Kitabı oku: «Handbuch des Strafrechts», sayfa 46

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[84]

Vgl. Löwe/RosenbergKühne, Einl. Abschn. E Rn. 9; vgl. allgemein zur Gerichtsbarkeit: Schnorr v. Carolsfeld, Maurach-FS, S. 615.

[85]

Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Einl. Rn. 233.

[86]

Der Anwendungsbereich richtet sich nach § 1 IRG.

[87]

Hinsichtlich der innerstaatlichen Eingriffsgrundlage einer Rechtshilfemaßnahme lässt sich allgemein zwischen einer Vornahmeermächtigung (für die Durchführung der innerstaatlichen Maßnahme) und einer Leistungsermächtigung (für die Leistung gegenüber dem ersuchenden Staat) unterscheiden (Ambos/König/Rackow/Ambos/Poschadel, Rechtshilferecht in Strafsachen, 1. Hauptteil Rn. 22; Sieber u.a./Lagodny, Europäisches Strafrecht, § 31 Rn. 21 ff. [S. 554 f.]); nach Ambos/König/Rackow/Ambos/Poschadel (Rechtshilferecht in Strafsachen, 1. Hauptteil Rn. 22, 48) soll die Verweisung des § 77 Abs. 1 IRG auf die allgemeinen Verfahrensregeln nur bezüglich der Leistungsermächtigung gelten, wohingegen sich die Vornahmeermächtigung „ohnehin nach den auch bei rein inländischen Sachverhalten einschlägigen Vorschriften“ richten soll.

[88]

Vgl. Löwe/Rosenberg-Kühne, Einl. Abschn. E Rn. 2.

[89]

Bd. 9 dieses Handbuchs.

[90]

Löwe/Rosenberg-Kühne, Einl. Abschn. E Rn. 9.

[91]

Jeßberger, Der transnationale Geltungsbereich des deutschen Strafrechts, S. 138; vgl. auch Krüßmann, Transnationales Strafprozessrecht, S. 219.

[92]

Vgl. demgegenüber zur Frage, unter welchen Voraussetzungen um Rechtshilfe für deutsche Strafverfahren ersucht werden kann: Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Einführung in Hauptteil I Rn. 5.

[93]

Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Einl. Rn. 233; vgl. zur Frage des zu berücksichtigenden Verfahrensrechts auch: Hackner/Schierholt, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Rn. 7; Löwe/Rosenberg-Kühne, Einl. Abschn. E Rn. 10; Nagel, Beweisaufnahme im Ausland, S. 149, 160, 165.

[94]

Vgl. → StPO Bd. 9.

[95]

Unter die Frage des persönlichen Geltungsbereichs lassen sich durchaus auch weitere Aspekte fassen, so z.B. die Frage, inwieweit Personen als Zeugen vernommen werden können.

[96]

Vgl. Löwe/Rosenberg-Kühne, Einl. Abschn. E Rn. 3.

[97]

Löwe/Rosenberg-Kühne, Einl. Abschn. E Rn. 6.

[98]

Dies umfasst Botschaften und die Apostolische Nuntiatur (vgl. MK-StPO-Schuster, § 18 GVG Rn. 9).

[99]

S. hierzu die Zitierungen in § 18 und § 19 GVG.

[100]

Verwiesen sei diesbezüglich auf die Kommentierungen zu §§ 18–20 GVG sowie auf: Schnorr v. Carolsfeld, Maurach-FS, S. 615, 620; Rüping, Kleinknecht-FS, S. 397 ff.

[101]

Schnorr v. Carolsfeld, Maurach-FS, S. 615, 620.

[102]

Vgl. zur zeitlichen Dauer der Wirkung der völkerrechtlichen Immunität: Schnorr v. Carolsfeld, Maurach-FS, S. 615, 620; vgl. auch (zu § 18 GVG): KK-StPO-Barthe, § 18 GVG Rn. 6.

[103]

Peters, Strafprozeß, § 15 I 2 (S. 95); vgl. zu § 18 GVG: KK-StPO-Barthe, § 18 GVG Rn. 3; vgl. zu § 19 GVG: MK-StPO-Schuster, § 19 GVG Rn. 4; abweichend: Oehler, ZStW 91 (1979), 395, 411 (persönlicher Strafausschließungsgrund).

