Kitabı oku: «Teeträume», sayfa 4
Kapitel 4
Ich besaß keinen Smoking, also musste ich zu dem Verleih gehen, den Marley mir empfohlen hatte. Chris hatte gelacht, als ich ihm gesagt hatte, wohin ich ging, und dann mit tiefer Stimme gemeint, dass er es nicht erwarten konnte, mich darin zu sehen. Natürlich hatte er bereits einen Smoking für Anlässe wie diesen. Ich konnte es ebenfalls nicht erwarten, ihn zu sehen.
Ich verließ den Verleih mit einer Kleiderhülle über meinem Arm und Schmetterlingen im Bauch. Es war nur ein Abend in der Oper. Ich war bereits einmal mit meiner Mutter dort gewesen, also wusste ich, was ich zu erwarten hatte, aber der zusätzliche Chris-Aspekt machte die Erfahrung auf wundervolle und willkommene Art und Weise neu und außergewöhnlich.
Er schrieb mir eine SMS, als ich gerade das Auto parkte. Wie nicht anders zu erwarten war, stand er mit einer Zigarette in der Nähe des Bühneneingangs. Seine in einen dunklen Smoking gekleidete Gestalt wurde sanft erhellt von dem Licht, das aus einem Fenster weit über ihm fiel, und mir fiel seine Nervosität erst auf, als ich mich ihm näherte.
»Hey«, sagte ich leise und legte meine Hand auf seinen Oberarm.
»Hi«, entgegnete er kurz angebunden. Dann warf er das glimmende Ende der Zigarette weg. Mir zuliebe, das wusste ich.
Ich ergriff seine Hand, als er sie zurück an seinen Körper zog. Ich drehte seine Handfläche nach oben und musterte die glatte, gleichmäßige Farbe seiner Haut. Chris bemerkte meinen Gesichtsausdruck und lächelte.
»Die Maskenbildnerin hat sich auf mich gestürzt«, sagte er als Erklärung. »Es kümmert sie nicht, wie ich auf der Straße rumlaufe, aber hier gibt es ein gewisses Maß an Etikette. Die auf meiner Brust haben sie auch abgedeckt, nur für den Fall, dass die Farbe im Scheinwerferlicht durchscheint.«
Ich nickte, als würde ich verstehen, aber tief in meinem Inneren nagte es an mir, dass dieser kleine, lebendige Teil von ihm versteckt wurde. Stirnrunzelnd beobachtete Chris mich, als ich ein Taschentuch aus meiner Hosentasche zog und über die dicke Schicht Make-up rieb, die seine Tätowierung verbarg. Das Weiß verschwand in einem orangefarbenen, verwischten Fleck auf dem Taschentuch und ein kleiner Klecks Rot wurde sichtbar, direkt an seinem Daumen.
Chris' Stirnrunzeln verschwand und er begann zu lächeln, als ich seine Hand anhob und einen hauchzarten Kuss auf die rote Tinte platzierte.
Eine blecherne Stimme schallte aus einem Lautsprecher, der an der Außenwand angebracht war. »Meine Damen und Herren des Orchesters, dies ist Ihr Bühnenaufruf, bitte, Ihr Bühnenaufruf. Vielen Dank.«
»Ich muss los«, sagte er entschuldigend.
Ich ließ seine Hand los und nickte erneut. »Ich auch. Wir sehen uns im Anschluss.« Mein Blick wanderte zum Bühneneingang, wo ein gelangweilt aussehender Mann eine Zeitung las und uns eifrig ignorierte. Ich beugte mich vor und strich mit meinen Lippen über Chris'. »Als Glücksbringer«, erklärte ich.
Chris nickte und küsste mich zurück, dann verschwand er im Inneren des Theaters.
Ich musste zurück zum Vordereingang des Gebäudes laufen. Der Platzanweiser warf mir einen finsteren Blick zu und ich wusste, dass ich zu spät war, um in den Zuschauerraum eingelassen zu werden. Ich konnte bereits das Orchester aufspielen hören. Allerdings hatte ich Glück, denn das Ticket, das für mich reserviert war, war für eine private Loge, sodass ich hineinschlüpfen konnte, ohne die anderen zu stören.
Die Sicht von der Loge aus wurde behindert, sodass ich nicht die ganze Bühne einsehen konnte. Allerdings hatte ich einen perfekten, ungehinderten Ausblick nach unten auf die Rhythmusgruppe.
