Kitabı oku: «Erwachen», sayfa 5

Yazı tipi:

In der Dunkelheit zeichnete sich ein Korridor ab und ich nahm eine schwarze, in Roben gehüllte Gestalt wahr. Ich blickte auf ihren Rücken. Mit geschmeidigen Bewegungen ging sie den Gang entlang. Sie zog einen Dolch aus dem Gewand und hielt ihn zur Seite. Dann stoppte sie vor einer Türe und öffnete sie behutsam. Die Tür führte in meine Gemächer. Ich sah mich selbst von hinten. Die Gestalt kam näher. Eine schwarz behandschuhte Hand streckte sich nach mir aus. Ich bemerkte sie nicht.

Ich spürte eine Hand an meinem Hals und wurde mit dem Kopf zurückgerissen. Gleichzeitig bohrte sich ein Dolch von hinten direkt in mein Herz. Etwas riss an mir und meine Essenz begann zu schwinden.

Schwärze umgab mich. Schmerz durchdrang mich. Ich trieb im Nichts.

Vereinzelt zeigten sich Sterne. Sie bildeten ein Firmament, in dem das Gestirn des Arkanen Triumvirats hell aufleuchtete. Der Stern des Chaosmagiers strahlte am stärksten. Im nächsten Moment pressten sich Lippen auf meine Lippen. Sie waren sanft und weich, ihre Berührung zärtlich. Ein Kuss, dem ich mich ganz hingab, und der so zuckersüß schmeckte, wie ich noch nie zuvor einen Kuss genossen hatte. Der Kuss nahm den Schmerz und füllte mich mit Wärme. Er hob mich empor. Ich folgte ihm willig und dankbar.

Ich sah die Schlüsseltätowierung auf dem Arm von Morrigaine, einer Magierin der Schwesternschaft der Nacht. Der verblasste Schlüssel füllte sich mit Farbe. Die arkane Meisterin stand vor einem gewaltigen, reich verzierten Tor und breitete ihre Arme aus. Die Flügeltüren öffneten sich. Die Silhouette einer Person zeichnete sich dahinter ab und trat hervor.

Übergangslos wurde ich Zeuge, wie im Scharlachroten Tempel der gewaltige Koloss in sich zusammenfiel. Ich spürte ein Knistern. Dann breitete sich eine von grünen Linien durchzogene, schwarze Dunkelheit von dem zerfallenen Koloss aus und verschlang die ganze Stadt. Schreie. Nur wenige Gebäude am Rand der Metropole blieben erhalten. Das Nichts hatte sie sauber von dem, was einst war, durchtrennt.

Sogleich sah ich wieder den Scharlachroten Tempel mit dem aufrecht stehenden Koloss, alles unversehrt. Mein Blick schweifte über das Land. Ich flog dahin und näherte mich der Labyrinthstadt. Ein triumphales Brüllen erschütterte mich. Mein Blick wanderte weiter. Die Stadt schien sich zu bewegen und schlängelte sich über Grund und Boden. Sie floss auf den Scharlachroten Tempel zu und bildete einen gewaltigen Irrgarten um die Metropole.

Die Vision begann zu verblassen. Bilder wechselten sich in schneller Folge ab. Ich sah noch einige Personen, die ich kannte, aber nicht mehr deren Schicksale. Der letzte Eindruck war der Geschmack des Kusses auf meinen Lippen. Ohne Zweifel weiblich, die Frau war mir jedoch nicht bekannt.

Zitternd sank ich auf meine Knie und küsste die Unbekannte weiterhin. Dann wurde ich gewahr, wie ich verdutzt die Flöte in meiner Hand anstarrte.

»Was war das?«, fragte ich laut und sah mich im Raum um. Ich war allein.

Mein erster Gedanke galt Luzius und ich erreichte ihn mit meinen telepathischen Kräften. ›Luzius, ich habe die Kraft der Querflöte entfesselt und in einer Vision gesehen, wie die Schlüssel das Tor geöffnet haben, von dem du gesprochen hast.‹

›Was befand sich dahinter?‹

›Leider konnte ich nur eine Silhouette ausmachen, keine Details, die auf das Wesen der Person schließen lassen. Aber das war nicht der Einzige Eindruck, den ich gewonnen habe. Luzius, ich habe gesehen, wie ich getötet wurde! Heimlich und Hinterrücks. Und das habe ich auch so real gespürt, dass mir noch immer der kalte Schweiß den Rücken runterläuft.‹

