Kitabı oku: «Handbuch des Strafrechts», sayfa 28
II. Begriff des Betäubungsmittelstrafrechts
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Mit diesen Vorüberlegungen dürfte auch deutlich geworden sein, welches Verständnis von Betäubungsmittelstrafrecht auf den folgenden Seiten Grunde gelegt wird. Behandelt wird kein „Drogenstrafrecht“ im weiteren Sinn (dem in Anlehnung an die Begriffsdefinition der WHO „jede Substanz, die in einem lebenden Organismus Funktionen zu verändern vermag“ zugrunde liegt und damit alle Substanzen – unabhängig von ihrem rechtlichen Status – und damit auch die eingangs genannten Regelwerke des Verbraucherschutzstrafrechts erfasst), sondern ein ausschließlich auf das deutsche Betäubungsmittelrecht Bezug nehmendes Begriffsverständnis. Jedoch sollen auch solche Stoffe in den Blick genommen werden, die zumindest potentiell in den Anwendungsbereich des Betäubungsmittelgesetzes fallen könnten bzw. sich im „Dunstkreis“ der Prohibition befinden. Hierzu zählen Grundstoffe, die der Herstellung von Rauschmittel dienen sowie Stoffe, die wegen ihrer starken psychoaktiven/stimulierenden/sedativen Wirkung das Potential aufweisen, als Rauschmittel missbraucht zu werden, aber noch nicht dem Betäubungsmittelgesetz, dafür womöglich einem neu geschaffenen Regelwerk, dem NpSG unterliegen (angesprochen sind damit sog. „legal highs“, vgl. noch Rn. 40).
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Das Betäubungsmittelstrafrecht im engeren Sinn umfasst damit die Vorschriften der § 29 ff. BtMG, welche auf die Vorschriften des Betäubungsmittelrechts Bezug nehmend (insbesondere die §§ 1–13 BtMG) den unerlaubten Umgang mit Opiaten und sonstigen Betäubungsmitteln i.S.d. § 1 BtMG unter Strafe stellen. Daneben lassen sich auch die Strafvorschriften des Grundstoffüberwachungsgesetzes (§ 19 GÜG) sowie des Gesetzes über das Verbot neuer psychoaktiver Substanzen (§§ 4, 5 NpSG) hierunter fassen. Das Arzneimittelrecht erfasst prima vista ebenfalls Stoffe, die zu Rauschzwecken missbraucht werden können; nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des EuGH sollen allerdings unter den Begriff des Arzneimittels nur Stoffe fallen, die dem Körper zuträglich sind und die nicht lediglich konsumiert werden, um einen Rauschzustand hervorzurufen, was die strafrechtliche Bedeutung des Arzneimittelrechts im Drogenstrafrecht erheblich marginalisiert (→ BT Bd. 6: Oğlakcıoğlu, § 55 Rn. 3 ff.).
B. Grundlagen
I. Geschichte der Betäubungsmittelgesetzgebung
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Das umfassende Verbot des Umgangs mit ausgewählten Stoffen hat seinen Ursprung in der Single Convention 1961.[35] Die eingangs beschriebene – aus der Innenperspektive des Rechts maßgebliche – Klassifizierung von Drogen nach legalen Stoffen und illegalen Betäubungsmitteln geht also auf einen völkerrechtlichen Vertrag zurück. Doch existierten bereits zuvor Gesetze, die den Umgang mit einzelnen Rauschsubstanzen zum Gegenstand hatten. Die Regulierung von Produktionsprozessen und des Warenverkehrs zum Schutze des Verbrauchers beginnt mit der Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts, die jedoch den Genuss- bzw. problematischen Konsum noch nicht betrifft und damit auch nicht darauf ausgelegt ist, die Verfügbarkeit spezieller Stoffe bzw. Drogen zu unterbinden. Erst als in den Kriegsjahren das Problem des Missbrauchs von Rauschsubstanzen – insbesondere Opium und Morphin – realisiert und als grenzüberschreitendes Phänomen auf internationalen Kongressen thematisiert wird, geht man dazu über, spezifische (also auf ganz konkrete Wirkstoffe bzw. Rohstoffe sowie beschränkte) Regulierungs- bzw. Verbotsgesetze zu erlassen.
1. Regulierung des Opiumhandels
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Den ersten Schritt bildet hierbei die Haager Opiumkonvention von 1912, in der sich die Partner auf die Begrenzung der Opiumproduktion, den Vertrieb und Gebrauch ausschließlich zu medizinischen Zwecken einigen.[36] Die deutsche Gesetzgebung ist – angesichts der weltweit führenden Position deutscher Pharmakonzerne zu jenem Zeitpunkt– zögerlich hinsichtlich etwaiger Ratifizierungsmaßnahmen und beschränkt sich zunächst auf den Erlass der OpiumV vom 15. Dezember 1918,[37] welche den Umgang mit den Bezugsstoffen „bürokratisiert“, aber nicht verbietet. Erst mit dem Ende des ersten Weltkriegs und der Unterzeichnung des Versailler Vertrags (vom 26. Juni 1919, Art. 295) sieht sich die Regierung gezwungen, das Abkommen von 1912 zu ratifizieren. Das OpiumG 1920 tritt in Kraft:[38] es verbietet den Verkehr mit Rauchopium und knüpft die Abgabe von Rohopium bzw. Opium zu medizinischen Zwecken an strenge Voraussetzungen. Mit der Zeit werden auch weitere Stoffe in das Verbot einbezogen (Kokain, Ekgonin).
2. Zweites Genfer Abkommen 1925
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Der letzte große Schritt vor der Single Convention 1961 ist das Zweite Genfer Abkommen vom 19. Februar 1925 (Übk. 1925/II),[39] in dem sich die Vertragsstaaten zu nochmals schärferen Kontrollen und Überwachung des Handels mit Opium, Kokain etc. einigen und sich eine wirksamere Bekämpfung des Schmuggels und des Missbrauchs von Rauschdrogen durch eine Einschränkung der Gewinnung und Herstellung versprechen. USA und China verlassen die Konferenz unter Protest, weil die in Angriff genommen Beschränkungen im Hinblick auf die zahlreichen Ausnahmeregelungen, auf die sich die übrigen Teilnehmer verständigt haben, ihnen nicht rigoros genug sind. Erstmals wird der indische Hanf als zu regulierende Ware durch Ägypten ins Spiel gebracht. Zwar haben die Vertreter des deutschen Reiches kein Interesse an einem Cannabisverbot, lassen sich aber nach einem drohenden Patt darauf ein, das „Pro“ für die Einbeziehung abzugeben, da die Ägypter im Gegenzug versprechen, den Import der deutschen Pharma-Bestseller „Heroin“ (Bayer) und „Kokain“ (Merk) zuzulassen.[40] Ergebnis der Konferenz ist das Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (OpiumG 1929) vom 10. Dezember 1929,[41] das in Erfüllung der Verpflichtung zur Umsetzung des Genfer Opiumabkommens vom 19. Februar 1925 ausdrücklich auch den indischen Hanf in das Verbot einbezieht.
