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Kitabı oku: «Reisen in die Felsengebirge Nordamerikas», sayfa 56

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»Mit Vergnügen, Doktor!« antwortete ich, indem ich ihm die Büchse reichte. »Nur denken Sie daran, daß das Herz bei einem Büffel tiefer liegt als bei jedem anderen Wild.«

Der Doktor hob das Gewehr, zielte, gab Feuer, und das Tier sprang mit seiner letzten Kraft auf, erreichte in zwei Sätzen das Ufer des Stroms und stürzte sich kopfüber in die Fluten hinab.

»Aber, Doktor«, rief ich aus, »Sie schießen ja wieder lebendig, was ich totgeschossen habe«, und lachend schritten wir nach der Stelle hin, wo der Büffel verschwunden war.

Glücklicherweise war er nicht in tiefes Wasser gefallen, sondern ruhte, obschon zur Hälfte von den Fluten bespült, auf festem Boden; es wurde uns daher nicht schwer, das nunmehr verendete Tier heranzuziehen und genauer zu untersuchen. Es war ein Stier, und ich muß gestehen, daß ich selten einen Büffel sah, der diesen an Höhe und Umfang übertroffen hätte; das Alter hatte indessen schon die wolligen Haare von seinem Rücken und seinen Seiten entfernt, so daß er vielleicht nur noch den Appetit sehr hungriger Menschen oder der uns umkreisenden Wölfe reizen konnte. Wir begnügten uns damit, ihm die Zunge herauszuschneiden sowie etwas Haut für Riemen von seinem Rücken zu trennen, und nicht ohne einen Anflug von Reue, das mächtige Tier um so geringen Vorteils willen getötet zu haben, schlugen wir unser Zelt auf dem Ufer des Flusses auf.

Am 6. Juli, gleich nachdem wir das Lager verlassen hatten, begaben wir uns nach der Ebene hinauf, die sich dort gegen fünfzig Fuß hoch über dem Tal des Stroms erhebt. Das Gras auf derselben hatte den Einfluß der fast unerträglichen Sonnenhitze schon empfunden, denn nicht mehr grün, wie wir es gewohnt waren, sondern fahl und dürr nahm sich die endlose Fläche aus, die sich ohne Senkungen oder Schwellungen mit dem Horizont zu verbinden schien. Der Weg war indessen so fest wie eine Tenne, und um am folgenden Tag zur frühen Stunde wieder Wasser zu erreichen, beschleunigten wir den Schritt unserer Tiere. Das Glück begünstigte uns aber, denn zweimal entdeckten wir Wasserpfützen, wo wir tränken konnten, und das letztemal nach einem Marsch von zweiunddreißig Meilen in dem trockenen Bett eines Gießbachs, den Peacock als den Coon Creek bezeichnete und wo wir dann selbstverständlich das Nachtquartier aufschlugen.

Unsere Kavalkade, die aus acht Zug-, sechs Reitmaultieren sowie einem Rennpferd bestand, wurde an diesem Tag um ein kräftiges Pferd vermehrt. Wir erblickten nämlich von der Straße aus einen gezähmten Mustang, der wahrscheinlich den im Tal des Flusses in gleicher Höhe mit uns lagernden Komantschen entlaufen war. Da wir weit und breit keinen Menschen erblickten, so kamen wir überein, das Pferd für herrenlos zu halten und für uns einzulangen. Es war aber keine leichte Aufgabe und erforderte unsere ganze Aufmerksamkeit, das scheue Tier bis zu der Stelle nachzutreiben, wo wir lagerten. Dort nun unternahmen wir mit vereinten Kräften einen neuen Angriff, und nach mehreren vergeblichen Versuchen, die uns nebenbei eine interessante Unterhaltung gewährten, gelang es uns endlich, den flüchtigen Renner so zu umstellen, daß wir imstande waren, ihn mit dem Lasso zu fangen und zu fesseln. Als das Pferd sich erst in unserer Gewalt befand, zeigte es sich gefügig; auch erkannten wir auf seinem Rücken die untrüglichen Merkmale, daß es in jüngster Zeit viel angestrengt und wahrscheinlich auf der Büffeljagd gebraucht worden war.

Jedenfalls lohnte sich unsere Mühe, und nach Prärieweise kümmerten wir uns nicht weiter darum, wer früher der rechtmäßige Eigentümer gewesen war.

