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4 Am Ende auch Menschen
Denkmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung


Und dann hörte er seinen eigenen Namen. Von diesem »psalmodierenden, gestikulierenden Teufelchen«. Erich Kästner selbst war Augen- und Ohrenzeuge auf dem Berliner Opernplatz an jenem 10. Mai 1933. Er vernahm, wie Nazi-Propagandaminister Joseph Goebbels geiferte. Wie er und seine Schergen wetterten gegen Schriftsteller wie Thomas und Heinrich Mann, Sigmund Freud, Kurt Tucholsky, Carl von Ossietzky, Bertolt Brecht – und ihn, den Journalisten, Literaten und Satiriker Kästner. Der Autor stand im Regen, eingekeilt zwischen aufgehetzten Studenten in SA-Uniform. Er sah, wie die Bücher von Oppositionellen, jüdischen Autoren, Pazifisten, Lebensreformern, Feministinnen und anderen kritischen Schriftstellern ins flackernde Feuer flogen. Rund 20.000 Bücher brannten. Die aufgehetzten Studenten hatten ganze Büchereien geplündert: auch die Alte Bibliothek direkt am Opernplatz, die ab 1775 für die Büchersammlung Friedrichs des Großen erbaut und wegen ihrer geschwungen-barocken Form »Kommode« genannt wurde.

Mit den Worten »wider den undeutschen Geist«, betitelten Hitlers Getreue ihre Kampagne. Für die betroffenen Autoren bedeuteten sie Berufs- und Publikationsverbot. Viele emigrierten daraufhin. »Wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen«, hatte Heinrich Heine 1823 in seinem Drama Almansor geschrieben. Die Nazis machten dieses Diktum auf grausamste Weise wahr. Kritische Geister wie der Journalist und Friedensnobelpreisträger Ossietzky kamen in Konzentrationslagern zu Tode. Millionen Menschen folgten.

Seit März 1995 erinnert am Ort des Geschehens, der heute Bebelplatz heißt, ein unscheinbares Mahnmal an die Bücherverbrennung. Zwischen dem Boulevard Unter den Linden, Hedwigskathedrale, »Kommode« und Oper ist eine Glasscheibe in das Kopfsteinpflaster eingelassen. Sie gibt den Blick nach unten frei. Zu sehen ist ein weißes Bücherregal aus Beton. 20.000 Bände hätten hier Platz. Doch das Regal ist leer. Deutlicher ist kaum zu zeigen, wie die Nazis dem Geistesleben in Deutschland und Europa den Garaus machten. Geschaffen hat das Mahnmal der israelische Künstler Micha Ullmann. Von ihm stammt auch der am Jüdischen Museum aufgestellte stählerne Kubus mit dem Titel Niemand.

5 Geschichte geschrieben
Bibliothek des Deutschen Historischen Museums


Bücher machen Geschichte. Das beweist das Deutsche Historische Museum: Das Schreiben, Lesen, Drucken, die Literatur und der Ideenwettstreit haben die Zeitläufte mindestens genauso geprägt wie Feldzüge und Kriege.

Sein Domizil hat das nach der Wende eingerichtete Museum im Zeughaus – dem ältesten Bauwerk am Boulevard Unter den Linden. Das frühere Waffenarsenal wurde selbst zum Schauplatz historischer Umbrüche, als es Anhänger der Revolution 1848 erstürmten und plünderten. Die Dauerausstellung zur deutschen Geschichte vom Mittelalter bis zum Mauerfall, die der barocke Bau auf 8.000 Quadratmetern beherbergt, ist derzeit wegen Bauarbeiten geschlossen. Von rund einer Million Objekte, welche die historische Schatzkammer der Nation aufbewahrt, waren bis zum Jahr 2021 rund 7.000 als Exponate zu sehen. Und jedes zehnte dieser Ausstellungsstücke war ein Buch: »Kaum ein Museum besitzt so viele Bücher«, sagt Matthias Miller, Leiter der Museumsbibliothek und Hüter der präsentierten Papier-Preziosen.

