Kitabı oku: «Die kapitalistische Gesellschaft», sayfa 5
3.1 Was ist Kapital?
Wenn von „Kapital“ die Rede ist, erklärt man meist nicht, was gemeint ist. Häufig meint man Vermögen oder Besitz. Als Kapital kann aber nur ein Vermögen bezeichnet werden, das gewinnbringend investiert wird. Im Alltag sind wir der Meinung, dass jeder Mensch über Kapital verfügt oder zumindest prinzipiell verfügen kann. Tatsächlich ist der Besitz von Kapital im Sinne eines mit dem Ziel von Gewinn investierten Eigentums auf eine winzige Gruppe beschränkt. Wir werden uns mit dieser Gruppe weiter unten eingehender beschäftigen.
Das Einkommen kann man in Konsum verwandeln (und damit gleichsam verlieren) oder verwahren (sparen). Die Arbeiterschaft muss den größten Teil ihres Einkommens für notwendigen Konsum aufwenden – auch wenn die Definition des Notwendigen sich im Laufe der Zeit ändert. Wenn das Einkommen für den Konsum verbraucht ist, muss die Arbeitskraft erneut verkauft werden. Bleibt darüber hinaus noch etwas übrig, kann es gespart werden. Weder das ersparte noch das für den Konsum aufgewendete Geld ist Kapital. Nur wenn das Ersparte so investiert wird, dass es einen nicht konsumierten Profit abwirft, der über der Wachstumsrate liegt, sich also vermehrt, verfügt man über potentielles Kapital.
Allerdings sind nicht einmal alle Menschen, die über potentielles Kapital verfügen, im ökonomischen Sinne als Kapitalisten zu bezeichnen. Wer ein paar Aktien eines Großunternehmens besitzt, hat keinen Einfluss auf die Firmenpolitik und den Aktienkurs. Es handelt sich lediglich um eine andere Art des Sparens, nicht um eine kontrollierbare Investition. Kleine Sparer sind den Großaktionären und der Unternehmensleitung vollkommen ausgeliefert. Sie sind keine Kapitalisten. Das zeigt sich auch an den Profitraten. Während kleine Sparer froh sind, wenn sich ihr Geld überhaupt vermehrt, streben die Kapitalisten stets Profitraten von mehreren Prozent pro Jahr an. Die Sparer vermehren ihr Vermögen kaum, die Kapitalisten erzielen in Deutschland einen Gewinn von mindestens 4,6 Prozent auf ihre Geldvermögen.1 Ferner finanzieren Kapitalisten ihren Lebensunterhalt aus dem Profit, während die Sparer für ihren Lebensunterhalt arbeiten müssen. Schließlich sind Kapitalisten nur in Verbindung mit einer sozialen Klasse zu interpretieren. Darauf werde ich im Verlauf des Kapitels mehrfach zurückkommen.
Die Kapitalisten stellen dem Rest der Bevölkerung Kapital gegen eine Art Nutzungsgebühr zur Verfügung. Ein geringer Teil der Nutzer setzt dieses Kapital selbst als Investition ein, muss aber eine Nutzungsgebühr abführen. Wer Boden nutzt, bezahlt eine Pacht. Wer Maschinen benutzt, bezahlt eine Pacht. Und wer Geld leiht, muss einen Zins entrichten. Die Nutzer versuchen, das Kapital so einzusetzen, dass sie selbst einen Gewinn machen. Auf diese Weise sichern sie sich ihr Überleben. Die Mittel zum Überleben kaufen sie jedoch letztlich wieder vom Kapitalisten, so dass ihr Lohn oder Gewinn an den Kapitalisten zurückfließt. Der große Rest der Bevölkerung erarbeitet mittels des Kapitaleinsatzes seinen eigenen Lebensunterhalt und den Profit der Kapitaleigner. Und die Kosten für den Lebensunterhalt fließen an die Verkäufer der Lebensmittel zurück, also an die Kapitaleigner.