Chris trat durch eine Tür, die vom Zuschauerraum aus vermutlich nicht gesehen werden konnte, und sah nicht nach oben, als er geradewegs auf seine Instrumente zuging. Nacheinander berührte er jedes von ihnen, um zu überprüfen, ob sie alle am richtigen Platz standen. Erst dann sah er auf und hielt nach mir Ausschau. Ich konnte nicht sagen, ob er mich sah, wie ich mich da eifrig über das Geländer beugte und verzweifelt versuchte, seine Aufmerksamkeit zu erregen. Genau in diesem Moment wurde das Licht heruntergedreht und ich war gezwungen, mich zurückzulehnen und die Aufführung zu verfolgen.
Nicht, dass ich irgendetwas von dem, das während der Vorstellung geschah, besonders viel Aufmerksamkeit zollte. Mein Blick war auf den Mann im schwarzen Smoking fixiert. Sein Gesicht war vor Konzentration angespannt, während er Notenblatt um Notenblatt umblätterte und den Dirigenten wegen der Einsätze im Auge behielt. Es war schwer, diesen starken, ernsthaften Musiker mit dem wilden, lachenden Mann, für den ich zu schwärmen begonnen hatte, in Einklang zu bringen.
Am Ende des ersten Aktes ging ich zur Bar und bestellte einen Whisky, den ich weder genoss noch schmeckte, während ich abwesend an ihm nippte. Ich wollte wissen, was Chris hinter der Bühne machte. Falls er draußen wie ein Schlot rauchte – das war das wahrscheinlichste Szenario –, wusste ich, dass ich nicht genug Zeit hatte, um das Gebäude zu umrunden und ihn zu sehen. Nicht, wenn ich zum Beginn des zweiten Aktes zurück in meinem Sitz sein wollte.
Den Rest der Aufführung nahm ich nur verschwommen wahr. Ich genoss die Musik, aber ich war begierig darauf, ihn wiederzusehen, ihn loben zu können und ihm dafür zu danken, diese Seite von sich mit mir zu teilen.
Dienstagabend hatte er mich angerufen, um sich zu entschuldigen, da er es nicht zur Vorlesung am nächsten Tag schaffen würde, und ich hatte versucht, nicht zu enttäuscht zu sein. Die Band, der gegenüber er bezüglich der Proben eine Verantwortung hatte, bedeutete die Hälfte seines Einkommens und sie mussten proben und wie verrückt Werbung machen, um die Erwartungen für den anstehenden Auftritt aufzubauen.
Ich hatte jedoch auch das Gefühl, dass er Angst hatte, nicht in die Universität hineinzupassen, auch wenn er das so nicht gesagt hätte. Sein Geständnis, dass er in der Schule nicht herausragend gewesen war, hatte mich in gewisser Weise berührt; ich hatte meinen akademischen Erfolg immer als selbstverständlich hingenommen, da mir das Lernen leichtfiel, und ich hatte aufrichtiges Interesse an meinem Thema, das meine Karriere antrieb.
Gewiss entblößte mich mein Arbeitsgebiet gegenüber anderen, die nicht so viel Glück gehabt hatten. Meine Studenten waren nicht leicht zu kategorisieren und allein der Versuch war oft ein fruchtloses Unterfangen. Da gab es diejenigen, die von ihren Eltern dazu gezwungen worden waren, mein Fach zu wählen, weil sie die Ausbildung finanzierten. Dann diejenigen, die es als gemütliche Spazierfahrt ansahen. Diejenigen, die das Fach wählten, weil sie gut darin waren oder es als guten Karriereschritt wahrnahmen oder weil sie nicht wussten, was sie mit ihrem Leben anfangen sollten und Englisch eine solide Basis war, von der aus man sich weiterentwickeln konnte.
Chris passte in keine dieser Kategorien und obwohl er in seiner eigenen Karriere zweifellos erfolgreich war, war er keinem traditionellen Lehrpfad gefolgt.
Als ich für den zweiten Akt Platz nahm, beschloss ich, mehr Zeit darauf zu verwenden, der Musik zu lauschen, und weniger darauf, dem Percussionisten schöne Augen zu machen. An diesen Beschluss hielt ich mich ungefähr zwanzig Minuten, ehe ich nachgab und meine erste Lektion bezüglich der Kombination aus Chris und Musik lernte – nämlich die, dass sie äußerst fesselnd war.
