Kitabı oku: «Seewölfe Paket 10», sayfa 23

Yazı tipi:

„Man nennt sie Piratenschuhe“, sagte Ferris. „Und jetzt hör endlich auf, mir Löcher in den Bauch zu fragen, und behaupte nur nicht, daß du nicht weißt, wozu man Piratenschuhe braucht.“

Da drehte sich der Alte grimmig um, maß Ferris vorher noch mit einem galligen Blick und verzog sich aufs Achterkastell. Unterwegs beleidigte er lautstark die unschuldigen Ahnen von Ferris Tucker und brummelte, daß sie sich vor kurzem noch mit Bananen beworfen hätten.

„Land, zwei Strich Steuerbord voraus!“ rief Jeff Bowie aus dem Großmars. Er lehnte sich über die Segeltuchverkleidung und zeigte mit der ausgestreckten Hand in jene Richtung, wo ein kaum merklicher Strich am fernen Horizont zu sehen war.

Auf der Kuhl und dem Quarterdeck, wo gerade das Holz mit einer dünnen Mixtur aus Leinöl und Lack getränkt wurde, unterbrachen die Seewölfe ihre Arbeit und rieben sich die Hände.

„Dann steht uns ja einiges bevor“, sagte Blacky. „Hoffentlich ist dieser Brotfruchtklauer noch da, damit wir ihm ordentlich auf die Flossen klopfen können. Ich habe schon lange keinen Spanier mehr zwischen den Fäusten gehabt.“

„Denen ihre Klüsen möchte ich sehen, wenn sie merken, wen sie vor sich haben“, meinte Bill. „Aber der Seewolf hat noch nicht gesagt, was er denn eigentlich unternehmen will.“

„Das wirst du schon früh genug merken“, sagte Matt Davies und kratzte sich mit seiner Hakenprothese den Hals. „Das ergibt meist die Situation selbst, das kann man vorher noch nicht so genau wissen. Aber die Burschen kriegen eins auf die Helme, verlaß dich darauf!“

Der Seewolf selbst sah diesen schmalen Landstrich jetzt ebenfalls schon ohne Spektiv.

„Ja, das müßte die gesuchte Insel sein“, sagte er zu Ben Brighton.

Ben blickte am Besan vorbei auf den dunklen Strich. „Eine Insel ist es jedenfalls, kein Festland. Nur gibt es den Karten nach dort mehrere Inseln.“

„Kein Problem, die richtige zu finden“, sagte Hasard. „Die spanischen Galeonen entdecken wir auf jeden Fall, und wenn wir eine Bucht nach der anderen absuchen. Sie entgehen uns nicht.“

Ben stellte dem Seewolf die gleiche Frage, die der Moses auch schon den anderen gestellt hatte.

„Wie wollen wir vorgehen?“ fragte er. „Hast du schon ein bestimmtes Konzept entwickelt?“

„Bisher noch nicht“, gab Hasard zu. „Wir haben nur ein paar Fakten von dem Don erhalten. Wir wissen, daß die ‚Kap Hoorn‘ sich dort aufhält, daß noch ein paar andere Spanier unterwegs sind und sie den Insulanern mit Gewalt die Brotfrucht wegnehmen wollen, um sie woanders anzubauen. Ganz abgesehen davon, daß es eine hundsgemeine Lumperei ist, bleibt zu fragen, ob das alles einen Sinn ergibt. Vielleicht wächst die Brotfrucht auf anderen Inseln gar nicht an oder gedeiht nicht weiter.“

„Das ist natürlich möglich. Wir wissen aber noch, daß die Dons die Insulaner bekehren wollen, und das sind doch genügend Anhaltspunkte, um gezielt vorzugehen.“

„Erstens kommt es anders“, sagte Hasard, „und zweitens ist das meist der Fall. Wir können diesen Vorfall nicht mit der Armada gleichsetzen, wo man nur nach einem gewissen Schema vorgehen konnte. Hier sieht alles ganz anders aus, wir warten ab und benehmen uns so, als wären wir ebenfalls Dons. Wie sich das entwikkelt, werden wir früher oder später schon merken.“

Ben Brighton, der mitunter erst den richtigen Anlauf brauchte, um Fahrt draufzukriegen, sah das ein. Ihm selbst wäre ein Vorgehen nach Plan leichter gefallen, er konnte nicht so schnell improvisieren wie der Seewolf, aber Hasard hatte recht: Es lag immer an der jeweiligen Situation und ihrer Entwicklung. Ihm würde im entscheidenden Augenblick schon das richtige einfallen, und bisher hatten sie die Spanier immer noch überlistet.

