Kitabı oku: «Wegweiser durch das sächsisch-böhmische Erzgebirge», sayfa 5
XIII. Route. Von Sayda nach Zschopau
Von Sayda (s. S. 75) folgt man der Chaussee über Pillsdorf (137 E.) nach Dörrnthal (1283 E.) und zwar bis zum Gasthof »Zum Feldschlösschen« an der Sayda-Freiberger Strasse. Bei diesem Gasthause hat man eine herrliche Aussicht über einen Theil des oberen Erzgebirges, indem man in südöstlicher Richtung den Fichtel- und Keilberg, den Pöhlberg, den Hassberg, den Bärenstein, den Scheibenberg und den Auersberg erblickt. Noch schöner ist die Aussicht, wenn man vom Feldschlösschen, 10 Minuten weit in der Richtung nach Voigtsdorf, auf die Dörnthaler Höhe geht. Es öffnet sich dann noch eine Fernsicht nach Nord und Nordost, so dass man in ersterer Richtung Freiberg und in letzterer Frauenstein sammt den im Hintergrunde liegenden Höhen bei Pulsnitz sieht. Bei hellem Wetter kann auch deutlich der Kolmberg bei Oschatz erkannt werden. – Vom Feldschlösschen führt der Dorfweg durch Dörnthal nach dem an letzteres sich anschliessenden Haselbach (701 E.) und von hier ein Fusspfad so nach Forchheim (1448 E.), dass man vom Gasthofe »Stadt Karlsbad«, am Schlosse des Freiherrn v. Biedermann vorüber, auf die Strasse nach Lengefeld gelangt, welche vor Erreichung dieses Ortes noch Görsdorf (515 E.) im anmuthigen Flöhathal und jenseits der Flöha den Gasthof »Zum Marterbüschel« berührt. Von Lengefeld geht die Strasse zunächst nach Wünschendorf (768 E.). Rechts des Weges erhebt sich malerisch über dem linken Ufer der Flöha, auf hoch gelegenem Felsen, die kleine Burg Rauenstein, zu welcher von unten aus ein überwölbter Zugang führt. Weiterhin geht der Weg durch Wald nach Börnchen, von wo man sich entweder über Krummhermersdorf (2280 E.) oder über Waldkirchen nach Zschopenthal (199 E.) und Zschopau wendet.
Lengefeld, Stadt, unfern der Flöha, 1507´ ü. M., mit 3288 E. Viel Weberei (400 Meister).
Waldkirchen, Dorf, 1556´ ü. M., mit 1635 E., Fabrikation von Holzwaaren, besonders von Haus- und Küchengeräthen.
Zschopau, Stadt am gleichnamigen Flusse, 1204´ ü. M., mit 7821 E. Treibt Wollen- und Baumwollenweberei; in der Nähe viele Spinnmühlen. Das Schloss »Wildeck«, dessen runder Thurm noch aus den Zeiten Heinrichs I. herrühren soll, ist jetzt Sitz des Gerichts- und des Forstamtes. Zu der Martinskirche führt von der Vorstadt eine 70 Stufen enthaltende Felsentreppe. Prächtiges Seminargebäude. Am Schiesshause köstliche Aussicht.
XIV. Route: Von Olbernhau nach Rothenhaus und Eisenberg
1. Von Olbernhau (s. S. 82) folgt man südöstlich der Chaussee bis Grünthal, geht in diesem Orte über die Flöhabrücke und wendet sich auf einem Wiesenpfade, welcher unmittelbar hinter dem Walzwerk hinführt, dem Dorfe Rothenthal (737 E., Holzdrechselei) zu. Am Ende dieses Dorfes überschreitet man die wildschäumende Natschung und gelangt so an den, auf österreichischem Gebiet gelegenen Eingang in das Natschungthal, welches, weil weiter oben der Teltschbach in die Natschung mündet, meist Teltschthal genannt wird. Neben der Einsamkeit und würzigen Waldluft gefällt die Bildung des Thales. Die Thalsohle ist oft so schmal, dass sie kaum Raum hat für den Fluss und die daneben angelegte Strasse; die Thalwände werden häufig von schroffen Felsen unterbrochen, so dass man an hohem bastionsähnlichen Gemäuer vorüberzugehen meint; das Thal selbst macht die vielfachen Windungen der Natschung mit und bietet so von Strecke zu Strecke veränderte Ansichten dar. Naturfreunde behaupten daher mit Recht, dass sich das Teltschthal wohl mit dem berühmten Schwarzathal in Thüringen vergleichen lasse. – Nach einer Wanderung von 1½ Stunden, wobei man an einer im Schweizerstyle erbauten Gartenwirthschaft vorüber gekommen ist, macht man mit dem Teltschbach eine Biegung nach links und erreicht bald darauf ein Eisenwerk, welches nach der früheren Besitzerin, der Gräfin Gabriele v. Boucquoi auf Rothenhaus, Gabrielahütte genannt wird. Von hier führt eine gut gebaute Strasse – nur muss man beim Verlassen des Waldes rechts gehen – nach dem Dorfe Kallich (850 E.), wo sich noch grössere, ebenfalls zur Herrschaft Rothenhaus gehörige Eisenwerke befinden. Während Kallich auf einem Hochplateau ziemlich kahl und reizlos gelegen ist, bietet der nicht weit hinter diesem Dorfe beginnende südliche Abhang des Gebirges um so mehr Abwechslung und Genuss dar. Von hier führt die Strasse fast immer im Tannenwalde bergab nach dem 1½ St. entfernten Göttersdorf (460 E.), senkt sich dann in einem Buchenhaine noch weiter hinunter und mündet zuletzt am Fusse des Gebirges in eine der schönsten und gesegnetsten Gegenden von ganz Böhmen. Dicht vor uns liegt auf einem Bergvorsprunge das Schloss Rothenhaus mit seinen Garten- und Parkanlagen und dahinter breiten sich die fruchtbaren Gefilde des Biela- und Egerthales aus.
Nachdem man in Rothenhaus den Park, das Schloss und den Schlossgarten – hier vergesse man den Gartensalon mit dem interessanten Fremdenbuch nicht! – besucht hat, begiebt man sich über Hohnofen (¾ Std.) und Dorf Eisenberg (¼ Std.) nach Schloss Eisenberg, welches durch seine malerische Lage, seine trefflichen Gemächer und seine reichhaltigen Treibhäuser berühmt ist.
2. Man kann auch zuerst Schloss Eisenberg besuchen. Dann wendet man sich, sobald man von Gabrielenhütte den Wald passirt hat, nicht rechts nach Kallich, sondern links hinauf nach Katharinenberg. Von dieser Bergstadt (1700 E., Feldwirthschaft, Bergbau, Strumpfwirkerei) geht man auf dem Plateau hin nach Nickelsdorf, dann aber steigt man (am besten mit Führer) auf steilem, doch schattigem Waldpfade hinab nach Schloss Eisenberg. – Der Weg von Eisenberg nach Rothenhaus über Hohnofen ist nicht zu verfehlen.
3. Wem ein Ausflug von Olbernhau nach Rothenhaus oder Eisenberg zu weit ist, der besuche wenigstens die Basaltfelsen zwischen dem Schweinitz- und Natschungsthale, welche früher das »Steinerlt« hiessen, neuerdings aber die »Luisensteine« genannt werden. Man geht zu dem Zwecke in dem Dorfe Brandau bis zur Kirche und wendet sich da rechts auf einen Fahrweg, welcher sanft ansteigend in den Wald und dann ziemlich steil, unter stämmigen Fichten hin, auf den Bergrücken führt. Nach Ueberschreitung einer Waldblösse sehen wir die »Luisensteine,« zwei nur einige hundert Schritt von einander entfernte Felsgruppen, vor uns stehen. Wir besteigen die höhere, indem wir uns ihr von rückwärts nähern, und geniessen eine wundervolle Aussicht. Zu unseren Füssen liegt das grüne Schweinitzthal, umsäumt von bewaldeten Abhängen und schön geformten Bergkuppen. Gegenüber bemerken wir den Schwartenberg, mit den an seiner Böschung sich hinziehenden Häusern von Heidelbach und Heidelberg, und mehr zurück zeigen sich Stadt Sayda, Burg Frauenstein und Schloss Lichtenwaldstein. Weiter rechts sehen wir hinab auf die Dächer und Strassen von Katharinenberg und darüber hinaus auf das gesegnete Böhmerland mit dem Milleschauer, dem Borzen und anderen Spitzen des Mittelgebirges. Und auf der entgegengesetzten Seite erscheint das Flöhathal, das Städtchen Lengefeld, die Augustusburg und weit im Hintergrunde der Rochlitzer Berg.
XV. Route: Von Zschopau über den Greifenstein nach Geyer
Man geht in Zschopau (s. S. 88) über die steinerne Brücke und wendet sich, am Bahnhofe vorbei, dem Wege zu, welcher, den Fluss rechts lassend, thalaufwärts führt. Hinter der Bodemer'schen Fabrik treten die meist bewaldeten Thalwände nahe an den Fluss heran: der Weg steigt empor und leitet fast in der Mitte des Abhanges dahin. Links vom Wege trifft man eine Ruhebank, und dabei eine Tafel mit der Inschrift: »Heinrich Cotta, geboren den 30. Oktober 1763«. Gegenüber, am andern Gelände, sieht man von frischem, wohlbeschnittenen Tannengebüsch die Buchstaben »H. C.« gebildet, welche gleichfalls auf den berühmten Forstmann hindeuten. Die hohe Felsenecke, welche später an unserer Linken erscheint, heisst die Kanzel und gewährt eine prächtige Rückschau auf das Zschopauthal. Nach 1½stündiger Wanderung folgen wir einem steilen Pfade hinab nach dem Dorfe Scharfenstein9 (748 E.), in welchem sofort das alte Schloss die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Dieses liegt auf einem sich weit hervorstreckenden Felsenrücken, der auf 3 Seiten von der Zschopau umflossen und quer von der Eisenbahn durchschnitten wird. Auch ein Stollen führt unter dem Felsen hin, um das Flusswasser mit recht viel Fall zu der Fiedler-Lechla'schen Spinnerei zu leiten. Auf dem Schlossberg hat man eine gute Aussicht. Von der Burg interessiren am meisten der Wartthurm und die tief in den Felsen eingearbeiteten Keller und Gefängnisse. Das Schloss gehört seit 1427 denen von Einsiedel, und hat in dem Bauern- und in dem 30jährigen Kriege mehrfache Gefahren zu bestehen gehabt.
In Scharfenstein überschreitet man auf der »Kuhbrücke« die Zschopau, geht fast bis zur Griesmühle (Griessbachmühle) und wendet sich dann links lehnan in einen angenehmen Wiesengrund. Bei der Gabelung des Baches geht man geradeaus und kommt so nach Venusberg (1164 E.), von wo ein Weg durch das Rittergut hindurch, bei einem Göpel vorbei, in ¾ Std. nach Herold (850 E.), führt. Man ist hier auf der Weissbach-Annaberger Chaussee und diese verfolgt man, bis sich der Grund etwas erweitert; dann geht man rechts, überschreitet auf schwankem Stege (bei einem Wehre) den Wiltschbach, erreicht Stadt Thum und steigt von da, hinter dem Rathskeller weg, zu dem Greifenstein empor. – Man kann auch auf der Weissbach-Annaberger Strasse bis Ehrenfriedersdorf gehen und von hier aus (am besten mit Führer) den Greifenstein besteigen; doch ist der Weg etwas weiter.
Der Greifenstein, 2234´ ü. M., im Ehrenfriedersdorfer Freiwalde gelegen, ist eine merkwürdig-groteske, auch von der Sage vielfach umwobene Felsbildung. Auf einem Sockel von Gneis sind 7 freistehende, 30–50 Ellen hohe Granitmassen aus lauter über einander gelagerten Platten aufgethürmt, so dass man Cyklopenmauern oder die Reste einer grossen Burg vor sich zu sehen meint. Die eine Gruppe ist besteigbar und gewährt – in der benachbarten Restauration erhält man ein gutes Fernrohr – eine glänzende Umschau. Südwärts liegt der ganze Kamm des Erzgebirges vor uns und lässt die wichtigsten Höhepunkte, als Auersberg, Fichtel- und Keilberg, Scheibenberg, Pöhlberg, Bärenstein, Hassberg pp. deutlich erkennen; im Westen und Osten schliessen sich die wellenförmig gestalteten, von Thälern und Einschnitten reichlich durchsetzten Abhänge des Erzgebirges an und im Norden sieht man den Kolmberg, die Rochlitzer Berge und selbst den Petersberg bei Halle. Dazwischen begegnet das Auge in allen Richtungen den Wohnplätzen der Menschen. Man erblickt die Schlösser Frauenstein, Augustusburg und Sachsenburg, die Städte Thum, Geyer, Schlettau, Scheibenberg, Annaberg, Sayda, Frauenstein, Schellenberg, Mittweida, Hohenstein, Altenburg, Leipzig pp. und eine Menge von Höfen und Dörfern.
Vom Greifenstein gelangt man auf angenehmem Waldweg nach der nur ½ Stunde entfernten Bergstadt Geyer.
Thum, Stadt, 1579´ ü. M., mit 2625 E., treibt Feldwirthschaft, Bergbau, Strumpfwirkerei und Posamentirerei. In der Nähe kommt ein besonderes Mineral, der Thumer Stein, vor. Bei Thum hat am 15. Januar 1648 ein Gefecht, des 30jährigen Krieges letzter Kampf in Sachsen, statt gefunden, weshalb vom Annaberger Zweigverein der Gustav-Adolph-Stiftung 1848 allda ein Denkstein errichtet worden ist.