Auf seiner Stirn bildete sich eine kleine Falte, als er seine Aufmerksamkeit zwischen den Notenblättern und dem Dirigenten aufteilte. Seine Konzentration schien jedoch zu keinem Zeitpunkt abzuebben.
Die Musik an sich… nun, es war mir nie wirklich möglich gewesen, mich für klassische Musik zu begeistern. Es hatte nie einen Halleluja-Moment gegeben, als alles angefangen hatte, Sinn zu ergeben, nicht so wie zu dem Zeitpunkt, als mir von einer spießigen, alten Tante ein Gedichtband überreicht worden war und ich das gesamte Wochenende damit verbracht hatte, ihn in mich aufzusaugen. Da war ich gerade mal vierzehn Jahre alt gewesen. Trotzdem konnte ich die Leidenschaft verstehen, wenn auch nicht für dieses Themengebiet, und Chris hatte Unmengen an Leidenschaft.
Eine regelrechte Explosion begeisterten Applauses unterbrach meine Träumerei und ich schloss mich an, indem ich wie die Leute rechts und links von mir auf die Füße sprang. Obwohl mir der gesunde Menschenverstand sagte, dass Chris nicht in der Lage sein würde, mich im Publikum zu erkennen, während ihm das helle Scheinwerferlicht in die Augen schien, gab ich mich dennoch der absurden Fantasie hin, dass er mich sehen konnte.
Ich hatte keine Ahnung, wie es sich mit der Etikette nach einem Konzert verhielt, sobald es darum ging, hinter die Bühne zu gehen und ihn dort zu treffen, also ließ ich mich mit der Menge, die zum Ausgang strebte, nach draußen auf die Straße treiben. Die Nacht war immer noch angenehm warm und als ich mich endlich von den anderen abgesondert hatte, war er da. Wartend saß er auf den Stufen, die zum Gebäude führten.
»Wie bist du so schnell da herausgekommen?«, fragte ich und legte meine Hand auf seinen Oberarm, um seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken.
Es funktionierte; mit einem Lächeln auf dem Gesicht wirbelte er zu mir herum und zuckte mit den Schultern. »Nichts von dem Equipment gehört mir. Ich musste nur meine Tasche schnappen. Hast du noch Lust auf einen Drink?«
Die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus und ich stellte fest, dass er nervös war. Nervös wegen meiner Reaktion.
»Chris«, sagte ich, »du warst wunderbar.«
Er zog den Kopf ein und errötete. »Danke schön. Was trinken?«
Ich nickte und er führte uns die Straße hinunter, vorbei an anderen Zuschauern, die in Weinbars Champagner tranken, zu einer kleineren Bar, die mich beinahe an die heruntergekommenen Rattenlöcher erinnerte, die es in Edinburgh reichlich gab.
»Ich gebe dir einen aus«, sagte er, als ich nach meiner Brieftasche griff.
»Ich übernehme die erste Runde.«
Ich nickte und nahm mir einen Moment, um mich umzusehen. Die Bar war klein – wahrscheinlich nur ein paar Meter von einer Wand zur anderen –, obwohl sie sich ein wenig nach hinten erstreckte, mit kleinen Tischen und Nischen, die sich an der Wand entlangzogen. Stammkunden tranken Whisky aus kleinen Tumblern oder Pints mit dunklem Bier und trugen dabei Hüte, die aus demselben Tweedstoff gefertigt waren wie die Polsterung in den Nischen.
»Ich kann nicht glauben, dass ich noch nie zuvor hier gewesen bin«, sagte ich leise, während wir darauf warteten, dass die Barkeeperin an unser Ende kam. »Es ist großartig.«
»Jemand von den Bläsern hat mir den Tipp gegeben«, sagte Chris. »Nett, oder?«
»Sehr«, stimmte ich zu.
Wir bestellten beide ein Bier und ich überhäufte ihn mit Lob, wovon er das meiste geschickt abwinkte. Ich war überrascht. Chris war mir wie ein Mann vorgekommen, der großes Vertrauen in sich und seine Leistungen hatte. Unsere Flaschen leerten wir beinahe zur selben Zeit und ich wusste, dass ich keine zweite trinken sollte, wenn ich noch nach Hause fahren wollte.
»Wann sehen wir uns wieder?«, platzte ich heraus, als ich ihn zu seinem Motorrad zurückbrachte.
»Bald, hoffe ich«, sagte er leise. »Ich finde dich faszinierend.«
Ich zuckte zusammen. »Ist das was Gutes?«
Chris unterdrückte ein Schmunzeln und leckte sich über die Lippen, während seine Wangen darum kämpften, kein ausgewachsenes Grinsen preiszugeben. Dann griff er nach mir und legte eine Hand an meine Wange.
»Ja«, sagte er. Dann küsste er mich. Ich war zu verblüfft, um ihn angemessen zurückzuküssen, eine Tatsache, die mich ärgerte, nachdem er sich zurückgezogen hatte.
Er war zwei Schritte von seinem Motorrad entfernt, als ich mich weit genug gefasst hatte, um ihn am Handgelenk festzuhalten.
»Chris, warte«, sagte ich. »Soll ich dich anrufen?«
Er nickte. Der bereits bekannte, amüsierte Ausdruck tanzte über sein Gesicht. »Jap.«
»Okay.«
»Okay. Gute Nacht, Rob.«
»Nacht«, sagte ich undeutlich.
Er nahm seinen Helm vom Rücksitz seines Motorrads, an dem er ihn angeschlossen hatte, setzte ihn auf, startete dann den Motor und fädelte sich in den Verkehr ein. Nach einem Moment zwang ich mich in Bewegung. Ich hatte auf der Stelle gestanden, wahrscheinlich mit gerunzelter Stirn, während ich ihm definitiv hinterhergestarrt hatte. Das war unheimlich.
Während der Fahrt zurück zu meinem Apartment debattierte ich mit mir selbst, ob der Abend als Date durchgehen konnte oder nicht. Ich glaubte nicht. Zum einen waren weit und breit keine Blumen zu sehen gewesen und ich hielt sehr viel von der Bedeutung von Blumen, die jemandem geschenkt wurden, mit dem ich mich verabredete. Das war nicht nur etwas für Frauen.
Andererseits hatte er mich geküsst, ehe sich unsere Wege getrennt hatten. Ein Kuss – insbesondere die Art von Kuss, zu der Chris fähig war – war nichts, das man auf die leichte Schulter nahm. Warmer Atem und die Bewegung einer heißen Zunge an meinen Lippen… Ja, das war definitiv ein Date-Kuss.
Vielleicht machte ich mir deswegen zu viele Gedanken. Es wäre weiß Gott nicht das erste Mal gewesen.
Bei genauerer Betrachtung meiner vorherigen Sex- und Beziehungspartner (was nicht sehr lange dauerte) war Chris zweifellos der sinnlichste von ihnen. Trotzdem hatten wir noch keinen weiteren Schritt dahingehend unternommen, miteinander intim zu werden, nicht seit er mich in meiner Küche zum Orgasmus gestreichelt hatte.
Als ich den Kühlschrank öffnete und nach der Sahne griff, ließ das noch immer eine heiße Röte des Verlangens und der Verlegenheit in meine Wangen schießen. Während ich die Sahne zur Seite schob und stattdessen Milch auswählte, die ich in meinen Tee gießen würde, beschloss ich, ihm am nächsten Tag Blumen zu schicken.
Auf meinem Weg zur Arbeit kam ich an diesem kleinen Blumenladen vorbei und dort ging ich wesentlich lieber hinein als in eins dieser großen, kommerziellen Geschäfte. Trotz der geringen Größe hatte der Blumenladen eine große und wunderschöne Auswahl, sodass ich mehr als ein paar Minuten brauchte zu entscheiden, ob ich eine versteckte Nachricht mit den Blumen mitschicken wollte oder nicht.
Mein Instinkt riet mir, farbenfroh, außergewöhnlich und ausgefallen zu sein; Paradiesvogelblumen oder Leopardenlilien vielleicht. Aber auf den zweiten Blick schienen sie zu aufdringlich und nicht romantisch genug zu sein. Ich überging die Rosen bei meinem ersten Gang durch den Laden, aber ein genaueres Hinsehen offenbarte eine Auswahl dunkelrosa Blumen, die noch nicht aufgegangen waren. Es war kein Rot oder Zartrosa, nicht zu offensichtlich und doch leicht ungewöhnlich – und die Bedeutung war eindeutig.
Ich unterschrieb die Karte mit meinem Namen und sonst nichts weiter und zog Chris' Visitenkarte aus meiner Brieftasche, auf der noch immer sein C.J.F. (1) auf der Rückseite stand, um seine Adresse für den Versand angeben zu können.
Später am Nachmittag war seine Antwort alles, was ich mir erhofft hatte.
