Kitabı oku: «Das Geschlechtsleben in der Deutschen Vergangenheit», sayfa 13
Die Kleidung
Die Kleidung der Germanen war einfach und rauh wie ihre Heimat und ihre Lebensweise. Wie Pomponius Mela berichtet, gingen die Knaben bis zur vollendeten Reife selbst in der grössten Kälte nackt umher; nachdem sie erwachsen sind, bedienten sie sich nur eines wollenen, viereckigen Schulterumhangs oder einer aus Bast geflochtenen Decke. Cäsar222 gibt an, die Germanen trugen ein kurzes Gewand aus Tierfellen, das einen grossen Teil des Körpers unbedeckt lasse. Ausführlicher ist Tacitus.223 Er schreibt: »Die allgemeine Tracht ist ein Mantel, der mit einer Spange oder in deren Ermangelung mit einem Dorn zusammengehalten ist. So bringen sie, ohne weitere Bekleidung, den ganzen Tag am Herdfeuer zu. Nur die Wohlhabendsten tragen ein besonderes Gewand, das nicht wallend, wie das sarmatische und persische, sondern eng anliegend ist und jeden Körperteil hervortreten lässt. Auch Tierfelle tragen sie; die in der Nähe des Rheins ohne weitere Auswahl, die weiter im Innern mehr auserlesene, da kein Handelsverkehr ihnen anderen Schmuck liefert. Sie suchen daher die verschiedenen Tierarten aus und verbrämen deren Fell noch mit den gefleckten Pelzen gewisser Tiere, die vom nördlichen Ozean und unbekannten Küsten kommen. Das Weib hat keine andere Tracht wie der Mann, nur kleidet es sich häufiger in leinene mit Purpurstreifen verzierte Gewänder. Diese haben keine Ärmel, so dass Schultern, Arme und ein Teil der Brust unbedeckt bleiben.« Strabo ergänzt dieses Bild durch die Schilderung von Priesterinnen der Cimbrer dahin: »Unter den mit ins Feld gezogenen Weibern befanden sich auch altersgraue, wahrsagende Priesterinnen, in weissen Gewändern, deren Oberkleid, aus feinem Flachs, mit einer Schnalle befestigt war, mit ehernem Gürtel und nackten Füssen.«224
Da bald nach der ersten Berührung mit den Römern die Männer sich eng anliegende Hosen zulegten, auch die Frauen ihre Oberkleider immer höher dem Halse zu emporsteigen liessen, so machte die altgermanische Kleidung einen durchaus ästhetischen Eindruck, an dem selbst ein Splitterrichter nichts auszusetzen gehabt hätte. Im frühen Mittelalter bis zum elften Jahrhundert zeichnete sich die Gewandung durch kostbare Stoffe in reichen Farben aus, über deren Pracht wohl hie und da eine Stimme, sogar im Jahre 808 die erste der »Kleiderverordnungen«, laut wird, nicht aber über den Schnitt.
Erst im elften Jahrhundert erregte die Enge der Frauenkleidung, die die Körperformen weit plastischer hervortreten liess als die bisherige, vom Oberkörper niederwallende, als leichtfertig und schamlos den Zorn der Geistlichkeit. Ein Anzug eines jungen Mädchens dieser Zeit würde auch heute nicht ganz einwandfrei passieren können. »Die Dame trägt ein dunkelblaues, mit roten Ringornamenten gewirktes Oberkleid, das bis auf die Oberschenkeln reicht. Das weisse Unterkleid ist von hier an ausgeschnitten und fällt zurück. Man sieht daher die mit roten Langstrümpfen bekleideten Beine, an denen eine Reihe weisser Knöpfe hinunterläuft. Das Oberkleid hat um die Taille und am unteren Ende einen breiten goldenen Bortenbesatz, am Halse einen mennigfarbenen. Die Ärmel sind eng.«225
Die Bestandteile der Kleidung waren ein mehr oder weniger feines, selbst seidenes und goldgesticktes Hemd, darüber der Rock, den um die Taille ein Gürtel oder Riemen zusammenhielt und je nach der Jahreszeit ein gefütterter Mantel. Die Füsse deckten genähte Strümpfe. Sonst gab es keine Unterkleider, wenigstens waren sie nicht allgemein. Nur zu starke Busen wurden durch ein Tuch unter dem Kleide zusammengehalten. Bei den Bäuerinnen wird wohl das Mieder – muoder – den gleichen Zweck erfüllt haben.
