Kitabı oku: «Norwegische Volksmährchen I.», sayfa 7
17.
Der Bär und der Fuchs
a) Warum der Bär einen Stumpfschwanz hat
Dem Bären begegnete einmal der Fuchs, der mit einem Bündel Fische angeschlichen kam, die er gestohlen hatte. »Wo hast Du die her?« fragte der Bär. »Die hab' ich mir geangelt, Herr Bär,« versetzte der Fuchs. Da bekam der Bär auch Lust, das Angeln zu lernen, und bat den Fuchs, ihm doch zu sagen, wie er es machen müßte. »Das ist eine leichte Kunst und sehr bald gelernt,« erwiederte der Fuchs: »Du musst nur aufs Eis gehen, Dir ein Loch hauen und den Schwanz hineinstecken, und dann musst Du ihn recht lange drein halten und Dich nicht darum bekümmern, wenn's ein bischen weh thut; denn das ist ein Zeichen, daß Fische dran beißen; und je länger Du's aushalten kannst, desto mehr Fische bekommst Du; aber wenn's zuletzt recht tüchtig kneift, dann musst Du aufziehen.« Ja, der Bär that, wie der Fuchs ihm gesagt hatte, und hielt den Schwanz so lange ins Loch, bis er darin festgefroren war. Da zog er auf – den Schwanz ab, und nun geht er noch da den heutigen Tag mit einem Stumpfschwanz.
b) Wie der Fuchs den Bären ums Weihnachtsessen prellt
Der Bär und der Fuchs hatten sich einmal zusammen ein Viertel Butter gekauft, das wollten sie zum Weihnachten haben und verwahrten es daher unter einen dicken Tannenbusch. Darauf gingen sie fort und legten sich auf einem Hügel in der Sonne schlafen. Als sie eine Weile gelegen hatten, sprang der Fuchs auf und rief: »Ja!« und damit lief er gradesweges zu dem Butterviertel, wovon er gut den dritten Theil auffraß. Als er aber zurückkam, und der Bär ihn fragte, wo er gewesen sei, daß er so fett ums Maul wäre, sagte er: »Meinst Du denn nicht, ich sei zu Gevatter gebeten, Du?« – »Na so!« sagte der Bär: »wie hieß denn das Kind?« – »Angefangen,« sagte der Fuchs.
Damit legten sie sich wieder schlafen. Nach einer Weile sprang der Fuchs abermals auf und rief: »Ja!« und lief wieder zu dem Butterviertel. Als er zurückkam, und der Bär ihn fragte, wo er gewesen sei, antwortete er: »Ach, wurde ich denn nicht wieder zu Gevatter gebeten, Du!« – »Wie hieß jetzt das Kind?« fragte der Bär. »Halbverzehrt,« antwortete der Fuchs.
Der Bär meinte, das wär' ein hübscher Name; aber es dauerte nicht lange, so fing er wieder an zu gähnen und schlief ein. Als er nun ein Weilchen gelegen hatte, ging es wieder eben so, wie die beiden vorigen Male: Der Fuchs sprang wieder auf und rief: »Ja!« lief zu dem Butterviertel und fraß nun auch den letzten Rest auf. Wie er zurückkam, war er wieder zu Kindtauf gewesen, und als der Bär wissen wollte, wie das Kind hieß, antwortete er: »Den-Boden-geleckt.« Damit legten sie sich wieder zur Ruhe und schliefen beide eine gute Weile. Darnach wollten sie hingehen und sich nach ihrer Butter umsehen. Als es sich nun aber fand, daß sie rein aufgezehrt war, beschuldigte der Bär dafür den Fuchs, und der Fuchs beschuldigte wieder den Bären, und der Eine behauptete immer, der Andre sei bei der Butter gewesen, während er da gelegen habe und geschlafen. »Nun,« sagte Reineke: »wir wollen's bald erfahren, Wer von uns die Butter gestohlen hat: wir wollen uns jetzt wieder auf dem Hügel schlafen legen, und Wer dann am fettsten unten beim Schwanz ist, wenn wir aufwachen, der hat sie gestohlen.« Ja, der Bär wollte gleich auf die Probe eingehen, und weil er bei sich selbst wußte, daß er die Butter nicht einmal gekostet hatte, legte er sich ganz ruhig auf dem Hügel schlafen. Da schlich Reineke sich aber fort nach dem Viertel und erwischte noch ein Klümpchen Butter, das in einer Ritze sitzen geblieben war; damit schlich er sich zurück zu dem Bären, bestrich ihn mit der Butter unten beim Schwanz und legte sich dann wieder schlafen, als wüßte er von Nichts. Als nun beide aufwachten, hatte die Sonne die Butter geschmelzt, und da war's denn gleichwohl der Bär, der die Butter gefressen hatte.
18.
Gudbrand vom Berge
Es war einmal ein Mann, der hieß Gudbrand; der hatte ein Gehöft, das lag weit weg am Abhang eines Berges, und darum nannten die Leute ihn Gudbrand vom Berge. Er lebte aber mit seiner Frau so zufrieden und verträglich zusammen, daß Alles, was der Mann that, der Frau so wohl gethan däuchte, daß es nimmermehr besser gemacht werden könne; wie er's auch anfangen mochte, sie mußte sich immer darüber freuen. Sie besaßen ihr Stück Ackerland, hatten hundert Thaler in der Kiste liegen, und im Stall hatten sie zwei Kühe im Joch stehen. Da sagte die Frau eines Tages zu Gudbrand: »Mir däucht, wir sollten die eine Kuh zur Stadt bringen und sie verkaufen, damit wir doch ein paar Ausgebeschillinge bekämen; wir sind so brave Leute und sollten doch ein paar Schillinge unter den Händen haben, so wie andre Leute es haben; die hundert Thaler in der Kiste dürfen wir nicht angreifen, und ich weiß nicht, Was wir mit mehr, als mit einer Kuh, wollen; und dann ist auch noch immer ein kleiner Gewinn dabei, daß ich alsdann nur auf die eine Kuh zu passen brauch, statt daß ich jetzt mich mit zweien placken muß.« Ja, das däuchte dem Gudbrand ganz recht und vernünftig gesprochen, und er nahm sogleich die Kuh und ging damit zur Stadt, um sie zu verkaufen. In der Stadt aber fand sich Niemand, der ihm die Kuh abkaufen wollte. »Ei nun!« dachte Gudbrand: »so geh' ich mit meiner Kuh wieder nach Hause; ich weiß, ich habe sowohl Stall, als Joch, für sie, und es ist eben so weit hin, als her,« und damit stiefelte er getrost wieder mit seiner Kuh heimwärts.
Als er ein Endchen gegangen war, begegnete ihm Einer, der hatte ein Pferd, das er verkaufen wollte. Nun däuchte unserm Gudbrand, es sei besser, ein Pferd zu haben, als eine Kuh, und darum tauschte er mit dem Manne. Als er noch etwas weiter gegangen war, begegnete ihm Einer, der trieb ein fettes Schwein vor sich her, und da meinte Gudbrand wieder, es sei doch besser, ein fettes Schwein zu haben, als ein Pferd, und tauschte mit dem Manne. Darauf ging er weiter, und nach einer Weile begegnete ihm ein Mann mit einer Ziege. »Es ist freilich immer besser, eine Ziege zu haben, als ein Schwein,« dachte Gudbrand und tauschte mit dem Mann, der die Ziege hatte. Nun ging er eine weite Strecke fort, bis ihm endlich ein Mann begegnete, der ein Schaf hatte, und mit dem tauschte er ebenfalls, denn er dachte: »Besser ist's immer, ein Schaf zu haben, als eine Ziege.« Als er nun noch weiter gegangen war, begegnete ihm ein Mann mit einer Gans, und nun vertauschte Gudbrand das Schaf gegen die Gans. Als er darauf ein weites, weites Ende gegangen war, begegnete ihm ein Mann mit einem Hahn; mit dem tauschte er nochmals, denn er dachte: »Im Grunde ist's doch besser, einen Hahn zu haben, als eine Gans.« Er schritt nun so lange fort, bis es schon spät am Tage war, und da nun der Hunger sich bei ihm einstellte, verkaufte er den Hahn für drei Groschen und kaufte sich dafür Etwas zu essen, »denn es ist doch besser, das Leben heimzubringen, als einen Hahn,« dachte Gudbrand vom Berge. Darauf setzte er seinen Weg nach Hause fort, bis er zu dem Gehöft seines nächsten Nachbars kam; da kehrte er ein, »Nun, wie ist es Dir in der Stadt gegangen?« fragten die Leute ihn. »O, das ist nun so so gegangen,« sagte Gudbrand: »ich kann mein Glück eben nicht loben und auch nicht verachten,« und damit erzählte er ihnen, wie sich Alles zugetragen hatte, vom Anfang an bis zu Ende. »Na, da wirst Du aber auch schön empfangen werden von Deiner Frau, wenn Du nach Hause kommst,« sagte der Mann von dem Gehöft: »Gott steh' Dir bei! ich möchte nicht in Deiner Haut stecken.