Kitabı oku: «Francisco Pizarro», sayfa 4
VIII
Pizarros Absicht, auf hoher See bis Tumbez zu kommen, ward durch widrige Winde vereitelt. Er sah sich gezwungen, in die Bucht von San Matteo einzulaufen. Hier schiffte er seine gesamte Streitmacht aus, entschlossen, auf dem Landwege nach Tumbez zu marschieren, das er zu seinem militärischen Stützpunkt zu machen plante. Die Entfernung bis dahin betrug etwa 600 km. Die Schiffe sollten an der Küste folgen.
Der Marsch war voller Mühsale. Durch den anhaltenden Regen waren die Flüsse angeschwollen. Die Übergänge kosteten Verluste an Menschen, Pferden und Gepäck. Man kam nur langsam vorwärts.
Die erste längere Rast erfolgte, im Hauptorte der Landschaft Koake, nach ungefähr 120 km Marsch. Die kleine Stadt wurde überraschend angegriffen. Pedro Pizarro, einer der Teilnehmer am Zuge, ein entfernter Verwandter des Capitano, erzählt in seinem Bericht: »Wir überfielen sie mit dem Schwert in der Hand, denn wenn wir die Indianer von unserm Nahen unterrichtet hätten, würden wir daselbst nicht eine solche Menge von Gold und Edelsteinen gefunden haben.« Die Einwohner flohen zum größeren Teile, ohne viel retten zu können. Man erbeutete Schmucksachen und Gerät aus Gold und Silber, sowie Haufen von Smaragden, die damals noch nicht recht geschätzt wurden. Pizarro teilte sich einen Smaragd von der Größe eines Taubeneies zu. Er hatte den Befehl gegeben, jedwedes Beutestück abzuliefern. Die Gesamtbeute verteilte er, unter Abzug eines Fünftels für die Regierung, nach bestimmten Sätzen für Offiziere, Kombattanten und Troßleute. Daß die Beute recht beträchtlich war, geht schon daraus hervor, daß Gold im Werte von 20000 Pesos auf einem der Schiffe nach Panama gesandt ward, um Schulden zu bezahlen. Auch die vorgefundenen Vorräte an Maismehl, Kartoffeln, Kakao, an Geflügel, Lamas usw. waren groß; sie sicherten die gesamte Verpflegung auf mehrere Monate.
Ein anderes Schiff ward nach Nikaragua entsandt, um Teilnehmer zu werben. Nach acht- bis zehntägiger Rast wurde der Weitermarsch angetreten, von der übriggebliebenen Karavelle in der Flanke begleitet. Abermals galt es, große Strapazen zu ertragen. Die Regenzeit war vorbei. Jetzt brannte und blendete die heiße Sonne. Die schweren mit Baumwolle gepolsterten Panzerhemden und die Eisenhelme drückten unerträglich. Dazu trat eine ansteckende Krankheit auf, die eiternde Geschwüre am Körper hervorrief und den Ergriffenen arg schwächte. Die Dörfer, Weiler und Hütten, die man antraf, waren von ihren Bewohnern verlassen. Der ehemalige gute Ruf der Spanier bei den Indianern war nun längst dahin.
So erreichte man die Bucht Puerto Viejo. In dieser Gegend bis zur Bucht von Guayaquil war der Indianerstamm der Yumbos ansässig. Ihr Hauptdorf hieß Yokay und lag sechs Leguas südlich der späteren Stadt Puerto Viejo. Nach einiger Verhandlung unterwarf sich der Kazike der Yumbos freiwillig, gewiß zur großen Freude der Spanier, denen es vor Kämpfen mit großen Stämmen graute. Sie brachten Gold und Silber und ließen den Durchmarsch durch ihr Gebiet ruhig geschehen.
In Puerto Viejo erschienen auf zwei Schiffen Verstärkungen aus Panamá, eines davon unter Führung eines Hauptmanns Benalcazar mit dreißig Mann.
Am Golf von Guayaquil ward gerastet. Damit waren ungefähr zwei Drittel des Weges bis Tumbez zurückgelegt. Etwa 10 km entfernt lag die große, den Spaniern nicht unbekannte, durch ihren Handel reiche Insel Puna, die erst unter der Herrschaft des Königs Huayna Kapak nach hartem Kampfe dem Inkareiche unterworfen worden war. Pizarro beschloß sie zu erobern. Er nötigte die Indianer der Küste, ihm Flöße zu bauen und zu bemannen, und landete damit auf der Insel. Der oberste Kazike der Punaner unterhandelte mit den Spaniern. Auf beiden Seiten fürchtete man den Kampf. So gelang es Pizarro, sich auf friedsamen Wege auf der paradiesischen Insel einzunisten. Er verbot zunächst jedwedes Plündern. Die Zeit dazu dünkte ihm noch nicht gekommen; Aber die Soldateska verübte Einbrüche, Erpressungen und Schändungen, so daß es zu einer heimlichen Verschwörung der Insulaner kam. In einer bestimmten Nacht sollten alle Fremdlinge ermordet werden. Durch Verrat erfuhr Pizarro das nur allzu gerechtfertigte Vorhaben. Vielleicht auch war die angebliche Verschwörung ein bloßes Hirngespinst, um Anlaß zur Plünderung und Vergewaltigung zu finden. Kurzum, Pizarro gab Befehl, den obersten Kaziken, in dessen Palast er sein Quartier hatte, nebst dreien seiner Söhne und zwei andern Edelleuten gefangen zu setzen, sodann die Besatzung des Palastes und der Stadt niederzumachen. Nachdem dies geschehen, wurden Hunderte von wohlhabenden Indianern in ihren Wohnungen ermordet, die Frauen und Mädchen vergewaltigt. Die allgemeine Plünderei ergab stattliche Beute.
Die Spanier blieben selbstverständlich unter den Waffen. Man verschanzte sich in einem Teile der Stadt. Wie zu erwarten, begann die empörte Bevölkerung einen Angriff. Die Spanier machten ihrerseits Gegenangriff, und es gelang ihren Reitern, Armbrustern und Büchsenschützen, die ungeordneten Scharen niederzuwerfen und in die nahen Wälder zu jagen. Haufen von Toten bedeckten den Kampfplatz. Auch drei oder vier Spanier waren gefallen; viele verwundet. Hernando Pizarro hatte eine Verletzung am Knie.
In den nächsten Tagen ließ Francisco Pizarro die Umgebung der Stadt durch starke Patrouillen absuchen. Jeder Indianer, dessen man habhaft ward, verfiel der spanischen Mordlust. Drei Wochen wüstete man unter den Insulanern, deren Rest sich versteckte oder nach dem Festlande entkam.
Ein angebliches Kriegsgericht untersuchte die Verschwörung und verurteilte ein Dutzend indianischer Edelleute zum Tode. Sie wurden teils durch das Schwert hingerichtet, teils verbrannt. Der Kazike mußte dem Kaiser Karl den Vasalleneid schwören; dann entließ man ihn, damit er die noch vorhandenen Eingeborenen beschwichtigte.
Als auf der Insel Puna, die jetzt Isla de Santiago hieß, nichts mehr zu erbeuten war, ging Pizarro wieder nach dem Festland und setzte den Marsch auf Tumbez fort. Um diese Zeit traf das nach Nikaragua gesandte Schiff nebst einem andern ein; mit ihm der Hauptmann Hernando de Soto, der später als Entdecker des Mississippi berühmt geworden ist und unter den Fluten des großen Stromes 1541 sein Grab fand. Er war mit Pedrarias nach Amerika gekommen und wurde als vielerfahrener Mann allgemein begrüßt. Soto brachte hundert Mann und mehrere Pferde mit.
Pizarros Streitmacht betrug nunmehr etwa 300 Mann zu Fuß und 50 Reiter.
IX
Inzwischen war in den inneren Verhältnissen im Reiche Perú ein Wandel eingetreten. Der Kronprinz Huaskar hatte als vierzehnter Inka den Thron seiner Väter bestiegen. Einige Jahre blieb sein Verhältnis zu seinem Halbbruder Atahuallpa, der im Lande Quito selbständig herrschte, ungestört. Huaskar wird von den Chronisten als sanftmütiger und friedsamer Mensch geschildert, während Atahuallpa verwegen, tatendurstig und kriegliebend war. Er trachtete danach, Gebiet und Macht zu erweitern. So kam es, daß sich die beiden Brüder mehr und mehr entfremdeten. Intriganten an beiden Höfen verstanden diesen durch die verschiedene Natur begründeten Gegensatz allmählich zur gegenseitigen Feindschaft zu treiben. Irgendeine an sich belanglose Grenzfrage brachte es zu offenem Streit und schließlich zum Kriege. Der Überlieferung nach kam es zu einem Gefecht bei Tomebamba, der größten Stadt der Grenzgegend. Atahuallpa geriet in die Gefangenschaft seines Halbbruders. Es gelang ihm jedoch, wieder zu entrinnen und sich an die Spitze eines ansehnlichen Heeres zu stellen.