›Ich spüre deine Sorge, Schwesterherz. Was hast du noch gesehen?‹

›Da war ein Firmament aus unzähligen Sternen. Ich glaubte, das arkane Triumvirat darin wiederzuerkennen … und ich schmeckte einen unbeschreiblich wohligen Kuss …‹

›Wann … vor oder nach deinem Tod?‹

›Nach meinem Tod. Der Kuss hat mich wieder zum Leben erweckt.‹

›Wenn ich die Eigenheiten von Visionen betrachte, hat dich der Kuss und die damit verbundene Person wohl eher vor dem Tode bewahrt.‹

›Hm, das mag sein. Aber dann kenne ich die Retterin noch nicht, denn diese Lippen hätte ich bestimmt nicht vergessen. Da waren aber noch mehr Eindrücke, Luzius. Der Scharlachrote Tempel wurde von einem schwarzen Nichts verschlungen. In einer anderen Vision habe ich eine weitere Zukunft des Tempels gesehen, wo er von der sich bewegenden Labyrinthstadt umgeben wird. Das ist alles noch sehr verwirrend für mich. Die Eindrücke waren sehr wirklich, als hätten sie bereits stattgefunden. Bist du sicher, Bruder, dass ich das Tor öffnen soll? Woher hast du das?‹

›Wovon ich das habe?‹ Ich konnte sein Schnauben beinahe hören. ›Von unserem Herren und Meister! Und ich rate dir, mit niemanden darüber zu sprechen.‹

›Ich wüsste niemanden, mit dem ich darüber sprechen sollte, außer mit dir, Luzius. Und selbst wenn ich jemanden wüsste, würde ich diesem nichts anvertrauen.‹

›Das ist auch besser so. Und wie deutest du das, was du in den Visionen gesehen hast, Schwesterchen?‹

›Vier Aussagen sind für mich erkennbar. Erstens: Vor dem Tod durch den Chaosmagier kann mich nur eine noch nicht bekannte Frau bewahren. Zweitens: Der zweite Schlüssel öffnet ein prunkvolles Tor und jemand ist dahinter. Drittens: Zu einer nicht bestimmten Zeit oder Gegebenheit fällt der Koloss in sich zusammen und der Scharlachrote Tempel wird verschlungen. Und viertens: Die Labyrinthstadt legt sich um den Tempel zu einer Zeit, wo der Koloss noch steht.‹ Jetzt hatte ich Antworten auf Fragen, die ich noch nicht kannte. Befriedigend oder besser als die fehlenden Antworten auf meine Fragen war diese Erkenntnis nicht.

Zudem machte mir die Vision deutlich, dass Morrigaine nicht nur ein Schlüssel war, sondern sie in sich beide Schlüssel trug. Dafür musste ihre Tätowierung vervollständigt werden. Die Hautmalerei beherrschte ich durch das Anbringen der psionischen Tätowierungen – somit war ich selbst sozusagen der zweite Schlüssel. Leider wusste ich nach wie vor nicht, wo sich das Tor befand, welches durch Morrigaine geöffnet werden konnte.

Und noch viel weniger wusste ich, wer sich hinter dem Portal verbarg.

4. Kapitel

So einfach ich meine Sinne an Orte versetzen konnte, die eine Erinnerung bei mir hinterlassen hatten, so schwer konnte ich eine Person erblicken oder hören, deren Aufenthalt mir nicht bekannt war.

Lange hatte ich mich vor dem kräftezehrenden Ritual der Ausspähung gedrückt, hatte scheinheilige Gründe gefunden, nicht auf die Suche zu gehen. Doch jetzt durfte es keinen Aufschub mehr geben. Ich brauchte das Blut eines mächtigen Vampirs für den Chaostrank. Und für mich kam dafür nur die Vampirgöttin des Blutes infrage.

Ballana war mir nicht unbekannt, hatte ich doch bereits ihr Blut im lustvollen Spiel getrunken, so wie sie das meine. Dieser Geschmack war nun mein Schlüssel, meine Erinnerung, um eine Brücke zu schlagen.

Mit der Erinnerung fühlte ich die Hitze in mir aufsteigen. Meine Kehle brannte, verzehrte sich nach dem brennenden Verlangen, den roten Strom, der sich glühendem Magma gleich seinen Weg den Rachen hinab bahnte.