3. Nationalsozialismus
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Im Dritten Reich kommt es interessanterweise zu keinen entscheidenden Änderungen des Opiumgesetzes 1929,[42] doch wird eine – in das Leitbild der Rassenhygiene passende – „Drogenpolitik“ propagiert,[43] die eine radikale Rauschgiftbekämpfung im Sinne einer kompromisslosen Repression zum Gegenstand hat. Die mit dem Begriff „Gift“ hervorgerufenen Assoziationen lassen sich bestens in das antisemitische Gedankengut der Reichsführung implementieren. Drogen als reale Bedrohung und Metapher zugleich bilden so die Schnittstelle zwischen Drogenpolitik und Hetze gegen Juden.[44] Es werden selbstständige Institutionen eingerichtet (etwa die Reichszentrale zur Bekämpfung von Rauschgiftvergehen), und zahlreiche Verfahren (vor allem gegen missbräuchlich verschreibende Ärzte) eingeleitet.[45] Zugleich wird der Konsum bereits „etablierter“ Suchtmittel (Alkohol, Zigaretten) geduldet[46] und Methamphetamin verkommt unter dem Markennamen Pervitin zur „Volksdroge“.[47]
4. US-Marihuana tax act 1937
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Parallel hierzu legt der erste Präsident des Federal Bureau of Narcotics, Harry Anslinger, der später auch Leiter des Drogenbüros der neu gegründeten UNO wird, ein umfassendes Verbot des Cannabis in den Vereinigten Staaten auf die Tagesordnung. Unter seiner Federführung beginnt eine Kampagne, welche die Akzeptanz eines Verbots von Cannabis herstellen und aufrechterhalten soll. Mittels Falschinformationen in Aufklärungsvideos und publikumswirksamen Berichten von der „Killerdroge“ läuft die Verabschiedung US Marihuana tax act im Jahre 1937 reibungslos von Statten.[48]
5. Single Convention (1961) und Folgen
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Eben jener Anslinger ist es, der die im Jahre 1961 von 180 Vertragsstaaten ratifizierte Single Convention[49] vorbereitet, welche bis heute noch als Grundlage der globalen Rauschgiftkontrolle dient. Ausgehend von der Erkenntnis, „dass die Betäubungsmittelsucht für den Einzelnen ein Übel und für die Menschheit eine wirtschaftliche und soziale Gefahr darstellt“, werden die Vertragsstaaten dazu angehalten, zahlreiche Umgangsformen (u.a. Anbauen, Gewinnen, Herstellen, Kaufen, Verkaufen, Liefern, Vermitteln, Versenden, Durchführen) in Bezug auf die in der Anlage der Convention genannten Stoffe (neben Opium, Kokain und Hanf auch synthetische Stoffe wie Methadon) zu beschränken. Schon zum Zeitpunkt seiner Ratifizierung wird Kritik im Hinblick auf die Einordnung und Rangfolge der in den vier Listen aufgeführten Substanzen laut, insbesondere, weil unklar bleibt, wie diese entstanden sind bzw. welchen Kriterien die Einordnung folgt (vgl. noch Rn. 34).
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Es folgen weitere internationale Abkommen, die allesamt auf die Convention 1961 Bezug nehmen. Während der Gesetzgeber noch mit der Umsetzung der Single Convention beschäftigt ist, wird mit dem Übereinkommen 1971[50] das Spektrum verbotener Substanzen erweitert (und könnte auch als „Woodstock“- bzw. „FlowerPower“-Convention bezeichnet werden, da es nur darauf ausgerichtet war, die neu auftretenden synthetischen Drogen und Halluzinogene, insbesondere LSD zu erfassen). Kurze Zeit später tritt das BtMG 1972 in Kraft, das allerdings nur provisorischen Charakter aufweist, als es noch nicht zur Umsetzung der völkerrechtlichen Verträge dient. Tatsächlich geht bereits dieses Regelwerk über die völkerrechtlichen Verpflichtungen zu diesem Zeitpunkt partiell bereits hinaus, indem es auch den Erwerb und Besitz von Betäubungsmitteln zum Eigenkonsum kriminalisiert, obwohl diese Verpflichtung erst mit der letzten Convention 1988[51] eine völkerrechtliche Grundierung erfährt. Bei solch einer Gemengelage kommt der europäischen Drogenstrafgesetzgebung nur die Rolle eines „Nachzüglers“ zu, wobei die Organe der EU diese Rolle – leider – „bestens“ ausfüllen: Die zentralen Maßnahmepakete (EG-Verordnung vom 13. Dezember 1990 über Maßnahmen gegen die Abzweigung bestimmter Stoffe zur unerlaubten Herstellung von Suchtstoffen und psychotropen Substanzen, Verordnung EWG Nr. 3677/90[52] sowie Richtlinie 92/109/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 über die Herstellung und das Inverkehrbringen bestimmter Stoffe, die zur unerlaubten Herstellung von Suchtstoffen und psychotropen Substanzen verwendet werden, Richtlinie 92/109/EWG)[53] sind wenig innovativ, sondern überschneiden sich in den Inhalten weitestgehend mit denjenigen der völkerrechtlichen Verträge.