« – »Mir däucht, es könnte weit schlimmer gegangen sein,« sagte Gudbrand vom Berge: »sei es aber nun übel, oder wohl gegangen, so habe ich doch eine so gute Frau, die mir nie Vorwürfe macht, wie ich's auch immer anfange.« – »Ja, das mag wahr sein,« sagte der Mann: »aber ich glaub's darum doch nicht.« – »Wollen wir wetten?« versetzte Gudbrand vom Berge: »Ich habe hundert Thaler in der Kiste liegen, hältst Du eben so Viel dagegen?« – »Topp!« rief der Nachbar; und als es anfing zu dämmern, begaben beide sich zu Gudbrand's Gehöft. Hier blieb der Nachbar draußen vor der Thür stehen, um zu horchen, während Gudbrand hineinging zu seiner Frau und mit ihr sprach. »Guten Abend!« sagte Gudbrand vom Berge, als er eintrat. »Guten Abend!« sagte die Frau: »Na, Gott sei Lob! bist Du wieder da?« – Ja, das war er denn. Nun fragte die Frau, wie's ihm denn gegangen wär' in der Stadt. »Ach, so so!« antwortete Gudbrand: »ich kann mein Glück eben nicht sonderlich rühmen. Als ich zur Stadt kam, war da Niemand, der mir die Kuh abkaufen wollte; darum vertauschte ich sie gegen ein Pferd.« – »Ei! das muß ich Dir ja Dank wissen,« sagte sie: »wir sind so brave Leute, daß wir auch wohl zur Kirche fahren können, eben so gut, wie Andre, und wenn wir Rath haben, uns ein Pferd anzuschaffen, warum sollten wir es nicht? – Geht hin, Jungens, und zieht das Pferd ein!« – »Je,« sagte Gudbrand: »ich hab' das Pferd doch nicht; denn als ich ein Stück Weges gegangen war, vertauschte ich es gegen ein Schwein.« – »Nein!« rief die Frau: »das ist doch recht, als wenn ich's selbst gethan hätte! danke schön, lieber Mann! nun hab' ich doch Speck im Hause, um den Leuten Etwas anzubieten, die zu uns kommen. Was sollten wir auch wohl mit dem Pferd? Die Leute würden nur sagen, wir wären so vornehm geworden, daß wir nicht mehr zur Kirche gehen könnten, wie wir sonst gethan – Geht hin, Jungens, und bringt's Schwein herein!« – »Aber ich habe das Schwein doch auch nicht,« sagte Gudbrand: »denn als ich ein Ende weiter gegangen war, vertauschte ich es gegen eine Milchziege.« – »Jerum! wie Du Alles vortrefflich machst!« rief die Frau: »Was sollte ich auch mit dem Schwein, wenn ich's recht bedenke? Die Leute würden nur sagen: »Die da fressen Alles auf, was sie haben.« Nein, hab' ich eine Ziege, so bekomm' ich Milch und Käse, und die Ziege bleibt mir dennoch – Jungens, lasst die Ziege ein!« – »Nein, ich hab' die Ziege doch auch nicht,« sagte Gudbrand: »denn als ich etwas weiter auf dem Weg gekommen war, vertauschte ich die Ziege und bekam dafür ein herrliches Schaf.« – »Nein!« rief die Frau: »Du hast Alles gemacht, wie ich's mir nur wünschen kann, grade, als wär' ich selbst dabei gewesen. Was sollten wir auch mit der Ziege? Ich müßte dann immer dahinterher laufen und bergan und bergab klettern. Hab' ich aber ein Schaf, so hab' ich Wolle und Kleider im Hause und Essen obendrein – Geht hin, Jungens, und bringt das Schaf 'rein!« – »Aber ich hab' das Schaf auch nicht mehr,« sagte Gudbrand: »denn als ich etwas weiter gegangen war, vertauschte ich es gegen eine Gans.« – »Ei, tausendmal schönen Dank!« sagte die Frau: »Was sollte ich auch wohl mit dem Schaf? Ich habe ja weder Rocken, noch Spindel, und frage auch nicht darnach, mich zu placken und zu quälen und Kleider zu weben; wir können ja unsre Kleider kaufen, wie wir sonst gethan haben. Nun bekomm' ich doch mal Gänsefleisch zu schmecken, wonach ich schon so lange gejankt habe, und kann mir Dunen in meinen Pfülk stopfen – Geht hin, Jungens, und holt die Gans 'rein!« – »Je, ich hab' die Gans aber auch nicht,« sagte Gudbrand: »denn als ich noch ein Stück Weges gegangen war, vertauschte ich sie gegen einen Hahn.« – »Gott weiß, wie Du auf Das verfallen bist!