Kitabı oku: «Norwegische Volksmährchen I.», sayfa 10
25.
Die Puppe im Grase
Es war einmal ein König, der hatte zwölf Söhne. Als diese groß waren, sagte er zu ihnen, sie sollten fortreisen in die Welt und sich jeder eine Frau suchen, aber die sollte spinnen und weben und ein Hemd in einem Tag fertig nähen können, sonst wollte er sie nicht zur Schwiegertochter haben. Jedem von ihnen gab er ein Pferd und eine ganz neue Rüstung; und darauf reis'ten die Söhne fort in die Welt, um sich eine Frau zu suchen. Als sie aber eine Strecke Weges gereis't waren, sagten sie, Aschenbrödel wollten sie nicht mit haben; denn der tauge doch zu Nichts. Aschenbrödel mußte nun zurückbleiben und wußte gar nicht, wie er's anfangen sollte. Da ward er sehr niedergeschlagen, stieg von seinem Pferd herunter und setzte sich ins Gras hin und weinte. Als er aber eine Weile gesessen hatte, bewegte sich der eine Grasbülten, und es kam daraus eine kleine weiße Gestalt hervor; und als sie näher kam, sah Aschenbrödel, daß es ein niedliches kleines Mädchen war, aber ganz ganz klein. Diese trat auf ihn zu und fragte ihn, ob er nicht die Puppe im Grase besuchen wolle. Ja, das wollte Aschenbrödel gern und ging mit ihr.
Als er hinunterkam, saß die Puppe im Grase auf einem Stuhl und war so schön und so geputzt; sie fragte Aschenbrödel, wo er hin wolle, und in welchem Geschäft er reise.
Er erzählte ihr nun, daß sie ihrer zwölf Brüder wären, und daß der König, ihr Vater, jedem von ihnen ein Pferd und eine Rüstung gegeben und zu ihnen gesagt hätte, sie sollten in die Welt reisen und sich eine Frau suchen, die solle spinnen und weben und ein Hemd in einem Tag fertig nähen können. »Wenn Du nun das kannst und meine Frau werden willst,« sagte Aschenbrödel: »dann will ich nicht weiter reisen.« Ja, das wollte sie gern und machte sich sogleich an die Arbeit, fing an zu spinnen und zu weben und näh'te das Hemd in einem Tag fertig; aber es ward so klein, so klein, nicht länger, als – so lang.
Damit reis'te Aschenbrödel nach Hause. Als er aber das Hemd hervornahm, um es seinem Vater zu zeigen, war er ganz beschämt, weil es so klein war. Der König aber sagte, es machte nichts, er solle das kleine Mädchen heirathen; und darauf reis'te Aschenbrödel froh und vergnügt zurück, um seine kleine Braut abzuholen. Wie er nun bei der Puppe im Grase ankam, wollte er sie zu sich auf sein Pferd nehmen; aber das wollte sie nicht, sondern sagte, sie wolle in einem silbernen Löffel fahren mit zwei kleinen Schimmeln davor. So reis'ten sie nun fort, er auf seinem Pferd, und sie in dem silbernen Löffel; die beiden Schimmel aber, die sie zogen, waren zwei kleine weiße Mäuse. Aschenbrödel hielt sich immer auf der andern Seite des Weges, damit sein Pferd nicht auf seine Braut treten sollte, denn sie war so klein. Als sie eine Strecke Weges gereis't waren, kamen sie zu einem großen Wasser; da ward Aschenbrödels Pferd scheu, sprang hinüber auf die andre Seite des Weges und schlug den Löffel um, so daß die Puppe im Grase ins Wasser fiel. Da ward Aschenbrödel sehr betrübt, und wußte gar nicht, wie er sie erretten sollte. Es dauerte aber nicht lange, so tauchte ein Meermann mit ihr auf, und nun war sie so groß geworden, wie ein andres erwachsenes Frauenzimmer, und noch weit schöner, als zuvor. Da nahm Aschenbrödel sie vor sich auf sein Pferd und ritt mit ihr nach Hause.