Ich entzündete die Kohle in einem großen Eisenbecken mit acht Flammen, die sich durch Fingerschnippen von mir lösten. Ein Beobachter hätte bemerkt, wie sich aus der ebenmäßigen Reihe meiner Zähne die Eckzähne hervorschoben. Im Schein des Feuers biss ich mir selbst in den Unterarm und beobachtete amüsiert die herab rinnenden Blutstropfen, die sich entlang meiner Finger dem Boden entgegen rollten. Bevor sich der erste Tropfen lösen konnte schleuderte ich ihn in die Flammen und streckte mich, reckte mich den Flammenzungen entgegen, beobachtete, wie sie tanzten. Entzückt spürte ich das Verlangen der Bewegung in mir. Ich gab ihm nach, dem Drang, sich zu räkeln, einer Bewegung, die mich in Trance um das Feuer herum führte und mit jedem Schritt, mit jedem ausholenden Arm mehr einer Ekstase glich.

Mühelos bewegten sich meine Finger in der komplizierten Abfolge von Symbolen und Gesten. Was einem Zuschauer lediglich wie ein graziles Fingerspiel erschien führte zu einer Veränderung der Wirklichkeit, die nicht mehr abzuwenden war nachdem ich das letzte Symbol geformt hatte. Energie brandete durch meinen Körper, strömte prickelnd aus meinen Fingern und richtete die feinen Nackenhaare auf. Das Hochgefühl von Macht und Kontrolle, die Befriedigung meines Erfolges, breitete sich aus und ließ mich lächeln.

Rauchwolken bildeten sich mit jedem Tropfen meines Blutes. Mein Leib wirbelte im Kreis um die Flammen, ein Reigen aus Hitze und Leidenschaft, aus Blut und Schweiß. Die rötlichen Dämpfe verdichteten sich, bildeten Schatten, Umrisse und Formen. In meinen Ohren trommelten die Schläge meines Herzens. Ein Paukenschlag folgte dem nächsten. Geisterhafte Schatten lösten sich und glitten über den Boden. Sie zuckten im roten Schein. Ein Summen, das an und ab schwoll, folgte ihren Bewegungen. Splitter von Erinnerungen blitzten in meinen Gedanken auf. Ohne Zusammenhang. Aber sie erzeugten Gefühle. Der Geschmack von Eisen. Die Hitze eines Vulkans. Der Geruch des Todes.

Sanfte Finger glitten über meine Haut. Eiskalt prasselte ein Schauer meinen Rücken hinab. Meine Gesäßmuskeln zuckten, ein Bein hob sich, der Schwung drehte meinen Körper und trieb ihn voran, einer unsichtbaren Spur folgend, deren Ziel nur einen Namen kannte: Ballana.

Gebannt sah ich auf das Bild, das meine Erinnerung an die Vampirin erzeugte. Doch es war nicht mehr länger eine Erinnerung. Es war die Gegenwart, die mir der Rauch zeigte. Und in das Rauschen des Blutes in meinen Ohren mischten sich Stimmen, anfangs noch undeutlich, bis ich erste Silben vernahm.

»…der klei… Bastard.« Ich kannte diese Stimme. Und auch den schneidenden Tonfall. »Du besitzt etwas, das mir gehört. Oder besser gesagt, meiner Generalin.«

Aus Rauchschwaden wurde ein Gesicht, weiblich, betörend, machtvoll. Aber ich erblickte nicht Ballana. Ich sah die Scharlachrote Königin. Unverwechselbar. Meine Mutter. Und sie befand sich nicht im Thronsaal. Ein düsteres Gewölbe schälte sich aus dem Dunst und während das Antlitz von Màreda nach und nach an Farben gewann, blieb der Hintergrund im rötlichen Schein. Blutrot, die Gewölbe einer machtvollen Vampirin. Doch wo war die Vampirgöttin? Hatte sich meine Mutter herabgelassen, zur Aburteilung eines Straftäters in diese Katakomben herabzusteigen? Ich schüttelte mich innerlich und widmete meine Konzentration wieder dem Geschehen vor meinen Augen.

»Verräterin!«

Unbändiger Hass lag in der Antwort. Eine Stimme wie glühende Kohlen, deren sengende Hitze ich bereits in mir gespürt habe. Tua’thal, fanatischer Diener des Orkgottes Buu-Na, einst als Wogar bekannt. Damals, in der umkämpften Stadt Ustan, als wir unser beider Fleisch in feuriger Inbrunst vereinten. Noch undeutlich sah ich nun seine Gestalt inmitten des Gewölbes, seltsam verzerrt, Arme und Beine wie bei einem Hampelmann ausgestreckt.

Was machte er hier? Der Halbdrache geriet in die Gefangenschaft von Banndespoten und wenn ich meinen Bruder richtig verstanden hatte, kümmerte niemand im Scharlachroten Tempel sein Schicksal. Nachdem Wogar durch das Schwert des Heerführers zu Tua’thal wurde, hatte mir Nephtis sehr deutlich ihren Besitzanspruch klargemacht.

