Kitabı oku: «Natur-Dialoge», sayfa 6

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Zeichen der Zeit

Ich erlaube mir eine kleine, spontane Schau in die aktuellen Berichterstattungen.

22.09.2020, Schweizer Rundfunk (SRF)

Klimaaktivisten räumen Bundesplatz nur teilweise

Spontan und überraschend hat eine Gruppe von Klima-AktivistInnen den Bundesplatz in Bern besetzt und vom Parlament eine ernsthafte Bezugnahme auf Klimafragen gefordert. Das kollidiert nicht nur mit den Bestimmungen rund um Kundgebungen während der Parlamentssitzungen, sondern auch mit dem dienstäglichen Markttreiben.

In den Kommentaren empfehlen viele Menschen, diesen jungen Leuten erst einmal Demokratie beizubringen.

22.09.2020, Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ)

Chinesischer Botschafter warnt vor erhobenem Zeigefinger

Der Botschafter beklagt Doppelmoral in Deutschland und vergleicht das umstrittene Hongkonger Sicherheitsgesetz mit dem deutschen Strafgesetzbuch. Jedes Land solle sich um seine eigenen Probleme kümmern, so Wu Ken.

Auf der geopolitischen Bühne sind Fragen rund um Führung und Organisation von nationalen und internationalen Tribünen an der Tagesordnung. Mehr oder weniger gelenkte, mehr oder weniger direkte Demokratieformen, Autokratien, Militärdiktaturen, Monarchien – alles findet sich im Spiel der Kräfte. Im vorpolitischen Raum wird Widerstand, Revolution oder auch Soziokratie geübt, Demokratie diskutiert und nach Formen der politischen Teilhabe gesucht.

22.09.2020, Der Standard, Österreichische Tageszeitung

Klimaschädliche Reisen: Verletzt der Staat die Schutzpflicht gegenüber Bürgern? Diese heikle Frage beschäftigt derzeit das Höchstgericht. Der Mindestflugticketpreis lässt auf sich warten.

Während sich also das österreichische Höchstgericht mit dieser Schutzpflichtfrage auseinandersetzen muss, die ja unmittelbar mit ökonomischen Fragen verbunden ist, baut die Lufthansa-Gruppe mehr als 22.000 Arbeitsstellen ab und mottet 150 große Flugzeuge ein.

21.09.2020, Berliner Zeitung

Wildschweinjagd im Wohngebiet: Jäger wehren sich gegen Kritik

In Teltow hatte die Jagd vergangene Woche für große Aufregung gesorgt.

In diesem Beitrag erläutern die beiden Jäger den Hergang eines Abschusses von Wildschweinen, der durch einen Schnappschuss der erlegten Tiere, welche sie offenbar kurz am Bürgersteig zwischenlagern mussten, empört durch die sozialen Medien ging. Im Kern geht es um die Frage, die alles Zusammenleben immer wieder stellt: Wer darf wo sein, wie und wie lange, und was oder wer wird oder hat dadurch mehr oder weniger?

Soweit zur spontanen Auswahl aktueller Berichterstattungen, in der die dominanten Themen vom Herbst 2020 bewusst ausgelassen sind: Corona-Maßnahmen, Trump, Flüchtlingskrise und Finanzmärkte, Belarus und internationales Säbelrasseln. Nach diesem Gemisch von unterdurchschnittlich brisanten Nachrichten können wir uns die Fragen stellen: Was sind die Zeichen der Zeit? Wovon erzählen uns diese Berichte? Womit sind heutzutage viele Menschen, Länder und ihre Kommunikationskanäle beschäftigt? Was fragen sich Menschen heute, sofern ihnen das Fragen überhaupt gestattet ist?

Es lassen sich zwei große Felder ausmachen:

Seit einiger Zeit beschäftigt viele Menschen, ob wir in der großen und wachsenden Menschenzahl, die wir sind, mit den global geltenden ökonomischen Paradigmen, die auf Extraktion nicht-menschlicher und Ausbeutung menschlicher Ressourcen angewiesen sind, für unsere irdische Nische und somit auch für unsere Spezies verträglich sind. Viele Menschen gelangen zum Schluss, dass das nicht der Fall ist, sondern dass wir unsere ökologische Zugehörigkeit aufs Spiel setzen, sofern wir nicht andere soziale und ökonomische Lebensmodelle entwickeln.

Ebenso sind viele Menschen dringlich besorgt um das, was wir gemeinhin unter demokratischen Strukturen und Werten verstehen. Diese Sorge richtet sich sowohl nach innen in die jeweiligen Nationen, aber auch auf das internationale Zusammenspiel. Fake News, gesteuerte Information, künstliche Intelligenz, Manipulation, Verschwörungstheorien u.v.m. nähren ein Klima des zwischenmenschlichen Misstrauens, das offene und nötige Dialoge erschwert.

Viele Menschen fragen sich also, auf welche Weise konstruktive Mitgestaltung ihrer Lebenswelt heute stattfinden kann.

Wenn diese Annahmen manche der entzündeten Nerven unserer Zeit treffen, dann hat Arbeit an Gesundheit mehr mit Lernen zu tun als mit Behandlung im klassischen Sinn. Es ruft nach Wegen der Verlebendigung, der Verständigung und Verantwortung.

Eine Rückverbindung zur lebendigen Welt, eine Entdeckung vertrauensvoller Dialoge mit sich und anderen, und freudvollen Mut, dort zu handeln, wo man sich aufhält. Das hat nichts mit Erlösung zu tun, auch nicht mit finaler Heilung, aber mit Beiträgen dazu, in erschütterten Welten und inmitten gewaltvoller Widersprüche nach Formen zu suchen, die gutes oder auch nur besseres Leben ermöglichen.22

Fachliche Netze
Rückblicke

Genau genommen gehören all diese Gedanken ja schon zum älteren Eisen. Sie werden seit einigen Jahrzehnten aus verschiedenen Strömungen der Ökologie-Bewegung thematisiert und fanden auch ihren Widerhall im psychologischen Feld.

Zwar war ich bereits in den 1990er-Jahren mit Menschen mit sozial-pädagogischen oder therapeutischen Zielsetzungen auf Meeren, in Wäldern, an Flüssen und Bergen unterwegs, dennoch sollte ich die Stimmen und Bücher der Ökopsychologie oder auch der Tiefenökologie erst vor Kurzem auf interessante Weise entdecken. Es war eine kleine Internetrecherche zu den Stichworten »Natur« und »Systemische Therapie«, die mich direkt zu einem Beitrag von Eva Madelung führte. Ich staunte nicht schlecht, jene bemerkenswerte ältere Kollegin, deren Vorträge und Arbeitsweisen ich auch aus dem Aufstellungskontext kannte und schätzte, in einem Beitrag von 1996 (!) über Systemisches Denken und Ökopsychologie zu finden.23 Sie leitet den Beitrag über ein Gedicht ein. Es heißt Bäume:

bäume

die winden sich

überregnet von unsichtbar

verpechte poren

verstopfte haut

frühzeitiges blattgelb

oder nadelrot

käferkahl

büschelweis dürr

flechtenerstickt

bäume

die biegen sich

splittern

in einem sturm

der wütet

von uns her

(EVA MADELUNG)

Der wütet von uns her … und sie erzählt von persönlicher Betroffenheit über die Veränderung in einem Stück Wald, dem sie nahe wohnt. Von dort aus macht sie eine kleine Reise durch die Psychotherapie-Geschichte, unterscheidet zwischen individuell-biografischen Sichtweisen analytischer und humanistischer Schulen und den systemisch-ökologischen Sichten. Sie zitiert Bateson und Systemische Kurztherapien bis hin zur System-Aufstellung und schließt diesen Abschnitt mit:

»Systemische Methoden sind nicht nur therapeutisch wirksam. Sie vermitteln darüber hinaus einen Erfahrungshintergrund, der in die Praxis des Alltags hineinwirkt. Allerdings bleibt auch in ihnen die oben angesprochene Wechselwirkung mit der außermenschlichen Natur weitgehend unbeachtet.«

Dann wendet sie sich dem Konzept der Ökopsychologie und dem gleichnamigen Buch (Roszak 1994) von Theodore Roszak zu. Sie thematisiert dessen Idee eines ökologischen Unbewussten und der ökologischen Interdependenz, die es in diesem Ansatz heilvoll zu reaktivieren gilt, und weist abschließend auf Workshops zu Systemischem Denken und Naturerfahrung hin. All das vor einem Vierteljahrhundert in Bayern! Und ich wusste nichts davon, schade! Immerhin habe ich den Beitrag im langlebigen Archiv des Internets gefunden und damit auch eine Brücke zur Ökopsychologie.

Während in englischen und selbst in spanischen und portugiesischen Sprachräumen Eco-Psychology durchaus zu einer Marke wurde und von dort auch bis zum heutigen Tag wertvolle Öko-Inspirationen zu uns fließen, konnte sich der Begriff im deutschsprachigen Umfeld kaum etablieren. Eher bekannt ist hier Tiefenökologie (deep ecology), die sich als spirituelle Öko-Philosophie allerdings auch nicht nur einen guten Namen gemacht hat. Mittlerweile habe ich mich mit dem ökopsychologischen Ansatz etwas genauer befasst. Auch wenn er im Grundgedanken der erweiterten Schau auf Menschen und Welt unseren sympoietischen Zugängen ähnlich ist, so sind die Atmosphäre, der Blick, die Erklärungen, die Richtungen und die Methoden doch gänzlich verschieden.

Roszaks Perspektiven stützen sich auf tiefenpsychologische Überzeugungen, wollen das Ich, das im Zentrum und einem kranken Planeten gegenübersteht, über die Erweckung des universell in allen angelegten »ökologischen Unbewussten« zu dessen Heilung befähigen. Sie sind von einem erlösenden Gottesbild oder zumindest von spirituellen Erlösungskonzepten getragen. Die Schuld und die Verschuldung (hier nun an der Umwelt) sind wesentliche Triebkräfte des Zugangs. Das sind bis zum heutigen Tag Grundthemen bei vielen Menschen, die sich für Umweltfragen einsetzen. In dieser Frage unterscheidet sich der ökopsychologische Zugang maßgeblich von dem Ansatz, den ich hier zu beschreiben suche. Schuld und Erlösungsbilder gehören nicht zu unseren Grundannahmen, wir orientieren uns eher an Versöhnung und dem Versuch, bessere (Beziehungs)Verhältnisse zu schaffen.

Doch es gibt auch gemeinsame Denkrichtungen, so zum Beispiel die Wertschätzung für Jäger-und-Sammler- sowie frühagrarische Kulturen, die explizite Kritik an patriarchalen Herrschaftsstrukturen und die Anerkennung von ökofeministischen Stimmen. All das spielt unserem Ansatz zu, auch wenn Roszaks Sprache, das ist wohl auch der Zeit und seinen Denkschulen geschuldet, oft selbst in einen der inhaltlichen Absicht widersprechenden imperial-paternalen Duktus verfällt. (Vor dem ist ja wohl niemand ganz gefeit, auch ich nicht.)