Die Wölfe, die sich in der Nähe der Indianerlager vorzugsweise in größerer Anzahl aufhalten, belästigten uns vielfach während der Nacht, und um so mehr, weil wir in der durch einen Wolkenschleier verdichteten Finsternis nicht genau unterscheiden konnten, ob die Unruhe der Tiere von den wilden Bestien oder von räuberischen Komantschen verursacht wurde. Der anbrechende Morgen überzeugte uns, daß wir von ungebetenen Gästen verschont bleiben sollten, denn die Ebene war, so weit das Auge reichte, öde und leer; im Tal des Arkansas dagegen, dessen Rand sichtbar war, entstiegen zahlreiche Rauchsäulen den Zelten der Eingeborenen, und hungrige Wölfe umkreisten das Lager, um nach unserem Abzug sogleich Besitz von diesem zu nehmen. Wir waren auch in der Tat noch keine zweihundert Schritt entfernt, als sie sich schon um die Abfälle unserer Küche schlugen; ich schickte ihnen eine Kugel zu, und spornstreichs eilte die wilde Gesellschaft davon, als sie einen aus ihrer Mitte, von dem mörderischen Blei getroffen, lautlos zusammensinken sah.

Rüstig verfolgten wir sodann unseren Weg, und als die Glut der höher steigenden Sonne ermattend zu wirken begann, da schimmerte uns aus der Ferne wie aufmunternd ein schmaler Waldstreifen entgegen. In vielen Windungen zog sich der dunkelgrüne Streifen von Norden nach Süden, dem Arkansas zu; und daß dort im kühlen Schatten ein Flüßchen unablässig seinen Lauf verfolgte, das sagte uns die ganze Bodengestaltung. Durch den Instinkt über die Nähe des Wassers belehrt, lehnten sich die Tiere fester in die bestaubten Geschirre, und willig folgten sie den Sporen und der Peitsche.

Wir hatten die Pawnee Fork vor uns, einen beliebten Sommeraufenthalt der Eingeborenen jener Gegend. Durch die uns begegnenden Karawanen waren wir darauf vorbereitet worden, daß wir dort mit einem bedeutenden Teil der Cheyennes und Arapahoes zusammentreffen würden, doch zu unserer nicht geringen Überraschung fanden wir das Tal verödet und leer, und nur über den künstlich hergestellten Lauben, die als zeitweilige Wohnungen benutzt worden waren, schwebten kreischend Raben und Krähen — der sicherste Beweis, daß noch in jüngster Zeit Menschen dort gelebt hatten. Die Spuren der Pferde und der schleppendenDie Prärie-Indianer befestigen, wenn sie sich auf der Wanderung befinden, die 16 bis 20 Fuß langen Zeltstützen zu beiden Seiten der bepackten Tiere, so daß das dünne Ende derselben auf dem Boden nachschleift. Kinder, kranke und altersschwache Leute legen bedeutende Reisen mit verhältnismäßig großer Bequemlichkeit in den Steppen zurück, indem die zu beiden Seiten schleppenden Pfähle hinter den Pferden durch ausgespannte Büffelhäute verbunden und diese die Federkraft nicht entbehrenden Lager ihnen zum Aufenthalt angewiesen werden. Zeltpfähle, die in westlicher Richtung dem Fort Bent zu standen, belehrten uns, daß eine Abteilung von wenigstens vierhundert Seelen dort gelagert hatte und daß diese erst am vorhergehenden Tag von dort aufgebrochen war. Wir beschlossen daher, obschon wir erst fünfundzwanzig Meilen zurückgelegt hatten, an der einladenden Stelle nicht vorüberzuziehen, und errichteten auf dem linken Ufer des Stroms ein kleines Lager. Ich beeilte mich, mit meinen Fischergeräten an den Strom hinab zu gelangen, doch warf ich meine Angeln vergeblich aus, denn obgleich zahlreiche Fische die Fluten belebten, so schien doch keiner davon geneigt, den Köder anzurühren. Lange saß ich indessen am Rand des Flusses und ergötzte mich an den eilenden Fluten, die gegen zwanzig Fuß breit und drei bis fünf Fuß tief, ungestüm um die Anhäufungen des Treibholzes herumrieselten und auf ihrer beweglichen Oberfläche die schroffen Ufer mit ihrer schattigen Baumvegetation spiegelten.