Als die Insel größer wurde, griff Hasard zum Spektiv.

Die Vergrößerung zeigte vor der Insel eine leichte Brandung, die sanft an den Strand rollte. Dahinter standen in unregelmäßigen Abständen schlanke, vom Wind gebogene Palmen. Danach gab es einen dunkelgrünen Streifen Dickicht, an den sich dicht bewachsene Hügel anschlossen, die allmählich in hohe, bewaldete Berge übergingen. Größtenteils waren die Berge so dicht bewachsen, daß man nicht einmal das darunter befindliche Gestein erkannte.

Hasard erkannte den Einschnitt einer Bucht mit ebenfalls hohen Palmen, aber er sah keine Hütten.

„Mastspitzen?“ fragte Ben Brighton hoffnungsvoll.

Der Seewolf gab seinem ersten Offizier das Spektiv und schüttelte dann den Kopf.

„Keine Mastspitzen, nichts zu sehen. Es hat den Anschein, als wäre der vorausliegende Teil der Insel unbewohnt.“

„Nun, sie scheint ja ziemlich groß zu sein“, meinte Ben. „Auf der Steuerbordseite liegt wieder eine Bucht, und die scheint in eine weitere überzugehen.“

Hasard wartete noch ein paar Minuten, bis sich die „Isabella“ noch näher an die Insel herangeschoben hatte.

Aber auch dann zeigten sich keine Mastspitzen, und Hütten tauchten ebenfalls nicht auf.

Er wandte sich an den Rudergänger Pete Ballie.

„Wir laufen an der äußeren Bucht dicht vorbei, Pete. Gehe nicht zu dicht an Land, hier gibt es verdammt viel Korallenbänke.“

„Aye, aye, Sir. Da vorn sieht man schon einen Wirbel im Wasser.“

Hasard legte die Hände an den Mund und rief zu Jeff Bowie hoch: „Jeff! Scharf aufpassen auf Untiefen und Korallenriffs!“

„Verstanden, Sir!“ klang es zurück.

Pete Ballie änderte leicht den Kurs, und der Profos ließ Segel nachtrimmen, wobei er die Arbeit wieder mit seinen Lieblingssprüchen kräftig würzte.

An Backbord zeigte sich jetzt ein fast hellgrüner Ring im Wasser. Ein kleines Atoll war es, kreisförmig mit bunten Korallen, die bis zur Meeresoberfläche wuchsen. Die scharfen Grate ließen sich in dem klaren Wasser einwandfrei erkennen.

Wer hier aufbrummte, etwa bei Nacht, überlegte Hasard, dem würden die messerscharfen Korallen den Rumpf von achtern bis vorn aufschlitzen. Da wurde jede Reparatur überflüssig.

Etwas später war die Insel klar und in allen Einzelheiten mit dem bloßen Auge zu erkennen.

Ein typisches Bild aus der Südsee bot sich den Männern, wie von einem Künstler gemalt.

Palmen, wohin das Auge blickte. Vereinzelt oder in Gruppen, dann wieder dichte Palmenwälder, so standen sie da. Oder vereinzelte Palmen ganz dicht am Strand, vom Wind in bizarre Form gedrückt, fast mit dem schlanken Stamm im Sand liegend, nur der mächtige Wedel hatte sich stolz erhoben und reckte sich der Sonne entgegen.

Dazwischen gab es meilenlange Strände, Sand von blendendem Weiß, dunkelgrünes Dickicht mit sanft ansteigenden Bergen.

Tahiti, eine der Perlen unter den Inseln der Südsee, von feuchtwarmem Seeklima umschmeichelt, noch im Bereich des Südostpassats liegend, bot sie sich den Seewölfen dar wie ein Traum, wie etwas, das nicht mal in der Vorstellung existierte.

„Ein liebliches Eiland“, sagte sogar der alte O’Flynn schwärmerisch. „Eine Insel zum Verlieben. Hier sollte man seine alten Tage verbringen, sich ein kleines Boot bauen, jeden Tag zum Fischen hinausfahren und sich um nichts kümmern.“

Edwin Carberry, der keine schwärmerische Ader hatte, grinste nur.

„Wir werden daran denken, Donegal“, sagte er. „Hasard schenkt dir bestimmt das eine Beiboot, wenn du versprichst, hier auf der Insel zu bleiben, dich jeden Tag mit Brotfrüchten vollzustopfen und zum Fischen fährst. Du kannst also schon deinen Krempel zusammenpacken. In welcher Bucht sollen wir dich absetzen?“

Der Alte funkelte ihn gallig an. „Du verstehst wohl überhaupt keinen Spaß, du narbiger Seeigel, was? Das ist doch nur ein Traum! Man muß doch etwas haben, an dem man sich festhält.“

„Du kannst dich gleich an der Nagelbank festhalten, und das gilt auch für die anderen abgehangenen Stockfische, oder merkt ihr nicht, daß wir den Kurs ändern, was, wie, ihr verlausten Kanalratten? Sollen mir erst die Segel auf den Kopf fallen! Hoffentlich seid ihr gleich an Schoten und Brassen.“

„Heute dreht der gute Ed aber wieder mächtig auf“, sagte Blacky. „Dem muß der Anblick dieser Insel in den Kopf gestiegen sein.“

Der schwarze Mann aus Gambia, der Riese Batuti, nickte fröhlich.

„Profos immer fluchen. Sehen kaltes Land, fluchen, sehen warmes Land, auch immer fluchen. Was muß sein für Land, wenn Profos nicht fluchen?“

„Ha, der flucht noch im Magen eines Haies weiter, wenn ihn mal einer fressen sollte“, versicherte Blacky. „Und wenn er mal in der Hölle landet, näht ihm der Teufel persönlich das Maul zu mit vierzig Yards langen Trossen und zwanzig Rollen Kabelgarn.“

Zum Glück hörte der Profos die Übertreibungen nicht, und zur eigenen Sicherheit hatte Blacky auch ziemlich leise gesprochen.

Wieder wurde nachgetrimmt, und als die Nagelbänke klariert waren, gingen Big Old Shane und der Waffen- und Stückmeister Al Conroy daran, die Culverinen und Drehbassen zu kontrollieren, wie es üblich war, wenn sie eine fremde Insel anliefen, auf der man vor Überraschungen nicht sicher war.

„Deck!“ schrie der Ausguck plötzlich. „Ein Wrack in der Bucht! Am Strand stehen Hütten!“

„Kannst du Leute erkennen, Jeff?“ rief der Seewolf zurück.

„Keine Menschenseele, Sir! Alles still!“

Hasard und Ben Brighton sahen sich an.

„Ein Wrack in der Bucht?“ fragte Ben leise. „Das finde ich merkwürdig. Und dabei noch die Hütten der Insulaner! Was mag das wohl zu bedeuten haben?“

Hasard hob die Schultern. „Das wird sich gleich herausstellen. Wir laufen diese Bucht an und gehen vor Anker. Wir werden uns das ansehen.“

Etwas später hatte die „Isabella“ den langen Landvorsprung gerundet und lief in die Bucht ein.

Deutlich zeichnete sich ein riesiges Riff im Wasser ab. Nadelscharfe Korallen reckten sich knapp aus dem Wasser, das an dieser Stelle wilde, quirlende Wirbel bildete.

Das Riff zog sich auf fast der halben Strandlänge hin.

Weit hinter dem Riff, direkt auf dem weißen Sand, lag das Wrack.

„Eine spanische Galeone“, sagte Ferris Tucker. „Die hat es aber mächtig erwischt, da ist nicht mehr viel heil geblieben.“

„Glotzen könnt ihr nachher!“ schrie Carberry. „Jetzt geht’s wieder an die Arbeit, ihr verlausten Seesterne!“

Pete Ballie segelte die „Isabella“ in respektvoller Entfernung an dem langen Korallenriff vorbei.

Die restlichen Segel wurden aufgegeit und der Anker gesetzt.

Nach einer Weile lag die „Isabella“ fast ruhig im Wasser.

Die Seewölfe blickten zu den Hütten.

Niemand ließ sich blicken. Es sah so aus, als sei das Paradies fluchtartig verlassen worden.

8.

Ohne daß es dazu eines Wortes bedurft hätte, wurde das Beiboot abgefiert.

Carberry konnte es anscheinend nicht mehr erwarten, endlich die Insel zu betreten.

Alles blieb geisterhaft still und verlassen. Immer noch zeigte sich keine Menschenseele.

Der Seewolf blickte immer wieder zum Land hinüber, das jetzt zum Greifen nahe vor ihnen lag. Diese eigentümliche Ruhe, die über allem lag, wunderte ihn immer mehr.

„Du vermutest einen Hinterhalt?“ fragte Ben Brighton.