Er war damals noch nicht dreißig Jahre alt. Da er ein geborener Soldat war, vergötterten ihn die Truppen. Unterstützt von zwei im Krieg ergrauten tüchtigen Feldherren, Kizkiz und Tschalkutschima (dieser war ein Bruder der Königin-Witwe), begann Atahuallpa den Vormarsch gen Süden. Bei Ambato, zu Füßen des Chimborazo, den die Spanier für den höchsten Berg der Erde hielten, begegneten sich die Heere der feindlichen Brüder. Vom frühen Morgen bis zum späten Abend währte der wütende Kampf. Atahuallpa blieb Sieger. Tausende deckten die Walstatt, darunter der peruanische Heerführer.
Atahuallpa ließ seinen Sieg nicht unausgenutz. Sofort nach der ersten Entscheidung setzte er mit seinem Heere den Marsch fort und nahm alsbald das befestigte Tomebamba, das ebenso wie die gesamte Provinz Kanaris zwar schon längst zum Lande Quito gehörte, trotzdem aber zum Könige Huaskar gehalten hatte. Die Stadt, die sein Vater geliebt hatte, ward von Atahuallpa in Brand gesteckt und ihre Einwohner niedergemacht.
Auf dem weiteren Vordringen ergab sich eine Stadt nach der andern widerstandslos. Das grausame Schicksal von Tomebamba hatte gewirkt. Dann aber hielt die Insel Puna (in der Bucht von Guayaquil), die von Peruanern besetzt war, den Marsch auf. Wenn diese Insel die Heeresstraße längs der Küste des Festlandes auch nicht gerade beherrschte, so konnte man doch nicht ohne weiteres an ihr vorüberziehen. Nun gelang es dem klugen Atahuallpa, nach einigem Verweilen die Stadt Tumpez, deren Bürger schon immer zu ihm geneigt hatten, gänzlich auf seine Seite zu bekommen und sich bereit zu erklären, die feindlichen Kräfte auf der Insel Puna in Schach zu halten. Dadurch konnte er mit seihen Truppen weiter auf das noch ferne Kuzko marschieren.
In Kaxamalka (dem heutigen Cajamarca), ungefähr in der Mitte der Gesamtentfernung von Quito bis Kuzko, rastete Atahuallpa einige Tage. Diese schöne gepflegte Stadt, berühmt durch ihre warmen Quellen, in wunderbarer Lage inmitten eines Gebirgsbeckens von fünf Leguas Länge und drei Leguas Breite, von der gebildetsten Bevölkerung des ganzen Reiches bewohnt, machte er zu seinem Haupt-Etappenort. Während seine beiden Feldherren mit der Hauptmacht weiterzogen, blieb er selber hier, mit einer Abteilung (etwa 5000 Mann jüngerer Jahrgänge) des Heeres, und errichtete ein festes Lager im Süden der Stadt, am Warmbade.
Kizkiz und Tschalkutschima gelangten in Eilmärschen an den Apurimak, einen gewaltigen Zufluß des Amazonenstromes. Zweifellos waren die in Peru gebräuchlichen eigentümlichen Hängebrücken aus dicken Weidentauen mit Bohlenbelag vom Gegner zerstört. Das Hindernis ward schleunigst überwunden, und bald betrat das Heer die Hochebene von Vilcaconga unweit Kuzko.
König Huaskar hätte nach der erlittenen Schlappe – auf Rat der Priesterschaft – alle noch vorhandenen Streitkräfte in seiner Hauptstadt zusammengezogen. Vom Standpunkte der Strategie war dies wohl kaum die rechte Maßnahme, es sei denn, sein Land wäre von vornherein ganz und gar nicht kriegsbereit gewesen.
Vor dem Nahen des feindlichen Heeres bezog er eine Gefechtsstellung am Südende der Hochebene. Auf beiden Seiten war man sich bewußt, daß alles auf dem Spiele stand. Wiederum ward vom Morgen bis zum Abend mit aller Leidenschaft auf beiden Seiten gekämpft. Die Gefechtsstärken sind uns nicht überliefert. Vermutlich befehligte Huaskar das numerisch größere Heer, während das seines Bruders durch soldatische Zucht, bessere Bewaffnung und größere Kriegserfahrung überlegen war.
