Kitabı oku: «Zeitkapseln - Botschaften in die Welt von morgen», sayfa 2
Im Kambrium (vor 541 bis 488 Millionen Jahren) überraschte die Architektin und Baumeisterin des Lebens die biologische Welt mit unerwarteten Innovationen und Inspirationen. Mit einem Schlag tauchten innerhalb kurzer Zeit nahezu alle heute bekannten Tierstämme auf. Die evolutionären Ideenblitze der kambrischen Radiation lösten eine explosive Entwicklung des irdischen Lebens aus. Zwar hatten nicht alle evolutionären Innovationen des Kambriums Bestand, aber die Erfindung des Außenskeletts, die zu den Gliedertieren führte, und die eines inneren Skeletts, die die Wirbeltiere hervorbringen sollte, bedeuteten faunistische Weichenstellungen. Im Kambrium entstand auch ein völlig neues biologisches Existenzschema. Fortan waren in der irdischen Fauna Räuber und Beute zu unterscheiden. Diese biologischen Antipoden sollten in den folgenden 500 Millionen Jahren in einen nicht enden wollenden evolutionären Aufrüstungswettstreit eintreten und vielfältige Angriffs- und Verteidigungswaffen entwickeln und perfektionieren.
Auch in den darauffolgenden Epochen des Paläozoikums (Erdaltertum), vom Ordovizium bis zum Perm, entwarf die Evolution intelligente Baupläne und schuf emsig, einfallsreich und unermüdlich großartige Stammbäume. Dabei hauchte sie so mancher bemerkenswerten Art Leben ein und gab ihrem Dasein eine Perspektive in einer biologischen Zukunft.
Im Ordovizium gedieh das Leben noch nahezu ausschließlich im Ozean. Es entstanden gewaltige Kopffüßer wie die Trilobiten und die ersten Fische. Im Silur begannen komplexer gebaute Gefäßpflanzen, Gliederfüßer und Weichtiere das Land für das Leben zu erobern. Der Landgang der Organismen in die noch sauerstoffarme Zone des Festlandes setzte sich im Devon fort. Gleichzeitig entfaltete sich in den Meeren, Flüssen und Seen eine ungeheure Vielfalt von Fischen. Im Karbon, dem großen Zeitalter der Amphibien, konnte sich das Leben schließlich fest an Land etablieren. Dank der Erfindung des hartschaligen Eies wurden die Reptilien von der Bürde einer an das Wasser gebundenen Fortpflanzung befreit. Erstmals bedeckten ausgedehnte Wälder aus Bärlapp-Gewächsen, Schachtelhalmen und Farnen die Kontinente. Aufgrund des hohen Sauerstoffgehaltes der Atmosphäre von über 30 % gelang es den Insekten, erstaunliche Riesenformen zu entwickeln. Im darauffolgenden Perm-Zeitalter vereinigten sich die Landmassen erneut zu einem Superkontinent. Die Bildung von Pangaea hatte globale Folgen für das Klima. An den Rändern des Kontinents war das Klima feucht und warm, sodass dort subtropische und tropische Bedingungen herrschten. Im Innern der Landmasse aber erstreckten sich lebensfeindliche Wüsten aus Felsen, Sand, Schnee und Eis.
Die Evolution verlief bereits im Erdaltertum keineswegs geradlinig, unbehelligt und ungestört. Es gab katastrophale Ereignisse mit weltweiten Auswirkungen, die zu Massensterben, Artenvernichtung und der Auslöschung ganzer Gattungen führten. Solche Vernichtungs-szenarien sind für das Ende des Ordoviziums, im unteren Devon und am Ende des Perms nachgewiesen.
