Kitabı oku: «Systemisches Coaching», sayfa 6

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3.3.2 Überanpassung

Überanpassung wird aufgrund einer Konfusion, eines Missverständnisses von angemessener Verantwortung gezeigt. Überanpassung ist dann gegeben, wenn jemand empfindet, dass er etwas tun sollte. Aber anstatt realistisch zu prüfen, was die Anforderungen an seine Verantwortung sind, macht er sich Phantasien, was andere von ihm erwarten könnten und passt sich daran an: Jemand sieht bei anderen einen Bedarf. Er reagiert darauf, indem er etwas gibt, jedoch ohne zu klären, was der relevante Bedarf ist. Dadurch lädt er andere ein, etwas als Gabe zu akzeptieren, was sie u.U. gar nicht wollen, und ihn aus der relevanten Verantwortung zu entlassen. Dabei ist es nicht einfach, jemandem zu sagen: Schön, dass Sie mir Blumen bringen, aber eigentlich war der Abschlussbericht vereinbart.

Ein Beispiel:

Ein Mitarbeiter tut lange Zeit nichts. Dann sagt der Chef: »Morgen früh ist der Bericht da oder sie fliegen!« Ohne zu klären, was der Bericht beinhalten soll, arbeitet der Mitarbeiter nun über Nacht Dinge in Einzelheiten aus, die niemand von ihm erwartet und legt sie am nächsten Morgen dem Chef auf den Tisch. Der muss damit eine Viertelstunde später auf eine Sitzung und kann dort aufgrund der Menge an Informationen nichts damit anfangen.

Zu einer wirksamen Einladung in eine symbiotische Beziehung wird sein Verhalten dann, wenn sich der Chef nun fünf Minuten vor der Sitzung selbst die Gedanken macht, die sich der Mitarbeiter nicht gemacht hat. Damit übernimmt er die Verantwortung des anderen, sinnvolle Beiträge zu liefern. Wenn sich dieses Verhalten zwischen den beiden einspielt, wird der Mitarbeiter auch auf Dauer dieses Potenzial nicht aktualisieren, aktivieren oder entwickeln. Dabei kann das Verhalten des Chefs durchaus verständlich sein, weil es für ihn kurzfristig gesehen anstrengender ist, den anderen zu konfrontieren, als die Aufgabe selbst zu erledigen.

Psychologisch betrachtet im Sinn der Theorie J. Schiffs, wäre für jemanden, der zur Überanpassung neigt, stressmindernd zu erfahren, was genau von ihm erwartet wird. Denn solch ein Mensch möchte sich anpassen. Er hat aber kein geordnetes System, aufgrund dessen er weiß, woran er sich anpassen kann. Deshalb ist es für ihn wichtig, Vorgaben zu bekommen und vom Chef zu hören: »Wenn du meine Erwartungen erfüllen willst, dann ist es dies und jenes, was du tun solltest und dann ist es gut.«

3.3.3 Agitation

Agitation ist ebenfalls eine emsige Form passiven Verhaltens. Es ist ein emsiges Tun, das keine Konsistenz hat und nicht gerichtet ist. Unter dem Gesichtspunkt von Verantwortungsübernahme kann man sagen, dass in jemandem ein Impuls erwacht ist, etwas zu tun. Er tut aber nicht das Relevante, sondern tut irgendetwas, was aus Beobachtersicht bezogen auf die Übernahme von Verantwortung kein geordnetes und wesentliches Tun ist. Das Gefühl, dass man durch Agitation in Verantwortung gezwängt und ausgebeutet wird, ist richtig. Schwierig ist es, den Betreffenden zu einer gerichteten Handlung zu bringen.

Auch dazu ein Beispiel:

Ein Chef sagt zu einem Mitarbeiter: »Im Projekt brennt es. Bitte sorgen Sie dafür, dass das klar geht!« Er selbst macht sich dabei weder Gedanken darüber, was das ›Brennen‹ ist, noch was das ›Sorgen‹ wäre. Stattdessen regt er sich auf und macht mit dieser Aufregung einem anderen Druck. Der soll jetzt, obwohl er keine Information hat, was mit ›Brennen‹ gemeint ist, schnell etwas tun. Wenn nun Rückfragen noch als unziemlich behandelt werden, ist das eine ideale Startsituation für eine symbiotische Beziehung. Eine Möglichkeit, dieser symbiotischen Einladung angemessen zu begegnen, wäre, den Vorgesetzten darin zu fordern, die Aufgabe genau zu definieren.