Wann sind Bücher ein Fall für das Museum? Wenn sie Geschichte gemacht haben, Geschichte ausdrücken und transportieren oder auf ihre eigene Geschichte zurückblicken können. Zu sehen und erleben sind sie weiterhin als Teil von informativen Sonderausstellungen im benachbarten Pei-Bau. Die 2003 eröffnete, lichtdurchflutete Ausstellungshalle ist nach ihrem chinesisch-nordamerikanischen Architekten Ieoh Ming Pei benannt.

Als Geheimtipp darf Deutschlands sechstgrößte Museumsbibliothek gelten. Sie findet sich im anschließenden Verwaltungsgebäude direkt am Spreekanal. Unter einem Glasdach, umgeben von Mosaiken und prachtvollen Regalwänden können nicht nur Mitarbeiter, sondern alle historisch Interessierten an 16 Lese- und Arbeitsplätzen forschen. Die feudale Ausstattung erinnert an den früheren Zweck des Bauwerks: Es wurde um 1900 als Kassenhalle der Preußischen Central-Genossenschaftskasse erbaut. Ihre Wertgegenstände bewahrte die Bank damals ein Stockwerk tiefer, im Tresorraum, auf. Dieser war offenbar so gut gesichert, dass nicht einmal die berüchtigten Panzerknacker-Brüder der 1920er-Jahre, Franz und Erich Sass, hier einen Bruch wagten. Heute hütet die Bibliothek unterirdisch die kostbaren Originale, von denen die Ausstellungsbesucher meist Faksimiles zu Gesicht bekommen.

Zum Beispiel ein Pergamentfragment der Heliand-Handschrift aus dem 9. Jahrhundert, die das Leben Jesu Christi als Ritterepos erzählt. Es stammt wahrscheinlich aus dem Kloster Verden und tauchte um 1880 in der Prager Universitätsbibliothek auf. 1953 überreichte es der tschechoslowakische Staatspräsident Klement Gottwald als Staatsgeschenk an den DDR-Ministerpräsidenten Wilhelm Pieck. Mit der Goldenen Bulle von 1356 liegt hier auch ein Stück Verfassungsgeschichte. Das Museum verfügt über den ersten illustrierten Druck des frühen Gesetzeswerkes von 1485, das die deutsche Königswahl regelte. Christoph Kolumbus schrieb 1492 noch an Bord seines Schiffes einen Brief an den spanischen Königshof: Er berichtete darin von seinen jüngsten Entdeckungen – vermeintlich in Indien. Im Museum ist der Brief in Buchform zu sehen, gedruckt bereits 1493 in Rom. Im selben Jahr erschien die Schedelsche Weltchronik: Umfangreich illustriert, beschreibt sie den Lauf der Welt mit den Augen des Nürnberger Arztes, Humanisten und Historikers Hartmann Schedel.

Mit seinen 95 Thesen gab Martin Luther anno 1517 den Anstoß für eine Zeitenwende. Das Deutsche Historische Museum besitzt einen der frühesten Drucke, der selbst durch die Hand des Reformators ging. Daneben ist zudem die persönliche Bibel des Luther-Jüngers Joachim Graf zu Ortenburg verwahrt, der sich 1534 eine Ausfertigung auf Pergament drucken und mit kolorierten Holzschnitten versehen ließ. Sein Leitspruch EMW – Eile mit Weile – ­ist in den Einband geprägt. In der Nachbarschaft findet sich ein Text mit dem Titel Osnabrückischer Frieden-Schluß von 1648, der als Westfälischer Friede den Dreißigjährigen Krieg beendete. Die älteste Darstellung des menschlichen Auges von innen im Universallexikon des Kartäusermönchs Gregor Reisch von 1503 ist hier ebenso aufbewahrt wie ein Medizinbuch mit Pop-up-Darstellungen des menschlichen Körpers von 1632. Dazu alle Bände der ab 1642 erschienenen Topographia Germaniae des Matthäus Merian. Der Kupferstecher und Verleger stellte mehr als 2.000 Ansichten von Städten, Burgen und Klöstern zusammen.