„Anfangs schon, es ist ja auch reichlich merkwürdig. Aber jetzt glaube ich nicht unbedingt an einen Überfall. Laß trotzdem die Stückpforten hochziehen. Gefechtsbereitschaft beibehalten, ich bin mir meiner Sache nicht so sicher.“

„Die Eingeborenen könnten aus Angst vor uns geflüchtet sein, in die Berge wahrscheinlich oder in eine andere Bucht. Und das Schiff kann schon ewig hier liegen.“

„Gut, ich werde mir das aus der Nähe ansehen“, sagte der Seewolf. „Nur Dan und ich gehen vorerst an Land. Alle anderen bleiben auf ihrem Posten. Sollten wir angegriffen werden, dann weißt du, was du zu tun hast.“

„Aye, Sir“, sagte Ben, der damit automatisch das Kommando über die „Isabella“ erhalten hatte.

Carberry stand schon bereit. Aber diesmal rieb er sich vergeblich die Hände, und sein Gesicht wurde immer länger und enttäuschter, als Hasard den Kopf schüttelte.

„Nur Dan und ich, Ed“, sagte er. „Hier stimmt etwas nicht, das wirst du selbst merken. Also genügen vorerst zwei Mann. Ich habe das Gefühl, als hielten sich Spanier auf der Insel auf.“

„Weil das Wrack dort liegt, Sir?“ fragte Ed. „Die können längst mit einem anderen Don wieder weggesegelt sein. Das hat nicht viel zu bedeuten“, versuchte er den Seewolf umzustimmen.

Hasard und Dan stiegen über die Jakobsleiter. Sie trugen Pistolen im Gürtel, außerdem hatte der Seewolf noch seine doppelläufige Waffe dabei, die Radschloßpistole.

„Es bleibt dabei“, sagte Hasard knapp.

Siri-Ton, die beiden Zwillinge und Batuti, der schwergebaute Neger, waren schon vor längerer Zeit unter Deck gegangen und hatten sich in die achteren Kammern zurückgezogen.

Hasard wollte auf diese Art und Weise mißtrauischen Fragen vorbeugen, falls es zu einer Begegnung mit Spaniern kommen sollte.

Als sie die kurze Strecke zum Strand hinüberpullten, standen hinter dem Schanzkleid die Seewölfe und blickten ihnen nach. Auch sie waren bewaffent, und standen dicht neben den schußfertigen Culverinen. Die Lunten lagen schon neben den Messingbecken.

Falls jetzt ein Überfall erfolgte, konnte sich die „Isabella“ von einem Augenblick zum anderen in eine feuerspeiende Festung verwandeln.

Auch unterwegs blieb alles ruhig. Niemand zeigte sich, bis Dan unbehaglich die Schultern hob.

„Ein eigenartiges Gefühl“, sagte er. „Man weiß nicht, was los ist und ob nicht gleich eine wilde Horde auftaucht.“

„Spanier würden vermutlich nicht sofort auf uns feuern“, entgegnete Hasard. „Die meisten halten uns doch auf Anhieb für einen Landsmann, erst recht dann, wenn noch die spanische Flagge aufgezogen ist.“

Das Boot lief knirschend auf den Sand. Die beiden Männer sprangen heraus und zogen es ein Stückchen höher hinauf.

Dann sahen sie sich wieder nach allen Seiten um.

Über der Bucht kreiste ein Vogel von bunter, leuchtender Farbe. Er zog eintönige Kreise, immer in der gleichen Höhe, immer im gleichen Bogen, als wollte er etwas auskundschaften.

Hasard blickte in das Dickicht, aber dort gab es außer dichtem Gebüsch und rot leuchtenden Blumen nichts zu sehen. Es gelang ihm nicht, durch das dunkle Grün hindurchzublicken. Es hatte Dschungelcharakter und war unglaublich dicht.

Die Stille zerrte an den Nerven. Dort drüben lag das Wrack, etwas weiter standen zahlreiche, palmblättergedeckte Hütten, da waren die dichten Palmengruppen und dahinter die Berge. Und über allem rührte sich nichts, außer dem leisen Plätschern und Raunen der Brandung, die an den Strand lief.

„Sehen wir uns zuerst das Wrack an“, sagte Hasard. Seine Worte klangen seltsam hohl in dieser Stille, und wieder beschlich ihn das Gefühl, als würden sie von hundert Augen belauert.

Das Wrack lag wie hingeworfen und zerschlagen auf dem Sand. Als die beiden Männer davorstanden, sahen sie den Toten, der immer noch im Mast hing, wie festgeklebt sah er aus. Seine spanische Uniform war an etlichen Stellen zerrissen und zerfetzt.

„Sollte das die ‚Kap Hoorn‘ sein?“ fragte Dan.

„Sieht so aus, Dan. Der Tote hängt noch nicht lange da, sonst wäre er bei dieser Hitze längst verwest. Gehen wir mal zur anderen Seite, dort steht sicher der Name.“

Es war die „Kap Hoorn“, wie sich gleich darauf herausstellte. Der Name prangte an der einen Seite, die nicht so stark eingedrückt war. Man konnte die goldenen Buchstaben noch deutlich erkennen.

„Was mag hier vorgefallen sein?“ fragte Dan in die Stille hinein. Blitzartig drehte er sich um, als ein hartes Knacken ertönte.

Auch der Seewolf fuhr herum, die Radschloßpistole in der Faust.

„Verdammt“, sagte Dan. „Es ist das Holz, nichts weiter. Das Schiff fällt immer mehr auseinander.“

„Ja, natürlich, es hat keinen Halt mehr.“

Er ging die paar Schritte wieder zurück.

„Die können nicht alle umgekommen sein“, sagte er dann. „Das halte ich für ausgeschlossen. Entweder haben sie sich versteckt, oder sie befinden sich auf einem anderen Teil der Insel. Oder sie sind wirklich mit einem anderen Schiff weitergesegelt, nachdem sie hier Schiffbruch erlitten haben.“

Er sah sich am Strand um und entdeckte die verkohlten und zerfetzten Überreste einer Hütte. Richtig verkohlt waren sie eigentlich nicht, das sah von hier nur so aus, weil sich Reste von Holzkohle um die zerstörte Hütte befanden. Es wirkte so, als hätte ein Schuß die Hütte kurz und klein geschlagen.

Jeder der beiden Männer stellte eigene Überlegungen an, und jeder versuchte in Gedanken zu rekonstruieren, was hier wohl vorgefallen sein mochte.

Hatten die Insulaner die „Kap Hoorn“ überfallen, nachdem sie das Feuer eröffnet hatte? Hatte ein Sturm die „Kap Hoorn“ zerfetzt und aufs Land geworfen, oder war sie auf die Korallen gebrummt? Nach einem schweren Sturm sah es jedoch nicht aus.

Hasard wurde nicht schlau daraus.

Dem jungen O’Flynn erging es nicht anders. Auch ihm boten sich zu viele Überlegungen an, die alle zutreffen konnten.

Sie sahen sich das Wrack genauer an, ohne jedoch an Bord zu klettern.

Die Bruchstellen waren frisch, das sah man deutlich an den überall hervorstehenden Planken. Vom Wrack weg gab es Schleifspuren zu den Hütten, als hätte hier viel im Sand gelagert.

Ebenso gab es einen verbrannten Fleck am Strand, in dem noch Holzkohle lag. Also hatte hier jemand ein Feuer entzündet.

Das Wrack war nicht mehr zu retten oder zu reparieren. Das meiste Holz taugte bestenfalls noch zum Verbrennen, mehr gab es nicht her.

Überall jedoch lagen abgebrochene Hölzer, zerschlagene Fässer und sonstiges Zeug herum.

Bis auf das leise Knacken und Knistern war auch hier alles ruhig.

„Wir sehen uns mal die Hütten an“, sagte Hasard. „Aber vergiß nicht, spanisch zu sprechen, auch wenn es so aussieht, als wären wir weit und breit allein. Falls es doch jemand hört, wird er nicht mißtrauisch werden.“

„Ich werde daran denken, Sir.“

Auf dem Weg zu den Hütten blieb der Seewolf mehrmals stehen und bückte sich.

„Hier sind Fässer abgesetzt worden“, sagte er, „und hier lagerten Kisten oder Truhen. Man sieht deutlich die Abdrücke im Sand. Hier haben etliche Männer gestanden.“

Er steckte die Waffe wieder in den Hosenbund zurück.

„Tu dasgleiche, Dan“, riet er. „Als Spanier gegen Spanier können wir ja nicht mehr mißtrauisch sein, seit wir wissen, welches Schiff es ist.“

„Richtig, das wird sie beruhigen, wenn sie noch hier sind und irgendwann einmal auftauchen.“

Auch Dan steckte die Waffe zurück und gab sich nach außen hin neugierig und verwundert.

„Ich werde das verdammte Gefühl nicht los, als beobachte man uns“, sagte er nach einer Weile. „Vielleicht habe ich mir das nur eingebildet, aber auf dem Hügel hat sich etwas bewegt, da bin ich ganz sicher. Und das lausige Dickicht dahinten scheint mir auch nicht sauber zu sein.“

Der Seewolf entgegnete nichts, aber er kannte Dans scharfe Augen, denen nichts entging. Wenn der etwas gesehen hatte, dann stimmte es auch.

Auch er sah sich immer wieder um, aber das Dickicht wirkte wie erstarrt, und auf den Hügeln gab es keine Bewegung.

Sie traten in das Dämmer der ersten Hütte.

Die Einrichtung war so spärlich, wie sie es erwartet hatten. Da lagen die Matten am Boden, da standen Töpfe, Kokosnußschalen und irdene Gefäße.

Es sah aus, als wären die Hütten in aller Ruhe verlassen worden.

In ein paar anderen gab es allerdings auch Unordnung, aber das hatte nicht viel zu bedeuten.

Nachdem sie alle Hütten durchstöbert hatten, waren sie nicht viel schlauer als vorher auch. Die Möglichkeit bestand natürlich, daß sich Spanier vorübergehend in den Hütten einquartiert hatten, nachdem die Insulaner geflüchtet waren.

Sie traten wieder hinaus, und Dans erster Blick galt dem dunkelgrünen Dickicht.

„Sieh dich unauffällig um“, sagte er leise. „Ja, genau zwischen den drei Palmen, da blitzt etwas.“

Hasard sah sich die Stelle an und bemerkte tatsächlich sekundenlang ein leichtes Glitzern.

„Da der Wikinger wohl schlecht auf dieser Insel sein kann“, sagte er grinsend, „dürfte es sich um einen spanischen Kupferhelm handeln. Also stecken dort ein paar Burschen, die noch nicht wissen, wie sie sich uns gegenüber verhalten sollen. Wir werden ihnen diese Entscheidung abnehmen, etwas müssen sie ja unternehmen.“

Von den Hütten bis zum Wrack waren es noch nicht einmal zwei Kabellängen, und von dort bis zum Dikkicht höchstens hundert Yards.

Sorglos schlenderten sie darauf zu, bogen kurz vorher aber ab und schlugen einen kleinen Bogen, um nicht aufzufallen, bis sie die Stelle entdeckt hatten.

Noch einmal sahen sie es blitzen, als ein Sonnenstrahl einen Helm traf und glänzen ließ.

„Hoffentlich finden wir noch ein paar Überlebende“, sagte der Seewolf laut. „Don Alfredo von der ‚Patria‘ wird ganz schön der Schreck in die Knochen fahren, wenn er erfährt, daß Sinona hier mit seinem Schiff gestrandet ist.“

Er hatte so laut und deutlich gesprochen, daß die im Dickicht versteckten Männer jedes Wort hören mußten.

Die Reaktion trat umgehend ein.

Plötzlich waren sie von Männern umringt, bewaffneten Männern in zerrissenen Uniformen und solchen in einfachen Hosen und Hemden.

Musketen und Pistolen waren auf sie gerichtet, immer mehr Leute erschienen aus der dunkelgrünen Wand.

Hasard und Dan O’Flynn gaben sich total überrascht. Gleichzeitig täuschten sie aber auch Freude vor.

„Wer seid ihr?“ wurden sie von einem Mann angeherrscht, der hier das Sagen hatte und wahrscheinlich Sinona war.

„Empfängt man so Landsleute?“ fragte der Seewolf empört. „Da laufen wir extra die Insel an – und dann dieser Empfang! Ich bin Sir Francis Drake, und dieser Mann ist der Heilige Nikolaus!“

„Diablo, das sieht man!“

Der Spanier trat einen Schritt vor und sah den Seewolf an.

„Ich bin Capitan Sinona“, sagte er. „Von Ihnen habe ich eben meinen eigenen Namen gehört.“

„Und ich bin Capitan Pedro Morena“, sagte Hasard kühl. „Das ist mein zweiter Offizier. Unser Schiff ist die ‚Isabella‘. Wir sind vor ein paar Tagen Capitan Don Alfredo de los Domirez von der ‚Patria‘ begegnet. Er bat uns, einen Gruß an Sie auszurichten, er wird ebenfalls in ein, zwei oder drei Tagen hier eintreffen.“

„Nehmt die Waffen runter!“ befahl Sinona seinen Männern.

Die Musketen, von denen etliche des nassen Pulvers wegen nicht geladen waren, wurden weggelegt, die Pistolen eingesteckt.

Erst jetzt gab Sinona dem Seewolf die Hand, blieb aber weiterhin kühl und auf Distanz.

„Gehört das Schiff Ihnen?“ fragte er.

„Ja, ich bin der Eigentümer und fahre auf eigene Rechnung“, erwiderte Hasard.

„Sie werden sich mir wohl oder übel unterstellen müssen“, sagte Sinona. „Die Staatsinteressen gehen vor. Aber darüber reden wir später noch ausführlich.“

Hasards Gesicht blieb ausdruckslos. Er mochte diesen Typ nicht, der sich trotz seiner fast aussichtslosen Lage so überlegen gab.

Er lächelte verbindlich und musterte dabei die anderen Männer.

Einige hatte es ganz hart erwischt, das sah man an ihrer zerrissenen Kleidung, ihren Blessuren und Wunden. Andere blickten düster und sahen verlangend auf die „Isabella“.

„Was ist passiert?“ fragte er.

„Das sehen Sie doch selbst“, schnauzte Sinona. „Oder redet das Wrack keine deutliche Sprache?“

„Es gibt mehrere Auslegungen“, erwiderte Hasard. „Aber wenn Sie es nicht sagen wollen, können Sie es ja später Capitan Don Alfredo erzählen. Wir segeln wieder weiter.“

„Vorerst segeln Sie überhaupt nicht weiter“, sagte Sinona mit fast gelangweilter Stimme. „Und wenn ich Ihnen das Weitersegeln erlaube, dann nur mit Kurs auf Spanien oder eine der Inseln, wo Sie gewisse Pflanzen hinbringen werden. Sie sind anscheinend nicht über die Rechte eines kriegsmäßig ausgestatteten Spaniers unterrichtet, mein Lieber. Den Befehl hier habe ich, sonst niemand.“

Hasard ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Bei Dan O’Flynn jedoch schwoll schon die Zornesader.

Was erlaubte sich dieser abgerissene Flottenkapitän eigentlich, dachte er. Strandete hier mit einer nagelneuen Galeone und war gleich dabei, Handelsschiffe zu requirieren! Na, dem Großmaul würden sie es aber noch zeigen, das stand fest.

Sinona ließ sich aber doch noch herab, eine Erklärung abzugeben. Er tat es hochnäsig und immer im gleichen gelangweilten Tonfall, mitunter auch sehr überheblich.

„Wir ankerten vor der Bucht, und es gab in der Nacht ein Unwetter. Dabei brach die Trosse, und unser Schiff wurde auf die Korallen geschleudert. Daß es dabei zerbrach, dürfte Ihnen ja klar sein. Später schleuderte es eine plötzlich auftauchende Riesenwelle auf den Strand. Wir verloren viele Männer. Sie hatten eben mehr Glück gehabt und sind am hellen Tag in die Bucht gelaufen.

„Ja, das war ein unwahrscheinliches Glück“, erwiderte Hasard. „Die Korallen sieht man ja auch erst, wenn man draufsitzt.“

In Sinonas Augen blitzte helle Empörung auf. Er wollte den Seewolf anbrüllen, doch dann sah er plötzlich in die eisblauen Augen, die ihn gelassen musterten, und schluckte hart.

Ein merkwürdiger Mann, dachte er beklommen. Der hatte so einen harten, zwingenden Blick, wie er ihn noch bei keinem Mann gesehen hatte. Und dann die Figur. Ein schwarzhaariger Riese von mindstens sechs Fuß Größe, muskulös und sehnig und sicher auch sehr schnell, wenn es darauf ankam.

„Bei Nacht sieht man sie jedenfalls nicht“, sagte er schroff. „Es war die alleinige Schuld meines ersten Offiziers. Er verfehlte diese Insel und landete auf einer anderen, sonst wäre das alles nicht passiert. Ich werde ihn später vor ein Bordgericht stellen lassen, vielleicht auf Ihrem Schiff.“

Das hast du dir gedacht, überlegte Hasard. Der Don glaubte, hier bestimmen zu können, aber das würde er ihm bald austreiben.

„Man sieht gar keine Eingeborenen“, sagte Hasard. „Anscheinend sind sie alle geflohen.“

„Sie hocken in den Bergen, und da können sie meinetwegen bleiben, bis sie schwarz werden. Uns geht es nur um die Brotfrucht.“

„Das weiß ich von Don Alfredo“, sagte Hasard.

„Nun, dann sind Sie ja gut unterrichtet, und Don Alfredo wird Ihnen sicher schon gesagt haben, daß Sie den entsprechenden Schiffsraum zur Verfügung stellen.“

„Er bat mich darum.“

„So, er bat Sie darum“, höhnte Sinona. „Ich bin es nicht gewohnt, um etwas zu bitten. Ich stelle Forderungen und verlange, daß sie auch sofort erfüllt werden. Sie sind Spanier wie ich, aber Sie segeln frei, und ich unterstehe einem Kommando. Das ist der kleine Unterschied zwischen uns beiden, den Sie bitte begreifen wollen. Somit unterstehen Sie von nun an mir und meinen Befehlen. Wenn ich will, kann ich über diese Insel jederzeit das Kriegsrecht verhängen lassen. Das nur zu Ihrer Information, Capitan Morena.“

In Dan kochte es immer stärker, am liebsten wäre er diesem überheblichen Kerl an die Kehle gesprungen, aber er riß sich zusammen, denn er erkannte, daß der Seewolf sich köstlich zu amüsieren schien und auf das Spiel einging.

„Vielen Dank“, sagte Hasard liebenswürdig. „Gerade weil ich freier Handelsfahrer bin, lasse ich mich nicht gern bevormunden, selbst von einem Flottenbock nicht!“

Sinona starrte ihn an, als hätte Hasard den Verstand verloren. Er glaubte, sich verhört zu haben, aber der schwarzhaarige Riese lächelte so eigentümlich und frech, daß er seine Worte tatsächlich ernst meinte.

Wütend drehte er sich nach einem gedrungen wirkenden Mann mit breiten Schultern um, der neben ihm stand.

Der Kerl sieht wie ein harter Schläger aus, dachte Hasard, vermutlich ist er der Profos von diesem spanischen Haufen.

„Bringen Sie diesem Kerl Manieren bei, Profos“, sagte Sinona mit vor Wut bleichem Gesicht.

„Warum tun Sie das nicht selbst?“ fragte Hasard gelassen.

Der Profos stürmte schon vor. Trotz seiner Gedrungenheit war er erstaunlich schnell.

Seine Faust schoß vor und zuckte nach Hasards Gesicht. Gleichzeitig beschrieb sein Körper eine halbe Drehung, und er ließ die andere Faust folgen.

So schnell der Ansatz auch war, beide Male drosch der Profos ins Leere, denn Hasard war blitzschnell zur Seite geglitten und ließ den Bulligen leerlaufen.

Als er, durch seinen eigenen Schwung getrieben, mit ihm auf gleicher Höhe war, schlug der Seewolf zu. Kurz, schnell und trocken.

Der Profos rannte in den Brocken hinein, wurde jäh gestoppt, blieb auf der Stelle stehen und beugte den Oberkörper zurück.

Erst dann warf es ihn zurück, als der Beharrungseffekt aufgehoben war. Er torkelte drei, vier Schritte zurück, riß einen anderen Spanier mit sich und krachte in die Büsche.

Die anderen Spanier standen wie erstarrt da und sahen den Seewolf entgeistert an, der den bulligen Profos mit einem harten Hieb so blitzartig gefällt hatte.

Sinona war wie gelähmt. Er öffnete den Mund, wollte etwas sagen, doch kein Ton drang über seine Lippen.

„Zweifelt noch jemand daran, daß ich ein freier Mann bin, der seine Meinung sagt, wann er will?“ erkundigte sich Hasard.

Zwei Seesoldaten hoben zögernd die Musketen hoch und blickten unschlüssig auf Sinona.

Der hatte sich jetzt endlich wieder gefaßt. Sein Gesicht war immer noch blaß, seine Mundwinkel zuckten.

„Na schön“, sagte er drohend. „Sie haben lediglich bewiesen, daß Sie stärker sind als er, mehr nicht! Ich könnte Sie wie einen tollen Hund abknallen lassen, aber das werde ich nicht tun.“

„Zu liebenswürdig“, sagte Dan grinsend.

Sinona warf ihm einen vernichtenden Blick zu. Als er sprach, klang seine Stimme belegt.

„Da Sie von nun an meinem Kommando unterstehen, werde ich jeden weiteren unfreundlichen Akt als Meuterei auslegen, Capitan Morena“, sagte er. „Denken Sie nicht, daß ich allein bin. Es werden noch mehr Kriegsgaleonen hier eintreffen, das haben Sie ja selbst gehört. Ich an Ihrer Stelle würde jetzt zurückstecken, sonst könnte es passieren, daß Sie an Ihrer eigenen Rah hängen.“

Der Profos gelangte wieder auf die Beine. Seine Augen waren vor Wut rot unterlaufen und er schnaufte schwer. Haßerfüllt sah er den Seewolf an.

Hasard hatte inzwischen die Leute gezählt, die er sehen konnte. Es waren annähernd vier Dutzend, mehr als doppelt so viele, als er Seewölfe hatte.

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Hacim:
1992 s. 21 illüstrasyon
ISBN:
9783954394999
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок