Kitabı oku: «Die kapitalistische Gesellschaft», sayfa 2

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2.2 Kolonialismus

Der englische Kapitalismus ist eng mit dem Kolonialismus verknüpft. Man könnte in Anlehnung an Walter MignoloMignolo, Walter sogar sagen, Kapitalismus und Kolonialismus sind zwei Seiten derselben Medaille.1 Der Kolonialismus wiederum erwuchs aus den Kreuzzügen und der Verlagerung der Handelswege in den Atlantik, nachdem die Osmanen mit der Eroberung Konstantinopels 1453 die älteren Handelswege zwischen Europa und Asien zu kontrollieren begannen. Für Venedig war der direkte Weg nach Asien versperrt. Venedigs große Konkurrentin, Genua, profitierte davon und erkundete gemeinsam mit Portugal die Seewege über den Atlantik. 1492 landete Christoph KolumbusKolumbus, Christoph im Namen der portugiesischen Krone auf der Suche nach einem Seeweg nach Asien in Amerika. Daraufhin übernahmen Portugal und Spanien die Kontrolle über den europäischen Fernhandel. Der Handel wurde finanziert, indem die Europäer Edelmetalle aus Amerika raubten, in Asien gegen Waren eintauschten und diese mit einem hohen Gewinn in Europa verkauften.2 Im 16. Jahrhundert verschifften die Europäer 120 Tonnen Silber jährlich aus Amerika allein nach Südostasien.3

Zunehmend stiegen andere europäische Atlantikanrainer in das Geschäft ein. Bereits im 16. Jahrhundert griffen europäische Schiffe einander an und versuchten, Handelsschiffen die Ladung abzunehmen.4 „Der Handel der Europäer in Asien war von Anfang an (ca. 1505) ein bewaffneter Handel.“5 Matthew RestallRestall, Matthew und Felipe Fernández-ArmestoFernández-Armesto, Felipe bezeichnen die spanischen Konquistadoren, die zu Beginn des 16. Jahrhunderts einen Großteil des amerikanischen Kontinents eroberten und sich vor allem aus dem niederen Adel rekrutierten, als bewaffnete Unternehmer.6 Sie mobilisierten Fußvolk und Kapital für ihre Eroberungen, die ihnen ökonomischen Gewinn verschaffen sollten. Erst im 17. Jahrhundert ging Spanien – wie England – zum staatlich organisierten Kolonialismus über.7

Piraten waren die Vorhut des englischen Kolonialismus. Sie raubten Schätze an Land, verschifften Sklaven nach Amerika und kaperten fremde Schiffe, alles mit Unterstützung des englischen Königshauses. Das bekannteste Beispiel dafür ist der Freibeuter Francis DrakeDrake, Francis, der zunächst dem spanischen Sklavenhandel Konkurrenz zu machen suchte, dann in der Karibik Piraterie betriebt und 1575 durch den Earl of EssexEarl of Essex für die englische Krone angeworben wurde.8 In dieser Eigenschaft umsegelte er die Welt und brachte sich und dem englischen Königshaus reiche Beute ein. 1581 wurde er in den Adelsstand erhoben.

1588, nach dem Sieg Englands über die spanische Flotte, die Armada, wurden die staatlich unterstützten Raubzüge in Kolonialgesellschaften auch staatlich institutionalisiert. Die englischen, aber auch die niederländischen Kolonialgesellschaften wurden von Adligen, Vertretern des Staates bzw. der Krone und Kaufleuten gemeinsam geführt. Finanzkapitalisten vergaben Kredite für Expeditionen, deren Investitionen die Schiffe mitsamt Besatzung waren. Die Unternehmen erhielten vom Staat das Monopol für eine bestimmte Region.9 Sie trieben Handel, errichteten Festungen, stellten Armeen auf und sprachen Recht. Der Staat verkaufte Anteile an den Kolonialgesellschaften als Aktien an Kapitaleigner und machte so einen Gewinn. Die Aktionäre machten Geld, wenn die Gesellschaft Gewinne einfuhr, die sie mit den Händlern und Seeleuten teilten. Die Gewinne konnten astronomisch sein. Im 17. Jahrhundert warfen Gewürznelken einen Profit von rund 2500 Prozent ab.10

Die Engländer beraubten die Schiffe anderer europäischer Mächte und der Araber, eigneten sich in den Überseegebieten gewaltsam Waren an, handelten mit gewaltsam entführten Menschen und setzten sie als Arbeitssklaven ein, betrogen örtliche Bevölkerungen und legten in der ganzen Welt Häfen an. Kapital wurde nicht durch Produktion und Handel akkumuliert, sondern durch Piraterie, den Raub von Rohstoffen, Sklaverei und Betrug. Allerdings geschah all das auf der Grundlage von Kapitalinvestitionen und mit staatlicher Unterstützung – und nicht, wie bei Seeräubern, zum eigenen Lebensunterhalt und außerhalb staatlicher Regulierung. „Der Kapitalismus triumphierte nur dann, wenn er mit dem Staat identifiziert wurde, wenn er der Staat war.“11

Der nationalstaatliche Kolonialismus unterschied sich ab dem 16. Jahrhundert zunehmend vom venezianischen Kolonialismus. Während in Venedig der Handel das Zentrum der Wirtschaft bildete, verdrängte in den portugiesischen, spanischen, niederländischen, englischen und französischen Kolonien die Ausbeutung den Handel, insbesondere in Form von Sklaverei und Rohstoffabbau. Im Laufe der Zeit dehnten sich die europäischen Niederlassungen über die Welt aus und bedeckten ganze Territorien, die in Kolonien verwandelt wurden. Um 1800 beherrschten die Europäer rund 35 Prozent der Erdoberfläche, 1914 waren etwa 85 Prozent unter westlicher Herrschaft.12

Die territoriale Weltherrschaft wird auch als Imperialismus bezeichnet und vom Kolonialismus unterschieden, weil weltumspannende Reiche errichtet wurden, die aus den europäischen Nationalstaaten und ihren Kolonien bestanden.13 Die Kolonien wurden in dieser Zeit auch nicht mehr von privaten Kapitalgesellschaften, sondern von den europäischen Regierungen beherrscht. Ihr Ziel bestand jedoch weiterhin in einem ökonomischen Profit. Der Profit wurde vom Staat für die zahlreichen Kriege und von der Wirtschaft als Kapital verwendet, das nach und nach in die einheimische Produktion investiert wurde.14

Die Frühphase des weltweiten Kolonialismus der Europäer war geprägt von Raub – insbesondere von Edelmetallen in Amerika, von Sklaven in Afrika und von Waren in Asien. Im 18. Jahrhundert ging der Kolonialismus zur Plantagenwirtschaft über, vor allem durch Zwangs- und Sklavenarbeit.15 Der Raub wich der landwirtschaftlichen Produktion, deren Erträge vor allem in Europa, aber zunehmend auch im Rest der Welt verkauft wurden. Erst dann entwickelte sich in England die Industrialisierung.16 Die aus den Kolonien abgeführten Güter, von Edelmetallen über Waren bis zu landwirtschaftlichen Produkten, bildeten eine Grundlage der industriellen Revolution.17

Wichtig für die Industrialisierung Englands war auch die Funktion der Kolonien als Absatzmärkte.18 Die Industriezweige, die in den Kolonien bereits existierten, wurden zerstört, die Entwicklung neuer Industrien wurde verboten.19 So mussten die Bewohner die Produkte kaufen, die in England hergestellt wurden. Das bekannteste Beispiel ist die indische Textilindustrie, deren Qualität zeitgenössischen europäischen Quellen zufolge den englischen Textilien weit überlegen war.20 Die Engländer, deren Industrialisierung langfristig auf der Produktion von Textilien basierte, zerstörten die indischen Produktionsanlagen, um ihre eigenen Textilien in ihrer indischen Kolonie verkaufen zu können.21

Die wichtigste Folge des Kolonialismus bestand in der Herstellung einer integrierten, ungleichen Weltordnung. Außerdem hat er außereuropäische Bevölkerungen stark dezimiert, einige sogar ausgelöscht. Insgesamt kamen mindestens 50, eher aber 262 Millionen Menschen durch den Kolonialismus ums Leben.22 Dabei ist zu bedenken, dass die Weltbevölkerung 1500 rund 500 Millionen und 1800 etwa eine Milliarde zählte. Darüber hinaus trug der Kolonialismus zur Industrialisierung Europas bei. Ferner hat er einen großen Anteil gehabt, die europäischen Staaten in kapitalistische Nationalstaaten zu verwandeln, indem die Kolonialgesellschaften privates Kapital und staatliche Organisation miteinander verbanden. Dadurch entstand die noch heute zentrale Verzahnung von Staat und Kapital. „Wann immer das Interesse an einer Kolonie von Handel und Räuberei zur planvollen Ausbeutung ihrer Ressourcen überging, musste der koloniale Staat durch Infrastrukturprojekte (Eisenbahnen, Kanäle, Straßen, Telegraphennetze), durch Landerschließungsprogramme, durch Zoll- und Währungspolitik oder durch städtebauliche Initiativen privaten Geschäftsinteressen den Weg bahnen.“23

Der Kolonialismus gehört insofern der Vergangenheit an, als die Welt nicht mehr von Europa beherrscht wird. Allerdings ist er immer noch aktuell, da die Struktur der heutigen Welt ein Erbe des Kolonialismus ist. Die heute armen Länder sind allesamt ehemalige Kolonien, die während der Kolonialzeit ausgeplündert, versklavt und gesellschaftlich verwüstet worden sind. Die ehemaligen Kolonialherrscher hingegen gehören auch heute noch zu den reichen und mächtigen Ländern. Nur wenige der einstigen Kolonien haben einen Aufstieg geschafft, beispielsweise die USA, Australien, Neuseeland und die asiatischen Tiger; China war nur teilweise kolonialisiert. Darüber hinaus sind die ehemaligen Kolonien bis heute sprachlich, kulturell und politisch mit ihren ehemaligen Herrschern verbunden. Schließlich wurden ihnen der Kapitalismus und die politische Organisation des Nationalstaats aufgezwungen.

2.3 Der Nationalstaat

In die Zeit der Entfaltung des Kolonialismus fällt die Entwicklung des Nationalstaats. Bis zum Dreißigjährigen Krieg, der 1648 endete, waren die europäischen Staaten gleichsam Besitztümer von Monarchen. Der Staatsapparat der englischen Königin ElizabethElizabeth I. von England umfasste vor Beginn des Krieges nur wenige hundert Personen und war weitgehend mit ihrem Hof identisch.1 Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde Europa territorial aufgeteilt, und die Staaten entwickelten sich zu Nationalstaaten mit einer unpersönlichen, umfassenden Bürokratie und einer rechtlich geregelten Herrschaft. Diese Organisationsform wurde mit dem Kolonialismus auf den Rest der Welt übertragen.

Der Nationalstaat ist keine Privatangelegenheit der Monarchen mehr. Erstens ist der Herrscher ein Vertreter der Gesamtheit, also ein Repräsentant und kein persönlicher Machthaber. Zweitens hat der Nationalstaat ein rechtliches Rahmengerüst. Drittens hat er eine territoriale Grenze. Viertens verfügt er über ein Staatsvolk, das seit dem Dreißigjährigen Krieg zunehmend nationalistisch gedacht wurde, also mit einer einheitlichen Geschichte, Kultur und Sprache. In Wirklichkeit gab es zum Ende des Krieges keine Staaten dieser Art, sondern die Herrscher formten die Staaten in diese Richtung um. Die späteren Demokratien, beispielsweise die USA und Frankreich, schlossen daran an.

Bis zum Kolonialismus waren fast alle globalen Zentren expandierende Stadtstaaten gewesen, beispielsweise Babylon, das Industal, Athen, Rom, Venedig und Genua. Aber erst England war keineswegs mehr ein Hof mit umgebendem Territorium, sondern London wurde im 17. Jahrhundert die Hauptstadt eines nationalen Territoriums mit einem einheitlichen Binnenmarkt.2 Die anderen Staaten der Welt erreichten dieses Maß an Integration erst später. Im Weltmaßstab wurde der Nationalstaat sogar erst im 20. Jahrhundert die allgemeine politische Organisationsform.3

Der westliche, institutionalisierte Kapitalismus war von Anfang an ein globales Projekt, das von national organisierten Kapitalistengruppen im Verbund mit ihrem Staatsapparat vorangetrieben wurde. Der Staat diente den Kapitalisten als Beschützer, die Kapitalisten dienten dem Staat als Finanziers. Die Staaten und ihre Politik wurden national organisiert. Sie waren eng mit dem Kolonialismus und dem Kapitalismus verknüpft. Der europäische Nationalstaat sollte „seinen“ Kapitalisten überall auf der Welt profitable Möglichkeiten eröffnen und gleichzeitig im Innern die Arbeit organisieren und die Bevölkerung befrieden. Er stellte die Infrastruktur, bildete die Bevölkerung aus, kontrollierte sie und federte die Auswirkungen des Kapitalismus ab. Im Ausland trat er für die Interessen der auf seinem Staatsgebiet angesiedelten Kapitalisten ein.4

Diese Aufgaben sind bis heute die zentralen des Staatsapparates geblieben. Bis heute werden dazu gegebenenfalls Gewaltmittel eingesetzt. Wie die früheren Kolonialherren von Venedig über Spanien bis England befinden sich die heutigen Staaten, die Anspruch auf die Weltherrschaft oder eine regionale Vormachtstellung erheben, in einem mehr oder weniger konstanten Kriegszustand, um überall günstige Bedingungen für die mit ihrem Nationalstaat verbundenen Kapitalisten durchzusetzen und die anderen Staaten sowie ihre Kapitalisten nach Möglichkeit zu beherrschen.

2.4 Enteignung

Vorbedingung für die geografische Verschiebung des Kapitalismus von Oberitalien nach England war die osmanische Eroberung von Konstantinopel. Daraufhin verlagerte sich der europäische Handel vom Mittelmeer an die Atlantikküsten. Portugal, Spanien und die Niederlande profitierten davon und begannen den Handel mit Piraterie und Kolonialisierung zu verbinden. Dieses Projekt wurde mit dem englischen Sieg über die Armada 1588 von England übernommen. Das nordwestliche Europa, vor allem England, beherrschte zunehmend die Welt.1

Über die nationalstaatliche Organisation hinaus war eine weitere Voraussetzung, die England für die Entwicklung des Kapitalismus prädestinierte, die weitgehende Verwandlung des Landes in Privateigentum. Sie begann damit, dass König Heinrich VIII.Heinrich VIII. von England von England sich scheiden lassen wollte und daher die englische Kirche vom Katholizismus abspaltete, der ihm die Scheidung unmöglich machte. Er ließ seine Ehe 1532 annulieren, heiratete seine neue Liebe Anne BoleynBoleyn, Anne und erklärte sich zum Oberhaupt der englischen Kirche. Der Besitz der katholischen Kirche ging damit in seine Kontrolle über. Viele der riesigen Ländereien der Kirche verkaufte Heinrich VIII., einen Teil verschenkte er an Günstlinge und einen geringen Teil behielt er.2 Die Kaufleute und Adligen, die Geld übrighatten, kauften das Land. Da nicht viele Menschen in der Lage waren, genügend Geld für einen Landkauf aufzubringen, kam es zu einer starken Konzentration des Grundbesitzes. Diese Konzentration nahm noch weiter zu, als im 18. Jahrhundert auch das Gemeindeland in Privateigentum verwandelt wurde.3 Eine kleine Gruppe von Hochadligen eignete sich das Land an. Noch heute sind alte adlige Familien die größten Landbesitzer Englands, darunter auch das Königshaus.4

Die Privatisierung des Grundbesitzes führte dazu, dass sich die Menschen nicht mehr selbst ernähren konnten, sondern Lohnarbeit suchen und ihre Lebensmittel kaufen mussten. Allerdings gab es im 16. Jahrhundert noch keine Arbeit für sie außerhalb der feudalen Knechtschaft. Eine Industrie entwickelte sich erst Jahrhunderte später. Es kam zu einer Verelendung der vom Land vertriebenen Bevölkerung und es war der Beginn der Auswanderung in die Kolonien. Die Ausdehnung der europäischen Kolonialgebiete gewährleistete einen stetigen Abfluss „überschüssiger“ Menschen aus Europa. Eine große Zahl armer und landloser Gruppen wanderte bis ins 20. Jahrhundert in die Kolonien aus. Die Wanderbewegungen hielten auch nach der Unabhängigkeit der Kolonien an. Erst mit der Entstehung einer Dienstleistungsökonomie und mit der Entwicklung des Sozialstaats gelang es, die eigentumslosen Bevölkerungsmassen in den europäischen Nationalstaaten zu halten. Die Industrialisierung trug – entgegen den allgemeinen Behauptungen – nicht viel dazu bei. Die größten Wellen der Auswanderung fanden während der Blütezeit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert statt. Gleichzeitig wurde in England ein Arbeitszwang erlassen, um die Armen in das System zu integrieren.5

Die Industrialisierung diente ebenso wenig wie der Kolonialismus zur Verbesserung des Lebens der breiten Masse. Zweck der Fabriken war es auch nicht, den enteigneten Menschen Arbeit zu geben, sondern sie sollten Profit erwirtschaften. Nur wo das durch die Ausbeutung von Arbeitskräften möglich war, erhielten Menschen Arbeit. Die staatlich organisierten Gesellschaften von Mesopotamien und Ägypten bis zu dem indischen Reich der Moguln und dem Habsburger Reich schufen persönliche Abhängigkeitsverhältnisse und Knechtschaft bis hin zur Sklaverei. Auf diese Weise schränkten sie die Freiheit der Menschen stärker ein, als das im Kapitalismus der Fall ist. Wo keine Zwangsverhältnisse bestanden, konnten die Menschen sich jedoch meist selbst ernähren und waren nicht darauf angewiesen, Arbeit zu finden. Die Notwendigkeit, Arbeit zu finden, erwuchs aus der Enteignung und der Befreiung der Menschen aus feudalen Verhältnissen.

Die Folgen der Enteignung können wir noch heute täglich am eigenen Leib spüren. Warum müssen wir eine Arbeitsstelle suchen, warum sind wir von unserem Arbeitgeber abhängig, warum müssen wir das verdiente Geld für den Lebensunterhalt ausgeben? Die Enteignung beantwortet diese Fragen. Bis zum Beginn des westlichen Kapitalismus war Land nur in kurzen Perioden und in begrenzten Gebieten Privateigentum. Fast die gesamte Geschichte hindurch konnten die Menschen sich irgendwo Land suchen, das sie für ihren Lebensunterhalt bearbeiteten. Sie mussten weder für Miete noch für Lebensmittel bezahlen, sondern Land, Haus, die meisten Gegenstände des täglichen Bedarfs und Nahrungsmittel gehörten praktisch ihnen. Sie mussten keine Arbeit suchen und wurden auch nicht dazu gezwungen.

Eine zentrale Maßnahme aller Kolonialherren und der späteren Entwicklungspolitik war es daher, das Land in den eroberten Gebieten in Privateigentum zu verwandeln. Das führte einerseits zur Konzentration des Grundbesitzes und andererseits zur Erzeugung völlig machtloser Arbeitskräfte. In El Salvador beispielsweise gehörte das Land traditionell den Dorfgemeinschaften. Daher wurde 1881 auf Druck der USA ein Gesetz erlassen, das Privateigentum an Land zur einzig rechtlichen Form des Besitzes erklärte. Damit war das Land der Dorfgemeinschaften fortan herrenlos. Kaffeeunternehmen eigneten sich das Land an, vertrieben die Indigenen und stellten sie später teilweise als Landarbeiter an. El Salvador wurde in der Folge von einer Oligarchie von 14 Familien beherrscht, die wiederum eng mit den USA kooperierte.6 Ähnliches geschah in jedem kolonialen und postkolonialen Staat der Welt.

2.5 Staatsfinanzen

Die spezifische Konfiguration des Kapitalismus entstand durch die zunehmende Abhängigkeit der Monarchen vom Kapital, das die Kriege finanzierte. In früheren Monarchien monopolisierte der Herrscher selbst das Vermögen. Wo er, wie in Norditalien während der Renaissance, auf Kreditgeber angewiesen war, übten entweder diese selbst die Funktion des Monarchen aus oder wurden letztlich von der Zentralmacht unterworfen und in die Schranken gewiesen. Die Medicis in Florenz waren zuerst Bankiers, stiegen dann zu einer Dynastie auf und wurden am Ende vom Papst unterworfen.1 Im späteren Kapitalismus wurden die Staaten hingegen vom Finanzkapital abhängig, das die Staatsschulden verwaltete.

Die vorherrschende Meinung lautet, dass die Herrschaft des Finanzkapitals eine Entwicklung der letzten Jahrzehnte gewesen sei. Tatsächlich waren die Händler immer die treibende Kraft des Kapitalismus, vom Kolonialismus bis zur Welthandelsorganisation. Und hinter den Händlern stand stets das Finanzkapital, weil die Händler ihre Investitionen selten vollständig aus eigener Tasche bezahlen können. Über die Kredite kontrollierte das Finanzkapital die Handelsunternehmen und über die Staatsschulden die Regierungen.2 Das Verhältnis zwischen ihnen veränderte sich allerdings ständig, da neue Instrumente, Organisationsformen und Prozesse entwickelt werden.

Im 16. Jahrhundert wurden die Wechsel, die auf Papier notierten Handelskredite, zunehmend an Dritte abgegeben, also gehandelt. Der Kreditnehmer verkaufte das Stück Papier, auf dem die Kreditsumme vermerkt war, weiter und konnte dabei einen Profit einstreichen, beispielsweise wenn er es in einer anderen Währung verkaufte, deren Wert im Verhältnis zur Ursprungswährung stieg, oder indem er Zinsen verlangte. Der Käufer konnte mit dem Papier das Gleiche machen. Das klingt wie ein Schneeballsystem, tatsächlich aber mussten die Parteien davon ausgehen, dass der ursprüngliche Kredit am Ende zurückgezahlt wurde. Dennoch wurde teilweise reine Finanzspekulation betrieben, ohne dass der Kredit in den Handel investiert wurde, genau wie an den heutigen Börsen.3

Eine besondere Form des Kredits entstand mit den Staatsschulden. Wegen der vielen Kriege im Ausland, wegen des Bürgerkriegs im Inland und wegen der Ausweitung des Kolonialismus häufte der englische Staat im 17. Jahrhundert beträchtliche Schulden an. Der Krieg gegen Frankreich allein verdoppelte die englischen Staatsschulden.4 Auch die Kosten der Kolonialkriege, die England zwischen dem späten 16. Jahrhundert und Mitte des 20. Jahrhunderts überall auf dem Erdball gleichsam kontinuierlich führte, waren enorm. Das Geheimnis dieser Schulden besteht darin, dass sie nie wirklich zurückgezahlt werden, sondern einen ständigen Zinsfluss vom Staat an die Kapitalisten begründen.

Dieser Prozess begann 1694, als im Anschluss an die englische Revolution die Bank of England als Aktiengesellschaft geschaffen wurde.5 Sie verwandelte die Staatsschulden in Anleihen und verkaufte diese. Die Quittungen waren die „Bank of England Notes“, die zu den ältesten Banknoten zählen. Die Besitzer dieser Noten erhielten vom Staat Zinsen über eine festgelegte Laufzeit. Am Ende der Laufzeit sollten die Banknoten (oder Anleihepapiere) vom Staat zum Nennwert zurückgekauft werden. Dadurch machten die Kapitaleigner einen Gewinn, der bei hohen Zinsen und einer langen Laufzeit die Investition sogar verdoppeln konnte. Der Staat bezahlte die Schulden am Ende der Laufzeit jedoch selten, sondern finanzierte die Rückzahlung durch den Verkauf neuer Anleihen, die wiederum einen Zinsfluss an die Kapitaleigner schufen.

Im 18. Jahrhundert entwickelte sich die Staatsanleihe zum Grundstein des Kapitals, insbesondere des Finanzkapitals.6 In Europa sind die Rothschilds, die vermutlich bis heute reichste Familie der Welt, das Paradebeispiel für Wohlstand durch die Verwaltung von Staatsschulden. Robert MorrisMorris, Robert, William BinghamBingham, William, Stephen GirardGirard, Stephen und John Jakob AstorAstor, John Jakob sind bekannte Vertreter für die Spekulation mit Staatsanleihen in den USA, wo die Entwicklung von Alexander HamiltonHamilton, Alexander und William DuerDuer, William vorangetrieben wurde, die allesamt britischer Herkunft waren, hohe politische Ämter innehatten und Anleihen über die Bank of the United States organisierten.

Das Prinzip der Staatsanleihe ist noch heute von großer Bedeutung. Die Staatsschulden bewirken einen ständigen Zinsfluss an die Eigentümer der Anleihen, also an die Kapitalisten. Die Zinsen werden bezahlt durch die Steuern, also höchstens zur Hälfte von den wenigen Reichen und zur anderen Hälfte von der großen Masse der Bevölkerung. Allerdings erhalten die Reichen am Ende ihre eigenen Steuern und die Steuern der Masse in Form der Zinszahlungen auf die Anleihen, während die Armen keinen Anteil an den Zinsflüssen haben. Darüber hinaus verfällt die Kreditsumme normalerweise nicht, sondern bildet gleichsam den Kapitalsockel der Investoren.

Der Staat hätte die Macht, Geld ohne Rückgriff auf Schulden zu drucken oder die gemachten Schulden einfach zu streichen. Das wurde tatsächlich im Anschluss an große Kriege und Umwälzungen immer wieder vorgeschlagen und teilweise auch durchgeführt. Meist aber wird diese Lösung durch Finanzminister und andere hohe Regierungsmitglieder verhindert, die entweder als Privatpersonen selbst Staatsanleihen besitzen oder vom Großkapital beeinflusst werden. Dafür ist Finanzminister Alexander HamiltonHamilton, Alexander in der Gründungsphase der USA ein Paradebeispiel.7

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