Die Katastrophe am Ende des Perm-Zeitalters war die größte Apokalypse, die das irdische Leben in seiner Geschichte von etwa 3,5 Milliarden Jahren heimgesucht hat. Vor ungefähr 250 Millionen Jahren ist das höhere Leben auf dem Planeten beinahe ganz vernichtet worden. Etwa 95 % der maritimen Arten und ungefähr 75 % der landlebenden Spezies wurden in wohl nur 100.000 Jahren ausgelöscht. Als Ursachen für das Katastrophenszenario am Ende des Perms werden von der Wissenschaft verheerender Vulkanismus oder der Einschlag eines sehr großen Asteroiden diskutiert. Doch was auch immer die Vernichtungsorgie ausgelöst haben mag, das Leben und die Evolution auf der Erde erlitten durch das Perm-Ereignis einen existenziellen Niederschlag. Das Massensterben am Ende des Perms stellte die Zukunft des höher organisierten Lebens auf dem Planeten infrage. Ob sich die Evolution jemals von dieser Katastrophe würde erholen können, schien ungewiss zu sein! Nun, der weitere Fortgang der evolutionären Prozesse ist bekannt. Das Schöpfertum der Evolution wurde am Ende des Perms nicht abrupt beendet. Die Evolution ließ sich von der Zeit nicht auszählen und zur Geschichte machen! Sie zeigte hervorragende „Nehmerqualitäten“, stand auf, besann sich auf ihr Schöpfertum und rettete das höhere Leben auf der Erde vor der Vernichtung. Im Mesozoikum (Erdmittelalter) sollten ihre Inspirationen, Innovationen und kreativen Ideen eine wunderbare Blüte und Renaissance erleben.
Was nach dieser tiefen evolutionären Zäsur auf einer warmen, überwiegend eisfreien Erde entstand, waren beeindruckende Floren und Faunen, die mit Begriffen wie erstaunlich, fantastisch, dynamisch, kolossal, gigantisch nur unvollständig beschrieben werden können. Das Erdmittelalter war zu Lande, zu Wasser und in der Luft die große Zeit der Reptilien und die Wiege der Vögel. Es ist auch das Zeitalter der weltweiten Ausbreitung der Nadelbäume und des evolutionären Siegeszuges der Blütenpflanzen. Die Welt der mesozoischen Troika Trias/Jura/Kreide wurde von einer bewunderungswürdigen Schöpfungskraft, einem großartigen Erfindungsgeist und dem komplexen Gestaltungswillen der Evolution geprägt. Auch das vierte Massensterben am Ende der Trias konnte die evolutionären Prozesse nicht nachhaltig zum Stillstand bringen. In einer ausufernden Experimentierfreude und beinahe liebevoller Ausgestaltung erschuf die Evolution in der Ordnung der Reptilien Art um Art; von nur wenigen Zentimetern großen Geschöpfen bis hin zu wahren Kathedralen aus Fleisch und Blut. Die Dinosaurier gerieten dabei zu ihrem Meisterstück. Wer weiß, wie sich diese Gattung noch entwickelt hätte, wenn sie evolutionär weiterperfektioniert worden wäre?
Doch dann beendete der Einschlag eines 15 bis 20 km großen Asteroiden vor 65,8 Millionen Jahren die erdmittelalterliche Schöpfungsphase der Evolution und löste ein fünftes Massensterben aus. Das Impakt-Ereignis am Ende der Kreidezeit war für das höhere Leben auf der Erde zwar einschneidend, bedrohte es aber nicht grundsätzlich in seiner Existenz. Gleichwohl erfolgten dadurch eine evolutionäre Zäsur und Neuorientierung, die sich für die Entwicklung des Lebens als richtungsweisend erwiesen.
Irgendwie kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Evolution – wenn sie sich denn personifizieren ließe – über die Vernichtung ihres großen Arsenals an Sauropoden- und Theropoden-Bauplänen am Ende der Kreidezeit schon ein wenig betrübt gewesen sein mag! Doch was blieb der Evolution anderes übrig, als die von einem kosmischen Zufallsereignis geschaffenen Fakten zu akzeptieren und sich einem Neubeginn unter veränderten Bedingungen zu stellen! Sie hatte das nach dem vorangegangenen globalen Massensterben schließlich schon mehrfach tun müssen. Die Evolution besann sich auf ihr Schöpfertum, entwarf neue innovative Baupläne und besetzte frei gewordene Nischen des Lebens mit originellen Kreationen. Allerdings sollten die mesozoischen Dimensionen auf dem Land und in der Luft nicht mehr erreicht werden.