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Mit dem Betäubungsmittelgesetz vom 28. Juli 1981 (BtMG 1982)[54] werden die sich aus den Ratifizierungen der Suchtstoff-Übereinkommen von 1961 und 1971 ergebenden Konsequenzen für das nationale Recht umgesetzt. Während sich die bisherigen Gesetze im Wesentlichen als Fortschreibungen und Aktualisierungen der 1. Verordnung über den Verkehr mit Opium bezeichnen, bringt das Betäubungsmittelgesetz vom 28. Juli 1981[55] einige grundlegende Neuerungen: das Rechtsgebiet wird einer (retrospektiv kaum geglückten) Systematisierung zugeführt und vereinfacht.[56] Mit der Erweiterung des Strafrahmens von vorher zehn auf nunmehr 15 Jahre und durch die Einführung der Strafmilderungsmöglichkeit für Aufklärungsgehilfen („Kronzeugenregelung“, § 31 BtMG) bezweckt man den organisierten Drogenhandel zu bekämpfen. Die mittlere Kriminalität soll durch den Vorrang von Rehabilitationsmaßnahmen vor dem Strafvollzug zurückgedrängt werden, indem Vorschriften eingefügt werden, die eine Zurückstellung der Strafvollstreckung ermöglichen, wenn der Verurteilte sich einer Therapie unterzieht: Das Prinzip „Therapie statt Strafe“ findet Eingang ins Gesetz. Zudem soll bei Bagatelltaten (wozu insbesondere der Erwerb zum Eigenkonsum in geringen Mengen zählt) auf Strafverfolgung verzichtet werden. Anders als das BtMG 1972 enthält also das BtMG 1982 erste liberale Tendenzen: Dementsprechend gibt die (ab diesem Zeitpunkt wesentlich häufigere) Gesetzgebung ein drogenpolitisch ambivalentes (bzw. mehrdimensionales) Bild ab, wenn einerseits drakonische Strafandrohungen durch Qualifikationstatbestände zum Zwecke der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität (OrgKG vom 15. Juli 1992,[57] Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. Oktober 1994[58]) Eingang in das BtMG finden, andererseits die Möglichkeit der Abgabe steriler Einmalspritzen, das Zurückstellen der Vollstreckung bei Therapie des Verurteilten, die Möglichkeit der Einrichtung von Drogenkonsumräumen oder die Substitutionstherapie institutionalisiert werden (BtMGÄndG vom 9. September 1992,[59] Gesetz zur diamorphingestützten Substitutionsbehandlung vom 15. Juli 2009[60]).
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Diese Entwicklungen rücken die Schwächen des Ansatzes einer supranationalen Bekämpfung des Drogenmissbrauchs in das Bewusstsein der Vertragsstaaten. Ein völkerrechtlicher Vertrag kann sich, wenn er nicht kontinuierlich „gepflegt“, mithin aktualisiert wird, als rechtspolitische „Zwangsjacke“ entpuppen,[61] welche auch der Rechtsentwicklung abträglich ist. Einige Länder umgehen die in der Convention 1988 enthaltene Kriminalisierungsverpflichtung (insbesondere der Konsumenten), indem sie das materielle Recht schlicht ruhen lassen und sich mit dem Umstand abfinden, dass ein Straftatbestand existiert, der faktisch als nicht geltend wahrgenommen wird (indem eines der Hauptprozessmaximen, das Legalitätsprinzip ausgeschaltet wird). Liberale Regierungen können das repressive Modell durch Gegenmaßnahmen (wie im Falle des BtMG 1982) abfedern. Andere Staaten wiederum, die an einer repressiven Drogenpolitik festhalten wollen, können diese unabhängig von den Verträgen realisieren, da diese ja nur „Mindestvorgaben“ hinsichtlich etwaiger Verbote machen. Für beide Seiten hat der Rückgriff auf die Verpflichtung aus den Suchtstoffübereinkommen dann eher den Charakter einer „Ausrede“, obwohl man sich darüber einig ist, dass ein Austritt und Wiedereintritt unter Vorbehalt völkerrechtlich möglich ist.[62] Allein die Angst vor einem „Politikum“ bzw. „diplomatischer Druck“ kann nicht der Grund dafür sein,[63] dass von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht wird, wenn man bedenkt, dass Staaten mit geringerer politischer Einflussnahme ihren eigenen Weg gehen (man denke an Bolivien,[64] Portugal oder Niederlande) und auch die Sanktionspraxis erheblich divergiert.[65]
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Nicht verkannt wird, dass es auch eine Frage der konkreten Maßnahme ist, ob überhaupt ein Austritt notwendig ist oder nicht. Die Konventionen erfordern nicht durchweg strafrechtliche Sanktionen, sondern stellen partiell lediglich Verbote auf.[66] Schließlich werden auch keine Ober- und Untergrenzen der Strafe festgelegt. Ähnliche Unklarheiten bestehen auch auf EU-rechtlicher Ebene, wo etwa i.R.d. Art. 87 AEUV immer wieder darüber gestritten wird, inwiefern die strafrechtliche Intervention „unerlässlich“ ist (zu den europarechtlichen „Maßnahmen“ vgl. bereits Rn. 19). In Anbetracht dieser Ausgangslage und der zu beobachtenden Entwicklungen ist es nicht nachvollziehbar, dass bis heute kein „Update“ der internationalen Suchtstoffübereinkommen vorgenommen wurde (und damit verbunden auch einige Klarstellungen, was die Verpflichtungen als solches angeht).[67]
6. Neuere Entwicklungen – Weltweiter Paradigmenwechsel?
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Zumindest aber scheint man sich auch auf supranationaler Ebene einer Modifikationsbedürftigkeit der übergeordneten, gemeinsam ausgerufenen Ziele bewusst geworden zu sein, wenn die Global Commission on Drug Policy 2012 nunmehr – ein ganzes Jahrhundert nach der Haager Opium-Konferenz 1912 und knapp 50 Jahre nach der Ratifizierung der Single Convention – einen internationalen Paradigmenwechsel proklamiert:[68] „Der weltweite Krieg gegen die Drogen ist gescheitert, mit verheerenden Folgen für die Menschen und Gesellschaften rund um den Globus. 50 Jahre, nachdem die Vereinigten Nationen das Einheits-Übereinkommen über die Betäubungsmittel initiiert haben, und 40 Jahre, nachdem die US-Regierung unter Präsident Nixon den Krieg gegen die Drogen ausgerufen hat, besteht in der nationalen und weltweiten Drogenpolitik dringender Bedarf nach grundlegenden Reformen“.[69] Oberste Priorität müssten gesundheits- und sozialpolitische Maßnahmen haben, insbesondere müsse der Zugang zu Medikamenten, speziell Opiaten als Schmerzmittel, sichergestellt werden. Ferner tritt die Kommission für eine Entkriminalisierung des Erwerbs und Besitzes von Betäubungsmittel zum Eigenkonsum ein und baut auf Alternativen zur Inhaftierung jener, die Teil des Drogenmarktes waren, dabei jedoch gewaltfrei geblieben sind.
