die extensiv und die intensiv nutzbaren Wiesen und Weiden, relativ robust und unkompliziert. Bei den intensiv nutzbaren sind einige wenige gute Futterpflanzenarten bestandesbildend und weitgehend konkurrenzlos, die ausgezeichnet an die häufigen Eingriffe und das hohe Nährstoffniveau angepasst sind und die durch die entsprechenden Einwirkungen im Wachstum noch gefördert werden. Dazu gehört beispielsweise das Englische Raygras. Im extensiven Bereich auf der anderen Seite sorgt das Zusammenspiel zwischen rasen- und horstbildenden Gräsern für eine hohe Stabilität des Pflanzenbestandes (Kap. 3.3.1).
Relativ labil dagegen sind die mittelintensiv genutzten Wiesen – in den tieferen Lagen die Knaulgraswiesen, in den höheren die Goldhaferwiesen. Diese Tatsache erklärt sich aufgrund des Fehlens konkurrenzkräftiger, stabilisierender Rasengräser einerseits und robuster, vielschnittverträglicher Horstgräser andererseits. Schon bei kleinen Bewirtschaftungsfehlern können Kräuter die Lücken zwischen den Horstgräsern füllen, da sie keine Konkurrenz durch kräftige Rasengräser haben, und so rasch unerwünscht hohe Anteile einnehmen. Kerbelwiesen oder Waldstorchenschnabel-Bergwiesen sind typische Beispiele, die im Berggebiet in manchen Regionen grosse Flächen futterbaulich entwerten.
Die Bewirtschaftung von mittelintensiv genutzten Wiesen benötigt deshalb besondere Sorgfalt. Eine angepasste Düngung – vor allem durch Verzicht auf (zu viel) Gülle –, der gezielte Einsatz der bestandeslenkenden Frühlingsweide und ein relativ hoher Schnitt sind Massnahmen, die zur Stabilität beitragen und mit denen einseitige Bestände solcher Wiesen in wenigen Jahren wieder saniert werden können, sofern wenigstens kleine Anteile der wichtigsten guten Futtergräser noch vorhanden sind.
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