Als er dort ankam, waren auch schon seine andern Brüder, jeder mit seiner Braut, eingetroffen; aber die waren so häßlich und so böse, daß sie sich schon unterweges mit ihren Brautmännern gezaus't hatten. Auf dem Kopf trugen sie Hüte, die waren mit Theer und Ruß bestrichen, das war ihnen ins Gesicht herabgetröpfelt, so daß sie davon noch weit häßlicher und abscheulicher waren aussehen worden. Als nun die Brüder dagegen Aschenbrödels Braut erblickten, wurden sie alle neidisch auf ihn. Der König aber freu'te sich so sehr über die beiden, daß er alle die Andern davon jagte. Darauf hielt Aschenbrödel mit der Puppe im Grase Hochzeit und lebte mit ihr vergnügt und zufrieden eine lange lange Zeit; und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch.
26.
Das Kätzchen auf Dovre
Es war einmal ein Mann oben in Finmarken, der hatte einen großen weißen Bären gefangen, den wollte er dem König von Dänemark bringen. Nun traf es sich so, daß er grade am Weihnachts-Abend zum Dovrefjeld kam, und da ging er in ein Haus, wo ein Mann wohnte, der Halvor hieß; den bat er um Nachtquartier für sich und seinen Bären.
»Ach, Gott helf mir!« sagte der Mann: »wie sollt' ich wohl Jemandem Nachtquartier geben können! Jeden Weihnachts-Abend kommen hier so viel Trollen, daß ich mit den Meinigen ausziehen muß und selber nicht einmal ein Dach über dem Kopf habe.« —
»O, Ihr könnt mich deßwegen immer beherbergen,« sagte der Mann; »denn mein Bär kann hier hinter dem Ofen liegen, und ich lege mich in den Bettverschlag.«
Halvor hatte Nichts dagegen, zog aber selbst mit seinen Leuten aus, nachdem er zuvor gehörig für die Trollen hatte zurichten lassen: die Tische waren besetzt mit Reißbrei, Stockfischen, Wurst und Was sonst zu einem herrlichen Gastschmaus gehört.
Bald darauf kamen die Trollen an; einige waren groß, andre klein; einige langgeschwänzt, andre ohne Schwanz; und einige hatten ungeheuer lange Nasen, und alle aßen und tranken und waren guter Dinge. Da erblickte einer von den jungen Trollen den Bären, der unter dem Ofen lag, steckte ein Stückchen Wurst an die Gabel und hielt es dem Bären vor die Nase. »Kätzchen, magst auch Wurst?« sagte er. Da fuhr der Bär auf, fing fürchterlich an zu brummen und jagte sie alle Groß und Klein aus dem Hause.
Das Jahr darauf war Halvor eines Nachmittags so gegen Weihnachten hin im Wald und hau'te Holz für den Heiligen; denn er erwartete wieder die Trollen. Da hörte er es plötzlich im Wald rufen: »Halvor! Halvor!« – »Ja!« sagte Halvor. »Hast Du noch die große Katz?« rief's. »Ja,« sagte Halvor: »jetzt hat sie sieben Jungen bekommen, die sind noch weit größer und böser, als sie.« – »So kommen wir niemals wieder zu Dir!« rief der Troll im Walde. Und von der Zeit an haben die Trollen nie wieder den Weihnachtsbrei bei Halvor auf Dovre gegessen.
27.
Soria-Moria-Schloß
Es waren einmal ein Paar Eheleute, die hatten einen Sohn, der hieß Halvor. Von seiner Kindheit an aber wollte der Knabe durchaus Nichts thun, sondern saß immer da und wühlte in der Asche. Die Ältern thaten ihn in die Lehre bei verschiedenen Meistern; aber Halvor hielt es nirgends aus, sondern wenn er ein paar Tage bei einem Meister gewesen war, lief er wieder aus der Lehre, kehrte heim und setzte sich auf den Feuerherd hin und wühlte in der Asche. Da geschah es einmal, daß ein Schiffer zu seinen Ältern kam, der sah Halvor und fragte ihn, ob er nicht Lust hätte, zur See zu fahren und fremde Länder zu sehen. Ja, dazu hatte Halvor große Lust und ging sogleich mit dem Schiffer zur See.
Nun weiß ich nicht recht, wie lange sie schon gesegelt hatten, aber zuletzt erhob sich ein heftiger Sturm, und als der vorüber war, und es wieder ruhig ward, da wußten die Schiffsleute nicht mehr, wo sie sich befanden; sie waren an eine fremde Küste getrieben, die Keiner von ihnen kannte.
Weil nun gar kein Wind weh'te, und sie still liegen bleiben mußten, bat Halvor den Schiffer um Erlaubniß, ans Land zu gehen, um sich dort umzusehen; denn er konnte es nicht aushalten, immer still zu liegen und zu schlafen. »Denkst Du, daß Du Dich vor den Leuten kannst sehen lassen?« sagte der Schiffer: »Du hast ja keine andre Kleider, als die Lumpen, worin Du gehst und stehst.« Halvor aber bat so lange, bis der Schiffer ihm endlich die Erlaubniß gab; nur mußte er ihm versprechen, daß er wieder zurückkehren wollte, wenn es anfing zu wehen. Darauf ging er ans Land. Hier waren überall große schöne Ebenen und Wiesen, aber nirgends war eine Spur von Menschen. Bald darauf fing es an zu wehen; aber Halvor wollte noch gern Mehr von dem Lande sehen und schritt daher weiter fort, in der Hoffnung, daß er auch Menschen dort antreffen würde. Nach einer Weile gelangte er auf einen großen breiten Weg, der war so flach und so eben, daß man ein Ei darauf fortrollen konnte. Halvor verfolgte beständig diesen Weg, bis er endlich gegen Abend ein großes schimmerndes Schloß in der Ferne erblickte. Weil er aber den ganzen Tag gegangen war und keinen Mundvorrath mitgenommen hatte, war er entsetzlich hungrig, und je näher er dem Schloß kam, desto unheimlicher ward ihm zu Muthe.
Als er endlich das Schloß erreicht hatte, trat er hinein und kam zuerst in die Küche, wo ein helles Feuer auf dem Herd brannte. In der Küche war Alles so schön und prachtvoll, wie er es nie zuvor in einer Küche gesehen hatte; da standen Gefäße von Gold und von Silber, aber Leute waren nicht da. Als nun Halvor eine Zeitlang gewartet hatte, und Niemand kam, öffnete er eine Thür und trat in ein großes Zimmer. Dort saß eine Prinzessinn, die spann an einem Rocken. »Wie!« rief sie: »darf denn eine Christenseele hieher kommen? Aber am besten ist es, Du machst nur, daß Du gleich wieder fortkommst, wenn Dich der Troll nicht verschlingen soll; denn hier wohnt ein abscheulicher Troll mit drei Köpfen.« —
»Mir sollt's recht sein, wenn er vier hätte,« sagte der Bursch: »ich habe große Lust, den Kerl zu sehen; aber ich gehe nicht; denn ich habe nichts Böses gethan. Erst aber musst Du mir Etwas zu essen geben; denn ich bin verdammt hungrig.« Als nun Halvor sich satt gegessen hatte, sagte die Prinzessinn zu ihm, er sollte versuchen, ob er das Schwert zu schwingen vermöchte, das an der Wand hing. Aber er konnt' es nicht schwingen, ja er konnt' es nicht einmal aufheben. »So musst Du einen Trunk aus der Flasche thun, die daneben hangt,« sagte die Prinzessinn: »denn das thut der Troll immer, wenn er es gebrauchen will.« Halvor that darauf einen guten Trunk aus der Flasche, und da konnte er das Schwert in der Hand schwingen wie gar Nichts. Nun, meinte er, sollt's für den Trollen früh genug sein, wenn er käme. Es dauerte auch nicht lange, so kam dieser dahergesaus't. Halvor hinter die Thür. »Hutetu! hier riecht's so nach Menschenfleisch!« sagte der Troll, indem er den Kopf zur Thür hereinsteckte. – »Ja, das sollst Du gewahr werden!« sagte Halvor und hieb ihm alle Köpfe auf einmal herunter. Da ward die Prinzessinn so froh, daß sie sang und sprang; aber wie sie nun an ihre Schwestern dachte, sagte sie: »Ach, wären doch meine Schwestern auch erlös't!« – »Wo sind die?« fragte Halvor. Da erzählte sie ihm, daß die eine von einem Trollen auf einem Schloß festgehalten würde, das sechs Meilen von da entfernt wäre, und die andre auf einem Schloß, das noch neun Meilen weiter davon läge.
»Aber jetzt,« sagte sie: »musst Du mir erst helfen, diesen Rumpf hinauszuschaffen.«
Dazu war Halvor sogleich bereit; er warf den Rumpf hinaus und machte Alles rein und sauber drinnen, und darauf lebten sie lustig und vergnügt. Den nächsten Morgen aber machte Halvor sich auf, sobald es dämmerte; er gönnte sich keinen Augenblick Ruhe, sondern ging und lief den ganzen Tag. Als er aber endlich das Schloß vor sich sah, ward ihm doch wieder etwas unheimlich zu Muthe; es war noch weit schöner und prächtiger, als das vorige; aber auch hier war keine Menschenseele zu sehen. Halvor trat zuerst in die Küche und ging von da grade aus ins Zimmer. »Wie? darf denn eine Christenseele hieher kommen?« rief die Prinzessinn: »Ich weiß nicht, wie lange ich nun schon hier bin,« sagte sie: »aber in all der Zeit habe ich noch nie einen Menschen hier gesehen. Es ist aber wohl am besten für Dich, Du siehst zu, daß Du wieder fortkommst; denn es wohnt hier ein Troll, der hat sechs Köpfe.« – »Nein, ich gehe nicht,« sagte Halvor: »und wenn er noch sechs dazu hätte.« – »Er nimmt Dich und frisst Dich lebendig,« sagte die Prinzessinn. Aber es half nichts; Halvor wollte nicht wieder fortgehen, denn er war nicht bange vor dem Trollen; aber zu essen und zu trinken wollte er haben, weil er so entsetzlich hungrig war von der Reise. Ja, das bekam er, so Viel er nur mochte. Darnach aber wollte die Prinzessinn wieder, daß er gehen sollte. »Nein,« sagte Halvor: »ich gehe nicht; denn ich habe nichts Böses gethan und brauche mich nicht zu fürchten.« Als nun Halvor durchaus nicht gehen wollte, sagte die Prinzessinn zu ihm: »Versuche denn, ob Du das Schwert zu schwingen vermagst, das dort an der Wand hangt, und das der Troll immer im Kriege gebraucht.« Halvor konnte aber das Schwert nicht schwingen. Da sagte sie zu ihm, er solle einen Trunk aus der Flasche thun, die daneben hange; und als Halvor das gethan hatte, konnte er das Schwert ohne Mühe schwingen.
Nun dauerte es nicht lange, so kam der Troll an; er war so groß und breit, daß er seitwärts durch die Thür gehen mußte. Als er den ersten Kopf hereinsteckte, rief er: »Hutetu! es riecht hier so nach Menschenfleisch!« In demselben Augenblick aber hieb Halvor ihm den Kopf ab, und darnach alle die andern dazu. Da ward die Prinzessinn über alle Maßen froh. Als sie aber an ihre Schwestern dachte, äußerte sie den Wunsch, daß auch die erlös't sein möchten. Halvor meinte, dazu könne schon Rath werden und wollte sogleich wieder fort; aber erst mußte er der Prinzessinn den Rumpf des Trollen hinausschaffen helfen, und darnach begab er sich früh am andern Morgen auf den Weg. Er hatte aber eine weite Reise zu machen, und er ging und lief abwechselnd, damit er noch zu guter Zeit ankäme. Gegen Abend erblickte er endlich das Schloß, das noch weit schöner und prachtvoller war, als die beiden ersten. Nun fürchtete er sich nicht im geringsten mehr, sondern schritt grade durch die Küche fort ins Zimmer. Hier saß eine Prinzessinn, die war so schön, daß es gar nicht zu beschreiben ist; die sagte nun eben so, wie die andern, daß sie noch keine Menschenseele gesehen hätte, so lange sie bei dem Trollen sei, und bat ihn, nur sogleich wieder zu gehen, denn sonst fräße der Troll, der neun Köpfe hätte, ihn lebendig auf, sagte sie. »Und wenn er noch neun dazu hätte, so gehe ich doch nicht,« sagte Halvor und stellte sich an den Ofen hin. Die Prinzessinn bat ihn so flehentlich, er möchte doch wieder fortgehen, damit der Troll ihn nicht auffresse; aber Halvor sagte: »Mag er nur kommen, wenn es ihm gefällt.« Da gab die Prinzessinn ihm das Trollschwert und ließ ihn einen Trunk aus der Flasche thun, so daß er's schwingen konnte.
Nun dauerte es nicht gar lange, so kam der Troll dahergesaus't, der war aber noch weit größer und breiter, als die beiden andern und mußte ebenfalls seitwärts durch die Thür gehen. Als er den ersten Kopf hereinsteckte, sagte er eben so, wie die andern: »Hutetu! hier riecht's so nach Menschenfleisch!« Im selben Augenblick aber hieb Halvor ihm den Kopf herunter, und nachher auch alle die andern, aber der letzte war der allerzäheste; den abzuhauen war die schwerste Arbeit, die Halvor je verrichtet hatte, obgleich er doch meinte, daß er Kräfte habe.
Als Halvor nun auch den dritten Trollen getödtet hatte, kamen alle Prinzessinnen auf dem Schloß zusammen und waren so heiter und vergnügt, wie sie es noch nie in ihrem Leben gewesen; alle aber waren sie in Halvor verliebt, und er durfte nur Diejenige von ihnen wählen, die er am liebsten mochte; die jüngste Prinzessinn hielt jedoch am meisten von ihm. Halvor aber stand da ganz still und betrübt. Da fragte die jüngste Prinzessinn ihn, warum er so traurig wäre, und ob es ihm nicht bei ihnen gefiele. Ja, sagte Halvor, es gefiele ihm sehr wohl bei ihnen, denn sie hätten ja Genug zu leben, und er hätte gute Tage; aber er trüge ein so großes Verlangen nach Hause, denn er hätte noch Ältern am Leben, und die möchte er so gern einmal wiedersehen. Die Prinzessinnen meinten, das ließe sich wohl machen und sagten zu ihm: »Du sollst unbeschädigt hin- und zurückkommen, wenn Du nur genau unsern Rath befolgen willst.« Ja, Halvor wollte ihn genau befolgen. Da thaten sie ihm herrliche Kleider an, daß er aussah, wie ein Königssohn, und steckten an seinen Finger einen Ring, der hatte die Eigenschaft, daß er sich damit hin und wieder zurück wünschen konnte. Die Prinzessinnen warnten ihn aber, ja den Ring nicht zu verlieren und nicht ihren Namen zu nennen, denn alsdann wäre es aus mit der ganzen Herrlichkeit, sagten sie, und er würde sie dann nie wiedersehen.
»Wäre ich jetzt zu Hause, wollte ich froh sein!« sagte Halvor; und wie er das gewünscht hatte, ging es sogleich in Erfüllung – Halvor stand plötzlich vor dem Hause seiner Ältern. Es war eben um die Schubstunde, und da seine Ältern einen so vornehmen, stattlichen Herrn eintreten sahen, waren sie ganz erschrocken und bückten und verneigten sich. Halvor fragte, ob er nicht Nachtherberge bei ihnen bekommen könne. Nein, das könne er ganz und gar nicht. »Wir sind nicht so eingerichtet,« sagten sie: »denn wir haben weder das Eine, noch das Andre, womit einem solchen Herrn gedient sein kann,« und riethen ihm, auf's Schloß zu gehen, wovon er da den Schornstein sähe, da hätten sie Alles vollauf, sagten sie. Halvor aber gefiel das gar nicht, er wollte durchaus bei ihnen Herberge haben; aber die Leute blieben dabei, er solle auf's Schloß gehen, da könne er sowohl zu essen, als zu trinken bekommen, während sie nicht einmal einen Stuhl ihm anzubieten hätten. »Nein,« sagte Halvor: »auf's Schloß will ich nicht eher, als morgen früh; lasst mich nur die Nacht bei Euch bleiben, ich kann mich ja auf den Herd hinsetzen.« Dagegen konnten sie denn Nichts einwenden, und Halvor setzte sich nun auf den Herd und fing an, in der Asche zu wühlen, wie er ehemals zu thun pflegte, da er noch zu Hause faulenzte.
Sie sprachen nun von Mancherlei, und Halvor erzählte von Diesem und Jenem, und endlich fragte er sie, ob sie niemals Kinder gehabt hätten. Ja, sagten sie, sie hätten einen Burschen gehabt, der Halvor geheißen, der sei aber fortgewandert, und sie wüßten nicht, ob er noch am Leben sei, oder schon todt wäre. »Könnt' ich es wohl nicht sein?« sagte Halvor. – »Nein, das weiß ich gewiß,« sagte die Frau: »der Halvor war immer so faul und träge, daß er nie das Geringste thun mochte, und dann ging er so lumpig in seinen Kleidern, daß ein Lappen immer auf den andern schlug; aus ihm hätte nie ein solcher Herr werden können, wie Ihr seid.«
Als aber die Frau die Gluth auf dem Herd anschürte, und der helle Schein davon auf Halvor fiel, da erkannte sie ihn wieder.
»Ja, wahrhaftig bist Du es, Halvor!« rief sie, und es kam eine solche Freude über die alten Ältern, daß es gar nicht zu sagen ist; und Halvor mußte ihnen nun erzählen, wie es ihm ergangen war, und seine Mutter wollte durchaus, er solle sogleich auf's Schloß gehen und sich den Dienstdirnen zeigen, die immer so stolz gethan hatten; sie lief selber voraus und erzählte ihnen, daß Halvor zu Hause gekommen sei, und jetzt sollten sie nur sehen, wie stattlich er wäre; er sähe aus wie ein Prinz, sagte sie.
»Das muß wahr sein!« sagten die Dirnen und warfen den Nacken: »er ist wohl derselbe Lump, der er immer gewesen ist.« Im selben Augenblick aber trat Halvor ein, und da erschraken die Dirnen so gewaltig, daß sie ihr Hemd auf dem Herd im Stich ließen, wo sie saßen und sich flöh'ten, und im bloßen Unterrock davon liefen. Als sie zurückkamen, waren sie so beschämt, daß sie es gar nicht wagten, Halvor anzusehen, gegen den sie früher immer so stolz und übermüthig gewesen waren. »Ihr habt Euch nun immer für so fein und so hübsch gehalten,« sagte Halvor: »und glaubt, es gäbe gar nicht mehr Euresgleichen; Ihr solltet aber nur die älteste Prinzessinn sehen, die ich befrei't habe! gegen die seht Ihr aus wie wahre Viehmägde, und die zweite ist noch schöner; aber die jüngste, die meine Braut ist, die ist schöner, als Sonne und Mond. Ich wollte nur, sie wären hier, so solltet Ihr sehen!« sagte Halvor.
Kaum aber hatte er das gesagt, so standen die Prinzessinnen vor ihm; das betrübte ihn sehr; denn er gedachte nun an die Worte, die sie gesprochen. – Auf dem Schloß wurde ein herrliches Gastmahl für die Prinzessinnen angerichtet und großer Aufwand gemacht. Aber sie blieben da nicht lange. »Wir wollen zu Deinen Ältern gehen,« sagten sie: »und uns ein wenig die Umgegend besehen.« Sie gingen darauf fort und kamen nicht weit vom Schloß zu einem großen Wasser, worin so viele Fische waren, daß es davon wimmelte, die aber niemals gefangen wurden. Dicht beim Wasser war ein schöner grüner Hügel. Da wollten die Prinzessinnen sich niedersetzen und sich ein Weilchen ausruhen; denn die Aussicht über das Wasser gefiel ihnen so schön, sagten sie.
Als sie nun eine Weile da gesessen hatten, sagte die jüngste Prinzessinn: »Komm, Halvor! ich will Dir den Kopf krauen!« Halvor legte seinen Kopf auf ihren Schoß, und es dauerte nicht lange, so schlief er ein. Da zog die Prinzessinn ihm den Ring vom Finger und steckte ihm einen andern daran. Darnach sprach sie: »Haltet Euch nun alle fest an mir!« – und: »Wären wir jetzt auf Soria-Moria-Schloß!«
Als Halvor erwachte und sah, daß die Prinzessinnen verschwunden waren, fing er bitterlich an zu weinen und war so betrübt, daß sie ihn gar nicht wieder beruhigen konnten. Wie sehr auch die Ältern ihn trösteten und ihn baten, bei ihnen zu bleiben, so konnte doch Nichts ihn zurückhalten, sondern er nahm Abschied von ihnen und sagte, er würde sie wohl nie wiedersehen; denn fände er die Prinzessinnen nicht wieder, schiene es ihm nicht werth, länger zu leben, sagte er.