Die Katastrophe am Ende der Kreidezeit öffnete das evolutionäre Tor zur großen Zeit der Säugetiere, die im folgenden Paläogen und Neogen eine unerwartete Blüte erlebten. Der Aufstieg der lebend gebärenden Fellträger resultierte vermutlich aus der Tatsache, dass sie warmblütig und nachtaktiv waren sowie ein verfeinertes Hör- und Sehvermögen besaßen und einen verbesserten Geruchssinn entwickelten. Die Evolution hatte die Ordnung der Säugetiere etwa 100 Millionen Jahre lang vergleichsweise stiefmütterlich behandelt. Vom Paläozän bis zum Pliozän schien es über 60 Millionen Jahre lang, dass die Geschichte des Lebens von der Evolution mit einer großartigen Blüte der Säugetiere einfach fortgeschrieben werden sollte. Doch dann begannen sich am Ende des Pliozäns vor über drei Millionen Jahren unerhörte Dinge zu ereignen. Nach und nach stiegen bestimmte Primaten von den schützenden Bäumen und begannen Verstand, Werkzeuge und eine Kommunikation mithilfe einer Sprache zu entwickeln.
Der Aufstieg der vernunftbegabten Primaten gestaltete sich am Anfang durchaus mühselig und beschwerlich. Die ersten Homininen waren zweifellos mehr Beute denn Jäger und hatten alle Hände voll zu tun, das Überleben ihrer Arten in einer gefährlichen und rauen Umwelt zu sichern. Zunehmende globale Vereisungen gestalteten die Lebensbedingungen in den nördlichen Breiten unwirtlich und lebensfeindlich. Sie beeinflussten auch das Klima in der afrikanischen Wiege der Menschheit nachhaltig. Den Fossilien-Funden zufolge scheint Ostafrika das bevorzugte Experimentierfeld der Evolution in Richtung Menschwerdung gewesen zu sein. Immerhin brauchte die Evolution mindestens fünf Millionen Jahre und zahlreiche Ansätze, um aus den Vorfahren der Menschenaffen über Affenmenschen, Vormenschen und Nebenmenschen vor etwa 2 Millionen Jahren schließlich Frühmenschen zu erschaffen. „Homa ergaster“ soll die erste Menschenform gewesen sein, die den afrikanischen Kontinent verließ und als aufrecht gehender Hominine Europa und Asien für mehrere 100.000 Jahre besiedelte. Die Evolution gab sich damit aber nicht zufrieden. Sie perfektionierte ihre Schöpfungen weiter und es erfolgten weitere Auswanderungswellen. Vor 200.000 Jahren entstanden in Asien und Europa als evolutionäre Antwort auf die dortigen eiszeitlichen Bedingungen die Neandertaler und Denisovianer. Etwa zur gleichen Zeit erschuf die Evolution in Afrika den modernen Menschen homo sapiens sapiens. Die evolutionär gelungenste Form einer vernunftbegabten Spezies besiedelte in weniger als 60.000 Jahren Europa, Asien, Australien und beide amerikanischen Kontinente. Dabei verdrängte die Art allmählich offenbar auch die anderen Homininen. Nach dem Ende der letzten Eiszeit stieg der moderne Mensch schließlich in weniger als 12.000 Jahren zum Herrn des Planeten Erde auf.
Vielleicht hätte das evolutionäre Experiment „Vernunft“ auch in anderen Bauplänen des Lebens verwirklicht werden können. Am Ende des Mesozoikums wären dafür möglicherweise Raptoren infrage gekommen, wenn der Evolution mehr Zeit zur Verfügung gestanden hätte. Darüber hinaus gibt es auch einige vielversprechende evolutionäre Ansätze bei rezenten Arten wie beispielsweise Delfinen oder den Menschenaffen. Doch der Mensch mit seinen vielfältigen globalen und oft zerstörerischen Aktivitäten dürfte der biologischen Evolution für weitere Experimente in Sachen „Vernunft“ und „Verstand“ weder Zeit noch Raum lassen.
Im Gegenteil, dem homo sapiens wird vorgeworfen, durch seinen Aufstieg an die Spitze der irdischen Fauna ein schleichendes sechstes Massensterben ausgelöst zu haben. Diese Sichtweise mag im Kern berechtigt sein, doch kann die Situation mit den Szenarien bei früheren Katastrophen nicht gleichgesetzt werden. Die fortschreitende Zerstörung der irdischen Biosphäre und der unwiederbringliche Verlust von Biodiversität sind der vernunftbegabten Spezies bewusst. Zunehmendes ökologisches Denken führt dazu, dass die Menschheit durchaus bemüht ist, nachteilige Folgen menschlicher Aktivitäten bei der Eroberung und Ausgestaltung von Lebensräumen zu begrenzen. Ob diese Anstrengungen und Initiativen ausreichen oder wirksam genug sein werden, um das beschworene sechste Massensterben zu verhindern, ist jedoch mehr als fraglich. In Anbetracht des ungebremsten Bevölkerungswachstums scheint den Menschen nämlich die Zeit für einen effizienten Schutz der Biosphäre des Planeten und der Erhaltung ihrer Diversität mehr und mehr davonzulaufen. Die fatalen Folgen und bitteren Konsequenzen dieser bedenklichen Entwicklung werden allerdings erst künftige Generationen im vollen Umfang zu spüren bekommen. Für die Menschen der Gegenwart bleibt nur zu hoffen, dass die Nachgeborenen unsere Überheblichkeit, Fehler, Ignoranz und Untätigkeit nicht verfluchen werden!
Das gelungene evolutionäre Experiment der Erschaffung einer Spezies, die über einen Verstand verfügt und zur Vernunft befähigt ist, wirft viele Fragen auf. Erstmals in der langen evolutionären Geschichte des Lebens auf der Erde könnte ein Kind der Evolution auf den Gedanken kommen, seiner Schöpferin ins „Handwerk“ zu pfuschen und die weitere evolutionäre Entwicklung mitbestimmen zu wollen. Sollte man diesen Gedanken als eine schöpferische Posse abtun, eine evolutionäre Panne betrachten oder als einen Geniestreich in einem mehr oder minder zwangsläufigen Prozess verstehen? Wie auch immer man diese Frage beantworten mag, die Entstehung einer zur Selbsterkenntnis und zum höheren Denken befähigten Art eröffnete ein neues evolutionäres Szenario. Die Evolution hat damit Abläufe in Gang gesetzt, die nicht mehr allein ihren Regeln und Gesetzen unterliegen.
Seit etwa 100.000 Jahren wird die biologische Evolution der Homininen durch eine Entwicklung überlagert, die zunehmend an Dynamik gewinnt. Es handelt sich um die soziokulturelle Evolution der menschlichen Gesellschaft. Anfänglich war diese Dynamik gesellschaftlicher Entwicklung noch unbedeutend, doch in den letzten 10.000 Jahren hat sie sich zu der bestimmenden Komponente in der Entwicklung der Menschheit entwickelt. Die biologische Evolution der Gattung homo sapiens ist jedoch keineswegs beendet, denn sie setzt sich nach wie vor fort. Allerdings wirken ihre Mechanismen in einer Zeitskala von einigen Zehntausend bis Hunderttausend Jahren. Die soziokulturelle Evolution vollzieht sich dagegen in Jahrzehnten oder Jahrhunderten und scheint sich weiter zu beschleunigen. Damit läuft dieser evolutionäre Prozess etwa drei Größenordnungen schneller ab als biologische Anpassungen. Insofern tritt die biologische Optimierung der Art in einem überschaubaren Zeitmaßstab hinter die weitere Ausgestaltung gesellschaftlicher und zivilisatorischer Prozesse zurück. Für die evolutionäre Entwicklung der Menschheit ist es nicht wichtig, was der Art in einer Million Jahren widerfahren könnte. Für die Weiterentwicklung und das Fortbestehen der Kultur der Art homo sapiens sapiens sollten vielmehr die nächsten 5.000 bis 10.000 Jahre entscheidend sein. Wohin aber könnte die soziokulturelle Evolution die Menschheit führen? Freilich lassen sich dazu nur Spekulationen anstellen. Seriöse Prognosen sind bekanntermaßen, insbesondere, wenn sie die Zukunft betreffen, schwierig. Diese frappierende Erkenntnis eines Witzboldes wird Mark Twain oder Karl Valentin zugeschrieben. Sie sollte einen Visionär eigentlich davon abhalten, sich darin zu versuchen. Doch ohne sich in Details verlieren zu wollen, scheinen aus heutiger Sicht wohl drei grundsätzliche Szenarien denkbar zu sein. Dabei tut es nichts zur Sache, dass diese gedanklichen Ansätze einem Science-Fiction-Roman entsprungen sein könnten.
Szenario 1 (eine Endzeit-Version)
Auf der Erde findet eine weitgehend irreversible Zerstörung der Biosphäre mit katastrophalen Folgen für die globale Umwelt und die Lebensqualität der Menschen statt. Darüber hinaus haben sich die wichtigsten irdischen Ressourcen durch Raubbau total erschöpft und sind zu zivilisatorischen Streitobjekten geworden. Diese Prozesse lösen gesellschaftliche Konflikte aus, in deren Folge es zu einer verheerenden globalen Auslöschung von Leben, der Vernichtung zivilisatorischer Errungenschaften sowie einer Zerstörung der Umwelt, einschließlich der Atmosphäre, kommt.
Für eine weltweite Vernichtungsorgie von höherem Leben kommen auch kosmische Ursachen wie ein kolossales Impakt-Ereignis mit einem großen Asteroiden, eine nahe Supernova oder ein Treffer durch einen verheerenden Gamma-Blitz infrage. Schließlich ist auch eine apokalyptische Pandemie als Auslöser für einen drastischen Niedergang der menschlichen Zivilisation denkbar.
Wenn die Gattung homo sapiens diese evolutionäre Zäsur biologisch überstehen sollte, könnten sich archaisch anmutende, nachzivilisatorische Kulturen entwickeln. Sie werden über keine Hochtechnologien verfügen, keine nennenswerte wissenschaftliche Forschung betreiben und geistig-kulturell wohl überwiegend im Dunkel fatalistischer Religiosität versinken. In diesem „Endzeit-Szenario“ wird die soziokulturelle Evolution der Menschen auf einem sehr niedrigen Niveau verharren, wobei praktisch keine oder nur sehr ungewisse Perspektiven für einen erneuten soziokulturellen Aufschwung des homo sapiens bestehen. Das Risiko des Aussterbens der Art infolge von Krankheiten, Seuchen, Nahrungsmangel und abnehmender Fertilität dürfte in diesem Endzeit-Szenario beträchtlich sein. Angesichts der ausweglos erscheinenden zivilisatorischen Situation könnte die biologische Evolution über kurz oder lang wieder das Geschehen in einer sich vielleicht langsam erholenden Biosphäre des Planeten bestimmen. Wahrscheinlich wird sie dann, wie sie es auch früher schon nach anderen Massensterben auf der Erde getan hat, einen evolutionären Neustart des biologischen Lebens beginnen.
Szenario 2 (Variante „lichte Zukunft“)
Die Menschen können die soziokulturelle Evolution so steuern, dass die globalen Disproportionen in Bezug auf die Verteilung der Ressourcen (vor allem Wasser, Rohstoffe, fruchtbare Böden, Nahrungsquellen) verantwortungsbewusst und ökologisch vertretbar auf ein Maß allgemeiner Akzeptanz eingeschränkt werden. Darüber hinaus gelingt es durch einen fairen Handel sowie durch Transfer- und Ausgleichsmaßnahmen, weltweit annähernd gleiche Lebensverhältnisse herzustellen. Voraussetzung für das Gelingen einer solchen globalen Interessenübereinkunft ist jedoch die wirksame Begrenzung des ungehemmten Bevölkerungswachstums. Die demografische Fehlentwicklung ist nämlich die Hauptursache für die meisten zivilisatorisch bedingten und verursachten Übel (z. B. Raubbau, Massentierhaltung, Überfischung, Umweltverschmutzung, fehlende klimaneutrale Energieversorgung usw.). Neben der Abwendung der demografischen Katastrophe kann auch die soziale Frage (Gegensatz zwischen arm und reich) vom Grundsatz her gelöst werden.
Die technologische und wissenschaftliche Entwicklung schreitet weiter voran. Es wird zunehmend qualifizierte Raumfahrt betrieben, die auch den Abbau von Rohstoffen auf dem Mond oder nahen Asteroiden ermöglicht. Vielleicht lässt sich die ökologische Situation auf der Erde weiter wirksam entspannen, wenn durch eine Art Terraforming die Kolonisierung des Planeten Mars ermöglicht werden kann. In diesem Zukunftsszenario sollte die soziokulturelle Evolution trotz einer gewissen Bandbreite von verbleibenden gesellschaftlichen Konflikten vielleicht zu einer gesicherten Perspektive der menschlichen Zivilisation führen.
Szenario 3 (eine vermutlich realistische Version)
Es findet zwar keine dramatische, jedoch eine schleichende Zerstörung der Biosphäre des Planeten statt. Darüber hinaus gelingt es auch nicht, die soziokulturelle Evolution so zu steuern, dass die weltweiten gesellschaftlichen und zivilisatorischen Gradienten und Spannungen auf ein akzeptables Niveau abgebaut und grundlegende ökologische Probleme gelöst werden. Die Welt zerfällt in arme, reiche und aufstrebende Regionen, die sich mehr oder minder konfrontativ gegenüberstehen. Streitobjekte sind vor allem die noch verfügbaren Ressourcen (vor allem Energie, Wasser, Bodenschätze, Nahrungsquellen). Dabei kommt es vermutlich zu einer gesellschaftlichen Abschottung zwischen den unterschiedlichen Regionen, die durch historische, religiöse, kulturelle und anderweitige zivilisatorische Gründe begünstigt und beeinflusst wird. Die spannungsgeladene globale gesellschaftliche Situation könnte durch weltweiten Terrorismus, global organisierte Kriminalität und permanente unkalkulierbare Migrationsströme weiter destabilisiert werden.
Hochtechnologien, Wissenschaft und Raumfahrt dienen vor allem der Privilegierung bestimmter Schichten und Kulturkreise in den reichen Regionen und nicht der Lösung der weltweiten gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Probleme. Die soziokulturelle Evolution dürfte dabei eine weite Auffächerung oder Aufspaltung zeigen. Bei dieser Entwicklung wird es zwangsläufig Gewinner und Verlierer geben. Die gegenwärtige globale Situation der menschlichen Gesellschaft scheint in manchen Aspekten den Anfängen eines solchen Szenarios zu entsprechen. Die skizzierte soziokulturelle Entwicklung wird letztlich global zu einem instabilen gesellschaftspolitischen Zustand führen. Der fragile zivilisatorische Status quo mit seinen vielfältigen gesellschaftlichen Spannungen und Disproportionen dürfte irgendwann in einer dramatischen Situation enden und zu einer radikalen Umgestaltung führen.
In deren Ergebnis könnten große Bereiche der herkömmlichen Zivilisationsstrukturen verändert oder ausgelöscht werden und schließlich verschwinden. Eine verbleibende, vermutlich elitäre Minderheit wäre dann unter veränderten Randbedingungen vielleicht in der Lage, die soziokulturelle Evolution neu zu definieren und sie konzeptionell verändert fortführen. Die nachfolgende zivilisatorische Entwicklung wird dann von der Vernunft der gestaltenden gesellschaftlichen Kräfte, den noch nutzbaren Ressourcen, dem Regenerationsvermögen der Biosphäre sowie unkalkulierbaren Randbedingungen abhängig sein. In diesem Fall muss von einem wie auch immer gearteten Neustart der soziokulturellen Evolution der menschlichen Art auf einem niederen Niveau ausgegangen werden.
Bei all den spekulativen Betrachtungen zu den Perspektiven der soziokulturellen Evolution müssen sich die Menschen aber auch bewusst sein, dass ihre evolutionäre Zukunft in vielerlei Hinsicht ungewiss ist und nicht allein durch menschliches Handeln bestimmt wird.
Wir reisen auf der Erde mit der Sonne in etwa 230 Millionen Jahren um das Zentrum der Galaxis. Dabei oszilliert das Sonnensystem alle 30 bis 40 Millionen Jahre Dutzende von Lichtjahren durch die galaktische Ebene. Unser Stern hat in seiner Existenz von 4,6 Milliarden Jahren wohl gerade einmal 20 galaktische Umrundungen zustande gebracht. Da diese Bahn keine Kepler-Ellipse ist, durchquert das Sonnensystem auch immer wieder unbekannte interstellare Regionen. Wir können nicht ahnen, was in den langen galaktischen Jahren irgendwo und irgendwann da draußen an Gefahren für das Leben auf der Erde lauert.
Die Sonne könnte in den Einflussbereich einer schwarzen Singularität geraten oder eine galaktische Zone mit einer nahen Supernova durchqueren. Astronomen haben herausgefunden, dass die Lokale Blase, in die das Sonnensystem eingebettet ist, mit der Nachbarblase Loop I kollidiert ist. Dabei soll es vor ca. 2,5 und 7,5 Millionen Jahren zu zwei Supernova-Ereignissen gekommen sein. Berechnungen zufolge sind damals zwei Sterne von etwa neun Sonnenmassen in einem Abstand von weniger als 300 Lichtjahren zur Erde als Supernova aufgeleuchtet. Wäre diese Distanz eine Größenordnung geringer gewesen, hätte die irdische Biosphäre diese kosmischen Ereignisse wohl nicht unbeschadet überstanden!
Aber auch die astronomische Zukunft des Sonnensystems scheint keineswegs sicher zu sein. So soll uns in 10.000 Jahren die Sonne Proxima Centauri mit drei Lichtjahren ziemlich nahekommen und der heute noch zehn Lichtjahre entfernte Zwergstern Ross 248 wird in 33.000 Jahren ebenfalls nurmehr drei Lichtjahre vom heimischen Sonnensystem entfernt sein. Die Annäherung dieser Sterne könnte die Bahnen der äußeren Planeten durcheinanderbringen.
Nach der Prognose der Wissenschaftler werden wir uns ohnehin in der nahen Zukunft eines Kometensturms aus der Oortschen Wolke zu erwehren haben. Na und mit der Stabilität der Merkur-Bahn ist es ja auch so eine Sache!
Freilich kann es auch irgendwo und irgendwann in den galaktischen Weiten zu einem vernichtenden Angriff einer überlegenen feindlichen Spezies kommen. So ein Gedanke darf nicht von vornherein als eine bloße Science-Fiction-Idee abgetan werden. Zumindest ist ein derartiges Szenario nicht völlig auszuschließen, schließlich wissen wir nichts über die Moralauffassung, die ethischen Vorstellungen und die Mentalität einer hoch entwickelten außerirdischen Intelligenz.
Aber tödliche Gefahren lauern auch unter der Oberfläche unseres Planeten Erde. So könnte der Ausbruch eines Supervulkans, wie beispielsweise desjenigen, der unter dem Yellowstone-Areal lokalisiert ist, kontinentale Verwüstungen verursachen, die das globale Klima auch langfristig umgestalten. Solche geophysikalischen Vorgänge würden gesellschaftspolitische Veränderungen nach sich ziehen und die zivilisatorischen Karten auf dem Planeten neu mischen.
Doch unabhängig von allen denkbaren Katastrophen und den Risiken der weiteren zivilisatorischen Entwicklung der Menschen wird die biologische Evolution ihr Wirken auf dem Planeten fortsetzen. Sie wird tun, was sie immer schon getan hat: Baupläne des Lebens entwerfen und biologische Architekturen verändern, anpassen und optimieren, Nischen besetzen und frei gewordene Lebensräume mit neuen Innovationen erobern. Vielleicht hat sie dabei noch ein paar wirklich geniale Einfälle!
Die geotektonischen Prozesse werden fortschreiten und vermutlich in 200 Millionen Jahren Erdteile und Inseln wieder zu einem Superkontinent vereinen. Dabei können Meere oder und Ozeane verschwinden, Bergketten versinken und neue Gebirge in den Himmel wachsen. Das globale Klima wird weitgehend von diesen Prozessen, vielleicht auch durch menschliche Aktivitäten, aber maßgeblich von der Sonne bestimmt werden. Insofern dürften transozeanische Strömungen und Vulkanismus, Wüsten und Wälder, Dürren und Dauerregen sowie Eiszeiten und Warmzeiten auch in Zukunft entstehen und vergehen und das Antlitz des Planeten formen und verändern. Eines Tages dürfte allerdings die Zeit kommen, in der die Sonne der Evolution auf der Erde endgültig das Handwerk legen wird. Dieser Prozess könnte bereits in 900 Millionen Jahren seinen Anfang nehmen, wenn die mittlere Temperatur auf dem Planeten über den für höheres Leben kritischen Wert von 30 °C ansteigt. Eine weitere Milliarde Jahre später prognostizieren die Experten einen Temperaturanstieg auf 100 °C. Dann werden die Ozeane bereits weitgehend verdampft sein und niedere Lebensformen nur noch in Nischen existieren. Schließlich wird das Aufleuchten der Sonne zu einem roten Riesenstern das Leben auf dem Planeten Erde endgültig auslöschen.
Die von der Evolution auf der Erde geschriebene Schöpfungs- und Entwicklungsgeschichte des Lebens könnte ihrer Schönheit und Einmaligkeit wegen aber zuvor zu einer himmlischen Legende geworden sein. Möglicherweise haben Sonnenwinde oder Sternenstürme die märchenhafte Geschichte vom Werden und Vergehen des irdischen Lebens dann längst in die galaktischen Weiten der Milchstraße verweht. Wer weiß, aber dort mögen vielleicht fremde Geschöpfe aus anderen Zeiten dem Raunen, Wispern und Flüstern des Alls lauschen:
„… es war einmal ein Archipel in Raum und Zeit, dem die Menschen den Namen Milchstraße gegeben hatten. Die große Balkenspirale mit über 150 Milliarden Sternen, einem Durchmesser von reichlich 120.000 Lichtjahren und einem Halo mit fast 200 uralten Kugelsternhaufen leuchtete eindrucksvoll am Himmel. Die majestätische Galaxie wurde von einem Dutzend Zwerggalaxien wie dem Dreiecks-Nebel, den Magellanschen Wolken und der diffusen Antlia-Formation begleitet.
In der Milchstraßen-Galaxie glühte einst zwischen den Spiralen Sagittarius und Perseus am inneren Rand des Orionarmes ein Stern vom Spektraltyp G 2/V. Die gelbe Sonne konnte dem Leben auf dem dritten Planeten ihres solaren Systems fast fünf Milliarden Jahre eine Heimstatt geben. In diesem langen Zeitraum erschuf die Evolution eine faszinierende Welt organischen Lebens. Trotz mehrerer Massensterben aufgrund von Katastrophen mit globalen Auswirkungen hat die Evolution das Leben auf dem Planeten Erde beschützt, umsorgt, bewahrt und nicht untergehen lassen. Der Architektin und Baumeisterin des Lebens ist sogar die Schöpfung einer mit Vernunft begabten Art gelungen. Diese Spezies hat eine beachtliche zivilisatorische Entwicklung genommen und scheint schließlich auch in die interstellaren Weiten aufgebrochen zu sein. Doch wer weiß, diese einzigartige Welt voller Leben wird in der Nova ihrer roten Sonne bestimmt längst untergegangen sein …?“
Astronomischen Prognosen zufolge soll sich die Milchstraße in etwa 1,5 Milliarden Jahren die große Magellansche Wolke einverleiben. Dann könnte die schwarze Singularität im Zentrum der Galaxie zu einem aktiven Quasar mit vielleicht Milliarden Sonnenmassen anwachsen. 2,5 Milliarden Jahre später wird der Beginn der Vereinigung zwischen der Milchstraßen- und Andromeda-Galaxie prognostiziert. Bei diesem Prozess dürfte eine riesige elliptische Sterneninsel entstehen. Diesem gewaltigen Archipel in Raum und Zeit haben die Menschen sogar schon den Namen Milkomeda gegeben. Ob sich angesichts dieser künftigen dramatischen Ereignisse am Himmel der lokalen Gruppe dann noch irgendjemand an die Legende vom Wunder des Lebens auf der Erde erinnern wird?
Die Zeit steht im Ruf, unerbittlich und gnadenlos zu sein, weil sie stets nur unaufhaltsam verrinnt und lediglich im Ereignishorizont eines Schwarzen Loches eine Weile angehalten werden kann. Die Zeit mag auf ihre Art aber auch gerecht sein, denn ein Menschenleben, die Lebensspanne einer Art, die Dauer eines Zeitalters, die Tage einer Sonne, ja sogar die Stabilität einer schwarzen Singularität und selbst die Existenz eines ganzen Universums mögen begrenzt sein und irgendwann ein Ende finden. Schlichtweg scheint ein jegliches seine Zeit zu haben. Aber kann die zeitliche Endlichkeit des Seins schlechthin den Menschen wirklich Trost spenden?
Wer weiß? Doch die Legende von der untergegangenen Schönheit des irdischen Lebens scheint auch irgendwann und irgendwo einen evolutionären Neubeginn zu verheißen. Vielleicht ist es ein Trost und Wunder zugleich, davon träumen zu dürfen!
Legende vom irdischen Leben
Einst leuchtete ein Archipel in Raum und Zeit,
den Legenden Milchstraße genannt hatten.
Die Galaxie war eine der schönsten weit und breit.
Ihr Glanz überstrahlte am Himmel die Schatten.