So gesehen kann man auch jede Menge operative Hektik als Agitation betrachten. Eine Aktivität kann bezogen auf die Abwicklung operativer Dinge eine verantwortliche Wahrnehmung von Aufgaben sein und sie kann gleichzeitig die Funktion haben, strategische Verantwortung nicht zu übernehmen. Bezogen auf strategische Verantwortung kann selbst gutes operatives Geschäft Agitation sein.

3.3.4 Selbstentmachtung bzw. Notstand erzeugen

Während bei den bisher beschriebenen Formen von passivem Verhalten ein Notstand die Folge sein kann, werden bei dieser Kategorie Notstände direkt herbeigeführt. Beispielsweise gibt es Chefs, die einen Notstand erzeugen, indem sie lange Zeit keine Führung übernehmen und dann plötzlich gewalttätig herumschreien. Sie tun es dann so heftig, dass andere ersatzweise deren Funktion übernehmen, weil sie fürchten, dass sonst zuviel Schaden entsteht.

Bei der Selbstentmachtung richtet sich die Gewalt nicht gegen andere, sondern gegen sich selbst.

Ein Beispiel:

Ein Mitarbeiter eines Automobilzulieferbetriebes arbeitete an der Entwicklung eines neuen Bustürensystems. Das Projekt war seiner Meinung nach mit zuwenig Mitarbeitern ausgestattet, so dass das System in unverantwortlicher Weise ungetestet auf den Markt gebracht werden müsste. Anstatt die Führungsverantwortlichen in angemessener Weise auf diesen Mangel aufmerksam zu machen, versuchte der Mitarbeiter zunächst durch unzählige Überstunden diesen Mangel auszugleichen. Als immer deutlicher wurde, dass er dadurch den Mangel nicht kompensieren konnte, ließ er sich mit einem Nervenzusammenbruch aufgrund eines Überarbeitungssyndroms in eine psychiatrische Klinik einweisen. Durch diesen Notstand wurde nun die Linie auf den Personalbestand und dessen Folgen im Projekt aufmerksam.

Diese Beispiele zeigen Haltungen und Verhaltensweisen, mit denen andere in symbiotische Beziehungen eingeladen werden. Sie werden ebenso aktiviert, wenn jemand eine symbiotische Beziehung verlassen möchte. Dabei handelt es sich nicht um böswilliges, absichtliches Verhalten. Es sind Mechanismen, die Menschen, aus welchen Gründen auch immer, mobilisieren, um sich einer tatsächlichen oder vermeintlichen Verantwortung zu entziehen – auch irrtümlicherweise. Dabei treten Menschen häufig in solche Beziehungslogiken ein, obwohl sie selbst unter dem Aktualisierungs- oder Entwicklungsmangel leiden.

In der Psychologie naher Beziehungen stellt man sich vor, dass die Angehörigen aus Liebe, Loyalität oder Abhängigkeit von einer Schicksalsgemeinschaft in die Ersatzverantwortung treten. Sie haben nicht so leicht die Wahl, es einfach zu lassen und den anderen die Folgen des eigenen Handelns tragen zu lassen.

Im Gegensatz zu Familienbeziehungen können außerfamiliäre Beziehungen jedoch aufgelöst werden. Im Arbeitsleben gibt es letztendlich immer die Möglichkeit, Beziehungen durch Kündigung von Verträgen zu beenden. Dies hat allerdings einen Preis und es ist günstig, wenn man schon bei der Vertragsgestaltung darauf geachtet hat, dass man diesen Preis bezahlen kann.

3.4 Bedeutung für die Beratungspraxis

Bei allem Leid, das durch symbiotisches Verhalten entsteht und allem Mitleid, das man dabei empfindet, sollte man die Funktion dieses Verhaltens nicht verkennen. Es geht immer darum, eigene Verantwortung nicht zu tragen und stattdessen andere Personen mit einzubeziehen. Mit dem Symbiosekonzept kann man nun sehr weitreichend darüber nachdenken, was man tun kann, um Menschen für Symbioseaspekte zu sensibilisieren. Man kann auch darüber nachdenken, wie man durch Kommunikation autonomes Verhalten in einer Weise fördern kann, dass Menschen ihre Verantwortung wahrnehmen und Beziehungen aus ihrer Verantwortung heraus gestalten.