Jetzt baumelte mein einstiger Begleiter auf schräg gekreuzten Balken gefesselt von der Gewölbedecke. Das gelbrote Funkeln in seinem verbliebenen linken Reptilienauge war auf meine Mutter gerichtet. Das rechte Auge hatte er zu Ehren seines Orkgottes rituell selbst entfernt. Sein Körper wirkte von der Gefangenschaft ausgemergelt aber immer noch stattlich. Das weiße Haupthaar hatte seinen Glanz jedoch verloren und verschwamm im Grau der Schatten. Ausgeblichene, dreckige Lumpenfetzen bedeckten kaum seine Männlichkeit. Zwischen Körper und Balkenkreuz eingeklemmt zitterten die Drachenschwingen, ihrer Freiheit beraubt und unnatürlich verrenkt. Das musste schmerzhaft für ihn sein. Meine eigenen Flügel möchte ich niemals so eingequetscht haben.

»Du hast uns nur benutzt! Die dunkle Allianz war lediglich ein Vorwand, eine Ablenkung von deiner eigenen Machtsudelei!«

Das Bild vor meinem Kopf wurde klarer. Ich konnte nun Einzelheiten erkennen. Die Maserung der rot geschuppten Haut des Halbdrachen. Die manikürten und mit silbrigen Ornamenten verzierten Fingernägel meiner Mutter. Und die okkulten Symbole auf dem Steinboden, die einen Bannkreis bildeten. Mit Tua’thal im Zentrum.

Die Macht des Orkgottes Buu-Na konnte den Glaubenskrieger nicht erreichen. Er war seiner Peinigerin schutzlos ausgeliefert.

Um den Hals trug er ein geschmiedetes Eisen mit darin eingearbeiteten, pulsierend rot schimmernden Edelsteinen. Dies musste ein Sklavenhalsband sein, dessen Magie den Feuerodem des Drachensohnes zurückhielt.

Höhnisches Gelächter schallte durch das Gewölbe.

»Lebend warst du nicht von großem Nutzen, aber dein Tod wird wahrlich Feuerstürme entfachen. Doch zuvor wirst du hergeben, was dir nicht gehört.« Die scharlachrote Königin trat nahe an ihn heran, ihr Mund dicht an sein Ohr. »Und die Herausgabe wird sehr schmerzhaft für dich sein.«

Wieder ihr höhnisches Lachen.

»Töte mich, nur zu! Ich fürchte den Tod nicht. Die Rache meines Vaters wird meine Gerechtigkeit sein. Und mein Volk wird sich ihm anschließen.«

»Niemand wird von dem Geschehen hier erfahren, dummer kleiner Bastard.« Ihre zinnoberroten Lippen berührten sein spitzes Ohr. »Und selbst wenn, werde ich nichts mit deinem Tod zu tun haben. Pass auf, kleines Scheusalgewächs, dein eigenes Blut ist dein Tod.«

Hämisch grinsend trat Màreda zurück. Wirbelte der Dunst meiner Hellsicht auf oder sah ich tatsächlich blutige Tropfen, die sich aus den Wänden lösten? Kleinen Geschossen gleich prasselten sie in den Körper meiner Mutter. Erschrocken hob ich mir die Hand vor den Mund und unterdrückte einen Schrei.

Ballana griff meine Mutter an!

Schockiert formte mein Geist die Kraft der Teleportation, als ich sah, wie sich der Körper von Màreda veränderte. Das war kein Angriff. Ich hielt in meinem Zauber inne. Da ich selbst über die Fähigkeit verfügte, meine Gestalt zu verändern, wusste ich, was vor meinen Augen geschah. Aber ich verstand es nicht.

Màreda verwandelte sich in Ballana!

Dunkel gebräunte Haut färbte sich rötlich. Die rabenschwarz glänzende Lockenmähne glättete sich und verschluckte von nachtschwarzer Dunkelheit getränkt das Licht. Lüsterne Augen flammten glutrot und von Hass getränkt auf. Leise knackend breiteten sich im Rücken Fledermausflügel aus, zerrissen das höfische Gewand. Stoffstreifen raschelten zu Boden. Aus der Stirn schoben sich zwei spitze Hörner, grazile Fingernägel bildeten Krallen.

Und immer wieder dieses Lachen. Dämonisch, heiser, unheilschwanger. Meine Nackenhaare standen mir zu Berge.

Als letzten Akt der Verwandlung schoben sich aus der ebenmäßigen Reihe weißer Zähne die vier Reißzähne hervor. Vampirzähne.