Die Männerkleidung jener Epoche bietet für unsere Zwecke nichts Bemerkenswertes. Erwähnt zu werden verdient nur, dass Männer mit Frauen in der Kostbarkeit fremdländischer Stoffe wetteiferten, wogegen Luxusgesetze nichts auszurichten vermochten, geschweige denn Predigten, wie sie Berthold von Regensburg hielt.
Das 14. Jahrhundert schuf einen jähen Modenwechsel. Die Männerkleider gestalteten sich zur engen Hose, bei der man das Gesäss und jede Muskel deutlich sah, und dem immer bizarrer werdenden Wamse um, das immer kürzer wurde, bis es kaum eine Spanne unter den Gürtel reichte. Man teilte es in zwei andersfarbige und anders gemusterte Hälften, wie man auch zuweilen die Hosen aus zwei verschieden gefärbten Beinteilen zusammensetzte. An den Füssen trug man die unschönen langen Schnabelschuhe. In der Speierer Kleiderordnung von 1356 wird den Männern befohlen, die kurzen Wämser länger zu machen und die Schnabelschuhe abzulegen. Die Kölner Synode von 1371 untersagt den Klerikern dieses Schuhwerk.
Von nun an häufen sich die Kleider- und Luxusordnungen in Stadt und Land. Wie die Pilze nach dem Sommerregen schiessen sie empor und jedes Nestchen im weiten deutschen Reich muss wie sein Frauenhaus seine Kleiderordnungen haben, jene Äusserungen eines zopfigen Windmühlenkampfes, denen schon beim Entstehen ihre Aussichtslosigkeit prophezeit werden konnte.
Besonders gegen die Frauen richtete sich der Tenor aller Kleiderordnungen, besonders aber gegen einen Punkt, der fast allen diesen Edikten gemeinsam ist – die Dekolletage.
Als die Pest, der schwarze Tod, seinen Würgezug beendet, bemächtigte sich der Verschonten eine tolle Daseinslust, die nach den eben durchlebten Zeiten des Grauens doppelt begreiflich erscheint. Der Würgengel, dem Hekatomben zum Opfer gefallen, war an ihnen vorübergegangen, wer wusste, ob er in seiner Unersättlichkeit nicht auch sie noch dahinraffte, ehe sie ihr Leben genossen? Diese Auffassung machte sich auf allen Gebieten des Lebens bemerkbar, am markantesten aber in der Tracht, die die herrschende Leichtlebigkeit wiederzuspiegeln begann. Der ernst gemessene Zuschnitt der Gewänder veränderte sich allenthalben. Wurden die Beinkleider der Männer enger, die Wämser bunter und kürzer, so verlängerten sich die Schleppen der Damen, und was sie hinten an Länge zunahmen, das büssten sie an Hals und Nacken ein.
»Unde die Frauwen drugen wide heubtfinster (Kopffenster, Halsausschnitte) also daz man ire broste binah halbe sach.«226 Die Speierer Kleiderordnung von 1356, eine der ersten Erlasse dieser Art, richtet sich gegen diese »Houbetloch«, aus dem die Schultern (ahsseln) so verführerisch hervorlugen, ohne dass der Kleiderausschnitt auf den Achseln aufliegt, und ebenso geht es in allen den unzähligen Edikten227, von denen als Beispiel eine Strassburger Verordnung hier angeführt sei. »Item daz keine frowe, were die ist, hinnanfür me sich nit me schürtzen sol mit iren brüsten, weder mit hemeden noch gebrisen röcken noch mit keinre ander gevengnüsse, und daz ouch kein frowe sich nit me verwe und locke von totten har anhencken sülle. Und sunderliche, daz houptloch sol sin daz man ir die brüste nit gesehen müge, wenne die houptlöcher süllent sin nutz an die ahsseln.«228
Der Geistlichkeit waren derartige Verbote Wasser auf ihre Mühlen, sie setzten in ihren Predigten immer noch Trümpfe auf, wie Murner, der sich auch diesmal kein Blatt vor den Mund nimmt, sondern ungeschminkt die Wahrheit sagt:
Die Fraun der Scham entbehren thun.
