Kitabı oku: «Celsissimus: Salzburger Roman», sayfa 9

Yazı tipi:

In der Angst vor der Hinrichtung durch das Schwert leistete Mann für Mann der gefangenen Bauern den verlangten Eid, die neue Huldigung erfolgte unter solchem militärischen Zwang, worauf der Obrist befahl, die Bauernkerle und unverbesserlichen Rebellen mit Stricken zu binden und nach Salzburg zur Aburteilung zu treiben.

Schreie der Angst, der Wut ertönten; Weiber, Mütter und Töchter zeterten. Rücksichtslos trieben die Spießknechte das Volk von dannen.

Die Bauern wurden gefesselt und truppweise, ohne Verpflegung, auf der Straße über Werfen, Hallein nach Salzburg transportiert.

Wer von Salzburgs Bevölkerung diese kriegsmäßige Exkursion mitgemacht, hatte pro Mann drei Gulden bar und ganze Verpflegung bekommen. Die Waffen mußten nach erfolgter Heimkehr wieder an das fürstliche Zeughaus abgeliefert werden.

Die Rebellen wurden in der Veste interniert und alsdann prozessiert. Der größte Teil wurde wieder entlassen, nur sieben der Rädelsführer blieben für lange Zeit im Gefängnis, drei der obersten Rebellen fanden den Tod durch das Schwert.

Nach Kaprun war der Befehl ergangen, es solle der Pfleger Vogel sich auf Ehrenwort in Salzburg zur Vernehmung stellen. Demgemäß ließ der Leutnant seinen Häftling frei, der sogleich gehorsam in die Hauptstadt sich begab und beim Vizekanzler meldete. Nach drei Tagen erfolgte die zwangsweise Überführung Vogels durch den Profoßen und zwei Schützen in die Festung Hohensalzburg.

Die weiteren Erlebnisse des Pflegers Vogel schildert dieser selbst in einem teilweise erhalten gebliebenen Tagebuche10 folgendermaßen:

„Mittwoch, Donnerstag und Freitag, 28. 29. 30. Juni, auch Samstag 1. Juli ist besonderes nichts vorgekommen.

Am Sonntag nach Petri und Pauli den 2. Juli sind die ins Gebürg Verordnete sammt den Gefangenen zu Morgens um 9 Uhr auf dem Schlosse ankommen.

Am Donnerstag den 13. Juli bin ich und die andern Gefangenen examinirt worden und ich bin des Abends da ich vorher 16 Tage im Caplan-Zimmer zu brachte, das bei Tag nicht versperrt gewesen, ins Hausperger-Zimmer geschafft worden. Gott schicke es bald zur Erledigung.

Ist an dato 16. Juli der 25. Tag, daß ich von zu hause fort bin, darunter im Schlosse gefangen 19 Tage, habe außer des letzten alle Tage 1 Viertel Wein gehabt, thuet 18 Viertel. Montag 17. Juli leider 1 Viertel, 18. detto mehr 1 Viertel, 19. keinen Wein, 20. 1 Maß Wein, 21. 1 Halbe, 22. Juli 1 Maß Wein, 23. detto 1 Maß Wein, ist die Flaschen nicht viel mehr als halbvoll Wein gewest. Donnerstag 27. Juli 1 Maß Wein, diesen Tag ist auf Befehl Ihrer hochfürstl. Gnaden durch die Herren Commissarii mir anzeigt worden, daß Ihr hochfürstl. Gnaden genügsamen Bericht habe, daß ich nicht allein der Unterthanen Vorhaben durch den Guthundt erinnert worden, sondern den Unterthanen zum Suppliciren selbst gerathen: Sie müßten nur mehr Gerichte an sich ziehen, sonst würde es kein Ansehen haben. Ihre hochfürstl. Gnaden hätten Ursach auf voriges Verläugnen der Schärfe nach zu verfahren. Und dann Gott behüthe einen jeden frommen Menschen. Se. Gnaden wollen aber meines Alters verschonen, solle demnach, wie es sich Alles verloffen und was mir dieser Sachen halber bewußt sei, selbst beschreiben und die Wahrheit anzeigen, solches den Herrn Commissären zustellen, sei die Gnade noch unverschlossen, wo nicht, so wollen mich Ihr hochfürstl. Gnaden mein Leben lang auf dem Schloß sitzen lassen und meinen Kindern Gerhaben11 verordnen. Ich solle gegen die Unterthanen vermeldet haben, sie sollen nicht sagen, daß ich Ihnen gerathen, da ich nichts gestehen würde. Also ist Ihrer hochfürstl. Gnaden Bericht.

Freitag den 28. Juli keinen Wein. Samstag 29. Juli 1 Maß Wein, Sonntag 30. detto 1 Viertel Wein, bisher gefangen 33 Tage. Gott schicke es zum Ende.

Mittwoch 9. August l Maß. An diesem Tage den Herrn Commissarien meine Schrift überschickt. Ist diese Nacht, da ich doch zuvor das Wenigste nichts gehört, in meinem Zimmer ungestüm gewesen, hat einen ungewöhnlichen Fall bei meinem Bett gethan, Gott verleihe mir Gnade.

Am Donnerstag ist St. Lorenztag den 10. August 1 Viertel.

Freitag 1 Maß. An diesem Tag haben mir die Herren Commissarii aus Ihr hochfürstl. Gnaden Zimmer Bethschnüre12 heruntergeschickt, welche ich Ihnen den 12. dieses wieder zurückstellen lassen.

Freitag 18. dieses 1 Maß, fast betrübt. Mein Pathe, der Jacob Riedl schickt mir 2 Viertel Wein. Sonntag den 20. dieses keinen Wein.

Montag 21. dieses keinen Wein, ist die Schwalbe, so hinvor zwei Sitz im Zimmer gehabt, ausblieben.

Freitag 1 Maß Muskateller und gute Vertröstung baldiger Erledigung. Gott schicke es, daß mit Glück erfolge.

Sonntag den 27. dieses 1 Viertel, ist meine Schwalbe wieder ausgeblieben.

Donnerstag 31. August bin ich abermals examinirt worden.

Kann mich nicht erinnern, daß ich die Unterthanen zum Suppliciren angewiesen und angelernt, wie sie es sollen angreifen oder wegen meiner Urbargüter gethan haben sollen.

22 September 1 Maß Wein. Gott erbarme sich und wende meine Betrübniß. Des Abends bin ich in den Thurm gelegt worden, O Herr Gott hilf mir bald mit Glück wieder daraus.

(Es folgen Tag für Tag Notizen über erhaltenen Wein und Branntwein.)

Donnerstag 12. October 1 Maß Wein, Keuchen13 ausgekehrt.

Montag 23., Dienstag den 24. October 1 Maß, diese beiden Tage bei der Strenge examinirt, habe bekannt, daß ich nicht allein der Unterthanen Suppliciren längst zeitlich gewußt, dessen durch den Carl Rieder, Guthundt und andere, die mir abgefallen, bericht worden, sondern Ihnen darzu gerathen und daß sie andere Gericht, damit sie nicht für Aufwiegler gehalten worden, an sich nehmen sollen. Mittwoch in einem Krug Meth, als 1 Maß Wein. Mehr ein Maß Muskateller. Eodem die habe ich meine gestrige Aussag gethan, so mir wieder vorgehalten worden, unterschrieben.

Donnerstag den 26. dieses 1/2 Mäßl Branntwein, sonst keinen Wein. Freitag 1 Viertel Wein. Eodem die bin ich im Zimmer auf etliche, ich hatte ohngefehr fünfundzwanzig, Artikel der angelegten Steuer und Urbarsbeschreibung examinirt worden.

Sonntag 29. October 1/4 Wein, bin nun 38 1/2 Tage am Thurme gelegen und diesen Tag hat man mich in ein Stübel im Pfaffenthurm gethan, Gott verleihe bald glückselige Erledigung.

Dienstag den 31. October bin ich mehr vor den

Herren Commissären gewesen und was ich den 22. und 24. October ausgesagt, unterschrieben.

Samstag den 4. November, diese Nacht ist der Hosprofoß im Zimmer gelegen.

Dienstag den 7. November, daran ich das Hochwürdige Sacrament empfangen.“

Des Pflegers Tagebuch endet mit diesem Tage. Wie dem Gefangenen zu Mut gewesen, wie scharf er die Situation durch das Erscheinen des Hosprofoßen und dessen Nächtigung im gleichen Zimmer erfaßte, geht aus den erhalten gebliebenen Abschiedsbriefen in erschütternder Weise hervor.

„Herr Ehinger.

Freundlicher herzlieber Vater und Frau Mutter lasset Alles fleißig zahlen, man ist euch viel für mich schuldig und danke auch Gott aller Zuthaten. Befehle alle dem lieben Gott, bitte was ich wider euch gethan, durch Gottes Willen um Verzeihung und nehme hiemit herzlich Urlaub.“

„Lieber Herr Schwager Zechentuer, ich nehme hiemit von euch und euerer Hausfrau, meinen Kindern eurem Vater und sonst allen meniglich treulich Urlaub, habe ich was euch oder anderen zuwider gethan, bitte ich durch Gottes Willen um christliche Verzeihung, auch daß ihr euch die Holzwerkssachen und von dannen herrührenden Rechnungen zu meiner Hausfrau und Kinder Besten wollet angelegen, auch in allen mein liebes Weib und Kinder besohlen sein lassen, Gott wird es vergelten, ich muß sterben, ich muß mich dazu richten, Gott verleihe mir ein gnädiges und geduldiges, und wie ich ohne Zweifel hoffe und glaube, am jüngsten Tage mit allen christgläubigen Seelen eine freudenreiche Auferstehung zum ewigen Leben. Amen. Amen. Amen.“

„Bitteres Scheiden von meinen lieben Weib und Kindern, auch eurer Hausfrau, Vater und andere meine liebe Herren und Freunde. Gott ist ein Erkenner aller Menschenherzen, der weiß, ob ich recht oder unrecht um das Leben gebracht werde, freundlicher lieber Herr Schwager Zehentner, mir, dann dem Stefan Guthundt und Hansen Keil ist gestern Abends, jeden absonderlich, daß wir morgen früh mit dem Schwert ohne sonderlich Haltung einiges Rechts in der Stille und Geheimniß hingerichtet werden, verlesen worden. Ach Herr Gott verleihe uns Geduld, ein seliges Ende und das ewige Leben. Amen. Behüthe Gott meniglich vor solcher Gefahr, das ist der Lohn meines schier 40jährigen vielmehr bei Tag und Nacht ausgestandenen Dienst, Gott sei es geklagt, also beschlossen, die Zeit meines Lebens ist kurz, bin ich guter Hoffnung, es werde mir Niemand mit Grund nichts Unehrbares oder Unredliches nachreden können, wollet mich defendiren, noch einmal durch Gottes Willen bittend für mein liebes Weib und Kinder werdet die Belohnung bei Gott finden. Actum 7. November, bis auf welche Zeit ich 19 Wochen in großen Banden und Bekümmerniß gefangen gewesen und 2 Uhr Nachmittags ist meine letzte Schrift, will sterben wie ein frommer Christ, es kann oder mag nich anders sein. Nehmet von mir meniglich Urlaub, wider wenn ich gethan, bittet, daß mir dieselben verzeihen, ich verzeihe auch meniglich hier im Leben und nach meinem Tode.“

Das Ungeheuerliche geschah, der greise Pfleger Kaspar Vogel ward in aller Stille durch das Schwert hingerichtet. Sein Geständnis, den Bauern eine demütige Bittschrift um Steuernachlaß angeraten zu haben, ward von den Kommissären schon als crimen angesehen, das sich todeswürdig erwies, da erhärtet wurde, daß der Ratschlag Vogels gelautet habe, es solle das Gericht Zell zugleich mit anderen Gerichtssprengeln zum Landesfürsten supplizieren.

Dieses auf so schwachen Füßen stehende Urteil fand die landesherrliche Bestätigung. Wolf Dietrich wollte der Steuer-Rebellion im Gebirge ein gewaltsam rasches Ende bereiten und ein Exempel statuieren, das die Gemüter für immer im Bann halten solle.

Die blutige Bestrafung des Aufstandes rief Entrüstung und Wut hervor, zugleich aber auch Furcht vor dem unbeugsamen Fürsten, es ward im ganzen Lande still.

Die Steuergewaltigen hatten den Sieg erzwungen und konnten nach Willkür einschätzen; die Furcht vor blutiger Strafe schüchterte gründlich ein. Wie von der Hofkammer eingeschätzt, die Steuern dekretiert wurden, zeigt die bittere Bemerkung des Chronisten Steinhauser: „Man hat auch keinem nichts mehr abgeschrieben, wenn er schon vermeldet hat, daß er ärmer sei worden; aber wenn er reicher worden ist, so hat er solches allweg in der Steuerzeit anzeigen müssen, hat er anders gewollt, daß seine Verlassenschaft seinen Erben nach seinem Absterben bleibe. Denn man hat nach eines Abwerben alsbald (sein Haus) gesperrt und inventirt und das allerschlechteste und geringste geschätzt und in einen Anschlag und Hauptsumma gebracht, welche fast viel gemacht hat.“

VIII

Von Hohen-Salzburg donnerten die großen „Stücke“ und ihr mächtig Krachen brachte die ganze Bischofstadt auf die Beine. Die Bürger eilten durch die engen Gassen zum Domplatz, von dessen Freiung man freien Blick zur Veste hinauf hat, und guckten sich die Augen wund. Eine große Erregung lief durch das städtische Volk, die Frage nach der Bedeutung des Geschützspieles setzte die Zungen in Bewegung. Schlauere Leute hatten den Weg zum Keutschachhof genommen und bestürmten Trabanten und Thürsteher mit Fragen, worauf ein mächtig langer Spießträger stolz verkündete, daß Seiner Hochfürstlichen Gnaden ein Sohn geboren worden sei, das erste Kind!

Fassungslos im ersten Augenblick stand der Menschenwall im Hofe der Residenz; doch rasch fanden die Leute die Sprache wieder, um das unglaubliche Ereignis zu discutieren, hitzig und mit Aufgebot aller Lungenkraft.

Wirr genug schwirrten die Ausdrücke höchster Überraschung durcheinander, und je nach der Gesinnung der einzelnen Bürger ward Stellung zu dem aufregenden Ereignis genommen. Da gröhlte ein dicker Bäcker wild, daß ein Erzbischof überhaupt nicht verheiratet, also auch nicht Vater sein könne, und die „Stücke“ seien nicht dazu auf der Veste, um ein Kind anzudonnern.

Eine Gruppe von Maurern, die im Brot des Fürsten standen und mit Korn bedacht worden, lärmte und verteidigte den Gebieter, der ein guter Herr sei und das Recht habe, so viel Kinder zu bekommen wie ein Schullehrer. Und Angehörige der Sippen und Zünfte nörgelten an dem Verhältnis Wolf Dietrichs zur schönen Salome, schimpften weidlich über offenkundige Cölibatsverletzung und prophezeiten Unheil, wasmaßen der Papst derlei Lebenswandel nicht dulden könne, dürfe und werde. Immer hitziger wurden die Ausdrücke des Unwillens, die Leute verstiegen sich schließlich zur Behauptung, daß solches Stückspiel eine Schande für das Erzstift, der Bastard das Pulver nicht wert sei, das ohnehin wieder der Bürgersmann zahlen müsse. Den Trabanten ward das Geschimpfe aber mählich zu arg, sie jagten die Leute mit den Helebarden hinweg und räumten den Hof. Lärmend zogen die erregten Gruppen weiter, die Kunde von der Geburt eines fürstlichen Sprößlings verbreitete sich schnell wie der Sturmwind durch die Stadt, überall Zwiespalt der Meinungen hervorrufend, schärfste Kritik provozierend.

All' der Unmut über das Verhältnis des Fürsten mit Salome, ihr Weilen und Residieren bei Hof brach mit elementarer Gewalt los, und wer es wagte, den Erzbischof zu verteidigen, mußte sich grimmigen Schimpf an den Kopf werfen lassen, sodaß die Reihen der dem Fürsten Gutgesinnten sich schnell lichteten, zumal die Menge jene Verteidiger Wolf Dietrichs schlankweg ketzerischer Gesinnung zeihte und sie verkappte Lutheraner nannte, wie nach der Volksmeinung auch der Fürst selbst verdächtig schien, zum mindesten ein halber Protestant zu sein. Am übelsten kam in solchen wilden Erörterungen die schöne Salome weg, die als Ausbund aller Lasterhaftigkeit hingestellt ward. Dagegen remonstrierten nun doch Angehörige der Patrizierkreise, die eben nicht vergessen hatten, daß Salome Alt aus altangesehenem Geschlecht stammt und trotzalledem ihren Kreisen beizuzählen ist. Schließlich verdichtete sich all' der Meinungsstreit zur Kardinalfrage, ob der Fürst-Erzbischof mit Salome verheiratet sei oder nicht, und hierüber wußte niemand bestimmte Auskunft zu geben. In besseren Kreisen stritt man sich darüber, daß eine Gewissensehe vorliege, daß Wolf Dietrich sich eine compromessa cattolica zurecht gestutzt, eine eigene Theologie gebildet habe, wie das unter Kaiser Maximilian II. nicht eben selten war. Diese Auffassung fand lebhafte Unterstützung in geistlichen Kreisen, soweit solche noch nicht vom Arm des Gebieters getroffen worden waren.

Gefragt ist niemand worden, niemand war Zeuge einer kirchlichen Trauung des Fürsten mit Salome, niemand weiß Bestimmtes. Kein Wunder, daß den Gerüchten und Verleumdungen Thür und Thor geöffnet waren.

So hoch die Wogen der Erregung im Volk gingen, um so stiller ging es zu in den Gemächern der Wöchnerin, wo auf Befehl des überglücklichen Gebieters in peinlichster Weise Ruhe gehalten werden mußte. Wolf Dietrich, der Typus echter Ritterlichkeit, bekundete für eine Coeurdame eine zärtliche Fürsorge, die sich bis in die kleinsten Bedürfnisse erstreckte. Der Fürst ging auf im Gedanken, für das Weib zu sorgen, das ihm einen Sprossen, noch dazu einen allerliebsten Knaben, geschenkt.

So kam Wolf Dietrich auf den Zehen geschritten ins Gemach Salomes, um jegliches Geräusch zu vermeiden, sein ängstlich besorgter Blick galt der ihm so teuren Frau, die mild lächelnd, bleich und schwach zu Bette lag, und dem Gebieter einen Gruß aus den sanften Augen zusandte.

Der Fürst trat an das Bett, küßte die schmale Rechte Salomes und flüsterte in bewegten Worten seinen heißen Dank für diese herzerfreuende Gabe, die ihn glücklich mache, so glücklich, daß es für solche Seligkeit keinen Ausdruck gäbe.

Ein Schimmer milder Wonne verklärte Salomes Züge, ihre Lippen flüsterten: „Gefällt der Kleine meinem gnädigen Herrn?“

Wolf Dietrich wollte zur Wiege schreiten, da bat Salome flehentlich, das Knäblein ja nicht auszuheben, es sei so leicht ein Beinchen weg. Da lachte der Fürst herzlich auf: „So gebrechlich wird ein Raittenau nicht sein!“

Ein glücklich Lächeln flog auf die Lippen der Wöchnerin, Salome sprach bewegt: „So trägt der Kleine den Namen des Vaters?!“

„Gewiß, Geliebte! Er ist ein Raittenau und Wolf soll er getauft werden!“

„O Dank, heißen Dank, gnädiger Herr!“

„Ich muß danken dir, larissima! Für alles weitere laß sorgen mich, den Vater und Fürsten! Soll ein tüchtiger Bursch und Mann werden aus dem kleinen Wölflein, darauf geb' ich mein fürstlich Wort!“

„Habt Dank, gnädiger, gütiger Gebieter! Nun freu' ich meines Lebens wieder mich und will gern ertragen, was das Geschick mir beut!“

In aufwallender Glückseligkeit küßte der Fürst zärtlich Salomens Hände, hauchte einen Kuß auf die weiße Stirne, und bat besorgt, es möge die Teure sich nun schonen und pflegen lassen, wie es der Fürstin ziemt.

Ergebungsvoll ließ Salome das bleiche Haupt in die Kissen fallen, mutig unterdrückte sie den Seufzer, der ihrer Brust entsteigen wollte.

Still verließ Wolf Dietrich das Gemach, und erst nachdem er die Flucht mehrer Räume hinter sich hatte, trat er wieder fest auf nach seiner Gewohnheit, und der Hauch inniger Zärtlichkeit verschwand von seinen Zügen.

In seinen Wohngemächern angelangt, wollte der Fürst eben fragen, ob niemand aus der Stadt sich eingefunden, die Glückwünsche auszusprechen zum erfreulichen Ereignis bei Hof, da ward Graf Lamberg gemeldet und sogleich vorgelassen.

Das höfische Ceremoniell Lambergs schnitt Wolf Dietrich sofort ab durch den Ruf: „Freund, du bist der erste Gratulant, nimm meinen und Salomens Dank dafür! Herzlich willkommen!“

„Es ist des treue Unterthanen Pflicht, dem gnädigen Fürsten die Glückwünsche zu Füßen zu legen!“ sprach Graf Lamberg ehrerbietig und verbeugte sich tief vor dem Gebieter.

„Sei meines innigen Dankes überzeugt, Freund Lamberg! Mir ist's eine freudige Genugthuung, just dich bei mir zu sehen! Von Salzburgs Bürgerschaft, vom Adel auch, hat niemand eingefunden sich, ich habe keine Meldung!“

„Hochfürstliche Gnaden wollen Geduld üben! Die Kunde wird zu sehr überrascht haben die getreuen Unterthanen, sie fassen es nicht, es wird klar erst werden müssen in den Köpfen, dann wird wohl der Glückwunsch kommen an den Hof.“

Ein forschender Blick flog zu Lamberg, gedehnt klang des Fürsten Frage: „Glaubt Lamberg wirklich?“

Der Kapitular antwortete vorsichtig: „Es wäre Pflicht nur und schuldige Dankbarkeit!“

„Ha, Dank! Und mit den Pflichten wird genau es nicht genommen! Der Beispiele sind viele, die das Gegenteil beweisen! Sei's drum! Urkunden will ich in nächster Zeit, daß tragen soll der Sproß den Namen Wolf Raittenau.“

Lamberg wagte nun seinerseits den forschenden Blick auf den Gebieter zu richten, sprach aber nichts.

Mehr für sich entwickelte Wolf Dietrich in seiner hastigen Art hochfliegende Pläne, wie der kleine Wolf erzogen, herangebildet werden solle, auf daß er gebührend seinen Platz dereinst einnehme als ein Raittenau.

Lamberg drückte seine ergebene Zustimmung durch wiederholte Verbeugungen aus und behielt seine Gedanken für sich. Liebt doch der Fürst nicht, unterbrochen zu werden, und Andeutungen, daß es anders werden könne, als der temperamentvolle Gebieter glaubt, sind Wolf Dietrich alle Zeit verhaßt.

Der Fürst sprach sich warm, kam vom Hundertsten ins Tausendste, und gelangte schließlich zu seinem Lieblingsthema: bauen! Und einmal in diesem Fahrwasser ereiferte sich Wolf Dietrich für den Plan, seiner Salome ein würdig, fürstlich Heim zu gründen. Unzureichend sei der Keutschachhof nun, da einen jungen Raittenau er in sich birgt, die Residenz müsse verlegt werden.

„Die ganze Residenz?“ fragte überrascht Graf Lamberg.

„Nicht doch, das hat Zeit, bis jenseit der Salzach ein Gebäu erstanden ist, das ‚Altenau‘ ich werde heißen. Zuvörderst will meine Wohnung bei Hof ich verändern, es störet vieler Lärm mich hier. Ein lautes Volk, meine Salzburger! Auch ist Botschaft mir geworden in den letzten Tagen, daß laut und im Übermaß es zugeht vielfach auf dem Lande wie in Salzburg. Den Weinteufel glaubte ich gestutzt durch Mandat und kräft'ge Steuer, will scheinen, die Leute spüren wenig und saufen weiter. Werd' ein kräftig Wort sprechen müssen! Dieweilen mir Unterthanen, arme Leut' hungern und entbehren des Nötigsten, herrscht Fraß und Völlerei bei andern! Will mich bedünken, werd' examinieren lassen müssen auf dem Konsistorio und die Leut' befragen auf Herkommen und Glaubensbekenntnis. Wird nicht zu frühe sein damit!“

„Gewiß nicht! Euer Hochfürstliche Gnaden werden den Dank Roms sich erwerben mit bemeldter restauratio. Nur möchte ich, sothanermaßen der gnädige Herr und Gebieter das Wort mir wollen verstatten, raten….“

„Was?“

„… raten, eine längere Frist zu setzen gleich manchen Fürsten im Reich, auf daß die Leute sich werden schlüssig zur Umkehr und Einschluß in die ecclesia cattolica oder zu gehen aus der Heimat. Bin richtig ich informiert, besteht im Reich die Frist von einem Jahr!“

„Zu lang' währt solche Frist, auch hab' schon zu lang' ich gezögert. Es ist mir lieb, daß kommt die Sprache zwischen uns auf solch' Kapitel. Es ist mein Wille, daß citieret werde Ludwig Alt und Salzburgs Stadtrat bald zu Hof, und ein Kommissarius soll die Leut' befragen auf das Trienter Bekenntnis, soll es beschwören lassen.“

Lamberg wagte den Hinweis, daß vielleicht doch jetzt in diesen Tagen ein solches Vorgehen nicht den gewünschten Erfolg haben könnte.

In seinem Ungestüm rief Wolf Dietrich: „Warum nicht jetzt? Wer kann mich hindern? Mein Wort hat Geltung allezeit und zu jeglicher Stunde! Ich will Farbe bekennen sehen! Und zugleich soll man die Leut' beschauen, so einer will zum Bürger aufgenommen werden in Salzburg. Soll mir keiner Bürger werden, er habe denn hundert Gulden im Vermögen zum mindest!“

Lamberg mochte wohl nicht näher seine Meinung erörtern, da der Fürst nicht selbst erkannte, daß die Geburt eines Sprossen wenig zur gewaltsamen Forderung eines Glaubensbekenntnis der Unterthanen passe; der Kapitular sprach daher nur sich dahin aus: „Es wird Euer Hochfürstlichen Gnaden sicher eine gute Vorbetrachtung sein, zu mandatieren über Prüfung bei Aufnahmen von neuen Bürgern und Mindestforderung eines festgesetzten Vermögens.“

Wolf Dietrich beruhigte sich ob dieser Versicherung, nur schien es, als horche der Fürst ab und zu auf, wie in Erwartung, daß Deputationen zur Gratulationscour erscheinen sollen. Da aber niemand sich melden ließ, bemächtigte sich des verletzten Gebieters eine gewisse Verdrossenheit, die den Kapitular veranlaßte, um gnädige Entlassung unter dem Vorgeben zu bitten, daß sogleich bezüglich der Citation die nötigen Ordnungen getroffen werden sollen.

Der Reihe nach im Rang fanden sich die Hof- und Kapitelbeamten ein, um ihre ehrerbietigen Glückwünsche zum erfreulichen Ereignis auszusprechen; die einen in überschwänglicher Weise, andere wieder gelassen und trocken, alle aber auf höflichste Art, demütig, wie es dem hochfahrenden Sinn des Fürsten entsprechen und gefallen mußte. Wolf Dietrich entfaltete, hiervon angenehm berührt, all seine fascinierende Leutseligkeit und lud die Herren zu einem Festmahle ein, um seinem fürstlichen Dank vollen Ausdruck zu verleihen.

Hatte der kluge, diplomatisch geschulte Graf Lamberg die Absicht, mit der befohlenen Glaubensexaminierung zuzuwarten, um den Gemütern der erregten Salzburger Zeit zu einer gewissen Beruhigung zu lassen, auf daß doch eine Restauration nicht unmittelbar auf die Geburt eines Kindes ohne gültigen Ehebund folge, – der Fürst, der das Warten nicht kannte, durchkreuzte solche feinfühlige Absicht durch scharfes Monieren, und so mußte denn der ad hoc bestellte Kommissar seine wenig angenehme Thätigkeit entfalten. Der Kanzler aller geistlichen Sachen im Erzstift citierte den Bürgermeister und die Stadträte in den Palast, legte ihnen das Trienter Glaubensbekenntnis vor und verlangte dessen feierliche Beschwörung. Die meisten leisteten den Eid ohne Zögern, einige der Handelsherren aber verlangten eine Frist, um sich klar zu werden über den Stand ihres Glaubens, und deuteten an, daß die Citierung ebenso überraschend sei, wie ein gewisses Ereignis am fürstlichen Hofe.

So in eine fatale Notlage gebracht, mußte der Kommissar den zögernden Kaufherren doch wohl eine kurze Frist gewähren. Dafür aber wurde am nächsten Tage von den übrigen Bürgern Erscheinen und Beschwörung verlangt, und zwar in einem schärferen Tone und unter Androhung der zu gewärtigenden Strafen. Die Scheu vor dem strengen Fürsten, die Liebe zur Heimat und die Furcht vor Verarmung, all' dies übte auf die Bürger einen Druck aus, unter welchem sie den geforderten Eid leisteten. Über zwanzig Bürger aber verweigerten das Jurament und verhielten sich ablehnend, auch als die Ausweisung angedroht wurde.

Eine abermalige Gärung in der Bevölkerung griff um sich. Wolf Dietrich zeigte sich erbost und erließ nach kurzer Zeit eine besondere Verordnung „zu verhütung mehreren unraths“ über den Wegzug der ketzerisch Gebliebenen, derzufolge diese Ketzer sofort ein genaues Verzeichnis ihres Besitzstandes einreichen und eine hohe Gebühr für die Erlaubnis zum Wegzug zahlen mußten. Wer diesem Befehl nicht nachkam, dessen Gut war dem Fiskus verfallen; ihre Güter im Lande mußten an Personen, deren Tauglichkeit und Glaubenstreue vom Fürsten zu betätigen ist, entweder schleunigst verkauft oder mit der ausdrücklichen Bedingung des baldigen Verkaufes verpachtet werden, widrigenfalls der Erzbischof über sie verfügen würde.

Die von dieser Verordnung Betroffenen waren großenteils Kaufleute und Wirte, denen nicht nur alle Rechte und Freiheiten entzogen wurden, sondern auch bei Konfiskation der Waren aller Handel im Erzstift verboten ward. Da nun auch Mündel von diesem Mandat betroffen wurden, übernahm die fürstliche Regierung die Vormundschaften unter Beifügung der Bestimmung, daß alle an ketzerischen Orten befindlichen Mündel sobald als möglich nach Salzburg zurückkehren müssen. Wer seine Geschäfte in Ordnung gebracht habe, solle innerhalb vierzehn Tagen die Stadt verlassen; der äußerste Termin wurde auf vier Wochen gesetzt.

Ein Weheruf ging durch das Land. Graf Lamberg fühlte Erbarmen mit den Leuten, seinen Bemühungen gelang es, daß der Fürst die Frist um weitere vier Wochen verlängerte. In dieser Zeit erfolgte unter dem furchtbaren Druck doch noch manche Unterwerfung, die aber, weil der Termin nicht rechtzeitig eingehalten, mit einer äußerlich sichtbaren Strafe dahin belegt wurde, daß diese Säumigen an Sonn- und Feiertagen im Dom mit brennenden Lichtern in der Hand Buße thun mußten.

Darüber vergingen Monde, und allmählich verliefen sich die Wogen der Erregung, zumal ein Widerstand gegen die fürstliche Macht und Gewalt ja doch aussichtslos erscheinen mußte. Die Leute durften mählich froh sein, wenn keine neuen Mandate erfließen, die bei diesen Zeitläufen förmlich in der Luft hingen und dem Regen gleich herabprasseln können zu jeglicher Stunde.

Wolf Dietrich oblag tiefer Andacht meist im Dom, und eines Tages ward der Erzbischof darin gestört durch einen leichtfertigen Schuljungen, der auf den heiligen Ort gänzlich vergaß und den im andächtigen Gebet knieenden Bürgern Schnecken auf den Rücken setzte, so daß die Kleider der Andächtigen arg von dem Schneckenschleim beschmutzt wurden. Als Wolf Dietrich diesen Unfug gewahrte, erfaßte ihn Zorn und Entrüstung, der Erzbischof sprang auf, schritt auf den Schuljungen zu, faßte ihn schlankweg beim Schopf und führte den auf den Tod erschrockenen Jungen aus der Kirche. Diener liefen herbei, denen Wolf Dietrich den kleinen Missethäter zur Inhaftierung übergab. Noch am selben Tage dekretierte der Fürst die Strafe: Auspeitschung mit Ruten und ewige Landesverweisung, die sogleich am zeternden Jungen und trotz aller Bitten der inzwischen dazugekommenen Eltern vollzogen wurde.

Dieses Ereignis sollte insofern weitere Folgen haben, als Wolf Dietrich nun gegen jegliches Laster überhaupt mit großer Schärfe vorging. Mord und Totschlag gab es viel, und mit der Sittlichkeit war es allerorten übel bestellt. Ein Mandat forderte zur Umkehr und Besserung auf und drohte mit dem Malefizrichter.

Ein kaum dem Knabenalter entwachsener Bursch Jakob Staudner14 wurde von revierenden Schergen ertappt, als er ein kleines Mädchen Namens Susanna Pauser seinen Gelüsten gefügig machen wollte, und in den Turm geschleppt. Auf erstattete Anzeige befahl der im höchsten Maße erzürnte Fürst, es solle sogleich Gericht über den Missethäter gehalten und die Todesstrafe ausgesprochen werden.

Die Richter hatten somit das Urteil bereits vorgeschrieben; das Verhör ließ aber doch die Möglichkeit offen, daß der Verhaftete die Unthat nicht begangen habe. Auch konnte eine „Beschädigung“ (Verletzung) des Mädchens nicht konstatiert werden. Als von solchem Sachverhalt der Fürst verständigt ward, lautete die Antwort: Es solle gleichwohl durch den Freimann ein Exempel statuiert werden. Das Urteil lautete daher auf Hinrichtung durch das Schwert.

Im Hof des Gerichtshauses waren alle Vorbereitungen getroffen. Der dem Tode geweihte Bursch wurde zum Schaffot geleitet, der Stab über ihm gebrochen; der Franziskaner-Pater, welcher dem Delinquenten den letzten Trost der Religion gereicht, betete die Sterbgebete, und der Scharfrichter riß dem Burschen das Wams vom Leibe. Brust und Hals waren nun unbedeckt, der wimmernde Delinquent harrte des Todesstreiches.

Da kamen plötzlich zwei Franziskaner in großer Hast und Aufregung in den Hof gelaufen und riefen, es solle der Malefizrichter innehalten, der gnädige Fürst habe Pardon gegeben.

Thatsächlich hatte sich Wolf Dietrich von der beweglichen Fürbitte der Franziskaner, denen er ein Kloster erbaut hatte, zu einem Gnadenakt bewegen lassen, jedoch nur unter der Bedingung, daß die Franziskaner den Burschen weiterhin in ihre Obhut nehmen müßten. Als dies gelobt worden, gab Wolf Dietrich den Delinquenten frei, und die Franziskaner kamen im letzten Augenblick, ein Menschenleben zu retten.

Fürder aber blieb der Fürst in allen Mord- und sonstigen Lasterfällen unerbittlich; im benachbarten Engendorf wurde kurz darauf ein Bauernknecht wegen Totschlages hingerichtet. Das wirkte heilsam; man wußte nun, daß jegliche Begnadigung ausgeschlossen sei, die Mandate fanden Beachtung.

10.Das Original befindet sich im städtischen Museum zu Salzburg. Der Herausgeber verdankt eine Kopie der Güte des Herrn Museumdirektors Kaiserl. Rat Dr. A. Petter.
11.Gerhab = Vormund
12.Gebetschnur (Rosenkranz). Eine überaus bezeichnende Aufforderung, daß der Gefangene seine Rechnung mit dem Himmel machen solle!
13.Keuche = Gefängnisort.
14.So meldet der Chronist Steinhauser.
Yaş sınırı:
0+
Litres'teki yayın tarihi:
01 aralık 2018
Hacim:
290 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain
İndirme biçimi:
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre