Kitabı oku: «Norwegische Volksmährchen I.», sayfa 3
Als sie zu dem ersten Königsschloß kamen, fragte ihn die Königinn, ob er den Drachen nach ihren goldnen Schlüsseln gefragt hätte. »Ja,« sagte der Bursch und flüsterte ihr ins Ohr: »Er sagte, Du solltest nur zusehen zwischen den Büschen, wo Du lagst, damals, wie Du wohl weißt.« – »Still! still! sag' ja Nichts!« sagte die Königinn und gab dem Burschen hundert Thaler. – Als er zu dem zweiten Königsschloß kam, fragte der König ihn, ob er sich bei dem Drachen nach seiner Tochter erkundigt hätte. »Ja,« sagte der Bursch: »das hab' ich, und hier ist Deine Tochter!« Darüber ward der König so froh, daß er dem Müllerburschen gern die Prinzessinn und das halbe Reich gegeben hätte. Aber da dieser schon eine Frau hatte, gab er ihm zweihundert Thaler und Pferde und Wagen und so viel Gold und Silber, als er nur fortschaffen konnte. – Wie er nun zu dem dritten Königsschloß kam, fragte ihn der König, ob er seinen Auftrag bei dem Drachen ausgerichtet hätte. »Ja,« versetzte der Bursch: »er sagte, Du solltest nur den Brunnen umgraben und den alten verfaulten Stock herausnehmen, der auf dem Boden liegt, dann würdest Du schon reines Wasser bekommen.« Da gab der König ihm dreihundert Thaler. Von hier reis'te der Bursch gradesweges nach Hause, und er war so ausstaffirt mit Gold und mit Silber und so prächtig gekleidet, daß es nur so glitzerte. Als nun der reiche Peter die Federn aus dem Drachenschwanz erhielt, hatte er Nichts weiter gegen die Heirath einzuwenden. Da er aber all den Reichthum sah, den sein Schwiegersohn mitgebracht hatte, fragte er ihn, ob noch mehr da wäre. »Ja,« sagte der: »es sind noch ganze Wagen voll da, und wenn Du nur hinreisen willst, so wirst Du wohl so Viel finden, als Du gebrauchst.« Ja, Peter Krämer wollte gleich hinreisen. Nun sagte ihm sein Schwiegersohn den Weg so genau, daß er nicht nöthig hatte, weiter darnach zu fragen; »aber die Pferde,« sagte er: »lässt Du am besten an dieser Seite des Flusses; denn der Sundmann hilft Dir schon wieder herüber.« Peter reis'te nun fort und nahm einen guten Schnappsack voll Eßwaaren mit und viele Pferde, die ließ er aber an dieser Seite zurück, wie der Bursch ihm gesagt hatte. Als er nun zu dem Fluß kam, nahm ihn der Sundmann auf den Rücken und trug ihn fort bis in die Mitte, da warf er ihn ins Wasser und sprach: »Nun kannst Du hier übersetzen, bis Du abgelös't wirst!« Und wenn Keiner ihn abgelös't hat, so geht der reiche Peter Krämer noch den heutigen Tag da und setzt die Leute über.
6.
Aschenbrödel, der mit dem Trollen um die Wette aß
Es war einmal ein Bauer, der hatte drei Söhne; es ging ihm aber nur dürftig, und er war schon alt und schwach, und die Söhne wollten nicht recht an die Arbeit. Zu dem Gehöft gehörte ein großer schöner Wald, und in dem, wollte der Vater, sollten die Burschen Holz hauen, damit sie Etwas von der Schuld abbezahlten.
Endlich brachte er sie denn auch auf den Trab, und der älteste Sohn sollte zuerst ins Holz. Als er nun in den Wald gekommen war und anfing, eine alte borkige Tanne umzuhauen, trat plötzlich ein ungeheurer Troll auf ihn zu. »Wenn Du in meinem Wald hauest, so tödte ich Dich,« sagte der Troll. Als der Bursch das hörte, warf er die Axt weg und lief, was er nur konnte, wieder nach Hause. Er kam ganz athemlos an und erzählte, Was ihm begegnet war. Aber der Vater sagte, er wäre ein Hasenherz; die Trollen hätten ihn niemals am Hauen gehindert, als er noch jung gewesen, meinte er.
Den andern Tag sollte der zweite Sohn in den Wald; aber dem gings justement eben so. Als er ein paar Hiebe gethan hatte, trat der Troll auf ihn zu und sprach; »Wenn Du in meinem Wald hauest, so tödte ich Dich.« Der Bursch wagte kaum, ihn anzusehen, warf die Axt weg und machte sich auf die Beine, eben so, wie der Bruder. Als er nach Hause kam, meinte der Vater wieder, da er noch jung gewesen, hätten die Trollen ihn niemals gehindert.
Den dritten Tag wollte Aschenbrödel sich aufmachen. »Ja, Du,« sagten die beiden ältesten; »Du sollst wohl Was ausrichten, der Du nie hinter dem Ofen hervorgekommen bist.« Aschenbrödel antwortete Nichts, sondern bat nur um einen guten Sack voll Lebensmittel. Die Mutter hatte kein Fleisch und hängte daher den Kessel über's Feuer, um einiges Gemüse für ihn zu kochen; das that er in seinen Schnappsack, und damit machte er sich auf. Als er in den Wald gekommen war und eine Zeitlang gehauen hatte, kam ebenfalls der Troll auf ihn zu und sprach: »Wenn Du in meinem Wald hauest, so tödte ich Dich.« Der Bursch aber, nicht faul, nahm sogleich einen Käse aus seinem Schnappsack und drückte ihn, daß der Saft herausspritzte. »Hältst Du nicht gleich Dein großes Maul,« sagte er zu dem Trollen: »so werd' ich Dich drücken, wie ich das Wasser aus diesem Stein drücke.« – »Nein, Freund, verschone mich!« sagte der Troll: »ich will Dir auch hauen helfen.« Ja, wenn's so gemeint sei, wollte ihm denn der Bursch auch Nichts thun; und der Troll hau'te darauf brav zu, so daß sie an dem Tage viele Klafter umhau'ten. Gegen Abend sagte der Troll: »Nun kannst Du mit mir nach meiner Wohnung kommen, denn das ist näher, als nach Deinem Hause.« Ja, dem Burschen war das recht. Als sie nun in dem Hause des Trollen ankamen, wollte dieser Feuer auf dem Herd anmachen, und der Bursch sollte Wasser zum Grützkessel holen. Aber da standen zwei eiserne Zuber, so groß und so schwer, daß der Bursch sie nicht einmal von der Stelle bewegen konnte; er sagte aber: »Es ist nicht werth, mit diesen kleinen Bütten zu plirren; ich will lieber hingehen und den ganzen Brunnen holen.« – »Nein, Freund,« sagte der Troll: »ich kann meinen Brunnen nicht entbehren. Mach Du lieber Feuer an, dann will ich hingehen und Wasser holen.«
Als der Troll mit dem Wasser zurückkam, kochten sie einen tüchtigen Kessel voll Grütze. »Willst Du, wie ich,« sagte der Bursch: »so wollen wir um die Wette essen.« – »Ja, laß uns das!« sagte der Troll; denn er dachte, hierin würde er es wohl mit dem Burschen aufnehmen können. Als sie sich aber zu Tische setzten, nahm der Bursch seinen Schnappsack und band ihn sich, ohne daß der Troll es bemerkte, vorn um den Leib, und nun schüttete er mehr in den Schnappsack, als er aufaß. Als der Sack voll war, zog er sein Taschenmesser hervor und machte einen Schlitz in seinen Bauch, es war aber der Schnappsack, in den er schnitt. Der Troll sah ihn an, aber sagte Nichts. Als sie eine gute Zeit gegessen hatten, legte der Troll den Löffel nieder. »Nein, nun kann ich nicht mehr!« sagte er. »Du musst essen,« sagte der Bursch: »ich bin noch nicht einmal halb satt. Mach es, wie ich, und schneide ein Loch in Deinen Bauch, dann kannst Du so Viel essen, als Du willst.« – »Ja, aber das thut wohl gewaltig weh,« sagte der Troll. »O, es ist nicht der Rede werth,« versetzte der Bursch. Da nahm der Troll sein Messer und schnitt sich ein großes Loch in den Bauch, und als er das gethan hatte, fiel er todt zur Erde nieder. Der Bursch aber nahm nun all das Gold und Silber, das er im Berge vorfand, und damit ging er nach Hause; und nun konnte er wohl Etwas von der Schuld abbezahlen.
7.
Von dem Burschen, der zu dem Nordwind ging und das Mehl zurückforderte
Es war einmal eine alte Frau, die hatte einen Sohn, und da sie schon sehr elend und gebrechlich war und nicht mehr recht fortkonnte, sollte der Bursch für sie aufs Stabur2 gehen und Mehl holen. Der Bursch ging auch hin; als er aber wieder die Treppe hinunterstieg, kam der Nordwind gestoben, nahm ihm das Mehl weg und fuhr damit durch die Luft. Der Bursch ging noch einmal aufs Stabur; als er aber die Treppe hinunterstieg, kam der Nordwind abermals gestoben und nahm ihm das Mehl weg, und eben so geschah es auch das dritte Mal. Das verdroß den Burschen, und er meinte, es wäre Unrecht, daß der Nordwind ihm so mitspielen sollte, und er gedachte daher, ihn aufzusuchen und sein Mehl zurückzufordern.
Er machte sich nun auf; aber der Weg war lang, und er ging und ging. Und endlich kam er zum Nordwind. »Guten Tag!« sagte der Bursch. »Guten Tag!« sagte der Nordwind, und seine Stimme war so grob: »Was willst Du?« – »O,« sagte der Bursch: »ich wollte Dich bitten, mir das Mehl wiederzugeben, das Du mir auf der Staburstreppe nahmst; denn Wenig haben wir nur, und wenn Du uns das Bischen, das wir haben, noch dazu nimmst, so wird's nichts Anders, als Hungerpfotensaugen.« – »Ich habe kein Mehl,« sagte der Nordwind: »aber weil es Dir so dürftig geht, will ich Dir ein Tuch geben, das schafft Dir Alles, was Du Dir nur zu essen wünschest, wenn Du bloß sagst: 'Tuch, deck dich mit allerlei köstlichen Speisen!'«
Damit war der Bursch sehr wohl zufrieden. Weil aber der Weg so lang war, daß er nicht in einem Tage nach Hause kommen konnte, kehrte er bei einem Gastwirth an der Landstraße ein. Als nun die Gäste, die schon vor ihm gekommen waren, zu Abend essen wollten, breitete der Bursch sein Tuch auf einem Tisch aus, der in der Ecke stand, und sprach dann: 'Tuch, deck dich mit allerlei köstlichen Speisen!' Kaum hatte er das gesagt, so that das Tuch seine Schuldigkeit. Da meinten Alle, besonders die Wirthsfrau, das wäre ein gar herrliches Tuch. Wie es nun Nacht geworden war, und Alle lagen und schliefen, schlich sich die Wirthsfrau herbei und stipitzte das Tuch und legte dann ein andres an die Stelle, das eben so aussah, wie jenes, aber das konnte nicht einmal mit trocknem Brod aufdecken.
Als der Bursch am Morgen erwachte, nahm er sein Tuch und ging damit fort, und an diesem Tage kam er nach Hause zu seiner Mutter. »Nun,« sagte er: »bin ich beim Nordwind gewesen; das ist ein recht schicklicher Mann, denn er hat mir dieses Tuch gegeben, und wenn ich bloß sage: 'Tuch, deck dich mit allerlei köstlichen Speisen!' so bekomme ich Alles, was ich mir nur an Essen wünsche.« – »Ja, das mag wahr sein,« sagte die Mutter: »aber ich glaub' es nicht, eh' ich es sehe.« Sogleich stellte der Bursch einen Tisch hin, legte das Tuch darauf und sprach: »Tuch, deck' dich mit allerlei köstlichen Speisen!« Aber das Tuch deckte sich nicht einmal mit einem Stück Brod.
»Es ist kein andrer Rath, ich muß wieder zum Nordwind,« sagte der Bursch und machte sich auf den Weg. »Guten Tag!« sagte er, als er beim Nordwind ankam. »Guten Tag!« sagte der Nordwind: »Was willst Du?« – »Ich wollte gern Ersatz für's Mehl haben, das Du mir nahmst,« sagte der Bursch: »denn das Tuch, das Du mir gegeben hast, taugt nichts.« – »Ich habe kein Mehl,« sagte der Nordwind: »aber da hast Du einen Bock, der macht lauter Goldducaten, wenn Du bloß sagst: 'Bock, mach Gold!'« Damit war der Bursch wohl zufrieden; weil er aber so weit nach Hause hatte, daß er an einem Tage nicht hinkommen konnte, nahm er wieder Nachtherberge bei dem Gastwirth. Eh' er aber Etwas zu essen verlangte, probirte er seinen Bock, um zu sehen, ob es auch wahr sei, was der Nordwind ihm gesagt hatte; die Sache verhielt sich aber wirklich so. Als der Gastwirth das Experiment sah, meinte er, das wäre ein prächtiges Thier; und wie der Bursch eingeschlafen war, holte er sich den Bock und setzte einen andern an die Stelle, der machte aber keine Goldducaten.
Am andern Morgen ging der Bursch weiter, und als er nach Hause zu seiner Mutter kam, sagte er: »Der Nordwind ist dennoch ein guter Mann; er hat mir jetzt einen Bock gegeben, der macht lauter Goldducaten, wenn ich bloß sage: 'Bock, mach Gold!'« – »Das könnte wahr sein,« sagte die Mutter: »aber es ist wohl nur wieder Schnickschnack, und ich glaub' es nicht, eh' ich es sehe.« – »Bock, mach Gold!« sagte der Bursch; aber es war kein Gold, was der Bock machte.
Da ging der Bursch wieder zum Nordwind und sagte, der Bock tauge nichts, und er wolle Ersatz für's Mehl haben. »Ja, nun hab' ich Dir nichts Anders zu geben,« sagte der Nordwind: »als den alten Stock, der da in der Ecke steht, der hat aber die Eigenschaft, daß, wenn Du sagst: 'Stock, schlag' zu!' er so lange zuschlägt, bis Du wieder sagst: 'Stock, steh' still!'« – Weil nun der Weg nach Hause wieder nicht kurz war, so kehrte der Bursch auch an dem Abend wieder bei dem Gastwirth ein. Da er aber wohl so halbweges begreifen konnte, wie es mit dem Tuch und dem Bock zugegangen war, streckte er sich sogleich auf die Bank hin und fing an zu schnarchen. Der Wirth, der sich wohl denken mochte, daß der Stock zu Etwas tauge, suchte einen andern hervor, der diesem ganz ähnlich war und wollte ihn an die Stelle setzen, denn er glaubte nicht anders, als daß der Bursch schliefe. Wie aber der Gastwirth den Stock wegnehmen wollte, rief der Bursch: »Stock, schlag' zu!« Der Stock auf den Gastwirth los, daß dieser über Tisch und Bänke fuhr und rief und bat: »Ach Herrgott! Herrgott! laß bloß den Stock wieder aufhören, sonst schlägt er mich noch todt! Ich will Dir auch gern Dein Tuch und Deinen Bock wiedergeben.« Als es dem Burschen schien, daß der Gastwirth wohl Genug hätte, rief er: »Stock, steh' still!« Er nahm nun sein Tuch und steckte es in die Tasche, band dem Bock eine Schnur um die Hörner und nahm den Stock in die Hand, und fort ging er mit Allem, bis er nach Hause zu seiner Mutter kam; und nun hatte er guten Ersatz für's Mehl bekommen.
8.
Die Jungfrau Maria als Gevatterinn
Weit, weit von hier in einem großen Wald wohnten ein Paar arme Leute. Die Frau kam ins Kindbett und gebar ein allerliebstes Töchterchen; aber da die Leute so arm waren, wußten sie nicht, wie sie das Kind getauft bekommen sollten. Da mußte der Mann sich aufmachen und zusehen, ob er nicht Gevattern bekommen könne, die für ihn das Taufgeld bezahlten. Er ging den ganzen Tag von Einem zum Andern, aber Gevatter wollte Niemand sein. Gegen Abend, als er nach Hause ging, begegnete ihm eine sehr schöne Frau, die hatte so prächtige Kleider an und sah so gutmüthig und freundlich aus und erbot sich, das Kind zur Taufe zu schaffen, wenn sie es nachher behalten solle. Der Mann antwortete, er müßte erst seine Frau fragen. Aber als er nach Hause kam und ihr die Sache vorstellte, sagte sie platt aus nein. Am andern Tage ging der Mann wieder aus; aber Gevattern wollten sie Alle nicht sein, wenn sie selbst das Taufgeld bezahlen sollten, und wie viel der Mann sie auch bitten mochte, so half doch Alles nichts. Als er am Abend nach Hause ging, begegnete ihm wieder die schöne Frau, die so sanft aussah, und sie machte ihm wieder dasselbe Anerbieten. Der Mann erzählte nun seiner Frau, Was ihm abermals begegnet war, und die sagte darauf, wenn er auch den nächsten Tag keine Gevattern zu dem Kind bekommen könne, so müßten sie es wohl der Frau überlassen, da sie doch so gut und freundlich aussähe. Der Mann ging nun zum dritten Mal aus, bekam aber auch an diesem Tage keine Gevattern; und als ihm daher am Abend wieder die freundliche Frau begegnete, versprach er ihr das Kind, wenn sie es wollte taufen lassen. Am andern Morgen kam die Frau in die Hütte des Mannes und hatte noch zwei Männer bei sich. Sie nahm nun das Kind und ging damit in die Kirche, und da wurde es getauft; darauf nahm sie es mit sich, und das kleine Mädchen blieb bei ihr mehre Jahre lang, und die Pflegemutter war immer gut und freundlich gegen sie.
Als nun das Mädchen so groß geworden war, daß es schon unterscheiden konnte, und Verstand bekam, wollte die Pflegemutter einmal eine Reise machen. »Du darfst in alle Zimmer gehen, in welche Du willst,« sagte sie zu dem Mädchen: »nur in diese drei Zimmer darfst Du nicht gehen,« und darauf reis'te sie fort. Das Mädchen konnte es aber nicht unterlassen, die Thür zu dem einen Zimmer ein wenig zu öffnen – und wutsch! so flog ein Stern heraus. Als die Pflegemutter nach Hause kam, betrübte es sie sehr, daß der Stern herausgeflogen war, und so unwillig war sie auf ihre Pflegetochter, daß sie ihr droh'te, sie fortjagen zu wollen. Aber das Mädchen bat und weinte so lange, bis sie endlich doch bleiben durfte. – Nach einiger Zeit wollte die Pflegemutter abermals verreisen und verbot nun dem Mädchen, beileibe nicht in die zwei Zimmer zu gehen, in welchen sie noch nicht gewesen sei. Das Mädchen versprach ihr nun auch, sie wolle diesmal gehorsam sein. Als sie aber eine Zeitlang allein gewesen war und sich allerlei Gedanken gemacht hatte, Was doch wohl in dem zweiten Zimmer sein möchte, konnte sie sich nicht enthalten, auch die zweite Thür ein wenig zu öffnen – und wutsch! flog der Mond heraus. Als die Pflegemutter zurückkehrte und sah, daß der Mond herausgeschlüpft war, ward sie wieder sehr betrübt und sagte zu dem Mädchen, nun könne sie sie durchaus nicht länger behalten, sie müsse jetzt fort. Aber da das Mädchen wieder so bitterlich weinte und gar zu artig bat, so durfte sie denn auch noch diesmal bleiben. – Nach einiger Zeit wollte die Pflegemutter abermals verreisen, und da legte sie es dem Mädchen, das nun schon halb erwachsen war, recht ernstlich ans Herz, es ja nicht versuchen zu wollen, in das dritte Zimmer zu gehen, oder auch nur hineinzugucken. Als aber die Pflegemutter eine Zeitlang verreis't war, und das Mädchen so allein ging und sich langweilte, konnte sie es zuletzt nicht mehr aushalten. »Ach,« dachte sie: »wie artig es sein müßte, ein wenig in das dritte Zimmer zu gucken!« Sie dachte zwar erst, sie wollte es doch nicht thun, der Pflegemutter wegen; aber als sie wieder auf den Gedanken zurückkam, konnte sie sich doch nicht länger halten; sie meinte, sie solle und müsse durchaus hineingucken, und da machte sie die Thür ein ganz klein wenig auf – und wutsch! flog die Sonne heraus. Als die Pflegemutter nun zurückkehrte und sah, daß die Sonne hinausgeflogen war, ward sie so herzlich betrübt und sagte zu dem Mädchen, nun könne sie durchaus nicht länger bei ihr bleiben. Die Pflegetochter weinte und bat noch artiger, als zuvor; aber es half Alles nichts. »Nein, ich muß Dich jetzt strafen,« sagte die Pflegemutter: »aber Du sollst die Wahl haben, entweder das allerschönste Frauenzimmer zu werden und nicht sprechen zu können, oder das allerhäßlichste und sprechen zu können; aber weg von hier musst Du.« Das Mädchen sagte: »So will ich denn lieber das allerschönste Frauenzimmer werden und nicht sprechen können,« – und das ward sie denn auch; aber von der Zeit an war sie stumm.
