Kitabı oku: «Verschwunden», sayfa 12

Yazı tipi:

Kapitel 24

Es wurde bereits dunkel als Riley in Glendive ankam. Es war ein langer Tag gewesen und sie war verzweifelt. Die Zeit verging zu schnell und so auch jede Möglichkeit lebensrettende Hinweise zu finden.

Glendive war die achte Stadt auf ihrer Route. Riley war in jedem Laden gewesen, der Spielzeug und Puppen verkaufte und hatte jeden befragt, der sich bereit erklärte mit ihr zu reden. Sie war sich sicher, dass sie den richtigen Laden noch nicht gefunden hatte.

Niemand erinnerte sich daran die Frauen in den Fotos gesehen zu haben. Natürlich waren die Frauen mit einem ähnlichen Alter und Aussehen, wie die Großzahl der Kunden, die jeder Laden hatte. Auch keine der Puppen, die ausgestellt waren, schienen Riley die Inspiration für die Positionierung der Opfer zu sein.

Als sie durch die Hauptstraße von Glendive fuhr, hatte Riley ein seltsames Gefühl von Déjà-vu. Die Straße sah aus wie in jeder der anderen Städte, mit einer kleinen Kirche neben einem Kleinstadtkino und einem Supermarkt. Alle Städte flossen in ihrem ermüdeten Geist ineinander über.

Was habe ich mir nur gedacht? fragte sie sich selbst.

Am letzten Abend hatte sie sich nach Schlaf gesehnt und ihre verschriebenen Beruhigungsmittel genommen. Das war keine schlechte Idee gewesen. Aber sie mit einer Reihe von Whiskeys zu begießen, schon. Jetzt hatte sie heftige Kopfschmerzen, aber sie konnte nicht aufhören.

Sie parkte ihren Wagen neben dem Geschäft, das sie sich als nächstes angucken wollte. Das letzte Tageslicht verschwand langsam und sie seufzte entmutigt. Sie hatte noch eine weitere Stadt mit einem weiteren Laden, die sie heute überprüfen musste. Es würde noch mindestens weitere drei Stunden dauern, bis sie April bei Ryan abholen konnte. Wie viele Nächte war sie jetzt schon zu spät gekommen?

Sie nahm ihr Handy aus der Tasche und rief bei ihm an. Gegen alle Wahrscheinlichkeit hoffte sie, dass Gabriela antworten würde. Stattdessen hörte sie Ryans Stimme.

“Worum geht es Riley?” fragte er.

“Ryan,” sprudelte Riley hervor. “Es tut mir so leid, aber—”

“Du kommst wieder zu spät,” beendete Ryan ihren Satz.

“Ja,” sagte Riley. “Es tut mir leid.”

Schweigen.

“Es ist wirklich wichtig,” sagte Riley schließlich. “Das Leben einer Frau ist in Gefahr. Ich muss das einfach tun.”

“Das habe ich schon mal gehört,” sagte er mit missbilligender Stimme. “Es geht immer um Leben und Tod. Fein, tu was du tun musst. Ich fange mich allerdings an zu fragen, warum du dir überhaupt die Mühe machst April abzuholen. Sie könnte genauso gut hierbleiben.”

Riley fühlte wie sich ihre Kehle zusammenzog. Genau wie sie es befürchtete hatte, klang Ryan, als würde er sich auf einen Sorgerechtsstreit einstellen. Und das nicht aus dem Verlangen heraus April aufzuziehen. Er war zu beschäftigt mit einem eigenen Leben um sich um seine Tochter zu kümmern. Alles was er wollte war Riley Schmerz zuzufügen.

“Ich komme und hole sie ab,” sagte Riley mit möglichst ruhiger Stimme. “Wir können später über alles reden.”

Sie beendete den Anruf.

Dann stieg sie aus dem Auto und lief die kurze Distanz bis zum Laden – Debbie’s Doll Boutique war der Name. Sie ging hinein und sah, dass der Name etwas übertrieben für einen kleinen Laden war, der hauptsächlich Massenware verkaufte.

