Kitabı oku: «Bevor er Tötet», sayfa 15
KAPITEL DREIUNDDREISSIG
Der Zaun war alt und rostig, genau wie alles andere in dieser gottverlassenen Straße. Sie spürte, wie der Rost in ihre Finger schnitt, aber immerhin gab der Zaun durch den Rost kein Geräusch von sich, als sie hinaufkletterte. Der Zaun war zwei bis zweieinhalb Meter hoch und schon bald erreichte sie die Spitze.
Sie warf ein Bein darüber, balancierte und zog das andere hinterher.
Dann stieß sie sich in einer einzigen Bewegung von dem Zaun ab, sprang herunter und landete mit einem dumpfen Geräusch im Hof.
Sofort zog sie ihre Glock aus dem Halfter und schlich sich in geduckter Haltung zu dem kleinen Schuppen. Als sie an der Tür ankam, richtete sie sich leicht auf und suchte nach einem Punkt, an dem sich das Holz verzogen hatte, sodass sie hineinspähen konnte. Sie fand eine Stelle etwa auf Augenhöhe und schaute in den Raum hinein.
Als erstes fiel ihr die Stange auf, die direkt in der Mitte des Schuppens stand. Dann fiel ein Schatten darauf, der von dem Mann stammte, der sie errichtet hatte. Zuerst sah sie die Frau, die mit ihren Beinen in die Luft trat, und von einem Mann von hinten festgehalten wurde. Die Frau war bis auf einen Knebel in ihrem Mund nackt, der ihre Schreie erstickte, die sie bei ihrem Kampf ausstieß.
Der Mann, über dessen Schulter ein Seil wie eine Schlange geschlungen war, zog sie in Richtung der Stange.
Mackenzies Herz schlug so schnell, dass sie kaum hören konnte, was vor sich ging, doch sie hatte genug gesehen. Sie wusste, dass sie schnell handeln musste, sie musste die Türe aufziehen und mit erhobener Waffe hineinstürmen, bevor der Kerl verstand, was geschah.
Das wäre natürlich einfacher, wenn man Hilfe hätte, dachte sie und bereute plötzlich, dass sie alleine hierhergefahren war.
Sie legte ihre Hand auf die rostige Türklinke. Als sie sie umfasste, wurde sie von einem abscheulichen Gedanken erfasst. Was, wenn sie von innen verschlossen ist?
Sie holte tief Luft, hielt den Atem an und stieß ihn erst dann wieder aus, als sie die Tür aufriss.
Sie sprang mit erhobener Waffe hinein.
„Polizei! Legen Sie die Waffe weg und heben sie Ihre Hände – “
Sobald sie eintrat, wusste sie, dass sie einen Fehler begangen hatte, denn der Boden unter ihren Füßen fühlte sich seltsam an. Und dann ertönte ein Geräusch, das keinen Sinn ergab.
Mackenzie schaute eine Millisekunde nach unten und wandte ihren Blick von dem Mann vor ihr ab. Dabei entdeckte sie, dass der Boden mit einer Plastikplane ausgelegt war, auf der sie stand. Und obwohl sie weniger als eine Sekunde für diese Erkenntnis brauchte, war es eine Sekunde zu viel.
Die finstere Gestalt vor ihr ging sofort in die Hocke, krallte seine Hände in die Plastikplane und zog mit voller Kraft daran.
Mackenzie spürte, wie sich der Boden bewegte. Das Plastik, auf dem sie stand, wurde mit einem Ruck zu ihm gezogen, sodass sie ihren Halt verlor und zu Boden fiel.
Der Mann schubste die nackte Frau in ihre Richtung, welche direkt auf ihr landete.
Leicht benebelt schob Mackenzie die Frau hektisch von sich herunter, doch im selben Moment stürzte sich der Mann auf sie und schlug mit seinen Fäusten auf sie ein. Mackenzie hatte sich gerade halb aufgerichtet, als er sie direkt zwischen die Augen traf, weshalb sie wieder nach hinten umkippte.
Als sie hinfiel, erhaschte Mackenzie ihren ersten Blick auf den Mörder. Er war in seinen Vierzigern und hatte nur noch wenig Haare. Seine Augen strahlen in einem elektrischen Blau und hatten den Ausdruck eines verrückten Tieres, das zu lange eingesperrt war, jedoch eine gute Vorstellung von der Freiheit hatte. Er war klein und stämmig. Mackenzie vermutete, dass sich unter seinem Hemd mehr Muskeln versteckten als es den Anschein machte. Der Schlag, den er ihr versetzt hatte, bestätigte sie in dieser Annahme.
Jetzt ging er mit einer Schnelligkeit auf sie zu, die in dem beengten Raum des kleinen Schuppens unmöglich schien. Er hatte etwas in seine Hand, das durch die Dunkelheit glitt. Alas er seinen Arm hob, erkannte Mackenzie, was es war. Sie sah das gespaltene Ende auf sich zurasen.
Mackenzie rollte sich gerad noch rechtzeitig weg.
Die Peitsche traf mit einem lauten Schlag weniger als fünf Zentimeter neben Mackenzies rechtem Ohr auf den Boden. Das Geräusch war ohrenbetäubend.
Der Mörder hob die Peitsche erneut hoch, diesmal zielte er direkt auf Mackenzie.
Doch nun hob sie ihre Waffe, stabilisierte ihre Hand und drückte ab.
Seine Armbewegung beim Schwingen der Peitsche führte dazu, dass sie ihr eigentliches Ziel verfehlte und ihn in die Schulter statt ins Herz traf.
Er ließ die Peitsche fallen und stolperte vor, wobei er Mackenzie ansah, als ob ihn die bloße Vorstellung einer Pistole absurd erschien.
Trotzdem ließ er sich davon nicht aus der Fassung bringen. Er langte nach ihr und nach ihrer Waffe. Mackenzie schoss erneut ab, diesmal erwischte sie seinen rechten Arm, als er sich auf sie stürzte.
Er warf sich mit seinem gesamten Gewicht auf sie, was einen starken Schmerz in ihrem Körper auslöste. Instinktiv öffneten sich ihre Hände und die Glock fiel auf den Boden.
Sobald sie hörte, wie die Waffe auf den Boden fiel, richtete sich der Mörder auf und zog seine Hand zurück. Doch bevor er sie wieder herunterbringen konnte, boxte sie ihn in den Bauch. Doch da sie mit dem Rücken auf dem Boden lag, hatte sie nicht genug Kraft, weshalb sie nur seinen Schlag abwehren konnte. Als er auf sie einschlagen wollte, trag seine Faust auf ihre Schulter, gleichzeitig drehte Mackenzie auf die Seite und versetzte ihm mit ihrem Ellbogen einen kräftigen Stoß seitlich ans Kinn.
Er glitt von ihr herunter und sie griff sofort nach der Glock.
Als Mackenzie ihre Waffe wiederhatte, rannte der Mörder davon. Sie hob die Glock hoch und zielte auf die Tür, gerade, als er hinausschlüpfte. Fast hätte sie abgefeuert, doch die nackte Frau war im Weg.
Mackenzie sprang auf die Füße und schaute die nackte, zitternde und noch immer gefesselte Frau an.
„Bleib hier“, sagte Mackenzie. „Ich hole dich dann.“
Die Frau nickte und Mackenzie sah etwas Gebrochenes in den Augen der Frau. Die Ereignisse dieser Nacht, egal mit welchem Ausgang, würden diese arme, junge Frau für den Rest ihres Lebens verfolgen.
Durch diesen schauerlichen Gedanken angetrieben, rannte Mackenzie gerade noch rechtzeitig aus dem Schuppen, um die Hintertür des Hauses zufallen zu sehen. Mackenzie nahm sofort die Verfolgung auf und rechnete schon damit, dass die Hintertür verschlossen war.
Doch als sie den Türknauf drehte, gab er nach. Die Hintertür öffnete sich und gab den Blick auf einen Flur frei, der in eine dunkle Küche führte.
Das war Absicht, dachte sie. Er will, dass ich ihm hineinfolge.
Sie dachte nur einen kurzen Moment darüber nach, bevor sie eintrat und sich mit erhobener Waffe in die Dunkelheit begab.
KAPITEL VIERUNDDREISSIG
Mackenzie trat in die Küche und erkannte sofort, dass es den Mann nicht sonderlich kümmerte, wie er lebte. Der Geruch nach verdorbenem Essen lag in der Luft und vermischte sich mit Staub und dem Körpergeruch eines alten Menschen. Sie spürte, wie ihre Hand feucht wurde und ihr Herz schnell schlug, weil sie wusste, dass die Chance bestand, in diesem Haus zu sterben, weshalb sie versuche, ihren Griff um die Waffe zu festigen.