[104]

Vgl. zu § 18 GVG: MK-StPO-Schuster, § 18 GVG Rn. 8.

[105]

Vgl. hierzu Gesetz zum NATO-Truppenstatut und zu den Zusatzvereinbarungen vom 18.8.1961 (BGBl. II S. 1183); zuletzt geändert durch Art. 227 der 10. ZuständigkeitsanpassungsVO vom 31.8.2015 (BGBl. I S. 1474, 1507).

[106]

Vgl. hierzu Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, WD 2 – 3000 – 149/11, S. 4; Löwe/Rosenberg-Kühne, Einl. Abschn. E Rn. 7; Oehler, Internationales Strafrecht, Rn. 536.

[107]

Zum Verhältnis zwischen NTS und SkAufG vgl. Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, WD 2 – 3000 – 149/11, S. 4 (Fn. 1).

[108]

Nach § 152a StPO sind landesgesetzliche Vorschriften über die Voraussetzungen, unter denen gegen Mitglieder eines Organs der Gesetzgebung eine Strafverfolgung eingeleitet und fortgesetzt werden kann, auch für die anderen Länder der Bundesrepublik Deutschland und den Bund wirksam. Eine landesverfassungsrechtliche Immunitätsregelung bildet etwa Art. 96 der Verfassung des Landes Hessen.

[109]

Vgl. diesbezüglich BeckOK-GG/Butzer, Art. 46 Rn. 20; KK-StPO-Diemer, § 152a Rn. 8.

[110]

Vgl. hierzu Pfeiffer, StPO, § 152a Rn. 2; Löwe/Rosenberg-Kühne, Einl. Abschn. E Rn. 8.

[111]

KK-StPO-Diemer, § 152a Rn. 8.

[112]

Vgl. hierzu Zwiehoff, Materialien zur Geschichte der Strafprozessordnung und der Strafgerichtsverfassung, Bd. I: 1877 bis 1949, 2012, Einführung, S. V.

[113]

Vgl. hierzu Eisenberg, JGG, Einl. Rn. 1 f.

[114]

Vgl. Löwe/Rosenberg-Kühne, Einl. Abschn. E Rn. 16; vgl. hierzu auch Peters, Strafprozeß, § 15 III 2 (S. 97).

[115]

Unter welchen Voraussetzungen eine Regelung nur für zukünftige Sachverhalte gilt und unter welchen Bedingungen sie Rückwirkung entfaltet, wird weiter unten darzulegen sein.

[116]

Das Meinungsbild verschiebt sich mitunter in zwei Konstellationen: erstens bei der Umwandlung eines Antrags- in ein Offizialdelikt, zweitens bei der Verlängerung von Verjährungsfristen (vgl. zu diesen Fallgestaltungen: MK-StGB/Schmitz, § 1 Rn. 19; NK-Hassemer/Kargl, § 1 Rn. 60; vgl. speziell zur Frage einer rückwirkenden Verlängerung von Verjährungsfristen: Jäger, GA 2006, 615, 626 f.; Schreiber, ZStW 80 [1968], 348 ff.); die Frage, ob und inwieweit das Institut der Verjährung überhaupt dem Strafverfahrensrecht zuzuordnen ist, kann an dieser Stelle offen bleiben (vgl. stattdessen zur „Natur“ der Verjährung: Asholt, Verjährung im Strafrecht, 2016, S. 287 ff.).

[117]

Peters, Strafprozeß, § 15 III 1 (S. 97); Kudlich, in: ders./Montiel/Schuhr, Gesetzlichkeit und Strafrecht, S. 233, 244; Jäger, GA 2006, 615, 626; MK-StPO-Kudlich, Einl. Rn. 96, 98; Roxin, Strafrecht AT I, § 5 Rn. 57; Löwe/Rosenberg-Kühne, Einl. Abschn. E Rn. 16; BeckOK-GG/Radtke/Hagemeier, Art. 103 Rn. 43; KMR-Eschelbach/Kett-Straub, Einl. Rn. 65; vgl. BVerfG NJW 2005, 352 (zur Beweisverwertung); BGH NJW 2001, 2102, 2107 (zur Verschärfung von Strafverfahrensvoraussetzungen); BGH NJW 1976, 116, 117 (zu § 231a StPO); a.A. Jakobs, Strafrecht AT, 4. Abschnitt Rn. 9, Rn. 57; krit. auch Dannecker, Das intertemporale Strafrecht, S. 322 ff., 361 ff.

[118]

Vgl. überdies Pföhler, Unanwendbarkeit, Rn. 1034, der in einer Ausdehnung des Rückwirkungsverbots auf den Bereich des Strafprozessrechts einen Bruch „mit der dogmenhistorischen Kontinuität dieses wichtigsten strafrechtlichen Prinzips“ sieht.

[119]

Pföhler, Unanwendbarkeit, Rn. 1034; NK-Hassemer/Kargl, § 1 Rn. 60; vgl. BGH NJW 2001, 2102, 2107; dass jedoch ein anderes Wortlautverständnis keineswegs ausgeschlossen ist, wird von Kudlich (in: ders./Montiel/Schuhr, Gesetzlichkeit und Strafrecht, S. 233, 239-241) gezeigt.

[120]

NK-Hassemer/Kargl, § 1 Rn. 60 (im Original mit Hervorhebungen).

[121]

Vgl. Sch/Sch-Eser/Hecker, § 2 Rn. 6.

[122]

Vgl. Dannecker, Das intertemporale Strafrecht, S. 361; Sch/Sch-Eser/Hecker, § 2 Rn. 6.

[123]

Sch/Sch-Eser/Hecker, § 2 Rn. 6.

[124]

Verwiesen sei stattdessen auf: Sch/Sch-Eser/Hecker, § 2 Rn. 6.

[125]

Sonstige Rechtsänderungen bleiben im Folgenden ausgeblendet; dies betrifft etwa Änderungen solcher Vorschriften, die Verfahrenshindernisse zum Gegenstand haben; vgl. hierzu (jeweils m.w.N.): SK-StPO-Wohlers, 4. Aufl., § 354a Rn. 7; Löwe/Rosenberg-Franke, 26. Aufl., § 354a Rn. 5; KMR-Momsen, § 354a Rn. 4.

[126]

Demgegenüber können zivilgerichtliche Entscheidungen oder Entscheidungen des EGMR eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 359 Nr. 4 und § 359 Nr. 6 StPO begründen.

[127]

Löwe/Rosenberg-Kühne, Einl. Abschn. E Rn. 16; KMR-Momsen, § 354a Rn. 5; SK-StPO-Wohlers, 4. Aufl., § 354a Rn. 5; vgl. auch (zur Änderung des § 310 I Nr. 3 StPO): OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2007, 180.

[128]

Zwar können beide Personen durchaus identisch sein, jedoch entsteht die Rolle des Beschuldigten nicht vor Beginn des Strafverfahrens.

[129]

Vgl. insoweit Peters, Strafprozeß, § 15 III 1 (S. 97); Löwe/Rosenberg-Kühne, Einl. Abschn. E Rn. 16 (mit Ausnahmen von diesem Grundsatz).

[130]

Mögliche weitere Träger wären andere Verfahrensbeteiligte, die an dieser Stelle aber ausgeblendet bleiben.

[131]

Peters, Strafprozeß, § 15 III 2 (S. 97); Löwe/Rosenberg-Franke, 26. Aufl., § 354a Rn. 6; vgl. auch in Bezug auf einen Rechtsmittelausschluss (mit Ausnahmen von diesem Grundsatz): BVerfG NJW 1993, 1123; Meyer-Goßner/Schmitt, § 354a Rn. 4; SK-StPO-Wohlers, 4. Aufl., § 354a Rn. 5.

[132]

BGHSt 22, 321, 325; BayObLG NJW 2005, 1592; KMR-Momsen, § 354a Rn. 5; SK-StPO-Wohlers, 4. Aufl., § 354a Rn. 5; Meyer-Goßner/Schmitt, Einl. Rn. 203, § 354a Rn. 4; vgl. auch (zur Änderung des § 310 I Nr. 3 StPO): OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2007, 180.