Niemand hat mir je zuvor Blumen geschickt. Sie sind wunderschön. Danke.
Das gab mir das Selbstvertrauen, über die nächsten Tage eine mehr oder weniger regelmäßige Unterhaltung zwischen uns aufrechtzuerhalten, nichts zu Intensives oder Ernsthaftes, aber genug, dass wir uns an ein leichtes Geplänkel und Necken gewöhnten. Es waren nur SMS und Nachrichten, keine tatsächlichen Gespräche, aber seine Gute-Nacht-SMS jeden Abend ließ mich lächeln. Langsam, aber sicher schlich er sich in mein Leben.
***
Es gab wenig Zweifel daran, dass es mir ziemlich davor graute, Chris' Freunde kennenzulernen. Als ob es nicht schon schlimm genug gewesen wäre, dass ich so viel älter war als sie, kam ich auch nicht umhin zu denken, dass sie wesentlich cooler waren als ich. Sie waren in einer Rock-'n'-Roll-Band, um Himmels willen. Chris machte es mir ein wenig leichter, indem er mich eines Abends nach der Arbeit mit zu dem Haus nahm und Abendessen für mich kochte. Die anderen waren unterwegs, als ich ankam, und hatten eindeutig ihre eigenen Tagesabläufe, denen sie trotz meiner Anwesenheit weiter nachgingen.
Zuerst lernte ich Danny kennen: einen großen, schlaksigen Mann mit olivfarbener Haut, hellen Augen und einem ungezwungenen Auftreten. Er begrüßte mich, griff nach einem Apfel aus der Obstschale auf der Anrichte und verschwand. Ein paar Minuten später ertönte Musik aus einem der oberen Stockwerke.
Alexis oder Lex, wie sie sich selbst vorstellte, und John waren die nächsten. Zuerst kamen sie mir wie ein seltsames Paar vor. Sie war klein mit feuerrotem Haar, sahnig weißer Haut und hellblauen Augen, die sie kräftig mit Make-up betonte. Er war der sichtbar Gelassenere der beiden, trug Flip-Flops und Khakihosen und ein Sweatshirt aus Fleece. Sein dichtes, hellbraunes Haar bestand aus einer einzigen, lockigen Masse und er hatte einen ungepflegten Bart. Ich mochte ihn von der ersten Sekunde an.
»Er ist nur ein paar Jahre jünger als du«, sagte Chris, nachdem sie ebenfalls wieder gegangen waren. »John. Er wird nächste Woche neunundzwanzig. Kommst du zu seinem Geburtstag?«
»Wann ist der?«, fragte ich.
»Nächsten Freitag.«
Ich nickte. »Sicher.«
***
Die Feier fand im Haus statt. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie diese kleine Gruppe in so kurzer Zeit eine so große Menge an Freunden und Bekannten angesammelt hatte. Ich brachte eine Flasche Whisky als Geschenk und Bier zum Trinken mit, blieb aber im Auto sitzen und rief Chris an, als ich ankam, anstatt zur Tür zu gehen. Obwohl es erst neun Uhr abends war, schien die Feier bereits im Gange zu sein.
Als ich sah, wie er auf der Veranda erschien, kletterte ich aus dem Wagen, überrascht und seltsam zufrieden, als er mit einem Satz von der Veranda sprang und zu mir rannte, um sich in meine Arme zu werfen. Ich fing ihn auf, lachte und küsste ihn innig.
»Ich hab dich vermisst«, sagte er, als wir uns voneinander lösten. Seit wir uns das letzte Mal gesehen hatten, waren erst ein paar Tage vergangen.
»Gehen wir hinein«, sagte ich. »Ohne Jacke frierst du hier draußen.«
Erneut überraschte mich Chris, indem er meine Hand hielt, während wir uns durch die Feiernden navigierten und er mich verschiedenen Leuten vorstellte, die er von der Sinfonie kannte, oder Fans und Groupies, die sie während ihrer kurzen Zeit in dieser Gegend bereits gefunden hatten.
John und Lex waren in der Küche. Er schien sich über den Whisky zu freuen und schaffte für das Bier Platz im Kühlschrank.
»Den hier verstecke ich«, sagte er und hielt den Whisky hoch. »Sonst geht der heute Nacht noch zu Bruch.«
»Guter Plan«, fand Lex und er gab ihr einen leichten Kuss auf den Kopf, ehe er sich auf den Weg in ihr Zimmer machte.
Der ganze Abend versprühte die Atmosphäre einer der Feiern im Studentenwohnheim, an denen ich während meiner eigenen Collegezeit nur selten teilgenommen hatte. Die meisten Gäste waren volljährig und auch, wenn wir die Trinkspiele und Bierbongs ausließen, wurde das von all den fürchterlich betrunkenen, dürftig bekleideten jungen Frauen vor Ort wieder wettgemacht.
Man kam nicht umhin, Chris' lässige und selbstbewusste Art, die Annäherungsversuche dieser Mädchen abzuwehren, zu bewundern. Er tat es auf eine Art, dass sie nicht einmal bemerkten, wie sie mühelos wie eine störende und trotzdem schöne Motte zur Seite gewedelt wurden. Selbst als ich mich mit seinen Freunden unterhielt, suchte sein Blick meinen über den Raum hinweg. Ein kurzes Herüberflattern, um sicherzugehen, dass er wusste, wo ich war. Sein Beschützerinstinkt war gerade liebenswert genug, um nicht lästig zu sein.
Ich hatte John gerade eine Wegbeschreibung zu einem Steakhaus gegeben, das eines der besten Steaks im ganzen Staat grillte, als Chris neben mir auftauchte und seine Hand in meine schob. Mit einem Lächeln sah ich auf ihn hinunter, belustigt genug, um ihm einen kleinen Kuss auf die Lippen zu geben, als er schmollend danach verlangte.
»Komm mit mir«, sagte Chris und zog an meiner Hand.
»Bis später«, sagte ich zu John. Er nickte. Seine Lippen waren vor Belustigung zusammengepresst, als ob er ganz genau wüsste, was Chris im Sinn hatte. Aller Wahrscheinlichkeit nach tat er das tatsächlich.
Ich folgte ihm den Flur entlang, in dem es ein wenig ruhiger war. Abrupt blieb Chris stehen und wandte sich um, um mir ins Gesicht zu sehen.
»Wir müssen miteinander schlafen«, sagte er mit einem etwas verzweifelten Gesichtsausdruck.
»Das werden wir«, sagte ich. »Allerdings dachte ich, dass wir darin übereingekommen sind, es langsam angehen zu lassen?«
»Rob.« Ehrfürchtig sprach Chris meinen Namen aus und trat einen Schritt auf mich zu, um mein Gesicht in seine Hände zu nehmen. »Rob, du bist hinreißend. Wahrscheinlich bist du sogar der hinreißendste Mann, den ich je getroffen habe, und ganz sicher der hinreißendste Mann, den ich je gedatet habe. Du bist süß und nett und liebenswert und witzig und charmant – und der Sex könnte möglicherweise absolut grauenhaft sein.«
»Das bereitet dir wirklich Sorgen, oder?«, fragte ich amüsiert.
Er ließ seine Stirn gegen meine sinken. »Ja.«
»Dann komm mit«, sagte ich, nahm wieder seine Hand und verschränkte unsere Finger miteinander.
»Komm mit wohin?«
»Komm mit zu mir nach Hause.« Irgendetwas an diesem Mann erfüllte mich mit Selbstvertrauen.
Seine Augen weiteten sich auf komische Art und Weise. »Meinst du das ernst?«
»Ja«, sagte ich leichthin und mehr als nur ein wenig belustigt. »Ich mag Sex, Chris. Und ich bin ziemlich sicher, dass ich Sex mit dir mögen werde. Und jetzt«, ich beugte mich vor und biss ihm sanft in die Nasenspitze, »muss ich etwas beweisen.«
Seine Antwort darauf bestand aus einem Vorstoßen seiner Hüften, sodass sein Becken gegen meines stieß und die Härte, die er in seiner Jeans verbarg, betonte, ebenso wie das Verlangen nach mir. Ich nahm seine Hand und führte ihn durch das Haus zur Garderobe, an der ich meine Jacke aufgehängt hatte.
»Musst du irgendetwas mitnehmen?«, fragte ich, bevor wir gingen.
»Hast du Kondome? Und Gleitgel?«
»Ja.«
»Dann bin ich startklar«, sagte er.
Weil ich es konnte, gab ich ihm einen harten Kuss. Keine neckende Berührung von Lippen, die über Lippen strichen, sondern ein Versprechen auf das, was er von mir erwarten konnte.
