Kitabı oku: «Handbuch des Strafrechts», sayfa 26
2. Stammzellgewinnung aus Embryonen in Deutschland
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Im Rahmen der In-vitro-Fertilisation (IvF) werden Embryonen zum Zwecke ihrer späteren Übertragung extrakorporal erzeugt. Da jedoch nicht aus jeder im Rahmen der IvF befruchteten Eizelle ein übertragungsfähiger Embryo hervorgeht,[385] muss die Zahl der pro Zyklus befruchteten Eizellen höher sein als die Zielgröße, was aber wiederum dazu führen kann, dass im Erfolgsfalle überzählige Embryonen vorhanden sind, die der Frau, von der die Eizellen stammen, nicht mehr implantiert werden sollen oder können.[386] Vor der Implantierung ist es außerdem unter bestimmten Voraussetzungen möglich, die Embryonen im Rahmen der Präimplantationsdiagnostik (PID) auf schwerwiegende Erbkrankheiten hin zu untersuchen (§ 3a Abs. 2 und 3 ESchG) und ggf. solche mit positiven Befunden zu verwerfen.[387]
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Fraglich ist, ob überzählige bzw. verworfene Embryonen zur Gewinnung von Stammzellen genutzt[388] oder ob gar Embryonen ausschließlich zu diesem Zweck erzeugt werden dürfen. Gegenüber adulten – d.h. den Geweben des postnatalen Organismus entstammenden – Stammzellen haben humane embryonale Stammzellen (hES-Zellen) den Vorteil, dass sie unter optimalen Bedingungen in vitro fast unbegrenzt repliziert werden und sich in jeglichen Zelltyp ausdifferenzieren können.[389] § 2 Abs. 1 ESchG bedroht jedoch die Verwendung eines Embryos „zu einem nicht seiner Erhaltung dienenden Zweck“ – und damit auch die (mit der Vernichtung des Embryos verbundene) Gewinnung von Stammzellen aus Embryonen[390] – mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe. Darüber hinaus gestattet § 1 Abs. 1 Nr. 2 ESchG die künstliche Befruchtung von Eizellen nur, wenn diese der Herbeiführung einer Schwangerschaft dient, und verbietet damit die Erzeugung von Embryonen zu Forschungszwecken.[391] Der räumliche Geltungsbereich dieser Vorschriften orientiert sich an den §§ 3 ff. StGB (vgl. Art. 1 Abs. 1 EGStGB). Nach dem in § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB verankerten aktiven Personalitätsprinzip macht sich daher ein Deutscher, der sich im Ausland an der Herstellung von heS-Zellen zu Forschungszwecken beteiligt, nur dann gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Abs. 1 ESchG strafbar, wenn die Tat auch am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt. Gemäß § 9 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 StGB entfällt das Erfordernis der Tatortstrafbarkeit allerdings, wenn der an einer Auslandstat Beteiligte im Inland gehandelt hat.[392]
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Embryonen, die in vitro erzeugt wurden, genießen somit nach derzeitiger Rechtslage einen früher einsetzenden Lebensschutz als in vivo entstandene Embryonen, deren Schutz gemäß § 218 Abs. 1 S. 2 StGB erst mit der Nidation beginnt und überdies durch § 218a StGB eingeschränkt wird.[393] Der weitergehende Schutz in vitro erzeugter Embryonen wird teilweise damit begründet, dass diesen eine durch die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) absolut geschützte Subjektqualität zuzusprechen sei. Die überwiegende Ansicht lehnt einen solchen absoluten Schutz aber nicht zuletzt unter Hinweis auf die zulässigen Möglichkeiten der Empfängnisverhütung zu Recht ab, weil damit eine gleichheitswidrige Differenzierung zwischen Embryonen in vitro und solchen in vivo gegeben wäre.[394] Auch das Bundesverfassungsgericht hat bislang offen gelassen, ob dem Embryo bereits in der Pränidationsphase Menschenwürde zukommt.[395] Im Übrigen wird der Lebensschutz (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) des künstlich erzeugten Embryos offenbar nicht absolut verstanden; insbesondere dürfen nicht für eine Schwangerschaft benötigte überzählige Embryonen verworfen werden.[396]