Als nun das Mädchen ihre Pflegemutter verlassen hatte und eine Zeitlang fortgewandert war, kam sie in einen großen, großen Wald; aber so weit sie auch ging, so konnte sie doch nie das Ende erreichen. Als es Abend wurde, kletterte sie auf einen hohen Baum, der oberhalb einer Quelle stand, und setzte sich darin zum Schlafen nieder. Nicht weit davon aber lag ein Königsschloß, und aus diesem kam früh am andern Morgen eine Dirne und wollte Wasser zum Thee für den Prinzen aus der Quelle holen. Als nun die Dirne das schöne Gesicht in der Quelle sah, glaubte sie, es wäre ihr eignes; sie warf sogleich den Eimer hin, lief nach Hause, hielt den Nacken steif und sagte: »Bin ich so schön, so bin ich auch wohl zu gut, um Wasser im Eimer zu holen.« Nun sollte eine Andre hin und Wasser holen; aber mit der ging es eben so: sie kam auch zurück und sagte, sie wäre viel zu schön und zu gut, um nach der Quelle zu gehen und Wasser für den Prinzen zu holen. Da ging der Prinz selbst hin; denn er wollte sehen, wie das zusammenhing. Als er nun zu der Quelle kam, erblickte er ebenfalls das Bild, und sogleich sah er nach dem Baum hinauf. Da ward er denn das schöne Mädchen gewahr, das dort in den Zweigen saß. Er schmeichelte sie herunter und nahm sie mit nach Hause und wollte sie durchaus zur Gemahlinn haben, weil sie so schön war. Aber seine Mutter, die noch lebte, machte Einwendungen: »Sie kann nicht sprechen,« sagte sie: »es mag daher wohl ein Trollmensch sein.« Aber der Prinz gab sich nicht eher zufrieden, bis er sie bekam. Als er nun eine Zeitlang mit ihr zusammengelebt hatte, ward sie schwanger, und wie sie gebären sollte, stellte der Prinz eine starke Wache um sie her. Aber in der Geburtsstunde schliefen alle ein; und als sie geboren hatte, kam ihre Pflegemutter, schnitt das Kind in den kleinen Finger und bestrich der Königinn mit dem Blute den Mund und die Hände und sagte: »Nun sollst Du eben so betrübt werden, als ich damals war, wie Du den Stern hattest hinausschlüpfen lassen,« und darauf verschwand sie mit dem Kinde. Als Die, welche der Prinz zur Bewachung hingestellt hatte, die Augen wieder aufschlugen, glaubten sie, die Königinn hätte ihr Kind aufgefressen, und die alte Königinn wollte daher, daß man sie verbrennen solle; aber der Prinz hatte sie so herzlich lieb, und nach vielem Bitten gelang es ihm, sie von der Strafe zu befreien, aber es war nur mit genauer Noth. Als die Königinn zum zweiten Mal ins Wochenbett sollte, wurde eine Wache um sie gestellt, die war doppelt so stark, als die erste. Aber es ging wieder eben so, wie das vorige Mal, nur daß jetzt die Pflegemutter zu ihr sagte: »Nun sollst Du eben so betrübt werden, als ich damals war, wie Du den Mond hattest hinausschlüpfen lassen.« Die Königinn weinte und bat, – denn wenn die Pflegemutter da war, konnte sie sprechen – aber es half Alles nichts. Nun wollte die alte Königinn durchaus, daß sie verbrannt werden sollte; aber der Prinz bat sie auch noch dieses Mal frei. Als die Königinn zum dritten Mal ins Kindbett sollte, ward eine dreidoppelte Wache um sie gestellt; aber es ging wieder ganz so, wie zuvor: die Pflegemutter kam, während die Wache schlief, nahm das Kind, schnitt es in den kleinen Finger und strich der Königinn das Blut um den Mund; nun, sagte sie, solle sie eben so betrübt werden, als sie selbst damals gewesen sei, wie sie die Sonne hatte hinausschlüpfen lassen. Jetzt konnte der Prinz sie auf keine Weise mehr retten, sie mußte und sollte verbrannt werden. Aber grade in dem Augenblick, da man sie auf den Scheiterhaufen brachte, erschien die Pflegemutter mit allen drei Kindern; die beiden ältesten führte sie an der Hand, und das jüngste trug sie auf dem Arm. Sie trat auf die junge Königinn zu und sprach: »Hier sind Deine Kinder, ich gebe sie Dir jetzt zurück. Ich bin die Jungfrau Maria, und so betrübt, als Du nun gewesen bist, so betrübt war ich damals, als Du den Stern, den Mond und die Sonne hattest hinausschlüpfen lassen. Jetzt hast Du für Das, was Du gethan, Deine Strafe erlitten, und von nun an sollst Du wieder sprechen können.« Wie froh da der Prinz und die Prinzessinn waren, das lässt sich wohl denken, aber nicht beschreiben; sie lebten nachher immer glücklich zusammen, und auch des Prinzen Mutter hatte von der Zeit an die junge Königinn recht lieb.