In Erstausgaben besitzt das Museum Literaturklassiker wie Johann Wolfgang von Goethes Faust, Friedrich Schillers Die Räuber, die Kritiken des Immanuel Kant, aber auch Wilhelm Buschs Bildergeschichte von den bösen Buben Max und Moritz. Wie ihr Manifest der Kommunistischen Partei von 1848 – hier im Erstdruck – die Weltgeschichte beeinflussen würde, ahnten wohl nicht einmal die Verfasser Karl Marx und Friedrich Engels. Ein bedrückendes Zeitdokument ist das Telefonbuch der Stadt Warschau von 1939. Zahllose Bürger jüdischer Abstammung sind dort aufgeführt, die wenig später Opfer der NS-Vernichtungspolitik wurden. Oppositionelle ließen 1941 wahrscheinlich in Amsterdam ein Heftchen mit dem Titel Zehn kleine Meckerlein im Stempeldruck herstellen: »5 kleine Meckerlein, die spielten mal Klavier. Der eine spielte Mendelssohn, das waren’s nur noch vier«, heißt es darin.

Aber auch Literatur der Nazis voller Rassismus und Menschenverachtung lagert in den Giftschränken. Das 1987 gegründete Deutsche Historische Museum übernahm nach der Wende vom Museum für Deutsche Geschichte (MfDG) der DDR das Domizil im Zeughaus sowie dessen Literatursammlung. Dort hatte man nicht nur beträchtliche Altbestände erhalten, sondern auch aufgenommen, was öffentliche Bibliotheken aus politischen Gründen aussortierten. Von 1938 stammt das Protokoll von Adolf Hitlers Staatsbesuch beim italienischen Diktator Benito Mussolini, das der damalige Reichsminister Rudolf Heß als Geschenkausgabe in Ledereinband mit Goldschnitt bekam. Die Museumsbibliothek verfügt über alle Jahrgänge der NS-Parteizeitung Völkischer Beobachter. Aber auch ein Prüfbericht für die ersten Probefahrten mit den Volkswagen-Prototypen 1937 durch Deutschland ist zu finden. Dazu die DDR-Frauenzeitschrift Sibylle, vier politische Pamphlete der Rote Armee Fraktion (RAF), der Koalitionsvertrag von Grünen und SPD in Baden-Württemberg und die Ausgabe des französischen Satiremagazins Charlie Hebdo, die Terroristen zum Anlass für einen Anschlag nahmen. Es ist unverkennbar: Geschichte und Buch sind nicht zu trennen.


Ein Pop-up-Medizinbuch von 1632 in der Bibliothek des Deutschen Historischen Museums

6 Alles und noch viel mehr
»Dussmann – Das KulturKaufhaus«


Fünf Etagen voller Bücher gibt es bei Dussmann – Das KulturKaufhaus zu entdecken

Wer hat etwas von der Qual der Wahl gesagt? Im KulturKaufhaus Dussmann macht das riesige Angebot an Lesestoff Bücherfreunden maximal Spaß. Deutschlands größte Buchhandlung ist mehr als eine Ansammlung von Bänden in Regalen: Auf fünf Etagen gibt es viele Ecken zum Entdecken. Ein Geheimtipp ist beispielsweise das Lesezimmer mit Fenster auf die Friedrichstraße hinaus. Etliche lesebegeisterte Paare sollen sich dort schon zum ersten Date getroffen haben. Oder die Kino-Ecke, wo Klappstühle aus einem alten Lichtspieltheater inmitten einer immensen Auswahl von Filmen auf DVD zum Ausruhen einladen. In der Grafikabteilung zieht eine Druckmaschine die Blicke an. Insgesamt 800.000 Produkte rund um Kultur und Kreativität bietet das Warenhaus an, das der Dienstleistungskonzern Dussmann 1997 eingerichtet hat. Teil des Hauses ist ein eigener Plattenladen, in dem noch die Vinylkultur gepflegt und Plattenspieler feilgehalten werden. Andere Abteilungen präsentieren Globen, Spiele, Notizbücher oder Briefpapier.

Dreh- und Angelpunkt sind die Bücher. Wer hat je eine so enorme Wand mit Reclam-Ausgaben gesehen? Oder wer wähnte sich mitten in einer Buchhandlung gar in einer Anwaltskanzlei? Der edle, dunkelgrüne Teppichboden in der Abteilung für Wirtschafts- und Rechtsbücher lässt diesen Eindruck entstehen. In einer Präsenzbibliothek können Studierende, Jura-Profis oder Interessierte sogar in juristischen Nachschlagewerken blättern. Die Kinderbuchabteilung hingegen ist ein buntes Zimmer mit viel Platz zum Schmökern und Spielen. Fantasy, Manga und Young Adult ist ein geräumiger Bereich gewidmet, in dem sich gerne Genrekenner treffen. Bücher gibt es im Kulturkaufhaus in vielen verschiedenen Sprachen, besonders groß ist die Auswahl auf Spanisch. Der abgetrennte English & International Bookshop verströmt typisch britische Atmosphäre mit dunklen Holzregalen und Teppichen in schottischem Karomuster.