Nichts Außergewöhnliches zu finden, dachte sie.

Es erschien ihr unwahrscheinlich, dass dies der Ort war, nachdem sie gesucht hatte. Der Laden den sie im Sinn hatte, wäre ein Ort, der besonders war und durch persönliche Empfehlungen Kunden aus anderen Städten anzog. Trotzdem musste Riley sich alle ansehen um sicher zu sein.

Riley ging zur Kasse, wo eine große, ältere Frau mit dicken Brillengläsern und einem hageren Gesicht stand.

“Ich bin Spezialagentin Riley Paige, FBI,” sagte sie und fühlte sich wieder einmal nackt ohne ihre Marke. Bis jetzt waren die anderen Angestellten bereit gewesen auch ohne die Marke mit ihr zu reden. Sie hoffte, dass diese Frau keine Ausnahme war.

Riley zog die vier Fotos aus der Tasche und legte sie auf den Tresen.

“Ich habe mich gefragt, ob Sie vielleicht eine dieser Frauen hier gesehen haben,” sagte sie und zeigte nacheinander auf die Fotos. “Wahrscheinlich erinnern Sie sich nicht an Margaret Geraty – sie würde vor etwa zwei Jahren hier gewesen sein. Aber Eileen Rogers müsste vor sechs Monaten hier gewesen sein und Reba Frye vor weniger als sechs Wochen. Diese letzte Frau, Cindy MacKinnon müsste Ende letzter Woche eine Puppe gekauft haben.”

Die Frau sah sich die Fotos genau an.

“Ach je,” sagte sie. “Meine Augen sind nicht, was sie früher einmal waren. Lassen Sie mich einen näheren Blick darauf werden.”

Sie nahm eine Lupe und betrachtete die Fotos. Unterdessen bemerkte Riley, dass noch jemand im Laden war. Er war ein gewöhnlich aussehender Mann mittlerer Größe und Statur. Er trug ein T-Shirt und eine abgetragene Jeans. Riley hätte ihn übersehen, wenn es nicht für ein wichtiges Detail gewesen wäre.

Er trug einen Strauß Rosen.

Die Rosen waren echt, aber die Kombination von Rosen und Puppen könnten ein Zeichen für die Besessenheit des Killers sein.

Der Mann sah sie nicht an. Er musst gehört haben, dass sie sich als FBI Agentin vorgestellt hatte. Versuchte er Augenkontakt zu vermeiden?

Dann hörte sie die Stimme der Frau.

“Ich denke nicht, dass ich sie gesehen habe,” sagte sie. “Aber, wie gesagt, ich sehe nicht mehr so gut. Und ich konnte mir noch nie gut Gesichter merken. Es tut mir leid, dass ich Ihnen nicht weiterhelfen kann.”

“Das ist schon gut,” sagte Riley und steckte die Fotos zurück in ihre Handtasche. “Vielen Dank für Ihre Zeit.”

Sie drehte sich um und sah wieder zu dem Mann, der jetzt ein nahegelegenes Regal durchstöberte. Ihr Puls ging schneller.

Das könnte er sein, dachte sie. Wenn er eine Puppe kauft, dann weiß ich, dass er es ist.

Aber es würde nichts bringen hier zu stehen und ihn zu beobachten. Wenn er schuldig war, dann würde er sich nicht zu erkennen geben. Er könnte ihr entkommen.

Sie lächelte die Ladenbesitzerin an und ging.

Draußen ging Riley ein kurzes Stück den Block hinunter und wartete. Nur wenige Minuten später öffnete sich die Tür und der Mann kam heraus. Er hielt immer noch die Rosen in der einen Hand. In der anderen eine Tüte mit einem gekauften Spielzeug. Er drehte sich um und entfernte sich von Riley, als er den entgegengesetzten Bürgersteig entlangging.