Wiederum war das Kriegsglück Atahuallpa hold. Bei Sonnenuntergang war der Widerstand der um eine gerechte Sache Kämpfenden gebrochen. In wilder Unordnung wichen die Peruaner auf Kuzko zurück. Das Schlachtfeld war mit Toten und Sterbenden besät. Noch lange nach dem Einbruch der Spanier mahnten dort Massen bleichender Knochen daran daß es die Einigkeit ist, die allein ein Reich vor fremden Eroberern sichert.
Die Sieger stürmten den Wankenden auf den Fersen nach. Wie es sich für einen König geziemt, wenn sein Volk nach heldenmütigem Kampfe untergeht, kämpfte Huaskar mit tausend Getreuen in der Nachhut. Fast alle fanden den Tod. Den König schützte nur der Umstand, daß sein Feind ihn lebendig in die Gewalt bekommen wollte.
Noch in der Nacht marschierten die beiden Generale in die Hauptstadt ein. Der gefangengenommene Huaskar ward auf Befehl seines Bruders unter Wahrung seiner Würde in die Burg der Stadt Xauxa (Jauja) gebracht.
Macchiavell sagt in seinem Fürstenspiegel: um in einem eroberten Lande sicher zu herrschen, genüge es, die Familie des früheren Herrschers auszurotten. Das berühmte Buch ist 1532 in Rom erschienen, also zufällig im Jahre der Schlacht in der Hochebene von Vilcaconga. In der Alten wie in der Neuen Welt waren die Menschen die nämlichen Raubtiere.
Atahuallpa berief die sämtlichen Mitglieder des geschlagenen Herrscherhauses in das Schloß von Kuzko, indem er ihnen sagen ließ, eine gemeinsame Beratung erachte er als das beste Mittel, das Land wieder zu Ruhe und Ordnung zu bringen. Der größte Teil des Inka-Adels leistete dem Aufruf Folge. Atahuallpa erschien selber nicht. Er hatte den Befehl gegeben, die gesamte Versammlung niederzustechen. Er schonte keinen. Halbbrüder, Oheime, Vettern sanken hin. Sogar Frauen und Jungfrauen der Königsfamilie wurden hingeschlachtet.
So berichtet Garcilasso de la Vega (1540—1616) in seinen »Commentarios Reales«; aber da er selbst ein Inka-Edelmann war (seine Mutter war eine Enkelin des Königs Topak Yupanki), so straft er seine eigene Geschichtsschreibung Lügen. Zweifellos geschah die Ausrottung nicht so gründlich, wie er behauptet hat, denn im Verlaufe der Geschichte Perus ist so mancher Abkömmling der Inkas hervorgetreten. Auch Huaskar blieb zunächst am Leben.
Schon vor der Entscheidungsschlacht hatte König Atahuallpa von den Missetaten der Spanier auf der Insel Puna vernommen, aber erst als er unbestrittener Herr von Peru geworden war, im Sommer 1532, konnte er sich mit dem vermeldeten Vorfalle näher beschäftigen.
X
Gegen Ende des Marsches auf Tumbez erfuhr Pizarro zum ersten Male durch einen indianischen Dolmetscher vom Bruderkriege zwischen Huaskar und Atahuallpa. Nichts konnte ihm angenehmer und förderlicher sein; erinnerte er sich doch einer Weisung des Generalkapitäns Cortes, dessen Heldengestalt ihm allezeit vorschwebte: »Erzeugt Zwist im Volke, das Ihr bekriegt! Schürt ihn und benutzt ihn!« Noch waren ihm die tatsächlichen Verhältnisse völlig unklar, aber er beschloß, sich alsbald Gewißheit zu verschaffen und sich scheinbar auf die Seite des Siegers zu stellen.
Seine Hoffnung, in der Stadt Tumbez einen zuverlässigen Stützpunkt zu gewinnen, sollte sich nicht erfüllen. Er hatte im Gefängnis auf der Insel Puna eine Anzahl Tumbezianer gefunden, sie befreit und nach ihrer Heimat entsendet. Damit glaubte er sich die Stadt, die ihn im Jahre 1527 gastlich empfangen hatte, zu verpflichten. Aber die Kunde von der Grausamkeit und Raubgier der Spanier auf Puna machte in Tumbez viel stärkeren Eindruck als die Freigabe der Gefangenen. Man durchschaute die Absicht der Fremdlinge, und so ergriff man die drei Spanier, die mit den Freigelassenen gekommen waren, und opferte sie den Göttern. Ebenso ermordete man den seit 1527 in Tumbez wohnenden Alonso de Molino samt seinem Genossen. Gleichzeitig bildete man eine Volkswehr und bewaffnete sie. Eilboten an den Befehlshaber der Provinz gingen ab. Wären geordnete Zustände im Reiche gewesen, wie noch vor einem Jahre, so hätte man auf das baldigste Anrücken einiger Bataillone rechnen können. Jetzt freilich waren die Telegraphenstationen zerstört und das Heer war aus seinen Friedensstandorten weggenommen.
Notgedrungen beschloß man, die Stadt zu räumen und sich ins Innere des Landes zurückzuziehen. In der leeren Stadt und am Hafen verblieben nur Patrouillen.
Pizarro hatte auf Balsas, die ihm die Edelleute auf Puna hatten stellen müssen, drei Spanier nebst einem Dolmetscher und Tauschwaren vorausgeschickt. Als diese Leute landeten, wurden sie von den Streifscharen überfallen und samt den Waren weggeschleppt. Die Balsas wurden entfernt.
Drei Tage darauf kamen die drei Karavellen. Mit ihnen Pizarro. Er landete seine Streitmacht, was den Rest des Tages in Anspruch nahm, und sandte am andern Morgen zwei der Schiffe zurück, um den Rest seiner Leute und Pferde zu holen. Inzwischen begab er sich mit einer ausgewählten Schar von Offizieren und Mannschaften in den burgartigen Palast des Kuraka und bezog daselbst sowie in einem benachbarten, ebenfalls verteidigungsfähigen Hause Quartier. Mit Staunen nahm er wahr, daß die Stadt von ihren Einwohnern verlassen war und daß kein Palast und kein Haus mehr wertvolle Gegenstände enthielt. Wer Tumbez nicht ehedem in seinem Schmuck und Reichtum geschaut hatte, zweifelte angesichts der armseligen öden Räume an der Wahrheit aller der verlockenden Schilderungen.
Eine ausgesandte Patrouille, die den Fluß aufwärts streifte, fand weder die Balsas noch die drei Spanier noch den indianischen Dolmetscher. Man griff etliche Indianer auf und stellte fest, daß sich auf den Höhen und an den Waldrändern Scharen bewaffneter Eingeborenen versteckt hielten. Pizarro verhörte die Aufgegriffenen, ohne Wesentliches zu erfahren, und entließ sie wieder mit dem Auftrage, den Kuraka von Tumbez aufzusuchen und ihm im Namen des Kaisers zu sagen, Pizarro und seine Hispanier seien in friedlicher Absicht, ganz wie ehedem, gekommen. Er solle ihm die drei Leute von den Balsas zurücksenden und die Einwohner veranlassen, in die Stadt zurückzukehren. Niemandem werde Leid geschehen. Weigere sich der Kuraka aber, dies Gebot zu erfüllen, so müsse Pizarro mit Feuer, und Schwert wider ihn ziehen und ihn und sein Volk als Aufständische vernichten.
Mehrere Tage vergingen; es kam keine Antwort. Dagegen sah man Scharen von Indianern in der Ferne auf dem jenseitigen Ufer Schanzen bauen. Der Fluß war vom Frühlingswasser dermaßen angeschwollen, daß er ungangbar schien. Höhnisch rief man den Spaniern von drüben zu, sie sollten hinüberkommen.
Nachdem die gesamte Streitmacht in Tumbez versammelt war, ließ Pizarro ein großes Floß zimmern und setzte achtzig Mann zu Fuß und vierzig Reiter aufs andre Ufer unter der Führung des Hauptmanns Hernando de Soto. Dies währte vom Morgen bis zum Abend. Soto hatte den Befehl, die Indianer zu züchtigen, weil sie Spanier ermordet hatten und Rebellen seien. Falls sie um Frieden bäten, solle er im Namen seiner Majestät des Kaisers mit ihnen verhandeln.
Soto marschierte noch in der Nacht gegen die verschanzte Stellung der Indianer und griff sie bei Morgengrauen an. Es blieb beim Fernkampf. Eine Menge Feinde wurden getötet, viele verwundet und etliche gefangengenommen. Gegen Abend verließen die Indianer die Schanzen, und auch Soto zog sich in ein verlassenes Dorf zurück. In der Frühe des andern Morgens nahm er die feindliche Stellung und sandte Streiftrupps aus, um die Zurückgegangenen zu verfolgen. Gleichzeitig schickte er einen Unterhändler mit ein paar Dolmetschern ab.
Der indianische Führer namens Kilimassa empfing den fremden Gesandten ehrerbietig und ließ dem spanischen Hauptmann sagen, er hätte auch seinerseits gern einen Unterhändler geschickt, und nur aus Furcht, die Spanier könnten ihn umbringen, wäre es nicht geschehen. Jetzt aber werde er persönlich mit einigen Edelleuten zu ihm kommen.
Darauf verhandelte man im Lager der Spanier. Der Kazike bat, die Feindseligkeiten zu verzeihen. Er unterwerfe sich dem Kaiser und seinem Stellvertreter. Soto versicherte ihm darauf, der Krieg sei zu Ende und die Indianer sollten unbesorgt in ihre Wohnstätten zurückkehren.
Die Spanier setzten wieder über, unter Mitnahme der in der indianischen Stellung vorgefundenen Lebensmittel, und führten den Kaziken und seine Begleiter vor Pizarro. Der vernahm den Gefechtsbericht des Hauptmanns, dankte Gott, daß kein Spanier gefallen und keiner verwundet war, und ordnete einige Rasttage an. Kilimassa ward befragt, warum sich die Tumbezianer empört und acht Spanier zurückhielten. Sie wären doch gut von ihnen behandelt worden. Pizarro habe die auf der Insel Puna vorgefundenen Gefangenen freigegeben. Wenn er feindselige Absichten gehabt hätte, so würde er auch keine Waren vorausgeschickt haben. Wo seien die drei Spanier, die die Gefangenen begleitet hatten? Wo seien die drei, die auf den Balsas die Waren gebracht hätten? Wo sei Alonso de Molina und sein Gefährte?
Der Kazike erwiderte, die beiden in Tumbez zurückgebliebenen Spanier seien längst verstorben und über die sechs Vermißten vermöge er keine Auskunft zu geben. Er wäre nicht dabei gewesen, weder wie die Gefangenen von der Insel Puna noch wie die drei Balsas ankamen. Er werde jedoch Nachforschungen anstellen und die Schuldigen ausliefern, falls sie ergriffen würden. Des weiteren befragt, warum die Stadt Tumpez verlassen sei, gab er an, eine Seuche wäre daran schuld und der lange Zwist mit den Insulanern auf Puna.
So blieb dem Capitano nichts übrig als die Gesandtschaft zu entlassen; Der Kazike hielt sein Wort: es fanden keine Feindseligkeiten mehr statt. Die Bevölkerung freilich kehrte nicht zurück, und die Mörder der acht Spanier wurden nicht ausgeliefert.
Pizarro sah ein, daß die grausame Vernichtung der Insulaner ein schwer wieder gut zu machender Mißgriff gewesen war und daß er alles aufbieten müsse, um die Indianer des Festlandes nicht noch mehr zu reizen. Angesichts der ungeheuren Überlegenheit der Peruaner in der Zahl waren fortdauernde Gewaltmaßnahmen aussichtslos, ja gefährlich. Es gab nur einen Weg, zur Hauptstadt des Landes und in den Besitz der Macht zu gelangen: zielbewußte Diplomatie.
Die Stimmung seiner Leute war miserabel. Der Hinweis auf die Reichtümer von Peru, die den Spaniern sicher seien, verfehlte jetzt jede Wirkung. Man wollte Gold sehen! Da unzufriedene Truppen niemals in Untätigkeit belassen werden dürfen, entschloß sich Pizarro zu größeren Streifzügen. Den Plan eines kraftvollen Vorstoßes ins Innere des Landes, in Richtung auf die Hauptstadt, schob er hinaus. Zuvor mußte eine feste Operationsbasis gegründet werden. Tumbez schien ihm dazu ungeeignet.
Er teilte seine Streitmacht in drei Teile. Der Hauptmann Soto bekam den Auftrag, mit der einen Abteilung die Hänge der Sierra zu erkunden. Er selber rückte mit der zweiten Abteilung am Sonntag nach Pfingsten, am 16. Mai 1532, nach Süden vor. Mit dem Rest, zumeist Kranken und Kriegsuntüchtigen, verblieb Hernando Pizarro in Tumbez.