Es ist wichtig, sich diesen Punkt genau klarzumachen. Ein beträchtlicher Teil der Einkommen und Vermögen der Menschen, die keine Kapitalisten sind, landet letztlich bei den Kapitalisten. Wir alle bekommen nur Konsumgüter zur Verfügung gestellt. Aus dieser Perspektive macht es keinen Unterschied, ob jemand 1800 oder 8000 Euro netto im Monat verdient. Bei 1800 Euro liegt der bundesdeutsche Durchschnitt für Haushalte, mit 8000 Euro gehört man zu den fünf Prozent der Topverdiener.2 Wer 1800 Euro verdient, muss etwa 500 bis 900 Euro Miete bezahlen, die oft ein Kapitalist einstreicht, ungefähr 300 Euro für Versicherungen, die Kapitalisten gehören, rund 500 Euro für Nahrungsmittel und Kleidung, die von Kapitalisten verkauft werden, und den Rest für Unterhaltung, die von Kapitalisten angeboten wird. Wer 8000 Euro verdient, zahlt mit etwa 2000 Euro ein Eigenheim ab. Das Geld streicht eine Bank ein, die Kapitalisten gehört. Mindestens 1000 Euro wendet er für Versicherungen auf und bis zu 1000 Euro für Nahrungsmittel. Für Unterhaltung und insbesondere für Verkehrsmittel wendet er relativ viel auf, möglicherweise bis zu 1000 Euro. Ferner hat diese Person im Zweifelsfall ein Ferienhaus, vielleicht ein Boot und Aufwendungen für Berufskleidung, Bewirtung und ähnliches, die sicher noch einmal 1000 Euro ausmachen. Die restlichen 2000 Euro wird die Person entweder für Luxuskonsum einsetzen oder für die Altersvorsorge, die wiederum von einem kapitalistischen Unternehmen angeboten wird.
Man mag einwenden, dass beide Personen Steuern an den Staat abführen, der nicht im Besitz von Kapitalisten ist. Was aber macht der Staat mit den Steuern? Er gibt es für Sozialleistungen aus, die für den Konsum eingesetzt werden, für Infrastruktur, die von kapitalistischen Unternehmen errichtet wird, für Zinsen auf Schulden, für Rüstung und den Beamtenapparat, der das Geld einsetzt wie eine Person im Beispiel des vorangehenden Absatzes. Nur bei wenigen Posten, etwa Bildung und Gesundheit, fließt das Geld nicht unbedingt vollständig in die Taschen der Kapitalisten.
Selbstverständlich kann in der demokratischen Gesellschaft jeder Mensch ökonomisches Kapital investieren. Wer keines hat, kann einen Kredit aufnehmen. Allerdings tut das kaum jemand, weil das Risiko hoch ist und die wirtschaftlichen Zusammenhänge kaum bekannt sind. Tatsächlich ist der wirtschaftliche Erfolg für einen Außenseiter sehr unwahrscheinlich. Kapitalisten hingegen haben fast immer bereits vor dem wirtschaftlichen Erfolg Kapital, da die meisten Kapitalisten Erben sind. Sie müssen es nicht erwerben und nicht einmal selbst unbedingt investieren, sie können von den Zinsen leben.
Das Kapital im Sinne einer kontrollierbaren Investition gehört im Kapitalismus einer kleinen Gruppe. Alle anderen können nur überleben, wenn ihnen erlaubt wird, dieses Kapital zu nutzen und einen Teil der Profite zu erhalten – mit denen sie Konsumgüter kaufen, deren Erlös wiederum an die Kapitalisten fließt. Die prinzipiell auf Arbeit angewiesenen Menschen, die mindestens 99,9% der Bevölkerung ausmachen, sind weder freie Menschen noch Sklaven, sondern Abhängige. Sie sind darauf angewiesen, vom Kapital einen Lebensunterhalt zugeteilt zu bekommen. Warum bekommen sie ihn? Sie bekommen in dem Maße einen Anteil, in dem sie Dienste für die Kapitalisten verrichten, die ohne diese kein Essen, keine Häuser und keine Annehmlichkeiten hätten. Und sie bekommen einen Anteil, weil sie ihn über Jahrhunderte erkämpft haben. Eine logische oder natürliche Notwendigkeit, für Arbeit einen Lohn zu bezahlen, gibt es nicht.