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Die mit Spannung erwartete UNGASS 2016 (Sondertagung der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum Thema Drogen) hat in ihrem Abschlussbericht indessen für Ernüchterung gesorgt, jedenfalls aus europäisch-drogenpolitischer Sicht. Lag der Fokus der Global Commission on drug policy ausweislich ihres September 2014 veröffentlichten Berichts zumindest auch[70] auf Verbesserungen im repressiven Bereich (Entkriminalisierung des Konsums und Besitzes,[71] gesetzlich garantierte Besserstellung der Kuriere[72] und eine damit erzwungene Verfolgung der Hintermänner[73]), stehen unter dem Strich – freilich weltpolitisch von höherer Bedeutung – die Notwendigkeit von Verbesserungen im präventiven und gesundheitspolitischen Bereich im Vordergrund. Vornehmlich wird eine Verbesserung der medizinischen Versorgung in den Entwicklungsländern[74] und die Einrichtung von Schadensreduzierungsmaßnahmen angestrebt.[75] Jedenfalls in Bezug auf Cannabis scheint sich die grundsätzliche Haltung zugunsten einer weniger strengen Handhabe zu wandeln, nachdem im November 2018 die wissenschaftliche Arbeitsgruppe der WHO im Rahmen einer Untersuchung zu den Risiken von Cannabis, THC und CBD zu dem Ergebnis kam, dass die aktuelle Einstufung von Cannabis (das mit Heroin auf einer Stufe steht), nicht gerechtfertigt ist. Auf die Empfehlung der WHO hin hat die Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen (UN) Cannabis und Haschisch von ihrer Liste der gefährlichsten Drogen gestrichen. Zwischenzeitlich stellte der EuGH fest, dass aus Cannabis stammendes CBD ebenso wenig als Suchtstoff i.S.d. Übereinkommens von 1961 klassifiziert werden könne.[76] In Deutschland hat sich die Debatte rund um die Legalisierung bzw. kontrollierte Freigabe von Cannabis nach einem zwischenzeitlichen Aufwind und einigen Reformvorschlägen zwar wieder etwas beruhigt, doch wird sie infolge dieser Entwicklungen – und vor allem vor dem Hintergrund einer endenden Legislaturperiode – bestimmt wieder Fahrt aufnehmen.
II. Überblick und Systematik
1. Verwaltungsrechtliches Verbot
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Hauptrechtsquelle des Betäubungsmittelrechts ist das Betäubungsmittelgesetz. Es legt in § 1 BtMG die Substanzen fest, welche überhaupt als Betäubungsmittel gelten und konkretisiert in § 2 BtMG die Reichweite des Betäubungsmittelbegriffs im Übrigen (Rn. 32). Kernstück ist das in § 3 BtMG aufgestellte Umgangsverbot bzw. eine Erlaubnispflicht für fast alle denkbaren Umgangsformen bzgl. Betäubungsmittel i.S.d. Gesetzes (Rn. 46). In § 4 BtMG sind Ausnahmen von der Erlaubnispflicht festgelegt (Rn. 47); im Anschluss wird das entsprechende Antragsverfahren genauer umschrieben, wobei die Versagungsgründe in § 5 BtMG auch Aufschluss über den Zweck des Gesetzes geben. Die §§ 11–18 BtMG haben diejenigen Pflichten zum Gegenstand, die für den erlaubten Verkehr gelten (insbesondere für den Bereich der Forschung, den Transport und die Aufbewahrung sichergestellter Drogen, aber vor allem die zu berücksichtigenden Vorschriften bei der Verschreibung von Betäubungsmitteln, § 13 BtMG). §§ 19–25 BtMG legen die zur Überwachung des Betäubungsmittel-Verkehrs zuständigen Behörden fest und ermächtigen diese zu etwaigen Sicherungsmaßnahmen. Ferner werden Vorschriften für Behörden (§§ 26–28 BtMG) aufgestellt.