Mackenzie schlich durch die Küche und lauschte nach Geräuschen im Haus. Nun, da sie im Haus waren, wusste sie, dass sie keine Kontrolle über das hatte, welche Waffen dem Täter zur Verfügung standen. Er konnte zum Beispiel gerade seine eigene Waffe holen.
Mackenzie erreichte das Ende der Küche, wo sie ein dunkler Flur erwartete. Auf halber Höhe führte eine Holztreppe ins obere Stockwerk. Der Mörder war hier im Vorteil und das wusste sie. Es wäre dumm, einfach den Flur entlang zu gehen. Sie schaute nach rechts und entdeckte ein Wohnzimmer, das von einer kleinen Lampe auf einem Tisch beleuchtet wurde, auf dem eine weitere Bibel lag. Aus dieser ragte ein Lesezeichen, daneben lagen ein Stift und ein Notizblock.
Von oben ertönte ein leises Knarzen der Dielen, das die Position des Mörders preisgab. Mackenzie handelte schnell, denn sie wollte ihn überraschen.
Jetzt oder nie, dachte sie.
Innerhalb von weniger als drei Sekunden rannt sie den Flur entlang und die Treppe halb hinauf. Dort hielt sie inne und starrte in die Dunkelheit über ihr. Ihre Augen begannen sich an die Lichtverhältnisse gewöhnen und sie dachte, dass es sicher wäre, weshalb sie weiter hinaufgehen wollte.
Doch plötzlich hörte sie Schritte aus der Küche. Verwirrt schaute Mackenzie die Treppe hinunter, gerade rechtzeitig, um zu sehen, dass das Opfer zur Treppe kam. In ihren Augen lag Wahnsinn, und Mackenzie war etwas von der Tatsache verwirrt, mitten in einer solch angespannten Situation eine attraktive, nur in Unterwäsche gekleidete Frau zu sehen.
„Bitte“, sagte die Frau. „Sie müssen die Polizei rufen. Ich kann nicht – “
Doch sie hatte keine Chance, ihren Satz zu beenden. Stattdessen schrie sie und ihre Augen richteten sich auf etwas über Mackenzie. Diese drehte sich blitzschnell um und sah, dass die Figur des Mörders mit solcher Geschwindigkeit auf sie zuflog, dass Mackenzie kaum Zeit hatte, ihre Pistole hochzureißen.
Zisch!
Die Peitsche traf sie und die Knöchel ihrer rechten Hand explodierten fast vor Schmerz, kurz darauf folgte ein brennender Schmerz an ihrer linken Wange, als er erneut zuschlug.
Sie spürte sofort das Blut fließen, dass über ihre Finger und das Gesicht strömte. Sie sah ihn auf sich zukommen, Stufe um Stufe, weshalb sie blind abdrückte, doch sie wusste, dass der Schmerz in ihrer Hand ihre Zielgenauigkeit beeinträchtigte.
Trotzdem hörte sie ihn vor Schmerz aufschreien, da ihn einer der Schüsse in den Bauch getroffen hatte.
Erstaunlicherweise bremste dies seinen Schlag jedoch kaum. Wieder stieß er mit seinem gesamten Gewicht gegen sie, weshalb sie rückwärts die Treppe hinunterfiel.
Sie wollte sich an der Wand festhalten, doch es nützte nichts. Stattdessen verlor sie nur ihre Waffe. Sowohl der Mörder als auch Mackenzie fielen die Treppen hinunter und als Mackenzie mit dem Rücken aufschlug, spürte sie wie ihr der Atem genommen wurde.
Sie rollten die restlichen Stufen in einem Knäuel aus Armen und Beinen hinunter. Als sie schließlich am Boden ankamen, bestand Mackenzies Rücken nur noch aus Schmerz und das Blut aus ihrem Gesicht bedeckte auch ihren Hals und tränkte ihr T-Shirt.
Nun rappelte sich der Mörder auf die Füße, wobei der dieselbe Peitsche anhob, mit der er sie auf der Treppe angegriffen hatte. Er drehte sich um und peitschte das eigentliche Objekt seiner Verrücktheit, die Frau in dem rosa BH, die vor Angst erstarrt dort stand und zusah. Seine Waffe traf auf ihre Schulter, wo sich sofort ein roter Striemen bildete und das Blut an die Wand im Flur spritzte.
Da die Frau heulend zu Boden fiel, versuchte Mackenzie einen eigenen Angriff zu starten, doch ihr Rücken schien nicht mitarbeiten zu wollen. Sie fühlte sich gelähmt und fragte sich, ob beim Sturz auf der Treppe wohl die Wirbelsäule beschädigt worden war.
Der Mörder richtete seine Aufmerksamkeit nun auf sie und holte erneut mit der Peitsche aus. Das Lächeln auf seinem Gesicht war das eines Wahnsinnigen aus einem Alptraum.
„Ich werde in deinem Namen eine Stadt erbauen“, sagte er, als er sich darauf vorbereitete, sie mit der Peitsche zu schlagen.
Mackenzie konnte nur zusammenzucken und auf das Auftreffen der Peitsche auf ihrer Haut zu warten, das von einem beängstigenden Zischen begleitet und ihre Haut in Stücke reißen würde, womit sie für immer entstellt wäre. Sie fragte sich, wie sich aussehen würde, wenn er fertig war – wenn sie denn überhaupt überlebte.
Plötzlich drang ein lautes Geräusch aus der Küche. Mackenzie verstand nicht, was es war, bis ein weiterer Mensch im Flur auftauchte. Er rannte den Gang entlang und stürzte sich auf den Mörder.
Dieser wurde mitten in der Bewegung zu Boden geworfen. Erst als die beiden Menschen miteinander rangen, erkannte Mackenzie schockiert, wer die andere Person war.
Porter.
Das ergab keinen Sinn. Ein Teil von Mackenzie fragte sich, ob sie sich bei dem Sturz die Treppe hinunter ihren Kopf gestoßen hatte und nun Wahnvorstellungen hatte.
Doch als ihr Körper ihr allmählich wieder gehorchte und sie sich mit schweren Bewegungen auf die Knie aufrappelte, sah sie, was vor ihr geschah. Porter hatte sie gerettet. Jetzt kämpfte er mit dem Mörder, wobei er auf diesem saß und ihm einen rechten Kinnhaken gab.
Obwohl sich schwarze Punkte in ihren Blick drängten, suchte Mackenzie nach ihrer Waffe. Es fühlte sich so an, als würde der Boden schwanken und mittlerweile konnte ihr eigenes Blut sogar riechen. Es floss aus ihrer Wange wie ein Fluss und –
Plötzlich sah sie ihre Waffe. Sie befand sich nur wenige Zentimeter von der Hand des Mörders entfernt, welcher sich anstrengte, danach zu greifen.
„Porter“, krächzte sie, denn ihre Beine waren immer noch zu schwach, als dass sie ihnen hätte vertrauen können.
Sie versuchte, vorzustoßen, doch ihr Rücken blockierte, weshalb sie mit schmerzverzerrtem Gesicht wieder auf die Knie fiel. Sie konnte nur hilflos dabei zusehen, wie der Mörder nach ihrer Glock griff.
Porter erkannte das zur selben Zeit, weshalb er sich streckte, um zu vermeiden, dass der Mörder die Waffe in eine Position bringen konnte, die es ihm ermöglichen würde, abzudrücken.
Doch Porter verlor auf dem Mörder sein Gleichgewicht. Gleichzeitig nutzte dieser die Situation aus, indem er Porter von sich herunterrollte und nach der Waffe griff.
Dann stand er auf und drückte ab.
Das Geräusch war ohrenbetäubend und Porters Schmerzensschrei viel zu kurz. Mackenzies Herz setzte einen Schlag aus, denn sie hoffte, dass es nicht das bedeutete, was sie dachte.
Mackenzie ignorierte den beißenden Schmerz in ihrem Rücken und stolperte vor. Der Mörder stand dort, sein Gesicht war durch Porters Angriff nun ebenfalls blutig, und Mackenzie attackierte ihn von hinten, wobei sei ihm ihren Ellbogen hart zwischen seine Schultern stieß.
Er fiel zu Boden und ließ die Waffe los.
Mackenzie schrie auf, da der Schmerz in ihrem Rücken unerträglich wurde, als sie dem Mann ihr Knie in den Rücken stieß. Sie konnte praktisch spüren, wie die Luft aus seinen Lungen wich, weshalb sie die Situation sofort ausnutze.
Sie legte ihre Hände auf beide Seiten seines Kopfes, wobei ihre rechte Hand durch seinen Peitschenangriff blutüberströmt war, und hob ihn ein paar Zentimeter vom Boden an. Dann schlug sie seinen Kopf mit einem Schrei, ausgelöst durch Schmerz, Frustration und ihrem Sieg, auf den Holzboden.
Er stöhnte und schnappte nach Luft.
Sie tat es wieder, schnell wie eine Maschine. Auf und ab.
Diesmal gab er kein Geräusch mehr von sich.
Sie rollte sich von seinem Rücken und lehnte sich an die Wand. Dann rutschte sie zu Porter und ihr Herz ging auf, als sie sah, dass er sich bewegte. An der linken Seite seines Kopfes sammelte sich Blut und er drückte eine Hand an sein Ohr wie ein verängstigtes Kind.
„Porter?“
Er antwortete nicht. Jedoch rollte er sich herum und sah sie an.
„White?“
Er schaute besorgt aus, als er sich das Blut aus dem Gesicht wischte.
„Die verdammte Pistole feuerte direkt neben meinem Ohr ab“, sagte er mit lauter Stimme. „Ich kann nichts hören.“
Sie nickte, streckte ihren Rücken und versuchte, den Schmerz loszuwerden. Doch er wollte nicht weggehen, so kam es ihr zumindest vor. Sie legte ihre Hand auf den Hals des Mörders. Wegen ihres eigenen schnellen Herzschlags konnte sie seinen nur schwer feststellen, doch sie war sich ziemlich sicher, dass er noch einen hatte.
Dann legte sich Mackenzie neben Porter auf den Boden und holte ihr Handy aus der hinteren Tasche ihrer Hose. Sie suchte Nelsons Nummer, wobei ihre Hand blutige Streifen auf dem ganzen Telefon hinterließ.
Als das Telefon zu währen begann, tastete sie mit ihrer freien Hand herum und fand schließlich die von Porter. Sie drückte sie und trotz des Blutes, das an ihren Fingern klebte, erwiderte Porter den Druck.
KAPITEL FÜNFUNDDREISSIG
Drei Tage, nachdem der Vogelscheuchen-Mörder verhaftet genommen worden war, kehrte Mackenzie in dasselbe Krankenhaus zurück, aus dem sie vor gerade einmal zwei Tagen mit vierzehn Stichen an ihrer Wange und fünf auf ihrer rechten Hand entlassen worden war. Sie ging in den zweiten Stock und betrat den Raum, in dem Porter lag. Ihn in einem Krankenhausbett liegen zu sehen, brach ihr das Herz, vor allem, wenn man bedachte, wie er hier gelandet war.
Er lächelte sie an, als sie eintrat. An der linken Seite seines Kopfes lag ein dicker Verband, doch sie war erleichtert zu sehen, dass, im Gegensatz dem letzten Mal, als sie ihn gesehen hatte, nun keine Nadeln mehr in seinen Armen steckten.
„Da ist sie ja“, sagte Porter.
Sie lächelte und war immer noch erstaunt, wie sehr sich ihre Beziehung verändert hatte.
„Wie geht es dir, Porter?“
„Also, die gute Nachricht, dass ich dich hören kann, was mir die Ärzte vor zwei Tagen noch nicht versprechen konnten. Die schlechte Nachricht ist, dass ich dich nicht sonderlich gut hören kann. Das schlimmste, was passieren kann, ist, dass ich auf dem einen Ohr nie wieder so gut werde hören können wie zuvor. Es scheint, dass die Kugel den oberen Teil abgerissen hat.“
„Das tut mir leid.“
„Was hätte ich denn tun sollen?“, fragte Porter, leicht verstimmt. „Dein FBI Kumpel rief mich an und meinte, dass du diesen Kerl ganz alleine fassen willst. Ich musste helfen.“
Sie schüttelte den Kopf und drückte seine Hand.
„Wie hast du mich eigentlich gefunden?“
„Es könnte sein, dass ich in dein Haus eingebrochen bin“, antwortete Porter mit einem gerissenen Lächeln. „Ich sah deine Karte, auf der das Zentrum der Städte eingezeichnet war. Als ich dann in die Gegend kam, hörte ich Pistolenschüsse – ich schätze, da hast du ihn gerade in dem Schuppen überwältigen wolltest. Von da an folgte ich einfach den Geräuschen.“
„Porter, vielen Dank. Ich wäre gestorben – “
Er schüttelte mit zusammengepresstem Kiefer den Kopf.
„Auf keinen Fall“, widersprach er. „Du hättest ihn irgendwie überwältigt.“
Mackenzie nickte, denn sein Kompliment bedeutete ihr viel, doch sie war sich da nicht so sicher. Wenn sie die Augen schloss, konnte sie immer noch das Gesicht des Mörders vor sich sehen, als er sich darauf vorbereitete, sie umzubringen. In den letzten beiden Nächten war sie durch eine Panikattacke verschwitzt und alleine in ihrem Bett aufgewacht und nun fragte sie sich, ob sie die Erinnerung jemals vergessen würde.
