Kitabı oku: «Maritime E-Bibliothek: Sammelband Abenteuer und Segeln», sayfa 19

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NEUNTES KAPITEL
INSELN UNSERER TRÄUME

Wenn die LIBERIA IV glaubte, ihre Rekordfahrt bis in den Hafen von Port of Spain fortsetzen zu können, so hatte sie sich getäuscht. Denn nun kam das dicke Ende.

Der Wind ließ nach, die Strömung setzte aus dem Drachenmaul, ich konnte ohne Motor nicht durchkommen. Eine Nacht lang versuchte ich, jeden kleinsten Windhauch auszunutzen – vergeblich. Die Strömung trieb mich in die Karibische See zurück. Dampfer kamen und gingen, neidisch sah ich auf ihre Lichter, die an mir vorbeiglitten.

Es wurde Tag, aber kein Wind kam auf. Der Mittag verstrich. Endlich nahm sich ein mitleidiger Hauch der LIBERIA an. Mühsam erreichte sie wieder das Drachenmaul. Die Dämmerung brach herein, ich mußte zum zweiten Mal alle meine Lichter setzen. Dampfer passierten mich, Fischerboote, Inselschoner – alle liefen sie unter Motor.

Und dann setzte wieder der Wind aus. Es war zum Verzweifeln! Ich befand mich mitten im Eingang zum Drachenmaul! Mitten im Verkehr! Mit einem Scheinwerfer mußte ich mal einen Schoner, mal einen Dampfer auf die hilflose LIBERIA aufmerksam machen. Zum Glück waren die Ausgucke der Schiffe auf dem Posten, sie änderten ihren Kurs.

Nicht zu Unrecht hatte Kolumbus auf seiner dritten Fahrt diese Ausgänge aus dem Golf von Paria „Bocas del Drago“ genannt, denn durch das Drachenmaul jagen die Gewässer des Golfes und treffen auf den Weststrom der Karibischen See, der vom Passat angetrieben wird. Dort, wo sie zusammenstoßen, wirbelt und brodelt das Wasser, kibbeln und kabbeln die Wellen, so daß bei flauen Winden der Durchgang durch die engen Passagen für Segler ohne Motor außerordentlich gefährlich sein kann.

Kampf im Drachenmaul

In den frühen Morgenstunden trieb die Strömung die LIBERIA abermals ins Meer hinaus. Dafür hatte ich Tag und Nacht an der Pinne gesessen, hatte 2200 Seemeilen in 12 Tagen durchjagt, um vor dem Eingang meines Ziels in eine Flaute zu geraten! Wenn das so weiterging, würde Niña mir von ihrem Dampfer aus zuwinken können.

Am Nachmittag des zweiten Tages kam endlich eine leichte Brise auf, langsam näherte sich die LIBERIA erneut dem Drachenmaul. Im klaren Wasser schlenderte ein Hammerhai um das Boot, mehrere Seeschildkröten paddelten an mir vorbei, als wollten sie mir sagen: Wer sich auf seine eigenen Kräfte verläßt, fährt immer gut …

Aber dann blies der Wind gegen Ende meines zweiten Tages vor dem Ziel endlich stärker. Da das Drachenmaul durch mehrere Inseln und das Festland von Südamerika gebildet wird, gibt es vier Durchfahrten. Um nun schon beim Durchgang so viel Ost zu gewinnen wie nur irgend möglich – hinter den Inseln würde ich dann nicht mehr so viele Meilen gegen den Wind ankreuzen müssen –, wählte ich die zweite Durchfahrt von Osten, das „Eiermaul „, die Boca de Huevos, die nach einem Inselchen benannt wird, das viele Seevögel beherbergt.

Ein tolles Schauspiel begann! Der Wind hörte mitten in der Enge auf, das Boot wurde herumgewirbelt und näherte sich bedrohlich der Monos-Insel im Osten. Verzweifelt pullte ich mit einem gewaltigen Riemen, um aus diesem Chaos herauszukommen. Ich hatte Glück, die LIBERIA wurde wieder von einem entgegengesetzten Wirbel aufgenommen und in den Golf von Paria versetzt; endlich fiel auch etwas Wind in die Segel und führte das Boot nach zweitägigem Kampf gegen die Strömung nach Port of Spain, wo ich am späten Abend vor dem Yachtclub ankerte. Selten bin ich so erschöpft in einen abgrundtiefen Schlaf gefallen wie nach diesem Kampf.

