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Kitabı oku: «Reisen in die Felsengebirge Nordamerikas», sayfa 57

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Als am 10. Juli die Morgendämmerung der Tageshelle wich, zerteilten sich die Gewitter, schwere Wolken bedeckten indessen noch immer den Himmel, und aus denselben ergoß sich unausgesetzt ein heftiger Regen. Wo sich unser Lager befand, war der Boden nicht nur aufgeweicht, sondern auch teilweise mit Wasser bedeckt; wir hielten es daher nicht für ratsam, noch länger hierzubleiben, und nachdem wir mit einem kärglichen Mahl vorliebgenommen hatten, beeilten wir uns, den sumpfigen Winkel zu verlassen und ihn mit der höher gelegenen Ebene zu vertauschen.

Ehe wir aufbrachen, kam noch einer der jungen Tauschhändler zu uns; er war krank und suchte Rat und Hilfe bei unserem Doktor. Ich erfuhr bei dieser Gelegenheit, daß es am vorhergehenden Tag zu ernstlichen Reibungen zwischen den Komantschen und den Osagen gekommen war, und daß letztere unbemerkt in einige abgesonderte Zelte der Komantschen gedrungen seien, dort zwei Weiber lebendig skalpiert, einige Männer erschlagen und mehrere Weiber und Kinder gefangen mit fortgeführt hätten. Auch teilte er uns mit, daß ein Mexikaner, der, um Büffel zu jagen, dem Train, zu dem er gehörte, vorausgeeilt war, am Cow Creek auf der Straße von einem Osagen erschossen worden sei, und er riet uns, in den nächsten Tagen auf unserer Hut zu sein. Wir dankten dem jungen Menschen, obgleich unsere Wachsamkeit nicht mehr verschärft werden konnte, und langsam zogen wir dann durch die grasreiche Ebene, in der die Wagenräder tief einschnitten und die Tiere bis über die Fesselgelenke durchtraten. Wir erreichten indessen bald die feste Straße auf der Höhe, und Peitsche und Sporen anwendend, vergrößerten wir die Schnelligkeit unserer Reise bis zu drei Meilen in der Stunde.

Um die Mittagszeit befanden wir uns zwischen einer Reihe sandiger Hügel, und da der Regen nachgelassen hatte, rasteten wir hier eine Stunde. Wir waren eben im Begriff, unsere Reise wieder fortzusetzen, als ich einer Herde Büffel ansichtig wurde, die ruhig in einer kesselförmigen Senkung des Bodens zwischen den Hügeln weidete. Während nun Peacock und der Doktor die gewöhnlich leergehenden Pferde sattelten, ritt ich in weitem Bogen um die Herde herum, um womöglich einen aus ihrer Mitte zu erlegen und die übrigen der Straße zuzutreiben, wo dann von meinen Gefährten die Hetzjagd aufgenommen werden sollte. Alles ging nach Wunsch, ich ließ mein Tier zurück und gelangte unbemerkt bis an den Rand des kleinen Tals. Leider befand sich die Herde immer noch zu weit von mir entfernt, als daß ich mit Sicherheit auf Erfolg hätte rechnen können; ich gab indessen dreimal hintereinander Feuer, und dreimal zuckte ein Büffel schmerzhaft zusammen, ehe er sich langsam zu seinen abwärts weidenden Gefährten begab. Da die Schützen unterdessen ihre Posten eingenommen hatten, so bestieg ich mein Tier und verfolgte sodann die fliehende Herde bis über den Weg, wo die Jagd sogleich von dem Doktor, Peacock und Egloffstein fortgesetzt wurde. Es war ein interessantes Schauspiel, die Reiter zu beobachten, wie sie die Herde voneinander trennten, abwechselnd an einen einzelnen Büffel heransprengten und in vollem Rennen Schuß auf Schuß aus ihren Revolvern auf denselben feuerten, bis das erschöpfte, aus vielen Wunden blutende Tier endlich sterbend zusammenbrach.

Ich hatte mir den angeschossenen Stier zu meiner Beute ausersehen, und ermattet, wie er schon war, wurde es meinem Tier nicht schwer, gleichen Schritt mit ihm zu halten; ich ritt so dicht an ihn heran, daß das Feuer meines Revolvers seine Wolle versengte, doch bedurfte es noch mehrerer Schüsse, bis das grimmige Tier sich stellte und es mir gestattete, seinem Leben ein Ende zu machen.

Die Jagd hatte uns weit voneinander getrennt, feiner, aber sehr dichter Regen verhüllte die ganze Landschaft, und erst nach einigem Umherirren trafen wir wieder bei dem Wagen zusammen, der ungestört seine alte Richtung verfolgt hatte. Es regnete ununterbrochen bis gegen Abend, als wir uns aber nach einem Marsch von siebenundzwanzig Meilen angesichts des Cow Creek befanden, klarte es im Westen auf, und die scheidende Sonne spiegelte sich in den zahllosen Regentropfen, welche die gebogenen Grashalme beschwerten oder als letzte Spende der abwärts eilenden Wolken aus der abgekühlten Atmosphäre niedersanken.

Die Dämmerung war schon eingetreten, als wir auf dem grünen Ufer des Flüßchens anhielten und zur Errichtung des Lagers schritten. Naß waren der Boden, das Gras und die grünen Eschen am Ufer; naß waren das Zelt, die Decken und unsere Kleidungsstücke; es blieb uns also keine große Wahl — wir breiteten die Feldbetten auf feuchtem Rasen aus und wärmten die Füße an dem spärlichen Feuer aus Büffeldung, über dem frisches, saftiges Fleisch schmorte. Ein siedend heißer Grog brachte das Blut in Wallung, und naß, wie wir waren, krochen wir dann zwischen die nassen Decken, wo wir uns nur rührten, um die Wache zu übernehmen und fröstelnd eine Stunde das Lager zu umkreisen.

Das Zelt dampfte unter den Strahlen der Sonne, als wir uns am 11. Juli um unseren Tisch versammelten, und da der Cow Creek, der für gewöhnlich kaum einen bis zwei Fuß tiefes Wasser führte, bis zu sechzehn Fuß Höhe angeschwollen war und wir ihn also nicht überschreiten konnten, so war der helle Sonnenschein uns doppelt willkommen, um die genäßten Gegenstände auf dem grünen Rasen zum Trocknen ausbreiten zu können. Die Atmosphäre war drückend heiß, sichtbar entstieg die Feuchtigkeit als Dampf dem Boden, und nicht länger vermochten wir das Fleisch zu halten, das wir vom Walnut Creek aus mitgeführt hatten. Uns daher auf das beschränkend, was wir am vorhergehenden Tag erbeutet hatten, warfen wir das ältere fort; als aber die höher steigende Sonne dasselbe in den Zustand der Gährung versetzte, da zogen aus allen Richtungen Tausende und aber Tausende grüner und roter Goldkäfer herbei, um das verwesende Fleisch zur Nahrung für ihre Brut zu sichern. Es war ein Brummen und Gesumme, als wenn wir von Bienenschwärmen umgeben gewesen wären; haufenweise umlagerten die schillernden Insekten die übelriechenden Fleischklumpen, und um das Zelt und den Wagen hatte sich ein dicker Kreis dieser unbeholfenen Tiere gebildet, die im heftigen Flug an der straff gespannten Leinwand angeprallt und rücklings auf den Boden gefallen waren. Nie erblickte ich Käfer in solchen Massen wie an jenem Morgen, und es hatte fast den Anschein, als ob die schwerfälligen, aber prachtvoll beschwingten Tiere aus meilenweitem Umkreis herbeigezogen wären.

Besonders zahlreich vertreten fand ich den jedem Präriewanderer bekannten Rollkäfer, an dessen merkwürdigen Manieren ich mich so vielfach auf meinen Reisen ergötzte. Diese Insekten von der Größe der gewöhnlichen Mistkäfer bilden nämlich einzeln oder zu zweien aus Dung und anderen verwesenden Stoffen regelmäßige runde Kugeln von der Größe eines kleinen Taubeneis. Ist eine solche fertig, so spannen sie sich vor, und zwar so, daß, wenn dieses Eigentum eines einzelnen Herrn ist, dieser rückwärts auf den vier Vorderfüßen gehend mit den beiden Hinterfüßen die Kugel nach vorn rollt, und wenn zwei sich in den Besitz des kleinen Kunstwerks teilen, der zweite sich auf die andere Seite vorspannt und die Last nach sich zieht. So schaffen die fleißigen Tierchen ihren Schatz oft weite Strecken fort, vergraben ihn zusammen mit ihrer Brut an einem sicheren Ort und fliegen davon, um neuen Vorrat auszumeißeln und nach einer andern Richtung hinzurollen.

Auf Wegen, wo Vieh getrieben worden ist, findet man diese merkwürdigen Käfer am häufigsten und man sieht sie dann rastlos ihre Kugeln den Wagengleisen nachrollen, bis sie endlich eine Stelle entdecken, an der sie ihre Last aus der für sie gewiß fürchterlichen Schlucht hinauswinden können. Oft bin ich abgestiegen und habe den eifrigen Arbeitern einen Weg gebahnt, um sie nicht von den Wagenrädern zermalmen zu lassen, oft aber auch habe ich sie ringsum mit einem Erdwall umgeben, um sie zur Aufbietung ihrer ganzen Kräfte zu zwingen. In letzterem Fall verließ das Tierchen seine Kugel, eilte spornstreichs an den Abhängen umher, forschte nach der geeignetsten Ausgangsstelle, begab sich zu seiner Ladung zurück, und die beschwerliche Arbeit des Hebens und Schiebens begann. Nun aber wußte ich nicht, worüber ich mehr erstaunen sollte, ob über die Kraft des kleinen Tieres, das die glatte Kugel bergan schob und dabei im Gleichgewicht hielt, oder über seine Ausdauer, wenn, an einem Absatz angekommen, die Kugel seinen Krallen entglitt und zusammen mit ihm wieder in die Tiefe hinabrollte und dieses dann seine Arbeit unverdrossen von neuem begann. Bis zu sechzigmal ließ ich einst einen solchen Käfer seine Kugel vergeblich nach der Höhe hinaufrollen, doch erreichte ich nicht, daß er sein Eigentum aufgab und davonflog, denn meine Geduld war der seinigen nicht gewachsen; ich öffnete ihm daher ein bequemes Tor, sah noch, wie er gleichsam im Triumph sich hinter die Kugel spannte und mit ungeschwächter Kraft seine Last von dannen schob.

Im Laufe des Vormittags langte die Post der Vereinigten Staaten am Cow Creek an; diese hatte den Missouri erst acht Tage früher verlassen, und ihre Führer waren unangenehm berührt, als sie sich plötzlich durch das angeschwollene Flüßchen in ihrer fluchtähnlichen Reise aufgehalten sahen. Die Führer sind nämlich kontraktlich verpflichtet, die Reise durch die Steppen in einem gewissen Zeitraum zurückzulegen, und es werden nur wirklich unübersteigliche Hindernisse als Entschuldigung für versäumte Zeit angenommen, wogegen sie in anderen Fällen Geldabzüge zu gewärtigen haben. Das Postwesen befindet sich in den Vereinigten Staaten fast ausschließlich in den Händen von Privatpersonen, und diese beziehen von der Regierung bedeutende Summen für die schnelle und sichere Beförderung von Briefen und Personen; auch haben sie zugleich das Recht, auf den Routen zwischen dem Missouri und der Südsee, wo die Straßen zeitweise sehr unsicher sind, von einem Militärposten bis zum anderen Eskorten zu requirieren, die dann gezwungen sind, gleichen Schritt mit der kleinen Karawane zu halten.

Die Postkarawane besteht gewöhnlich aus einem bis sechs leichten Reisewagen, je nachdem, wie viele Passagiere sich zur Reise gemeldet haben; jeder Wagen ist mit vier oder sechs der besten Maultiere bespannt, führt aber die doppelte Zahl bei sich, damit die Tiere von vier zu vier Stunden abgelöst werden können; und da der größte Teil der Fracht aus schwerem, nahrhaftem Futterkorn besteht, die Tiere also nicht aufs Gras allein angewiesen sind, so werden ihnen von vierundzwanzig Stunden auch nur sechs, höchstens acht zur Ruhe vergönnt. Bei jedem Wagen befinden sich außer dem Fuhrmann noch zwei berittene Treiber, von denen der eine die leer gehenden Tiere zu überwachen hat, während der andere bald auf der einen, bald auf der anderen Seite des Wagens reitet und mittels einer langen Peitsche die Zugtiere in schneller Bewegung hält. Und so eilt denn die Post mit der Geschwindigkeit von durchschnittlich vier Meilen in der Stunde über die endlosen Ebenen dahin; und versehen mit den ausgesuchtesten Tieren, wird es ihr nicht schwer, täglich fünfzig bis siebzig Meilen zurückzulegen und in der unglaublich kurzen Zeit von achtzehn Tagen vom Missouri nach Santa Fé oder zurück zu gelangen.

Mehrfach zur nächtlichen Stunde, wenn ich das Lager umkreiste und kein anderes Geräusch als das tiefe Atmen ruhender Menschen und Tiere die Stille unterbrach, schallte es aus der Ferne zu mir herüber wie das unheimliche Getöse einer gespenstischen, wilden Jagd. Deutlicher vernahm ich allmählich aufmunternde Rufe, Peitschengeknall, Stampfen von Hufen und Wagengerassel. Ich versuchte die Dunkelheit mit den Augen zu durchdringen, doch nur einzelne Funken entdeckte ich, welche eisenbeschlagene Hufe den Kieseln im Weg entlockten oder vom Luftzug den glimmenden Pfeifen entführt wurden. Allmählich traten die unbestimmten Umrisse von Wagen, Reitern und Tieren hervor, und herbei rasselte die flüchtige Karawane. Plötzlich, in Schußweite vom Lager, hielt sie an, ich vernahm das Knacken von Pistolenhähnen und zugleich den Ruf: »Wer lagert da?«

»Regierungstrain!« war die Antwort.

»Die Post!« schallte es zurück, die Peitschen knallten, die Ketten und Ringe an den Geschirren klirrten, und mit lautem »Hallo!« trabte sie vorbei, die »Vereinigte-Staaten-Post.« Ein Reiter trennte sich vom Zug, richtete an mich einige Fragen mit Bezug auf die Straße oder die Eingeborenen, gab mir flüchtig Auskunft über das, was ich zu wissen wünschte, spornte sein Tier an, und dahin galoppierte er den Wagen und Reitern nach, die schon in der Dunkelheit verschwunden waren, deren Getöse aber noch aus weiter Ferne hörbar war, als ich ins Zelt kroch, um meine Ablösung zu wecken.

Eine solche Karawane war also zur frühen Morgenstunde am Cow Creek angekommen und lagerte uns fast gegenüber. Wir begrüßten uns mit den Leuten, die diese begleiteten, doch störte der schäumende Strom zu sehr unsere Unterhaltung, als daß wir sie lange hätten pflegen mögen, und der Schatten der Wagen und Zelte war jedem willkommener als die sonnigen, gegen jede Luftströmung geschützten Ufer. Wir hatten übrigens erfahren, daß wir auf unserer ferneren Reise keine Büffel mehr finden würden, und da ich westlich von uns noch mehrere Herden erblickte, die grasend langsam gegen Norden wanderten, so unternahm ich gegen Abend noch einen Versuch, um — wie ich wohl mit Recht annehmen konnte — meine Büffeljagden für dieses Leben zu beschließen und vielleicht wie die Indianer auf eine Fortsetzung derselben in den seligen Jagdgefilden zu hoffen.

Schon während des Nachmittags hatte ich gegen zwanzig prächtige Stiere durchs Fernrohr beobachtet, die sich kaum merklich in der angegebenen Richtung fortbewegten. Nach meiner Berechnung mußten sie kurz vor Sonnenuntergang die Straße an einer Stelle überschreiten, wo ich am vorhergehenden Tag einige vom Regen aufgewühlte Furchen entdeckt hatte, die sich vortrefflich zu Verstecken eigneten. Ich begab mich also rechtzeitig auf den Weg, und zwei Stunden vor Einbruch der Nacht befand ich mich etwa drei Meilen vom Lager und beobachtete von meinem Hinterhalt aus die langbärtige Gesellschaft, die in meinem Blickfeld weidete. Eine Stunde verging, und noch immer waren die Büffel eine Viertelmeile von mir entfernt; die Sonne neigte sich der Ebene zu, doch die Büffel beschleunigten nicht ihre Schritte. Ich sah endlich ein, daß ich bis in die Nacht hinein, vielleicht auch bis zum folgenden Morgen auf ihre Ankunft würde harren müssen, und beschloß daher, sie in offenem Feld anzugreifen. Ich schob Revolver und Messer auf den Rücken, nahm die Büchse in die linke Hand, und mich ins Gras streckend, begann ich die langweilige Arbeit des Kriechens auf einem Boden, der so eben war wie ein Tisch und wo kein Stein, kein Strauch mir Gelegenheit bot, mich, ohne bemerkt zu werden, ausruhen zu können.

Der Wind war mir günstig, und die Sonne berührte eben den westlichen Horizont, als ich mich in Schußweite von einem Stier befand, der mich aufmerksam betrachtete und, durch das lange Haupthaar geblendet, wahrscheinlich für einen Wolf hielt. Unglücklicherweise hatte er mir den Kopf und die Brust zugewandt, und ich mußte also längere Zeit harren, ehe ich imstande war, der Kugel eine tödliche Richtung zu geben. Auf den Schuß machte der Büffel eine krampfhafte Bewegung, doch ohne zu wanken schritt er zu seinen Gefährten, und nur an der Unruhe, mit der er sich zwischen diesen umherdrängte, erkannte ich, daß er wirklich schwer verwundet war. Wie bei allem Rindvieh, brachte auch hier der Geruch des Blutes, das reichlich aus der Wunde quoll, die ganze Herde in wutähnliche Aufregung; mit hohlem, unheimlichem Gebrüll senkten die erbitterten Tiere die buschigen Köpfe, und wo das Blut den Boden gerötet hatte, da wühlten sie den Rasen mit ihren kurzen Hörnern auf, und mit den schweren Hufen scharrend, schleuderten sie Erde und Rasen hoch empor.

