Kitabı oku: «Handbuch des Strafrechts», sayfa 43
7. Internationales Strafrecht
a) Schutzbereich des § 298 StGB
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Das Vergaberecht der §§ 97 ff. GWB dient der Umsetzung unionsrechtlicher Rechtsakte, die ihrerseits durch Harmonisierungsakte der WTO beeinflusst sind, in nationales Recht.[349] Mit der Europäisierung des Vergaberechts soll neben dem Wettbewerbsprinzip, das zusammen mit dem Vertragsprinzip die Wirtschaftlichkeit der Beschaffung durch Private institutionell absichert oder im Einzelnen sogar erst gewährleistet, das integrationspolitische Ziel der Schaffung eines Vergabebinnenmarkts verwirklicht werden, um die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr zu verwirklichen. Angesichts dieses Ziels des unionsrechtlichen Vergaberechts sind jedenfalls Ausschreibungen der EU selbst, aber auch ausländische Ausschreibungen, auf die das EU-Recht Anwendung findet,[350] in den Schutzbereich des § 298 StGB einzubeziehen.[351] Deshalb sind nicht nur Ausschreibungen der EU-Mitgliedstaaten erfasst, sondern auch Ausschreibungen im EWR.[352] Neben den EWR-Staaten kommen weiterhin die der EU neu beigetretenen Staaten in Betracht. Hierbei ist auf das Beitrittsdatum abzustellen, auch wenn einzelne Staaten schon zuvor das EU-Vergaberecht in nationales Recht umgesetzt haben. Nur auf diese Weise kann die im Strafrecht erforderliche Rechtssicherheit erreicht werden. Unklar ist allerdings, ob § 298 StGB auch für Vergaben durch Private in einem EU-Mitgliedstaat gelten soll. Eine Anwendung des § 298 StGB auf derartige Vergabeverfahren außerhalb Deutschlands wäre mit dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG nicht vereinbar. Jedenfalls erfasst § 298 StGB ausländische Ausschreibungen außerhalb der EU nicht.[353]
b) Internationales Strafrecht (§§ 3–9 StGB)
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Wenn der Schutzbereich des § 298 StGB eröffnet ist, richtet sich die strafrechtliche Anwendung dieses Straftatbestandes nach den allgemeinen Regeln des internationalen Strafrechts, die den Umfang der innerstaatlichen Strafgewalt festlegen (§§ 3–9 StGB).[354]
8. Offizialdelikt und fehlende Pflicht zur Erstattung einer Strafanzeige
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§ 298 StGB ist als Offizialdelikt ausgestaltet. Es bedarf keines Strafantrags. Nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 S. 3 EStG sind Steuerbehörden[355] und nach § 6 SubvG Gerichte und Verwaltungsbehörden zur Erstattung einer Strafanzeige verpflichtet, nicht hingegen Vergabestellen und Rechnungshöfe.[356] Auch der Veranstalter einer Ausschreibung ist beim Unterlassen einer Strafanzeige nicht wegen Begünstigung oder Strafvereitelung strafbar.[357] Dagegen ist es nach § 258 StGB (Strafvereitelung) strafbar, wenn Kartellbehörden, die das Bußgeldverfahren gegen eine natürliche Person gemäß § 41 Abs. 1 OWiG an die Staatsanwaltschaft abgeben müssen, dieser Pflicht nicht nachkommen.[358]
9. Rechtsfolgen
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Die Strafdrohung des § 298 StGB ist Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe; sie entspricht der Strafdrohung des § 263 Abs. 1 StGB.[359] Neben der Bestrafung der natürlichen Personen ist auch die Verhängung von Geldbußen gegen juristische Personen und Personenvereinigungen nach § 30 OWiG möglich.
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Mögliche weitere Konsequenz eines Verstoßes gegen § 298 StGB ist der Ausschluss aus einem Vergabeverfahren nach § 16 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Nr. 3 VOB/A 1. Abschn. Danach sind Angebote auszuschließen, wenn sie von Bietern stammen, die in Bezug auf die Ausschreibung eine Abrede getroffen haben, die eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung darstellt, oder wenn nachweislich eine schwere Verfehlung begangen wurde, welche die Zuverlässigkeit als Bewerber oder Bieter in Frage stellt. Letzteres kann insbesondere bei einem Verstoß gegen § 298 StGB in Betracht kommen. Rechtskräftige Strafurteile sowie Strafbefehle wegen einer Straftat nach § 298 StGB werden in das beim Bundeskartellamt eingerichtete und geführte Register zum Schutz des Wettbewerbs um öffentliche Aufträge und Konzessionen (Wettbewerbsregister) eingetragen (§ 2 Abs. 1 Nr. 12 Buchst. e, § 1 Abs. 1 WRegG), sofern das Verhalten der natürlichen Person einem Unternehmen zuzurechnen ist (§ 2 Abs. 3 S. 1 WRegG).
II. Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB)
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Der Anwendungsbereich des § 299 StGB wird durch eine „gedrängte Aneinanderreihung zahlreicher Tatbestandsmerkmale“[360] bestimmt. Voraussetzungen sind: auf einen Vorteil gerichtete unlautere Vereinbarungen im geschäftlichen Verkehr und beim Bezug von Waren oder Dienstleistungen durch einen Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens; diese Vereinbarung muss im Wettbewerb ergehen. Hieraus folgt, dass nur ein Teilbereich der Korruption strafbar ist. Der Straftatbestand erfasst lediglich die Korrumpierung eines Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens.[361] Nicht pönalisiert sind hingegen die Korrumpierung der Verbraucher, die gleichermaßen Akteure im Wettbewerb sind, und nicht die Korrumpierung der Agenten Privater. Denn Verbrauchern wird in ihrer Rolle als Marktteilnehmer ein nahezu unbegrenzter freier Entscheidungsspielraum zugestanden. Auch die Bestechung von Beauftragten Privater, so das „Schmieren“ eines Hausverwalters, der wirtschaftlich sachwidrige Handwerkeraufträge vergibt,[362] ist nicht strafbar, obwohl eine nach § 4a Abs. 1 UWG unlautere Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des vertretenen Verbrauchers vorliegt, die den Wettbewerb beeinträchtigt.[363] Auch die Korrumpierung eigenständig agierender Unternehmer wird vom Tatbestand des § 299 StGB nicht erfasst. Hinter dieser Entscheidung des Gesetzgebers steht die Überlegung, dass ein Unternehmer frei entscheiden darf und jede vom Prinzipal selbst getroffene Auswahl grundsätzlich als sachgerecht angesehen wird, weil er das wirtschaftliche Risiko seines Verhaltens trägt und unwirtschaftliche Entscheidungen nach den Gesetzen des Marktes mit dem eigenen ökonomischen Misserfolg sanktioniert werden. Für die notwendige Sanktionierung unsachlich entscheidender Unternehmer sind die Kräfte des Marktes zuständig.[364]
1. Schutzzweck und Tatbestandsstruktur des § 299 StGB
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§ 299 StGB regelt den Bereich der „Wirtschaftskorruption“[365], die darauf beruht, dass privatwirtschaftliche Entscheidungsträger ihre Entscheidungsbefugnis nicht mehr an den Marktbedingungen ausrichten, sondern sich ihre inkorrekte Vorzugsentscheidung abkaufen lassen und, durch positive Anreize korrumpiert, nicht mehr dem Wettbewerb entsprechende Entscheidungen treffen und den Korrumpierenden bei der Bezugsentscheidung bevorzugen. Dadurch werden die Chancen auf dem Markt für die Vertragspartei, deren Entscheidungsträger „gekauft“ und instrumentalisiert wird, beeinträchtigt. Entscheidend ist, dass es hier um eine bestimmte Form des Angriffs geht.[366] Bei diesem Verständnis der Korruption rückt die Integrität des Vorteilnehmers und seine Rolle als Akteur im Wettbewerb in den Mittelpunkt, so dass § 299 StGB auch als Wettbewerbsdelikt eingeordnet werden kann, denn die Korrumpierbarkeit von Angestellten und Beauftragten wird nur im Wettbewerb, und dann auch unabhängig von der Einwilligung des Geschäftsherrn, als strafwürdig erachtet.[367]