Ehrenfriedersdorf, Stadt, 1676´ ü. M., mit 3026 E. Gleiche Erwerbsquellen wie Thum. Ringsherum und besonders am Sauberge bedeutende Berghalden von früheren Zinn- und Silbergruben. (An eine der Gruben knüpft sich auch eine merkwürdige Erzählung: »Die lange Schicht«). Für Mineralien ist die Gegend von Ehrenfriedersdorf ein reicher Fundort. – Zwischen Ehrenfriedersdorf und Thum standen früher Arsenikwerke (»Gifthütten«) in deren Nähe von den ausströmenden Dämpfen alle Vegetation erstickt wurde. Die also verödete Gegend hat davon den Namen »Elend« bekommen.
Geyer, Stadt, 1856´ ü. M. mit 4260 E. hatte ehemals blühenden Bergbau, auf welchen die am 11. Mai 1802 entstandene, gegen 70 Ellen tiefe Binge deutlich hinweist; jetzt ist derselbe erloschen; dafür treibt man Posamentiererei und Strumpfwirkerei. – Durch heftiges Sturmläuten beim sächsischen Prinzenraube sprang (1455) in Geyer die grosse Glocke und wurde darnach auf kurfürstliche Kosten umgegossen. – In der Nähe von Geyer liegt Siebenhöfen; bekannt, weil der um die sächsische Baumwollenspinnerei sehr verdiente Eli Evans sich daselbst 1812 eine eigne Spinnmühle errichtete.
XVI. Route: Von Olbernhau über Zöblitz nach Marienberg
Von Olbernhau nach Grundau (53 E.), dann auf einem Fusswege, welcher die Chaussee links lässt, nach dem mittleren Theil von Ansprung (926 E.) und weiter auf der Strasse nach Zöblitz. Besuch der Serpentinsteinbrüche und einiger Werkstätten für Serpentinsteindrechselei. Am nordwestlichen Ende der Stadt, in der Nähe des Forstamtes, rechts hinab in das Thal der schwarzen Pockau, um die Ruine Niederlauterstein zu besteigen. Von dieser zurückgekehrt, auf angenehmem Wiesenpfade, welcher an der Pockau aufwärts führt, zum Gasthofe »Kniebreche« an der Zöblitz-Marienberger Chaussee. Unterwegs zeigt sich zur Linken bald ein Felsenvorsprung, auf welchem vormals die Burg Oberlauterstein gestanden hat; zur Rechten lugen später von der Höhe einzelne Häuser herab, welche zu dem Dorfe Rittersberg (312 E.) gehören. Von der »Kniebreche«, bei der die rothe und die schwarze Pockau zusammenrinnen, folgen wir (mit Führer!) dem Thal der letzteren und gelangen so zum »schwarzen Grund«, der wildesten Gegend des ganzen Erzgebirges. Nachdem wir die hohen, fast senkrecht aufsteigenden Felsen und die tosende Pockau betrachtet haben, erklimmen wir den Katzenstein und geniessen von einer weit vorspringenden Felsenplatte die Aussicht auf das eben verlassene Thal und dessen Umgebung. Vor uns liegt in jäher Tiefe der »schwarze Grund«; zur Linken gewahren wir eine ungeheure Felsenwand, die Ringmauer genannt, gegenüber eine fast isolirte Bergspitze, auf welcher ehemals ein Raubschloss gestanden haben soll, und dahinter den grossen Kriegwald. – Vom Katzenstein gehen wir durch den Wald nach dem Dorfe Pobershau (1426 E.) und von da über Wildenburg nach Marienberg.
Zöblitz, Stadt 1728´ ü. M., mit 1824 E. Mehrmals, besonders 1854, durch Brandunglück heimgesucht. Die Serpentinsteinbrüche befinden sich auf dem nach Ansprung hin streichenden Höhenzuge, »die Harthe« genannt. Die Schichtung ist also: oben liegt der untaugliche Kammstein, dann folgt der blaue Horn- oder Lawetzstein und zu unterst erst die brauchbare Masse. Seit 1613 hat Zöblitz eine besondere Steindrechslerzunft: 40 Innungsmeister fertigen Apothekerschalen, Wärmsteine, Büchsen, Schreibzeuge, Briefbeschwerer, Grabsteine pp. – Neuerer Zeit sind die Brüche, welche nicht sonderlich gehalten waren, in den Besitz einer Actiengesellschaft übergegangen und werden nun rationell abgebaut.
Die Burg Oberlauterstein ist in dem Hussitenkriege, Burg Niederlauterstein im 30jähr. Kriege zerstört worden.
Marienberg, Stadt 1864´ ü. M., mit 5518 E. Verdankt seine Gründung – sie geschah 1521 durch Herzog Heinrich d. Frommen – dem Bergbau, treibt jetzt aber meist Feldwirthschaft, Grenzhandel und Spitzenklöppelei; auch hat es neuerer Zeit eine Flachsbereitungsanstalt. Die Stadt ist regelmässig angelegt, hat einen schönen, mit Linden bepflanzten Markt und eine sehenswerthe gothische Kirche. In der Kirchenbibliothek befindet sich ein werthvolles Manuscript, »die Coss« betitelt, von Adam Riese (vgl. Programm d. Annaberger Realschule v. J. 1860).
XVII. Route: Von Marienberg über Wolkenstein nach Annaberg und Buchholz
Auf der Marienberg-Wolkensteiner Chaussee bis an den Wald, dann auf dem in das Holz einmündenden Fahrwege bis an ein Bergwerk und von da auf einem Fusssteig über das bereits sichtbare Dorf Geringswalde nach dem Wolkensteiner Warmbad, welches ausser der Quelle und den verschiedenen Wirthschaftsgebäuden angenehme Anlagen und Spaziergänge darbietet. Nach Besichtigung des Bades kann man sich direkt nach Wolkenstein wenden, gerathener aber ist es, an dem vorhandenen Bache, durch einen wilden Grund hinab ins Thal der Zschopau zu gehen, hier den Flossplatz und den Lauf der Eisenbahn anzusehen und nun erst – der Weg führt einige Zeit an dem Flusse aufwärts – nach Wolkenstein emporzusteigen. Allda besucht man vor Allem das Schloss, welches auf einem 250 Fuss hohen, jäh' nach der Zschopau abstürzenden Felsen erbaut ist. Die südlichen Schlossfenster und mehrere Stellen am Schlossrande gewähren eine prächtige Aussicht auf das Zschopauthal und die in demselben sich hinwindende Eisenbahn, sowie auf die umliegenden Höhen und einen Theil des Obergebirges. Auch ladet der ganze Bergabhang, von seinem reichen Bestande an Bäumen und Sträuchern der »Haag« genannt, zu einem Spaziergange ein, wenn auch die Wege mühsam dem Boden abgewonnen und etwas steil sind.
Von Wolkenstein kann man verschiedene Wege nach Annaberg (Buchholz) einschlagen. Entweder geht man auf der Chaussee, an den untern Häusern von Schönbrunn vorbei, nach Wiesenbad, betrachtet hier die Sehenswürdigkeiten und wendet sich dann auf der Strasse nach Annaberg. Oder man benutzt von Wolkenstein bis Wiesenbad die Eisenbahn, sieht sich in dem Orte um und fährt mit einem späteren Zuge nach Annaberg. Oder endlich man geht von Wolkenstein durch den Haag nach dem sogenannten Prinzessinnenweg, verfolgt diesen und wendet sich kurz vor Einmündung der Pressnitz linkshin nach Finsterau und von da über Streckewalde und Himmelmühle nach Wiesenbad, von wo Annaberg leicht zu erreichen ist. – Der dritte Weg ist der empfehlenswertheste, doch würde er noch angenehmer sein, wenn an der Spitze, welche Zschopau und Pressnitz mit einander bilden, ein Steg über Letztere führte und man so im Zschopauthale aufwärts nach Himmelmühle und Wiesenbad gelangen könnte.
Bad Wolkenstein ist der wärmste (30 °C.) Gesundbrunnen Sachsens und mit Vortheil gegen Gicht, Rheuma und ähnliche Krankheiten anzuwenden. Die ziemlich tief liegende Quelle ist in neuerer Zeit frisch gefasst und dadurch gegen Zufluss von »wilden Wässern« geschützt worden.
Wolkenstein, Stadt, 1446´ ü. M., mit 2075 E. Lebt von Ackerbau, Spitzenklöppeln und Posamentiererei. Sehenswerthe Kirche. Das Schloss besteht aus einem älteren, in Trümmern liegenden, und einem neueren, noch erhaltenen Theil. Auf Schloss Wolkenstein haben im 15. und 16. Jahrhundert wiederholt sächsische Fürsten, besonders Georg d. Bärtige und Heinrich d. Fromme gewohnt; an Letzteren erinnert auch das von Wolkenstein ⁵/₄ Stunde entfernte Lehngut Heinzebank (Heinrichsbank).
Wiesenbad, freundlicher Kurort im Zschopauthale, hat ausser dem nahen Lustwäldchen noch andere interessante Punkte: so den grossen Riss, den Chocoladenfelsen und den Amethystenbruch. Die Quelle, 26 °C. warm, hat ähnliche Wirkungen wie das Wolkensteiner Bad, zeigt sich aber von ganz besonderem Nutzen bei scrophulösen Kindern. – In der Nähe des Bades ist eine grosse Flachsspinnerei.
Annaberg, wichtigste Stadt des Obererzgebirges, an dem der Sehma zugekehrten Abhange des Pöhlberges, ziemlich abschüssig, – 1700 bis 1980´ ü. M. – gelegen, mit 11,693 E. Verdankt seine Entstehung dem Silberbergbau, welcher der Sage nach durch Daniel Knapp, den Urkunden nach durch Kaspar Niezelt aus Frohnau in Aufnahme gekommen ist (1492). Die reiche Ausbeute lockte viele Bergleute und Grubenherren, Handwerker, Händler und Glücksritter herbei, so dass die »wilde Ecke« – so hiess damals die in Rede stehende Gegend – zahlreich besiedelt wurde. Dies gab Herzog Georg dem Bärtigen Veranlassung, allda (21. Septbr. 1496) eine Stadt zu gründen, welche anfangs »Neustadt am Schreckenberge«, darnach aber »St. Annaberg« genannt wurde. Am ergiebigsten zeigten sich die Erzgänge im 16. Jahrhundert, und diese Zeit ist es, wo die Annaberger Bergherrn wegen ihrer Ueppigkeit10 verrufen waren. Annaberg hatte damals seine eigene Münzstätte (an sie erinnert die heutige Münzgasse) und schlug Geldstücke, welche von dem Fundorte »Schreckenberger« und von dem Gepräge »Engelsgroschen« hiessen. Die Ausbeute war bisweilen so gross, dass das Silber in Erzkuchen, also ungemünzt, vertheilt werden musste. Aber wie anderwärts, so hielt auch bei Annaberg der reiche Bergsegen nicht aus. Und als im 30jährigen Kriege noch Noth und Elend an die Bewohner herantrat, da kam der dasige Bergbau fast zum Erliegen und hat sich seitdem trotz mehrfacher, namentlich in neuester Zeit gemachter Versuche nicht wieder in Aufschwung bringen lassen. Das Sinken des Bergbaues war jedoch die Ursache, dass das durch Barbara Uttmann (1561) aufgebrachte Spitzenklöppeln in und um Annaberg rasche Verbreitung fand und die Stadt dadurch, sowie durch die von Georg Einenkel (1589) in Buchholz eingeführte und von da nach dem Nachbarort gekommene Posamentiererei eine ganz neue wirthschaftliche Grundlage erhielt. Was Annaberg damals als Bergstadt verlor, das gewann es bald darauf als Handels- und Industriestadt wieder und eine solche ist es auch bis auf unsere Tage, wo zu den vorhandenen Erwerbszweigen noch die Seidenweberei, die Crinolinfabrikation u. s. w. gekommen sind, geblieben.
Sehenswürdigkeiten: In Annaberg besucht man zunächst die Haupt- oder Annenkirche, welche mit reiner Kreuzesform im gothischen Style erbaut (1499–1519) ist. Der Hauptaltar enthält 10 Sorten Marmor und stellt in herrlicher Skulptur den Stammbaum Christi dar. Ausserdem sind noch drei Altäre: der Bergaltar (mit interessanten Bildern aus dem früheren Bergmannsleben), der Münzeraltar und der Bäckeraltar vorhanden, wie denn überhaupt die Kirche mit grosser Schonung für den protestantischen Kultus umgewandelt worden ist. Beachtenswerth sind ferner: die steinerne mit vieler Bildhauerarbeit gezierte Kanzel, die goldene Pforte, (1577 aus dem hiesigen Kloster entnommen), der becherförmige Taufstein (1560 aus dem Grünhainer Kloster anher versetzt) und neben anderen Gemälden besonders das von Lukas Kranach herrührende Bild (die Ehebrecherin vor Christus). An den Emporen sieht man 100, in gebrannter Erde ausgeführte Darstellungen aus der biblischen Geschichte; doch haben sich unsere Vorfahren auch nicht versagt, an der Brüstung der beiden Seitenchöre die Lebensalter der beiden Geschlechter sinnbildlich in humoristisch-satyrischen Reliefs anzubringen. – Der kegelschiebende Engel, welcher sich über dem Eingang zur »alten« Sakristei befindet, wird von Vielen für ein Wahrzeichen der Stadt gehalten. Die Thüre zu dieser Sakristei trägt interessante Schlösser, wahre Muster der alten Schlosserkunst. In der Sakristei selbst ist ein Tetzel'scher Ablasskasten zu sehen. – Im Jahre 1833–34 sind durch architectonisches Missverständniss aus den schadhaften Fenstern die gothischen Verzierungen und steinernen Zwischenrahmen herausgenommen und durch schlichtes Holzwerk ersetzt worden; neuerer Zeit aber werden die Fenster stylgemäss mit steinernem Maass- und Laubwerk wieder hergestellt. – Die ganze Kirche macht sowohl in Grösse als Bauart einen erhebenden Eindruck. Dies geht auch aus den Worten Johann Friedrich des Grossmüthigen hervor, der zu Herzog Georg, nachdem er mit diesem einem katholischen Gottesdienst in der Hauptkirche beigewohnt, sagte: »Der Gebauer ist wohl schön, nur der Vogel darin singt nicht gut.«
Ausser der Hauptkirche besuche man die Bergkirche, die einzige Sachsens, und die Hospital- oder Trinitatiskirche sammt dem dahinter liegenden Gottesacker. An der Hospitalkirche ist aussen, nach dem Friedhofe zu, eine Kanzel angebracht, von welcher am Trinitatisfest die Predigt gehalten wird. In dem vordern Theile des Kirchhofes steht ein Kruzifix, dessen Umgebung früher in hohem Ansehen stand, weil man annahm, dass bei der Einweihung des Gottesackers (1519) die aus Rom geholte heilige Erde daselbst verstreut worden sei (vergl. jedoch: »Der Gottesacker zu Annaberg« von Dr. Spiess, S. 131). Rechts davon sieht man die weitberühmte Linde, deren flachgewachsene Aeste durch 23 Pfeiler gestützt sind. Der Sage nach soll dieser Baum vormals umgekehrt gepflanzt worden sein, um einen Zweifler zum Glauben an die Auferstehung zu bekehren. Etwas vor dem Kruzifix steht das Denkmal der Barbara Uttmann, der Erfinderin des Spitzenklöppelns. Dasselbe ist der unvergesslichen Wohlthäterin des Erzgebirges im Jahre 1834 durch August Eisenstuck, damaligen Chef der Eisenstuckschen Handlung, errichtet worden und trägt die Inschrift:
Ein thätiger Geist, eine sinnige Hand,
Sie ziehen den Segen ins Vaterland.
Von dem ehemaligen Franziskaner-Kloster, welches 1502 gegründet und 1540 aufgehoben worden ist, stehen nur noch geringe Ueberreste zwischen der Oberforstmeisterei und dem neuen Bezirksgericht. – Zu Annaberg hat auch von 1515–59, anfangs als Probirer und dann als Gegenschreiber, der weltbekannte Rechenmeister Adam Riese11 gelebt, und noch jetzt heisst das Gut in der Nähe der Stadt, das er besessen, die »Riesenburg.« Ebenso ward allda 1726 der Kinderfreund Ch. F. Weisse geboren, zu dessen Ehren man bei seinem hundertjährigen Geburtstage eine milde Stiftung errichtet hat.
Ausflüge: Der Pöhlberg gewährt auf seinem Plateau eine gute Aussicht und zeigt an seinem Nordostabhange mächtige Basaltsäulen, von dem Volke »die Butterfässer« genannt. Ausser Besteigung dieses Bergkegels sind Spaziergänge nach der Wolfshöhle und der Wäsche, nach dem Markus Röhling und dem Schreckenberge, nach der Bäuerin und dem Teufelsfelsen, sowie in die Umgebung von Buchholz (s. weiter unten) anzurathen; als weiterer Ausflug empfiehlt sich ein Besuch des Greifensteins (s. S. 93) oder des unteren Pressnitzthales, von Finsterau bis Schmalzgrube (s. T. XVIII. S. 53).
Buchholz. – Nur zehn Minuten von Annaberg, am linken Ufer der Sehma, den östlichen Abhang des Schottenberges bedeckend, liegt die Stadt Buchholz, eigentlich St. Katharinenberg im Buchholz geheissen, 1793´ ü. M., mit 4854 E. Sehenswerth sind hier: Die gothisch gebaute Hauptkirche und die Begräbnisskapelle, beide mit werthvollen Gemälden aus der Wohlgemuth'schen Schule. Auch verdienen die Waldanlagen und das Waldschlösschen einen Besuch.
Die Nähe der beiden Städte Annaberg und Buchholz erklärt sich daraus, dass bei der Ländertheilung 1485 die Sehma einen Theil der Grenze zwischen dem albertinischen und ernestinischen Sachsen bildete, so dass die Gegend von Annaberg herzoglich und die von Buchholz kurfürstlich war.12 Der angegebene Umstand ist auch der Grund, warum in Buchholz die Reformation früher (1523) als in Annaberg (1539) eingeführt wurde. Im Allgemeinen aber haben beide Städte, die fast gleichzeitig (A. 1496; B. 1504) und aus gleichem Anlass (wegen Auffindung von Silber) entstanden sind, eine gleichmässige Entwicklung gehabt. Wie Buchholz die Heimath für die Posamentirerei, so ist Annaberg die für das Spitzenklöppeln gewesen, und noch heute gelten beide für einen gemeinsamen Vorort der Spitzen- und Posamentenfabrikation.
Spitzenklöppeln: Ueber das Spitzenklöppeln sagt der Verfasser der Lebensbilder vom sächsischen Erzgebirge ungefähr Folgendes: »Im Obererzgebirge sieht man fast hinter jedem Hüttenfenster eifrige Klöpplerinnen; in der schönen Jahreszeit trifft man ganze Gesellschaften von klöppelnden Frauen, Mädchen und Kindern im Freien; im Winter kommen die Klöppelmädchen Abends zusammen und arbeiten gemeinschaftlich, wie anderwärts die Spinnerinnen. Die Haltung der Klöpplerin ist allerdings nicht sonderlich anmuthig, indem sie beim Arbeiten den Oberkörper, ähnlich wie beim Schreiben, etwas vorbeugt; die reizenden Bewegungen ihrer Hände aber lassen sich eben so schwer darstellen, wie der flüchtige Tanz der Finger des Klavierspielers. Wirklich erinnert das federleichte und blitzschnelle Spiel der klöppelnden Hände ebenso sehr an die Fingerfertigkeit der musikalischen Virtuosen, als an die der Taschenspieler. Die Handhabung der Nadeln beim Stricken ist nichts im Vergleich zum Gebrauch der Klöppel beim Spitzenanfertigen. Und die Verwunderung über die Kunstfertigkeit der Klöppelhände wird noch gesteigert, wenn man das äusserst schlichte Werkzeug sieht, dessen die Klöpplerin sich bedient. Sie sitzt vor einem walzenförmigen, einen Fuss langen, mit Kattun umhüllten Polster, dem sogenannten Klöppelkissen (Klöppelsack), das mit einer grossen Anzahl von Stecknadeln gespickt ist. Der Klöppel selbst ist ein 4–5 Zoll langes, zur Form eines Trommelklöppels gedrechseltes Holzstück, über welches das »Tütle«, eine dünne hölzerne Hülse von 2 Z. Länge, gesteckt ist, damit der um den Klöppel gewickelte Faden nicht beschmutzt wird. Einen solchen Klöppel mit Tütle kauft man um einige Pfennige. Zu schmalen Spitzen gehören 2–4, zu breiten wohl Hundert Paare. Um die Mitte des Kissens ist ein Streifen starken Papiers, auf welchem das Muster durch Nadelstiche vorgezeichnet ist, der sogenannte Klöppelbrief, geschlungen. Zunächst werden so viele Fäden, als das Muster erfordert, auf ebenso viele Klöppel aufgewunden, die freien Enden in einen Knoten geschürzt und auf dem Kissen befestigt. Dann beginnt das Klöppeln, welches im Wesentlichen nichts ist, als eine kunstvolle Art zu flechten. Die Arbeiterin fasst mit den Fingerspitzen bald der rechten, bald der linken Hand mehrere Klöppel, wickelt durch gewandte Drehung derselben etwas Faden ab und kreuzt die Fäden durch einen »Schlag« zu einer Art Knoten. Die so gebildeten Maschen werden zeitweilig durch Stecknadeln an dem Klöppelbriefe festgehalten. Rasch beseitigt nun die Hand diejenigen Klöppelpaare, welche eben gebraucht wurden und bis auf Weiteres entbehrlich sind, dadurch, dass sie dieselben mit einer grossen Aufstecknadel seitlich am Kissen feststeckt. Dann nimmt sie mit bewunderungswürdiger Sicherheit aus der Menge der Klöppel, die alle gleich aussehen und nicht an Nummern oder sonstigen Zeichen kenntlich sind, andere Paare heraus, um damit weiter zu arbeiten. – Es ist begreiflich, dass die Fertigkeit, mit welcher die Klöpplerin für jede Nadel den rechten Klöppel findet und benutzt, nur durch Uebung von frühester Jugend an errungen werden kann, weshalb auch Kinder schon im 4. und 5. Lebensjahre zu klöppeln anfangen. Auch sorgen für Erlernung der erzgebirgischen Kunst ausser den Familien mehrere vom Staate unterstützte Klöppelschulen.«