Dreihundert Thaler hatte er noch übrig, die steckte er in die Tasche und begab sich damit auf den Weg. Als er ein Ende gegangen war, begegnete ihm ein Mann mit einem Pferd, das wollte Halvor ihm gern abkaufen und accordirte mit dem Manne. »Es war freilich nicht meine Absicht, es zu verkaufen,« sagte der Mann: »aber wenn wir des Handels einig werden können, mag es drum sein.« Halvor fragte ihn, Was er denn für das Pferd haben wolle. »Viel habe ich nicht dafür gegeben, und Viel ist es auch nicht werth,« sagte der Mann: »es ist aber ein braves Pferd zum Reiten, obwohl es zum Ziehen eigentlich nicht taugt; doch so Viel vermag es immer, daß es Euern Eßranzen trägt und Euch dazu, wenn Ihr mitunter mal wieder ein Ende geht.« Sie wurden nun um den Preis einig, und als Halvor das Pferd bekommen hatte, legte er seinen Ranzen darauf und ging und ritt abwechselnd. Gegen Abend kam er zu einem grünen Hügel, worauf ein großer Baum stand. Da nahm er seinen Eßranzen vom Pferde, ließ diesem die Zügel und legte sich unter dem Baum schlafen. Sobald es Tag wurde, machte er sich wieder auf den Weg; denn er hatte durchaus keine Ruhe. Er ging und ritt den ganzen Tag durch einen großen Wald, worin viele grüne Plätze waren, die herrlich zwischen die Bäume hindurchschimmerten. Halvor wußte nicht mehr, wo er war, und wohin der Weg führte; aber er ließ sich keine Zeit, auszuruhen, außer wenn er dem Pferd Etwas zu essen gab und er selber auf einem der grünen Plätze seinen Ranzen aufschnürte. Er ging und ritt immerfort, und der Wald schien niemals ein Ende nehmen zu wollen.
Aber am andern Morgen, als es dämmerte, sah er, daß es zwischen den Bäumen lichter ward. »Ich wollte, ich käme jetzt zu Leuten, wo ich mich ein wenig wärmen und Etwas zu essen bekommen könnte!« dachte Halvor; und als er noch einige Schritte gegangen war, kam er zu einer armseligen Hütte und sah drinnen durch die Fensterscheiben ein Paar alte Leute; sie waren schon sehr alt und hatten einen ganz grauen Kopf, so grau, wie Tauben, und die Frau hatte eine Nase, die war so lang, daß sie sie statt Feuergabel auf dem Herd gebrauchte. »Guten Abend!« sagte Halvor, als er eintrat. »Guten Abend!« sagte die Frau: »Was führt Euch denn hieher? Über hundert Jahre sind es jetzt, daß keine Menschenseele hier gewesen ist.« Halvor erzählte ihnen, daß er nach Soria-Moria-Schloß wolle, und fragte, ob sie nicht den Weg dahin wüßten. »Nein,« sagte die Frau: »den weiß ich nicht; aber nun kommt gleich der Mond, den will ich fragen; denn der scheint auf Alles und sieht Alles, der mag es wohl wissen.« Als nun der Mond hell und klar über den Bäumen stand, ging die Frau hinaus und rief: »Du Mond, Du Mond! kannst Du mir nicht den Weg nach Soria-Moria-Schloß sagen?« – »Nein,« sagte der Mond: »das kann ich nicht; denn als ich in der Gegend schien, stand eine Wolke davor.« – »Warte nur ein wenig,« sagte die Frau zu Halvor: »nun kommt bald der Westwind, der weiß es gewiß; denn der weh't und bläs't in jeden Winkel.« »Ei! hast Du auch ein Pferd?« rief sie darauf, als sie Halvors Pferd erblickte: »laß doch das arme Thier ein wenig in die Koppel hinaus, und hier nicht bei der Thür stehen und hungern!« »Aber willst Du es mir nicht vertauschen?« sagte sie: »Ich habe hier ein Paar alte Stiefeln stehen, womit Du sieben Meilen in einem Schritt machen kannst; die will ich Dir für Dein Pferd geben; dann kannst Du um so viel eher nach Soria-Moria-Schloß kommen.