Verwirrt von den Eindrücken schnappte ich nach Luft und der Kontakt zur Folterkammer zerfloss. Was hatte all das zu bedeuten? Wie konnte dies sein? War die Befreiung meiner Mutter aus dem Gefängnis der Eryna nur ein Traum? Nein, ich hatte die göttliche Kraft gespürt. Aber hier, gerade eben beobachtete ich ein mächtiges Wesen, das in vielen Gestalten einherging.

Das Blut war mein Pfad zu der einzig möglichen Wahrheit: Ballana und die Scharlachrote Königin sind ein und dieselbe Person, die Gestalt der Vampirgöttin sozusagen das Alte Ego und die Möglichkeit für Màreda, sich mit göttlichen Kräften auszutoben. Die Doppelung beruhte auf einer geschickten Täuschung und erklärte auch, warum Ballana bei der ausschließlichen Vorliebe für Frauen damals in Ustan mit Luzius und Torvac Sex hatte. Der von Luzius im blutigen Ritual beschworene Körper war noch nicht vollkommen mit der durch mich befreiten Seele verschmolzen.

Und damit noch nicht genug. Eine weitere Tatsache führte zu einer noch viel schwerwiegenderen Frage: Die Scharlachrote Königin hatte seit dem Magierkrieg den Abyss nicht betreten, ich wurde jedoch im Abyss geboren. Lange nach dem Magierkrieg. Daher kann die Scharlachrote Königin nicht meine Mutter sein. Nur: wer ist es dann? Und wie steht Arkhmandeo dann zu mir? Ist er wirklich mein Vater?

Als Dämon konnte ich auch aus dunkler Energie geschaffen sein. Oder ich war gar kein Dämon und gewann erst nach und nach meine wahren Kräfte, mein wahres Ich.

Wer war ICH?

Innerlich aufgewühlt brauchte ich etwas, worauf ich meine Sinne richten konnte. Rote Dunstschleier waberten vor meinem Gesicht. Ich nahm den rituellen Tanz wieder auf, gab dem Rauch Gestalt und blickte in das Gewölbe, wo Tua’thal mit gespreizten Gliedmaßen an ein Balkenkreuz gekettet von der Decke hing.

In seiner rechten Faust befand sich ein beeindruckendes Schwert – Blutdürster, die Waffe des Heerführers der Horde. Sie war gezogen, damit verlangte die Klinge nach Blut. Ballana musste dem Glaubenskrieger die Waffe gegeben haben.

»… verfluche dich, Hure!«, spie der Halbdrache. Schaumiger Speichel troff aus den Mundwinkeln. Dunkelrote Striemen auf seiner nackten Brust deuteten auf die begonnene Folter hin. »Was hast du mit den anderen aus der Gruppe gemacht? Ich werde dich büßen lassen, wenn du ihnen …«

Die drohenden Worte gingen in dem mordlüsternen Lachen der Vampirin unter. Goldener Schmuck und eine knappe Leibbinde um Hüfte und Brust waren alles, was ihre weiblichen Reize verdeckte.

»Deine Freunde, ja? Das möchtest du jetzt gerne wissen, nicht wahr? Auch ihr Tod wird mir von Nutzen sein, das versichere ich dir, har, har, har.« Ich folgte ihrem Gang und bemerkte unterhalb des Gefolterten eine hölzerne Konstruktion, auf der ein Gegenstand mit Lederriemen befestigt werden konnte. Stirnrunzelnd lenkte mich das Geräusch von Metall auf Stein wieder zu Ballana. Sie hatte eine Henkersaxt von der Wandbefestigung gelöst und trat wieder in den Bannkreis. Die langstielige Axt überragte ihren athletischen Körper. Fasziniert beobachtete ich das Muskelspiel ihrer Arme, die mühelos die sicherlich schwere Waffe herumwirbelten. Der Glaubenskrieger versuchte noch, den mächtigen Hieb mit seiner Klinge abzuwehren. Die eisernen Fesseln um Arm und Handgelenk ermöglichten ihm jedoch zu wenig Bewegungsfreiheit.

Krachend fuhr die Axtschneide in den Holzbalken, durchtrennte Kettenglieder, Haut, Sehnen und Knochen des rechten Unterarmes. Ein Blutschwall ergoss sich aus dem Stumpf. Klirrend landete Blutdürster mit der Faust um den Schwertgriff auf dem Boden.

Tua’thal schrie nicht. Er richtete seinen zornigen Blick und orkische Flüche auf die Foltermeisterin.

Achtlos warf Ballana die Henkersaxt beiseite und bückte sich nach der abgetrennten Faust. Sie vermied den Kontakt mit der Schwertklinge und ignorierte den auf sie herab prasselnden Blutregen.

Die jäh durchtrennten Blutgefäße zogen sich in den Stumpf zurück, der rote Strom wurde zu einem feinen Rinnsal.

Beinahe hoheitsvoll schritt die Vampirgöttin zu der merkwürdigen Konstruktion im Zentrum des Bannkreises und befestigte dort Blutdürster, die Schwertspitze aufgerichtet, direkt in Richtung der Rumpfmitte von Tua’thal. Mit der Faust fest um den Griff gehalten hatte ich den Eindruck, als würde der Heerführer selbst sein bisheriges Gefäß bedrohen.

»Blutdürster giert nach seinem wahren Herrn. Ich höre seinen Ruf.« Ballana schüttelte sich, ein gieriges Funkeln trat in ihre Augen. Ihr Leib war mit dem roten Lebenssaft des Gotteskriegers besprenkelt. Lüstern leckte sie einzelne Blutstropfen von ihren Händen. »Mmh, der Geschmack verlangt nach mehr. Blutdürster verlangt nach mehr.« Die Vampirin trat aus meinem Gesichtsfeld. Ich hörte Ketten rasseln, die Balkenkonstruktion ruckte, wippte sanft wie ein Pendel. Ballana kehrte zurück. Sie hielt das Ende einer Eisenkette in der rechten Faust. Mit wenigen Schritten hatte sie den Gefangenen erreicht und griff mit der freien linken Hand das Balkenkreuz, brachte die Schwingung zum Stillstand.

»Jetzt will ich sehen, was für ein Männlein du bist.«

Tua’thal spuckte ihr ins Gesicht, während Ballana leise summend die verbliebenen Stofffetzen mit ihren Krallen von seinem Körper schälte. Der blutige Speichel des Kriegers rann ihre Wangen hinab. Seelenruhig nahm Ballana das befreite Geschlecht in ihre linke Hand und wichste es rhythmisch.

Tua’thal keuchte.

»Verfluchte Hure. Willst wohl noch deinen Spaß haben, was? Binde mich los und ich ramme meinen Schwanz so tief in dich rein, dass du um Vergebung für deine Frevel bettelst!«

Bei den feurigen Worten des Halbdrachen zog ein Kribbeln über meinen Rücken. Wie sehr hatte ich seine Stöße genossen, hatte ›Oh, ja, Wogar, mehr! Tiefer!‹ in sein Ohr gestöhnt. Sein Phallus war nun prall gefüllt, die dunkelrote Haut war von zahllosen feinen Drachenschuppen überzogen. Ein Wonnegefühl für meine Scheide. Ich spürte, wie ich feucht wurde, wie ich regelrecht austropfte.

Das schrille Lachen der Foltermeisterin holte mich jäh in die Wirklichkeit zurück.

»Ficken willst du mich, ja? Pah, ich gebe nichts um deinen männlichen Stolz. Aber das Blut hier drin«, sie nickte leicht in Richtung des erigierten Penis, »das wird mir schmecken!«

In den nächsten Augenblicken ereignete sich zu viel gleichzeitig, um alles zu begreifen.

Ballana ging in die Hocke, riss ihren Mund weit auf und rammte die Fänge in die prall gefüllten Schwellkörper. Blut spritzte, rann das Kinn hinab, sprühte zu den Wimpern hinauf. Und die Vampirin trank den ausströmenden Lebenssaft.

Ballana umfasste das Balkenkreuz, lockerte mit der rechten Hand die Kette und positionierte ihren Gefangenen genau mit der linken Körperhälfte über der Schwertspitze. Kettenglied für Kettenglied glitt durch die Faust. Die stählerne Spitze ritzte in die Haut, öffnete sie, weitete sie, glitt kratzend zwischen die Rippen und versank in das Herz von Tua’thal.

Blutdürster zitterte, freudig erregt über das nahende Blut. Und der Vereinigung mit seinem Herrn. Das glänzende Metall bekam rote Schlieren, wurde dunkler, leuchtete dunkelrot auf, pulsierte von innen heraus.

Tua’thal stöhnte, hechelte, sein Gesicht vor lustvollem Schmerz zu einer Fratze verzogen. Weiße Haarsträhnen lösten sich vom Schädel, verwelkten und fielen raschelnd wie das Herbstlaub zu Boden. Die Essenz des Heerführers verließ den sterbenden Körper.

Wogar schrie.

Die Faust um den Schwertgriff öffnete sich, die Finger verloren den Halt und gaben Blutdürster frei. Achtlos fiel die Hand vom hölzernen Gestell.

Im Halsband erlosch das rote Leuchten der Edelsteine, die nun grau und wertlos wirkten. Das innere Feuer des Kriegers, meines einstigen Liebhabers, erlosch.

Wogar starb.

Ich weinte.

Noch immer weinend fand ich mich selbst auf dem kalten Boden des Ritualraums liegend wieder. Das Feuer im Eisenbecken war erloschen, der Dunst zu feinen Schleiern unter der Decke verzogen.

Das Erlebte ließ mich frieren.

Im Grunde hatte ich nichts verloren, sondern an Wissen gewonnen. Die Scharlachrote Königin war nicht meine Mutter. Die Vampirgöttin war nichts weiter als ein weiteres, wenngleich machtvolles Abbild dieser Person. Welch weiteren Trugbildern war ich noch aufgesessen?

Als Dämon konnte ich mir kein Vertrauen leisten. Aber in mir loderte das sterbliche Gefühl der Liebe, und Liebe braucht Vertrauen. Und dieser Vertrauensverlust war es, der mich frieren ließ.

Und mit dem Verlust an Vertrauen wuchs ein anderes Gefühl in mir zu einem wärmenden Feuer: Hass.

Hass tat mir gut. Er gab mir neue Kraft.

Mit einem Satz sprang ich auf die Beine und schleuderte die Feuerschale von einem Wutschrei begleitet durch den Raum. Aschebrocken verteilten sich über dem Boden.

Ballana würde für ihr verdorbenes Spiel bezahlen, das schwor ich mir. Doch zunächst brauchte ich eine Phiole voll ihres vampirischen Blutes für den Chaostrank. Und ich war bereit, Blut mit Blut zu bezahlen.

Ich verließ den Ritualraum und rief nach meinen beiden Sklavinnen.

»Elyabel! Malia! Ich habe Arbeit für euch.«

Sie würden später noch Zeit haben, die Unordnung zu beseitigen. Jetzt brauchte ich ein Bad, daher scheuchte ich die beiden jungen Frauen voraus, um alles meinen Wünschen entsprechend vorzubereiten.

Seufzend glitt ich kurz darauf in das warme Wasser. Die Frühlingssonne warf lange Schatten in den Baderaum. Ätherische Öle befreiten meinen Kopf von allen lästigen Gedanken.

Als ich mich in flauschige Badetücher wickelte, prasselten feine Regentropfen gegen die Butzenscheiben. Die Luft roch nach Erde, nach aufkeimendem Leben. Auch ich lebte auf. Von mütterlichen Fesseln befreit schwebte ich förmlich durch die Räume.

Für den bevorstehenden Besuch im Reich der Vampirin war robuste Kleidung angebracht. Natürlich nicht ohne die betonte, erotische Wirkung. Daher wählte ich lederne Beinlinge mit seitlicher Schnürung. Da ich meinen Rücken frei haben wollte, um die Dämonenflügel auszubreiten, passte dazu ein mit Bändern und Ösen vor der Brust befestigtes Korsett ohne Rückenteil. Der samtige, stabile Stoff glänzte schwarz, Schnüre, Knöpfe und Verzierungen leuchteten rot.

Von Malia ließ ich mir silberne und rote Kordeln in Zöpfe einflechten. Die kunstvolle Frisur wirkte wie eine gehörnte Krone, meinem dämonischen Herrschaftsanspruch entsprechend.

Aus meiner Sammlung an Duftwässern wählte ich ein herbes Parfüm mit einer kraftvollen Note. Auch wenn eine Vampirin zu den Untoten Geschöpfen zählte, also keine lebensnotwendige Atmung benötigte – vielleicht konnte ich sie so im Geiste ersticken.

In den beiden magischen Aufbewahrungshandschuhen konnte ich die Phiole für das Blut der Vampirin und meinen psionischen Massagestab in Form eines männlichen Geschlechts hervorragend und sicher transportieren. Yana hatte mir die Funktion der Magie erklärt, aber ich verstand die Erklärungen einfach nicht. War mir auch egal, ein kurzes Befehlswort und der Gegenstand verschwand. Ein Fingerschnippen würde ihn wieder in meine Hand befördern. Viel wichtiger war, dass die aus edlem Tuch gefertigten Handschuhe hervorragend zu meiner Erscheinung passten. Samtig schwarz glänzend bedeckten sie auch meine Unterarme.