Gewiß bietet die weite Prärie mit ihrer erhabenen Ruhe und ihrer majestätischen Ausdehnung manches, was ein empfängliches Gemüt anspricht und zum Denken veranlaßt. Wenn man aber nach langer Reise durch die endlosen Grasfluren sich plötzlich in einer Umgebung befindet, wo mächtige Walnußbäume, Sykomoren, Eichen und Weiden mancher Art ihre belaubten Kronen in dunklen Massen zusammendrängen und Lianen und Weinranken girlandenweise den lieblichsten Schmuck bilden; wo sich also in üppiger Vegetation im knorrigen Stamm wie im schwankenden Reis das im dunklen Schoß der Erde wirkende Leben und eine unerschöpfliche Zeugungskraft verraten, so scheint sich der Genuß, den die auf verschwenderische Weise ausgestattete Landschaft gewährt, zu verdoppeln. Aber auch doppelt schön erscheint das Bild der Grassteppe, die man eben verlassen hat und in die man abermals einzudringen gedenkt. — Wie ein liebevoller Gruß der Natur lächelt dem Präriewanderer der kleinste Waldstreifen entgegen; wie ein Gruß dringen ihm das Gezwitscher und der Gesang befiederter Waldbewohner ans Herz; und sogar in dem klaren Auge der Schildkröte, die ihren Kopf aus den Fluten hebt und aufmerksam seine Bewegungen beobachtet, glaubt er einen Gruß zu erkennen, ja es lächelt ihm von allen Seiten freundlich und verständlich zu, wenn er sich aufmerksam den tausendfältigen Stimmen zuneigt, die selbst aus scheinbar toten Gegenständen zu ihm sprechen.

Die Moskitos vertrieben mich endlich vom Fluß, und als ich ins Lager zurückkehrte, traf ich meine Gefährten damit beschäftigt, durch das Fernrohr einen Bison zu beobachten, der langsam auf unser Lager zuschritt. Natürlich machten wir uns sogleich zu einer Jagd fertig, doch das Tier, gleichsam die Gefahr ahnend, bog plötzlich von der eingeschlagenen Richtung ab und ging weiter unterhalb durch die Pawnee Fork dem Arkansas zu.

Ohne Störung verstrich die Nacht, und frühzeitig befanden wir uns am 8.Juli schon wieder unterwegs. Ein milder Gewitterregen hatte die ganze Landschaft erquickt, in frischerem Grün prangte der Waldstreifen, den wir von der Höhe aus weithin gegen Süden zu überblicken vermochten; in frischerem Grün prangte die Ebene selbst, und auf kurze Zeit vom lästigen Staub befreit, zog sich unsere breite Straße in östlicher Richtung dahin. Wir näherten uns zeitweise dem Arkansas und entfernten uns wieder von ihm je nachdem der Strom selbst seine Windungen beschrieb oder je nachdem wir einen Übergangspunkt über die trockenen Betten von Gießbächen wählten, die mehrfach unsere Straße von Norden nach Süden durchschnitten.

Einem einzelnen Arapahoe begegneten wir; dieser war im Begriff, seinem Stamm die bevorstehende Ankunft des Agenten anzuzeigen, der sich nach seiner Aussage noch vier Tagereisen zurück befand. Der Indianer zeigte das Bild eines stattlichen Kriegers, und trotzdem er sich mit Waffen und phantastischem Schmuck, besonders mit Eulen- und Habichtfedern, förmlich überladen hatte, so führte er doch sein mutiges Pferd mit außerordentlicher Anmut und Sicherheit. Nach seinen Waffen zu schließen, mußte er ein vornehmer Häuptling sein, denn vorn auf seinem Sattel ruhte eine lange Büchse, an seiner linken Schulter hingen ein Schild aus festem Büffelleder sowie ein Bogen aus Elkhorn nebst wohlgefülltem Köcher, in der rechten Faust ruhte die leichte Lanze, während in seinem Gürtel der Tomahawk und das Messer blitzten.

Nach kurzem Aufenthalt ritt jeder seines Wegs, doch begegneten wir bald wieder drei einzelnen Reitern, die wie toll auf ihren wilden Pferden durch die Ebene jagten. Als sie uns erblickten, lenkten sie auf uns zu, und wir erkannten schon von weitem zwei Amerikaner und einen Indianer, die sich in ihrem Äußeren nur sehr wenig voneinander unterschieden. Erstere nämlich — zwei junge Burschen mit verwegenem Ausdruck in ihren bartlosen Zügen — hatten durch Vernachlässigung ihrer Person und durch teilweise indianische Kleidung viel von dem Charakter der Eingeborenen angenommen, während der Indianer, den ich seiner hellen Farbe wegen für einen Halfbreed hielt, sich durch Haltung und Kostüm wieder der weißen Rasse zu nähern suchte. Sie teilten uns mit, daß sie in Verbindung mit einem Tauschhändler ständen, dessen Etablissement wir im Lauf des Tages am Walnut Creek erreichen würden, und daß sie im Begriff wären, sich zu den Komantschen zu begeben, wohin sie schon einige Wagen mit Tauschartikeln vorausgesandt hatten.