Für seinen Erkundungszug gab Francisco Pizarro den strengen Befehl, sich jedweder Plünderung zu enthalten und freundliche Indianer friedlichst zu behandeln. Lebensmittel habe man übergenug. Es gelte, einen guten sicheren gesunden rückwärtigen Stützpunkt für den eigentlichen Eroberungszug in das goldreiche Innere zu suchen und auszubauen. Ohne bereitwillige Hilfe der Eingeborenen sei dies sehr schwierig, wenn nicht unmöglich.
So begann der Marsch in der Sommerglut des schattenlosen steinigen Küstenlandes. Nach drei Tagen kam man in ein großes Dorf in den Vorbergen und rastete daselbst drei Tage. Nach wiederum drei Tagen, am 25. Mai erreichte man die breite Staatsstraße, die vorzüglich angelegt und stellenweise gepflastert war. Wiederum rastete man in einem Orte, der reich an Lamaherden und allerlei Vorräten war. Er lag an einem Flusse namens Turikarami, dem heutigen Rio Chira. Die Gegend, zumal stromauf, war dichtbevölkert. Pizarro empfing eine Reihe von kleinen Gesandtschaften. Nirgends stieß er auf Widerstand.
Pizarro erkundete das Gelände zwischen dem Rio Chira und dem Rio de Piura auf das sorgsamste, entdeckte einen guten Hafen (Payta) und fand im fruchtbaren Tale Tangara einen zur Ansiedlung geeigneten Ort, den er San Miguel de Piura taufte. Hier (unter dem 5. Breitengrade) beschloß er die erste Kolonie von Peru zu gründen. Der Ort liegt 30 Leguas (etwa 180 km) südlich von Tumbez. Man begann sofort Blockhäuser und Palisaden zu errichten. Die feierliche Einweihung des Ortes geschah am Sonntag den 29. September 1532, am Michaelistage.
Obgleich, wie gesagt, die Bevölkerung friedlich blieb, hielt es Pizarro für angebracht, eine Art warnendes Exempel zu inszenieren. Wahrscheinlich auch wollte er seiner beutegierigen Soldateska einen Festtag bereiten. Kurzum, er unterwarf ein großes Dorf in den Bergen, das sich unbotmäßig gezeigt hatte, mit Feuer und Schwert, indem er einen Hauptmann mit 66 Mann und 25 Reitern aussandte. Das Dorf wurde gestürmt, der Kazike auf den Scheiterhaufen gesetzt, und der Ort dem Erdboden gleichgemacht, selbstverständlich nach ausgiebiger Plünderung. Das erbeutete Gold und Silber ward nach Abzug des kaiserlichen Anteils an die Truppe verteilt.
Inzwischen war Soto nach mancherlei Gefahr und Mühsal und nach Entdeckung mehrerer Goldsandlager wieder in Tumbez angekommen. Er und ebenso Hernando Pizarro wurden von Tumbez nach San Miguel beordert.
Diese Reise machten sie auf den beiden Karavellen, denen sich ein Kauffahrteischiff zugesellt hatte. Es gehörte einem unternehmungslustigen Kaufmanne in Panama, der mit Waren, Gerät und Munition auf gut Glück nachgefahren war, um Geschäfte zu machen. Er kam wie gerufen und tauschte seine Waren gegen Gold und Silber um. Zugleich aber brachte er dem Capitano die mißliche Nachricht, daß Diego de Almagro in Panamá eine Perúfahrt auf eigene Faust vorbereitete.
Sofort entsandte Pizarro seine beiden Karavellen nach Panama mit soviel Gold und Silber als nur möglich, Dazu lieh er sich die Beuteanteile vieler andrer, um den Ruf seines Erfolges zu verstärken. An Almagro gab er einen Brief mit, in dem er ihm klar genug vorhielt, daß im Lande Peru niemand etwas zu suchen habe, der nicht unter des Kaiserlichen Statthalters Fahne kämpfe.
Der Bau von San Miguel schritt vorwärts. Pizarro veranlaßte die Einwohner mehrerer indianischer Dörfer, sich in der Niederlassung anzusiedeln. Er ernannte Richter, Schöffen und andre Beamte. Der Dominikaner Vicente de Valverde ward der Seelsorger der Kolonie, ein Eiferer und Abenteurer tollster Art.