So bin ich Theodore Roszak für sein Werk und Engagement für das, was man Gegenkultur nannte, dankbar. Ebenso all jenen, die bis heute in diesem Bereich für Bildung und Gesundheit aktiv sind und Zugänge zu einer lebendigen Erde ins Zentrum ihres Wirkens stellen.24

Wenige Jahre nach dem Erscheinen von The Voice of the Earth, wie Roszaks Werk im Originaltitel heißt, brachte David Abram, ein damals junger Anthropologe und Philosoph, ein Buch auf den Markt, das die Ökologie-Bewegungen um eine Schlüsselerkenntnis und eine Reflexionstiefe erweitern sollte. Er verband in seinem The Spell of the Sensuous die Reziprozität im menschlichen Wahrnehmungsgeschehen mit der mehr-als-menschlichen Welt, der Landschaft. Seine Gedankenreise beginnt bei persönlichen außergewöhnlichen Geschichten, die ihm während seiner Asienzeit als Taschentrickkünstler geschahen, anschließend nimmt er uns mit auf einen philosophischen Parcours, der den Unterschied zwischen oral-indigenem Weltenempfinden und schriftkulturell geprägtem Denken deutlich machen will. Darin bringt er uns die Phänomenologie Husserls und vor allem auch Merleau-Pontys Entdeckung der Wechselseitigkeit alles Sinnlichen nahe. Schließlich führt er durch die Prozesse der Entortung, die unsere Sprache besonders mit der Verschriftlichung erfahren hat, und letztlich zurück in den Raum von Erinnerung und Poesie, der wieder anschließt an indigenes Weltenempfinden.

Erst 2012, 14 Jahre nach dem ersten Erscheinen, wurde Abrams Buch unter dem Titel Im Bann der sinnlichen Natur ins Deutsche übersetzt und gehört bis heute zur wesentlichen Inspiration für viele Menschen, die unter dem Geist der Wechselseitigkeit in und mit der Natur arbeiten oder das Feld der Öko-Philosophie bestellen. Abram hat eine Sprachtüre zur reziproken Begegnung von Mensch und Naturraum aufgetan, die uns auch hier noch mancherorts begleiten wird.

Öko-Gewebe heute

Mittlerweile scheinen die »Stimmen der Erde« oder andere ökologische Überlegungen vermehrt in das professionelle Feld von Psychotherapie und Beratung einzufließen. Dazu gehören das Erscheinen von zwei rund tausendseitigen Kompendien, die sich mit der Natur-Beziehung von und in Psychotherapien beschäftigen25, ebenso wie die öffentliche Aufmerksamkeit, die seit einiger Zeit dem »Waldbaden«, diversen Achtsamkeitstrainings in der Natur, der Green Meditation und anderen Naturtherapien zukommt. Seit der ersten Auflage der Systemischen Naturtherapie (Kreszmeier 2012) hat sich das damals noch kaum vorhandene kollegiale Feld um ein Vielfaches erweitert. Diversität ist, wie in allen lebendigen Systemen, auch hier ein gutes Zeichen.

Wer weiß, wohin das noch führt? Ja, wer weiß, wohin Psychotherapeut:innen von ihren Klient:innen geführt werden?

Von allen edlen Überlegungen abgesehen, sind es vor allem die Anliegen und Fragen der Menschen, die in die Praxen und Kliniken getragen werden. Welche guten Fragen können den zahlreichen und mehr werdenden Menschen gestellt werden, die aus ihrem persönlichen Empfinden heraus nicht mehr primär an Geschehnissen in ihrer Kindheit kranken, sondern an einer Form des massiven Leidens mit der Welt, das sich sowohl auf die Ausbeutung von menschlichen als auch von nicht-menschlichen Ressourcen bezieht? Was brauchen Menschen, die in keine Flugzeuge mehr steigen, zu Hause Tomaten pflanzen, sich vegan ernähren und oft keine Ahnung haben, wie und wo den Fuß auf die Erde zu setzen, ohne nicht in das Gefühl von Verschuldung zu geraten? Was be-sprechen wir mit jenen, die den traditionellen Familienbegriff bestenfalls verklären, ihn aber bestimmt nicht mehr ausfüllen wollen und schon lange mit kooperativen Lebensformen experimentieren? Und wie arbeiten wir mit den vielen, die mit Anfang Zwanzig schon die ersten Burn-out-Krisen durchmachen, weil ihre Wachheit und Wahrnehmung und ihr Engagement zu einem erhitzten Mix werden?

Werden sie mit einer Beratung, die sie entlang von reglementierten Straßen führt, gesehen und ihr Fragen beantwortet sein? Wird hier die moderne, von bürokratischen und fachlichen Regelungen zunehmend gelenkte Psychotherapie anschlussfähig bleiben?

Es ist zu vermuten, dass jenes Netz ökologisch orientierter Ansätze, das von vielen Himmelsrichtungen unseres Globus inspirierte Hybridformen ausbildet, gemeinsam mit den gegenwärtigen Notlagen der menschlichen sowie der anders-als-menschlichen Welt weiterwachsen wird. Hier auch nur einen annähernd vollständigen Überblick der Akteur:innen und Aktanten geben zu wollen, wäre vermessen. Dennoch kann es das Verständnis für die Vielfalt schärfen, wenn wir entlang von unterscheidenden Merkmalen zumindest einen Teil der aktuellen Bewegungen wahrnehmen. Mir kommen dabei verschiedene Perspektiven entgegen:

Die transzendenten und immanenten, die psychologischen und die politischen, die progressiven und die zirkulären Perspektiven. Diese klassisch dualen Muster erlauben denn auch verschiedenste Mischungen. Zunächst aber noch einmal jede für sich betrachtet:

Transzendente Perspektiven

Die Erde und das Leben werden in diesen Perspektiven als globales oder kosmisches Ganzes gesehen. Sie sind einer himmlischen Außenperspektive oder einer transzendenten Urkraft verbunden, einer Essenz oder Quelle oder auch verschiedenen Gottesbildern. Die Anbindung an diese Quelle erfolgt meist über Distanznahme, Stille, Kontemplation und Konzentration und will das Bewusstsein für das Ganze erweitern, neue Erkenntnisse emergieren. Die meisten ökologischen Bewegungen, die sich der reflektierenden Anschauung und Achtsamkeitswegen verbunden fühlen, folgen dieser Perspektive: buddhistische und hinduistische Wege, christliche Mystik gehören hier erwähnt.

Immanente Perspektiven

Diese Ansätze gehen von konkreten Orten und Situationen aus, sie handeln der Erde nahe und schauen zur Erde hin. Hier richtet sich die Aufmerksamkeit auf die vielen Geschöpfe, auf die konkret hier miteinander Lebenden, und so bildet sich auch das Begreifen und Erkennen aus. Das Anerkennen von Vielheit und Pluralität steht gemeinsam mit wahrnehmendem Miteinander-Handeln im Zentrum. Sie folgen einer Ontologie immanenter, sinnlicher Erfahrung und der Annahme, dass wir Menschen Erdverbundene inmitten von Erdverbundenen sind. Viele indigene Traditionen bzw. deren Intellektuelle, einige Anthropolog:innen, Soziolog:innen, Philosoph:innen beschreiben und bemühen sich um diese Weltenschau.26

Psychologische Perspektiven

Hier geht es meist um den Blick auf den einzelnen Menschen, der in der Beziehung zur himmlischen oder irdischen Welt gestärkt und neu aufgerichtet werden will. In diesen Perspektiven können wir Wege heroischer und post-heroischer Individuation unterscheiden: also solche, die von einer besonderen Berufung und Aufgabe Einzelner (Held:innen) ausgehen und ihn oder sie auf ihrem Weg begleiten. Und andere, welche die individuellen Lebenswege im egalitären Verbund sehen und deren Kollaboration und Kooperation betonen.

Visionssuche, Archetypische und Integrative Natur-Psychologie, Systemische Naturtherapie, Waldbaden gehören in dieses Feld. Mehrheitlich noch heroisch orientiert, aber tendenziell in postheroischer Transition.

Politische Perspektiven

Hier geht es um das Empowerment zur Mitgestaltung von irdischen oder himmlischen Lebensbedingungen. Um die Nutzung von vorhandenen Strukturen und Institutionen oder die Erschaffung von Neuem. Es geht häufig um Information, Schulung und Aktion, Bildung von Netzwerken, Gemeinschaften, Bewegungen.

Ökodorf-Aktive, Fridays for Future, Integrale Politik, die Neuen Grünen könnten hier genannt sein.

Progressive Perspektiven

Hier wird von einer Bewusstseinsentfaltung in einer an Komplexität, Weisheit und Möglichkeiten ansteigenden Ökologie ausgegangen, die sich linear oder zyklisch in Spiralbewegung entwickelt. Der Mensch wird darin meist als besonderer Treiber gesehen, dem die Aufgabe zukommt, den Prozess nach bestem Wissen und Gewissen zu gestalten. Die Stakeholder-Kapitalismus-Perspektiven im WEF, Transhumanistische Strömungen, Künstliche Intelligenz und Emigrationspläne auf Mars und Mond gehören zu den aktuell wesentlichen Ausprägungen dieser Richtung.

Zirkuläre Perspektiven

Hier wird der Idee des unendlichen Wachstums und Fortschritts eine Absage erteilt und auf die zyklischen, zirkulären Formen natürlicher Prozesse verwiesen. Aus dieser Perspektive treiben die Menschen – sofern sie sich weiterhin progressiv verhalten – auf einen Abgrund zu, weil sie atmosphärisches Gleichgewicht durch massive Extraktion von Ressourcen verstören und so ihre Lebensgrundlagen zerstören. Das könnte man die zirkulär-pessimistische Position nennen. Daneben gibt es auch solche, die daran glauben, dass es möglich ist, zu zirkulären, also humusbildenden und die Atmosphäre nährenden Lebensformen zurückzukehren. Ich nenne sie die zirkulär-zuversichtlichen. Agrar-ökologische Strömungen, Regionalisierungen, Gemeinwohlökonomische Konzepte gehören in dieses Feld.

Die Verortung des sympoietischen Ansatzes erschließt sich aus den folgenden Merkmalen: irdisch, post-heroisch psychologisch, zirkulär-zuversichtlich.


13 Ich kenne eine Reihe von Kolleg:innen in der Schweiz und in Österreich, die seit Jahrzehnten in Praxis und Lehre tätig sind und in den letzten acht Jahren von einem juristisch-bürokratischen Marathon zum nächsten hecheln: von Zertifizierungsverfahren über Datenschutzverordnungen zu Covid-19-Schutzkonzepten und wer weiß, was noch kommen mag. Wie gut, sind sie mittlerweile mit ihren Jurist:innen befreundet!

14 Hierzu passt auch die Geschichte eines Polizeikommandanten, der hier an der Rheintaler Grenze vielen Juden durch einen »falschen« Stempel zur Einreise in die Schweiz verholfen hat. Die Lebensgeschichte von Paul Grüninger wurde in mehreren Filmprojekten dokumentiert, eine davon trägt den Titel: Grenzenlose Flussfreiheit – Tiefgang am Alten Rhein, 2012, eine Produktion des ORF. Hier verweben sich Name, Handlung und Landschaft.

15 In diesen Gedanken bin ich von Bruno Latours Essay Wir sind nie modern gewesen (2019b) gestützt.

16 In ihrem Beitrag »Stereotype und Perturbationen«, erschienen in den Systemischen Notizen 2/2018, denken die Kollegen Martin Luger und Stefan Graf auf inspirierende Weise über das »Projekt der Moderne« und die mögliche Aufgabe eine systemisch-ökologischen Psychotherapie nach: »Psychotherapie kann insofern als Teilprojekt der Moderne gesehen werden, weil darin Friktionen und Problemstellungen von gesellschaftlichen Zusammenhängen entkoppelt und auf Individuen ›projiziert‹ werden können« (Luger u. Graf 2018, S. 14 ff.).

17 Als ehemaliger Priester, dann Psychoanalytiker, hat Bert Hellinger über seine Form der Familienaufstellung, besonders das Prinzip Zugehörigkeit und das Denken in transgenerationalen Verstrickungen ins Feld gebracht. Sein autoritärer, mystifizierender Zugang hat ihn aus dem Raum systemischer Psychotherapie distanziert. Eine unaufgeregte Darstellung rund um Hellingers Wirken findet sich in Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Bert_Hellinger [29.06.2021].

18 Gunthard Weber, der unter dem Titel Zweierlei Glück (2001) dieses Seminar ausführlich dokumentierte, hat damals Bert Hellinger zu einem veritablen Durchbruch verholfen und dem systemischen kollegialen Netz zu einem ebensolchen Konflikt.

19 Die Idee der Existenz eines intuitiven Gesamtwissens oder auch eines weisen Unbewussten, das kooperativ mitwirkt, spielt auch im hypnosystemischen Ansatz eine wichtige Rolle. Vergleiche Das Orchester der Sinne nutzen für erfolgreiche »Lösungssinfonien« – Hypnosystemische multisensorische Strategien für kraftvolle ganzheitliche Lösungen von Gunther Schmidt in Bohne et al. 2019.

20 Dieses Bild des Kurators des eigenen Selbst habe ich bei Andreas Reckwitz’ Analyse der Spätmoderne entdeckt.

21 Anfang Januar 2021, zur Zeit des Entstehens dieses Buches, wurde die Welt Zeuge unglaublicher Bilder: Gehörnte, pelzbehangene Menschen stürmten das Kapitol in der US-amerikanischen Hauptstadt Washington D. C. Aufgeblähte Ermächtigung, genährt von Enttäuschung, Wut und Wahnkonstruktionen, die ihresgleichen suchen. Zugleich eskalierte in vielen Lockdown-Wohnungen häusliche Gewalt, Kindesmissbrauch und Suchtmittelmissbrauch.

22 Bei Konrad Peter Grossmann (2000, S. 162) habe ich dazu folgende schöne Formulierung gefunden: »… dass sich jenseits von Unheilbarkeit dennoch leben und lieben lässt«.

23 Verfügbar unter https://www.zist.de/de/veroeffentlichung/systemisches-denken-und-oekopsychologie [08.09.2020]. Eva Madelung ist Lehrtherapeutin in systemischer Aufstellungsarbeit, Autorin und Stifterin, bekannt auch durch die gemeinsam mit Barbara Inneken entwickelte Technik des Neuro-Imaginativen Gestaltens.

24 Besonders beachtenswert ist hier Joana Macy, die noch bis hohe Alter für ihre Arbeit der Wiederverbindung (The work that reconnects) aktiv ist und ihre buddhistische Schulung mit systemischer Theorie zu einem tiefenökologischen Umwelt-Engagement vereint. Als langjährig aktiven und auch publizierenden Netzwerker in Deutschland will ich hier gerne Geseko von Lüpke anführen. Er hat über die Visionssuche, das Lernen bei indigenen Traditionen und tiefenökologischen Pionieren ein tiefes Verständnis für diesen Zugang entwickelt und setzt sich als Journalist und Seminarleiter für einen ökologischen Bewusstseinswandel ein.

25 Es handelt sich um die beiden Titel Pfeifer 2019 und Petzold et. al. 2019. Wer sich für einen Einblick in diese Monumentalwerke interessiert, dem seien die Rezensionen von Dr. Bettina Grote empfohlen: Die Neuen Naturtherapien (Grote 2020) und Natur in Künstlerischer Therapie und Psychotherapie. Theoretische, methodische und praktische Grundlagen (Grote 2019).

26 In diesem Feld bin ich mit dem südamerikanischen Raum tiefer vertraut, so kann ich hier auf Ailton Krenak (2019) und Davi Kopenava (2010) verweisen. Aus dem Feld der Wissenschaft sind hier Donna Haraway, Bruno Latour, Eduardo Viveiros de Castro zu nennen. Aus meiner Perspektive hat auch das Werk von Hannah Arendt wertvolle Übersetzungsarbeit geleistet.

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