Mit langen Schritten ging Riley ihm hinterher. Sie versuchte seine Größe und Statur besser abzuschätzen. Er war leicht größer als sie und möglicherweise ein gutes Stück stärker. Sie war allerdings mit großer Wahrscheinlichkeit besser trainiert. Sie würde ihn nicht entwischen lassen.

Gerade als er an einer schmalen Gasse vorbeiging, schien er die Schritte hinter sich gehört zu haben. Er drehte sich plötzlich um und sah sie an. Er machte einen Schritt zur Seite, als wolle er sie vorbeilassen.

Riley schubste ihn seitwärts in die Gasse – schubste ihn hart und kräftig. Die Gasse war schmal, dreckig und düster.

Erschrocken ließ der Mann sowohl die Tüte, als auch die Rosen auf den Boden fallen. Die Rosen verteilten sich auf dem Asphalt. Er hob einen Arm, als wolle er versuchen sie abzublocken.

“Ich bin Spezialagentin Riley Paige, FBI,” schnappte sie. “Wo halten Sie Cindy MacKinnon versteckt? Ist sie noch am Leben?”

Der Mann zitterte von Kopf bis Fuß.

“Wer?” fragte er mit brüchiger Stimme. “Ich weiß nicht was Sie meinen.”

“Spielen Sie keine Spielchen mit mir,” zischte Riley, der jetzt nicht nur ihre Marke sondern auch ihre Waffe fehlte. Wie sollte sie den Typen verhaften ohne eine Waffe zu ziehen. Sie war weit weg von Quantico und hatte nicht einmal einen Partner, der ihr helfen konnte.

“Ich habe keine Ahnung was Sie von mir wollen,” sagte der Mann und brach in Tränen aus.

“Wofür sind diese Rosen?” verlangte Riley. “Für wen sind die?”

“Meine Tochter!” rief der Mann. “Ihr erstes Klavierkonzert ist morgen.”

Riley hielt ihn immer noch am rechten Arm. Die linke Hand des Mannes lag flach auf der Wand neben ihm. Riley bemerkte plötzlich etwas, das ihr bisher nicht aufgefallen war.

Der Mann trug einen Ehering. Sie war sich sicher, dass der Mörder nicht verheiratet war.

“Klavierkonzert?” fragte sie.

“Die Studenten von Frau Tully,” jammerte er. “Sie können hier jeden fragen.”

Riley lockerte ihren Griff um seinen Arm.

Der Mann fuhr fort, “Ich habe ihr Rosen gekauft, damit ich sie ihr geben kann, wenn sie sich verbeugt. Ich habe ihr auch eine Puppe gekauft.”

Riley ließ den Mann los und hob die Tüte auf, die er fallen gelassen hatte. Sie zog das Paket heraus.

Es war eine Puppe – eine von diesen Teenager Puppen, die sie immer verstörten, mit ihren vollen, bemalten Lippen und dem üppigen Busen. Aber so gruselig die Puppe auch war, sie sah nicht wie die Puppe aus, die sie in der Nähe von Daggett gefunden hatte. Die Puppe dort war die eines kleinen Mädchens gewesen. Genau wie die Puppe, die sie auf dem Foto mit Cindy MacKinnon und ihrer Nichte gesehen hatte – mit goldblonden Haaren und einem gerüschten, pinken Kleid.

Sie hatte den falschen Mann. Sie schnappte nach Luft.

“Es tut mir leid,” sagte sie zu dem Mann. “Ich lag falsch. Es tut mir so, so leid.”

Immer noch zitternd vor Schock und Verwirrung fing der Mann an seine Rosen einzusammeln. Riley beugte sich herunter um ihm zu helfen.

“Nein! Nein!” rief der Mann. “Helfen Sie nicht! Bleiben Sie weg! Gehen Sie einfach weg!”

Riley drehte sich um und ließ den Mann alleine mit seinen Rosen und der Puppe zurück. Wie konnte sie das passieren lassen? Warum war sie so weit gegangen? Warum hatte sie nicht sofort den Ehering bemerkt, den der Mann getragen hatte?