« rief die Frau: »es ist grade Alles, als ob ich's selbst gemacht hätte. Ein Hahn, das ist eben Dasselbe, als ob Du eine Weck-Uhr gekauft hättest; denn jeden Morgen kräh't der Hahn um Vier, und dann können wir zu rechter Zeit auf die Beine kommen. Was sollten wir wohl mit der Gans? Ich versteh' mich nicht darauf, Gänsefleisch zu pökeln, und meinen Pfülk kann ich mir ja mit Seegras stopfen – Geht hin, Jungens, und holt den Hahn 'rein!« – »Aber ich habe doch den Hahn auch nicht,« sagte Gudbrand: »denn als ich noch etwas weiter gegangen war, bekam ich einen entsetzlichen Hunger und mußte den Hahn für drei Groschen verkaufen, daß ich nur das Leben heimbrachte.« – »Na, das war recht, daß Du das thatst!« rief die Frau: »Wie Du's auch anfängst, so machst Du Alles, wie ich's nur wünschen kann. Was sollten wir auch mit dem Hahn? Wir sind ja unsre eignen Herren, und können des Morgens liegen bleiben, so lange wir wollen. Na, Gott sei Lob! wenn ich nur Dich wieder habe, der Du Alles so gut machst, brauch ich weder Hahn, noch Gans, noch Schwein, noch Kuh.« Nun machte Gudbrand die Thür auf. »Hab' ich jetzt die hundert Thaler gewonnen?« rief er; und da mußte denn der Nachbar gestehen, daß er es hätte.
19.
Kari Trästak
Es war einmal ein König, der war Wittwer geworden. Mit seiner Gemahlinn hatte er eine Tochter, die war so gut von Herzen und so schön, daß Niemand gutmüthiger und schöner sein konnte. Der König trauerte lange um seine Gemahlinn, weil er so viel von ihr gehalten hatte; zuletzt ward er aber des ledigen Standes überdrüssig und verheirathete sich mit einer Königinn-Wittwe, die hatte auch eine Tochter, aber die war eben so häßlich und böse, als die andre gut und schön war. Die Stiefmutter und ihre Tochter waren nun neidisch auf die Königstochter wegen ihrer Schönheit; aber so lange der König zu Hause blieb, wagten sie nicht, ihr Etwas zu Leide zu thun, weil er so viel von ihr hielt.
Als aber eine Zeit vergangen war, bekam der König Krieg mit einem andern König und zog in die Schlacht. Nun, meinte die Königinn, könnte sie thun, Was sie wollte, schlug die Königstochter, ließ sie hungern und stieß sie in alle Ecken herum. Zuletzt war Alles zu gut für die Königstochter, und sie mußte endlich die Kühe hüten. So trieb sie nun mit den Kühen hinaus und weidete sie in dem Wald und auf dem Berg. Essen bekam sie nur wenig, oder gar nicht; sie ward bleich und hager und war fast immer betrübt und weinte. Unter der Heerde, die sie weidete, war auch ein großer blauer Stier, der sich immer so sauber und blank hielt, der kam oft zu der Königstochter und ließ sich von ihr den Kopf krauen. Einmal, als sie da saß und so betrübt war und weinte, kam er auch zu ihr und fragte sie, warum sie immer so traurig wäre. Sie antwortete ihm aber nicht, sondern fuhr fort zu weinen. »Ja, ich weiß wohl, Was Dir fehlt,« sagte der Stier: »wenn Du es mir auch nicht sagen willst; Du weinst, weil die Königinn immer so schlimm gegen Dich ist und Dich beinahe todthungern lässt. Aber für Essen und Trinken sollst Du nicht sorgen: In meinem linken Ohr liegt ein Tuch, wenn Du das herausnimmst, und es ausbreitest, bekommst Du sowohl zu essen, als zu trinken, Was Du nur verlangst.« Das that sie, sie nahm das Tuch heraus und breitete es auf den Rasen hin, und da deckte es sich mit den schönsten Gerichten, die man sich nur wünschen kann, und Wein und Meth und Honigkuchen war auch da. Sie kam nun bald wieder zu Kräften und ward so voll und roth und weiß, daß die Königinn und ihre holzdürre Tochter grün und gelb vor lauter Ärger wurden. Die Königinn konnte gar nicht begreifen, wie ihre Stieftochter bei so schlechter Kost ein so gutes Aussehen bekommen konnte; darum sagte sie zu einer von ihren Dirnen, sie sollte ihr im Walde nachgehen und zusehen, wie das zusammenhinge; denn sie glaubte, daß irgend einer von den Dienstleuten ihr Etwas zu essen gäbe. Die Dirne ging ihr nun im Walde nach und beobachtete sie, und da sah sie denn, daß die Stieftochter das Tuch aus dem Ohr des blauen Stiers nahm und es auf dem Rasen ausbreitete, worauf es sich mit den schönsten Gerichten deckte, wovon dann die Tochter aß und sich gütlich that. Das erzählte die Dirne zu Hause der Königinn. – Jetzt kehrte der König heim und hatte den Sieg über den andern König davon getragen, gegen den er zu Felde gezogen war. Da war nun große Freude im ganzen Schloß, doch Niemand freu'te sich mehr, als des Königs Tochter. Die Königinn aber stellte sich krank an und gab dem Doctor viel Geld, damit er sagen solle, sie könne nicht wieder gesund werden, wenn sie nicht das Fleisch von dem blauen Stier zu essen bekäme. Sowohl die Königstochter, als die Leute im Schloß fragten den Doctor, ob nicht etwas Andres helfen könne, und baten für den Stier, denn sie hielten alle so viel von ihm und sagten, einen solchen Stier gäb's nicht mehr im ganzen Königreich; aber nein, er sollte und mußte geschlachtet werden, es war kein andrer Rath. Als die Königstochter das hörte, ward sie sehr betrübt und ging hinunter in den Stall zu dem Stier. Der stand auch da und ließ den Kopf hangen und sah so betrübt aus, daß sie anfing, darüber zu weinen. »Warum weinst Du?« fragte der Stier. Da erzählte sie ihm, der König wäre zu Hause gekommen, und die Königinn hätte sich krank angestellt und den Doctor dahin vermocht, zu sagen, sie könne nicht wieder gesund werden, wenn sie nicht das Fleisch von dem blauen Stier zu essen bekäme, und nun sollte er geschlachtet werden. Der Stier aber sagte: »Wenn sie erst mich getödtet haben, dann werden sie Dich auch bald tödten; wenn Du aber so willst, wie ich, so machen wir uns beide noch diese Nacht davon.« Die Königstochter meinte zwar, es wäre schlimm, ihren Vater zu verlassen, aber schlimmer doch wär' es noch, im Hause bei der Königinn zu bleiben, und versprach darum dem Stier, mit ihm zu reisen.
Als es Abend geworden war, und alle die Andern sich zur Ruhe begeben hatten, schlich die Königstochter sich hinunter in den Stall; da nahm der Stier sie auf den Rücken und machte sich mit ihr davon, so schnell er nur konnte. Als darnach am Morgen die Leute aufstanden und den Stier schlachten wollten, war dieser fort; und als der König aufgestanden war und nach seiner Tochter fragte, da war die auch fort. Der König schickte Boten aus nach allen Enden der Welt, sie aufzusuchen, und ließ ihr nachläuten mit allen Glocken; aber es konnte Niemand eine Spur von ihr entdecken. – Inzwischen trabte der Stier mit der Königstochter fort durch viele fremde Länder, und endlich kamen sie zu einem großen kupfernen Wald, wo sowohl die Bäume, als die Zweige und Blätter und Blüthen von lauter Kupfer waren.
Ehe sie aber weiter reis'ten, sagte der Stier zu der Königstochter: »Wenn wir nun in den Wald kommen, musst Du Dich wohl in Acht nehmen, daß Du auch nicht ein Blättchen anrührst, sonst ist's aus mit Dir und mit mir; denn es wohnt hier ein Troll mit drei Köpfen, welchem dieser Wald gehört.« Nein, den Kukuk! sie wollte sich wohl in Acht nehmen und ja Nichts anrühren. Darauf gingen sie sehr vorsichtig in den Wald; die Prinzessinn schmiegte und biegte sich und hielt die Zweige mit den Händen zurück; aber der Wald war so dicht, daß es fast nicht möglich war, hindurch zu kommen, und wie sehr sie sich auch in Acht nahm, versah sie's doch, daß sie ein Blatt abriß und es in der Hand behielt.
»O weh! Was machst Du da?« sagte der Stier: »jetzt muß ich mich schlagen auf Leben und Tod; aber verwahre nur gut das Blatt.« Sie hatten bald darauf das Ende des Waldes erreicht. Da kam ein großer Troll dahergeschnoben, der hatte drei Köpfe. »Wer hat meinen Wald angerührt?« rief er. »Das ist eben so gut mein Wald, als Deiner,« sagte der Stier. »Das wollen wir erst ausmachen!« schrie der Troll. »Laß uns das!« sagte der Stier. Beide rannten nun an einander, und der Stier stieß und schlug aus allen Kräften; aber der Troll schlug nicht schlechter, und es dauerte einen ganzen Tag, eh' der Stier ihn bezwingen konnte. Da war er aber auch so mit Wunden bedeckt und so erschöpft, daß er nicht mehr von der Stelle zu gehen vermochte. Sie mußten sich nun den ganzen Tag ausruhen; darauf sagte der Stier zu der Königstochter, sie solle das Salbenhorn nehmen, das an dem Gürtel des Trollen hing, und ihn mit der Salbe überall bestreichen. Als sie das gethan hatte, ward der Stier sogleich wieder frisch und gesund, und am folgenden Tage setzten sie ihre Reise fort. Sie reis'ten nun manchen lieben Tag, und endlich kamen sie zu einem silbernen Wald; hier waren sowohl die Bäume, als die Zweige und die Blätter und Blüthen von lauter Silber.
Ehe sie aber ihre Reise weiter fortsetzten, sagte der Stier zu der Königstochter: »Wenn wir nun in den Wald kommen, musst Du Dich ja sehr in Acht nehmen; Du darfst durchaus Nichts anrühren, und auch nicht so Viel, als nur ein Blättchen, abreißen; sonst ist es aus mit Dir und mit mir; denn hier wohnt ein Troll mit sechs Köpfen, welchem dieser Wald gehört, und mit dem, glaub' ich, werd' ich's nicht aufnehmen können.«
Nein, sagte die Königstochter, sie wollte sich sehr in Acht nehmen und auch nicht das Geringste anrühren. Als sie aber in den Wald kamen, war er wieder so dicht und so eng, daß sie beinahe nicht vorwärts kommen konnten. Die Königstochter war so vorsichtig, wie nur möglich, und bog die Zweige, die ihr im Wege saßen, mit den Händen zur Seite; aber jeden Augenblick schlugen ihr die Zweige in die Augen, und wie sie's auch anfangen mochte, so riß sie doch wieder ein Blatt ab.
»O weh! Was hast Du gemacht!« rief der Stier: »Nun muß ich mich wieder schlagen auf Leben und Tod; denn der Troll, welcher hier wohnt, hat sechs Köpfe und ist noch einmal so groß, als der vorige; verwahre aber nur vorsichtig das Blatt.«
Es dauerte nicht lange, so kam der Troll an. »Wer hat meinen Wald angerührt?« rief er. »Das ist eben so gut mein Wald, als Deiner,« sagte der Stier. »Das wollen wir erst ausmachen!« schrie der Troll. »Laß uns das!« sagte der Stier, fuhr auf den Trollen zu, bohrte ihm die Augen aus und rannte ihm die Hörner mitten durch den Leib, so daß die Gedärme dabei hingen; aber der Troll wehrte sich dessen ungeachtet tapfer, und es dauerte drei ganze Tage, eh' der Stier ihm den Garaus machte. Da war er aber auch so elend und hinfällig, daß er sich kaum noch rühren konnte, und über und über war er mit Wunden bedeckt, aus welchen das Blut herausfloß. Da sagte er zu der Königstochter, sie solle das Salbenhorn nehmen, das an dem Gürtel des Trollen hing, und ihn überall mit der Salbe bestreichen. Das that sie denn auch, und darauf heilten die Wunden sogleich wieder zu. Aber so matt war der Stier, daß sie eine ganze Woche lang sich ausruhen mußten, eh' er im Stande war, weiter zu gehen.
Endlich machten sie sich wieder auf den Weg; aber der Stier war immer noch sehr schwach, und es ging daher im Anfang nur langsam. Um ihn zu schonen, sagte die Königstochter, sie wäre jung und leicht zu Fuß, sie könnte ja gern gehen; aber das litt der Stier durchaus nicht, sie mußte sich wieder auf ihn setzen. Nun reis'ten sie eine lange lange Zeit und kamen durch viele Länder, und die Königstochter wußte gar nicht mehr, wo sie in der Welt waren. Aber endlich und zuletzt kamen sie zu einem goldnen Wald, der war so schön, daß das Gold davon heruntertröpfelte; denn sowohl die Bäume, als die Zweige und die Blätter und Blüthen waren von purem Golde. Hier ging es nun wieder eben so, wie in dem kupfernen und dem silbernen Wald. Der Stier sagte zu der Königstochter, daß sie durchaus kein Blatt anrühren dürfe; denn hier wohne ein Troll mit neun Köpfen, dem der Wald gehöre, der wäre noch weit größer und stärker, als die beiden andern zusammen, und den glaubte er nun ganz und gar nicht bezwingen zu können. – Nein, sie wollte sich wohl in Acht nehmen und durchaus Nichts anrühren, darauf könne er sich verlassen. Als sie aber in den Wald kamen, war dieser noch weit dichter und enger, als der silberne, und je weiter sie hineinkamen, desto schlimmer ward es: der Wald wurde immer dichter und enger, und zuletzt schien ganz und gar kein Durchkommen mehr. Die Königstochter schmiegte und biegte sich und bog die Zweige mit den Händen zurück; aber jeden Augenblick schlugen sie ihr in die Augen, so daß sie zuletzt nicht mehr vor sich sehen konnte, und eh' sie sich recht besann, hatte sie einen goldnen Apfel in der Hand. Nun wurde sie entsetzlich bange und fing an zu weinen und wollte den Apfel wieder wegwerfen; aber der Stier sagte, sie solle ihn nur behalten und ihn wohl verwahren, und tröstete sie, so gut er konnte, meinte aber doch, es würde ein harter Kampf werden, und wußte nicht, ob's diesmal so gut ablaufen würde.
Es dauerte nicht lange, so kam der Troll mit den neun Köpfen an. »Wer hat meinen Wald angerührt?« rief er. »Das ist eben so gut mein Wald, als Deiner,« sagte der Stier. »Das wollen wir erst ausmachen!« schrie der Troll. »Laß uns das!« sagte der Stier, und damit rannten sie an einander, daß es ganz entsetzlich war, und die Königstochter fiel beinahe in Ohnmacht. Der Stier bohrte dem Trollen die Augen aus dem Kopf und rannte ihm die Hörner durch den Leib, so daß die Eingeweide herausfielen; aber der Troll kämpfte dessen ungeachtet gleich tapfer; denn sobald der Stier einen Kopf getödtet hatte, bliesen die andern sogleich wieder Leben hinein, und es dauerte wohl eine ganze Woche lang, eh' es dem Stier gelang, den Trollen gänzlich zu tödten. Aber da war er auch so elend und hinfällig, daß er sich nicht rühren konnte, und nicht einmal war er im Stande, zu sagen, die Königstochter solle das Salbenhorn von dem Gürtel des Trollen nehmen und ihn mit der Salbe bestreichen; aber sie that es schon von selbst, und da ward es wieder besser mit dem Stier; aber wohl über drei Wochen mußten sie hier verweilen, eh' er wieder so viel Kräfte gesammelt hatte, um die Reise fortsetzen zu können.
Endlich ging es wieder so allmählich vorwärts; denn der Stier sagte, sie müßten noch etwas weiter. Als sie nun eine Zeit gereis't und über viele mit dichten Wäldern bewachsene Berge gekommen waren, gelangten sie endlich zu einem Felsen. »Siehst Du Etwas?« fragte der Stier. »Nein, ich sehe Nichts, als den Himmel und die wilde Felsgegend,« versetzte die Königstochter. Als sie aber tiefer ins Gebirge kamen, wurde die Gegend ebener, so daß sie eine weitere Aussicht hatten. »Siehst Du jetzt Etwas?« fragte der Stier. »Ja, ich sehe ein kleines Schloß weit in der Ferne,« sagte die Prinzessinn. »Nun, das Schloß ist eben nicht so klein,« sagte der Stier. Endlich kamen sie zu einem großen Gehäge mit einer schroffen Felswand. »Siehst Du jetzt Etwas?« fragte der Stier wieder. »Ja, nun sehe ich ganz nahebei das Schloß; jetzt ist es weit größer, als vorher,« sagte die Königstochter. »Da sollst Du hin!« sagte der Stier: »Gleich unten beim Schloß ist ein Schweinstall, wenn Du da hineinkommst, so findest Du dort einen hölzernen Rock, den musst Du anziehen und damit ins Schloß gehen und sagen, Du heißest Kari Trästak4, und um einen Dienst bitten. Jetzt aber sollst Du Dein Messer nehmen und mir damit den Kopf abschneiden; alsdann streife mir das Fell ab und lege darein das kupferne Blatt, das silberne Blatt und den goldnen Apfel, und verwahre Alles unten bei der Felswand. Am Berge steht ein Stock, und wenn Du dann von mir nachher Etwas willst, so klopfe bloß mit dem Stock an die Felswand.«
Anfangs konnte die Prinzessinn sich durchaus nicht dazu entschließen, dem Stier den Kopf abzuschneiden. Wie dieser ihr aber sagte, das sei der einzige Dank, den er für Das, was er für sie gethan, von ihr fordre, da konnte sie denn nicht anders: sie nahm das Messer und schnitt ihm, so weh es ihr auch that, damit den Kopf vom Rumpf, streifte ihm das Fell ab, legte darein das kupferne Blatt, das silberne Blatt und den goldnen Apfel, und verwahrte dann Alles unten bei der Felswand.
Als das geschehen war, ging sie weinend und voll großer Betrübniß in den Schweinstall; da zog sie den hölzernen Rock an und begab sich damit zum Königsschloß. Sie trat zuerst in die Küche ein, und bat um einen Dienst und sagte, sie heiße Kari Trästak. Ja, sagte der Koch, einen Dienst könne sie bekommen, wenn sie im Schloß aufwaschen und rein machen wolle, denn Die, welche das früher gethan hätte, sei davon gelaufen; »aber wenn Du eine Zeitlang hier gewesen bist, wirst Du's auch wohl überdrüssig und läufst auch davon,« sagte er. Nein, das wollte sie gewiß nicht.
Sie blieb nun auf dem Schloß und verrichtete ihr Geschäft ordentlich und pünktlich. Eines Sonntags, als man Fremde erwartete, bat Kari um Erlaubniß, dem Prinzen das Waschwasser hinaufbringen zu dürfen; aber die Andern lachten über sie und sagten: »Was willst Du bei dem Prinzen? Glaubst Du, der Prinz will Etwas von Dir wissen, so wie Du aussiehst?« Aber sie gab sich nicht zufrieden, sondern bat so lange, bis man es ihr erlaubte. Als sie nun die Treppe hinaufstieg, machte sie ein solches Geräusch mit ihrem hölzernen Rock, daß der Prinz herauskam und fragte: »Was bist Du für Eine?« – »O, ich wollte nur das Waschwasser zum Prinzen hinauftragen,« sagte sie. »Glaubst Du, ich will das Wasser haben, das Du mir bringst?« sagte der Prinz und goß es ihr über den Kopf. Sie mußte nun unverrichteter Sache wieder abziehen, bat aber um Erlaubniß, in die Kirche zu gehen, und das konnte man ihr denn nicht abschlagen. Erst aber ging sie zu dem Berg und klopfte mit dem Stock an die Felswand, so wie der Stier ihr gesagt hatte. Sogleich öffnete sich diese, und es trat ein Mann heraus, der fragte sie, Was sie wolle. Die Königstochter sagte, sie hätte Erlaubniß bekommen, in die Kirche zu gehen und den Prediger zu hören, aber sie hätte keine Kleider anzuziehen. Da gab der Mann ihr ein Kleid, das war so blank, wie der kupferne Wald; und Pferd und Sattel erhielt sie auch. Als sie nun in die Kirche kam, war sie so schön und stattlich, daß Alle sich darüber verwunderten und gar nicht begreifen konnten, Wer sie sei. Fast Keiner hörte auf Das, was der Prediger sagte, weil Alle nur sie betrachteten. Der Prinz selbst war so in sie verliebt, daß er kein Auge von ihr abwandte.
Als sie nun aus der Kirche gehen wollte, kam der Prinz ihr nach und machte die Kirchenthür hinter ihr zu, und da geschah es, daß er den einen von ihren Handschuhen in der Hand behielt. Als sie darnach ihr Pferd bestieg, trat der Prinz auf sie zu und fragte sie, wo sie her wäre. »Ich bin aus dem Waschland,« sagte Kari, und indem der Prinz den Handschuh hervorzog, um ihr denselben zu überreichen, sprach sie:
»Hinter mir dunkel, und vor mir hell!
Auf daß der junge Prinz nicht sieht,
Wohin mich trägt mein Roß so schnell!«
Der Prinz hatte noch nie einen so schönen Handschuh gesehen, und er reis'te weit umher und fragte nach dem Lande, aus welchem die vornehme Dame sei, die ihren Handschuh im Stich gelassen hatte; aber Niemand konnte ihm sagen, wo es lag.
Am nächsten Sonntag sollte Einer hinaufgehen zum Prinzen und ihm ein Handtuch bringen. »Ach, darf ich nicht hinaufgehen?« sagte Kari. »Warum nicht gar!« sagten die Andern, die in der Küche waren: »Du weißt wohl noch, wie es Dir das letzte Mal ging.« Kari gab sich aber nicht zufrieden, sondern bat so lange, bis man es ihr erlaubte, und darnach lief sie die Treppe hinauf in ihrem hölzernen Rock, daß es nur so rasselte. Der Prinz kam auf den Lärm heraus, und als er Kari erblickte, riß er ihr das Tuch aus der Hand und warf es ihr an den Kopf. »Pack Dich, Du abscheuliches Trollmensch!« sagte er: »Glaubst Du, ich will mich in einem Handtuch abtrocknen, das Du mit Deinen schmutzigen Fingern angefasst hast?«