Anderntags hatte ich einer Einladung zu folgen und verließ die LIBERIA. Als ich abends wiederkam, war inzwischen ein steifer Südwind aufgekommen, und die Angestellten des Clubs kamen mir schon entgegen: die LIBERIA IV habe versucht, sich selbständig zu machen! Sie war im Wind vertrieben, konnte zum Glück aber schnell wieder eingefangen werden.

Der Anker war also gar nicht erst in den Lehmgrund eingedrungen; bei Flaute und ohne Motor hatte ich nicht überprüfen können, ob er hielt. Ein Einhandsegler wird nie die rechte Ruhe haben, wenn er sein Boot allein lassen muß; niemals habe ich bei unsicherem Ankergrund auch nur für eine Nacht an Land geschlafen.

Völkerpalette Trinidad

Trinidad gleicht in seinem geographischen Erscheinungsbild dem benachbarten Festland und der übrigen Inselkette der Antillen. Aber es gleicht auch den Inseln im Golf von Guinea, obwohl auf ihnen der ewig blasende Passat die Temperaturen nicht abkühlt wie auf Trinidad, dessen Klima deshalb erträglich, ja manchmal sogar „paradiesisch“ ist.

Für die Karibischen Inseln haben die Europäer mehr Blut gelassen als für ganz Afrika zusammengenommen. Alle Eilande wurden einmal von Spanien beansprucht; dann kamen Holländer, Engländer und Franzosen, überfielen mal dort und plünderten mal hier, bis sich jeder einige Inseln von den Spaniern, den Indianern oder auch von den eigenen Bundesgenossen „erobert“ hatte. Hier nahm man es mit Verträgen und Abkommen nie so genau, und wer sich überhaupt nicht um solchen Papierkram kümmern wollte, der wurde Pirat damals noch ein ehrenwerter Beruf, dessen tüchtigste Vertreter geadelt wurden.

Da die eingeborenen Kariben-Indianer nicht so arbeiten wollten, wie sie sollten, sondern scharenweise an Krankheiten starben, wenn nicht gar Selbstmord begingen, führten die Europäer wie eine neue Handelsware Afrikaner ein. Und als später die Sklaverei abgeschafft wurde, importierte man Ostinder nach Westindien, ein Name, der übrigens von Kolumbus stammt, welcher die Inselwelt entdeckte, als er sich auf dem Weg nach Indien glaubte.

So herrscht heute in Port of Spain ein kosmopolitisches Leben. – Hier vereinigen sich afrikanische Rhythmen mit süd amerikanischen, verrenken sich Tänzer ihre Gummiglieder zum Dröhnen der Steelbands, der Blechkapellen, stehen Moscheen neben Hindutempeln und Kathedralen. Im Telefonbuch stößt man auf chinesische, indische, portugiesische, spanische, französische, holländische, deutsche und natürlich vor allem auf die britische Namen.

Gemeinsam sind den Menschen in den Antillen Großzügigkeit in Rassen- und Religionsfragen, ein herrliches Klima, eine bunt bewegte Vergangenheit und keine rosige Zukunft. Die britischen Inseln haben sich zu einer unabhängigen Westindischen Föderation zusammengeschlossen, die Mitglied des Commonwealth ist. Da einige Inseln erschreckend übervölkert sind und ihr Verwaltungsapparat sehr groß ist, werden sie nur dann zu Wohlstand gelangen, wenn sie außer einer noch geschickteren Agrarpolitik, die eine intensive Nutzung der Bodenfläche vorsieht, den Fremdenverkehr steigern können.

Wiedersehen mit Niña

Der Dampfer, mit dem Niña kommen sollte, war für zwölf Uhr mittags angesagt worden.

Eine halbe Stunde vorher fuhr ich zum Hafen. Zu meinem großen Schreck war jedoch der Dampfer schon angekommen – vor drei Stunden! Auf der Gangway hörte ich bereits vorwurfsvoll: „Ihre Frau wartet schon lange!“

Inmitten einer Gruppe von Passagieren und Insulanern fand ich sie. Als ich ihr zur Begrüßung nahe kam, schob sie mich entsetzt zurück: „Wie riechst du komisch!“

Das mir, der ich eine Dusche genommen und saubere Wäsche angezogen hatte! Was konnte ich dafür, daß auf der letzten Fahrtstredte, in dem dauernden Regen, die Wäsche muffig geworden war; meine Nase nahm das schon gar nicht mehr wahr. Acht Monate Trennung, und nun dieser Empfang! Später stritt Niña das alles ab; verwirrt und aufgeregt sei sie gewesen und habe nicht gewußt, was sie sagte – auf alle Fälle aber etwas ganz anderes!

Kaum hatte sie den Fuß auf die LIBERIA IV gesetzt, als sie – nach neuerlichem Naserümpfen – rigoros alles, was gewaschen werden konnte, einsammelte und in die Reinigung trug. Danach verbrachte sie einen Tag damit, das Boot bis in die entlegensten Ecken hinein mit heißem Wasser auszuwaschen; einen weiteren Tag sprühte sie immer wieder einmal, ihrer Nase folgend, Parfüm in die Winkel des Bootes – ein Glück, daß zwischendurch Freunde kamen, um uns die Insel zu zeigen.

Mangrovensümpfe zum Verkaufen

Die besten Siedler und Landgewinner an den Küsten der tropischen Meere sind die Mangroven. Gegen sie nehmen sich selbst die Holländer mit ihrem Spruch: „Gott schuf die Welt, die Niederländer aber Holland!“ als Anfänger aus. Überall, wo es flache Küsten gibt, zu beiden Seiten von Flußufern oder in Sümpfen, haben sie sich angesiedelt und fangen mit ihren viel verzweigten Wurzelarmen wertvolle Sedimentstoffe des Meeres ab.

Normalerweise können Wurzeln im Wasser nicht atmen. Was macht also die Mangrove? Sie schnorchelt! Ihre Wurzeln schicken kleine Atmungsröhren in die Höhe, die den Sauerstoff in die Wurzelspitzen leiten.

In Florida kaufen die Grundstücksmakler Mangrovensümpfe auf, die noch ganz unter Wasser liegen. Ich sah aus diesen Mangrovenwäldern Schilder herausragen: FOR SALE – Zum Verkauf. Die Mangrove ist der stille und bescheidene Mitarbeiter der Grundstücksmakler. Tausende von Hektar Land schenkt sie der Menschheit; in vielen Teilen der Welt setzt man ihre Siedlungsarbeit fort, indem man den Mangrovenwald entfernt und Land aufschüttet. Ich konnte das in Lagos und in Miami beobachten.

Sausen Tornados oder Hurrikane über ein Gebiet, in dem Mangroven zu Hause sind, so werden andere Bäume entwurzelt, Häuser zerstört und ganze Plantagen niedergewalzt, die Mangroven jedoch erleiden kaum Schaden. Sie sind niedrige Bäume, selten werden sie höher als fünf Meter, ihre dünnen, auf Stelzwurzeln stehenden Stämme stemmen sie nicht gegen den Wind, sie wiegen sich im Sturm wie Kokospalmen. Die Mangrove ist vorsichtig und klug; reißt ein Wurzelanker, hat sie gleich Ersatz zur Hand: sie sendet von Stämmen und Zweigen immer neue Wurzeln in den Schlammgrund, die selbst wieder zu Bäumen werden. Ihr ganzes Leben steht sie auf Stelzen, die wie ein polnischer Weichselzopf unentwirrbar miteinander verflochten sind.

In dem stinkigen, schleimigen Mangrovenschlamm lebt eine Tierwelt für sich; sie lehnt es ab, sich anderswo aufzuhalten, nur in diesem Schlamm fühlt sie sich wohl. Da ist zum Beispiel ein Mangrovenkrebs, der seine Scheren immer dann zusammenschlägt, wenn man es am allerwenigsten erwartet; weil man bei diesem Geräusch erschreckt zusammenfährt, nennt man ihn auch „Pistolenkrebs“, obschon er eine zarte Garnele ist und kein Pistolenheld.

Fische klettern auf Bäume

Interessanter noch ist der Schlammspringer, den ich am Du-River in Liberia häufig antraf. Er hat Augen, die er beim Schwimmen wie ein Periskop über Wasser halten und in jede beliebige Richtung drehen kann, jedes Auge in eine andere. Er klettert mit Hilfe seiner Brustflossen auf Mangroven und springt bis zu einem Meter weit; sonnt er sich in der heißen Tropensonne, braucht er keine Sonnenbrille, kann er seine Augen doch ganz in die Augenhöhlen zurückziehen. Hält er sich an der Land-Wasser-Grenze auf, steckt er seinen Schwanz ins Wasser, um zu „atmen“: der Schwanz ist voller Blutgefäße, die dem Wasser Sauerstoff entziehen können und auf diese Weise die dicht verschließbaren Kiemen ersetzen. Der Schlammspringer fängt wie ein betrunkener Gecko Fliegen und schwimmt wie ein kranker Fisch! Bloß fliegen kann er noch nicht – zoologisch gesehen ist er ein Fisch!

Weitere Vertreter der Tierwelt im Mangrovensumpf sind die Milliarden von Moskitos und kleinen Stechgnitzen, gegen deren Bösartigkeit man sich kaum schützen kann, schlüpfen sie doch selbst durch Moskitonetze hindurch. Die Indianer Floridas lebten jahrhundertelang in von diesen Moskitos verseuchten Sümpfen; sie rieben sich zum Schutz mit dem Extrakt einer Pflanze ein, der die Insekten vertreibt. Auch diese Art von Moskitos hat sich an die eigenartige Umwelt angepaßt: ihre Larven gedeihen bestens im Salzwasser.

Stehen Mangroven im klaren Wasser, so wachsen manchmal Austern an ihren Wurzeln – als treibendes Plankton setzten sich die Schalentiere in ihrer Jugend an den Wurzeln fest und beginnen zu wachsen.

Die Mangrove ist eine Landpflanze, die im Laufe von Millionen von Jahren ihre Liebe zur See entdeckte und von der Land- in die Randzone übersiedelte, in die Gezeitenzone. In dieser langen Zeit hat sie auch genügend Muße gefunden, sich an ihre neuen Aufgaben im salzigen Wasser zu gewöhnen. Wie, zum Beispiel, pflanzt sie sich fort? Fruchtkapseln würden doch ins Meer hinausgetrieben, wie sollten sie je den Boden erreichen?

Mutter Natur hat vorgesorgt: die Mangrove bekommt „Junge“, sie ist sozusagen lebendgebärdend, denn ihre Früchte keimen bereits auf den Bäumen. Die jungen Pflanzen haben dann die Form einer länglichen Bombe; fallen sie in den Schlammgrund, bilden sie sofort Wurzeln und wachsen weiter. So geschieht es bei Ebbe; bei Hochwasser hingegen fällt der Sämling ins Wasser und kann irgendwo an fernen Ufern angetrieben werden, viele Meilen vom Mutterbaum entfernt. Es gibt sogar Forscher, die vermuten, die afrikanischen Mangroven seien durch Äquatorialströmungen nach Südamerika gelangt; demnach müßten die Sämlinge wochenlang auf dem Meer treiben können, ohne ihre Lebensfähigkeit zu verlieren.

Auch nach ihrem Tode hat die Mangrove noch Wert für den Menschen, sei es, daß man ihre bizarren Wurzelgeflechte zu dekorativen Zwecken ins Zimmer stellt, zu Leuchtern, Aschenbechern und Blumentopfhaltern umarbeitet, oder sei es, daß Eingeborene die Rinde der roten Mangrove zum Lohen von Netzen und Segeln benutzen.

Tollwütige Vampire

Ganz im Gegensatz zu meiner sonstigen Gewohnheit schlief ich in Trinidad nicht im Cockpit, sondern in der Kajüte, deren Bullaugen ich sorgfältig mit Moskitonetzen verhängte. Das hatte seinen besonderen Grund: Vampire!

Ursprünglich verstand man unter einem Vampir die unstete Seele eines Toten, die nachts in eine Tiergestalt schlüpfte, um in ländlichen Gegenden nach Opfern zu suchen, denen sie Blut absaugen konnte. Als Oviedo dann im 16. Jahrhundert aus Trinidad Fälle beschrieb, in denen 40 Spanier vom Fledermäusen gebissen wurden und später daran starben, nannte man diese blutsaugenden Fledermäuse ebenfalls Vampire.

Vampire beißen im tropischen Amerika seit langen Zeiten vor allem Rinder und zapfen ihnen jährlich so viel Blut ab, daß man damit einen Tanker füllen könnte.

Ich hatte nicht etwa Angst davor, ein paar Tropfen Blut zu verlieren – meist merkt man das sowieso nicht –, ich wollte mich lediglich vor der Tollwut schützen, die diese Vampire, auch große Blutsauger genannt, übertragen. Jährlich fallen im tropischen Amerika eine große Anzahl von Rindern auf diese Weise der Tollwut zum Opfer.

Der Große Blutsauger ist ein ausgezeichneter Chirurg; die Zähne dieses häßlichen Tieres, dessen Gesicht dem einer tollwütigen Bulldogge ähnelt, werden wie Messer benutzt, die die Haut mikrotomisch fein durchschneiden. Der Speichel des Vampirs verhindert, daß das Blut, welches mit der Zunge aufgeschlappt wird, gerinnt.

Die Vampire scheinen sich an ihre Opfer zu gewöhnen, denn sie fallen häufig immer wieder über die gleichen Menschen und Tiere her. Bei einer Untersuchung ist festgestellt worden, daß in manchen Dörfern Trinidads die Hälfte aller Kinder nachts von Vampiren gebissen wurden.

Der Asphaltsee

Bevor wir das trotz Moskitos und Vampiren gastliche Trinidad verließen, mußten wir ein touristisches Soll erfüllen und uns den Pitch Lake, den Asphaltsee von La Brea, ansehen. Er ist kein See, zu dem man mit dem Badezeug in der Tasche fährt, sondern eine „Asphaltmine“, die im Tagebau abgebaut wird.

Auf dem Weg nach La Brea fuhren wir wieder an Mangrovensümpfen vorbei, die dem Slumbezirk von Trinidad, der Shanty Town, gegenüberliegen. Wir benutzten eine Autostraße, von der man sagt, sie schwämme auf morastigem Grund. Es ging durch Zuckerrohrfelder, auf denen Ostinder Zuckerrohrstengel auf kleine, von Wasserbüffeln gezogene Karren warfen, vorbei an großen ölraffinerien und durch die frühere Hauptstadt San Fernando, in der mehr Ostinder als Schwarze arbeiten sollen.

Schließlich erreichten wir das La Brea-Kap. Nicht weit vom Meer liegt der beinahe kreisrunde „See“. Ein Führer gab uns Antwort auf meine Fragen – Sir Walter Raleigh habe hier schon kurz vor der Wende des 16. zum 17. Jahrhunderts seine Schiffe mit Asphalt aus diesem See abgedichtet! 100 Meter sei das „Gewässer“ tief; täglich lasse man etwa 400 Tonnen harten Asphalts ab, und eine Schwebebahn könne in 24 Stunden 1500 Tonnen Asphalt vom See zum Meer transportieren. Aber von den winzigen Fischen, die im dunklen Wasser der engen Ritzen schwimmen, wußte er leider nichts. Trotz eifrigen Suchens konnte auch ich keine entdecken, dennoch hausen sie dort, und ich halte das fast für ein ebenso großes Naturwunder wie die Existenz des Asphaltsees überhaupt.

Auf dem See gibt es einige weiche Stellen, denen man aber ausweichen kann, weil man sie ohne weiteres erkennt. Gerade vor wenigen Tagen war ein Polizist am Rande des Asphaltsees brusttief eingesunken, konnte aber wieder befreit werden.

