Kitabı oku: «Verschwunden», sayfa 8
Kapitel 17
Riley fluchte leise vor sich hin, als sie auf den Parkplatz neben dem langen Flachdachgebäude fuhren. Drei Leute mit FBI Jacken standen draußen zwischen den örtlichen Polizisten.
“Das ist nicht gut,” sagte Riley. “Ich wünschte wir wären hier gewesen, bevor die Horden eingefallen sind.”
“Dito,” stimmte Bill zu.
Ihnen war mitgeteilt worden, dass am frühen Morgen eine Frau aus der Kleinstadt Klinik entführt worden war.
“Zumindest sind wir diesmal schneller dran,” sagte Bill. “Vielleicht haben wir eine Chance sie lebendig zu finden.”
Riley stimmte ihm zu. Bis jetzt hatte nie jemand genau gewusst, wann oder wo das Opfer gekidnappt worden war. Die Frauen waren einfach verschwunden und dann später tot wieder aufgefunden worden.
Vielleicht ist es diesmal anders, dachte sie.
Sie war erleichtert, dass jemand genug gesehen hatte um die Polizei zu rufen. Die örtlichen Behörden wussten von dem Serienmörder und hatten das FBI informiert. Sie nahmen alle an, dass es sich hier um den gleichen Täter handelte.
“Er ist uns immer noch einen Schritt voraus,” sagte Riley. “Falls er es wirklich ist. Das ist kein Ort, an dem ich vermutet hätte, dass der Täter zuschlägt.”
Sie hatte angenommen der Mörder würde sich in Parkhäusern herumtreiben oder auf abgelegenen Jogging Pfaden. Vielleicht auch in schlecht beleuchteten Wohngebieten.
“Warum eine Gemeinschaftsklinik?” fragte sie. “Und warum im Tageslicht? Warum sollte er das Risiko eingehen ein Gebäude zu betreten?”
“Sieht definitiv nicht nach einem Zufall aus,” stimmte Bill zu. “Lass uns loslegen.”
Riley parkte so nah an dem Absperrband wie möglich. Als sie und Bill ausstiegen, erkannte sie den leitenden Spezialagenten Carl Walder.
“Das ist wirklich nicht gut,” raunte Riley Bill zu, während sie auf das Gebäude zugingen.
Riley hielt nicht viel von Walder – einem Mann mit kindlichem Gesicht voller Sommersprossen und lockigem, rotem Haar. Weder Riley noch Bill hatten bisher persönlich unter ihm gearbeitet, aber er hatte einen schlechten Ruf. Andere Agenten sagten, dass er die schlimmste Sorte von Chef war – jemand der keine Ahnung hatte, was er tat und dadurch noch entschlossener war seine Position auszunutzen und Druck auszuüben.
Das Walder sogar höher in der Befehlskette stand als ihr eigener Teamchef, Brent Meredith, machte es für Riley und Bill noch schlimmer. Riley wusste nicht, wie alt Walder war, aber sie was sich sicher, dass er schneller die Ränge im FBI hochgestiegen war als für ihn, und jeden anderen, gut war.
Soweit es Riley betraf, war er ein klassisches Beispiel für das Peter-Prinzip. Walder war erfolgreich zu dem Level seiner Inkompetenz aufgestiegen.
Walden trat auf sie zu, um sie zu begrüßen.
“Agenten Paige und Jeffreys, freut mich, dass Sie es geschafft haben,” sagte er.
Ohne sich auf Smalltalk einzulassen stellte Riley Walder direkt die Frage, die sie beschäftigte.
“Woher wissen wir, dass es der gleiche Täter ist, der die anderen drei Frauen getötet hat?”
“Deshalb,” sagte Walder und hielt eine Plastiktüte für Beweismittel hoch, in der eine künstliche Rose zu sehen war. “Sie lag auf dem Boden vor dem Eingang.”
“Scheiße,” entfuhr es Riley.
Das Büro war sehr vorsichtig dabei gewesen dieses Detail der MO nicht an die Presse weiterzugeben – dass er künstliche Rosen an den Tatorten hinterlassen hatte. Das hier war nicht die Arbeit eines Nachahmungstäters oder eines neuen Mörders.
“Wer ist es diesmal?” fragte Bill.
“Ihr Name ist Cindy MacKinnon,” sagte Walder. “Sie ist hier Krankenschwester. Sie wurde entführt, als sie heute früh hergekommen ist ,um die Klinik vorzubereiten.”