Ich war nicht überrascht, dass er mir die meiste Zeit unserer Fahrt in den Schritt griff, während ich durch die Stadt zu meinem Apartment fuhr. Es gelang mir, seine Hand jedes Mal wegzuschieben, wenn er meinen Reißverschluss öffnen wollte, aber das war für ihn keine ausreichende Abschreckung, auch damit aufzuhören, mein Glied durch die Jeans zu massieren.
Offensichtlich war Chris ein wenig angeheitert, aber ich wollte das nicht sein; zu viel Alkohol machte mich eher benommen als energiegeladen. Und für das hier wollte ich alle meine geistigen Fähigkeiten fest an ihrem Platz wissen.
Das letzte Mal, als Chris bei mir zu Hause gewesen war, war er in meinem Schlafzimmer gewesen, aber nur, weil es den einzigen Zugang zu dem einzigen Badezimmer in meinem Apartment bildete. Ich vermutete, dass er sich dort nicht lange umgesehen hatte, denn als ich ihn jetzt erneut herumführte, nahm er sich Zeit umherzuschlendern.
Er sah sich die diversen Kleinigkeiten an, die das Zimmer, in dem ich mich nachts schlafen legte, in den letzten vier Jahren zu meinem Zuhause gemacht hatten. Allerdings war ich niemand, der Dinge sammelte – Staubfänger, wie meine Mutter sie nannte. An persönlichen Gegenständen hatte ich vor allem Bücher; stapelweise Bücher, die sich auf beinahe jeder verfügbaren Fläche türmten. Die wertvollste Sache in meinem Zimmer war die, auf die Chris gerade zusteuerte, fast so, als verstünde er es oder wüsste um ihren Wert.
Er war unglaublich vorsichtig mit dem schmalen Rahmen, in dem sich ein Foto von mir und meiner Tochter befand, das ein paar Tage nach ihrer Geburt aufgenommen worden war. Im Krankenhaus waren ebenfalls Bilder gemacht worden, aber die hatte ich nie gemocht. Sie vermittelten alle einen klinischen, depressiven, leicht verzweifelten Eindruck. Wir waren erst neunzehn Jahre alt gewesen. Unsere Eltern waren wütend auf uns. Ich war überwältigt.
Als man uns erlaubte, sie mit nach Hause zu nehmen, wurde die Situation nur schlimmer. Von Anfang an litt Chloe unter Koliken und war ein wählerisches Baby. Wir bekamen unfassbar wenig Schlaf. Tagsüber waren wir damit beschäftigt, Chloes Sachen zu waschen, sie zu füttern, ihre Kleider zu wechseln und sie zu baden. Obendrein arbeitete ich in jeder freien Sekunde. Lu nahm mir das übel. Chloe – davon war ich überzeugt – wusste, dass ich nicht dazu gemacht war, Vater zu sein.
Dann ergab auf einmal alles Sinn.
Erschöpft kam ich von einer Acht-Stunden-Schicht nach Hause zu einem schreienden Baby und einer entnervten Luisa. Sie drückte mir das Baby in die Arme und verkündete, dass sie ein Bad nehmen würde und dass es nichts gab, was ich dagegen unternehmen könnte, außer zu lernen, wie ich mit meiner Tochter zurechtkam.
Es dauerte eine gute Stunde – vielleicht auch mehr –, bis Chloe sich beruhigt hatte und ich rollte mich mit ihr im Arm auf einem Sessel zusammen. Ich wollte verdammt sein, wenn ich sie absetzte, für den Fall, dass sie wieder zu schreien begann. Ich musste eingeschlafen sein, denn Monate später, nachdem wir die Fotos von diesen ersten paar Wochen ihres Lebens hatten entwickeln lassen, war da auf einmal dieses Bild gewesen.
Ich, tief schlafend in einem dunkelbraunen Ledersessel; Chloe, mit friedlichem Gesichtsausdruck, aber hellwach, die zu mir aufsieht. Lu hatte es gerahmt und mir zu Weihnachten geschenkt und ich hielt es in Ehren als Beweis dafür, dass ich schlussendlich doch nicht so ein grauenhafter Vater war.
»Sieht sie dir ähnlich?«, fragte Chris, als er den Rahmen zurück an seinen Platz auf meiner Kommode stellte.
»Chloe? Nein. Nicht im Geringsten. Sie kommt nach ihrer Mutter.«
Als er mich erneut küsste, war da eine neue, tiefe, stetige Hitze, die in meinem Bauch schwelte und in meine Kehle hochsprang. Sein Atem war warm und süß. Irgendwann am Abend war er offenbar von Bier auf irgendeine Art Schnaps umgestiegen.
Meine Finger wanderten zum Saum seines T-Shirts und zogen es ihm in einer schnellen Bewegung über den Kopf. Falls ihn meine Forschheit überraschte, zeigte er es nicht, sondern ließ mich mein eigenes Hemd ausziehen, ehe ich langsam Reißverschluss und Hosenknopf öffnete.
Ich war beinahe sicher, dass er schneller als gewöhnlich atmete, und es war offensichtlich, dass er erregt war. Allerdings wollte ich alles über ihn wissen, all seine Geheimnisse, seine Gelüste und was in ihm vorging.
»Tut mir leid wegen des Bettes«, sagte ich und fragte mich, ob er überhaupt bemerkt hatte, dass es kein richtiges Doppelbett war. »Der letzte Bewohner hat es hier gelassen. Offensichtlich hat er ein Vermögen für den Versuch aufgewendet, eine Doppelmatratze die Treppen hochzubekommen, und selbst dann hätte sie nicht durch die Tür gepasst.«
»Ich bin sicher, das bekommen wir schon hin«, sagte Chris, als er sich wenig elegant seine Schuhe und Socken von den Füßen streifte und sie genau dort liegen ließ, wo sie am Boden landeten.
Er war nackt und ich beinahe auch, als wir es endlich in meine weichen, weichen neuen Laken schafften. Es sah so richtig aus, wie Chris in meinem Bett lag, in dem ich ihn mir schon so oft vorgestellt hatte, dass ich einen Moment brauchte, den Anblick in meinem Gedächtnis abzuspeichern.
Er hatte noch mehr Tätowierungen, einige, von denen ich zwar wusste, deren Platzierung mir jedoch unbekannt gewesen war. Ich wollte sie berühren, also tat ich es; die Schwalben, die über seine Hüften flogen und den natürlichen Linien seines Körpers folgten.
Und natürlich war er nackt, sodass die Vögel tatsächlich auf das zeigten, was einen unvermeidbaren Rückschluss zuließ. Er war erregt. Nahezu schmerzhaft, wenn ich die glänzende Haut, die geschwollene Spitze und die dicht an den Körper gezogenen Hoden korrekt interpretierte.
Mir wurde bewusst, dass ich ihn anstarrte, und blickte schuldbewusst nach oben in sein Gesicht. Chris zog eine Augenbraue hoch und ließ seine Beine in einer deutlichen Einladung auseinander fallen. Ich lag ausgestreckt neben ihm, legte meine Hand vorsichtig auf seinen Bauch und beugte mich für einen Kuss über ihn. Er antwortete mit einer langsamen, feuchten Berührung seiner Zunge, die Hitze in meine Lenden schießen ließ. Ich begehrte ihn noch mehr als zuvor, falls das überhaupt möglich war.
Während ich mich seinen Hals entlangküsste, nahm ich mir Zeit, die Stellen zu finden, die ihn erschaudern und sich winden ließen. Ich hoffte und hatte das Gefühl, dass dies nicht die letzte Erkundung seines Körpers sein würde, die ich unternahm. Trotzdem waren es diese gedanklichen Notizen wert, sie sich für die Zukunft zu machen.
Als ich mich auf dem Bett nach unten bewegte, riskierte ich einen weiteren Blick auf sein Gesicht. Chris lächelte gelassen, einen Arm locker über seinen Kopf gelegt, während die Hand des anderen Arms zärtlich auf meinem Rücken ruhte. Ich hielt seinen Blick fest, während ich mit meiner Zunge seinen Nippel umkreiste, ihn anstupste und dann in meinen Mund saugte.
Es war, als hätte ich einen Schalter umgelegt. Verschwunden war der ruhige, gefasste Mann von vor einer Sekunde. Chris drückte den Rücken durch, wölbte sich mir entgegen und murmelte eine Reihe von Flüchen und Kraftausdrücken. Erfreut über seine Reaktion fuhr ich damit fort, ihn zu necken und zu quälen, und entlockte seinem Mund die köstlichsten Laute.
»Fuck«, sagte er und lachte nun, als ich mich zurückzog. »Du hast meine Schwachstelle gefunden.«
Ich nickte und ersetzte meine Zunge durch die Kuppe meines Daumens, mit dem ich weiterhin gemächlich seine Brustwarze umkreiste.
»Kannst du nur davon kommen?«, fragte ich.
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