3. Abschnitt: Quellen und Geltung › § 9 Grundstrukturen des Prozessrechts, Verfahrensablauf sowie Theorie und Praxis des Strafverfahrens

Hans-Heiner Kühne

§ 9 Grundstrukturen des Prozessrechts, Verfahrensablauf sowie Theorie und Praxis des Strafverfahrens

A.Grundstrukturen1 – 50

I.Das Wesen des Strafverfahrensrechts1, 2

II.Wahrheitsfindung/Sachaufklärung durch das Gericht3 – 8

III.Grenzen der Aufklärungspflicht9 – 13

IV.Rechtsfindung14

V.Prozessbeteiligte15 – 50

1.Richter15 – 23

a)Berufsrichter16, 17

b)Laienrichter18 – 23

2.Die Staatsanwaltschaft24 – 29

3.Der Beschuldigte30 – 32

4.Der Verteidiger33 – 38

5.Zeugen39 – 41

6.Der Sachverständige42 – 47

7.Das Opfer48 – 50

B.Überblick über den Verfahrensablauf51 – 82

I.Die Verdachtsbegründung51 – 54

II.Das Ermittlungsverfahren55 – 59

III.Das Zwischenverfahren und die Vorbereitung der Hauptverhandlung60 – 64

IV.Die Hauptverhandlung65 – 70

V.Rechtsmittel im Rechtsmittelzug71 – 76

VI.Rechtsmittel außerhalb des Rechtsmittelzugs77 – 82

1.Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG)77 – 79

2.Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)80 – 82

C.Theorie und Praxis des Strafverfahrens83 – 114

I.Einführung83, 84

II.Einzelbeispiele85 – 114

1.Richtervorbehalt85 – 92

a)Grundsätzliche Probleme85 – 90

b)Das Beispiel der U-Haftbeschlüsse91, 92

2.Laienrichter93 – 95

3.Das Zwischenverfahren96, 97

4.Richterablehnung98, 99

5.Der Missbrauchsgedanke100 – 104

6.Verfahrensteilung und Rollentausch105 – 108

7.Verständigung109 – 112

8.Revision und Tatsachen113, 114

Ausgewählte Literatur

A. Grundstrukturen

I. Das Wesen des Strafverfahrensrechts

1

Das Strafverfahrensrecht ist Voraussetzung der Anwendbarkeit des materiellen Strafrechts. Die strengen Formen des Verfahrensrechts sind gleichsam das Nadelöhr, durch welches ein Strafrechtsvorwurf gelangen muss, bevor das materielle Strafrecht angewendet werden, also eine Strafe oder ein Freispruch ergehen kann. Dabei sind im Verfahren die tatsächlichen wie die rechtlichen Voraussetzungen für den Urteilsausspruch zu erarbeiten. Man kann also sagen, dass das materielle Strafrecht erst durch das Strafverfahrensrecht zum Leben erweckt wird. Dies lässt die große Bedeutung des Strafverfahrensrechts deutlich werden, eine Bedeutung, die in der Bezeichnung des Gesetzes als „Strafprozessordnung“ in keiner Weise gespiegelt wird. Trotz dieser Bezeichnung handelt es sich natürlich um ein ebenso formelles Gesetz wie das Strafgesetzbuch.

2

Das Strafverfahren hat die private Rache ersetzt und damit das Prinzip der unkontrollierten individuellen Vergeltung abgeschafft. Es ist als Rollenspiel konzipiert, in dem vor den Augen der Öffentlichkeit die Beteiligten (vgl. unten bei Rn. 15 ff.) ihre Positionen zwecks Überzeugung des Gerichts streitbar darlegen können.

II. Wahrheitsfindung/Sachaufklärung durch das Gericht

3

Das Ziel des Strafverfahrens ist es, zum einen die tatsächlichen Voraussetzungen des Tatvorwurfs zu ermitteln – hier wird vom Versuch der Wahrheitsfindung gesprochen – und zum anderen auf der Basis der erarbeiteten Tatsachengrundlage das anzuwendende Recht zu finden. Damit wird das Ermittlungsprinzip beschrieben. Auch der Begriff des reformierten Inquisitionsverfahrens wird gebraucht. Inquisition, weil dies der lateinische Begriff für strafrechtliche Ermittlungen ist. Reformiert, weil der bis ins 19. Jahrhundert reichende „alte“ Inquisitionsprozess keine Beschuldigtenrechte kannte und bis ins 18. Jahrhundert die Folter als strafprozessuales Instrument zuließ.