Sie war in ihren Gedanken verloren und merkte nicht, wie viel Zeit verstrichen war, als Porter weitersprach.
„Wie geht es deinem Rücken?“, fragte er, womit er das Thema wechselte, wahrscheinlich, weil er sah, dass etwas in ihr geschah.
Sie lächelte und zwang sich aus ihren Erinnerungen. Schließlich war sie hierhergekommen, um Porter beizustehen, das war das Mindeste, was sie ihm schuldete.
„Ich hatte heute Morgen meinen Abschluss-Röntgentest“, erwiderte sie. „Alles ist in Ordnung. Keine Wirbelsäulenverletzung, nur eine starke Verstauchung. Ich hatte Glück.“
„Wenn man die Stiche in deinem Gesicht und mein entstelltes Ohr betrachtet, dann würde ich nicht das Wort Glück verwenden.“
Mackenzie ging zu dem Besucherstuhl am Kopfende des Bettes und schaute ihn so ernst an wie es ihr möglich war.
„Ich bin gekommen, um mich zu bedanken“, sagte sie. „Und um mich zu verabschieden.“
Er schaute alarmiert auf.
„Verabschieden?“
Sie straffte sich.
„Ja. Nelson musste eine schwere Entscheidung treffen. Als herauskam, dass ich den Mörder fasste, nachdem ich von dem Fall abgezogen worden war, wurde es hässlich.“
„Er hat dich wirklich rausgeworfen?“
„Nein. Er hat mich für sechs Monate suspendiert. Danach habe ich gekündigt.“
Porter setzte sich im Bett auf, wobei er das Gesicht verzog, doch er schaffe es trotzdem noch, sie finster anzusehen.
„Warum zur Hölle hast du das getan?“
Sie schaute zu Boden, denn sie wusste nicht, wie sie es erklären sollte.
„Weil ich zu viel Zeit damit verschwendet habe, zu beweisen, dass ich kein junges, naives Mädchen bin, das versucht, eine zum Großteil aus Männern bestehende Polizeiwache zu übernehmen. Wenn man nun noch hinzuzählt, dass ich mich den Anweisungen des Polizeichefs widersetzte, werde ich noch lange daran arbeiten müssen, bis ich das geschafft habe.“
Er runzelte die Stirn und schwieg lange Zeit.
„Was hast du jetzt vor?“, wollte er wissen. „Du bist ein zu guter Detective, um einen anderen Weg einzuschlagen.“
Sie lächelte und sagte: „Ich ziehe andere Möglichkeiten in Betracht.“
Er grinste sie an und gluckste.
„Du gehst zum FBI, nicht wahr?“
Sie war sich sicher, dass sie ihren Schock nicht verbergen konnte, und erwiderte sein Lächeln, als er nach ihrer Hand griff. Es erinnerte sie an ihren letzten bewussten Moment in dem Haus des Mörders und wollte ihm erzählen, was sie für ihre Zukunft geplant hatte. Jedoch blieb sie still. Jetzt war nicht die Zeit dafür.
Er hatte den Nagel auf den Kopf getroffen und sie damit überrascht. War er schon immer so scharfsinnig gewesen? Hatte er die ganze Zeit seine wahre Haltung ihr gegenüber, nämlich die eines besorgten Freundes, unter seinen schneidenden Bemerkungen und seiner Ungeduld versteckt?
„Das machst du wirklich“, bemerkte er. „Gut für dich. Lass uns ehrlich sein – du gehörst dort hin. Du warst schon immer zu gut für diesen Ort hier. Das weiß ich und du solltest das besser auch erkennen. Ich habe dich immer so sehr herausgefordert, weil ich wollte, dass du noch besser wirst. Ich wollte, dass du hier wegkommst. Und es scheint, als hätte ich mein Ziel erreicht.“
Sie hatte eine Zurechtweisung erwartet, und war von seiner Wärme und seiner echten Freude für sie tief berührt und erleichtert.
Zum ersten Mal seit langer Zeit spürte sie Tränen der Dankbarkeit. Sie schaffte es jedoch, sich zu beherrschen und ließ stattdessen die Stille für sie sprechen, während sich ihre Hände fest in einem Zeichen der Freundschaft umschlossen, die sich viel zu spät entwickelt hatte.