So gross ward jetzund schlechte Zucht,
Dass man in Blösse Zierde sucht:
Man sieht ihnen mitten auf den Rücken
Und meisterhaft sie können schicken
Die Brüst' herfür, recht mit Behagen,
Die von Gestellen sind getragen;
Sie könnten sonst im Tuch ersticken.
»Mehr als die Hälfte lass' ich blicken,
Dass sie den Narren Lockung sei'n.
›Lass ab‹, sag' ich, ›was soll das sein‹,
Wenn er die Brust will greifen an:
›Was seid ihr für ein böser Mann!‹
Ich sag's bei meiner Ehr' fürwahr,
So frech noch nie ein Mannsbild war!«
Dem Mann sie so zur Wehr sich stellt,
Als wenn dem Esel der Sack entfällt.
Ganz heimlich greift sie mit der Hand,
Indem sie leistet Widerstand,
Und hängt ganz still das Häkchen aus,
Damit der Milchmarkt fällt heraus.229
»Ich hort einist von eim Fürsten, der sprach zuo mir: »eintweders unsere frawen lernen von den metzen ihr cleidung oder aber die metzen lernen von unsern frawen die cleidung,« sagt Geiler in seinen »Brösamlin«. Sie malten nach Murners Vorbild die Zuchtlosigkeit der Kleidung recht schön deutlich aus und entliessen ihre Zuhörerschaft zerknirscht, aber nicht gebessert. Narrheiten und Moden ist eben mit Verboten nicht beizukommen, sie wirken ansteckend und müssen, wie andere Epidemien auch, von selbst verlöschen.
Wenn im Jahre 1461 der Eiferer Johannes Capistranus in dem ob der Leichtfertigkeit seiner Weiber verschrienen Ulm – »Huet dich vor Ulmer wiben«, besagt eine Darmstädter Handschrift von 1410 – die Geister seiner Zuhörerschaft derart zu entflammen wusste, dass drei Frauen, die des Predigers spotteten, vom Volke auf der Strasse gelyncht wurden230, so fand es doch der Rat für gut, den Störenfried aus der Stadt zu weisen, denn genützt hätten seine Strafpredigten doch nichts, wohl aber geschadet.
Aber nicht allein Unschönes und Leichtfertiges, sondern direkt Schamloses verlangte die Mode des 16. Jahrhunderts. Abgesehen von Vorfällen wie 1503 in St. Gallen, wo der Rat verbieten musste, völlig nackt in der Stadt und ihrem Weichbilde umherzugehen231, die ich als Ausnahme gelten lassen will, denn soweit verstieg sich denn doch die Zuchtlosigkeit sehr selten, bleibt noch genug Schandbares, besonders in der Männerkleidung, übrig. »Hinden plotz und vor verschamt,« spottet Suchenwirt über das hinten möglichst anliegende, dafür vorn um so weiter auslegende Beinkleid. Conrad Celtes, der berühmte Humanist († 1508) spricht sich in seiner »Descriptio Urbis Norinbergae« (Beschreibung der Stadt Nürnberg) Kap. VI über diese Moden also aus: Er schildert erst, dass die Leute meist in schwarz nach der Mode verschiedener Länder gekleidet seien und fährt dann fort: Bald in weiten, faltenreichen Kleidern nach Art der Sarmaten, eine Binde umgiebt den Kopf und es hängen am Körper Pelze; bald vertauschen sie die heimische Tracht gegen Hasuken von Ungarn, (cuculli) von Italien, bald ziehen sie nach Art der Franzosen mit Borten besetzte Mäntel und Röcke mit Ärmel, bald pressen sie den Körper aufs knappste in enge Hosen und Unterkleider, so dass alle Formen des Leibes sich scharf ausprägen …
Die das Bein wie ein Trikot umschliessenden Beinlinge konnten, um dem Träger das Bücken nicht unmöglich zu machen, nur einseitig befestigt werden, wodurch sie meist hinten hinabrutschten, was allein schon Anlass zu Ärgernis gab. Doch der ewige Stein des Anstosses waren die Hosenlätze. Um das unbequeme Auftressen der Hose zu verhindern, setzte man auf den Vorderteil des Beinkleides einen Latz auf, was an sich vielleicht unschön, aber nicht verwerflich gewesen wäre, wenn die Modelaune nicht verlangt hätte, die Aufmerksamkeit auf diesen diskretesten Teil der Kleidung gewaltsam hinzulenken.
Man suchte diesen Zweck auf verschiedene Weise zu erreichen. Entweder fertigte man den Latz in einer anderen Farbe an, als die Hose selbst hatte, wodurch der Latz um so auffallender wurde, besonders dann, wenn die einzelnen Beinlinge ohnehin schon in mi-parti, d. h. in zweierlei Farben angefertigt waren. Oder man stopfte den Latz derart aus, dass er weit aus der Hose hervorstand, so dass Joh. Fischart von Ochsenköpfen-, Hundsfidelbogen-, Schneckenhäuslein- u. s. w. Lätzen reden konnte und ein Fliegendes Blatt 1555232 sagt: »Ein Latz muss sein darneben, wol eines Kalbskopfs gross.« Der Nürnberger Rat rügte dies mit derben Worten, die erkennen lassen, dass diese Latzarten ebenso verschiedenartig wie gemein waren. »Wann auch von ettlichen mannspersonen eyn unzüchtige schanndbare übung und gewonhait entstannden ist, also das sie ire letz an den hosen on notturfft grössen lassen und dieselben an tenntzen und anderhalben vor erbarn frowen und junckfrowen unverschawmbt ploss und umbedeckt tragen, das dann nit alleyn Got, sonnder auch erberkeyt und manlicher Zucht wider und unzymlich ist, demnach ist ein erber rat daran komen, vestigclich gebiettennde, das hinfüro eyn yedes mannspilde, burger oder inwoner dieser statt, seinen latz an den hosen nyt bloss, unbedeckt, offenn oder sichtigclich dragen, sonnder alle seine cleyder dermassen machen lassen und geprawchen soll, damit sein scham und latz der hosen wol bedeckt unnd nit ploss gesehenn werde. Dann wellicher sich also damit entplosset und desshalb gerügt oder fürbracht wurde, und sich das mit seinem rechten nit benemen möcht, der solle darumb von eyner yeden überfaren fardt eynes yeden tags oder nachts gemayner statt zu puss verfallen sein und geben drey guldin.«233
Eine Strassburger Verordnung vom 8. August 1480 befiehlt allen »snydern, meistern und knechten bei iren eiden« hinfüro keine kurzen Mäntel mehr zu machen, die den Latz nicht bedecken, »doch mögent sie es eym jeglichen wol lange machen.«234
Selbstverständlich konnte auch die Geistlichkeit diese Mode nicht ungerügt lassen. »Ich hab hören einen Mönch predigen, einen Bruder aus der Observanz: als dieser verdammt und heftig red'te wider den Überfluss der Kleider und wider den unverschamten Form, der daran und darin gemacht würd', beschloss er zuletzt auf die Weis mit solchen Worten: Die Buhler in unserer stadt sie strecken ihre Lätz, so weit aus den Hosen herfür, verwickelns auch und verstopfens mit so viel Tüchlein, dass, so die Metzen wähnen, es seind Zumpen, so sind es Lumpen.«235
Aber weder die Obrigkeit noch die Kleriker konnten diesen Moden etwas anhaben, sie bestanden allen Widersachern zum Trotz ruhig fort, ohne sich viel um Edikte und Schmähungen zu kümmern. Männer und Frauen blieben gleich kühl und thaten, was ihnen gefiel. Dies beweist schlagend folgende Notiz in der Eurisheimer Chronik236: »Anno 1492 was der Hoffart so viel, dass man weder geschrieben noch gelesen fand. dan man trug selzame Kleider, besonders die mann, von vielen farben und stückern, von flammen, bäumen, von asten, laubern und von buchstaben, das ist in warheit war, dass man wol ein wammest und hossen fand, das so viel stück hät, als tag im jahr sind. Und kost ein kleid alweg zweymal so viel zu machen, als das tuch dazu. Und trug das jung volck röck, die giengen mit mehr dann eyner hand breyt under dem gürtel, und sach man ihm die bruch – kurze Unterhose – hinten und vornen und was so scharf gemacht, das im die hosen die arsskerb austheilten, das was ein hübsch ding, und hatten zullen vor ihn gross und spitz voraus gohn, und man einer vor dem tisch stund, so lag ihm die zull auf dem tisch. Also gieng man vor Kaiser, König, Fürsten und herren und für ehrbare frauen. Und gieng es so schandbar zu unter frauen und mannen, dass es gott leyd was. Die frauen trugen röck, dass man ihnen die ditlen (Brüste) sah vornen in den Bussen und hinten mitten in rücken, und köstlich von tuch und um das hauptloch und ermel was von seiten belegt« u. s. w.
Gleich scharf geht Sebastian Brant in seinem 1494 erschienenen Narrenschiff gegen die Modethorheiten ins Gericht.
»Auch Mädchen haben Narrenröcke;
Sie wollen jetzt tragen offenbar
Was sonst für Männer schändlich war:
Spitze Schuh' und ausgeschnittne Röcke,
Dass man den Milchmarkt nicht bedecke;
Sie wickeln viel Lappen in die Zöpfe
Und machen Hörner auf die Köpfe,
Wie sie sonst trägt ein mächt'ger Stier;
Sie gehn einher wie die wilden Thier'.«237
heisst es über die Frauen, dann wieder mit edler Unparteilichkeit vom stärkeren Geschlecht und seiner Gigerlhaftigheit:
»Was sonst wol war ein schändlich Ding,
Das schätzt man schlicht jetzt und gering:
Sonst trug mit Ehren man den Bart,
Jetzt lernen Männer Weiberart
Und schmieren sich mit Affenschmalz
Und lassen am entblössten Hals
Viel Ring' und goldne Ketten sehn,
Als sollten sie vor Lienhart stehn.
Mit Schwefel und Harz pufft man die Haar'
Und schlägt darein dann Eierklar,
Dass es im Schüsselkorb' werd' kraus.
Der hängt den Kopf zum Fenster 'raus,
Der bleicht das Haar mit Sonn' und Feuer.
Darunter sind die Läus nicht theuer.
Die können es jetzt wol aushalten,
Denn alle Kleider sind voll Falten:
So Rock wie Mantel, Hemd wie Schuh,
Pantoffel, Stiefel, Hos' dazu,
Wildschur und die Verbrämung d'ran:
Der Juden Sitt' man sehen kann.
Vor einer Mod' die andre weicht,
Das zeigt, wie unser Sinn ist leicht
Und wandelbar zu aller Schande,
Und wieviel Neuerung ist im Lande.
Der Rock, – wie kurz und wie beschnitten! –
Reicht kaum bis zu des Leibes Mitten!
Pfui Schande deutscher Nation,
Dass man entblösst, der Zucht zum Hohn,
Und zeigt, was die Natur verhehlt!
Drum ist es leider schlecht bestellt…«238
Geiler von Kaisersberg kommentiert in seinen Predigten über das Narrenschiff diesen Text in seiner geistvollen Weise, wobei er aber manches von Brant nur Angedeutete mit Behagen breittritt. Er spricht von den zerschnittenen und zerstochenen Wämsern, die vorn so offen sind, »das man mannen und frauen in busen sehen kann, den brustkernen, het schier gesagt: den brusthurenspiegel.« Geiler resümiert ferner in seiner Predigt »Von Kauffmanschatz« (1517, fol. 95b) alle nützen wie unnützen Zierden, mit denen sich die Frauen zu verschönern suchen: Für unnütz hält er: 1. har büffen (Püffe, Toupées), das har krauss machen; 2. Halsbänder; 3. Spangen von den Frauen an der Brust getragen; 4. Stirnschmuck, »do sein etwa berlin (Perlen?) yn gefasst oder ander edelgestein«; 5. Armzierden, als gestickte Ärmel, die sie auf den Achseln tragen, »und silbrin steffzen an den menteln; 6. Ohrringe, »als die Zyginer tragen«; 7. die langen schwentz an den Röcken und an den menteln«; 8. Die Umschläge oben am Halse, »das letz an den mussecken (Brüsten) muss herussgon«; 9. Die stumpfen und die spitzen Schuhe; 10. Die Knöpfe an solchen Stellen, die keiner Knöpfe bedürfen; 11. Die zerhauenen Kleider, »wenn sie sie da tragen zerschnitten und zerhacket«239; 12. »So sind es die zoepff, die die frawen machen, da kein oder wenig har ist, und nemen frembd har und ist etwann todten har, das sie darzu binden und muoss dan herfür gon, das man es sehe und man wen (man wähne), sie haben hübsch har; 13. Die die in das bücksslin blosen, das sie ein ferblin empfahen (d. h. die sich schminken, um bessere Farbe zu bekommen); 14. Die Säcke, die sie um sich gürten. Wenn die Frauen mager sind, so nehmen sie einen Sack oder grobes, dickes Tuch, »ist etwann mit baumwollen gefült«, das binden sie um sich, um dick zu erscheinen, wie ein »brotbeckerknecht«.240
Doch was waren alle diese Ausfälle gegen die Verbissenheit, mit welcher protestantische Theologen, allen voran der Oberpfarrer in Frankfurt a. O., D. Andreas Musculus, gegen den aus den Niederlanden gekommenen Hosenteufel zu Felde zogen, gegen die schamlosen, geschlitzten, unförmigen, geschmacklosen Pluderhosen, zu denen bis zu hundertdreissig Ellen Zeug verschnitten werden musste. Zu welchen Verwünschungen verstieg sich nicht der gelahrte Mann in seinem »Vom zuluderten, zucht und ehrerwegenen, pludrichten Hosen Teuffel Vermahnung und Warnung«. Es wäre kein Wunder, wenn die Sonne nicht mehr schiene, die Erde nicht mehr trüge, und Gott in den nächsten Tagen wegen dieser greulichen und unmenschlichen Kleidung dreinschlüge; solche Bosheit werde zweifelsohne den jüngsten Tag herbeiführen u. s. w. ad infinitum mit Grazie, bis sich diese Hosenmode als Verbrechen gegen jedes einzelne der zehn Gebote erwiesen hatte. Kurfürst Joachim II. von Brandenburg unterstützte seines Lieblings Musculus' Bemühungen gegen die Pluderhosen durch Gewaltakte, so indem er drei Bürgersöhne mit solchen Ungetümen in einen Narrenkasten stecken liess, vor dem Tag und Nacht ein Musikant seine Weisen ertönen lassen musste zur Anlockung von Neugierigen. Einmal liess er einem Gecken auf offener Strasse die Gurten durchschneiden, so dass die Zeugmassen zur Erde niederrauschten und der arme Modeherr im blossen Hemde dastand.241
Derartige Derbheiten erregten Furcht und Unwillen, genügten aber nicht, die nun einmal für schön gehaltene Tracht auszurotten, ebensowenig wie dies die Kleiderordnungen vermochten. Alle diese Massregeln krankten daran, dass sie sich gegen einen der Hauptfaktoren im menschlichen Dasein, gegen die Eitelkeit richteten und sich dadurch die Feindschaft des mächtigsten aller Geschöpfe, der Frau, zuzogen. Was die Frau will, will Gott, und die Frau ist nun einmal zu allen Zeiten und bei allen Völkern der Göttin Mode allzeit unterthänigste Dienerin. Vernunftgründe und Strafen haben niemals auf die Dauer den Willen der in solchen Fällen einmütig zusammenstehenden Frauen zu beugen vermocht; der Vernunft setzten sie weiblich schlau ausgeklügelte Gegengründe, der Gewalt Trotz entgegen. Darum griffen gestrenge Ratsherren, wenn alle hochtönenden Verwarnungen unbeherzigt zu verhallen drohten und sie den Kampf gegen die Weiblichkeit, zu der ja auch ihre Frauen und Töchter gehörten, nicht bis aufs Messer durchführen wollten, zu jenem jesuitischen Auskunftsmittel, das ich schon (S. 116) anführte, indem sie den Auswurf der mittelalterlichen Gesellschaft – Bordellmädchen, Henkersfrauen und – töchter, Pfaffendirnen und Jüdinnen – zwangen, die Missfallen erregenden Moden anzulegen und sie dadurch für jede ehrbare Frau unmöglich zu machen. Wenn aber auch dieses letzte Mittel nichts half, dann warfen die Herren die Flinte ins Korn und liessen die Mode Mode sein, bis sie von selbst durch eine andere, vielleicht noch unschönere, ersetzt wurde. Dann begann die ganze Geschichte wieder von vorn.