Ich benutzte die allgemeine Verwirrung, um schleunigst meine Büchse wieder zu laden und noch näher heranzukriechen, und als ein feister Stier mir dann die breite Seite wies, nahm ich vorsichtig mein Ziel und gab zum zweitenmal Feuer. Doch auch dieser stürzte nicht gleich zusammen, sondern zwischen seinen Kameraden umherschreitend, trug er durch seinen Blutverlust dazu bei, die ganze Herde, die nur aus Stieren bestand, in die grimmigste Wut zu versetzen. Zufrieden mit dem Erfolg meiner Jagd, denn die beiden Verwundeten vermochten sich kaum noch aufrecht zu halten, gebrauchte ich weniger Vorsicht, und um beim Laden in meinen Bewegungen nicht behindert zu sein, richtete ich mich auf die Knie. Plötzlich, wie auf ein gegebenes Zeichen, hoben alle ihre Köpfe empor und betrachteten mich unter den buschigen Mähnen hervor einige Sekunden lang sehr aufmerksam.

Ich kann nicht leugnen, daß es mir gar nicht gefiel, als ich die ganze Gesellschaft in gemessenem Schritt schnaubend auf mich zukommen sah, doch war es augenscheinlich, daß sie mich noch immer nicht für einen Menschen, sondern für einen Wolf hielten und ihre Wut an dem so verhaßten Feind auszulassen gedachten. Ich sprang daher auf und schwenkte, um sie zurückzuscheuchen, meinen Hut; doch diese Bewegung hatte gerade die entgegengesetzte Wirkung, denn die Tiere begannen sich aneinanderzudrängen, und indem sie ihre Schritte beschleunigten, näherten sie sich mir mit allen Zeichen unfreundlicher Absichten.

Es blieb mir jetzt nur noch ein einziges, aber sicheres Mittel, mich den drohenden Hufen und Hörnern zu entziehen, und ich zögerte keinen Augenblick mit dessen Ausführung: ich eilte nämlich, so schnell ich nur zu laufen vermochte, in westlicher Richtung um die Herde herum, und als die vordersten derselben kaum noch dreißig Schritt entfernt von mir waren, befand ich mich in derselben Linie mit ihnen und dem Nordwestwind, der leise über die Ebene strich. Kaum witterten aber die Büffel die Nähe eines Menschen, als sie, von jähem Schrecken ergriffen, in wilder Flucht unaufhaltsam davoneilten und mir abermals Gelegenheit gaben, einen erfolgreichen Schuß zu tun.

Die drei Verwundeten trennten sich sogleich von der Herde, und nur eine kurze Strecke von mir stürzte einer derselben zu Boden. Ich ging sogleich hin, machte mit meinem langen Messer seinen Leiden ein Ende, schnitt ihm die Zunge heraus, und als ich mich dann aufrichtete und nach den Flüchtlingen ausschaute, erblickte ich in der Entfernung von einer Meile nur noch die beiden anderen Verwundeten, von denen der eine sterbend auf der Seite lag, während der andere wie sinnend dabeistand.

Die Dämmerung, die schnell in Dunkelheit überging, hielt mich indessen ab, mich noch weiter zu entfernen, und nicht ohne eine Anwandlung von Reue, im Jagdeifer wegen einer einzigen Zunge drei der stattlichsten Büffel der Prärie getötet zu haben, wandte ich mich dem Cow Creek zu. Die Nacht war sternenklar, aber dunkel, die Lagerfeuer bezeichneten mir die Richtung, und auf das leiseste Geräusch in meiner Umgebung lauschend, eilte ich an der Stelle vorbei, wo wenige Tage vorher der Mexikaner durch eine feindliche Kugel sein Leben verlor und wo ihn seine Freunde dann eingescharrt hatten.

Am 12. Juli in der Frühe war unser erster Gang nach der Furt; wir trafen hier mit der Begleitung der Post zusammen, und gemeinschaftlich untersuchten wir die Tiefe des Stroms, der schon bedeutend gefallen war, aber den Durchgang noch immer nicht gestattete. Erst gegen Mittag unternahm es die Post, den Weg zu eröffnen, sie gelangte glücklich zu uns herüber; ihr nach folgte Bent, der im Lauf des Vormittags mit einigen leichten Wagen dort eingetroffen war; und als dann das letzte seiner Pferde nach dem rechten Ufer hinaufstieg, zogen wir nach dem linken hinüber, wo wir mit verdoppelter Eile unsere Reise fortsetzten.

Siebenunddreißigstes Kapitel

Peacocks Erzählung von der Ermordung Jarvis‘ — Lager am Kleinen Arkansas — Turkey Creek — Diamantquelle — Der Neoscho — Das Städtchen Council Grove — Das Kolonisationswesen in den Vereinigten Staaten — Lawrence am Kansai — Der Kansas — Übergang über denselben — Der Umweg — Der Wolkenbruch

Nachdem wir den Cow Creek überschritten hatten, führte der Weg uns nach einer Höhe hinauf, von wo aus wir den gewundenen Lauf des Flüßchens mit seinen bewaldeten Ufern bis dahin, wo es sich mit dem Arkansas vereinigte, überblicken konnten. Wir ritten nebeneinander und lauschten Peacocks Erzählung, in dessen Gedächtnis die Umgebung wieder eine seiner Mordgeschichten wachgerufen hatte.

»Bemerken Sie dort unten die kurze Biegung des Cow Creek?« fragte er uns, und als wir dasselbe bejahten, fuhr er fort: »In jenem Winkel lagerten vor zwölf Jahren zur kalten Winterszeit, also wenn der Verkehr auf dieser Straße nur sehr gering ist, zweiundzwanzig Reisende. Sie führten nur so viele Wagen oder vielmehr Packtiere mit sich, als gerade zum Transport ihrer Lebensmittel dienten, denn es waren teils Kaufleute, die in Santa Fé ihre Niederlagen hatten und dorthin zurückkehrten, teils Leute, die den Missouri verließen, um sich in eben genannter Stadt für den kommenden Frühling und den Sommer Anstellungen in der gegen Mexiko bestimmten Armee zu sichern; mithin lauter Männer, die möglichst schnell zu reisen wünschten und dabei weniger auf Bequemlichkeit Rücksicht nahmen. Ein reicher Kaufmann namens Jarvis befand sich ebenfalls unter der Gesellschaft; er war teils wegen seines Ansehens, teils wegen seiner Erfahrungen zum Reisehauptmann gewählt worden, und da er gegen hunderttausend Dollar Regierungsgelder bei sich trug, so schätzte er sich glücklich, von einer Wache umgeben zu sein, die nicht nur mit dem Leben in den Wildnissen vertraut, sondern auch teilweise schon in den Indianerkriegen Erfahrungen gesammelt hatte. Ohne Unfall, ja ohne Verdruß gelangte die Gesellschaft bis in jenen Winkel; sie hätte auch ebensogut hier an der Straße lagern können, wo sie ebenfalls Brennholz im Überfluß gefunden hätte; da aber die ganze Mannschaft sich einstimmig für jenen Winkel erklärte, so gab Jarvis, der keine Ahnung von Verrat hatte, nach und verließ mit der ganzen Karawane die Straße, um dort in Verborgenheit zu übernachten.

Als Jarvis am folgenden Morgen seine Vorbereitungen zur Weiterreise traf, überraschte es ihn, daß kein einziger der Gesellschaft seinem Beispiel folgte; mehr aber überraschte es ihn, daß, als er nach der Ursache eines solchen Benehmens fragte, ihm niemand Rede stehen wollte, und ihm alle scheu aus dem Weg gingen. Ein gewisser MacDaniel, Jarvis‘ Vertrauter und zugleich der Rädelsführer, der es verstanden hatte, die ganze Gesellschaft für seine verräterischen Pläne zu gewinnen, trat endlich vor Jarvis hin: »Ihr seid im Besitz von hunderttausend Dollar« hob er an. »Jetzt schaut auf uns — wir alle sind einig, daß das Geld unter uns geteilt werden soll; um dies aber auszuführen, müßt Ihr sterben.«

Jarvis, der wohl einsah, daß ihn nichts mehr aus den Händen seiner Mörder retten konnte, wandte sich darauf an die Leute: »Seid ihr wirklich Willens«, sagte er, »mir mein Eigentum zu rauben, so nehmt es hin, zusammen mit meinem Schwur, nie ein Wort darüber zu verlieren und euch im unbestrittenen Besitz desselben zu lassen; nur gestattet mir heimzukehren zu meiner Familie, und besudelt eure Hände nicht mit meinem Blut, was gewiß mehr um Rache gegen euch schreien wird als das Geld, nach dem euch gelüstet.«

Diese Rede brachte eine Bewegung unter den Leuten hervor, und es bildeten sich alsbald zwei Parteien, von denen die eine für den Tod des Kaufmanns und die andere gegen denselben stimmte. Wenn sich auch wirklich einzelne dabei befanden, die gern zurückgetreten wären und die am liebsten Jarvis mit seinem ungeschmälerten Reichtum zu den Seinigen hätten heimkehren lassen, so durften diese es doch nicht wagen, ihre Stimme zu erheben, wenn sie nicht ebenfalls spurlos in der Prärie verschwinden wollten. Es blieb also bei den zwei Parteien, und diese schritten alsbald zur Abstimmung über Leben und Tod. Das Resultat ergab, daß von einundzwanzig Mann acht auf dem Mord bestanden, dreizehn dagegen unter der Bedingung des erwähnten Eides Jarvis unberührt lassen wollten. Ein Streit erhob sich, und es wäre gewiß auch zu Tätlichkeiten gekommen, wenn nicht MacDaniel plötzlich mit den Worten: »Die Toten können nichts nachreden« seine Büchse angelegt und dem unglücklichen Jarvis eine Kugel durchs Herz geschossen hätte.

Nach dem Mord schritt man zur Teilung des Raubes, verpflichtete sich gegenseitig durch Schwüre und Drohungen zu unverbrüchlichem Stillschweigen, scharrte die Leiche am Rand des Creeks in den Boden und trennte sich voneinander mit den Worten: »Auf Nimmerwiedersehen« Die acht Mörder schlugen den Rückweg nach dem Missouri ein, die übrigen dreizehn dagegen, von denen sich die Hälfte unfreiwillig an dem Raub beteiligt hatte, zogen nach Santa Fé und machten trotz aller Schwüre und Drohungen das Verbrechen sogleich bekannt.

Natürlich wurden auf frischer Tat Kuriere nach Independence am Missouri gesandt, und obgleich die Mörder sich schon längst voneinander getrennt und verschiedene Richtungen eingeschlagen hatten, so gelang es der sie verfolgenden Polizei doch, sie einen nach dem anderen einzufangen, und sie büßten bis auf einen oder zwei für ihr Verbrechen am Galgen.«

So lautete Peacocks Erzählung; kaum hatte er diese beendet, als er sich einer anderen, ähnlichen erinnerte, und wir berührten wenig Bäche oder Flüsse, die in seinem Gedächtnis nicht ein eigenes Erlebnis oder die Abenteuer anderer Reisender wachgerufen hätten, in denen Raub und Mord gewöhnlich die Hauptrolle spielten. Aber dergleichen kann nicht überraschen; denn wie der weite Spiegel des endlosen Ozeans unbekümmert um das, was seine Tiefe birgt, den ewigen Gesetzen der Natur folgend in angewiesener Richtung dahinwogt oder sich ebnet und glättet, so keimt, grünt und verdorrt die blumenreiche Steppe, unbekümmert um die Verbrechen, die vielfach ihre Oberfläche entweihen. Auf den Gräbern der Erschlagenen keimen Blumen, und jeder Frühling deckt mit einem neuen Mantel den von Blut geröteten Boden, um gleichsam die »Geheimnisse der Steppe« zu verhüllen, von denen nur sehr wenige verlauten.

Nach einem Ritt von achtzehn Meilen erreichten wir den Kleinen Arkansas, ein Flüßchen, das sich tief in den lehmigen Boden hineingewühlt hat und auf seinen schroffen Uferwänden die Baumvegetation Missouris zeigt. Wir lagerten auf dem rechten Ufer in der Nähe eines kleinen Blockhauses, das sich einige Abenteurer zum Zweck des Tauschhandels mit den Kaw-Indianern errichtet hatten. Das Lager der Indianer erblickten wir weiter oberhalb in der Entfernung von ungefähr vier Meilen; auch einen vereinzelten Krieger sahen wir, dieser schlich im Schatten des Waldes dahin und schien uns zu meiden, doch wurden wir wider Erwarten während der Nacht nicht beunruhigt, und wenn die diebischen Kaws nach indianischer Gewohnheit die frühe Morgenstunde wählten, um sich einige unserer Tiere anzueignen, so kamen sie zu spät, denn noch ehe der Tag graute, befanden wir uns schon wieder unterwegs, während auf der verlassenen Lagerstelle die absichtlich mit trockenem Holz genährten Feuer lustig flackerten.

Feiner, aber durchdringender Regen machte die Reise während der ersten Hälfte des Tages beschwerlich, am Nachmittag dagegen klärte das Wetter sich wieder auf, die warme Sonne trocknete unsere Kleider sowie unsere Straße, und fast sichtbar hoben sich Halme und Blütenstengel, die infolge der anhaltenden dürren Hitze sich traurig dem Boden zugeneigt hatten. Überhaupt umgab uns, in dem Maße, wie wir uns dem Missouri näherten, üppigere und frischere Vegetation; das kurze, unscheinbare, aber deshalb nicht weniger nahrhafte Büffelgras verschwand ganz, und an dessen Stelle trat das lange, dunkelgrüne, krautreiche Gras, das sich so vortrefflich zu Heu eignet. Die Senkungen des Bodens wurden tiefer, die Schwellungen höher und zahlreicher die Quellen und Bäche, deren Bett unsere Straße durchschnitt. Hinauf und hinunter ging es in der wellenförmigen Ebene, und nach einem Marsch von siebenundzwanzig Meilen erreichten wir den Turkey Creek, wo wir zu übernachten beschlossen. Warum das Flüßchen nach den wilden Truthühnern benannt worden ist, konnte ich mir nicht erklären, denn so weit ich dasselbe zu übersehen vermochte, entdeckte ich keinen Baum oder Strauch, und bekanntlich wählen die Turkeys vorzugsweise Waldgegenden zu ihrem Aufenthalt, um sich zur Nachtzeit in den Kronen der Bäume ihren zahlreichen Feinden entziehen zu können.

Der Marsch des 14. Juli brachte uns um die Mittagszeit an den Cottonwood Creek, ein über alle Beschreibung reizendes Flüßchen, das mit seinem sanft ansteigenden Tal und seinen prachtvollen Baumgruppen schon einige Ansiedler herbeigelockt hatte. Die wenigen kleinen Blockhütten, die ich in weiten Zwischenräumen voneinander wahrnahm, änderten freilich noch nichts in dem Charakter der Landschaft, doch wurde das Auge angenehm berührt durch eine schmale Rauchsäule, die dem Schornstein einer menschlichen Wohnung entstieg; durch die Einfriedung, die ein grünendes Maisfeld umgab, und durch die scheckigen Kühe, die am Rand des Bachs im fetten Gras weideten. Wir rasteten mehrere Stunden an dem plätschernden Wasser im Schatten eines mächtigen Cottonwood-Baums, und erst als die Strahlen der Sonne schräger fielen, bestiegen wir wieder unsere Tiere und ritten noch sieben Meilen weiter bis zu einer wasserhaltigen Schlucht, in der wir dann übernachteten.

Am 15. Juli befanden wir uns auf der ganzen Strecke von achtundzwanzig Meilen zwischen Landstrichen, die wie zur Urbarmachung und Bevölkerung geschaffen schienen. Wenn auch manche Höhen weiter nichts als gute Weiden versprachen, so zeigte sich dafür in den Niederungen eine so anmutige Abwechslung von Wiesenflächen und schmalen Waldstreifen, und in der kräftigen Baum- und Grasvegetation verriet sich eine solche Zeugungsfähigkeit des Bodens, daß man sich unwillkürlich davon angezogen fühlte und eine gewisse Neigung verspürte, alle Mühen und Hindernisse, mit denen die ersten Ansiedler stets zu kämpfen haben, zu übersehen und nur an die Genüsse zu denken, die eine paradiesische Umgebung sowie ein dankbarer Boden dem fleißigen und genügsamen Ackerbauer gewähren. Leider besteht aber in diesen Regionen ein so krasser Unterschied zwischen dem Winter und den wärmeren Jahreszeiten, daß doch mancher, dessen Auge und dessen Gefühle bei seinem ersten Besuch im milden Frühling oder in den ersten Sommermonaten bestochen wurden, sich trotz der ihm gebotenen Vorteile in seinen Erwartungen getäuscht findet; und größtenteils deshalb, weil es ihm schwer wird, sich an die Einsamkeit zu gewöhnen — eine Einsamkeit, die nur dann bitter empfunden wird, wenn der scharfe Winter mit seinen Schneestürmen die Kommunikation hemmt und den Ansiedler wie in einem Gefängnis an seine Blockhütte bannt.

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
Hacim:
1050 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain
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