Ein kleiner Multimediaraum erinnert an den Fall der Berliner Mauer 1989: Blickfang ist ein Stück der Grenzbefestigung, unterzeichnet vom damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan. Kulturveranstaltungen gibt’s im angegliederten Café-Restaurant Ursprung. Dussmann unterhält außerdem den Shop des Museums für Film und Fernsehen am Potsdamer Platz.

7 Schreib mal wieder
Museum für Kommunikation Berlin


Museum für Kommunikation Berlin – Johannes Gutenbergs Handgießgerät für Lettern

Steintafel oder Fernsprechapparat, Buch oder Smartphone: Seit sich Menschen miteinander verständigen, nutzen sie dafür Hilfsmittel. Einige haben für regelrechte Umwälzungen gesorgt. Den Weg von der Keilschrift bis in die heutige Zeit der digitalen Kommunikation zeigt das Museum für Kommunikation anhand dieser Gegenstände auf. In dem Neorenaissance-Bau, der 1898 für das Reichspostmuseum erschaffen wurde und nach Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und mehreren Umbauten heute wieder die Ehrwürde der Gründerzeit ausstrahlt, können Besucher auf Entdeckungsreise gehen. Entlang der Galerien rund um den Lichthof führen Exponate durch die Kommunikationsgeschichte.

Weit zurück in die Vergangenheit weist der Gipsabguss einer Statue des Schreibers Henka. Das Original entstand um 2450 vor Christus im alten Ägypten. Aufgerichtet im Schneidersitz, auf seinen Knien den Papyrus ausgebreitet, blickt der hohe Beamte selbstbewusst. Er flößte seinen Zeitgenossen sicher Respekt ein, schließlich konnte er schreiben und damit über die Grenzen von Raum und Zeit hinweg kommunizieren. Zu den Kleinodien des Museums gehört auch ein ägyptisches Papyrus-Fragment aus dem 3. Jahrhundert vor Christus – es war Bestandteil eines Kurstagebuches der ptolemäischen Staatspost. Fast zeitgleich mit den Hieroglyphen der Ägypter entstand im Vorderen Orient die Keilschrift. Das Museum besitzt eine sumerische Tafel mit diesen Schriftzeichen aus dem Jahr 2052 vor Christus im Original. Diese Verwaltungsurkunde über den Verkauf von Gerste stammt aus dem heutigen Südirak. Einfallsreich haben auch die antiken Spartaner kommuniziert, wie ein nachgebauter Stabbrief (Skytale) zeigt: Militärs codierten Botschaften, indem sie einen Lederriemen um einen Stab wickelten und dann längs beschrieben. Wer die Botschaft lesen wollte, musste den Riemen um einen Stab gleichen Durchmessers wickeln.

Ein anderer Nachbau wirkt unscheinbar. Vor einem Buchstabensetzkasten steht ein wenige Zentimeter großes Metallwerkzeug mit Holzverkleidung. Doch sein Erfinder Johannes Gutenberg löste mit diesem Handgießgerät für bewegliche Bleilettern eine Revolution aus. Der Mainzer legte damit die Basis für die Massenproduktion von Büchern, Flugschriften, Zeitungen – und ermöglichte Information und Wissen für viel mehr Menschen. Ein früher Meister von Gutenbergs schwarzer Kunst, Lienhart Holl in Ulm, druckte 1482 den ersten Weltatlas nördlich der Alpen: Dieser baut auf der Cosmographia des Claudius Ptolemäus auf. Das wertvolle Buch gelangte 1895 in die Bestände des Berliner Reichspostmuseums.

In einer Vitrine liegt ein Handbuch von 1729: Es gibt praktische Tipps für die Die vornemsten Europaeischen Reisen. Eine Landkarte von 1776 zeigt auf, wo im Kurfürstentum Brandenburg die Postkutschen verkehrten. Federn, Füllfederhalter und Kugelschreiber, mit denen Menschen über Jahrhunderte ihre Gedanken zu Papier brachten, zeigt eine Abteilung zur Schreibkultur. Auch eine Bleistift-Schärfmaschine von 1920 ist dort zu bestaunen. Je weiter Besucher die Ausstellung erkunden, desto technischer werden die präsentierten Geräte: Die Telegrafie revolutionierte im 19. Jahrhundert die Nachrichtenübermittlung. Zur gleichen Zeit erleichterten Schreibmaschinen das Verfassen von Briefen für jedermann. Ein Highlight ist der schlichte Telefonhörer aus dunklem Holz – der erste, der in deutschen Landen abgehoben wurde: 15 Jahre, nachdem der Deutsche Johann Philipp Reis in Frankfurt am Main ein frühes Telefon vorgestellt hatte, brachte der US-Amerikaner Alexander Graham Bell ein patentiertes Modell auf den Markt. Eines der ersten Paare von Bell-Telefonen weltweit landete 1877 in Berlin. Generalpostdirektor Heinrich von Stephan rief am 26. Oktober sogleich erfolgreich von seinem Büro im Generalpostamt – direkt neben dem heutigen Museum gelegen und im Krieg zerstört – das Haupttelegrafenamt in der Französischen Straße an. 1881 ging in Berlin das erste öffentliche Fernsprechnetz an den Start – samt Telefonbuch mit 200 Einträgen.

Das Museum widmet Heinrich von Stephan eine eigene Gedenkecke. Der gebürtige Pommeraner hatte es vom Sohn eines Schneiders und einfachen Assistenten zum Generalpostmeister gebracht. Er glühte vor Begeisterung für die damals neuen Medien, erfand die Postkarte und den Begriff Fernsprecher. Stephan veranlasste auch, dass im 1874 fertiggestellten Generalpostamt ein erstes Postmuseum eingerichtet wurde. Ebenso, dass dieses später ein eigenes Gebäude erhielt.

Im Zweiten Weltkrieg beschädigt, in der DDR zweckmäßig zum Postmuseum umgebaut, wurde das Haus nach der Wende im historischen Gewand wiederhergestellt: Die Glaskuppel, das weitläufige Treppenhaus, die Säulen, Bögen und Pfeiler, die Balkone mit geschmiedeten Geländern und die Marmorfußböden begeistern Besucher. Unter den Augen der zahllosen Statuen, die Wissenschaft und Handel, aber auch Berufe wie Postillion, Bootsmann und Telegrafist darstellen, spazieren Interessierte durch die Welt der Kommunikation. Vorbei an Postkutschen und Modellen von Postdampfern bis zur ersten Telefonzelle Berlins, die 1929 in Betrieb ging. Oder gleich zu den neuesten Errungenschaften des Computerzeitalters. Und dann geht es unter die Erde: Im abgedunkelten Licht der Museumsschatzkammer lagert ein besonderes Druckwerk. Die weltberühmte Blaue Mauritius von 1847 nebst ihrer roten Schwester. Von beiden Briefmarken wurden um 1847 nur je 500 Exemplare gedruckt. Die Rote Mauritius besitzt das Museum seit 1901, die Blaue erwarb es 1904. Daneben hat ein philatelistisches Kleinod aus deutschen Landen, der sogenannte Eichstättbrief – er ist gleich sechsmal mit der seltenen bayerischen 1-Kreuzer-Marke frankiert –, seinen Ehrenplatz bekommen.

Natürlich verfügt das Museum auch über eine standesgemäße Bibliothek. Wer Fragen zur Post- und Telekommunikationsgeschichte, Telegrafie oder Briefmarkenkunde hat, kann hier in einer Fülle von Spezialliteratur nachschlagen. Wer stand im ersten Berliner Telefonbuch? Wo wechselte Johann von Goethe in Schlesien die Pferde? Wie viel bezahlte Konrad Adenauer für ein Telegramm? Selbst das Drehteam der Krimiserie Babylon Berlin machte sich hier schlau. Verbunden mit dem Berliner Museum für Kommunikation ist das gleichnamige Haus in Frankfurt am Main – beide Museen tauschen sich regelmäßig aus.