Es bedarf gewiß der Nachsicht, daß ich in meiner Beschreibung sogar der Begegnung mit einzelnen Leuten gedenke, doch wie in der Wirklichkeit das Erscheinen von menschlichen Gestalten in der unbeschreiblichen Einsamkeit der Prärie gleichsam als Ereignis betrachtet wird und sich infolgedessen der Erinnerung mit unauslöschlichen Farben einprägt, so ist es mir, als ob ich hier nicht unterlassen dürfte, solcher geringfügigen Umstände Erwähnung zu tun. In diesem Fall ist die Rückerinnerung besonders lebhaft, weil mein Auge mich täuschte und ich einen Menschen nicht wiedererkannte, mit dem ich in früheren Zeiten monatelang gemeinsam die Steppen durchwanderte. Ich erfuhr nämlich in dem Haus des Pelztauschers, daß der vermeintliche Halbindianer ein junger Mexikaner namens Vincenti sei, der, als Kind von den Komantschen geraubt, allmählich deren Sitten und Neigungen angenommen habe. Seine Züge und der Ton seiner Stimme waren mir allerdings aufgefallen, doch nicht hinlänglich, um mich dadurch veranlaßt zu fühlen, nach seinem Namen zu fragen; und daß der hübsche, schlanke Indianer, dessen reich bestickte Mokassins und Leggins darauf hindeuteten, daß recht geschickte Squaws ihn bedienten, daß dieser also der kleine VincentiÜber Vincentis Geschichte siehe »Tagebuch einer Reise vom Mississippi nach den Küsten der Südsee«, S. 60. sei, der einst Whipple‘s Expedition als Dolmetscher begleitete, das hätte ich nie vermutet, so sehr hatte sich der Knabe in dem Zeitraum von vier Jahren verändert. Ob nun Vincenti mich wirklich nicht wiedererkannte oder aus Laune nicht erkennen wollte, vermag ich nicht zu entscheiden; genug, wir trennten uns wie fremde Menschen voneinander, und einige Stunden später erfuhr ich erst, daß die Prophezeiungen, die ich einst dem verwilderten Jungen machte, eingetroffen waren: daß er sich nämlich in dem ungebundenen Leben eines Indianers glücklich fühlte und im Besitz von einigen hübschen Frauen gar nicht geneigt war, sein Los mit irgendeinem anderen zu vertauschen.

Sechsunddreißigstes Kapitel

Ankunft am Walnut Creek — Das Blockhaus — Gezähmte Büffel — Büffelherden — Lager an der Mündung des Walnut Creek — Büffeljagd — Der nächtliche Gewittersturm — Fortsetzung der Reise — Büffeljagden — Lager am Cow Creek — Der angeschwollene Strom hindert an der Weiterreise — Die Rollkäfer — Ankunft der Post — Die Post der Vereinigten Staaten — Die letzte Büffeljagd — Übergang über den Cow Creek

Nach einem Marsch von dreißig Meilen gelangten wir an den Walnut Creek, ein Flüßchen, das im Charakter und in seiner Größe dem Coon Creek vollständig ähnlich ist. Ich erblickte dieselben malerischen Baumgruppen, dieselbe Verschiedenheit der Baumarten, dasselbe kräftige, dunkle Grün und dieselben abschüssigen, lehmigen Ufer. Wir gingen durch den Fluß, und uns an diesem hinunter dem Arkansas zuwendend, erreichten wir nach kurzer Zeit die Blockhütte des Pelztauschers. Der Eigentümer des Handelspostens war, wie uns einige dort hausende junge Leute mitteilten, an den Missouri gereist, um das gewonnene Pelzwerk zu verwerten und gleichzeitig neue Waren herbeizuschaffen. Zum Schutz seines Eigentums, zu dem namentlich eine schöne Viehherde gehörte, hatte er sechs junge Amerikaner und Vincenti zurückgelassen, und diese führten allem Anschein nach ein überaus glückliches und sorgenfreies Leben. Die Eingeborenen, denen ein Tauschhändler an jenem Punkt willkommen war, trieben nämlich ihre Belästigungen nur bis zu einem gewissen Grad, und an Lebensmitteln konnte es ihnen auch nicht fehlen, da zu dem Mehlvorrat, den die Blockhütte barg, nie Mangel an frischem Fleisch eintreten konnte. Der östliche Winkel zwischen dem Walnut Creek und dem Arkansas war ja ständig von Büffeln belebt, und es bedurfte nur einer geringen Mühe, von einem schnellen Pferd herab den einen oder den anderen von ihnen zu erlegen.

Nahe bei der Blockhütte, auf dem Ufer des Flüßchens, beschlossen wir also zu übernachten und begaben uns alsbald zu den jungen Leuten, die uns zwar keine gewählte Gesellschaft, aber doch immerhin eine interessante Unterhaltung gewährten. Auch fanden wir dort Gelegenheit, unsere Stiefel, die nicht mehr zusammenhalten wollten, durch weiche indianische Mokassins zu ersetzen, und wir erhielten einen schlechten Whisky zum Kauf, der mich zu dem Verdacht führte, daß den Indianern hier für ihr Pelzwerk oft etwas Aufregenderes als die gewöhnlichen Tauschartikel bezahlt wurde. Ganz sicher fühlten sich die Bewohner des Handelspostens indessen nicht, und besonders die Wintermonate flößten ihnen große Sorge ein, zu welcher Zeit sie zahlreichen Besuch von Eingeborenen erhielten, die lediglich dorthin kamen, um sich durchfüttern zu lassen, und die nicht zurückgewiesen werden durften, wenn man es sich nicht mit dem ganzen Stamm verderben wollte.

Ich kann nicht leugnen, daß ich seit meiner Bekanntschaft mit dem Fernen Westen gewissermaßen ein Verehrer des abenteuerlichen Lebens der Pelzjäger und Pelztauscher gewesen bin, und zwar in so hohem Grad, daß es keine geringfügigen Umstände erforderte, mich von dem Entschluß abzubringen, mein ganzes Leben in den romantischen, verlockenden Urwildnissen zuzubringen. Nirgends fühlte ich mich behaglicher als in den Blockhäusern am oberen Missouri und in den Rocky Mountains und nirgernds fröhlicher als in der Gesellschaft weißer Jäger, mochten auch sonst Verhältnisse der widrigsten Art auf mich einstürmen und mich von allen Seiten bedrohen. Hier nun, in dem Handelsposten am Walnut Creek, war es anders, und wenn ich auch den Grund dafür nicht anzugeben vermag, so fühlte ich doch heraus, daß manches nicht so war, wie es hätte sein sollen, und daß dieses Etablissement nicht in die Reihe der Handelsposten der American Fur Company gebracht werden konnte, von der, mögen auch sonst gerechte Vorwürfe diese treffen, die Eingeborenen stets nach gewissen Prinzipien behandelt werden und wo militärische Ordnung den Mangel des Gesetzes teilweise ausfüllt.

Viel Freude gewährten mir sechs gezähmte Büffel, die gegen Abend mit dem übrigen Rindvieh der von starken Palisaden hergestellten Einfriedung zugetrieben wurden. Obgleich noch nicht ausgewachsen, waren sie doch stattliche Tiere und unterschieden sich in ihrem Wesen und Benehmen nicht im geringsten von ihren scheckigen Kameraden, die eine besondere Freundschaft für sie gefaßt zu haben schienen. Auffallen mußte, daß die gezähmten Büffel sich nie den zahlreichen Herden der wilden zugesellten, die täglich in ihrer Nähe weideten, und dies bestärkte mich in der Meinung, daß der nordamerikanische Bison — wie er richtiger genannt wird — sich ebensogut zum Haustier eignet wie das Schaf oder das gewöhnliche Rindvieh.

Diese Büffel waren als Kälber, nachdem man die Mutter bei ihnen totgeschossen hatte, mit geringer Mühe eingefangen und dem übrigen Rindvieh beigefügt worden, und die jungen Tiere hatten von der ersten Stunde an weder Unruhe noch Abneigung gezeigt, sich von Menschen treiben oder leiten zu lassen. Ihre Bestimmung war, an den Missouri geführt und dort verkauft zu werden, und man betrachtete dort den Büffelhandel als einen Erwerbszweig, der wohl einige Aufmerksamkeit verdiente. Leider wird der den zivilisierten Gegenden zugeführte Bison nur zu Schlachtvieh verwendet und pfundweise zu sehr hohen Preisen an Leute verkauft, die den Geschmack des weltberühmten Fleisches kennenlernen wollen. Der augenblickliche Gewinn gestattet also nicht, daß man sich in Amerika mit der eigentlichen Bisonzucht befaßt, doch habe ich allmählich die Überzeugung gewonnen, daß der Bison bei einigermaßen sorgfältiger Pflege nicht nur leicht zu zähmen ist, sondern sich auch akklimatisiert und dessen Einführung in Europa weniger mühevoll und mehr gewinnbringend sein würde, als man im ersten Augenblick vermuten möchte.

Es war schon zu spät, um an diesem Tag noch eine Jagd zu beginnen, ich unterhielt mich daher bis zum Abend damit, die fernen Herden durch das Fernrohr zu beobachten, und ergötzte mich an dem harmlosen Treiben der riesenhaften zottigen Tiere, die gesättigt dem Wasser zuschritten oder wiederkäuend gemächlich umherlagen. Die langbärtigen, kraftvollen Gestalten hatten durchgehends ein überaus ernstes Ansehen; um so komischer nahm es sich daher aus, wenn einzelne wie im jugendlichen Übermut mit ungraziösen Bewegungen umhersprangen oder sich im Kampfspiel gegenseitig mit ihren stumpfen Hörnern anfielen. Die Greise der Gesellschaft blickten gleichgültig zu dem jungen Volk hinüber, die Kühe putzten und leckten ihre rotbraunen Kälber, und auf den gekrümmten Rücken von allen ließen sich Flüge der zutraulichen Kuhvögel nieder, um die Brut giftiger Fliegen aus dem zottigen Pelz zu entfernen. — Die scheidende Sonne beleuchtete ein Bild des tiefsten Friedens, ein Bild des Friedens, auf dem nur der Mensch fehlte, um es zu stören; denn nur des bloßen Anblicks eines solchen hätte es bedurft, um die Herden erschreckt davonfliehen zu machen und mithin auch die reizenden Vögel zu verscheuchen.

In der Frühe des 9. Juli entdeckten wir zu unserem größten Verdruß, daß eins der Reittiere unter dem Schutz der Dunkelheit im Schatten der Bäume davongeschlichen war. Genaue Nachforschungen ergaben, daß es den Weg zurück eingeschlagen hatte, und wir veranlaßten sogleich einen der jungen Leute des Blockhauses, dem Flüchtling nachzureiten und ihn schleunigst wieder herbeizuschaffen. Wir selbst begaben uns an die zwei Meilen entfernte Mündung des Walnut Creek, um dort, auf dem grasigen Ufer des Arkansas, den folgenden Tag und die Rückkehr des entflohenen Maultiers zu erwarten.

Die Hitze war drückend, und vergeblich suchten wir uns im Schatten des Wagens und des Zeltes der Sonnenglut zu entziehen; wir vergaßen fast, daß wir uns in der Büffelregion befanden, und waren daher nicht wenig überrascht, als wir plötzlich in der Mitte des Arkansas neun mächtige Stiere gewahrten, die schwerfällig den Strom durchwateten. Nach der Richtung zu schließen, in der sie sich bewegten, mußten sie eine kurze Strecke unterhalb unseres Lagers das Ufer erreichen, und ich beeilte mich daher, sie an jener Stelle mit meiner Büchse zu empfangen, während der Doktor und Peacock die beiden Pferde sattelten und sich zur Verfolgung bereithielten. Wir hatten sie indessen etwas zu spät bemerkt, denn noch befand ich mich nicht in geeigneter Schußweite, als der vorderste aufs Ufer sprang und das Wasser aus seinem Pelz schüttelte. Ihm nach folgten die anderen, und sich umschauend gestatteten sie mir nicht, die Entfernung, die mich noch von ihnen trennte, zu verringern. Als sie dann den Wagen und die Maultiere erblickten, wurden sie unruhig, und sich zur Flucht vorbereitend, reckten sie die kurzen Schweifchen empor; ich lag indes im Gras und hatte mir den feistesten zum Ziel für meine Kugel ausgewählt, und in dem Augenblick, als der vorderste sich in Galopp setzte, gab ich Feuer. Schwer getroffen sank das Tier auf die Knie, doch sich schnell wieder aufraffend gesellte es sich seinen Kameraden zu, die wie rasend über die Wiesen dahineilten.

Sowie der Schuß gefallen war, verließen der Doktor und Peacock zu Pferd das Lager, und in der einen Hand den Revolver, in der anderen die Peitsche schwingend jagten sie den flüchtigen Büffeln nach. Eine Schwellung des Bodens entzog sie samt ihrer Beute bald meinen Blicken, doch belehrten mich die rasch aufeinander abgefeuerten Schüsse, daß sie die kleine Herde eingeholt und zerstreut hatten.

Ich war im Begriff, meine Büchse wieder zu laden, als ich durch unseren Koch auf einen versprengten Büffel aufmerksam gemacht wurde, der in gerader Richtung auf das Lager zueilte. Wigham, den die Neugierde ebenfalls hinausgetrieben hatte, befand sich zwischen mir und dem heranstürmenden Stier, und ich rief ihm zu, denselben dem Fluß zuzujagen, so daß er genötigt gewesen wäre, mir gerade entgegenzulaufen. Doch Wigham, unser getreuer Irländer, war anderer Meinung; in der Absicht, den Anblick seiner Person dem erschreckten Tier, das ihm über alle Beschreibung fürchterlich erschien, zu entziehen, legte er sich auf den Boden und verbarg sich, so gut es gehen wollte, in dem niedrigen Gras.

Unglücklicherweise befand er sich aber genau in der Richtung, die der Büffel eingeschlagen hatte, und in Todesangst sah er denselben auf sein Versteck losstürmen, aus dem er sich nicht herauswagte, aus Besorgnis, von der scheinbar wütenden Bestie verfolgt und eingeholt zu werden. Als der Stier aber nur noch ungefähr zwanzig Schritt von ihm entfernt war, konnte er den furchtbaren Anblick nicht länger ertragen; er glaubte sich entdeckt, sah sich im Geist schon von den dicken Hörnern und schweren Hufen zermalmt, und indem er seine ganze Kraft zu einem letzten Rettungsversuch zusammennahm, sprang er auf und eilte spornstreichs dem Lager zu.

Kaum aber sah der Büffel eine menschliche Gestalt vor sich aus dem Gras auftauchen, als er, nicht weniger erschreckt, zur Seite sprang und in weitem Bogen um den Irländer herumgaloppierte. Trotzdem ich mich im vollen Lauf dem Büffel zu nähern suchte, entging mir doch nicht das unbeschreiblich komische Bild, in dem der Mensch und der Büffel sich gegenseitig ängstigten und voreinander flohen. Deutlich sehe ich in der Erinnerung den getreuen Wigham vor mir, wie er in der einen Hand seinen Revolver, in der anderen seinen Hut hielt, wie die langen gelben, vor Schreck gesträubten Haare sein gerötetes Gesicht ähnlich einem Heiligenschein umgaben und wie er seine korpulente Gestalt zu Sprüngen zwang, auf die eine Antilope hätte stolz sein können.

In guter Schußweite stürmte der Büffel bei mir vorüber, und ich verfehlte nicht, meine Büchse auf ihn abzufeuern. Mit lautem Krachen bahnte sich die Kugel ihren Weg durch das Schulterblatt, das Tier sank zusammen, erhob sich in dessen wieder und eilte halb schwimmend, halb watend durch den Arkansas, auf dessen jenseitigem Ufer es sterbend zusammenbrach. Ich wandte mich jetzt dem vor Schreck noch immer sprachlosen Wigham zu und überhäufte ihn mit Vorwürfen, weil er nicht meinem Wunsch gemäß den fliehenden Büffel dem Strom zugetrieben hatte, in welchem Fall es ein Leichtes für mich gewesen wäre, das Tier wenige Schritte vor unserem Zelt zu töten. Doch Wigham, der die Feigheit der fliehenden Büffel nicht kannte, erwiderte, daß er es für keinen Spaß halte, von einer so schrecklichen Bestie angegriffen und verfolgt zu werden, und daß er sich für alles Gold Kaliforniens und für alle Büffelzungen der Prärie nicht in den Kampf mit einem solchen einlassen möge.

Der gefallene Stier wurde den Wölfen, die von allen Seiten herbeieilten, nicht weiter streitig gemacht, denn es verspürte keiner von uns große Lust, durch den trügerischen Strom zu setzen; übrigens erhielten wir so viel Fleisch von dem zuerst geschossenen und von einem zweiten, den der Doktor und Peacock mit ihren Revolvern erlegten, daß wir für den Rest der Reise genug gehabt hätten, wenn es nicht durch den Einfluß der glühenden Sonnenhitze zu schnell verdorben wäre.

Recht behaglich fühlten wir uns bei dem Luxus, mit dem unsere Küche jetzt ausgestattet war, und unsere Zufriedenheit wurde gesteigert, als der abgesandte Bote kurz vor Abend mit dem entflohenen Maultier bei uns eintraf. Unserer Weiterreise stand also kein Hindernis mehr entgegen, doch blickten wir nicht ohne Besorgnis auf den nordwestlichen Horizont, an dem die scheidende Sonne sich hinter schweren Gewitterwolken verbarg, die drohend mit rasender Schnelligkeit emporstiegen und beim Einbruch der Nacht den ganzen Himmel in einen schwarzen, feuersprühenden Schleier verhüllten. — Als wir uns zur Ruhe begaben, rasselten die ersten Regentropfen auf die straff gespannten Zeltwände, und dumpf, ohne Pausen, rollte der Donner, während das elektrische Feuer die ganze Umgebung magisch erhellte und nur auf Augenblicke in schwarze, undurchdringliche Finsternis zurücksinken ließ. Das gleichmäßig zunehmende Getöse und die drückende Atmosphäre hinderten uns indessen nicht einzuschlafen, und erst um die Mitternachtsstunde, als der Regen sich in einen Wolkenbruch verwandelt hatte und die Erde unter dem Krachen der heftigen Donnerschläge bebte, fuhren wir empor und gewahrten, daß die Zeltpflöcke sich in dem aufgeweichten Boden lösten und das Wasser unter uns durch- und teilweise in unsere Betten hineinrieselte. Wir eilten sogleich hinaus, um das Zusammenbrechen des Zeltes zu verhüten, und nur mit knapper Not gelang es uns, die durch die Nässe schwer gewordene Leinwand wieder straff zu spannen, wodurch zwar die Feuchtigkeit von oben abgehalten, dagegen das Steigen des Wassers auf dem Boden nicht verhütet wurde. Um die Decken vom gänzlichen Durchnässen zu retten, rollten wir diese zusammen und legten sie auf die herbeigeschafften Feldstühle; wir selbst nahmen dann auf den erhöhten Sitzen Platz, und die Füße zu uns heraufziehend, beobachteten wir das Wasser, das im Gras stieg und für den Rest der Nacht jeden Gedanken an Ruhe unmöglich machte.

Bis zum Anbrach des Tages tobte das Wetter mit ungebrochener Wut fort, und wie im endlosen Kampf schienen die erzürnten Elemente gleichsam um die Oberherrschaft zu ringen. Zahlreiche Gewitter hatten sich von allen Seiten über der Mündung des Walnut Creek zusammengezogen; Blitze schleudernd stürmten sie aufeinander ein, und wo eins zurückwich, da geschah es, wie um neue Kräfte zu sammeln und mit verdoppelter Gewalt in den Kampf zurückzustürzen. Die Dunkelheit war vollständig verdrängt, in bläulichem Licht schwamm die ganze Atmosphäre, weiße Zickzacklinien durchschnitten unausgesetzt die niederströmenden Wassermassen, gewundene Feuersäulen verbanden sekundenlang das hängende Gewölk mit dem zitternden Erdboden, dazu rollte der Donner auf betäubende Weise, und rasch aufeinander krachten die scharfen, durchdringenden Schläge, wenn der Blitz sich zischend ins schäumende Wasser senkte, den Baum spaltete oder die Erde tief aufwühlte. Ängstlich drängten sich die Maultiere wie schutzsuchend zu uns heran; doch welchen Schutz konnten wir gewähren, die wir selbst durchnäßt, auf sumpfig gewordenem Boden vergeblich nach einer Lagerstätte umherforschten?

Wie gern vergißt aber der Mensch unbequeme Lagen, wenn es ihm dafür vergönnt ist, sein Wissen und seine Erfahrungen im Reich der Natur zu erweitern! Ist es doch, als wenn diese zu solcher Stunde den geheimsten Teil ihres Buches vor ihm aufschlägt, um ihn eine Seite in demselben lesen zu lassen; im lautesten Donner, in den hellsten Blitzen verkündigt sie ihre weisen Gesetze und erweckt innige Verehrung, ja kindliche Liebe bei ihren warmen Anhängern, wenn sie den Tieren und krankhaften Gemütern Schrecken einflößt.

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
Hacim:
1050 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain
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