4

Die Umsetzung des Ermittlungsprinzips obliegt dem Gericht, welches verpflichtet ist, eine vollständige Sachaufklärung zu leisten. Das Gericht trägt also die Beweislast, wohingegen der Beschuldigte zu keinerlei Mitwirkung verpflichtet ist. Dabei muss das Gericht alle Beiträge der Prozessbeteiligten wie die im Prozess vorliegenden objektiven (Beweisgegenstände) und persönlichen Beweise (Zeugen) berücksichtigen und dafür sorgen, dass alle erforderlichen Beweise auch in das Verfahren eingeführt werden.

5

Die Sachaufklärung ist insofern nicht verhandelbar. Im Gegensatz dazu haben im anglo-amerikanischen Strafverfahren Verteidigung und Staatsanwaltschaft die Sachaufklärung zu leisten, ohne in der Pflicht zu stehen, dies vollständig zu betreiben. Dort besteht also die Möglichkeit, sich über den Sachverhalt zu einigen, auch wenn das Ergebnis der Einigung nicht den vorliegenden Tatsachen entspricht.

6

Allerdings hat das Verständigungsgesetz vom 4. August 2009[1] hier zu einem grundsätzlichen Bruch mit dem Prinzip der vollständigen Sachaufklärung geführt. Nach diesem Gesetz (vgl. §§ 160b, 202a, 212, 257b StPO) ist es möglich, dass sich der Angeklagte mit Staatsanwaltschaft und Gericht auf einen bestimmten Sachverhalt und eine geringere Strafe einigt. Staatsanwaltschaft und Gericht haben dadurch den Vorteil, wegen des (meist begrenzten) Geständnisses des Angeklagten sich schwierige Ermittlungen zu ersparen; der Angeklagte meidet das Risiko einer schwereren Strafe. Dies wird häufig bei komplexen und schwer aufzuklärenden Sachverhalten angewendet. Obwohl das BVerfG betont, dass hierdurch keine minderen Anforderungen an die Sachverhaltsermittlungen begründet werden, das Prinzip der vollständigen Sachverhaltsermittlung also uneingeschränkt bestehen bleibt, ist dies nicht überzeugend, weil widersprüchlich: Die Verständigung soll das Verfahren erleichtern. Wenn gleichwohl ausermittelt werden müsste, würde eine solche Erleichterung nicht eintreten. Folglich müssen die diesbezüglichen Äußerungen des BVerfG als Scheinvorbehalte zur Rettung des Prinzips der vollständigen Ermittlung bewertet werden.

7

Was den Anspruch der Wahrheitsfindung bei der Sachaufklärung angeht, so ist dieser lediglich als Rekonstruktion des historischen Geschehens zu verstehen, welches die tatbestandlichen Voraussetzungen des materiellen Strafrechts darstellt. Wegen der Unschärfe menschlicher Wahrnehmungsfähigkeit fehlt es häufig an einer naturwissenschaftlich quantifizierbaren Gewissheit über das Tatgeschehen. Gleichwohl ist das Gericht verpflichtet, Grade der Wahrscheinlichkeit zu berücksichtigen und bei dem Überwiegen belastender Tatsachen zu einer Verurteilung zu gelangen. Daher besteht die prozessuale Wahrheit aus einer Mischung von objektiven Erkenntnissen und subjektiven Bewertungen.

8

Das Prinzip der Unschuldsvermutung, Art. 6 Abs. 2 EMRK, verlangt vom Gericht, dass nur dann, wenn nach dessen Ansicht die Argumente für eine Täterschaft des Angeklagten überwiegen, auch verurteilt werden darf. Ist das nicht der Fall, so muss trotz verbleibenden Verdachts freigesprochen werden. Des Weiteren folgt aus diesem Prinzip, dass bis zur rechtskräftigen Verurteilung der Beschuldigte als unschuldig zu gelten hat. Dies gilt auch im Falle von strafprozessualen Zwangsmaßnahmen, wie etwa der Untersuchungshaft, die alle gegen einen Unschuldigen ergehen, der lediglich verdächtig ist und daher diese Rechtseinschränkungen zu erdulden hat. Wegen der erwähnten starken subjektiven Komponenten bei der Beweiswürdigung ist es durchaus nicht selten, dass der Angeklagte und sein Verteidiger der Ansicht sind, der Beweis reiche nicht aus, wohingegen das Gericht den Beweis noch für hinreichend hält, weil er überwiegend für die Tat des Angeklagten spreche.

III. Grenzen der Aufklärungspflicht

9

Der BGH hat schon sehr früh in einer bemerkenswerten Entscheidung festgestellt, dass es im rechtsstaatlichen Strafverfahren nicht um eine Aufklärung um jeden Preis gehe.[2] Vielmehr seien bei der Beweisaufnahme die insbesondere verfassungsrechtlich und menschenrechtlich (EMRK) garantierten Rechte des Beschuldigten (vgl. auch unten Rn. 31, 80 ff.) in allen Verfahrensstadien zu respektieren, selbst wenn dies die Aufklärungswahrscheinlichkeit mindere.

10

Zu solchen Rechten gehören insbesondere folgende:

11

Das Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen und folglich auch keinerlei Pflicht zu irgendwelchen Aussagen zu haben, ohne dass dadurch Nachteile entstehen (nemo tenetur se ipsum accusare). Dies impliziert das Verbot jedweden Zwangsmittels zur Erzielung einer Aussage; insbesondere sind Folter und sonstiges unangemessenes oder unfaires Verhalten der Ermittlungsbehörden verboten, Art. 3 EMRK, § 136a StPO. Andererseits muss bei freiwilligen Aussagen deren Inhalt von Staatsanwaltschaft und Gericht berücksichtigt werden (Garantie des rechtlichen Gehörs, Art. 103 Abs. 1 GG). Zum rechtlichen Gehör gehört ebenfalls, dass dem Beschuldigten die Möglichkeit eingeräumt wird, alle wesentlichen Informationen zu erhalten und zu ihnen Stellung nehmen zu können. Das reicht dann in das Recht auf Verteidigung hinein.

12

Dieses Recht auf Verteidigung besteht zu jeder Zeit während des Strafverfahrens, Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK. Kann sich der Beschuldigte aus finanziellen Gründen keinen Verteidiger leisten, so muss ihm auf Staatskosten ein Verteidiger seiner Wahl bestellt werden, wenn dies die Bedeutung oder Komplexität des Falles erfordern, §§ 140, 142 Abs. 1 S. 2 StPO.

13

Die Lehre von den Beweisverwertungsverboten regelt die Folgen von Verstößen gegen diese Rechte. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung, welche gegen viele Widerstände der Wissenschaft aufrechterhalten wird, hat ein Verstoß (die Verletzung eines Beweisverbots) gegen solche Rechte nicht automatisch ein Verwertungsverbot des so gewonnenen Beweises zur Folge. Ein komplexer Abwägungsmechanismus führt nach dieser Ansicht zu mitunter nicht vorhersehbaren Ergebnissen.

IV. Rechtsfindung

14

Die Rechtsanwendung oder Rechtsfindung obliegt allein dem Gericht. Während in allen nicht juristischen Fragen das Gericht sich der Hilfe von Sachverständigen bedienen kann (vgl. unten bei Rn. 42 ff.), gilt selbst für schwierige Rechtsfragen das Prinzip iura novit curia (das Gericht kennt das Gesetz). Eine Ausnahme könnte dann gelten, wenn es um die notwendige Einbeziehung von ausländischem Recht geht. Wenn beispielsweise in einem Verfahren wegen Untreue, § 266 StGB, es darauf ankommt, welche Rechte und Pflichten der Geschäftsführer einer GmbH-ähnlichen saudi-arabischen Firma innehat, müsste es zulässig sein, hierzu ein Gutachten erstellen zu lassen, da aus sprachlichen und rechtssystematischen Gründen dem Gericht kaum zugemutet werden kann, dies aus eigener Kraft zu ergründen.

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