3.2 Wachstum
Wer bezahlt eigentlich den Gewinn der Kapitalisten? Das kann geschehen durch die Vermehrung der Geldmenge, Raub, Umverteilung von unten und Wirtschaftswachstum. Alle vier Möglichkeiten werden tagtäglich ergriffen. Die ersten drei sind negativ zu bewerten. Das Drucken von Geld hat eine Inflation zur Folge: Da es insgesamt dieselbe Menge an Waren, Kapital und Arbeit gibt, aber mehr Geld, muss man für jeden Gegenstand mehr Geld bezahlen. Volkswirtschaftlich ändert sich durch die Vermehrung der Geldmenge nichts. Tatsächlich gewinnen aber relativ die Menschen, die über Eigentumsgüter verfügen, welche nicht die Form von Geld haben, während die Menschen, die allein Geld zur Verfügung haben, also die Armen, mehr Geld für das Notwendige ausgeben müssen. Raub kann viele Formen haben, nicht selten ist er mehr oder weniger legal, beispielsweise die Landnahme durch Verwandlung von Boden in Eigentum, ein Vertragsabschluss bei ungleicher Verteilung von Informationen oder die Nutzung von Steueroasen. Mittel zur Umverteilung von unten nach oben sind beispielsweise die Kürzung von Löhnen, Steuererleichterungen für Vermögende und Spitzenverdiener, Verbrauchsteuern (die für alle gleich sind, aber prozentual zum Einkommen für die Konsumenten stärker ins Gewicht fallen als für Kapitalisten), Konsumkredite und Staatsschulden. Das Wirtschaftswachstum kann gut oder schlecht sein. Es kann auf der Plünderung von Ressourcen, Bevölkerungswachstum und Einsparung von Arbeitskräften beruhen. Das ist eher negativ zu bewerten. Lediglich das Wachstum, das auf Steigerung der Produktivität beruht, kann positiv sein – wenn die Allgemeinheit daran beteiligt wird. Meist aber werden trotz Wachstums die Löhne nicht angehoben und nicht mehr Arbeitskräfte beschäftigt. Dann kommen die Früchte des Wachstums fast ausschließlich den Kapitalisten zugute.1 Der Profit – oder, wie man oft lieber sagt, der Gewinn – der wenigen Kapitalisten wird fast immer von der Allgemeinheit bezahlt.
Der Marxismus geht davon aus, dass Profit durch Ausbeutung von Arbeitskraft erzeugt wird. Mit dieser Annahme verknüpft er eine naturwissenschaftliche Sicht auf die Wirtschaft. Er meint, dass man die Profitrate berechnen könne. Tatsächlich erwächst der größte Teil des Profits im Kapitalismus jedoch aus Prozessen, die Verwandtschaft mit dem Raub aufweisen. Die gesamte Struktur des Kolonialismus bestand darin, dass sich Kaufleute und Staaten Rohstoffe, Waren und Menschen in den Kolonien nahezu kostenlos angeeignet haben. Diese Struktur wurde lediglich durch andere Formen der Kapitalinvestition ergänzt. Noch heute wird ein großer Anteil am weltweiten Handel von der Natur kostenlos zur Verfügung gestellt: Öl, Wasser, Holz, Edelsteine, Metalle, Pflanzen. Man muss nur den Abbau bezahlen.
Ein weiterer Teil des Profits wird durch kurzfristigen Betrug erzeugt, für den tendenziell die Allgemeinheit aufkommen muss, falls es die geschädigten Personen nicht vermögen. Wer Falschgeld druckt und damit bezahlt, macht einen Profit, auch wenn dadurch die gesamte Geldmenge wächst und alle Waren etwas teurer werden. Ähnlich verfahren Banken, wenn sie Wertpapiere für nicht existente Werte auflegen, was die Ursache der Krise von 2008 war.2
Der Gewinn entsteht oft aus Raub. Das Wirtschaftswachstum hingegen wird im Wesentlichen durch die Integration neuer Rohstoffquellen und Absatzmärkte erzeugt. Kostenlose Aneignung von Ressourcen ist ein zentrales Element des Kapitalismus, vom Kolonialismus bis zur Abholzung der Regenwälder. Zieht man das prozentuale Bevölkerungswachstum und den Wert neu entdeckter Ressourcen ab, bleibt eine Rate des Wirtschaftswachstums übrig, die kaum über der nicht-kapitalistischer Gesellschaftsformen liegt. Ferner müssen wir im Grunde auch den Wert aller Betrugsfälle abziehen. Es bleibt die Ausbeutung der Arbeitskraft, also die Produktivität, als Quelle eines echten Wachstums im Sinne des Marxismus, das allerdings sehr gering ist und für den Kapitalismus eine untergeordnete Rolle spielt. Tabelle 2 zeigt, dass Ressourcenabbau, Bevölkerungswachstum und Wirtschaftswachstum weitgehend parallel verlaufen.
1850 | 1900 | 1950 | 2010 | |
Verbrauch von Kohle pro Kopf in Gigajoule | Ca. 2 | Ca. 18 | Ca. 18 | Ca. 24 |
Anteil von Wald an der Erdoberfläche | 50% | 48% | 44% | 38% |
Bevölkerung in Milliarden | 1,2 | 1,65 | 2,53 | 6,9 |
BSP in Billionen USD 2011 | Ca. 1,5 | Ca. 3,4 | Ca. 13 | Ca. 94 |
Tab. 2: Wachstum von Bevölkerung, Wirtschaft und Ressourcenabbau weltweit (Quelle: ourworldindata.org, theoildrum.com/node/9023).
Eine Investition muss nicht unbedingt in produktive Tätigkeit fließen, sondern kann auch reine Spekulation mit fiktiven Werten sein. Und die produktive Investition muss keine Arbeitsplätze schaffen, sondern kann gerade dazu dienen, Arbeitsplätze zu vernichten, indem beispielsweise Maschinen gekauft werden, die Arbeit einsparen. Investitionen dienen in erster Linie dazu, Profite zu erwirtschaften. Wenn die Politik also davon redet, ein investitionsfreundliches Klima zu schaffen, ist damit in erster Linie gemeint, dass die Profite gesteigert werden sollen.
Wachstum ist das Schlüsselwort im öffentlichen Diskurs. Wirtschaftssteuerung heißt Förderung des Wachstums, indem Kosten gesenkt und Absatzmöglichkeiten erweitert werden. Die Steuergesetze der meisten Staaten sollen dazu dienen, Investitionen zu fördern. Wo die Unternehmen investieren, bleibt ihnen überlassen. Unternehmenskredite werden verbilligt, die öffentliche Nachfrage wird gestärkt und die Arbeitnehmer werden zur Zurückhaltung bei Lohnforderungen gedrängt. Dadurch soll das Wachstum angekurbelt werden, in Wahrheit werden aber nur die Profite gesteigert.
3.3 Großunternehmen und Konkurrenz
Der Kapitalismus zeichnet sich durch eine Organisation des „Marktes“ oder der „Wirtschaft“ aus, die vorrangig dazu dient, den Profit der Kapitaleigner zu sichern. Dabei konkurrieren die Kapitaleigner miteinander und müssen sich gegen Aufsteiger, also gegen Konkurrenz von unten, zur Wehr setzen, um ihre soziale Position zu bewahren. Die Konkurrenz reicht oft sogar in die Familien der herrschenden Klasse hinein. Sie sorgt für eine ständige Instabilität des Systems und einen Zwang zur Expansion. Im Bereich der kapitalistischen Wirtschaft hingegen ist die Konkurrenz minimal. Die Rechtfertigung des Kapitalismus als effizienter Wirtschaftsform wegen marktförmiger Konkurrenz trifft auf ihn nicht zu.
Die zentralen Bereiche der kapitalistischen Wirtschaft sind im Wesentlichen Monopole oder Oligopole: Die Großunternehmen sind entweder durch Absprachen oder durch direktes oder indirektes Eigentum miteinander verbunden. Die frühen Großunternehmen, von den niederländischen und englischen Kolonialgesellschaften bis zu den amerikanischen Eisenbahn- und Ölgesellschaften, hatten Monopole inne, zumindest für ein bestimmtes Territorium. Wenn der Staat eine Konkurrenz erlaubte, wurde sie durch Verschmelzung der Unternehmen oder Zerstörung des Konkurrenten aufgehoben. Heute scheinen in jedem großen Bereich der Wirtschaft – Finanz, Autos, Chemie, Maschinen, Computer, Software – mehrere Großunternehmen gegeneinander zu konkurrieren. Wir werden jedoch weiter unten sehen, dass fast alle heutigen Großunternehmen der Welt sich gegenseitig gehören. Sie bilden ein einziges Konglomerat mit dem Ziel, den größtmöglichen Profit für eine winzige Zahl von Teilhabern zu generieren. Das wird in den Medien, von der Politik und durch die Wissenschaft verdeckt, die vom „Markt“ reden. Auch rechtlich wird der Anschein einer Konkurrenz erzeugt, indem das Kartellamt überall die Existenz mehrerer Unternehmen fordert – dass sie einander besitzen und allesamt von einer kleinen Gruppe von Kapitalisten besessen werden, spielt keine Rolle. Damit verklärt das Kartellamt faktische Monopole zu legalen Oligopolen.
Einen Wettbewerb zwischen den Großunternehmen gibt es nicht (mehr). Sie kooperieren miteinander und sichern der Gesamtgruppe der Kapitalisten somit das Gleichgewicht zwischen maximaler Sicherheit und maximalem Profit. Diese Tendenz haben Paul BaranBaran, Paul und Paul SweezySweezy, Paul schon in den 1960er Jahren konstatiert.1 In der Theorie ist der Kapitalismus effizient, weil zahlreiche Anbieter im Preis und in der Qualität konkurrieren. Dadurch sollen bestmögliche Bedürfnisbefriedigung, Chancengleichheit und Produktivität erzielt werden. So hatte sich bereits Adam SmithSmith, Adam den Kapitalismus vorgestellt.2 Und noch heute wird behauptet, dass er so funktioniere. Tatsächlich aber werden die profitablen Bereiche der Wirtschaft von wenigen Großunternehmen beherrscht. Der Konsument kann nur noch nachfragen, was von den Großunternehmen angeboten wird. Heute wird die Weltwirtschaft von weniger als 150 Großkonzernen beherrscht, die etwa die Hälfte des Gesamtumsatzes erzielen.3 Kleinbetriebe können nur überleben, wenn sie etwas herstellen, was die Großbetriebe nicht wollen oder können (z.B. Handarbeit), oder als Zulieferer.
Verdeutlichen Sie sich das einmal am Beispiel des Automarkts. Welche Marken sehen Sie auf deutschen Straßen? Sie werden keine 20 Marken finden. 1920 gab es beispielsweise in Frankreich noch 140 Autohersteller.4 Nun müssen Sie bedenken, dass einige Marken zu demselben Konzern gehören, beispielsweise VW, Audi und Porsche. Im nächsten Schritt betrachten Sie die globale Situation und stellen fest, dass in den meisten Ländern dieselben Automarken zu finden sind, wenn auch in anderer prozentualer Verteilung. In einem weiteren Schritt können Sie erkennen, dass fast alle Autokonzerne Aktien der angeblich konkurrierenden Autokonzerne besitzen.5 Schließlich finden Sie heraus, dass die Autokonzerne ständig wegen gemeinsamer Absprachen gerichtlich belangt werden.6 Man denke auch an den „Dieselskandal“. Daran, dass die angeblich konkurrierenden Tankstellen ihre Benzinpreise stets gemeinsam ändern, haben wir uns längst gewöhnt – obwohl das dem Prinzip des Wettbewerbs genau widerspricht. Nicht anders verhält es sich bei den Autoherstellern.
Die Größenunterschiede der Unternehmen implizieren Machtungleichgewichte und Abhängigkeiten. Einfluss auf ein Großunternehmen hatten bis 2009 nur Großaktionäre, Banken und Management. Die deutschen Großbanken vertreten den größten Teil des Grundkapitals auf den Hauptversammlungen, entweder direkt oder für einen Großaktionär oder über Depotstimmrecht, also in Vertretung der Anleger. Ein Großaktionär ist meist an mehreren Unternehmen beteiligt. Er hat nicht mehr das Interesse, ein bestimmtes Unternehmen zu fördern, sondern will eine möglichst hohe Gesamtrendite erwirtschaften. Kleinaktionäre sind dagegen meist nur an einem Unternehmen beteiligt und deshalb an diesem interessiert, haben aber gleichzeitig keinen Einfluss auf seine Führung. Die Heiligkeit des Privateigentums gilt also nur für die Großkapitalisten.
Die unterschiedlichen Wirtschaftssysteme von sozialer Wirtschaft, Markt, Marktwirtschaft und Kapitalismus existieren nicht unabhängig voneinander, sondern der Kapitalismus setzt die anderen Systeme voraus und sucht sie gleichzeitig zu durchdringen, um sich die potentiell profitablen Bereiche anzueignen. Dabei verändert er die Systeme. Gleichzeitig sind auch innerhalb des Kapitalismus Aspekte des Marktes und der sozialen Wirtschaft präsent. Jeder Mensch, der im Kapitalismus agiert, vollzieht auch Akte des Tauschs und des Geschenks. Ohne sie könnte der Kapitalismus nicht funktionieren. In einer völlig auf Profit ausgerichteten Gesellschaft würden die meisten der notwendigen Tätigkeiten – von der Geburt und Erziehung über die freundschaftliche Interaktion bis hin zu öffentlichen Leistungen wie Infrastruktur, Wohlfahrt oder Schutz der Bevölkerung – verschwinden. Ohne sie gibt es keinen Kapitalismus und vermutlich auch keine Gesellschaft.
Die öffentliche Darstellung von Wirtschaft seitens der Großunternehmen und der Politik gibt vor, die kapitalistische Wirtschaft zu porträtieren, beschreibt aber immer nur die Marktwirtschaft. In dieser Darstellung scheint es, als gäbe es keinen Unterschied zwischen dem Bäcker an der Ecke und RockefellerRockefeller. In der liberalen Wirtschaftswissenschaft wird die Funktionsweise des Kapitalismus immer am Beispiel von Tauschgeschäften zwischen Menschen – z.B. auf dem Wochenmarkt – erläutert, die vollkommen freiwillig und gleichberechtigt ausgeführt werden.7 So funktioniert aber keine kapitalistische Handlung. Das ist eine grobe und absichtliche Irreführung, um die Funktionsweise des Systems unsichtbar zu machen.
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