Museum für Kommunikation Berlin

8 Hoffmanns Erzählungen
Lutter & Wegner am Gendarmenmarkt


E.T.A.-Hoffmann-Skulptur am Gendarmenmarkt

»

Der Spätherbst in Berlin hat gewöhnlich noch einige schöne Tage. Die Sonne tritt freundlich aus dem Gewölk hervor, und schnell verdampft die Nässe in der lauen Luft, welche durch die Straßen weht. Dann sieht man eine lange Reihe, buntgemischt – Elegants, Bürger mit der Hausfrau und den lieben Kleinen in Sonntagskleidern, Geistliche, Jüdinnen, Referendare, Freudenmädchen, Professoren, Putzmacherinnen, Tänzer, Offiziere u.s.w. durch die Linden, nach dem Thiergarten ziehen.«

So beginnt E. T. A. Hoffmanns erste veröffentlichte Novelle Ritter Gluck. Eine Erinnerung aus dem Jahr 1809. Darin begegnet der Ich-Erzähler im Berliner Tiergarten einer seltsamen Gestalt, die sich schließlich als der verstorbene Komponist Christoph Willibald Gluck vorstellt – ist es sein Geist oder ein Verrückter? Der Schriftsteller, Musiker und Zeichner Hoffmann machte Berlin, wo er in drei Phasen seines Lebens selbst wohnte, zum Schauplatz vieler Erzählungen. Fast immer aber verfremden seine Geschichten die Stadt und ihre Menschen, karikieren sie, steigern sie ins Fantasievolle und Groteske. Fantasie und Grusel, Mystisches, Ironisches, Doppelbödiges und psychologisch Vertracktes, Angst, Rausch und Wahn machen die Faszination von Hoffmanns Prosa aus. Nachtgestalten wie der ekelhafte Advokat Coppelius, das rachsüchtige Äpfelweib und der mörderische Mönch Medardus bevölkern in seinen Geschichten vordergründig alltägliche Städte.

E. T. A. Hoffmanns Berlin, das war der Gendarmenmarkt. In dessen Umgebung erinnern heute noch zahlreiche Stätten an den Dichter. Nachdem der studierte Jurist in seiner Heimatstadt Königsberg das zweite Staatsexamen abgelegt hatte, bewarb er sich erfolgreich am Berliner Kammergericht. Von 1798 bis 1800 bekleidete er eine Stelle als Referendar und bestand schließlich das dritte Staatsexamen. Das Gericht tagte damals in der Lindenstraße – im heutigen Altbau des Jüdischen Museums. Hoffmann wohnte erst in der Kurstraße, dann in der Leipziger Straße.

Notgedrungen logierte sich Hoffmann 1807 für ein weiteres Jahr in Berlin ein. Er hatte seine Anstellung in Warschau, das von den Truppen Napoleons besetzt war, verloren. Während dieser Zeit voller Geldsorgen und Zukunftsängste nahm sich der Entlassene ein Zimmer im Gasthof Zum Goldenen Adler in der Leipziger Straße, im Hotel Brandenbourg in der Charlottenstraße und zuletzt in der Friedrichstraße. Hoffmann verließ Berlin 1808, um in Bamberg den Traum vom Leben als Künstler wahrzumachen. Seinen dritten Vornamen Wilhelm hatte er aus Verehrung für Wolfgang Amadeus Mozart damals schon geändert. Viereinhalb Jahre verdiente er als Kapellmeister, Bühnenmaler, Theaterkomponist, Musikleiter und kurzzeitiger Musikdirektor sein Geld – allerdings viel zu wenig. Anschließend wirkte er als Musikdirektor in Leipzig und Dresden, ehe er 1814 mit seiner Frau Mischa wieder nach Berlin zog. Der Schulfreund Theodor Gottlieb von Hippel hatte ihm dort eine feste Anstellung am Kammergericht vermittelt. 1816 stieg Hoffmann sogar zum Kammergerichtsrat auf. In dieser Zeit glückte endlich auch der Durchbruch als Autor mit den Erzählbänden Fantasiestücke in Caillot’s Manier, Nachtstücke und Serapionsbrüder. Der Schriftsteller wohnte erst in der Französischen Straße, ab 1815 schließlich in der Taubenstraße 31. Aus dem 1775 erbauten Eckhaus genoss er den Blick auf den Gendarmenmarkt. Er selbst beschrieb ihn in der Erzählung Meines Vetters Eckfenster: »Dabei liegt aber meines Vetter Logis in dem schönsten Theile der Hauptstadt, nehmlich auf dem großen Markte, der von Prachtgebäuden umschlossen ist, und in dessen Mitte das kolossal und genial gedachte Theatergebäude prangt.«

Den ab 1688 prunkvoll gestalteten Platz prägten schon damals der Französische Dom und die Neue Kirche – heute Deutscher Dom –, beide ab 1701 errichtet und ab 1780 mit Türmen verschönert. Besonders gerne blickte Hoffmann auf das 1802 erbaute Nationaltheater. Dieses führte ab 1816 seine Märchenoper Undine auf und verhalf dem Künstler auch zu Erfolg als Komponist. Aus dem Eckfenster musste er allerdings 1817 mitansehen, wie das Gebäude aus ungeklärter Ursache abbrannte. Das Feuer vernichtete außerdem die Kulissen der Undine, die nach dem Bühnenbild des Baumeisters Karl Friedrich Schinkel gestaltet worden waren. Schinkel war es ebenfalls, der den Neubau des Schauspielhauses – heute Konzerthaus – an gleicher Stelle ab 1817 verantwortete. In seinem Schatten steht nun eingewachsen von Büschen ein Denkmal, das die Berliner Künstlerin Carin Kreuzberg 1998 schuf. Es zeigt den lächelnden Hoffmann mit der Schlangenprinzessin Serpentina aus seinem Märchen Der goldne Topf.

Im selben Wohnhaus war auch Hoffmanns Freund und liebster Gesprächspartner, der Schauspieler Ludwig Devrient, eingemietet. Obwohl das Originalgebäude nicht mehr steht, weht hier ein hoffmannesker Geist. An derselben Stelle wurde 1997 das Gasthaus Lutter & Wegner eröffnet. Der Name lehnt sich an die gleichnamige Weinhandlung an, die sich einige Häuser weiter, an der Charlottenstraße befand und den Zweiten Weltkrieg nicht überlebte. Für die Nachtgestalten Hoffmann und Devrient war das Weinlokal ein zweites Zuhause. Gemeinsam mit den Autoren Adelbert von Chamisso, Julius Eduard Hitzig, Friedrich de la Motte Fouqué und weiteren begründeten sie dort die Tafelrunde der Serapionsbrüder, die Hoffmann literarisch verewigte. Diese beseelten Runden sollten 1851 die Franzosen Jules Barbier und Michel Carré zum Theaterstück Les contes d’Hoffmann – Hoffmanns Erzählungen – inspirieren. Komponist Jacques Offenbach vertonte sie als gleichnamige Phantastische Oper. 1881 in Paris uraufgeführt, verwebt sie verschiedene Hoffmann-Geschichten wie Der Sandmann, Rat Krespel und Die Geschichte vom verlornen Spiegelbilde. Die Oper beginnt und endet in der Weinhandlung Lutter & Wegner. Das heutige Lokal gleichen Namens besitzt eine Hoffmann-Stube als Nebenraum für geschlossene Gesellschaften und kleine Dinner. Die Wände sind geschmückt mit fast 100 Aquarellen des Frankfurter Künstlers Ferry Ahrlé zu Episoden aus Hoffmanns Leben und Werk.

Das Haus am Gendarmenmarkt bewohnte der Dichter die letzten sieben Jahre seines Lebens. Wegen satirischer Schriften geriet er jedoch ins Visier der Vorgesetzten: Bange sah er einem Disziplinarverfahren entgegen, als dessen Folge ihm die Rückversetzung in die preußische Provinz drohte. Besonders aber machte dem Autor seine stets fortschreitende Rückenmarkslähmung zu schaffen. Hoffmann starb am 25. Juni 1822 in seiner Wohnung. Er wurde 46 Jahre alt.


Restaurant Lutter & Wegner in E.T.A. Hoffmanns ehemaligem Wohnhaus

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22 aralık 2023
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