Entschlossen stand ich vor dem großen Ankleidespiegel und breitete die dämonischen Schwingen aus. Sie verschluckten das wenige noch hereinströmende Licht des Abends. Dunkle Worte flüsternd rief ich die Macht des Abgrundes herbei, umhüllte meine Erscheinung mit unirdischer Anziehungskraft.

Die beiden sterblichen, jungen Frauen verbargen ihr Zittern nicht. Nervös tuschelten sie miteinander. Ein Blick von mir genügte und sie senkten schweigend ihre Köpfe.

Es klopfte.

»Herein!«, gebot ich laut.

In der Tür erschien ein livrierter Bote. Er verneigte sich tief und hielt eine Schatulle in seinen Händen.

»Dies soll ich Euch bringen, Herrin.«

Angesichts der breitschultrigen Wachen neben dem Eingang wirkte der Diener mickrig. Auf mein Kopfnicken hin trat Elyabel vor und nahm ihm die Gabe ab. Ich entließ ihn mit einem Wink.

»Oh, schaut nur, Herrin.« Elyabel hatte den Deckel angehoben. Auf einem blauen Samtkissen lag eine lange Silberkette mit einem Dutzend kleiner Anhänger, jeder war herzförmig und aus einem roten Kristall geschaffen.

»Yana hat mir die Bauchkette geschickt. Sie steckt leider immer noch in ihren Studien. Aber sie denkt an mich.« Ich lächelte in mich hinein.

»Was sind das für Edelsteine?«, fragte Malia.

»Das sind keine Edelsteine sondern Kristalle, aber sie sind dennoch sehr wertvoll. Die Kristalle bestehen aus dem normalerweise sirupartigem Ectoplasma, das durch geistige Energie in Form gebracht wurde.« Ich hörte mich selbst wie Yana reden. An der tiefer werdenden Stirnfalte von Malia erkannte ich ihr Unverständnis. Auf eine Erklärung der im Ectoplasma eingewobenen erotischen Kraft verzichtete ich. »Na, egal. Sie sind hübsch, nicht wahr?«

»Oh ja, Herrin«, echoten beide Frauen und sie halfen mir, die Bauchkette anzulegen.

Da die Nacht hereingebrochen war flackerten im Ankleidezimmer verteilte Kerzen und warfen ihren rötlichen Schein auf meine gebräunte Haut.

Ein Blitz erhellte grell die Umgebung. Nach wenigen Augenblicken grollte der Donner über die Dächer der Tempelstadt hinweg. Die aufgerichteten feinen Haare an den Unterarmen meiner Zofen verdeutlichten ihr frösteln. Die Gewitterstimmung passte zu meiner eigenen Gemütslage.

Ich hatte mit Ballana, oder meiner angeblichen Mutter, einen Tumbusi zu rupfen.

Durch die rituelle Hellsicht hatte ich eine ungefähre Vorstellung, wo sich das Domizil der Vampirgöttin befand. Die ausweichenden Antworten verschiedener von mir befragter Tempelbewohner bestätigten mein Ziel. Ich musste tief unter die Oberfläche der Tempelstadt. Ausgangspunkt waren die Katakomben unterhalb der Familiengruft. Hinter dem Portal zu einer mit friedlich grasenden Einhörnern verzierten Krypta führte ein kurzer Gang zu Treppenstufen, die hinab in die Dunkelheit führten. Angesichts dieser Verhöhnung des Elfenvolkes musste ich lachen, denn in einem solchen Gebäude hätte ich eher das Grab eines spitzohrigen Fürsten erwartet.

Bevor ich die ersten Schritte in den Abgrund machte, umgab ich meine Gedanken mit einem Schild aus psionischer Energie. Zugleich schärfte ich meinen Verstand für die Wahrnehmung ausgesprochener Lügen. Wenn ich schon niemandem vertrauen konnte, so am wenigsten Ballana.

Ich pustete meinen Atem aus. Mein Herz klopfte. Ja, ich war bereit für mein Schicksal.

Wie der Schlund eines gigantischen Wesens schlängelte sich eine Wendeltreppe mit unzähligen Stufen in die Tiefe. Die Wände gaben das Echo meiner Schritte wieder. Warme Luft mit dem Geruch von Eisen darin stieg vom Grund zu mir auf und streichelte meine Wangen.

Um in der Dunkelheit zu sehen benötigte ich kein Licht. Die dämonische Dunkelsicht reichte, wenngleich sie nur Grautöne zeigte. Vermutlich hatte der Schlund eh keine Farbe.

Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.

₺104,81
Türler ve etiketler
Yaş sınırı:
0+
Hacim:
360 s. 1 illüstrasyon
ISBN:
9783742796394
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip

Bu kitabı okuyanlar şunları da okudu