Dann zeigte Walder auf zwei andere Agenten, eine junge Frau und einen noch jüngerer Mann. “Vielleicht haben Sie die Agenten Craig Huang und Emily Creighton schon getroffen. Sie werden mit Ihnen an dem Fall arbeiten.”
Bill murmelte hörbar, “Was zum—”
Riley gab ihm einen Stoß in die Rippen, um ihn zum Schweigen zu bringen.
“Huang und Creighton wurden bereits auf den neuesten Stand gebracht,” fügte Walder hinzu. “Sie wissen genauso viel über die Morde, wie Sie.”
Riley kochte innerlich. Sie wollte Walder sagen, dass Huang und Creighton definitiv nicht genauso viel wussten wie sie. Nicht einmal so viel wie Bill. Sie konnte nicht genauso viel wissen, ohne die gleiche Zeit an den Tatorten verbracht oder über den Beweisen gebrütet zu haben. Sie hatten in keinster Weise das gleiche professionelle Interesse in den Fall investiert wie Bill und sie. Und sie war sich sicher, dass keiner dieser beiden jungen Hüpfer jemals in der Lage gewesen war sich in den Verstand eines Mörders hineinzuversetzen.
Riley atmete tief durch um ihren Ärger zu unterdrücken.
“Mit allem Respekt, Sir,” sagte sie, “Agent Jeffreys und ich haben die Sache unter Kontrolle und wir müssen schnell arbeiten. Zusätzliche Hilfe …ist nicht hilfreich.” Sie hätte fast gesagt, dass diese zusätzliche Hilfe sie nur ausbremsen würde, aber konnte sich noch stoppen. Es war nicht nötig die beiden zu beleidigen.
Riley entdeckte den Anflug eines Grinsens auf Walders Gesicht.
“Mit allem Respekt, Agentin Paige,” erwiderte er, “Senator Newbrough ist nicht dieser Meinung.”
Rileys Mut sank. Sie erinnerte sich an das unangenehme Gespräch mit dem Senator und an etwas, dass er gesagt hatte. “Sie wissen es vielleicht nicht, aber ich habe gute Freunde in den oberen Rängen des FBI.”
Natürlich war Walder einer dieser “guten Freunde.”
Walder hob das Kinn und sprach mit betonter Autorität. “Der Senator meint, dass Sie Probleme damit haben das volle Ausmaß dieses Falles zu sehen.”
“Ich befürchte der Senator lässt sich von seinen Emotionen leiten,” sagte Riley. “Das ist verständlich und ich habe Mitgefühl. Er ist verstört. Er denkt, dass der Mord an seiner Tochter politisch oder persönlich ist, oder beides. Das ist offensichtlich nicht der Fall.”
Walder sah sie skeptisch an.
“Wieso ist das offensichtlich?” fragte er. “Mir scheint es offensichtlich, dass er Recht hat.”
Riley traute ihren Ohren nicht.
“Sir, die Tochter des Senators war die dritte Frau von mittlerweile vier,” sagte sie. “Der Täter agiert schon seit mehr als zwei Jahren. Es ist reiner Zufall, dass die Tochter des Senators eines seiner Opfer geworden ist.”
“Das sehe ich anders,” sagte Walder. “Genauso wie die Agenten Huang und Creighton.”
Wie auf Stichwort mischte sich Agentin Emily Creighton ein.
“Passiert so etwas nicht von Zeit zu Zeit?” fragte sie. “Dass ein Täter einen anderen Mord verübt um von dem eigentlichen Ziel abzulenken? Nur um es wie einen Serienmord aussehen zu lassen und nicht persönlich?”
“Diese letzte Entführung könnte den gleichen Zweck haben,” stimmte auch Agent Craig Huang mit ein. “Eine letzte Ablenkung.”
Riley fiel es schwer nicht über die Naivität der jungen Agenten die Augen zu rollen.
“Das ist eine sehr, sehr alte Geschichte,” sagte sie. “Reine Erfindung. So etwas passiert im wahren Leben nicht.”
“Nun,” sagte Walder mit nachdrücklicher Stimme, “es ist dieses Mal passiert.”
“Wir haben keine Zeit für so etwas,” schnappte Riley. Ihre Geduld hatte ein Ende. “Haben wir irgendwelche Zeugen?”
“Eine,” sagte Walder. “Greta Tedrow hat die Polizei gerufen, aber sie hat nicht wirklich viel gesehen. Sie sitzt drinnen. Die Empfangsdame ist auch da, aber sie hat nicht gesehen wie es passiert ist. Als sie gegen acht Uhr aufgetaucht ist, war die Polizei bereits da.”
Durch die Glastüren der Klinik konnte Riley die beiden Frauen im Wartezimmer sitzen sehen. Eine war eine schlanke Frau in einem Joggingoutfit, mit einem Cocker Spaniel an einer Leine neben ihr. Die andere war eine große, hispanisch aussehende Frau mittleren Alters.
“Haben Sie Frau Tedrow befragt?” fragte Riley Walder.
“Sie ist zu durcheinander um zu reden,” sagte Walder. “Wir nehmen sie mit zurück zum BAU.”
Diesmal rollte Riley tatsächlich mit den Augen. Warum wollten sie, dass sich eine unschuldige Zeugin wie eine Verdächtige fühlte? Als wenn sie das nicht noch mehr durcheinanderbringen würde.
Riley ignorierte Walders Prostest und ging großen Schrittes durch die Eingangstür.
Bill folgte ihr, aber überließ Riley die Befragung während er sich die anderen Räume ansah.
Die Frau mit dem Hund an der Leine sah Riley ängstlich an.
“Was ist los?” fragte Greta Tedrow. “Ich bin bereit Fragen zu beantworten, aber niemand fragt mich etwas. Warum kann ich nicht nach Hause gehen?”
Riley setzte sich in den Stuhl neben ihr und tätschelte ihre Hand.
“Sie können bald nach Hause gehen Frau Tedrow,” sagte sie. “Ich bin Agentin Paige und ich möchte Ihnen jetzt gleich einige Fragen stellen, wenn das in Ordnung ist.”
Greta Tedrow nickte zitternd. Der Cocker Spaniel lag auf dem Boden vor ihnen und blickte Riley gutmütig an.
“Was für ein netter Hund,” sagte Riley. “Sehr gut erzogen. Wie alt ist er – oder ist es eine sie?”
“Er. Sein Name ist Toby. Er ist fünf Jahre alt.”
Riley streckte dem Hund langsam ihre Hand entgegen. Mit der stillen Erlaubnis des Tieres streichelte sie ihm leicht über den Kopf.
Die Frau nickte ihr ein unausgesprochenes Dankeschön zu. Riley nahm ihren Stift und Notizblock aus der Tasche.
“Nehmen Sie sich ruhig Zeit, wir haben keine Eile,” sagte Riley. “Erzählen Sie mir, in ihren eigenen Worten, wie es passiert ist. Versuchen Sie sich an so viel wie möglich zu erinnern.”
Die Frau sprach langsam und zögernd.
“Ich bin mit Toby Gassi gegangen.” Sie zeigte nach draußen. “Wir waren gerade um die Ecke gekommen, dort drüben hinter den Büschen hervor. Die Klinik ist in Sichtweite gekommen. Ich dachte ich hätte etwas gehört. Ich schaute hin. Da war eine Frau an der Eingangstür der Klinik. Sie schlug gegen das Glas. Ich glaube sie war geknebelt. Dann hat sie jemand nach hinten und außer Sicht gezogen.”
Riley tätschelte ihr wieder die Hand.
“Das machen Sie großartig, Frau Tedrow,” sagte sie. “Haben sie etwas von dem Angreifer sehen können?”
Die Frau dachte angestrengt nach.
“Ich habe sein Gesicht nicht gesehen,” sagte sie. “Ich konnte sein Gesicht nicht sehen. Das Licht war an, aber…”
Riley konnte sehen, wie die Erinnerungen der Frau zurückkamen.
“Oh,” sagte sie. “Er trug eine dunkle Skimaske.”
“Sehr gut. Was ist dann passiert?”
Die Frau wurde unruhiger.
“Ich habe nicht nachgedacht. Ich habe mein Handy rausgenommen und die Polizei gerufen. Es kam mir sehr lange vor, bis ich jemanden am Telefon hatte. Ich habe noch mit der Polizei gesprochen, als ein Pick-up von der Rückseite des Gebäudes hervorgeschossen kam. Er ist mit quietschenden Reifen vom Parkplatz gefahren und dann links abgebogen.”
Riley machte sich eifrig Notizen. Ihr war bewusst, dass Walder und seine beiden jungen Favoriten in den Raum gekommen waren und nun ganz in der Nähe standen, aber sie ignorierte sie.
“Was für eine Art von Pick-up?” fragte sie.
Die Frau runzelte nachdenklich die Stirn. “Ein Dodge Ram, denke ich. Ja, das ist richtig. Ziemlich alt – vielleicht aus den Neunzigern. Er war sehr dreckig, aber ich glaube, dass die Farbe ein dunkles Marineblau war. Und er hatte etwas auf der Ladefläche. So etwas wie einen Camper, aber es war nicht wirklich einer. Einer dieser Aluminiumaufsätze mit Fenstern.”
“Ein Aufbau?” schlug Riley vor.
Die Frau nickte. “Ja, ich glaube so etwas war es.”
Riley war beeindruckt vom Gedächtnis der Frau.
“Was ist mit dem Nummernschild?” fragte Riley.
Die Frau schien leicht aus der Fassung gebracht zu sein.
“Ich – Ich kann mich nicht erinnern,” sagte sie und klang von sich selbst enttäuscht.
“Nicht einmal einen Buchstaben oder eine Nummer?” hakte Riley nach.
“Es tut mir leid, ich habe es nicht gesehen. Ich weiß nicht, wie ich das übersehen konnte.”
Walder beugte sich zu ihr und wisperte Riley ins Ohr. “Wir müssen sie mit zum BAU nehmen,” sagte er.
Er machte einen Schritt zurück, als Riley aufstand.
“Danke, Frau Tedrow,” sagte Riley. “Das ist vorerst alles. Haben die Polizisten bereits ihre Kontaktdaten aufgenommen?”
Die Frau nickte.
“Dann gehen Sie nach Hause und ruhen sich etwas aus,” sagte Riley. “Wir setzen uns wieder mit Ihnen in Verbindung.”
Die Frau verließ die Klinik und machte sich auf den Weg nach Hause. Walder sah aus, als wäre er kurz davor zu explodieren.
“Was zur Hölle sollte das?” verlangte er. “Ich habe gesagt, dass wir sie mit zum BAU nehmen müssen.”
Riley zuckte mit den Achseln. “Ich weiß nicht, warum wir das tun sollten,” sagte sie. “Wir müssen in Bewegung bleiben was diesen Fall angeht und sie hat uns alles gesagt was sie weiß.”
“Ich will, dass einer unserer Hypnotiseure mit ihr arbeitet. Um ihr zu helfen sich an das Nummernschild zu erinnern. Die Information muss irgendwo in ihrem Gehirn abgespeichert sein.”
“Agent Walder,” sagte Riley und versuchte nicht so ungeduldig zu klingen, wie sie sich fühlte. “Greta Tedrow ist eine der aufmerksamsten Zeuginnen die ich seit langem befragt habe. Sie hat gesagt, dass sie das Nummernschild nicht gesehen hat. Nicht einmal eine Nummer. Das hat sie gestört. Sie wusste nicht, wie sie das verpassen konnte. Bei jemandem mit einem so scharfen Gedächtnis kann das nur eins heißen.”
Sie hielt inne, um Walder herauszufordern zu raten, was das “eine” war. Sie konnte an seinem leeren Gesichtsausdruck sehen, dass er keine Ahnung hatte.
“Da war kein Nummernschild zu sehen,” sagte sie schließlich. “Entweder hat der Angreifer es abgenommen oder es war so verdreckt, dass es nicht lesbar war. Alles was sie gesehen hat, war ein leerer Fleck, wo das Nummernschild sein sollte. Falls ein lesbares Nummernschild da gewesen wäre, hätte die Frau sich zumindest an einen Teil davon erinnert.”
Bill entfuhr ein Schnauben stiller Bewunderung. Riley wollte Walder nicht mehr verärgern als nötig und wechselte deshalb das Thema.
“Wurden die nächsten Angehörigen des Opfers verständigt?” fragte sie Walder.
Walder nickte. “Ihr Mann. Er ist für ein paar Minuten hier gewesen, aber er konnte es nicht ertragen. Wir haben ihn nach Hause geschickt. Er lebt nur ein paar Blocks entfernt. Ich schicke Agenten Huang und Creighton um ihn zu befragen.”
Die beiden jungen Agenten hatten ein paar Schritte entfernt gestanden und enthusiastisch etwas diskutiert. In diesem Moment drehten sie sich zu Riley, Bill und Walder. Sie sahen mit sich selbst sehr zufrieden aus.
“Emily – äh, Agentin Creighton und ich haben es gelöst,” sagte Huang. “Es gab keine Spuren für einen Einbruch oder ein gewaltsames Eindringen. Das heißt, dass der Täter hier Kontakte haben muss. Wahrscheinlich kennt er jemanden, der hier in der Klinik arbeitet. Vielleicht arbeitet er sogar selber hier.”
“Er hat sich irgendwie den Schlüssel besorgt,” fügte Creighton hinzu. “Vielleicht gestohlen, oder vielleicht geliehen, oder kopiert, irgendwie so etwas. Und er kannte den Code für den Alarm. Er ist rein und rausgekommen ohne den Alarm zu aktivieren. Wir werden das Personal dementsprechend befragen.”
“Und wir wissen auch genau, nach wem wir Ausschau halten müssen,” sagte Huang. “Nach jemandem, der etwas gegen Senator Newbrough hat.”
Riley musste gewaltsam ihren Ärger herunterschlucken. Diese beiden kamen zu gänzlich unbegründeten Schlussfolgerungen. Natürlich könnten Sie recht haben. Aber was hatten sie übersehen? Sie sah sich im Wartezimmer und dem angrenzenden Flur um und eine weitere Möglichkeit kam ihr in den Sinn. Sie wandte sich an die hispanische Empfangsdame.
“Perdóneme, señora,” sagte sie zu der Frau. “Dónde está el cuarto de provisiones?”
“Allá,” erwiderte die und zeigte auf eine Tür im Flur.
Riley ging zu der Tür und öffnete sie. Sie sah sich um und drehte sich dann zu Walder. “Ich kann Ihnen genau sagen, wie er in das Gebäude gekommen ist. Und zwar durch diesen Besenschrank.”
Walder sah sie genervt an. Im Gegensatz dazu sah Bill alles andere als genervt aus – er sah geradezu fröhlich aus. Riley wusste, dass Bill Walder genauso wenig leiden konnte wie sie selbst. Er freute sich zweifellos darauf zuzusehen, wie sie Walder eine Lektion in guter Ermittlungsarbeit erteilte.
Die jungen Agenten starrten durch die Tür und wandten sich dann an Riley.
“Das verstehen ich nicht,” beschwerte sich Emily Creighton.
“Das ist nur ein Schrank,” stimmte Craig Huang ein.
“Sehen Sie sich die Kartons dort hinten an,” sagte Riley. “Aber fassen Sie nichts an.”
Bill und Walder gesellten sich zu ihnen und sahen ebenfalls in die Besenkammer. Büromaterial und Verbände waren auf großen Regalböden gestapelt. Klinikuniformen waren an einer anderen Stelle. Aber einige, große Kartons auf dem Boden sahen aus, als wären sie fehl am Platz. Obwohl alles andere im Schrank ordentlich arrangiert und aufgeräumt war, zeigte sich hinter den Kartons eine freie Fläche und sie standen in merkwürdigen Winkeln auf dem Boden.
“Kartons die von der hinteren Wand weggeschoben wurden,” kommentierte Bill. “Jemand könnte sich leicht dahinter versteckt haben.”
“Holt die Spurensicherung her,” knurrte Walder die jüngeren Agenten an. Dann fragte er Riley, “Was ist Ihre Theorie?”
Ihr Gehirn arbeitete fieberhaft um alle Puzzelteile in die richtige Reihenfolge zu bringen.
“Er ist gestern zur Klinik gekommen,” sagte sie. “Wahrscheinlich spät am Tag, wenn es besonders hektisch zugeht. Inmitten der vielen Patienten hat er die Empfangsdame nach etwas Einfachem gefragt. Vielleicht nach einem Blutdrucktest. Und sie könnte sogar sehr gut die Krankenschwester gewesen sein, die den Test durchgeführt hat – Cindy MacKinnon, die Frau, die er verfolgt hat, die Frau, die er hier entführen wollte. Das hätte ihm sicherlich gefallen.”
“Das können Sie nicht mit Sicherheit sagen,” meinte Walder.
“Nein,” stimmte Riley zu. “Und natürlich wird er auch nicht seinen richtigen Namen angegeben haben, aber wir sollten die Unterlagen trotzdem nach jemandem überprüfen, den das andere Personal nicht erkennt. Tatsächlich sollten wir jeden überprüfen, der gestern als Patient hier war.”
Das würde Zeit kosten und sie wusste es. Aber sie mussten jeder Möglichkeit folgen – und das so schnell sie konnten. Dieser Mann musste aufgehalten werden.
“Er war hier,” sagte Riley, “und hat sich unter die anderen Patienten gemischt. Vielleicht erinnert sich jemand an etwas Ungewöhnliches. Und als niemand hingesehen hat, ist er in die Besenkammer geschlüpft.”
“Hier werden keine Medikamente gelagert und ich sehe auch sonst nichts, das sich zu stehlen lohnen würde,” fügte Bill hinzu. “Also wird sie wahrscheinlich nicht sehr genau beobachtet.”
“Er hat sich in den engen Raum unter dem untersten Regal hinter diesen Kartons gequetscht,” sagte Riley. “Das Personal hatte keine Ahnung, dass er hier war. Die Klink hat zur üblichen Zeit geschlossen und jeder ist nach Hause gegangen. Als er sich sicher war, dass alle weg sind, hat er die Kartons beiseitegeschoben und es sich gemütlich gemacht. Er hat die ganze Nacht gewartet. Ich wette er hat sogar gut geschlafen.”
Die Spurensicherung kam und die Agenten gingen zur Seite um das Team nach Haaren, Fingerabdrücken und sonstigem suchen zu lassen, das ihnen einen Hinweis auf die Identität des Täters geben konnte.
“Da könnten Sie recht haben,” murmelte Walder. “Wir müssen uns auch ansehen, wo er sich in der Nacht aufgehalten hat. Das heißt überall.”
“Es ist die einfachste Lösung,” sagte Riley. “Was in der Regel die beste ist.”
Sie zog sich Plastikhandschuhe über und ging den Flur entlang, wobei sie in jeden Raum blickte. Eines der Zimmer war ein Aufenthaltsraum für das Personal mit einer bequem aussehenden Couch.
“Hier hat er die Nacht verbracht,” sagte sie mit Bestimmtheit.
Walder sah in den Raum. “Jeder bleibt aus diesem Zimmer raus, bis die Spurensicherung alles aufgenommen hat,” sagte er und tat sein Bestes um effizient zu klingen.
Riley ging zurück in das Wartezimmer. “Er war bereits hier, als Cindy MacKinnon heute Morgen aufgetaucht ist. Hier hat er sie geschnappt.”
Riley zeigte auf das Ende des Flurs.
“Dann hat er sie aus dem Hinterausgang geschleppt, wo sein Wagen gestanden hat.”
Riley schloss für einen Moment die Augen. Sie konnte ihn fast sehen, eine schattenhafte Figur, die sie noch nicht klar erkennen konnte. Falls er auffällig war, würde ihn jemand bemerken. Also war sein Erscheinungsbild nicht ungewöhnlich. Nicht übergewichtig, nicht ungewöhnlich groß oder klein, keine ausgefallene Frisur, keine Tätowierungen oder sonstiges. Er würde abgetragene Kleidung anhaben, aber nichts, was auf einen bestimmten Beruf hindeutet. Alte Freizeitanziehsachen. So würde er sich normalerweise anziehen.
“Was ist seine Verbindung zu diesen Frauen?” murmelte sie. “Wo kommt all diese Wut her?”
“Das werden wir herausfinden,” sagte Bill bestimmt.
Walder war jetzt vollkommen still. Riley wusste warum. Die Theorie seiner jungen Agenten, dass der Täter Kontakte in der Klinik hat, schien nun völlig lachhaft zu sein. Als Riley sprach, war ihr Ton fast herablassend.
“Agent Walder, ich weiß den jugendlichen Elan der beiden Agenten zu schätzen,” sagte sie. “Sie lernen. Sie werden eines Tages gut sein. Das glaube ich wirklich. Aber ich denke, dass sie die Befragung des Ehemanns besser Agent Jeffreys und mir überlassen.”
Walder seufzte und nickt ihr kaum merklich zu.
Ohne ein weiteres Wort verließen Riley und Bill den Tatort der Entführung. Sie hatten wichtige Fragen, die sie dem Ehemann des Opfers stellen mussten.