3. Import von Stammzellen
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Um Standortnachteile für die medizinische Forschung zu vermeiden, hat sich der deutsche Gesetzgeber zu einer Kompromisslösung durchgerungen, die es erlaubt, unter bestimmten einschränkenden Bedingungen aus Embryonen gewonnene Stammzellen nach Deutschland zu importieren. Zwar enthält § 4 Abs. 1 StZG zunächst ein grundsätzliches Verbot dieser Vorgehensweise;[397] werden allerdings bestimmte, in § 4 Abs. 2 und Abs. 3 StZG näher konkretisierte Voraussetzungen erfüllt, ist ein Import ausnahmsweise genehmigungsfähig. So muss gemäß § 4 Abs. 2 StZG zur Überzeugung der zuständigen Behörde i.S.d. § 6 StZG feststehen, dass
- | die embryonalen Stammzellen in Übereinstimmung mit der Rechtslage im Herkunftsland dort vor dem 1. Mai 2007 gewonnen wurden[398] und in Kultur gehalten werden oder im Anschluss daran kryokonserviert gelagert werden (Nr. 1a), |
- | die Embryonen, aus denen sie gewonnen wurden, im Wege der medizinisch unterstützten extrakorporalen Befruchtung zum Zwecke der Herbeiführung einer Schwangerschaft erzeugt worden sind, sie endgültig nicht mehr für diesen Zweck verwendet wurden und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dies aus Gründen erfolgte, die an den Embryonen selbst liegen (Nr. 1b), |
- | für die Überlassung der Embryonen zur Stammzellgewinnung kein Entgelt oder sonstiger geldwerter Vorteil gewährt oder versprochen wurde (Nr. 1c); |
darüber hinaus dürfen der Einfuhr oder Verwendung der embryonalen Stammzellen sonstige gesetzliche Vorschriften, insbesondere solche des Embryonenschutzgesetzes, nicht entgegenstehen (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 StZG).[399]
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Forschungsarbeiten an embryonalen Stammzellen dürfen gemäß § 5 StZG nur durchgeführt werden, wenn wissenschaftlich begründet dargelegt ist, dass
- | sie hochrangigen Forschungszielen für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn im Rahmen der Grundlagenforschung oder für die Erweiterung medizinischer Kenntnisse bei der Entwicklung diagnostischer, präventiver oder therapeutischer Verfahren zur Anwendung bei Menschen dienen (Nr. 1) und |
- | nach dem anerkannten Stand von Wissenschaft und Technik die im Forschungsvorhaben vorgesehenen Fragestellungen so weit wie möglich bereits in In-vitro-Modellen mit tierischen Zellen oder in Tierversuchen vorgeklärt worden sind (Nr. 2a) und der mit dem Forschungsvorhaben angestrebte wissenschaftliche Erkenntnisgewinn sich voraussichtlich nur mit embryonalen Stammzellen erreichen lässt (Nr. 2b). |
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Entgegen dem Wortlaut des § 5 StZG ist unter den gegebenen Voraussetzungen nicht nur die Forschung „an“, sondern auch die Forschung „mit“ embryonalen Stammzellen erlaubt. Insofern ist mit Rücksicht auf den Sinn und Zweck des Gesetzes eine teleologische Reduktion geboten, da ansonsten z.B. klinische Prüfungen nicht durchführbar wären.[400] Da keine Ordinalskala existiert, anhand derer sich die Hochrangigkeit der Forschungsziele i.S.d. § 5 Nr. 1 StZG bestimmen ließe, bedarf es einer Güterabwägung unter Einbeziehung aller Umstände des Einzelfalls.[401] Danach sind die Ziele eines Forschungsvorhabens als hochrangig anzusehen, wenn die in Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG gewährleistete Forschungsfreiheit den (vom Gesetzgeber postulierten) Schutzanspruch der zur Gewinnung der Stammzellen verbrauchten Embryonen überwiegt. Dies wird insbesondere bei anwendungsbezogener Forschung der Fall sein, die Fortschritte bei der Diagnose, Prävention und Therapie schwerer sowie bislang unheilbarer Krankheiten[402] verspricht; darüber hinaus kann jedoch auch die diesen Ansätzen vorgelagerte Grundlagenforschung als „hochrangig“ i.S.d. § 5 Nr. 1 ESchG einzustufen sein.[403]
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Der Import embryonaler Stammzellen ohne Genehmigung wird in § 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StZG mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht; gleiches gilt gemäß § 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StZG für die Verwendung im Inland befindlicher embryonaler Stammzellen ohne Genehmigung. Die Beteiligung als Mittäter oder Teilnehmer an der medizinischen Forschung mit embryonalen Stammzellen im Ausland bleibt demnach straflos.[404]
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Neuere Forschungsmethoden versuchen die durch den Gesetzgeber vorgegebenen Restriktionen zu kompensieren, indem sie differenzierte adulte Körperzellen mittels viraler Infiltration bestimmter Gene so reprogrammieren, dass sie das Potential pluripotenter Stammzellen aufweisen und gezielt in organspezifische Zellen ausgereift werden können (sog. humane induzierte pluripotente Stammzellen, hiPS-Zellen).[405] Da bei dem Verfahren die Möglichkeit besteht, dass die hiPS-Zellen ein totipotentes Stadium durchlaufen, stellt sich die Frage, ob unter den Embryonenbegriff des § 8 Abs. 1 ESchG auch transient totipotente Zellen fallen (was die Anwendung der restriktiven Bestimmungen des Embryonenschutzgesetzes zur Folge hätte). Dies wird mit dem Argument abgelehnt, dass keine weibliche Eizelle beteiligt ist und die iPS-Zellen stattdessen von erwachsenen Menschen stammen.[406] Weiterhin stellt sich die Frage, ob bei der tetraploiden Embryo-Komplementierung, die zum Nachweis der Pluripotenz der iPS-Zellen eingesetzt wird, das Klonierungsverbot des § 6 ESchG greift. Bei diesem Verfahren kommt es zur Fusionierung von diploiden embryonalen Zellen zu einem Chromosomensatz in duplo.[407] Auch in diesem Fall scheitert die Anwendbarkeit des ESchG wohl daran, dass sich die Blastozyste nicht aus einer Eizelle entwickelt hat und damit nicht dem in § 6 Abs. 1 und 2, § 8 Abs. 1 ESchG verwendeten Embryonenbegriff unterfällt.[408] In der Gesamtschau erscheinen die vorerwähnten Regelungslücken durchaus geeignet, das dem Embryonenschutz zugrunde liegende Konzept der Totipotenz in Frage zu stellen.[409]
4. Klonen zu Forschungszwecken
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Prinzipiell denkbar erscheint darüber hinaus auch eine Gewinnung von Stammzellen aus geklonten Embryonen.[410] In der rechtspolitischen und medizinethischen Debatte wird „die Erzeugung von Embryonen, Zellen oder Zellverbänden mit dem Ziel ihrer (verbrauchenden) Verwendung zu diagnostischen oder therapeutischen Zwecken“[411] als therapeutisches Klonen (oder präziser: Klonen zu Forschungszwecken) bezeichnet und vom sog. reproduktiven Klonen unterschieden, das auf die Erzeugung lebender Menschen abzielt.[412] Während das reproduktive Klonen einhellige Ablehnung erfährt[413] und u.a. in Art. 3 Abs. 2 lit. d EUGrCh untersagt wird,[414] fällt die Einschätzung des Klonens zu Forschungszwecken gemeinhin differenzierter aus.[415] Für die Bewertung entsprechender Praktiken nach deutschem Recht ist v.a. das in § 6 ESchG normierte, strafbewehrte Klonierungsverbot sowie das ebenfalls strafbewehrte Verbot der Chimären- und Hybridbildung gemäß § 7 ESchG von Bedeutung.