Außer dem See spielen im Wirtschaftsleben Trinidads vor allem das öl und der Fremdenverkehr eine große Rolle. Calypso sänger fördern beträchtlich den Tourismus; in allen besseren Unterhaltungslokalen, am Strand und sogar auf den Straßen trifft man sie an und wird von ihnen besungen. Niña hörte so viele Komplimente von diesen Berufssängern, daß sie davon auf hoher See noch zehrte.

In Port of Spain hatten wir ein Erlebnis, das sich uns in ähnlicher Form noch öfter in Westindien bot: unser Gastgeber machte uns vor einem Museum stolz auf einen Anker aufmerksam, den Kolumbus auf seiner ersten Reise an den Küsten Trinidads verloren haben soll. Ich versagte mir höflich den Hinweis, daß Kolumbus auf seiner ersten Reise von der Existenz der Insel noch gar nichts wußte, daß er sie erst auf seiner dritten Fahrt entdeckte und ihr einen Namen gab. Auf mehreren Karibischen Inseln rühmt man sich eines solchen Ankers; man könnte meinen, Kolumbus habe eine erkleckliche Anzahl von Ankern als Souvenirs mitgeführt.

Sturmfahrt zur Gewürzinsel

Von der Chaguaramas Bay, dem amerikanischen Stützpunkt auf Trinidad, starteten Niña und ich unsere gemeinsame Fahrt durch die Kariben. Freunde hatten uns zum Abschied noch ein fertiges Essen an Bord gebracht, das wir auf der Ausfahrt durch die Boc a de Monas, das Affenmaul, verzehrten. Niña freute sich besonders auf diese Fahrt von Insel zu Insel; sie ahnte nicht, daß es auch in der Karibischen See mit Sturmesstärke blasen kann, sobald man aus dem Windschutz der Inseln herauskommt. Sie sollte es bald spüren.

Kaum hatten wir die Nase aus dem „Affenmaul“ herausgesteckt, da überfiel uns ein so wütender Nordostpassat, daß wir am liebsten gleich wieder umgekehrt wären. Als es dazu noch fürchterlich zu regnen begann, verzog sich Niña in die Kajüte und bereute das gute Essen, das sie soeben verzehrt hatte. Ausgerechnet hier mußte der Regen fallen, wo doch Port of Spain schon seit Monaten auf Wasser wartete und unter Buschbränden litt.

Die LIBERIA IV bolzte sich hart am Wind nach Norden vor. Wir hatten unseren Landfall auf Grenada für die erste Morgenstunde geplant, der steife Passat jedoch ließ uns unser Ziel noch in der Nacht erreichen. Nach 14 Stunden hatten wir rund 90 Seemeilen durcheilt.

Als wir am Morgen erwachten, schien schon die Sonne über die hohen Hänge auf die bunten, sauberen Häuschen von St. George auf Grenada, der „Gewürzinsel“. St. George’s Harbor ist einer der malerischsten Häfen in den an Schönheiten gewiß nicht armen Antillen; es gleicht mehr einer riesigen Theaterkulisse als einem arbeitsamen Hafen. Von den Gewürzen, Zimt, Muskatnuß, Ingwer und Nelken, vom Sapotebaum, aus dessen Milchsaft Kaugummi hergestellt wird, und von den Tonkabohnen konnten wir auch auf unserer Fahrt durch die Insel nichts sehen; wohl aber glaubte Nifia, die Gewürze da und dort zu riechen.

Auf den 60 Seemeilen zwischen Grenada und der nächsten, etwas größeren Insel, St. Vincent, liegen die Grenadinen, eine Gruppe von etwa hundert Inseln, Felsen und Felsenriffen. Da wir auf dieser Strecke heftigsten Gegenwind hatten, erholten wir uns in einer stillen unbewohnten Bucht der Union-Insel. Nach dem furchtbaren Gebolze gegen die anlaufenden Seen tat uns die Abgeschiedenheit und Ruhe dieser Bucht gut, die durch steile Felsenhänge von der bewohnten Ostseite der Insel abgetrennt und nicht leicht zugänglich ist. Wir hörten auf unserem Boot Rußseeschwalben rufen, hörten das Rauschen von aufgescheuchten Fischen, Echos von Vogel rufen, das Plätschern eines Gebirgsrinnsals – glaubten, auf einem See in den Bergen zu sein, nicht auf dem Meer.