a) Wettbewerbs- und Geschäftsherrenmodell
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§ 299 StGB kennt zwei Tatbestandsvarianten, denen unterschiedliche Modelle[368] mit unterschiedlichen Unrechtskonzeptionen zugrunde liegen: das Wettbewerbs- und das Geschäftsherrenmodell.[369] Das Wettbewerbsmodell knüpft an die Einschätzung an, dass Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr das Wettbewerbssystem als Grundlage der Marktwirtschaft in Gefahr bringen[370] und deshalb insbesondere die wirtschaftspolitischen Funktionen des freien Wettbewerbs[371] nicht mehr erreicht werden: die Befriedigung individueller Bedürfnisse und die Anpassung der Unternehmen an geänderte Marktdaten. Daneben werden die gesellschaftspolitischen Funktionen des Wettbewerbs beeinträchtigt, die auf eine einigermaßen gleichmäßige Machtverteilung in Wirtschaft und Gesellschaft gerichtet sind.[372] Das Wettbewerbsmodell beruht auf der Grundannahme, dass vor allem der Wettbewerb den Aufbau endgültiger Machtpositionen, durch die die Freiheit und Chancengleichheit aller anderen Marktbeteiligten bedroht und die Erreichung eines möglichst optimalen ökonomischen Wohlstandes gefährdet wird, verhindern kann. Darüber hinaus wird befürchtet, dass die Korruption im internationalen Geschäftsverkehr die Funktionsfähigkeit der Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme, ja sogar die demokratischen Systeme schlechthin beeinträchtigt.[373] Der Gesetzgeber trägt mit der Wettbewerbsvariante diesen Gefahren Rechnung und stellt Angriffe auf den Wettbewerb unter Strafandrohung.
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Demgegenüber knüpft das Geschäftsherrenmodell, das trotz massiver Kritik[374] aufgrund internationaler Vorgaben[375] eingeführt wurde, an das Charakteristikum der Korruption an, dass ein „Widerspruch zwischen dem Interesse, das der Agent aufgrund seiner besonderen Pflichtenstellung wahrzunehmen hat, und dem Interesse, an das er sich durch die Annahme des Vorteils bindet“, besteht. Es handelt sich um eine „Angriffsform“, die „immer einen Interessenwiderspruch im Innenverhältnis zwischen Prinzipal und Agent“ erfordert.[376] Diesem Verständnis von Korruption als Interessenkollision liegt die Vorstellung zugrunde, dass der Agent seine Pflichten gegenüber dem Prinzipal verletzt und so dessen Interessen hinter seine eigenen stellt. Entscheidend ist jedoch weder der Interessenkonflikt des Agenten noch dessen unerlaubte Bereicherung, sondern die Nichteinhaltung der „institutionellen“ Rolle, die den Bestochenen bzw. den Zu-Bestechenden verpflichtet, die Institution allein in deren Interesse selber zu verwalten und voranzubringen; hierzu wird er von dem Bestechenden bestimmt. Dem Bestochenen ist es verboten, das Interesse der (öffentlichen oder privaten) Institution, des Prinzipals, zu Gunsten seiner „privaten“, eigenen Interessen zu vernachlässigen. Dies erfordert, dass der Bestochene eine so herausgehobene Rolle haben muss, dass er Einfluss auf die Entscheidungen in der Institution ausüben kann. Den strafgesetzlich erfassten Korruptionsfällen ist deshalb regelmäßig auch die Gefahr des Missbrauchs einer nennenswerten Machtstellung immanent.[377]
b) Geschützte Rechtsgüter des § 299 StGB
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Korruption bezeichnet einen besonders gefährlichen und verwerflichen Angriffsweg, der die Strafbarkeit mitbegründet, wenn und soweit kognitives Verhalten ein schutzwürdiges und schutzbedürftiges Rechtsgut gefährden oder verletzen kann. Entsprechend geht es um ein Schutzkonzept, das je nach Bedeutung und Tatanfälligkeit des betroffenen Rechtsguts und in Reflexion der betroffenen Lebensbereiche unterschiedlich weit ausgestaltet wird. In diesem Sinne hat sich der Gesetzgeber für ein rechtsgutabhängiges Verständnis des Korruptionsunrechts entschieden, das jeweils nach einer konkreten Schutzrichtung der Korruption fragt und anhand des konkreten Tatbestands eine rechtsgutsbezogen konkretisierte Ausprägung findet.
aa) Geschützte Rechtsgüter der Wettbewerbsvariante
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§ 299 StGB schützt nach ganz h.M. vorrangig den lauteren (fairen) Wettbewerb als Rechtsgut der Allgemeinheit vor korruptiven Verhaltensweisen.[378] Das Schutzgut erfasst, so der BGH, die „strafwürdige Störung des Wettbewerbs sowie die abstrakte Gefahr sachwidriger Entscheidungen“.[379] § 299 StGB dient dabei weniger dem Schutz der Institution des Wettbewerbs als Steuerungs- und Verteilungsinstrument, sondern vorrangig der Lauterkeit des Wettbewerbs[380] und dem Schutz der Mitbewerber,[381] vor denen sich der Vorteilsgeber einen Vorsprung verschaffen will. Sie werden in ihrer Chancengleichheit im Markt,[382] nicht hingegen in ihren Vermögensinteressen geschützt.[383] Denn die mittels Bestechung erfolgende Einflussnahme führt in der Regel bei den Mitbewerbern zu keiner Schädigung des Vermögensbestandes, sondern nur zur Vereitelung einer Chance auf Vermögensmehrung, die aber nur in engen Grenzen als faktische Expektanz geschützt wird.[384]
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Nach einer verbreiteten Ansicht wird auch der Geschäftsherr als Marktteilnehmer durch § 299 StGB geschützt:[385] Zunächst ist er in seiner Eigenschaft als Anbieter oder Nachfrage von Waren oder Dienstleistungen Marktteilnehmer. Weiterhin steht außer Frage, dass Bestechlichkeit und Bestechung eines Angestellten geschäftliche Handlungen darstellen, denen auch im Verhältnis zum Geschäftsherrn die Eigenschaft der Unlauterkeit zukommt. Zudem ist korruptives Verhalten geeignet, unangemessenen unsachlichen Einfluss auf die Entscheidungsfreiheit des Geschäftsherrn auszuüben. Zutreffend hebt Rogall[386] hervor, dass der Geschäftsherr mit seinen Interessen Opfer einer unlauteren geschäftlichen Handlung sein kann, wie sich darin zeige, dass er selbst im Falle seiner Gutgläubigkeit auf Beseitigung und Unterlassung (§ 8 Abs. 2 UWG), ggf. auch auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann (§ 9 S. 1 UWG i.V.m. §§ 31, 831 BGB, §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 826 BGB). Die in Rede stehenden Interessen sind jedoch nicht allein vermögensrechtlicher Art,[387] sondern betreffen den Geschäftsherrn in seiner geschäftlichen Entscheidungsfreiheit.[388] Fraglich ist, ob dem Schutz des Geschäftsherrn entgegensteht, dass bereits die Rechtsprechung zu § 12 UWG a.F. das Erfordernis der Pflichtwidrigkeit bei „entschleierten Schmiergeldern“, d.h. bei dem Geschäftsherrn gegenüber offen gelegten Schmiergeldern, abgelehnt hat.[389]
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Klassisches Beispiel ist der „Korkengeld“-Fall, in dem ein Sekthändler den Kellnern eines Weinrestaurants mit Wissen des Geschäftsinhabers sog. Korkengelder dafür gewährt hat, dass die Kellner den Gästen die von dem Händler vertriebene Sektmarke empfahlen. Das Reichsgericht[390] sah dies als strafbar an, obwohl der Lieferant mit Wissen des Betriebsinhabers dessen Angestellten die Verkaufsprämie zugesagt und dadurch Verkaufsanreize geschaffen hatte. Aus der Irrelevanz des Wissens und der Billigung des Geschäftsherrn wird teilweise geschlossen, dass der Geschäftsherr durch § 299 StGB nicht geschützt werde.[391] Dieser Schluss ist jedoch nicht zwingend, da die Unlauterkeit trotz Offenlegung gegenüber dem Prinzipal aus anderen Gründen bestehen bleiben kann und zugleich eine Treuepflichtverletzung des Angestellten gegenüber dem Dienstherrn darstellen kann. Die entscheidende Erwägung findet sich bereits in der Entscheidung des Reichsgericht[392] selbst, wenn dort darauf abgestellt wird, dass dem Angeklagten, dem zum Zwecke der Bestechung eine Zuwendung angeboten oder gewährt wird, damit ein unlauteres Verhalten zugemutet wird: „Denn durch die Annahme der Zuwendung soll und wird er sich dem Geber verpflichtet fühlen und sich innerlich gedrängt sehen, bei der Zuwendung gehegte Erwartungen nicht zu enttäuschen.“ Die Vorteilsannahme begründet typischerweise die Gefahr, dass der Geschäftsherr nicht rein sachlich beeinflusst wird.[393] Dass diese Gefahr den Straftatbestand des § 299 StGB mit legitimiert, erklärt zugleich, dass und weshalb der Geschäftsherr nach ganz h.M. selbst nicht Täter des § 299 StGB sein kann.[394] Daher ist der Prinzipal, wenngleich nur nachrangig im Verhältnis zum Wettbewerbsschutz,[395] durch § 299 StGB mit geschützt.[396] Allerdings stimmt diese klassische Beurteilung des Korkengeld-Falles nicht mehr mit der Neuausrichtung des UWG überein, das auf einen aufgeklärten Verbraucher abstellt,[397] der keinen Anlass zu der Annahme hat, dass Händler keiner Beeinflussung durch Hersteller, Großhändler, Dienstleistungsunternehmer oder sonstige Anbieter ausgesetzt sind.[398] Hierauf kommt es aber angesichts des Schutzes der Institution Wettbewerb durch § 299 StGB und die Lozierung dieses Straftatbestandes im 26. Abschnitt des StGB auch nicht an.
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Weiterhin soll das Vermögen des Geschäftsherrn geschützt werden.[399] Hierbei bleibt unberücksichtigt, dass die mittels Bestechung erfolgende Einflussnahme in der Regel noch nicht zu einer Schädigung des Vermögensbestandes führt, sondern nur die Chance auf Vermögensmehrung beeinträchtigt, die nur in den Grenzen der faktischen Expektanz geschützt wird. Deshalb kann der Wettbewerbsschutz nicht als bloß vorverlagerter Vermögensschutz gedeutet werden. Soweit das Rechtsgut des § 299 StGB in den Rechtsinstituten zwischen Betriebsinhaber und Angestelltem bzw. Beauftragtem[400] oder in der Pflichten- und Loyalitätsbeziehung zwischen Betriebsinhaber und Angestelltem bzw. Beauftragtem im vermögensrechtlichen Bereich[401] gesehen wird, weil die Pflichten- und Loyalitätsbeziehungen zum Geschäftsherrn angegriffen würden, bleibt unberücksichtigt, dass der Gesetzgeber mit der Wettbewerbsvariante vor unlauteren Beeinflussungen der Wettbewerbsverhältnisse und gerade nicht die Beziehung des Angestellten oder Beauftragten zum Prinzipal schützen wollte.
bb) Geschützte Rechtsgüter der Geschäftsherrenvariante
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Die Pflichtverletzungsvariante, die das „Kernstück“[402] der Neuregelung des Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption (2015) darstellt, soll nach den Gesetzesmaterialien den „Schutz der Interessen des Geschäftsherrn an der loyalen und unbeeinflussten Erfüllung der Pflichten durch seine Angestellten und Beauftragten im Bereich des Austausches von Waren und Dienstleistungen erweitern“.[403] Diese Formulierung darf nicht dahingehend missverstanden werden, dass die Loyalität des Angestellten oder Beauftragten gegenüber dem Geschäftsherrn als Selbstzweck geschützt wird. Vielmehr sah sich der Gesetzgeber zu dieser Ergänzung durch das Europarat-Übereinkommen und den EU-Rahmenbeschluss verpflichtet,[404] deren Ziel nicht der Schutz des Geschäftsherren, sondern die Verhinderung unlauterer Wettbewerbsverzerrungen, Beeinträchtigungen der Rechtstreue der Gesellschaft und konkret der gesunden wirtschaftlichen Entwicklung ist.[405] Entsprechend setzt der Rahmenbeschluss nicht am Loyalitätsinteresse des einzelnen Geschäftsherrn an. Auch sollen nicht sämtliche beruflichen Pflichten erfasst werden, sondern nur solche, die einer Person in ihrem geschäftlichen Aufgabenbereich und damit bei Wahrnehmung der ihr übertragenen Geschäfte des Unternehmens obliegen.[406] Außerdem muss die Unrechtsvereinbarung darauf gerichtet sein, dass der Täter einen Vorteil für sich oder einen anderen als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze. Auch hier wird der Bezug zum Wirtschaftsverkehr deutlich.[407] In ihrer Begründung erläutert die Bundesregierung, § 299 StGB habe bereits bisher nicht nur dem Schutz der Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs gedient, sondern auch dem Schutz der Interessen des Geschäftsherrn.[408] Auch unterfielen nicht jegliche Pflichtverletzungen dem Tatbestand, sondern nur solche, die sich auf den Bezug von Waren oder Dienstleistungen beziehen. Für eine Begrenzung des „Schutzes der loyalen Geschäftswahrnehmung für Unternehmen, die am Wirtschaftsverkehr teilnehmen“, spricht damit zunächst, dass der Gesetzgeber die Geschäftsherrenvariante auf Unternehmen und damit auf Wirtschaftseinheiten beschränkt, die typischerweise im Wirtschaftskreislauf tätig werden, und nicht jede beliebige Pflichtverletzung ausreichen lässt.[409] Das hiermit verfolgte Schutzgut kann gleichwohl nicht als loyale Geschäftswahrnehmung für Unternehmen „im Wettbewerb“ umschrieben werden, da der Gesetzgeber durch das Geschäftsherrenmodell gerade den Schutz außerhalb von Wettbewerbslagen erfassen will.[410] Allein jenseits bestehender Wettbewerbslagen wirkt sich die Erweiterung der Tatbestandsvariante in der Praxis aus. Daher geht es um die loyale Geschäftswahrnehmung für Unternehmen im Wirtschaftsverkehr, um den Schutz des Geschäftsherrn vor korruptivem Verhalten der eigenen Angestellten und Beauftragten, durch das seine unternehmerische Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt wird.[411]
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Eine Schwäche dieser Variante liegt darin, dass die überindividuellen Bezüge der Korruption, welche die Strafbarkeit legitimieren, tatbestandlich nur mittelbar zum Ausdruck kommen.[412] Dies spiegelt sich insbesondere darin wider, dass im Falle der Einwilligung des Geschäftsherrn die Strafbarkeit entfällt. Gerade die individualistische Ausgestaltung der Geschäftsherrenvariante birgt aber die Gefahr eines über die Korruption hinausgehenden und damit zu weitreichenden Strafbarkeitszugriffs.[413] Daher ist eine auf die Teilnahme am Wirtschaftsverkehr ausgerichtete restriktive Auslegung geboten, um die strafbarkeitsbegründenen Pflichten auf solche zu begrenzen, die sich auf das Verhalten am Markt beziehen.[414] Nur so kann ein verfassungsgemäßer wie auch sinnvoller Anwendungsbereich für die neue Tatbestandsvarianten bestimmt werden, der sich in die Gesamtsystematik des Besonderen Teils einordnen lässt.