Um das zu leisten, müssen wir als Berater einerseits Vorstellungen davon entwickeln, was eine angemessene Potenzialaktivierung wäre: Wer müsste in einer gegebenen Situation, in welcher Rolle, bezogen worauf, welches Potenzial entwickeln?

Andererseits brauchen wir Vorstellungen davon, was wessen Verantwortung wäre: Wer muss sich welcher Art von Fragen stellen? Und wer ist für Antworten zuständig bzw. wird an welcher Art von Antworten gemessen?

Anhand dieser Vorstellungen können wir dann studieren, wie es kommt, dass Menschen versuchen, eine Verantwortung nicht wahrzunehmen, die die ihre ist oder aber eine Verantwortung wahrzunehmen, die nicht die ihre ist. Wir können fragen: Welche Fehlvorstellungen machen sie sich über Verantwortungen, die nicht die ihren sind und in welchen Verantwortungen, welche die ihre wären, bewähren sie sich nicht?

Was man also schulen kann, ist die Fähigkeit, durch Kommunikation in Verantwortung einzuladen. Man kann qualifiziert nein sagen und qualifiziert einfordern. Dabei ist es erstaunlich zu beobachten, wie sich Menschen auch fordern lassen, wenn sie qualifiziert gefordert werden.

Dazu ein Beispiel:

Der Chef einer Personalentwicklungsabteilung sagt zu einem Mitarbeiter: »Machen Sie mit jener Abteilung mal eine Teamentwicklung, die brauchen etwas von uns.« Jetzt könnte der Mitarbeiter der Meinung sein, dass mit dieser Maßnahme das anstehende Problem nicht zu lösen ist, sondern eher verhindert wird, dass die Mitarbeiter das Notwendige tun. Aber anstatt zu sagen: »Ich mache das nicht, weil ich das nicht einsehe«, könnte er sagen: »Ich aus meiner Perspektive glaube, das und das müsste geschehen. Wenn Sie sich jetzt etwas anderes vorstellen, würde ich gerne verstehen, welches Problem Sie damit lösen wollen.« Oder: »Ich sehe die und die Nebenwirkungen, wenn man es so macht, wie Sie es vorschlagen, sehen Sie die auch? Wie schätzen Sie die ein? Glauben Sie, es gibt auch Lösungen ohne derartige Nebenwirkungen?«

Bei dieser Art von Interventionen geht es darum, freundlich vieles im Kleinen zu tun, ohne einen großen Konflikt zu provozieren. Oft ist es sinnvoll, sich nicht zu weigern, eine unsinnige Anweisung zu befolgen, dabei aber deutlich zu machen, dass der Anweisende die Folgen zu verantworten hat. Das hindert viele Vorgesetzte daran, etwas, das sie selbst nicht verantworten wollen, einem anderen Menschen zuzumuten.

Andererseits kann ein Chef einen Mitarbeiter, der in symbiotisches Verhalten einlädt, wirksam in verantwortliches Verhalten einladen, indem er ihm eindeutige Anweisungen gibt und ihm klare Erwartungen mitteilt. Häufig verweigert ein Vorgesetzter aus einer fehlplatzierten Idee darüber, wie sich ein autonomer Mitarbeiter verhalten müsste, die angemessene Formulierung seiner Erwartungen. Man trifft oft auf die Einstellung: »Ich sage dem lieber nicht genau, was ich von ihm erwarte, sonst muss ich wieder den Hund zum Jagen tragen.«

3.5 Schuld und Würde

In Unternehmen können also nicht nur Führungskräfte, sondern alle Arbeitnehmer Verantwortung für die Minderung von Symbioseaspekten übernehmen. Der Widerstand gegen ausbeuterische Verhältnisse wird allerdings oft durch Bestechung, Nötigung oder Bedrohung gemindert. Auch Verwöhnungsdynamiken können in Unternehmen zum Problem werden. Nicht weil es den Arbeitnehmern gut geht, sondern weil sie ihre Motivation und ihre Kraft verlieren, symbiotische Abhängigkeiten zu konfrontieren. Sie sind nicht bereit, die symbiotischen Gewinne für die eigene Würde und Autonomie aufzugeben.

Um die eigene Autonomie zu wahren oder zurückzugewinnen, muss man bereit sein, Symbiosegewinne aufs Spiel zu setzen. Viele Menschen machen sich da ein selbstgezimmertes Gefängnis. Sie sagen: »Ich kann nicht anders«, obwohl sie eigentlich sagen müssten: »Natürlich kann ich anders, aber ich bin nicht bereit, den Preis zu zahlen.« Ein solches Eingeständnis gibt ein Gefühl von Würde, denn schon das Anerkennen von Mitschuld kann ein wesentlicher Schritt zu persönlicher Verantwortung und Würde sein.

Wenn jemand an etwas nicht schuld sein möchte, was er zu verantworten hätte, ist das ein erbärmlicher Vorgang. Auch hier gibt es Verzweiflungsfallen: Je mehr jemand weiß, dass er etwas schuldig bleibt, um so mehr sucht er danach, was andere ihm schulden und kämpft darum. Manche Menschen fühlen sich dann regelrecht erlöst, wenn sie irgendwann sagen:

»Das wäre meine Verantwortung gewesen. Das war meine Sache und ich habe es nicht getan.«

Manche Mächtige halten symbiotische Verhältnisse aus Berechnung aufrecht. Das führt dann zu sozialer Ungerechtigkeit und Schuld. Auf irgendeine Weise wissen sie aber im Inneren, dass sie ihre Verantwortung nicht tragen. Was die meisten allerdings nicht wissen ist, dass sie es büßen müssen. Es stiehlt ihnen die Würde. Sie versuchen dann die verlorene Würde durch noch mehr Einfluss, den sie wieder nicht verantworten und durch noch mehr Gratifikationen und Größenvorstellungen zu kompensieren; sie bleiben dabei aber kläglich. Häufig ist das Einzige, womit man diese Menschen erreichen kann, ihnen zu sagen: »Seine Verantwortung wahrzunehmen ist eine Sache der Würde. Man bekommt nicht später die Bestrafung – die Bestrafung liegt unmittelbar in einem schleichenden Verlust der Würde. Es zehrt am eigenen Stolz und am eigenen Selbstverständnis.« Ähnliches gilt analog für die schwächer erscheinenden Positionen in symbiotischen Beziehungen.

Vieles was in unseren Organisationen im Argen liegt, hat mit einer weitreichenden Erosion von Verantwortung zu tun und damit, dass die Inanspruchnahme von Verantwortlichkeit unterbleibt oder Unverantwortlichkeit nur mangelhaft konfrontiert wird. Diesbezüglich herrscht in vielen Unternehmen eine marode Kultur. Deshalb ist es so wichtig, in Unternehmen kommunikative, wie institutionelle Figuren einzuführen, über die eine Verantwortungskultur sinnvoll etabliert werden kann.

Aber natürlich hat das auch seine Grenzen. Unsere Gesellschaft ist ausbeuterisch angelegt. Und jeder von uns tut etwas dazu, ausbeuterische Beziehungen anzulegen oder sie zu akzeptieren, weil sie uns in eine relativ privilegierte Position bringen. Das sollten wir bei allem realistisch sehen und keinen Unschuldsmythos entwickeln.

1 Unter Mitarbeit von Sabine Caspari

4. ZWICKMÜHLEN ODER: WEGE AUS DEM DILEMMAZIRKEL 1

Man soll nicht hoffen, ohne zu zweifeln und nicht zweifeln, ohne zu hoffen

Seneca

Wenn sich in Therapien trotz vielfältiger Bemühungen Konflikte nicht lösen oder wieder und wieder vorgetragen werden, kann es daran liegen, dass eine Zwickmühlen-Konstellation unentdeckt blieb. Im Prozess wechselt der Klient ab zwischen Verleugnen, Kämpfen (sich Abstrampeln, verbissen Durchhalten), Resignieren und Verzweifeln, doch scheint kein Ausweg in Sicht oder begehbar.

Eric Berne (1964, siehe Lit. Kap. 4, 1) beschreibt in Games People Play ein corner-game (dt. Zwickmühlen-Spiel) als ein Ehespiel, das zum Ziel hat, Intimität zu vermeiden, indem Situationen ohne gute Lösungen zwischen den Partnern inszeniert werden. Allerdings weist Berne auch auf den Dilemmatyp dieses Spiels hin und erwähnt, dass dieses Spiel als Familienspiel gespielt wird. Ebenfalls erwähnt er, dass corner-games bei Asthma eine Rolle spielen. Der Dilemmatyp des corner-game entspricht etwa dem, was wir im Folgenden Zwickmühle nennen. Wir sehen das Erleben und Gestalten von Zwickmühlen mehrschichtig und vielfältig und gehen mit den im Folgenden von uns vorgestellten Gedanken über die Spielanalyse hinaus.

Obwohl es nahe läge, die Bezüge zu TA-Begriffen und -Konzepten, wie z.B. zur Engpass-Theorie herzustellen und zu diskutieren, tun wir dies hier noch nicht, da wir uns in einer kritischen Auseinandersetzung mit diesen Begriffen und Konzepten befinden, die wir nicht unberücksichtigt lassen könnten, die aber andererseits hier zu viel Raum einnehmen würde.

Wir untersuchen die Logik, die Dynamik und die Hintergründe von Zwickmühlen-Erleben und -Verhalten und zeigen Ansätze, die Knoten zu lösen und damit Entwicklung zu entbinden.

Psychotherapeutisch arbeiten heißt in diesem Kontext für uns, dem Klienten Erleben zugänglich zu machen, mit dem er einschränkende, stereotyp wiederkehrende Abläufe im Erleben und Verhalten überwindet. Konfrontation heißt, den Klienten mit Inhalten und Prozessen so in Berührung zu bringen, dass er seinen bisher gelebten, eingeschränkten Bezugsrahmen (System von Leitideen, Weltbild, Epistemologie) verändert.

4.1 Definitionen und Zwickmühlenlogik

Wir definieren eine Zwickmühle als ein Muster im Bezugsrahmen (im System der Leitideen), innerhalb dessen Lösungen für ein Problem oder die Gestaltung einer Beziehung aufgrund falscher Definitionen, Implikationen und Verknüpfungen so konzipiert sind, dass die Befriedigung des Anliegens durch solche Lösungen unmöglich oder unannehmbar wird.

Es werden also falsche Zusammenhänge hergestellt: Zum Beispiel Angst als inneres Erleben wird mit Gefahr als äußere Bedrohung gleichgesetzt, weshalb auf Angst wie auf äußere Bedrohung reagiert wird. Oder: Sexuelles Verlangen zeigen heißt, ein schlechter Mensch sein, es nicht zu zeigen heißt, kein Mann sein (falsche Implikationen). Oder: »Wenn ich ein Bedürfnis äußere (mich endlos jammernd beklage), geht niemand wirklich auf mich ein (bittet niemand um Verzeihung). Bin ich bescheiden (sitze passiv herum), sieht mich keiner (fragt keiner, was mit mir los ist).« Hier liegen verschiedene falsche Verknüpfungen vor.

Zwickmühlen-Erleben und -Verhalten sind Prozesse, mit denen Zwickmühlen im inneren Erleben und/oder sozialen Situationen abgebildet werden mit dem Anliegen, eine Lösung zu finden. Diese Lösung wird in immer neuen Antworten auf falsch gestellte Fragen gesucht. Daher sind diese Antworten unmöglich oder unbefriedigend. Erst die Analyse der falschen Fragestellung und die Re-Definition des Bezugsrahmens (von einem Metastandpunkt aus) machen Antworten möglich, Lösungen befriedigend.

Kompliziert wird es, wenn die Klärungssituation von Seiten des Klienten als Zwickmühle erlebt oder gestaltet wird und der Klient sein Denken nicht freigibt, weil dies aus dem bisherigen Bezugsrahmen ein Anliegen verletzt. Ausweglos scheint eine Therapiesituation, wenn der Therapeut Zwickmühlen nicht erkennt oder teilt und daher selbst auf ungeeigneten Ebenen Lösungen sucht. Er fühlt sich dann selbst gefangen.

4.2 Beispiele für Zwickmühlen-Zusammenhänge

Im ersten Beispiel werden Erfahrungen intern in einem Zwickmühlen-Bezugsrahmen verarbeitet, ohne dass von außen eine Zwickmühle erkennbar ist:

Ein Klient konkurriert häufig mit Männern. Sieht er sich als besser, wird der andere uninteressant. Sieht er sich als unterlegen, fühlt er sich gedemütigt. Lässt der andere sich nicht in eine Konkurrenz ziehen, bedeutet dies Desinteresse an einem Kontakt. Vermeidet der Klient zu konkurrieren, heißt dies für ihn, dass er als Mann nicht neben Männern bestehen kann.

Im zweiten Beispiel wird eine Zwickmühle in der Außenrealität konstruiert:

Ein Klient kommt verspätet zur festgelegten Therapiestunde und hat Wichtiges zu bearbeiten. Sein Auto hat er so geparkt, dass er einen Strafzettel über 40 Euro bekommen wird. Sein Auto in eine Parkgarage zu fahren, würde etwa 20 Minuten in Anspruch nehmen. Der Klient hat sehr wenig Geld, und für die Therapiestunde bleiben noch 40 Minuten. Typisch für Klienten mit Zwickmühlen-Verhalten ist nun, dass sie keinen Verlust akzeptieren wollen, von anderen die Rahmenbedingungen verändert haben wollen, mit den damit verbundenen Auseinandersetzungen die Therapiezeit verbrauchen und mittlerweile einen Strafzettel erhalten haben.

Zwickmühlen entstehen auch durch den Versuch, falsche Antithesen zu problematischem Verhalten zu bilden. Anstelle von Antithesen werden unter Beibehaltung des falschen Bezugsrahmens Umkehrungen der bisherigen Logik gebildet. Unter Beibehaltung des falschen Bezugsrahmens werden Alternativen oder andere Menschen erfolglos daraufhin getestet, ob eine andere Erfahrung möglich ist.

Hier ein Beispiel für die entsprechende Logik:

»Man kann sich nicht in mich einfühlen und mir helfen, mich selbst zu verstehen. Wenn ich nicht erkläre, was mit mir los ist, versteht mich der Therapeut nicht. Wenn ich es erklären kann, brauche ich seine Hilfe nicht.

Hilfe heißt, etwas erklärt zu bekommen, was ich selbst nicht verstehe. Um den anderen als hilfreich zu erleben, muss ich mich selbst in Bezug auf das, was er erklären soll, verwirrt zeigen. Also zeige ich mich verwirrt, auch um den Therapeuten zu testen, ob er denn etwas für mich tun kann. Versteht er mich nur, wenn ich mich verständlich mache, ist dies keine Kunst. Versteht er mich nicht, weil ich mich noch verwirrt zeige, ist er mir keine Hilfe.«

Weitere Beispiele:

»Man mag mich nur zurückhaltend und bescheiden. Um nicht abgelehnt zu werden, halte ich mit meinen Ansprüchen zurück, fühle mich dabei enttäuscht und depressiv. Wenn ich mich besser fühlen will, muss ich meine Ansprüche vertreten. Da ich aber keine Berechtigung dazu spüre, muss ich kämpferisch und fordernd auftreten. Andere Menschen reagieren darauf eher mit Rückzug oder Zurückweisung, woraus ich schließe, dass man mich nicht mag, wenn ich meine Interessen aktiv vertrete.«

Ein Ausbildungskandidat vor dem Examen: »Man wird nur für Leistung anerkannt. Ich möchte auch anerkannt werden, wenn ich nichts leiste. Zeige ich im Examen mein Können, bleibe ich unsicher, ob sie an mir als Mensch Interesse haben. Zeige ich schlechte Leistungen, um mal zu testen, ob sie mich dennoch mögen, falle ich durch, was ich als persönliche Ablehnung erlebe. So bestätige ich mir, dass sie nur an meiner Leistung interessiert sind.«

So veranstalten viele Menschen Versuche, um aus bisherigen Glaubenssätzen auszusteigen, oder testen andere Menschen (insbesondere Therapeuten), ob sie mit diesen andere als die gewohnten Erfahrungen machen können. Sie tun dies jedoch auf eine Weise, die keine positiven Erfahrungen möglich macht, solange die falsche Versuchsanordnung nicht entdeckt ist.