« Das war Halvor schon recht, und die Alte freu'te sich so sehr über das Pferd, daß sie tanzte und sprang. »Nun kann ich doch, wenn ich will, zur Kirche reiten!« sagte sie. Halvor, der keine Ruhe hatte, wollte sogleich mit den Stiefeln fort; aber die Alte sagte: »Es hat nicht so große Eile; lege Dich nur erst ein wenig auf die Bank hin und schlafe, denn ein Bett habe ich Dir nicht anzubieten; indeß will ich aufpassen, wenn der Westwind kommt.«
Als nun Halvor ein wenig geschlafen hatte, kam der Westwind dahergesaus't, daß die alte Hütte krachte. Die Alte hinaus: »Du Westwind! Du Westwind!« rief sie: »weißt Du nicht den Weg nach Soria-Moria-Schloß? Hier ist Einer, der will gern hin.« – »Ja, den weiß ich sehr gut,« sagte der Westwind: »ich soll eben jetzt dahin und die Kleider zur Hochzeit trocknen. Ist er rasch zu Fuß, so kann er mit mir reisen.« Halvor hinaus. »Du musst schnell sein, wenn Du mit willst,« sagte der Westwind, und fort ging's über Rusch und Busch, über Hügel und Thal, so daß Halvor Genug zu thun hatte, um Schritt zu halten. Endlich sagte der Westwind: »Jetzt kann ich nicht weiter mit Dir reisen; denn ich muß dort noch erst ein Stück Tannenwald umreißen, eh' ich zur Bleiche komme und die Kleider trockne; wenn Du aber längs der Bergseite fortgehst, so kommst Du zu einigen Dirnen, die dort stehen und Zeug waschen, und von da ist es nicht mehr weit nach Soria-Moria-Schloß.«
Um eine Weile kam Halvor zu den Dirnen, die da stunden und wuschen; sie fragten ihn, ob er nicht den Westwind gesehen hätte, der sollte kommen und das Zeug zur Hochzeit trocknen. »Ja,« sagte Halvor: »er ist nur hin und reißt ein Stück Tannenwald um; es wird aber nicht lange dauern, so ist er da,« und nun befragte er sie um den Weg nach Soria-Moria-Schloß. Sie zeigten ihn darauf zurecht, und als er ans Schloß kam, war es da so voll von Menschen und Pferden, daß es wimmelte. Halvor aber war so zerlumpt und zerrissen, weil er dem Westwind über Rusch und Busch und Stock und Stein gefolgt war, daß er sich gar nicht sehen lassen mochte, sondern sich abseits hielt; erst den letzten Tag trat er hervor, da eben die Gäste sich zur Tafel setzten. Als sie nun, wie es Sitte und Gebrauch ist, die Gesundheit des Bräutigams und der Braut tranken und ihnen Glück wünschten, und der Mundschenk Allen, sowohl Rittern, als Knappen, zutrank, da kam der Becher auch zu Halvor. Er brachte nun ebenfalls die Gesundheit des Brautpaars aus, darnach ließ er den Ring, den die Prinzessinn ihm an den Finger gesteckt hatte, als er an dem Wasser eingeschlafen war, in den Becher fallen und sagte zu dem Mundschenken, er solle die Braut von ihm grüßen und ihr den Becher reichen. Wie nun die Prinzessinn ihren Ring erblickte, stand sie sogleich vom Tische auf und sprach: »Wer hat es wohl am ersten verdient, Eine von uns zur Gemahlinn zu haben. Der, welcher uns befrei't hat, oder Der, welcher hier als Bräutigam sitzt?« Natürlich der Erste, sagten Alle, darüber könnten durchaus nicht zwei Meinungen sein. Und als Halvor das hörte, säumte er nicht, seine Lumpen abzuwerfen und sich als Bräutigam zu schmücken. »Ja, Das ist der Rechte!« rief die Prinzessinn, als sie ihn erblickte, ließ den Andern mit einer langen Nase abziehen und hielt Hochzeit mit Halvor.