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Vom Klonierungsverbot des § 6 ESchG ist zunächst unzweifelhaft das sog. Embryonensplitting umfasst. Dabei wird der Versuch unternommen, im frühen Embryonalstadium durch Abspaltung totipotenter Zellen einen Embryo herzustellen, der die gleiche embryonale, fötale oder menschliche Erbinformation aufweist.[416]
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Ob darüber hinaus auch der Zellkerntransfer in eine enukleierte Eizelle § 6 ESchG unterfällt, ist umstritten. Bei dieser Methode wird in eine zuvor entkernte Eizelle ein anderer Zellkern transferiert; hierdurch entsteht eine totipotente humane Zelle, deren Erbinformationen nahezu mit denen des Menschen übereinstimmen, der den Zellkern gespendet hat.[417] Fraglich ist, ob die auf diesem Wege entstandene Zelle angesichts des geringen, etwa 0,01 bis 0,02 % des Gesamtgenoms ausmachenden Anteils eigenen genetischen Materials derart von der Ausgangszelle abweicht, dass sie nicht mehr als „gleich“ i.S.d. § 6 Abs. 1 ESchG angesehen werden kann.[418] Dabei spricht für die Annahme eines Klons, dass sich das in Rede stehende eigene genetische Material nicht auf den Phänotyp auswirkt.[419] Selbst wenn man von einer „Gleichheit“ von Ausgangszelle und neu entstandener Zelle ausgeht, ist jedoch weiter umstritten, ob der erzeugte Klon als „Embryo“ i.S.d. Embryonenschutzgesetzes bezeichnet werden kann. Nach der Legaldefinition des § 8 Abs. 1 ESchG gilt als Embryo „bereits die befruchtete, entwicklungsfähige menschliche Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an, ferner jede einem Embryo entnommene totipotente Zelle, die sich bei Vorliegen der dafür erforderlichen weiteren Voraussetzungen zu teilen und zu einem Individuum zu entwickeln vermag“ (Hervorh. d. Verf.).[420] Aus dem Umstand, dass beim Zellkerntransfer keine Kernverschmelzung stattfindet und mithin keine befruchtete Eizelle entsteht, folgert ein Teil des Schrifttums, dass der mittels Zellkerntransfer hergestellte Klon nicht als Embryo i.S.d. § 8 Abs. 1 ESchG anzusehen ist.[421] Wenn demgegenüber die Gesetzesmaterialien und Teile des Schrifttums[422] das Adverb „bereits“ nicht abschließend im temporären Sinne, sondern lediglich als Einleitung eines Beispiels („auch“) verstanden wissen wollen, so erscheint dies nicht ohne Weiteres mit dem üblichen Wortgebrauch vereinbar und gerät infolgedessen in Konflikt mit dem strafrechtlichen Analogieverbot (Art. 103 Abs. 2 GG).[423] Andere Stimmen im Schrifttum gehen davon aus, dass der Embryonenbegriff in § 6 Abs. 1 ESchG abweichend von § 8 Abs. 1 ESchG zu interpretieren ist, und begründen dies damit, dass ansonsten einige der in § 6 Abs. 1 ESchG aufgeführten Tatmodalitäten (das Klonen von Feten, von bereits geborenen Menschen und von schon Verstorbenen) ihre Bedeutung verlieren würden.[424] Wenngleich den Vertretern dieser Ansicht darin zuzustimmen ist, dass die Regelung des § 6 Abs. 1 ESchG bei einer Orientierung an der Legaldefinition des § 8 Abs. 1 ESchG zu einem Gutteil ins Leere läuft, wäre es Aufgabe des Gesetzgebers, die hieraus resultierende Lücke (ggf. durch eine Orientierung an der abweichenden Definition des § 3 Nr. 4 StZG) auszufüllen.[425] De lege lata wird man allerdings nicht umhinkommen, im Anwendungsbereich des Embryonenschutzgesetzes einen einheitlichen, § 8 Abs. 1 ESchG zu entnehmenden Embryonenbegriff zugrunde zu legen.[426]
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Nicht verboten ist der Transfer eines Zellkerns in eine menschliche Eizelle, dessen Erbinformationen zuvor manipuliert wurden, wenn kein Kern einer totipotenten Zelle oder Keimbahnzelle i.S.d. § 8 Abs. 3 ESchG verwendet wird. Diese Vorgehensweise verstößt nicht gegen § 6 Abs. 1 ESchG, da kein Embryo mit identischem Erbmaterial erzeugt wird; darüber hinaus findet keine Verwendung eines Embryos zu einem nicht seiner Erhaltung dienenden Zweck statt (§ 2 Abs. 1 ESchG), und auch das in § 5 ESchG normierte Verbot der künstlichen Veränderung menschlicher Keimbahnzellen ist nicht tangiert.[427] Zulässig ist des Weiteren die Übertragung des Kerns einer (nicht totipotenten) menschlichen Zelle in eine tierische Eizelle (sog. heterologer Zellkerntransfer[428]), da auf diesem Weg ebenfalls kein Embryo i.S.d. § 8 Abs. 1 ESchG entsteht.[429] In diesem Fall greift auch das Verbot der Chimären- und Hybridbildung gemäß § 7 Abs. 1 ESchG nicht.[430] Umstritten ist die strafrechtliche Beurteilung der sog. Mitochondrienersatztherapie, bei der ein seitens der Mutter vererbbarer mitochondrialer Gendefekt bei dem späteren Kind dadurch ausgeschlossen werden soll, dass der Nukleus einer Eizelle der betroffenen Frau in die enukleierte Eizelle einer anderen Frau transferiert und die modifizierte Eizelle sodann zur Befruchtung verwendet wird.[431]
VII. Korruptionsstrafrechtliche Risiken im Kontext der Humanforschung
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Nur kurz soll an dieser Stelle auf die im Kontext der medizinischen Forschung am Menschen entstehenden korruptionsstrafrechtlichen Risiken eingegangen werden.
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Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang zunächst auf die §§ 331 ff. StGB, deren personeller Anwendungsbereich auf Amtsträger (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB) und für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB) beschränkt ist. Nachdem der Große Senat für Strafsachen die (zuvor intensiv diskutierte[432]) Amtsträgereigenschaft von gemäß § 95 SGB V zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten verneint hat,[433] kommen als Täter einer Vorteilsannahme (§ 331 StGB) oder Bestechlichkeit (§ 332 StGB) vor allem beamtete Ärzte und Angestellte von in öffentlicher Hand befindlichen Krankenhäusern in Betracht.[434] Korruptionsstrafrechtliche Risiken ergeben sich hier insbesondere aus der Verknüpfung von Beschaffungsentscheidungen und der Gewährung von Vorteilen durch Pharma- und Medizinprodukteunternehmen, die zur Verschleierung der Unrechtsvereinbarung in der Vergangenheit häufiger als Maßnahmen der Forschungsförderung deklariert wurden.[435] Die höchstrichterliche Rechtsprechung verfolgt hier einen Weg der Legitimation durch Verfahren, indem sie im Bereich der Drittmitteleinwerbung den Tatbestand der Vorteilsannahme verneint, wenn bei der Einwerbung der Mittel die jeweils dafür dienstrechtlich vorgesehenen Verfahren eingehalten werden und namentlich eine vom Gesetz vorgesehene Anzeige- oder Genehmigungspflicht (vgl. z.B. § 71 Abs. 3 S. 1 HG NRW) erfüllt wird.[436]
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Der Große Senat für Strafsachen hatte in seiner vorerwähnten, aus dem Jahr 2012 stammenden Entscheidung, mit der er die Amtsträgereigenschaft von Vertragsärzten (und auch deren Einordnung als Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen i.S.d. § 299 StGB) abgelehnt hatte, dem Anliegen, korruptives Verhalten im Gesundheitswesen mit den Mitteln des Strafrechts zu bekämpfen, grundsätzliche Berechtigung zuerkannt[437] und damit relativ unverhohlen den Gesetzgeber zum Handeln aufgefordert. Dieser ist der Aufforderung erst mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung durch die Verabschiedung des Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen vom 30. Mai 2016[438] nachgekommen. Gemäß § 299a StGB macht sich nunmehr wegen Bestechlichkeit im Gesundheitswesen strafbar, wer als Angehöriger eines Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Vornahme einer der in Nr. 1–3 abschließend umschriebenen heilberuflichen Referenzverhaltensweisen[439] einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge. Eine korrespondierende Bestimmung zur Kriminalisierung der Geberseite enthält § 299b StGB (Bestechung im Gesundheitswesen). Die Gesetzesmaterialien erläutern die Voraussetzungen für die Annahme der vom Tatbestand vorausgesetzten Unrechtsvereinbarung u.a. anhand des Beispiels ärztlicher Teilnahme an vergüteten Anwendungsbeobachtungen i.S.d. § 67 Abs. 6 AMG (vgl. dazu bereits Rn. 48). Die Begründung stellt klar, dass die Beteiligung von Ärzten an derartigen Studien prinzipiell wünschenswert ist und als solche nicht den Tatbestand des § 299a StGB erfüllt. Zugleich wird jedoch darauf hingewiesen, dass Anhaltspunkte für eine Verletzung des in § 67 Abs. 6 S. 3 AMG normierten Gebotes eines angemessenen Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung[440] den Anfangsverdacht der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen zu begründen vermögen.[441] Angesichts der Trennungsschärfe dieser Abgrenzungsformel können auch letztlich zulässige Kooperationen zum Gegenstand von Ermittlungen werden.[442] Im Schrifttum wird den Vertragsparteien daher zu Recht zu einem vorausschauenden Indizienmanagement geraten, das im Bedarfsfalle eine transparente und inhaltlich überzeugende Erläuterung der getroffenen Vereinbarungen ermöglichen sollte.[443]
G. Ausblick
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Vor allem die Fortschritte im Bereich der biomedizinischen Forschung werfen immer wieder intrikate medizinethische Fragen auf und erzeugen einen rechtspolitischen Handlungsbedarf, dem der Gesetzgeber häufig nur zögerlich nachkommt.[444] Exemplarisch ist in diesem Zusammenhang auf die fortbestehenden Unklarheiten bei der Auslegung des Embryonenbegriffes bei § 8 Abs. 1 ESchG hinzuweisen, die das gesamte gesetzgeberische Schutzkonzept zu unterminieren drohen (vgl. Rn. 114).[445] Ein weiteres Beispiel bilden die rapide anwachsenden und zunehmend (auch international) vernetzten Sammlungen von Proben und Daten zu Forschungszwecken (sog. Biobanken), für die es bislang an einem einheitlichen spezifischen Rechtsrahmen fehlt.[446] Auch wenn die Suche nach politisch mehrheitsfähigen Lösungen hier mühsam und kräftezehrend sein mag, erscheinen gesetzgeberische Aktivitäten, die sich um einen angemessenen Ausgleich der konfligierenden individuellen und kollektiven Interessen bemühen, unbedingt wünschenswert.