Die Antwort war einfach. Sie war erschöpft, ihr Kopf drehte sich. Sie konnte nicht klar denken.

Während sie benommen den Bürgersteig hinunterlief fiel ihr das Neonschild einer Bar ins Auge. Sie wollte einen Drink. Sie brauchte einen Drink.

Sie ging in die trübe beleuchtete Bar und setzte sich an den Tresen. Der Bartender war mit einem anderen Kunden beschäftigt. Riley fragte sich, was der Mann, den sie überrumpelt hatte, jetzt tat. Rief er die Polizei? War sie selbst kurz davor verhaftet zu werden? Das wäre bittere Ironie.

Aber sie nahm an, dass der Mann nicht die Polizei rufen würde. Schließlich würde er erklären müssen, was passiert war. Vielleicht wäre es ihm peinlich von einer Frau angegriffen worden zu sein.

Wie auch immer, falls er die Polizei gerufen hatte, dann wären sie jetzt auf dem Weg und sie würde nicht weglaufen. Falls nötig, dann würde sie die Konsequenzen ihres Handelns annehmen. Und vielleicht hatte sie es verdient verhaftet zu werden. Sie erinnerte sich an ihre Unterhaltung mit Mike Nevins, wie er die Aufmerksamkeit auf ihr eigenes Gefühl der Wertlosigkeit gelenkt hatte.

Vielleicht habe ich Recht damit mich wertlos zu fühlen, dachte sie. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn Peterson mich einfach getötet hätte.

Der Bartender kam auf sie zu.

“Was kann ich Ihnen bringen, Ma’am?” fragte er.

“Einen Bourbon auf Eis,” sagte Riley. “Einen Doppelten.”

“Kommt sofort,” sagte der Bartender.

Sie erinnerte sich selbst daran, dass es ihr nicht ähnlich sah zu trinken, während sie arbeitete. Ihre quälende Genesung von PTSD war durch gelegentliche Trinkgelage gezeichnet gewesen, aber sie hatte gedacht, das läge hinter ihr.

Sie nahm einen Schluck. Der harte Drink brannte in ihrem Hals.

Sie hatte immer noch eine Stadt vor sich und mindestens eine weitere Person, die sie befragen musste. Aber sie brauchte jetzt etwas um ihre Nerven zu beruhigen.

Zumindest bin ich nicht offiziell im Einsatz, dachte sie mit einem bitteren Lächeln.

Sie trank den Whisky schnell aus und hielt sich dann davon ab einen weiteren zu bestellen. Der Spielzeugladen in der nächsten Stadt würde bald schließen und wenn sie noch dorthin wollte, dann musste sie jetzt los. Die Zeit für Cindy MacKinnon lief ab – wenn sie nicht schon abgelaufen war.

Als sie die Bar verließ fühlte sich Riley am Rand des vertrauten Abgrundes. Sie hatte gedacht, dass sie all den Horror, Schmerz und Selbsthass hinter sich gelassen hatte. Hatten sie sie wieder eingeholt?

Wie viel länger, fragte sie sich, konnte sie ihrem tödlichen Einfluss noch widerstehen?

Kapitel 25

Rileys Handy vibrierte früh am nächsten Morgen. Sie saß bereits an ihrem Wohnzimmertisch, betrachtete die Karte, der sie am Tag zuvor gefolgt war und plante die Route für diesen Tag. Als sie sah, dass der Anruf von Bill kam, ging ihr Puls schneller. Waren es gute oder schlechte Nachrichten?

“Bill, was ist los?”

Sie hörte ihren ehemaligen Partner unglücklich seufzen.

“Riley, sitzt du gerade?”

Rileys Herz wurde schwer. Sie war froh, dass die saß. Sie konnte an Bills Ton erkennen, dass er schlechte Nachrichten hatte und sie fühlte, wie sich ihre Muskeln vor Grausen anspannten.

“Sie haben Cindy MacKinnon gefunden,” sagte Bill.

“Und sie ist tot, nicht wahr?” sagte Riley mit angehaltenem Atem.

Bill sagte nichts. Aber sein Schweigen beantwortete ihre Frage. Riley fühlte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen – Tränen des Schocks und der Hilflosigkeit. Sie kämpfte gegen sie an, entschlossen nicht zu weinen.

“Wo wurde sie gefunden?” fragte Riley.

“Ziemlich weit westlich von den anderen Opfern, in einem Wald, nah an der Grenze zu West Virginia.

Sie sah auf die Karte. “Was ist die nächste Stadt?” Er sagte es ihr und sie fand die ungefähre Stelle. Es war nicht innerhalb des Dreiecks, das die anderen drei Fundorte gezogen hatten. Aber es musste etwas geben, das in Beziehung mit den anderen Orten stand. Sie konnte nur noch nicht genau sagen was.

Bill beschrieb ihr den Tatort.

“Er hat sie neben ein Kliff gesetzt, in ein offenes Gebiet, keine Bäume in der Nähe. Ich bin gerade am Tatort. Es ist schrecklich. Er wird dreister, Riley.”

Und schneller, dachte Riley verzweifelt. Er hatte sein Opfer nur für wenige Tage am Leben gelassen.

“Also ist Darrell Gumm der Falsche,” sagte Riley.

“Du bist diejenige, die es gleich gewusst hat,” sagte Bill. “Du hattest recht.”

Riley hatte Probleme die Situation zu erfassen.

“Wurde Gumm entlassen?” fragte sie.

Bill schnaufte grimmig.

“Keine Chance,” sagte er. “Er wird für Behinderung der Justiz belangt. Er muss eine Menge Fragen beantworten. Nicht, dass es ihn stören würde. Aber wir werden versuchen seinen Namen so gut es geht aus den Nachrichten zu halten. Der unmoralische Arsch verdient die Aufmerksamkeit nicht.”

Ein Schweigen breitete sich aus.

“Verdammt, Riley,” sagte Bill schließlich, “wenn Walder dir nur zugehört hätte, dann hätten wir sie vielleicht retten können.”

Riley bezweifelte das. Es war nicht so, als hätte sie selber hilfreiche Hinweise gefunden; aber vielleicht hätte ein größeres Team in den wenigen kostbaren Stunden etwas finden können.

“Hast du Fotos?” fragte sie. Ihr Herz schlug wild.

“Ja, Riley, aber—”

“Ich weiß, dass du sie mir eigentlich nicht zeigen darfst. Aber ich muss sie sehen. Kannst du sie mir schicken?”

Nach einer kurzen Pause sagte Bill, “Erledigt.”

Sobald sie angekommen waren, sah Riley sich die grausige Fotostrecke auf ihrem Handy an. Das erste war eine Nahaufnahme von dem Gesicht, das sie erst vor ein paar Tagen das erste Mal auf einem Foto gesehen hatte. Da hatte das Gesicht der Frau vor Liebe für das glückliche kleine Mädchen geleuchtet. Aber jetzt war das Gesicht bleich, ihre Augenlider festgenäht und ein hässliches Lächeln über ihre Lippen gemalt.

Sie sah durch die anderen Fotos und bemerkte, dass die Positionierung eine exakte Übereinstimmung zu der von Reba Frye war. Alle Details waren da. Die Pose war präzise. Der Körper war nackt und saß mit gespreizten Beinen steif aufgerichtet wie eine Puppe. Eine künstliche Rose lag auf dem Boden zwischen ihren Beinen.

Das war die wahre Signatur des Killers, seine Nachricht. Das war der Effekt, den er von Anfang an erreichen wollte. Er hatte sie mit seinem dritten und vierten Opfer erreicht. Riley wusste mit absoluter Sicherheit, dass er sich bereit machte es wieder zu tun.

Nachdem sie sich die Fotos angesehen hatte, hielt sie den Hörer wieder an ihr Ohr.

“Es tut mir so leid,” sagte sie mit erstickter Stimme.

“Ja, mir auch,” sagte er. “Aber hast du irgendeine Idee?”

Riley ging die Bilder, die sie gerade gesehen hatte, noch einmal in ihrem Kopf durch.

“Ich nehme an, die Perücke und die Rose sind die gleichen wie bei den anderen Frauen,” sagte sie. “Die Schleife auch.”

“Richtig. Sieht so aus.”

Sie hielt inne. Welche Hinweise konnte Bills Team zu finden hoffen?

“Habt ihr den Anruf früh genug bekommen um nach Fuß- oder Reifenspuren zu sehen?” fragte sie.

“Der Tatort wurde früh gesichert. Ein Parkwächter hat sie gefunden und sofort das Büro angerufen. Keine örtliche Polizei war hier. Aber wir haben nichts Hilfreiches gefunden. Der Typ ist zu vorsichtig.”

Riley dachte angestrengt nach. Die Fotos hatten die Leiche der Frau auf dem Gras gegen eine Felsformation sitzend gezeigt. Fragen summten durch ihren Kopf.

“War sie bereits kalt?” fragte sie.

“Als wir angekommen sind, ja.”

“Wie lange denkst du, dass sie dort gewesen ist?”

Sie konnte Bill durch sein Notizbuch blättern hören.

“Ich bin mir nicht sicher, aber sie wurde nach ihrem Tod in diese Pose gebracht. Der Verfärbung nach zu urteilen innerhalb von wenigen Stunden. Wir wissen mehr, nachdem der Gerichtsmediziner fertig ist.”

Riley spürte die vertraute Ungeduld in sich aufsteigen. Sie wollte ein besseres Verständnis für den Ablauf des Mörders bekommen.

“Könnte er sie in Pose gebracht haben, wo er sie getötet hat, und sie erst danach dort abgelegt haben?”

“Wahrscheinlich nicht,” sagte Bill. “ Ich sehe nichts Ungewöhnliches an ihrer Position. Ich denke nicht, dass sie schon steif gewesen sein kann, als er sie hergebracht hat. Warum? Denkst du er hat sie hergebracht und dann getötet?”

Riley schloss die Augen und dachte nach.

Schließlich sagte sie, “Nein.”

“Bist du sicher?”

“Er hat sie getötet, wo er sie auch gefangen gehalten hat und sie dann weggebracht. Er würde sie nicht lebendig aus seinen Fängen lassen. Er würde keinen Kampf mit ihr wollen.”

Sie schloss ihre Augen und versuchte sich in den Kopf des Mörders zu versetzen.

“Er bringt nur die Rohmaterialien für sein Statement mit,” sagte sie. “Sobald sie tot war, bedeutete sie nicht mehr für ihn. Ein Kunstwerk, nicht länger eine Frau. Also hat er sie getötet, sie abgewaschen, abgetrocknet und ihren Körper, so wie er es wollte, mit Vaseline eingerieben.”

Die Szene fing an in lebendigen Details in ihrem Kopf abzulaufen.

“Er hat sie an den Ort gebracht als die Leichenstarre eingesetzt hat,” sagte sie. “Er hat es perfekt abgepasst. Nachdem er drei andere Frauen getötet hatte, wusste er, wie es laufen würde. Er hat den Einsatz der Leichenstarre in seinen kreativen Prozess integriert. Er hat sie nach und nach positioniert, während sie steif geworden ist. Er hat sie wie Ton geformt.”

Riley fand es schwer auszudrücken, was sie als nächstes in ihrem Kopf passieren sah – oder im Kopf des Killers. Die Worte kamen langsam und schmerzhaft.

“Nachdem er den Rest des Körpers geformt hatte, lag ihr Kinn immer noch auf ihrer Brust. Er hat die Muskeln der Schultern und des Halses abgetastet, den exakten Zustand der verbleibenden Formbarkeit erfühlt und dann ihren Kopf angehoben. Er hat ihn dort gehalten, bis er steif geworden ist. Es hat möglicherweise zwei oder drei Minuten gedauert. Er war geduldig. Dann ist er zurückgetreten und hat seine Arbeit bewundert.”

“Mein Gott,” murmelte Bill in einer leisen, geschockten Stimme. “Du bist gut.”

Riley seufzte bitterlich und antwortete nicht. Sie dachte nicht, dass sie gut war – nicht mehr. Sie war nur gut darin sich in einen kranken Verstand hineinzuversetzen. Was sagte das über sie aus? Wie war das irgendjemandem von Nutzen? Es hatte Cindy MacKinnon nicht geholfen.

Bill fragte, “Was denkst du, wie weit entfernt er seine Opfer gefangen hält während sie noch leben?”

Riley visualisierte die Karte des Gebiets in ihrem Kopf.

“Nicht sehr weit,” sagte sie. “Wahrscheinlich unter zwei Stunden Fahrt.”

“Das deckt immer noch ein weites Gebiet ab.”

Rileys Mut sank weiter mit jeder Sekunde. Bill hatte recht. Sie hatte nichts zu sagen, was ihnen helfen konnte.

“Riley, wir müssen dich zurück an diesen Fall bekommen,” sagte Bill.

Riley unterdrückte ein Stöhnen.

“Ich bin mir sicher, dass Walder nicht dieser Meinung ist,” sagte sie.

Und ich selbst auch nicht, dachte sie.

“Nun, Walder hat unrecht,” sagte Bill. “Und ich werde ihm das auch sagen. Ich bekomme dich zurück an den Fall.”

Riley ließ Bills Worte einen Moment auf sich wirken.

“Das ist ein zu großes Risiko für dich,” sagte sie schließlich. “Walder wird dich feuern, wenn er denkt, dass du Probleme machst.”

Bill stammelte, “Aber – Aber Riley—”

“Kein ‘aber’ Bill. Wenn du auch gefeuert wirst, dann wird dieser Fall nie gelöst werden.”

Bill seufzte. Seine Stimme klang müde und resigniert.

“Okay,” sagte er. “Aber kannst du mir irgendwie helfen?”

Riley dachte nach. Der Abgrund, in den sie seit Tagen starrte, erschien ihr weiter und tiefer als je zuvor. Sie fühlte, wie sich auch den Rest ihrer Entschlossenheit verflüchtigte. Sie hatte versagt und eine Frau war tot.

Vielleicht war da trotzdem noch etwas, das sie tun konnte.

“Ich habe ein paar Ideen,” sagte sie. “Ich lasse dich wissen, wenn mir etwas einfällt.”

Als sie den Anruf beendete erreichten Riley der Geruch von Kaffee und gebratenem Speck aus der Küche. April war dort. Sie hatte das Frühstück vorbereitet, seit Riley aufgestanden war.

Ohne darum gebeten zu werden, dachte Riley.

Vielleicht sorgte die Zeit die sie mit ihrem Vater verbrachte dafür, dass sie Riley zumindest ein wenig zu schätzen wusste. April hatte es noch nie gemocht Zeit bei Ryan zu verbringen. Was auch immer der Grund war, Riley war an diesem Morgen auch für den kleinsten Trost dankbar.

Sie saß auf der Couch und dachte darüber nach, was sie als nächstes tun sollte. Sie hatte vorgehabt wieder in Richtung Westen zu fahren und der Route zu folgen, die sie markiert hatte. Aber sie fühlte sich geschlagen, vollkommen entmutigt durch die schreckliche Wende der Ereignisse. Gestern war sie nicht auf der Höhe gewesen und hatte sich in Glendive sogar zu einem Drink hinreißen lassen. Sie konnte heute nicht das Gleiche tun, nicht in ihrem momentanen Zustand. Sie würde sicherlich einen Fehler machen. Und es waren schon zu viele Fehler begangen worden.

Aber das Finden des Ladens war immer noch wichtig – vielleicht wichtiger als je zuvor. Der Mörder würde dort sein nächstes Opfer finden; wenn er das nicht schon getan hatte. Riley schrieb Bill eine Email und fügte eine Kopie ihrer Karte bei.

Sie erklärte Bill welche Städte und welche Geschäfte überprüft werden mussten. Bill selber sollte sich darauf konzentrieren das Haus des Täters zu finden, schrieb sie. Aber vielleicht konnte er Walder dazu überreden jemand anderen auf Rileys Route zu schicken – solange Walder nicht herausfand, dass es ihre Idee war.

Sie saß auf der Couch und starrte immer wieder auf die Karte, bis sich langsam ein Muster ergab, das sie vorher noch nicht gesehen hatte. Es war nicht so, dass die Tatorte miteinander in Beziehung standen, sondern eher so, dass sie sich wie ein Fächer über dem Gebiet der Wohnorte der Opfer ausbreiteten. Sie war überzeugter als je zuvor, dass die Auswahl der Opfer an einem ganz speziellen Ort stattfand, einem besonderen Puppenladen. Und wo auch immer der Killer die Frauen entführte, es war nicht weit von dem Ort entfernt, wo er sie das erste Mal sah.

Aber warum war sie nicht in der Lage gewesen das Geschäft zu finden? Hatte sie einen falschen Ansatz gewählt? War sie so auf eine Idee eingeschossen, dass sie die anderen Hinweise nicht sah? Bildete sie sich das Muster nur ein?

Riley scannte ihre Karte ein und schickte sie zusammen mit ihren Notizen ebenfalls an Bill.

“Das Frühstück ist fertig, Mom.”

Als sie sich mit ihrer Tochter zum Frühstück setzte, fühlte Riley sich den Tränen nahe.

“Danke,” sagte sie leise und begann zu essen.

“Mom, was ist denn los?” fragte April.

Riley war von der Frage überrascht. Sie wollte April nicht in die schreckliche Realität des Falles ziehen. Ihre Tochter hatte schon genug eigene Probleme.

“War das Bill am Telefon?” fragte April.

Riley nickte stumm.

“Warum hat er angerufen?”

“Ich kann nicht darüber reden.

Eine lange Stille folgte, in der beide weiter aßen.

Schließlich sagte April, “Du versuchst immer mich zum Reden zu bringen. Das geht in beide Richtungen, weißt du. Du redest nie mit mir, nicht wirklich. Redest du überhaupt noch mit jemandem?”

Riley hörte auf zu essen und unterdrückte das Schluchzen, das in ihrem Hals aufstieg. Es war eine gute Frage. Und die Antwort war nein. Sie redete mit niemandem, nicht mehr. Aber sie konnte sich nicht dazu bringen, das zu sagen.

Sie erinnerte sich daran, dass es Samstag war und sie April nicht zur Schule bringen würde. Und sie hatte auch keine Pläne gemacht April zu ihrem Vater zu bringen. Auch wenn Riley nicht auf der Suche nach Hinweisen nach Westen fahren würde, gab es etwas, was sie tun musste.

“April, ich muss etwas erledigen,” sagte sie. “Ist es okay, wenn du alleine hierbleibst?”

“Natürlich,” sagte April. Dann, in einer wahrlich traurigen Stimme, fragte sie, “Mom, kannst du mir wenigstens sagen, wo du hinfährst?”

“Ich gehe zu einer Beerdigung.”

Metin, ses formatı mevcut
Yaş sınırı:
16+
Litres'teki yayın tarihi:
10 eylül 2019
Hacim:
281 s. 3 illüstrasyon
ISBN:
9781632915856
İndirme biçimi:
Metin, ses formatı mevcut
Ortalama puan 3,5, 12 oylamaya göre
Metin PDF
Ortalama puan 4, 1 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 5, 1 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Ses
Ortalama puan 5, 16 oylamaya göre
Ses
Ortalama puan 4, 1 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 5, 1 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 3,4, 9 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 5, 1 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 5, 1 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 2,5, 2 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 3, 2 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 4,5, 2 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre